Pen & Paper - Spielsysteme > Midgard
Warum eigentlich Ausdauerschaden?
Thot:
--- Zitat von: Thot am 7.03.2011 | 06:34 ---[...]
Bedauerlicherweise war nichts zu lesen vom Abschaffen des ja nun wirklich idiotischen "Ausdauerschadens", der sich noch nie entscheiden konnte, was er denn anderes sein soll als ein extrem unintuitives gamistisches Element im Kampf.
--- Ende Zitat ---
Ich wurde gebeten, das näher zu erläutern.
Ausdauerschaden in Midgard funktioniert so, dass man, selbst bei erfolgreicher Parade oder erfolgreichem Ausweichen (!), "Schaden" nimmt. Nur eben nicht an den Lebens-, sondern an den Ausdauerpunkten. Und zwar in genau der Höhe, die die Waffe auch verursacht hätte, wenn der Angreifer sein Ziel getroffen hätte.
Dies solle, so wird man informiert, darstellen, dass es ja anstrengend sei, einem Angriff auszuweichen oder ihn abzuwehren. Dies ist selbstverständlich, simulationistisch betrachtet, einfach Unsinn, denn der Kraftaufwand beim Ausweichen hat ja nun eher gar nichts damit zu tun, wie scharf das Schwert ist, dem man ausweicht.
Weist man auf diesen logischen Fehler hin, wird meist von Ausdauerpunkten als "blaue Flecke" gesprochen, was natürlich noch viel weniger Sinn ergibt: Wenn man ausweicht, nimmt man logischerweise auch keine blauen Flecke hin, und Paraden und Blocks funktionieren so auch nicht, wie jeder Sportfechter (und beim Sportfechten gibt es blaue Flecken, aber nicht durch erfolgreiches Parieren) oder Reenactor gern bestätigen wird.
Simulierend wäre zum Beispiel, jeden Angriff und jede Verteidigung Ausdauer kosten zu lassen, unabhängig vom Ergebnis. (Beispielsweise: Jede Aktion im Kampf koste einen Ausdauerpunkt). Simulierend wäre, erfolgreiches Ausweichen so wirken zu lassen wie im echten Leben
Ausdauerschaden ist also definitiv nichts, was sich irgendwie als "Simulation" herleiten ließe. Soweit, so gut, dann sieht man es eben als reines Element des "Spiels im Spiel" Kampf an. Aber dessen Wirkung ist zutiefst unepisch: Man braucht den großen Fechtmeister nur oft genug mit möglichst schweren Waffen erfolgreich anzugreifen, dann wird er schon wehrlos, egal wie gut er ist. Kämpfe werden dadurch schlicht und einfach extrem vorhersehbar, oder um es klar zu sagen: Langweilig.
Abgesehen davon geht das Phänomen in ein anderes über, das Midgard schon immer geplagt hat: Die kindliche Kompetenz von Anfangscharakteren... wer auf Grad 1 nur ein oder zwei Paraden hat, bevor er zusammen klappt, ist wohl eher unfreiwillig komisch als heldenhaft.
Abd al Rahman:
Um auf die Frage im Titel zu antworten: Weil es gut funktioniert und plausible Ergebnisse bringt.
Thot:
Plausible Ergebnisse? Zum Beispiel...?
Pesttanz:
Im übrigen haben blaue Flecke für mich nichts mit Ausdauer zu tun. Das sind Verletzungen und sollten so über LP behandelt werden. Das aber nur am Rande.
Ich denke, dass man eine coole Spielmechanik wollte, die für sich genommen ja auch funktioniert. Solange man den Realismus draußen lässt. So ganz stimmt es ja nicht, dass jedes Ausweichen gleich anstrengend ist wie du schreibts, aber hast schon recht, ich hätte das auch anders gehandhabt.
Rowlf:
@Thot: Ah, jetzt verstehe ich deine Sichtweise, auch wenn ich sie nicht teile.
Wenn ich den midgardschen Kampf unbedingt simulationistisch betrachten will (selten), dann stelle ich mir im EW:Angriff nicht einen einzigen Schlag, sondern eine ganze, 10-sekündige Serie von Angriffen vor, die dann entsprechend abgewehrt werden will. (Glücklicherweise in jeweils nur einem Wurf.) Und dann habe ich plötzlich keinerlei Probleme mehr, mir vorzustellen, warum die Abwehr eines wilden und heftigen Bihänderangriffs anstengender als die einer schwächlichen Messerattacke. Da sind dann natürlich auch Block, Streiftreffer usw, mit dabei.
So gesehen kann ich wohl eher über den fehlenden Ausdauerverlust beim Angriff sinnieren.
Und die unepische Wirkung: Naja, wenn der Fechtmeister wirklich so großartig ist, macht er in der ersten Runde schnell mal einen gezielten Angriff auf die Waffenhand oder ein Bein und schwupps ist der Kampf erledigt.
Ich finde die Kämpfe gerade eben durch diesen Mechanismus mit der Ausdauer wesentlich spannender und erheblich weniger vorhersehbar als das langweilige Lebensenergie-Runtergekloppe bei anderen Systemen. So sind halt unsere Sichtweisen und Ansprüche verschieden.
Trotzdem danke für die ausführliche Erklärung.
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