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Detektivabenteuer - wie konzipiert man spannende Ermittlungen und Spurensuche?

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Pyromancer:
Aus meiner Erfahrung kann ich ein paar Tipps geben:

1) Kenne den Tatort, kenne den Tatablauf
Man muss als SL den Tatablauf im Detail im Kopf durchgespielt und jederzeit abrufbereit haben. Am besten überlegt man sich auch keine Hinweise, die die Spieler finden könnten ("Vor dem Fenster gibt es Fußspuren"), sondern erzeugt die Hinweise zur Laufzeit (Spieler: "Ich schau mal, ob ich im Garten irgendwelche Spuren finde! Vielleicht ist der Täter ja an einem Dornbusch hängengeblieben oder sowas..." SL (geht in Gedanken den Tatablauf durch... klar, der Täter ist durchs Fenster in den Garten geflohen, ja da gibt es Dornbüsche...): "Nach einigem Suchen findest du einen kleinen Fetzen roten Stoffes, genau unter dem Fenster." ) Hier sollte man mit Hinweisen nur so um sich schmeißen: Wenn es möglich ist, dass der Täter eine Spur hinterlassen hat, dann sollte er sie auch hinterlassen haben und die SCs sollten eine gute Chance haben, sie zu finden. Ausnahme: Das Fehlen der Spur selbst ist ein Hinweis auf den Täter!

2) Kenne den Täter, kenne die anderen NSCs
Du musst dir 100%ig sicher sein, wo jeder NSC zur Tatzeit war, und wo er behauptet, zur Tatzeit gewesen zu sein. Und du musst wissen, was jeder NSC gesehen hat und was er behauptet, gesehen zu haben und was davon er den SCs erzählt. Motive sind wichtig: Warum helfen sie den SCs bei den Ermittlungen, warum behindern sie sie, was haben sie zu verbergen? Merke: Im Idealfall hat jeder Dreck am Stecken!

Der Täter ist da fast zweitrangig, aber auch der braucht Motiv, Mittel und Gelegenheit, die Tat zu begehen. Hier darf man ruhig plakativ und offensichtlich sein!

3) Was passiert, wenn die Tat nicht aufgeklärt wird?
Ein ganz kritischer Punkt: Was passiert denn, wenn die SCs nicht 1 und 1 zusammenzählen, die wichtigen Hinweise übersehen oder das ganze schlicht ignorieren? Im schlechtesten Fall passiert gar nichts, der Täter entkommt unbemerkt, das perfekte Verbrechen. Langweilig!

In der Literatur kennt man das anders: Auf ein Verbrechen folgt wenig später das nächste. Auf den Diebstahl folgt die Erpressung des Täters, auf die Erpressung der Mord um den Erpresser mundtot zu machen, auf den ersten Mord folgt der zweite, um den Zeugen zu beseitigen, auf den zweiten Mord die Brandstiftung, um Spuren zu verwischen und am Ende der Selbstmord mit Bekennerschreiben oder die Selbstanzeige, die natürlich nur dazu dient, den wahren Verbrecher zu schützen. Das sollte man sich zumindest grob vorher überlegen und dann natürlich spontan und angemessen auf die Aktionen der Spieler reagieren. Becircen die SCs den Zeugen, dann erzählt der vielleicht, was er gesehen hat, an statt den Täter zu erpressen. Schieben die SCs nachts Wache, dann können sie vielleicht den zweiten Mord verhindern, und wenn sie schnell und gut sind, dann wandert der wahre Täter schon nach zwei Stunden hinter Gitter. Es schadet aber wirklich nicht, sich zumindest vorher mit einer möglichen Eskalationsstrategie (inkl. Anschlag auf die SCs, wenn sie der Wahrheit zu nahe kommen) auseinanderzusetzen.

glisander:
Ich glaube, wichtig bei Ermittlungen ist, dass es eben zu keinen Sackgassen kommt und die Spieler immer das Gefühl haben, jetzt noch etwas reißen zu können. Und den Spielleiterfehler zu vermeiden, Proben"erfolge" vorauszusetzen.
Beispiel: Protosherlok ermittelt im Zeitungsarchiv. Um den entsprechenden Artikel zu finden, der die Pläne des Dr. Ueberevil enthüllt, verlangt der Spielleiter eine Probe auf Archivbenutzung SCHWER. Protosherlok vergeigt sie.
In diesem Fall mündet die verpatzte Probe in eine Sackgasse, die weitere Ermittlung ist dann nicht möglich. Also ist es völliger Quatsch, an dieser Stelle überhaupt eine Probe abzulegen. Wenn dieser Artikel ZENTRAL für die Ermittlungen ist, muss der Spieler an ihn gelangen - dazu braucht man nicht würfeln.
Sinnvoller halte ich Proben für gestaffelte Informationen, wobei die wichtigen Informationen rasch kommen, Bonusinformationen hingegen bei sehr gut gelungenen Proben.
So habe ich etwas bei einer der letzten ARS MAGICA-Runden gehalten. Dabei sollten die Magier in die berühmtem Katakomben der Erzmagier eindringen. Zuvor gab es die Möglichkeit, in der Bibliothek über die Katakomben zu recherchieren. Ich ließ den entsporechenden  Magus eine Rechercheprobe ablegen, wobei er pro 2 Erfolgspunkte eine Information bekam. Die erste und wichtigste bekam er umsonst, allein für die Recherche an sich - dass ein mächtiger Zauber das Tor der Katakomben verschliesst und sie also nicht dorthin reisen, ohne diesen brechen zu können. Hinzu kamen dann weitere Informationen: über den steinigen Weg zu den Katakomben, über jene Magi, die den Zauber eventuell brechen können, über die genaue Position des Grabes, das sie suchen.
Ein paar Informationen bekam der Spieler nicht, da er nicht gut genug gewürfelt hat ... und wurde entsprechend von den anwesenden Skelletten überrascht.

