Pen & Paper - Rollenspiel > Pen & Paper - Spielberichte

[Dresden Files] Miami Files - Die Ritter von Miami (a.k.a. "Die schönen Männer")

(1/49) > >>

Timberwere:
Schon seit knapp zwei Jahren spielen wir alle paar Monate jeweils ein ganzes Wochenende lang eine Runde im Universum der Dresden Files von Jim Butcher. Das macht sehr viel Spaß, aber irgendwie bin ich bis zu unserem letzten Abenteuer nicht dazu gekommen, mal selbst einen Spielbericht von den Runden zu schreiben. Jetzt allerdings hat sich das geändert - was allerdings auch bedeutet, dass das Diary Bezüge auf vergangene Ereignisse enthält, die nicht näher definiert sind. Muss ich schauen, ob ich das so lasse (echte Tagebücher sind ja auch nicht immer in allen Details aus-erklärt, weil sie nicht dafür gedacht sind, dass sie jemand anderes außer dem Autor liest) oder ob ich doch noch irgendwann in Rückblenden die früheren Erlebnisse der "schönen Männer" erzähle.

"Die schönen Männer" ist übrigens (oder war bislang) der Spitzname unserer Gruppe, weil wir alle männliche Charaktere spielen, die auch noch alle ziemlich gut aussehen bzw. über tonnenweise Charisma verfügen. Das war eigentlich gar keine Absicht, hat sich aber so ergeben. Bei unserer letzten Session jedoch scheint sich ein neuer Spitzname herauskristallisiert zu haben: "Die Ritter von Miami". Schauen wir mal, ob sich das einbürgert, oder ob sie doch "die schönen Männer" bleiben.

Und das sind die "schönen Männer":

* Alex Martin. Eleggua's monkey with a wrench. Verdient sich seinen Lebensunterhalt mit diesem und jenem, sprich allen möglichen handwerklichen Tätigkeiten, Gefallen, die er Leuten macht und die er von Leuten bekommt. Er kann alles fahren, was Räder hat lenken, was sich fortbewegt, kennt alles und jeden sowie Wege ins und durch das Nevernever.
* Edward Marcus Parsen. Lykanthropischer Cop im Special Investigations Unit des Miami Police Department, der nicht nur zu Vollmond seinen Zorn und seine Aggressionen im Zaum halten muss. Ist in einer vorsichtigen Beziehung mit Cherie Raith, Totilas' Cousine.
* Ricardo "Cardo" Alcazár. Bestsellender Urban Fantasy-Autor. Der einzige Pure Mortal der Runde, der dafür Fantasie und Kreativität, Charme und Überredungskunst sowie nicht zuletzt ein wohlgefülltes Bankkonto aufweisen kann. Seine Bekanntheit hat ihm schon Türen geöffnet, ihm aber auch schon den einen oder anderen unangenehmen Moment verschafft.
* Roberto Alveira. Tief gläubiger Santerío, der allerdings von den meisten anderen Santeríos als Scheinheiliger betrachtet und zum Teil nicht sonderlich gemocht wird, von den Leuten, die ihm vorwerfen, einen zu starken Fokus auf Geld und das Materielle zu legen.
* Totilas Raith. Philantropischer White Court-Vampir. Totilas, der in vollem Wissen zum White Court Vampir geworden ist, weil er mit deren besonderen Fähigkeiten den Menschen besser helfen kann, wie er fand, hat seinen Hungerdämon stets unter eiserner Kontrolle. Vom Rest seiner Familie, vielleicht mit Ausnahme seiner Cousine Cherie, wird er wegen seiner Schwäche für die Menschen meist mit Herablassung gesehen, aber in letzter Zeit hat er (auch im Zusammenspiel mit seinen mehr oder weniger normalen Freunden) doch etwas den Respekt seines Großvaters Gerald erringen können.
(Unsere Abenteuer sind übrigens alle nach den echten Harry-Dresden-Romanen benannt, aber trotz der identischen Titel sind die eigentlichen Abenteuer von den Romanhandlungen völlig unabhängig. Es hat sich nur, ähnlich wie der Spitzname für die Jungs, einfach ergeben, und es macht riesigen Spaß, die bekannten Romantitel komplett anders zu interpretieren.)

Timberwere:
Ricardos Tagebuch: Summer Knight 1

Schreibblockade. Ich fasse es nicht. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie eine Schreibblockade. Jamás. Never. Jamais. Okay, ich weiß genau, wovon sie ausgelöst wurde, aber das macht es nicht besser, verdammt. George ist schuld. Und ich kann dem kleinen burro eigentlich noch nicht mal richtig böse sein.

Und das gerade, wo Sheila bzw. der Verlag jeden Tag mit irgendwelchen Änderungswünschen für Faerie Storm ankommen können. Naja, für die hätte ich momentan ohnehin keine Zeit.

Aber ich muss irgendwas schreiben. Und wenn ich schon nicht arbeiten kann, weil diese blöde Schreibblockade mir nicht aus dem Kopf will, dann muss ich mich eben irgendwie ablenken. Mit Tagebuchschreiben zum Beispiel. Das habe ich sowieso viel zu lange vernachlässigt. Und vielleicht hilft es ja, schüttelt irgendwelche geistigen Steine aus dem Weg oder was weiß ich.

Und überhaupt glaubt mir das außer den Jungs sowieso wieder keiner, wenn ich es irgendwem erzähle, also kann es auch hier rein und – falls es doch mal irgendjemand finden sollte – für Fingerübungen für einen neuen Roman gehalten werden. Sollen sie doch.

Mierda. Ich winde mich um den heißen Brei und verzapfe völligen Blödsinn, nur um irgendwie die Zeilen vollzukriegen, und glaubt bloß nicht, dass ich es nicht merke, Römer und Patrioten.

Also gut. Genug prokrastiniert. Wir haben wieder mal Ärger am Hals, und zwar so richtig. Als ob der, den wir uns bisher angelacht haben, nicht reichen würde.

Machen wir es kurz: Die Traumfresser gehen in der Stadt um. Wobei das eigentlich gar nichts Besonderes ist. Eigentlich gehen die immer um, schleichen sich in die Träume von Schlafenden und knabbern hier ein Stückchen, da ein Stückchen, ohne dass der Träumer es überhaupt bemerkt oder ihm das schadet.

Aber seit der großen Halloween-Party von Gerald Raith letztes Halloween – und lasst mich bloß nicht von der anfangen, Römer und Patrioten, sonst sitze ich nächstes Jahr noch hier und schreibe – vertreibt dieser Sommerfeen-Typ, Antoine, der mit Edwards Mutter angebandelt hat, doch diese seltsamen Feendrogen.

Bisher hatten wir mit denen nicht sonderlich viel zu tun, weder mit den Drogen selbst noch mit Antoine und Mrs. Parsen, weil Edward den beiden tunlichst aus dem Weg geht. Aber auf Alex’ Geburtstagsfeier vor drei Tagen sind uns dann ein paar Leute aufgefallen, die fürchterlich übernächtigt wirkten, teils auch echt gereizt. (Roberto kann da ein Liedchen von singen.) Das Mädel, mit dem ich mich unterhielt, war weniger gereizt, nur traurig und müde. Sie erzählte mir, dass sie so tolle Träume gehabt habe, seit sie angefangen habe, Antoines Zeug zu nehmen, viel bunter und schöner als sonst immer, aber seit einer Weile würde sie gar nicht mehr träumen, auch nicht die langweiligen normalen Sachen mehr, und sie wolle die tollen Träume zurück. Sie marschierte dann auch prompt los, um es „nochmal zu versuchen“.

