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Traveller - Smalltalk
Boba Fett:
--- Zitat von: aikar am 29.10.2021 | 11:34 ---Da scheiden sich halt wirklich die Geister.
--- Ende Zitat ---
Natürlich. Oder besser: der überwiegende Mainstream ist pro Charakterprogression.
Ich hab da eine Exotenmeinung. Ist mir bewusst. Ist mir aber auch egal.
--- Zitat ---Viele Spieler wollen einfach regelmäßigen Machtzuwachs und neue Möglichkeiten, das gehört für sie zum Rollenspiel dazu.
--- Ende Zitat ---
Das ist unbestritten. Und der „Belohnungsfaktor“ hat natürlich seine Lockstoffe.
Die Frage ist aber die nach der Henne und dem Ei. Ist das Verlangen nach Macht- und Kompetenzzuwachs eine Folge der Sozialisierung durch Rollenspielsysteme, die das eben eingebaut hatten und man zu der Überzeugung kam, das gehört zu einem ordentlichen System eben dazu oder war das Verlangen nach Belohnung für geleistetes zu erst da und formte das Spiel. Oder: was wäre, wenn die ersten Rollenspiele da wie Traveller gewesen wären und keine Progreassion gehabt hätten?
Sicherlich ist das ein Anreiz dessen Fehlen auch den Erfolg reduziert hätte. Trotzdem - nehmen wir das mal an - dass man bei D&D einen ordentlichen Recken hätte schaffen können, der vielleicht Ausrüstung verbessern kann sowie der Magier Spruchrollen bekommt, aber es hätte weder Erfahrungspunkte noch Stufen gegeben…
…wie hätten die Rollenspieler die so erst einmal sozialisiert worden sind auf das erste System mit immensen Machtzuwachs reagiert?
Ich kann sagen, wie wir reagiert haben, denn nach sehr kurzem DSA1 und kurzem D&D Red (und Blue) Box Intermezzo sind wir sehr schnell bei Traveller angelangt und das war dann jahrelang unser Ding. Dann kam irgendwann Midgard dazu und bei Erahrungsstufen und Graden reagierten alle mit „Häh? Wozu das denn? und warum kann ich hier keinen über dreissig jährigen kompetenten Charakter erschaffen, sondern muss als Noob anfangen? is ja voll der Quatsch!“
Die Hälfte der Leute ist dann gegangen, weil der andere Spielleiter unbedingt „was mit Fantasy“ machen wollte. Es kamen neue mit (inzwischen) AD&D sozialisierte Leute hinzu und sozialisierten dann den Rest. Die gegangenen kamen 1-2 Jahre später mit „Du, Boba, können wir nicht mal wieder Traveller spielen“ zurück.
Mein Fazit: bei classic Traveller haben alle um des Spielens willen gespielt - und nicht ums besser werden. Und es gab nie den Punkt wo irgend etwas inbalanced wurde, weil man eine Stufe erreicht hatte, die alles so verkomplizierte, dass es keinen Spaß mehr machte.
Trichter:
Interessanter Aspekt. In der D&D Runde in der ich seit Jahren spiele haben wir ein paar Abenteuer zwischendurch zur Abwechslung mit Traveller MgT2 gespielt. Die fehlende/langsame Progression würde da als Kritikpunkt genannt.
Ich glaube am Ende ist es einfach eine Frage der Gewöhnung und was man vom rpg erwartet.
Achamanian:
--- Zitat von: Ávila am 29.10.2021 | 17:32 ---Dazu hat mir die zentrale Prämisse nicht gefallen:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Die Deepnight-Entität ist ein allesfressender Schwarm im Stil von den Halo-Viechern.
--- Ende Zitat ---
Über die bin ich auch ein bisschen gestolpert.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Tatsächlich finde ich es ja eigentlich interessant, dass das so ein ewig wiederkehrendes Motiv in der SF ist - diese biologisch-transzendente Entität, die sich alles einverleibt. Ist dann ja auch irgendwie meistens religiös belegt, indem die Opfer dieser Entität zugleich in etwas größerem Aufgehen, nur eben meistens als Schreckensvision statt als Heilsverspreche. Auf ne Art sind ja selbst die Borg eine Variante davon. Am interessantesten finde ich dazu aber immer noch "Blutmusik" von Greg Bear, einen Roman aus den siebzigern oder achtzigern ...
Jedenfalls ist es einerseits ein ineressantes Motiv, aber andererseits eben auch abgedroschen, und irgendwie kann man gerade im Rollenspiel wahrscheinlich nicht viel daraus machen, weil am Ende ja doch klar ist, dass kein Spieler seinen SC so gerne in einer größeren Gott-Entität aufgehen lassen will (kommt ja zumindest für's RSP dann auf's Gleiche raus wie ein Charaktertod). Die spannenden Ambivalenzen, die man da in Romanen vielleicht noch ganz gut erzeugen kann, dürften wohl eher auf der Strecke bleiben.
aikar:
--- Zitat von: ghoul am 29.10.2021 | 16:47 ---Genau das ist doch das traurige. Wenn es Stufen gibt, spielen die Spieler für die Stufen. Das Spielziel ist etwas abstraktes statt etwas spielweltliches.