Das nur als Beispiel für "sinnvolle" Ermittlungsproben.

Kriegsklinge:
Ich sollte vielleicht präziser sagen: Ermittlungen nachstellen funktioniert im Rollenspiel nicht. Proben zur gestaffelten Informationsvermittlungen gehen natürlich und sind auch sinnvoll - wie sollte man auch sonst die Punkte in den Detektivfertigkeiten rechtfertigen  ;)? Das von dir geschilderte Vorgehen, Glisander, ist ja aber die pragmatische Variante: man macht einen Ermittlungswurf, der mehrere unterschiedliche Handlungen repräsentiert und interpretiert das Ergebnis entsprechend (bzw. modifiziert die Schwierigkeit entsprechend der Ansagen der Spieler -> schlauer Ermittlungsplan führt zu erleichterter Probe). Ein Würfelwurf repräsentiert sozusagen eine längere Zeitspanne, die ganz unterschiedliche Bemühungen der Spieler umfasst, die man dann nicht alle in Realzeit nachstellen muss.

glisander:
Naja, Ermittlungen nachstellen geht insofern, dass die Spieler ja den Lösungsweg selbst finden. Den Täter eben ERMITTELN und nicht nur auf der Eisenbahn eine Schiene entlangfahren und die Hinweise aufsammeln. Wie schon gesagt wurde, die Befriedigung im Rollenspiel kommt daher, wenn man als Spieler selbst AKTIV sein kann. Im Detektivabenteuer bedeutet dass: ich versuche eigenständig, zu Punkt P zu gelangen (Aufklärung des Falls). Dazu brauche ich die Hinweise A, B und C. Wie geschickt ich diese herausfinde, liegt an meinem Einfallsreichtum, meinen Fähigkeiten, meinem Würfelglück etc.. Der Spielleiter wiederum muss sicherstellen, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, an A, B und C zu gelangen, und dass es keine Sackgasse gibt.

Kriegsklinge:
Okay. Das heißt aber, es gibt zwei Varianten: Entweder, der SL legt die Hinweise immer dahin, wo die Spieler hingehen. Dann haben sie aber wirklich nur das Gefühl, sich die Infos zu erarbeiten, denn der SL wird nach Stimmungsgesichtspunkten (mindestens die wichtigsten) Infos ohnehin unterbringen, bevor die Gruppe zu enttäuscht ist oder unruhig wird. Kann man eine Weile machen, wegen der Atmosphäre und so, aber Problemlösung ist das ja eigenlich nicht, sondern Stimmungsspiel. Mir wär´s allemal lieber, einfach wie oben von dir beschrieben einmal für alles zu würfeln und dann weiter im Text.

Zweite Variante: Die Hinweise sind halt da wo sie sind, und wenn die Spieler nicht drauf kommen, Pech gehabt. Das wird schnell gruselig, wenn die Spieler halt nicht drauf kommen (was meistens der Fall ist), und man als SL streng genommen auch gute Einfälle und kreative Ideen abschmettern muss: Nein, auch wenn ihr euch als durchreisende Noioniten verkleidet und mit verstellter Stimme sprecht, die alte Kräuterfrau sagt euch nix zu dem Mord, denn die weiß das einfach nicht, so. Und das kriegt ihr erst raus, nachdem ihr eine Stunde an der rumermittelt habt! Unspaßig.

zudem kommt man da mit der Spieler/Charakter-Schere in die Bredouille (warum bin ich nicht so schlau wie mein Magier mit Intelligenz 110, der muss den Fall doch sofort lösen?).

Beide Fälle funktionieren nicht so richtig, einmal ist die Freiheit der Ermittlung Illusion, aber alle müssen trotzdem eine Weile so tun, als hätten sie was zu tun, während sie warten, dass der SL den Zeitpunkt für gekommen hält, um den entscheidenden Hinweis jemandem in den Mund zu legen - oder man erlebt eben den Ermittlungsalltag eines Polizisten mit allem Klein-Klein und allem Frust. In der Zeit könnte man aber auch ein Abenteuer erleben  ;).

Oder überseh ich jetzt was?

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