Das klang verdammt nach typischem Suchtverhalten, wenn ihr mich fragt. Erst das Hoch, von dem man nicht genug bekommen kann. Und dann bleibt es aus, so dass man immer und immer und immer mehr davon braucht. Und nun träumt Alison gar nicht mehr, braucht also vielleicht eine andere Droge als die, die sie bisher von Antoine bezogen hat? Eine stärkere vielleicht? Hah. Honi soit qui mal y pense.

Dasselbe oder ähnliches hatten auch die anderen übernächtigten Partygäste erzählt, die wir befragt hatten. Alle hatten sie Antoines Zeug genommen, alle hatten sie erst so bunt geträumt, und bei allen hatte es dann plötzlich komplett aufgehört, und sie träumten gar nicht mehr. Und interessanterweise sahen sie alle in ihrem letzten Traum eine graue, immer zur jeweiligen Szenerie passende Gestalt, die alles aus den Träumen löschte, was sie berührte. Und am Ende war der ganze Traum fort, und dann berührte die Gestalt die Träumer selbst, wovon sie aufwachten und seither nicht mehr träumen konnten.

Muy sospechoso, amigos...

Antoine, den wir daraufhin direkt auf die Sache ansprachen, wirkte allerdings ehrlich erstaunt, weil das nie in seiner Absicht gelegen habe. Die Leute sollten einfach nur „schön träumen“, sagte er.  Deswegen hatte er Alex ja auch mit genau derselben Bemerkung einen Tiegel roten Honigs geschenkt.

Diesen Honig untersuchte Edward am nächsten Tag in seinem Labor. Seinem richtig gut ausgestatteten Labor. Keinerlei High-Tech, alles Erlenmeyerkolben und Petrischalen und Reagenzgläser und gute alte chemische Handarbeit, aber sehr, sehr umfangreich. Und aufgeräumt. Und überhaupt. Römer und Patrioten, considerame impresionado.

Langer Rede kurzer Sinn, auf rein mundaner Ebene war das Zeug genau das: Honig. Aber da Edward es ja auch und vor allem magisch betrachtete, stellte sich heraus, dass dadurch ein Tor ins Nevernever geöffnet und gewissermaßen eine Kopie der dort vorgefundenen Szene in den Geist des Schlafenden projiziert wird, den dieser dann im Traum betrachten und durchwandern kann. Eigentlich völlig harmlos, ohne Nebenwirkungen und nicht süchtig machend, soweit Edward das beurteilen konnte.

Wir kontaktierten Jack „White Eagle“, der sich nur zu gern von seiner Hippie-Kommune weglotsen ließ, weil dort anscheinend gerade eine Meute nerviger und spirituell hungriger Seniorinnen aufgeschlagen war. Der konnte uns allerdings auch nicht sonderlich viel mehr sagen. Nur, dass er das Zeug genau einmal genommen hatte, seine Traumszenerie irgendwie europäisch aussah und darin kein graugewandeter Radiergummi irgendeiner Art aufgetaucht war. Nach diesem ersten Mal habe er es nicht mehr genommen, und seine Träume seien wieder völlig normal, wie vorher auch.


Edward musste dann aber erstmal schleunigst zur Arbeit. Sein Chef wollte, dass er einem Marshal Schützenhilfe gibt, der in die Stadt gekommen war, um irgendwen zu suchen.
Ahem. Einer Marshal. Alex Martins Schwester, um genau zu sein.  Und der Typ, den sie sucht, hängt natürlich voll in unserer Traumfresser-mierda mit drin, aber das wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.

Wir waren nur alle immer noch in unserer mobilen Standleitung, als Edward auf dem Revier aufschlug, und so konnten wir mithören, dass der Marshal als ‚Dee Martin’ vorgestellt wurde und dass sie einen gewissen Ortego Ruiz suche, der aus dem Zeugenschutzprogramm abgehauen sei.
Eigentlich kein Verbrechen an sich, aber da der Prozess, wegen dessen er ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen worden sei, in die Berufung gehe und man Ruiz’ Aussage brauche, müsse sie ihn eben finden.

Edward fand später noch raus, dass Ruiz bei den Santo Shango gewesen sei und in dem Prozess gegen die Latin Kings ausgesagt habe. Yay. Naja, wenn ich gegen die Latin Kings ausgesagt hätte, wäre ich aber auch ins Zeugenschutzprogramm gegangen, Römer und Patrioten. Das Bild von dem Kerl, das Edward später herumzeigte, kam Totilas und mir allerdings bekannt vor: Den hatten wir letztens mal bei einer von Pans Partys am South Beach rumhängen sehen, als Pan uns mal wieder zu seiner seiner Feten eingeladen hatte und wir ja schlecht absagen konnten.

Also Pan aufsuchen, claro. Allerdings traf Alex sich erst noch mit seiner Schwester. Sehr niedlich, die junge Dame. Auch wenn sie mich vermutlich ungespitzt in den Boden rammen würde, wenn sie wüsste, dass ich das Adjektiv „niedlich“ mit ihr verbinde. Aber okay, es ist auch gar nicht so wirkich das richtige Wort. Verdammt hübsch. Verdammt attraktiv. Kompetent. Und ziemlich sachlich-kühl, weil sie in der Männerwelt der Marshals ständig allen beweisen muss, dass sie eben nicht niedlich ist.
Warum ich das weiß? Äh. Roberto, Totilas und ich nahmen uns in dem Restaurant einen Tisch in einer anderen Ecke und linsten mal rüber. Mussten doch sehen, wie Alex’ Schwester so ist. Wir wären auch beinahe nicht aufgeflogen, wenn Roberto nicht ständig so auffällig rübergestarrt hätte. Naja. Wir wollten sowieso unabhängig von Alex und Dee gehen.

Pans Party war wieder so eine Sause, wo man ab einem bestimmten Punkt am Strand in die Feenwelt rüberwechselte. Ich frage mich wirklich, ob der gute Pan damit nicht gegen irgendwelche Feengesetze verstößt, wenn er einfach so jeden Normalmenschen, der zufällig auf seiner Party landet, in die Feenwelt lässt. Aber vermutlich kann er sich das leisten, er ist immerhin ein Herzog des Sommerhofes oder sowas, wenn ich das richtig verstanden habe.

Und wer stand neben ihm, in der glänzenden Rüstung eines Feenritters und mit einem Schwert an der Seite, bester Laune und offensichtlich el mejor amigo de Duque Pan? Ihr habt es erfasst, Römer und Patrioten. Señor Ortego Ruiz in voller Lebensgröße.

Sir Anders (genau der Sir Anders, der, wegen dem ich mich mit Edward duellieren musste) war auch da. Uns gegenüber hegte er keinerlei Groll mehr, immerhin war durch das Duell Cassidy Greys Ehre wiederhergestellt, sein resentimiento mir gegenüber aufgehoben, und die Sturmkinder hatte er bei der Auktion auch gewonnen.
(Übrigens erzählte er – mit todernster Miene – dass Ms. Grey entführt worden sei, denn eines Tages sei sie spurlos aus seiner Wohnung verschwunden gewesen, und sämtliche Wertgegenstände mit ihr.
Der Mann ist eine Fee, da gelten strengere Gesetze von Höflichkeit, einem Feenritter lacht man nicht einfach so ins Gesicht, aber ich musste echt an mich halten. Der arme Anders. Kann einem richtiggehend leid tun.)
Jedenfalls war Sir Anders auf Ruiz überhaupt nicht gut zu sprechen. Es gefiel ihm gar nicht, dass der seit neuestem Pans Erster Ritter ist. Denn erstens hat Ruiz wohl vor ein paar Wochen in einem magischen Duell den vorigen Ersten Ritter besiegt und somit ersetzt, außerdem behandelt er Frauen völlig respektlos, und drittens hat er auch noch einen sehr schlechten Einfluss auf Pan, der ja schon sowieso nicht der Stabilste aller Fae ist.