--- Ende Zitat ---
Ich hab ehrlich gesagt ein ziemliches Problem mit solchen Aussagen. Ich dachte, über die Diskussion über die "Einzig wahre Art des Rollenspiels (TM)" sind wir seit den 90ern hinaus.
Nur weil Spieler regeltechnische Charakterprogression schätzen, heißt das nicht, dass ihnen das innerweltliche Spielziel egal wäre. Viele schätzen eben beides.
Wenn du ersteres nicht brauchst ist das ok. Andersrum aber genauso.
Man kann Spielern die eigenen Vorlieben vorstellen und vorspielen. Aber ob sie dann drauf anspringen ist ihre eigene Entscheidung. Mir kann man z.B. noch so oft erklären, dass hohe Charaktersterblichkeit das Spiel so viel spannender macht, ich finde trotzdem nichts dran. Dir geht es eben mit Stufen und Erfahrungspunkten so. Ich mag balancierten Charakterbau und gleichmäßigen Machtzuwachs in der Gruppe. Und ich mag die zig Zufallstabellen bei Traveller. Andere mögen die Herausforderung, mit zufällig ausgewürfelten Charakteren zu spielen oder detailliert ausgearbeitete Abenteuer.
Und nichts davon ist falsch oder "traurig".
Was mich an Mongoose Traveller 2 gerade wirklich begeistert, sind die Optionen, die es bietet. Ich kann klassischen Traveller-Stil spielen, mit "normalen" Menschen, ausgewürfelten Werten und Zufallstabellen-basierten Spiel oder ich kann (mit dem Companion) balancierten Punkte-Charakterbau, Erfahrungspunkte und heroisches Spiel reinbringen und mir eine Kaufkampagne schnappen. Oder jede Kombination davon, wie es in der Gruppe am besten ankommt. Anstatt vorzuschreiben, was gefälligst die richtige Art zu spielen ist, überlässt man der Gruppe die Entscheidung, so zu spielen, wie es den Spieler:innen Spaß macht. Und letzteres ist das einzige, auf das es letztendlich ankommt.
--- Zitat von: Boba Fett am 29.10.2021 | 21:10 ---Natürlich. Oder besser: der überwiegende Mainstream ist pro Charakterprogression.
Ich hab da eine Exotenmeinung. Ist mir bewusst. Ist mir aber auch egal.
--- Ende Zitat ---
Und ich akzeptiere deine "Exotenmeinung" ;). Ich argumentiere eben nur gegen den Ansatz "Die Mainstreamer weiß es einfach nicht besser und wäre viel glücklicher, wenn man sie mit mehr passenden Systemen zum progressionsfreien Spiel bringen würde". Die Spieler:innen spielen einfach das, was ihnen Spaß macht und aus. Da spielt sicher auch Gewöhnung rein, aber deutlich mehr einfach persönliche Vorlieben. Ich habe mehr als 10 Jahre lang DSA gespielt, bevor ich auf andere Systeme aufmerksam geworden bin. Als ich gemerkt habe, dass mir die anderen Systeme besser gefallen, habe ich DSA gerne den Rücken gekehrt. Ausschlaggebend war, womit ich mich wohl gefühlt habe, nicht womit ich "sozialisiert" worden bin.
Ich stelle meinen Gruppen und neuen Rollenspieler:innen ständig neue Systeme vor, von D&D bis zu PbtA, Traveller, Beyond the Wall, Cthulhu oder auch mal einen DCC Trichter. Manchen gefällt das eine, manchen das andere. Und für manche ist DSA4.1 immer noch der heilige Gral. Sollen sie Spaß damit haben, ich muss es ja nicht spielen.
--- Zitat von: Boba Fett am 29.10.2021 | 21:10 ---was wäre, wenn die ersten Rollenspiele da wie Traveller gewesen wären und keine Progreassion gehabt hätten?
--- Ende Zitat ---
Traveller gibt es beinahe so lange wie D&D (1977 vs 1974 von D&D). Zu dem Zeitpunkt war D&D noch genauso ein ziemliches Nischenhobby. Die Annahme, dass Traveller einfach zu spät kam und alle Rollenspieler schon D&D-sozialisiert waren, ist also falsch. Es war eine Parallelentwicklung und der D&D-Ansatz hat einfach mehr Anklang gefunden.
ghoul:
--- Zitat ---Ich hab ehrlich gesagt ein ziemliches Problem mit solchen Aussagen. Ich dachte, über die Diskussion über die "Einzig wahre Art des Rollenspiels (TM)" sind wir seit den 90ern hinaus.
--- Ende Zitat ---
Was soll das? Warum diese Mikroaggression?
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