Aber jedenfalls war Ruiz gefunden, und deswegen ging Edward los, um bei Marshal Martin anzurufen und ihr zu sagen, wo sie hinkommen solle. Oh, achja. Irgendwas hatte ich um Ruiz rumhuschen sehen, irgenwas Kleines und Schwarzes und Schattenhaftes. Nur was es war, das konnte ich nicht genauer sehen, und ich konnte dann auch erstmal nicht darüber nachdenken.

Denn Ricardo Esteban Alcazár wurde zu einer Audienz bei einer veritablen Feen-Lady geladen, Römer und Patrioten. Die Frau nannte sich Lady Fire und war – natürlich, sie ist eine Fae! – atemberaubend schön, aber hey. Lady Fire. Flammenhaar und glühende Augen und zu heiß zum Anfassen. Ich hab’s natürlich doch getan. Sie angefasst, meine ich. Zweimal sogar, am Anfang und am Ende. Ich kann ihr ja schließlich den Handkuss nicht verweigern, wenn sie mir ihre Finger hinstreckt. Aber aua, aua, aua. Gut, dass sie nicht darauf bestanden hat, sich während des Spaziergangs, den sie mit mir machen wollte, bei mir unterzuhaken, wie sie das erst vorhatte. Und gut, dass draußen vor ihrem Pavillon ein gut gefüllter Sektkühler in der Nähe stand. Aua.

Wie sich herausstellte, ist die Lady ein großer Verehrer meiner Bücher. Sie kann nur leider nicht so ganz zwischen Fiktion und Wirklichkeit unterscheiden. Eric Albarn ist derjenige mit den indianischen Vorfahren, nicht ich! Aber hey, welcher Autor kann schon von sich behaupten, dass waschechte Fae zu ihren Fans gehören – und dieser Fan es ihnen auch noch selbst ins Gesicht gesagt hat. Ich war jedenfalls schwer bedruckt, Römer und Patrioten.

Aber ich fürchte, ich habe eine Dummheit gemacht.
Ich erzählte der Lady Fire, dass bald der nächste Band herauskommen wird, und sie meinte doch tatsächlich, sie hätte das Buch schon gelesen! Cólera. Das wird doch noch umgeschrieben. Jedenfalls fuhr mir heraus, es wäre mir eine Ehre und eine Freude, ihr eines zu überreichen, wenn es denn ganz fertig sei. Und hätte mir in genau diesem Moment am liebsten auf die Zunge gebissen, denn was ist die Lady Fire nochmal? Richtig. Eine Fee. Und was mögen Feen gar nicht? Richtig. Geschenke. Toll gemacht, Alcazár.
Ich wollte mich dann noch rauswinden, so ein Buch sei ja gar kein richtiges Geschenk, weil man als Autor ja zig Freiexemplare davon hat, die man unter die Leute schmeißen kann, aber ich glaube, das hat es beinahe eher noch schlimmer gemacht. Wir einigten uns dann aber doch gütlich darauf, dass ich mein Wort selbstverständlich nicht zurücknähme, niemals, und dass die Lady Fire mir ein angemessenes Gegengeschenk machen werde. ¡Madre mía, ayudame!

Über Ortego Ruiz konnten wir dann aber auch noch kurz reden, auch wenn sie bei der Erwähnung dieser ‚Kreatur’ (Zitat Ende) regelrecht zu kochen begann. Sie mag ihn offensichtlich genausowenig, wie Sir Anders das tut, oder noch weniger.

Bis ich von der Lady wegkam, war auch Edward wieder da, mit Alex’ Schwester im Schlepptau. Die konfrontierte Ruiz und forderte ihn auf, zu seiner Aussage im Berufungsprozess zurückzukommen, aber der lachte nur und erklärte, sie könne ja versuchen, ihn zu zwingen. Nützen werde es ihr nichts, weil seine Magie stärker sei als ihre.

Hossa. Alex’ Schwester, magisch? Naja, Alex ist es ja immerhin auch, es sollte mich also eigentlich nicht überraschen.

Oh, und ja. Der Kerl ist tatsächlich genauso frauenfeindlich, wie das alle von ihm gesagt hatten. Das zeigte sich deutlich darin, wie er mit Dee redete. Und noch viel mehr darin, dass er gerade mit einem ohnmächtigen Mädchen aus einem Zimmer kam, als Dee ihn aufhielt. Und mit der marschierte er dann auch einfach weiter, als die Konfrontation vorüber war. Aufhalten konnten wir den cabrón dummerweise nicht. Feengesetze der Gastfreundschaft und so. Und vor allem, der Kerl scheint wirklich verdammt stark zu sein, was seinen magischen Wumms angeht.

Ich meine, immerhin war er bei den Santo Shango, kann also diese Santería-Magie. Hat jetzt als Pans Erster Ritter Feenmacht von dem bekommen. Und nicht zu vergessen diese Schattendinger, die um ihn rumhuschten. Die erkannte Roberto bei dieser zweiten Gelegenheit als sogenannte Oneirophagen. Also Traumfresser, oh ihr Nichtgriechen.

Wie weiter oben schon geschrieben: Eigentlich sind die Viecher völlig harmlos. Das sind kleine Wyldfae, die sich eben von Träumen ernähren, aber halt normalerweise nur hier und da ein bisschen knabbern. Roberto konnte allerdings sehen, dass die Exemplare, die um Ruiz herumhuschten, deutlich größer und besser genährt aussahen als Oneirophagen das sonst tun. Claro, wenn diese speziellen Vertreter ihrer Gattung ja in letzter Zeit ganze Träume fressen, statt nur ein bisschen zu naschen. Was den Opfern übrigens gar nicht gut tut, wusste Roberto. Der muss mal ein Buch über die gelesen haben oder so, der war nämlich glücklicherweise verdammt genau über die kleinen Biester informiert.
Denn wenn so ein Traum mal völlig aufgefressen ist, erholt sich das Opfer normalerweise nicht mehr davon. Es ist dann von seinen Träumen komplett abgeschnitten, und der Mensch muss ja träumen, um zu verarbeiten. Und wenn man das nicht kann, geht man irgendwann daran zugrunde.

Mierda. Wir müssen irgendeinen Weg finden, um den Leuten ihre Träume zurückzugeben.

Timberwere:
Ricardos Tagebuch: Summer Knight 2

Zu diesem Zweck wollten wir anderen vier nochmal mit Antoine reden, während Alex indessen Hurricane aufsuchte, um den vor dem derzeitigen Zustand seines Vaters zu warnen und ihn zu bitten, dafür zu sorgen, dass Tanit Pan nicht aufsuche, bis der Ruiz’ Einfluss wieder losgeworden sei. Denn das wäre sonst... nicht lustig. Höchst explosiv, um genau zu sein.

Antoine war von Ruiz übel zusammengeschlagen worden. Er selbst war nicht bereit, gegen Pans Ersten Ritter zu reden – Feenehre und Feenschwüre und so – aber Mrs. Parsen erzählte uns, was los war, während Antoine einen Spaziergang machen ging. Nachdem er von uns gehört hatte, dass es negative Nebenwirkungen gebe, was er so nie gewollt hatte, wollte Antoine sich weigern, seine drei Drogensorten weiter herzustellen. Aber Ruiz verprügelte ihn und erinnerte ihn an seinen Eid dem Sommerherzog – und somit dessen Erstem Ritter – gegenüber. Anscheinend hatten Ruiz und Antoine überhaupt zusammen geplant, diese Traumdrogen zu produzieren und unter die Leute zu bringen, wobei der Fae keinerlei Ahnung hatte, dass sein Kumpel damit irgendwelche Oneirophagen füttern wollte.

Wieder zurück von seinem Spaziergang, erzählte uns Antoine genaueres über die Wirkweise der Drogen. Das ging zum Glück nicht gegen seinen Eid. Es gibt drei Sorten, wie wir ja schon wussten, deren Effekt von unterschiedlichen Reizen ausgelöst wird, die aber dieselbe Wirkung haben. Wie Edward bei der Analyse ja schon herausgefunden hatte, wird tatsächlich kurz ein Tor ins Nevernever, zu wenigen ganz bestimmten Orten,  geöffnet und eine Kopie der jeweiligen Szene in den Geist des Träumenden geladen. So kommen vermutlich auch die Oneirophagen in die Träume hinein – denn für normale Träume müssen sie ja auch selbst ein solches Tor in den Geist der Schlafenden hinein öffnen. Und – und diese Information war für uns besonders interessant – wenn man im Nevernever ist und sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort befindet, dann kann man sehen, wie sich diese Tore dort öffnen.

Alex ließ sich also von Antoine beschreiben, welche Orte das alles so sein können. Glücklicherweise hat der Fae seine Drogen nur mit fünf verschiedenen Orten verknüpft, und zwar alles solche, die er für interessant, aber grundsätzlich harmlos hielt. Er wollte ja niemandem wehtun.

Und ja, Alex konnte uns hinbringen. Der hat ja da diese Möglichkeiten als Abgesandter von Eleggua. Wir rüsteten uns also entsprechend gegen Feen: mit möglichst viel kaltem Eisen, Schlagringen, Messern und all solchem Zeug. Ich bin heilfroh, dass wir damit nicht auf der Straße angehalten wurden. Die Cops hätten uns garantiert erst mal für eine Straßengang gehalten mit dem ganzen Kram.

Wir einigten uns auf den „Garten der geduldigen Rosen“. Ich hielt den zwar für potenziell zu unübersichtlich, um Traumfresser zu jagen, aber ich wurde überstimmt. Ich weiß auch nicht. Wenn Roberto etwas wirklich will, dann setzt er seinen Kopf irgendwie auch meistens durch. Jedenfalls. Ich sage jetzt nicht ‚Hab ich’s doch gesagt’, aber meine erste Wahl wäre der Rosengarten nicht gewesen.

Er war nämlich verdammt unübersichtlich. Und wir bekamen auf die Glocke. Aber sowas von. Erstmal war es anstrengend genug, die blöden Tore überhaupt zu sehen. Und dann waren diese kleinen Mistviecher von Traumfressern auch noch so richtig verdammt schnell.

Ich mache es kurz. Wir sahen vorher schon ein paar Oneirophagen in dem Garten rumwuseln. Dann ging ein Tor auf, und Alex stellte sich davor und „machte den Gandalf“, wie er es später nannte. Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich überrascht war. Jeder hat doch den Herrn der Ringe gesehen. Ich hatte nur Alex bis dahin irgendwie nicht als jemanden auf der Rechnung, der gerne geek references von sich gibt.
Jedenfalls war das Problem, dass Alex den Traumfressern den Weg versperrte. Und somit war er für sie das Ziel Nummer eins. Und die Dinger waren so extrem schnell, das glaubt ihr gar nicht, Römer und Patrioten. Ständig wurde Alex von denen angegriffen und gekratzt, und Edward dazu. Gegenangriffe brachten gar nichts, Eisenmesser hin oder her. Wie auch, wenn die gar nicht erst trafen.

Und dann... Was dann passierte, weiß ich gar nicht so genau. Oder nein. Ich weiß genau, was passierte, ich weiß nur nicht genau, wie.
Ich weiß nur, dass ich die Viecher von meinen Freunden ablenken wollte. Und mir fiel plötzlich ein, dass wir ja im Nevernever waren. In der Feenwelt. Wo so ziemlich alles möglich ist. Also, hm... Ich kann es nicht richtig erklären. ...konzentrierte ich mich, und stellte sie mir so plastisch vor, wie ich nur konnte, und plötzlich ... war da diese Sahnetorte, ganz genau so, wie ich sie mir ausgemalt hatte. Über die machten die Oneirophagen sich her, ließen darüber die Jungs in Ruhe, und so konnte uns Alex ungestört ein Tor nach draußen öffnen.

Also gut. Der Ansatz, die Oneirophagen im echten Nevernever zu stellen, war gründlich in die Hose gegangen.
Aber Roberto fiel ein, dass die Viecher im eigentlichen Traum nicht nur jede Gestalt annehmen können, die in die jeweilige Szenerie passte, sondern dort auch der Sprache mächtig sind. Vielleicht könnten wir mit einem von denen ja einfach reden? Sie auf diese Weise davon abhalten, Träume ganz aufzufressen? Solange sie nur ein bisschen knabbern, tun sie ja niemandem weh.

Gute Idee, nur die wollte gründlich geplant werden.
Erstens, wie kämen wir alle zusammen in denselben Traum. Wenn wir alle gleichzeitig die Drogen nähmen und dann einschliefen, würden wir ja alle woanders landen.
Also dürfte nur einer von uns einschlafen, die anderen müssten dann aus dem Nevernever heraus durch das Tor mit dem Oneirophagen zusammen in seinen Traum hüpfen.
Dabei würde Jack helfen können, sagte der, als wir ihn anriefen. Es gäbe da so ein indianisches Schwitzhütten- und Rauchritual, das in seinem Volk angewandt werde, um Traumvisionen zu erschaffen. Das könnte uns bei unserem Vorhaben unterstützen und in die richtige Richtung leiten. Er würde auch schon alles soweit vorbereiten.
Na gut. Nächste Frage: Wer würde einschlafen, in wessen Traum würden die anderen kommen?

Irgendwie meldeten sich alle freiwillig. Alex war als erster raus, denn der würde ja die Truppe körperlich durchs Nevernever führen müssen, der konnte sich nicht schlafen legen. Die anderen drei führten alle noch Gründe an, warum sie jeweils derjenige sein sollten.
Aber am Ende blieb dann euer freundlicher Narrator übrig, Römer und Patrioten, weil einfach die logischsten Gründe dafür sprachen, dass ich es machte.
Die anderen haben alle auf die eine oder andere Weise magisches Talent, das ihnen im Traum entweder erhalten bleiben oder verloren gehen würde. Ich war der einzige, von dem wir wussten, dass ich im Traum mehr können würde als in Wirklichkeit, Sahnetorte erat demonstrandum. Und wenn es gar noch mein eigener Traum wäre, hätte ich darauf hoffentlich sogar noch mehr Einfluss als nur im reinen Nevernever.

Puh. So richtig wohl war mir nicht dabei, das kann ich ja hier in der Privatsphäre meines Tagebuches durchaus eingestehen. Aber ich fand den Gedanken irgendwie trotzdem auch ziemlich spannend.
Weniger spannend fand ich allerdings, dass wir uns für White Eagles Schwitzritual komplett nackt ausziehen mussten. Waffen und Ausrüstung durften wir mit in die Schwitzhütte nehmen, nur anhaben durften wir nichts.

Oh, und ich hatte vorher ein paar Stunden damit verbracht, mich auf den Traum vorzubereiten. Denn damit die anderen meinen Traum aus dem Nevernever heraus finden konnten, musste es ja ein bestimmter sein, und nicht einfach ein beliebiger der fünf möglichen Orte. Wir einigten uns auf die eisige Stadt im Hohen Norden, also setzte ich mich nachmittags hin und schrieb ein Eisgedicht. Weder sonderlich gut noch sonderlich originell, fürchte ich, aber ich bin Romanschriftsteller, kein Poet, verdammt, und um mich in den Eistraum zu bringen, würde es hoffentlich reichen. Gut, dass Alex von Antoine etwas von dem roten Honig zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte und nicht die grünen Pillen. Sonst hätte ich meine gesamte iTunes-Bibliothek nach Schnee- und Winter-thematisierter Musik absuchen müssen,  weil die Pillen ja durch Musik getriggert werden und nicht, wie der Honig, durch Poesie. Und irgendwie bezweifle ich, dass es gereicht hätte, eines meiner Snow Patrol-Alben zu hören.

Langer Rede kurzer Sinn: Es klappte. Hütte. Rauch. Sechs schwitzende, nackte Männer, von denen einer sich den Honig einverleibt und dann ein Eisgedicht deklamiert. Naja. Vorliest. Marshal Dee war übrigens glücklicherweise nicht dabei. Die hätte sich zwar vermutlich auch nicht geniert, sich vor uns allen auszuziehen, wenn es die Pflicht erfordert hätte, aber es gab da so das Problem, dass ein gewisser Zeitpunkt im Monatszyklus das Ritual unmöglich macht. Sprich, wenn die Frau ihre Tage hat. Taste hier nicht so um den heißen Brei herum, Alcazár, es liest außer dir eh keiner.
Como quiera que sea, ich schlief irgendwann tatsächlich ein, während Jack noch sein Ritual abzog und indianische Schamanengesänge intonierte, und landete in dieser eisigen Stadt, von der wir schon gehört hatten.
Die anderen tauchten nach einer Weile ebenfalls auf, wie geplant durch das Tor aus dem Nevernever. Da es mein Traum war, imaginierte ich uns als allererstes ein paar winterfeste Klamotten her, dann fingen wir an, uns nach dem Oneirophagen umzusehen.

Es dauerte eine Weile, aber dann sahen wir ihn: Er hatte in diesem Traum, passend zur Szenerie, die Gestalt eines grauen Schneeleoparden angenommen. Totilas war bei dem Versuch, ihn aufzuhalten, etwas zu, hm, forsch. Er stürmte auf den Leoparden zu, so dass der Traumfresser gleich wieder abhauen wollte, aber Alex schloss das Tor, das er sich öffnete. Ich warf ihm einen frisch imaginierten Schneehasen als Futter hin, während wir ihm zuriefen, dass wir doch nur reden wollten.

Und nachdem der Oneirophage die Gestalt eines der hochgewachsenen, schmalen Stadtbewohner angenommen hatte, nur mit grauem Gewand statt einem weißen, gelang das tatsächlich.
Wir erfuhren, dass diese Spezialträume hier für seinesgleichen unermesslich lecker schmecken, gar kein Vergleich mit normalen Träumen. Deswegen können die Oneirophagen sich in Antoines Drogenträumen auch nur schwer zurückhalten und fressen gerne mal den ganzen Traum auf, wenn sie können. Und deswegen könnte es auch schwer werden, sie davon abzubringen, fürchte ich – sag doch mal einem Gourmand bei einer Völlerei, er solle nicht das ganze Buffet vertilgen, sondern sich mit ein paar Happen begnügen.
„Soooo lecker“, schnurrte er, und räkelte sich dabei gegen ein Haus, das prompt verschwand. Und das war gar nicht lustig. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben, aber es fühlte sich an wie ein Radiergummi, der mit fiesem Quietschen durch mein Gehirn rubbelte. Das war war ein Teil meiner Vorstellungskraft, die er da fraß!

Außerdem bekamen wir noch aus dem Traumfresser heraus, dass seine Art eine Herrin, eine Mutter, hat. Mit der habe jemand einen Vertrag abgeschlossen, sagte er. Genaueres wisse er nicht, das sei alles zwischen der Mutter und dem Anderen gelaufen. Er komme nur in die Spezialträume und fresse sich satt. Und was er fresse, das bekäme dann der Andere. Aber was der Andere dann damit genau mache, wisse er nicht.

Der Oneirophage erklärte sich bereit, uns zu seiner Herrin zu bringen, wollte dafür allerdings eine Gegenleistung. Er habe doch schon den Schneehasen bekommen, sagte ich, aber das war ihm nicht genug. Er wollte mehr, und zwar etwas Komplexes.

Etwas Komplexes. War ja klar. Also gut. Es hatte mir zwar gar nicht gefallen, wie er vorhin das Haus weggerubbelt hatte, aber es musste nun mal sein.
Ich konzentrierte mich also wieder, wie zuvor bei der Sahnetorte im Nevernever, und imaginierte ihm eine Spieluhr. Die komplexeste Spieluhr, die ich mir ausdenken konnte. Mit vielen Zahnrädern und Federn und Drähten und Stiften. Mit einer Mondphasenanzeige. Mit einer Wetteranzeige. Mit Zinnsoldaten in der Anzahl der jeweiligen Stunde. Mit einem mechanischen Vogel, der zur vollen Stunde die Zeit sang. Viel zu übertrieben, viel zu wuchtig, aber er wollte ja etwas Komplexes.

Und weil es ja mein Traum war, musste ich mich gar nicht groß anstrengen. Ich malte mir die Spieluhr in allen Details aus, und einen Moment später stand sie vor dem Oneirophagen. Der schnurrte einen Moment lang genüsslich und voller Vorfreude darum herum, und dann begann er ganz langsam, sie einzusaugen.

Und, ¡Madre mia!, das tat weh, Römer und Patrioten. Tío, tat das weh. Ich konnte richtiggehend spüren, wie er mir jedes Zahnrad einzeln aus der Fantasie zog. Ich glaube, ich wäre beinahe sogar davon umgefallen, aber ich konnte mich dann doch irgendwie aufrecht halten.

Um mich abzulenken, fragte ich den Traumfresser, der mit sichtlich gewölbtem Bauch dasaß und sich mit der Zunge über die Lippen leckte, ob er eigentlich einen Namen habe.
Das Konzept von Namen kannte er gar nicht, ich musste es ihm erst genauer erklären. Er hatte keinen – natürlich nicht, wenn er vorher nicht mal gewusst hatte, was das überhaupt war – aber er wollte gerne einen haben. Und während ich noch überlegte, was denn ein guter Name für so einen Oneirophagen wäre, nannte Roberto ihn schlicht und ergreifend „George“.

Ich fand das erst fürchterlich albern, ein Feenwesen namens „George“, aber vermutlich war es viel besser so. Wer weiß, mit welchem hochtrabenden Blödsinn ich sonst angekommen wäre, wenn man mich gelassen hätte.

Unser Traumfresser nahm diesen Namen völlig begeistert für sich an und murmelte ihn ein paarmal vor sich hin. Und dann hatte Edward geistesgegenwärtig eine brilliante Eingebung. „Kannst du es nochmal sagen?“, fragte er, und ohne zu zögern antwortete die Fae: „George.“

Hossa. Das weiß ja sogar ich inzwischen, dass der Wahre Name eines Wesens demjenigen, der den Namen kennt, Macht über das Wesen gibt! Wie der Kleine das sagte, hat sich mir regelrecht eingebrannt: Ich glaube, ich werde nicht vergessen, wie er es ausgesprochen hat.

Jedenfalls brachte George uns dann wie versprochen zu seiner Königin. Sobald er aus meinem Traum draußen war, sah er wieder aus, wie die Oneirophagen es alle tun: klein, schwarz, bizarr, spindeldürre Beine. Und er konnte nicht mehr sprechen. Aber es kam mir beinahe so vor, als könnte ich in seinem Geschnatter nun fast so etwas wie Worte erkennen.

Oh, und wir waren nun nicht mehr in meinem Traum, also waren wir auch alle wieder nackt. Yay.

George führte uns durchs Nevernever bis zu einer Höhle, in der viele weitere Traumfresser herumwuselten. Und ganz an deren Ende war ein ... Etwas zu sehen. Eine wabernde Gestalt, anscheinend irgendwie aus demselben Stoff gemacht wie die übrigen Oneirophagen, nur ... weniger stofflich. Aus ihr heraus blitzten an unterschiedlichen Stellen immer wieder Köpfe auf, verschwanden dann gleich wieder, um in anderer Form anderswo wieder aufzutauchen. Und diese Köpfe redeten mit uns ... zeitversetzt. Ganz schön verwirrend im ersten Moment.

Die Königin war voller Hass und Wut auf Ruiz, und sie zeigte uns eine schwere Eisenkette, mit der an die Höhlenwand gekettet war. Aber nicht nur war die Kette aus Eisen und die Ober-Oneirophaga eine Fae, sondern das Schloss – besonders kompliziert und mit mehreren Schlüssellöchern versehen, die sich ständig bewegten – war auch noch magischer Natur. War ja klar.

Und ich glaube, den Schlüssel hatte ich auf Pans Party an einer Kette um Ruiz’ Hals hängen sehen. War ja noch klarer.

Es gelang uns also nicht, diese Kette gleich hier und an Ort und Stelle zu lösen, aber wir versprachen der Traumfresserkönigin, dass wir tun würden, was nur immer in unserer Macht stand, damit sie sobald wie möglich nach Hause zurückkehren könnte. Denn hier gehört sie nicht her, hierher wurde sie von Ruiz gegen ihren Willen beschworen und festgesetzt.
Dann öffnete Alex uns ein Tor in die reale Welt. Eine Moment lang hatte ich echt Angst davor, dass wir nicht in Jacks Schwitzhütte wieder herauskommen würden, sondern irgendwo, wo es ganz besonders peinlich wäre, wenn plötzlich fünf nackte Männer aus dem Nichts aufkreuzen. Aber zum Glück war das nur ein kurzer Moment der Panik, und wir landeten ganz brav wieder auf dem Gelände der Kommune.

Aber als George meine Spieluhr gefressen hat, ist irgendwas mit mir passiert. Seitdem habe ich diese verdammte Schreibblockade. Ich hoffe nur, das geht irgendwann wieder weg. ¡Madre mia!, wie ich das hoffe!

Timberwere:
Ricardos Tagebuch: Summer Knight 3

Habe ich gedacht, es hätte weh getan, als George meine Spieluhr auffraß? Dios, Alcazár, wie naiv kann man sein. Aber woher hätte ich es auch wissen sollen. Ich hatte noch keine Verbrennungen dritten Grades. Bis jetzt.
Verdammt. Ich muss mich irgendwie ablenken. Es wenigstens versuchen.

Als wir wieder in der Schwitzhütte landeten, war es mitten in der Nacht, also beschlossen wir, uns erstmal auszuschlafen und uns am nächsten Tag wieder zu treffen. Guter Plan – in der Theorie zumindest. Wenn ich denn ein Auge hätte zu tun können. Was ich, Überraschung, nicht konnte. Deswegen auch der vorige Eintrag.

Treffpunkt war der Donut-Laden, wo mich ein starker Kaffee wieder etwas auf die Beine brachte, während wir überlegten. Alex war nicht aufgetaucht, aber das hat bei Alex ja nie sonderlich viel zu heißen. Dem kommt ja immer mal wieder was dazwischen. Wir wussten zu wenig über die Funktion des Ersten Ritters, stellten wir fest. Und derjenige, der uns vielleicht am ehesten darüber Auskunft geben konnte und mit dem wir in der Feenwelt noch am ehesten Kontakt hatten, war Sir Anders Thunderstone.

Wir fanden den Feenritter nicht in Pans Palast, sondern an der Washington High – Erinnerungen. Lange ist's her. Eigentlich gar nicht so lange, aber kommt mir so vor – wo er gerade ein Little League Baseball Team coachte, uns aber ein paar Minuten opfern konnte.

Über Ruiz an sich, und vor allem gegen Ruiz direkt, durfte er natürlich wieder nichts sagen, weil sein Eid gegenüber Pan ihm das verbot, aber er konnte uns über das Amt des Ersten Ritters ganz allgemein gesprochen Auskunft geben. Als Champion eines Feen-Herzogs bekommt er von diesem Macht übertragen. Nicht ganz so viel, wie der Sommerritter von der Königin höchstselbst erhält, aber genug.

Wir fragten Anders nach dem vorigen Ersten Ritter – 'Sir Horton' nannte ihn Anders – der ja von Ruiz in einem magischen Duell getötet worden war, und auch nach dessen Vorgänger. Oder Vorgängerin, wie sich herausstellte. Zwischen den beiden war die Machtübertragung ganz friedlich verlaufen, mittels eines Kartenspielduells.

Da die frühere Ritterin sich also weiterhin bester Gesundheit erfreut und Anders uns sagen konnte, wo sie lebt, statteten wir ihr kurzerhand einen Besuch in ihrer Gated Community ab, wo die Lady uns zwar anfangs etwas misstrauisch, aber durchaus höflich, auf ihrer Terrasse empfing.

Vorher jedoch nahm Edward noch kurz mit seiner Dienststelle Kontakt auf, um zu erfahren, ob Marshal Martin schon etwas herausgefunden hatte. Leider nicht – sie hatte sich noch nicht einmal zurückgemeldet, und Lieutenant Book wollte einen von Edwards Kollegen darauf ansetzen.

Die ehemalige Ritterin, Eileen Fabray, hatte von den letzten Ereignissen noch gar nichts erfahren, war ziemlich geschockt über die Nachricht von Sir Hortons Tod.
Es gibt drei Arten von Duellen, erklärte Ms. Fabray dann: mit Waffen, mit Magie und mit Willenskraft, worunter auch Rededuelle fallen. Wie ernsthaft sie geführt werden, welche Siegbedingung also gelten soll, darauf müssen die Duellanten sich einigen und der Herzog zustimmen.
Die Aufgabe des Ersten Ritters ist es, gewissermaßen den Verbindungsoffizier zwischen dem Herzog und der Menschenwelt zu geben, vor allem, wenn es 'offizieller' wird. Ansonsten natürlich dessen Champion zu sein, also an seiner Statt zu kämpfen, wenn es nötig wird, und sonstige Aufträge für ihn zu übernehmen. Im Falle von Pan bedeutet es wohl auch, seine Partys mitzufeiern, hinter ihm aufzuräumen und generell sein Kindermädchen zu spielen. Und ja, ihm wird ein Teil von Pans Macht übertragen.
Warum 'Hortie' sich auf ein magisches Duell eingelassen hatte, wo er doch als Herausgeforderter die Waffen hatte wählen dürfen und wo Ruiz doch bekanntermaßen über Magie gebot, konnte Ms. Fabray sich nicht so recht erklären. Aber vielleicht, weil er ein freundlicher Mensch gewesen war, der von niemandem etwas Böses glauben wollte und vielleicht gedacht hatte, es werde ein harmloser Kampf wie die vorigen auch.

Wir hatten die frühere Ritterin kaum verlassen, da klingelte Robertos Telefon. Es war seine Tante, die dringend seine Hilfe wollte, weil ihr alter Nachbar tot in seinem Garten aufgefunden worden sei. Erfroren, in dieser Hitzewelle. Hah. Ich wiederhole mich, aber hah.

Die Stelle im Garten, wo der Tote lag, war tatsächlich eiskalt, die Blumen vor Kälte verdorrt. Ein Fußabdruck, noch kälter als der Boden ringsum, und Anwohner, die einen elegant gekleideten Gentleman mit Gehstock gesehen hatten, der in den oder auf den Garten zu gegangen sei. Das klang mir verdammt danach, als gebe es einen Gegenpol zu unserer Lady Fire namens 'Lord Ice' oder so. ('Lord Snow' wohl eher nicht. Außer mein zutiefst geschätzter Kollege Mr. Martin weiß da was, das ich nicht weiß.)

Erfroren = Winter. Und Winter = Tanit. Wobei wir an Tanit nicht so leicht rankommen, daher ist für uns normalerweise erst mal Winter = Hurricane. Der bestätigte uns, dass die Umstände des Todesfalls im Garten ziemlich nach Lord Frost aussähen, der früher oder später immer dort auftauche, wo Lady Fire sei, um das Gegengewicht zu ihr zu bilden. Na von mir aus. Dann eben 'Frost' und nicht 'Ice'.

Hurricane erzählte auch, dass seine Mutter ziemlich besorgt sei. Der Sommer plane irgendwas, glaube sie, und sie sei sich auch nicht sicher, ob er sich an Mittsommer wirklich zurückziehen werde, wie es sich gehöre. Auf Tanits Schreiben habe Pan nicht reagiert, was die Herrin der Stürme mit mehr als nur Missfallen zur Kenntnis genommen habe. Bis Mittsommer (also übermorgen) wolle sie ihm noch geben, sagte Hurricane, aber wenn der Sommerherzog sich bis dahin nicht zusammengerissen habe, würden die Sturmkinder ihm eine Lektion erteilen.

Nicht lustig, Römer und Patrioten. Es ist schon schlimm genug, wenn Pan und Tanit sich ohne einen solchen Grund in die Finger bekommen, siehe die Nächte, in denen Hurricane und seine Geschwister gezeugt wurden.

Oh, ach so. Tanit hat natürlich auch einen Ritter, oder eine Ritterin, genauer gesagt. Die ist aber schon seit längerem nicht mehr in Miami, sondern hält sich derzeit ausschließlich im Nevernever auf.

Noch während dem Gespräch mit Hurricane klingelte Robertos Handy, weil jemand Alex erreichen wollte. Hatte also nicht nur uns versetzt, sondern auch diese Frau. Und dann meldete sich auch noch Edwards Partner mit der Nachricht, es habe in Dees Hotelzimmer ein Handgemenge gegeben, und sie selbst sei verschwunden.

Wir, claro, nichts wie hin zum Motel. Dees Auto stand noch dort, und das Zimmer wies tatsächlich ein paar Kampfspuren auf – aber nicht so viele, wie ich eigentlich von der taffen Marshal erwartet hätte.
Unter dem Bett lag Dees Handy, und Edward meinte, hier stinke es geradezu nach Satyr. Der Telefonspeicher zeigte, dass ihr letzter Anruf an Alex gegangen war und knapp eine Minute gedauert hatte.

Also zu Alex' Hausboot. Es war wie erwartet leer, aber auf seinem (übervollen) Anrufbeantworter fand sich tatsächlich unter anderem eine Nachricht von Dee, die abrupt abbrach, als  Eindringlinge ins Zimmer kamen. Ein „Hey, was soll das!?“ von Dee, dann Kampfgeräusche, und dann eine Stimme. Ruiz' Stimme. Cabrón. Was er sagte, konnte ich nicht genau verstehen, aber es war Lucumi, soviel erkannte ich. Der Kampflärm brach unvermittelt ab, und es gab einen dumpfen Ton, als sei ein Körper zu Boden gefallen. Mierda.

Wo würde Ruiz eine Entführte hinbringen? Vermutlich nicht in Pans Palast, aber das war der einzige Anhaltspunkt, den wir hatten. Und vor allem wollten wir auch wegen Tanit mit Pan reden, um den Denkzettel seitens der Sturmkinder doch noch zu verhindern.

Während Roberto versuchte, den Sommerherzog alleine zu erwischen, ging ich mich im Palast umsehen. Ruiz fand ich nicht, aber ¡Madre mia! Das Ding ist im Nevernever. Viel riesiger und verwinkelter, als es eigentlich sein dürfte. Ich fand den Bereich, wo Lady Fire residiert, der Eingang bewacht von zweien ihrer Ritter, und den Flügel, wo wir beim letzten Mal auf Ruiz gestoßen waren, aber darüber hinaus wurde der Palast sehr schnell sehr verwinkelt und sehr, sehr unübersichtlich. Und weit und breit kein Ruiz. Mierda.

Irgendwann gab ich es auf, um mich nicht hoffnungslos zu verirren. Und lief auf dem Rückweg prompt Totilas in die Arme, der auf der Suche nach mir war. Stellte sich heraus, er war George begegnet. Und George hatte Ruiz mit Dee gesehen. Wollte uns auch hinbringen, aber nicht umsonst. War ja klar. Mierda.

So unkreativ, wie ich momentan drauf bin, konnte ich mir beim besten Willen nichts für ihn ausdenken. Also auf Altbekanntes zurückgreifen. Das würde vielleicht auch nicht ganz so wehtun. Es wurde diese Szene aus dem Film „Legende“: die, in der Tom Cruise und Mia Sara am See sitzen und das Einhorn dazukommt. George die Figuren hinzuimaginieren, ließ zwar meine Nase anfangen zu bluten, aber als er sie dann fraß, zerrte das tatsächlich nicht ganz so an meinem Hirn wie die Spieluhr. Und das debile Lächeln von Tom Cruise und die unterwürfige Anbetung von Mia Sara verschwinden zu sehen, machte das Nasenbluten fast wieder wett.

Aber irgendwie ist mein Bild von dieser Szene aus dem Film jetzt... abgestumpft. Ich habe sie nicht vergessen oder so, aber es ist jetzt eine eher ... abstrakte Erinnerung. Bei diesem speziellen Motiv ist das sogar eher eine Erleichterung, aber. Du bist gewarnt, Alcazár. Ich werde schwer aufpassen müssen, was genau  ich George zum Fressen gebe, Römer und Patrioten. Und zur Gewohnheit sollte es definitiv auch nicht werden.

George kann übrigens ein bisschen besser reden. Unsere Namen bekommt er schon hin, und auch ein paar andere Wörter, zumindest in einer abgehackten Version. Und auch ohne Worte ist der kleine burro ziemlich eloquent. So hat er mich ja überhaupt rumgekriegt, dass ich ihm nochmal was imaginiere. Mierda.

Jedenfalls brachte mein Nasenbluten uns einen Trip durch die Schatten ein. Stockdunkel. Und ich meine, wirklich stockdunkel. Keinerlei Licht, nur Gerüche und Geräusche. Extrem beunruhigende Gerüche und Geräusche. Verschiedene, als würde George uns an ganz unterschiedlichen Orten vorbeiführen.
Aus dem Nevernever heraus in unsere Welt konnte George uns nicht folgen, sondern verschwand, als er uns zu einer verlassenen, entsprechend verwahrlosten Autowerkstatt gebracht hatte. Edward konnte Alex und Dee riechen, und den Gestank von Satyren.
Oben, hinter einer Tür, Ruiz Stimme. „Jetzt kennst du deinen Platz, wie?“ Dee, wutentbrannt. „Das wirst du bereuen!“ Darauf Ruiz' höhnisches Lachen. „Sie gehört ganz euch, Jungs. Bedient euch.“

Mehr mussten wir nicht hören.

Drinnen: Alex, bewusstlos, ignoriert in einer Ecke. Ruiz, der eben den Gürtel wieder schloss. Zwei Satyre, im Nevernever ohne Glamour und daher ohne Kleider, breit grinsend und einen Stein-Schere-Papier Wettkampf abhaltend. Dee, an ein Bett gefesselt, unbekleidet und mit vor Zorn funkelnden Augen. Kein Zweifel, was hier eben passiert war. Oh, cabrón. Nein. Viel mehr als cabrón. In diesem Moment hätte ich ihn kaltlächelnd umbringen können.

Aber ich war nicht der erste durch die Tür. Edward erklärte Ruiz für verhaftet, während Totilas nicht lange fackelte und dem cabrón eine verpasste. Dummerweise setzte den das nicht außer Gefecht, und so konnte er zwei goldene Revolver ziehen (Der Mann mit dem goldenen Colt.  Oh Dios. Auch das noch.) und sie abfeuern. Und die Dinger verschossen keine gewöhnlichen Kugeln, sondern grelle, blendende Sonnenstrahlen. Die auffächerten. Und alles im Raum trafen.

Sengende Hitze. Unerträglich. Aber nur einen Herzschlag lang, dann Schwärze.

Es war zu schnell gegangen, als dass ich etwas hatte denken können im Moment des Umfallens, aber als ich wieder zu mir kam, war ich regelrecht überrascht, dass ich noch am Leben war. Wir fanden uns alle, auch Alex und seine Schwester, in einem klassischen Fantasy-Kerker wieder, mit erhobenen Armen an eiserne Schellen in der Felswand gekettet. Und wir waren alle nackt. Wieder mal. Was uns aber in diesem Moment völlig nebensächlich vorkam. Entweder die hatten uns ausgezogen oder aber, was wahrscheinlicher war, die Strahlen hatten einfach unsere Kleider völlig weggebrannt, inklusive allem, was wir in den Taschen hatten. Unsere Haut sah jedenfalls aus wie nach drei Tagen am Strand ohne jede Sonnencreme – sogar Edwards. Und der ist schwarz, Römer und Patrioten.

Der Kerker war langgezogen, und weiter vorne brannte ein Feuer, dank dessen Flammen wir an den Wänden die flackernden Schatten von Satyren sehen konnten. Es schienen auch ein paar Oneirophagen da zu sein, aber das war schwerer zu sehen.

Nach einer Weile kam Ruiz und meinte etwas von wegen: wir sollten ihm einen Grund nennen, uns am Leben zu lassen. Keiner würdigte ihn einer Antwort, nur Edward ließ seiner Wut freien Lauf. Was zur Folge hatte, dass Ruiz ihm durch Berührung ein handförmiges Brandmal auf der Brust verpasste. Dann verschwand er. Cabrón.

Noch eine Weile später tauchten zwei Feuerritter der Lady Fire auf. Ruiz habe sie geschickt, um uns zu bewachen, sagten sie. Meine Frage, ob die Lady Fire wisse, was sie hier täten, verneinten sie, daher bat ich sie, der Lady meine Grüße zu überbringen und zu erklären, ich sei gerade verhindert, sonst hätte ich sie selbstverständlich bereits aufgesucht. Mein Name erregte den Eindruck, den ich gehofft hatte, damit zu erregen, und einer von beiden machte sich sofort auf den Weg.

Es vergingen keine fünf Minuten, dann rauschte Lady Fire in den Kerker, zutiefst empört über die Behandlung, die uns zuteil wurde. Seien wir ehrlich. Mir zuteil wurde. Die anderen waren ihr vollkommen egal - mit Ausnahme von Dee und dem, was ihr angetan worden war. Sie wies ihre Männer an, Dee zu bedecken, mich auch, aber auf die Jungs musste ich sie erst aufmerksam machen, die hätte Lady Fire sonst völlig ignoriert. Sie schien auch fast etwas irritiert zu sein, dass ich sie mit meiner Sorge für diese lesser beings belästigte, und es wirkte fast so, als heiße sie ihre Wachen nur mir zuliebe sich um sie kümmern.

Du drückst dich schon wieder um den heißen Brei, Alcazár.

Ja, verdammt. Denn das, was als nächstes kam... Daran zu denken bringt es wieder hoch. Also noch mehr als sowieso die ganze Zeit. Dann bin ich wieder dort im Raum, und Lady Fires Augen lodern auf, als sie hört, was der cabrón getan hat, und sie macht eine herrische Handbewegung zu den Fesseln, die mich halten, und sie lodern auf, rotglühend, weißglühend, verflüssigen sich, und schmelzen mir von den Handgelenken.

Ich weiß nicht, ob ich geschrien habe. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie nicht. Meine nächste klare Erinnerung ist jedenfalls, dass ich zusammengekrümmt auf dem Boden liege und einer der Wachen gerade Alex' Fesseln mit dem Schwert durchtrennt. Die anderen waren schon frei, ich muss also zumindest einige Sekunden lang weggetreten sein.

Roberto, der selbst auch ziemlich mitgenommen war, half mir hoch und blieb neben mir, während Totilas Alex trug und Edward dessen Schwester. Die Wachen der Lady führten uns zu einem Hinterausgang, wo sie sich verabschiedeten, und irgendwie landeten wir wieder in unserer Welt, ohne dass wir bemerkt wurden.

Zumindest nicht von Ruiz' Leuten. Draußen am Strand liefen wir einer Gruppe Surfern in die Hände, die sich als sehr nette, hilfsbereite Jungs herausstellten. Einer ließ Edward sein Handy benutzen und blieb bei uns, bis der Krankenwagen kam. Während wir warteten, kam das Gespräch irgendwie auf Sir Anders, denn der arbeitet hier am Strand ja auch als Rettungswache und sollte vielleicht darüber informiert werden, was Ruiz für ein cabrón ist. Aber ich bekam nur so halb mit, wie Totilas loszog, und auch nur so halb, wie Edward telefonierte, fluchte und was von „morgen ist schon Mittsommer“ sagte. Ins Krankenhaus wollte er auf gar keinen Fall, trotz Brandmal und Hautrötung, deswegen machte er sich auch auf den Weg, ehe der Krankenwagen da war.

Und so liege ich jetzt in einem Krankenhausbett und habe das alles aufgeschrieben, weil ich nicht schlafen kann. Weil meine Handgelenke wehtun, verdammt. Nicht mehr ganz so extrem, zum Glück: Die Medikamente helfen, und die Tatsache, dass sie dick verbunden sind. Aber trotzdem. Ich bin ihr ja dankbar und alles. Aber. Mierda.

Gorai:
Moin Timberwere,

Danke für Dein Tagebuch  :d!

Heute Mittag habe ich mir bereits den Link Eures Ursprungs-Blogs bei mir in meine Lesezeichen eingeordnet und ich freue mich auf weitere Fälle der "schönen Männer" oder "Der Ritter Miamis".


Vielleicht vermagst Du mir bitte zum besseren Verständnis zu Eurer Chronik einige Fragen beantworten:

Wer ist "Eleggua"?

Was ist ein "Tief gläubiger Santerío"?


Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln