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[Dresden Files] Miami Files - Die Ritter von Miami (a.k.a. "Die schönen Männer")

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Timberwere:
Ja, der war dabei - der musste sich ja nur von James Vanguard kurzzeitig seinen Wutdämon sedieren lassen. Der nächste Teil kommt auch bald, an dem schreibe ich gerade noch. :)

Timberwere:
15. März

Tío. Gut, dass das hier außer mir selbst niemand zu sehen bekommt, sonst hätten sich eventuelle Leser möglicherweise schon gewundert, warum ich heute erst aufschreibe, was bei dem Ritual passiert ist. Aber direkt danach war ich zu fertig, dann musste ich ausschlafen, und dann sind gleich schon wieder Dinge passiert. Aber jetzt habe ich etwas Ruhe, also wird das jetzt alles nachgetragen.

Wie ich letztens schon schrieb: Nachdem das Feuerwerk abgebrannt war, Lidia und die Mädchen sich verabschiedet hatten und wir uns auf dem Ritualplatz versammelt hatten, war ich derjenige, der die ganze Sache mit der Ode an Miami anstieß. Wie mit der Stadt abgesprochen, durften wir das Tor zum Park abschließen, um darin ungestört zu bleiben (damit ich die Schlüssel anvertraut bekam, hatte ich meine Beziehungen zum Bürgermeister spielen lassen – etwas, das ich normalerweise lieber vermeide, aber in diesem Fall ging es nicht anders), und nachdem wir alle unsere Positionen eingenommen hatten, ging es los. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man den Trubel des Festivals in der ganzen Calle Ocho gehört – das Lachen der Menschen, das Kreischen der Kinder, bellende Hunde, zwitschernde Vögel, aber in dem Moment, wo die Musik begann, verstummten diese Außengeräusche. Oder vielleicht traten sie auch nur in den Hintergrund, und ich hörte sie nicht mehr, weil ich mich so auf das Ritual konzentrierte. Die Melodie, die los Flamencos geschrieben hatten, passte ganz ausgezeichnet zu meinem Text – und sie war auch machbar für meinen zugegebenermaßen nicht ganz regelmäßigen Bariton. Hey, ich bin Schriftsteller, kein Opernsänger! Aber es klappte alles ziemlich gut, ich versang mich auch nicht (hatte ich vorher auch lange genug geübt – fragt nur mal meine Ladies), und wenn ich doch irgendwo wackelte, dann ging es in der Musik der Flamencos unter. Es war vielleicht nicht perfekt, aber so gut, wie ich es eben konnte.

Als ich fertig war, trat Ilyana Elder in den Kreis. Ich weiß gar nicht so recht, was ihre Aufgabe bei dem Ganzen ganz genau sein sollte – ich glaube, die wilden, naturverbundenen Teile Miamis und der Everglades für das Ritual betonen –, aber was es auch war, es klappte nicht richtig. Sogar ich konnte erkennen, dass Ilyana Schwierigkeiten hatte, und für einen Moment sah es sogar so aus, als würde sie die Kontrolle verlieren und sich in ein Krokodil verwandeln. Ich glaube, sie ist es einfach nicht gewohnt, andere Magie als ihre Wer-Verwandlung ohne die Yansa-Maske zu wirken – und ihre Masken hatten sie und Cicerón ja ebenso zuhause gelassen, wie Totilas, Edward, Roberto, Alex und ich die Einflüsse unserer externen patrones unterdrückt hatten.
Zum Glück gelang es Ilyana dann aber doch gerade so, sie selbst zu bleiben und ihren Teil des Rituals angemessen zu beenden, bevor sie in den Kreis der Wartenden zurückstolperte und Bjarki Lokison ihren Platz einnahm. Sein Teil des Rituals verlief, soweit ich das beurteilen konnte, völlig unspektakulär, und nach ein paar Minuten machte er Alex den Platz frei.
Der begann seinen Ritualabschnitt damit, die Unterschriften und Widmungen auf dem von ihm hergestellten Schlüssel zur Stadt vorzulesen, und ich konnte richtiggehend spüren, wie die Namen all dieser Bürger Miamis etwas bewirkten, auch wenn ich es nicht hinreichend beschreiben kann. Aber mit jedem Namen zog sich etwas zusammen, wurde die Atmosphäre, die sich mit den Worten der Ode zu bilden begonnen hatte, irgendwie... dichter. Einzig die Aussprache von 'John T. Galway' wirkte in diesem Moment wie ein Missklang, änderte aber inmitten all der vielen echten Bürger, deren Namen verlesen wurden, nichts am großen Ganzen.

Ich wusste, dass Alex' Aufgabe war, nach dem Verlesen der Namen das Ventil zu öffnen, das wir ja in unser Ritual einbauen wollten: ein kleines Loch in die Grenzen zum Nevernever, um ein bisschen Magie hereinzulassen, ansonsten aber dem immer größer werdenden Druck, dem die Grenzen hier unterliegen, besser standhalten zu können. Das klappte auch – aber dass es so aussehen würde, davon war in unseren Vorbesprechungen nicht die Rede gewesen. Als Alex nämlich an den Punkt kam, wo er das Ventil öffnete, verdrehte er für einen Moment die Augen und sah so aus, als habe er einen starken elektrischen Schlag erhalten. Wir konnten regelrecht sehen, wie die Magie sich in das bzw. durch das Nevernever entlud: Für einen Moment wurde die Grenze zum Nevernever durchsichtig, konnten wir in das Nevernever hineinsehen; ja, ich hatte sogar das Gefühl, in diesem Moment sehe ich das gesamte Nevernever auf einmal. Man konnte die Magie sehen, die sich an der Grenze zu unserer Welt gesammelt hatte und die auf diese viel zu dünne Membran einpresste, und, als sich ein Weg öffnete, durch dieses Loch hineinströmte.
Und noch etwas kam hindurch. Nichts so Diffuses wie gesammelte Magie, sondern eine Wesenheit, eine Existenz, mit dem überwältigenden Eindruck von schwarz und rot, die hier auf unserer Seite zu einem älteren, in einen eleganten, aber etwas altmodischen Anzug gekleideten schwarzen Herrn wurde, der uns schelmisch angrinste, bevor er sich neugierig neben den Ritualkreis stellte. Und ich kannte diese Gestalt. Alex hatte ihn schon oft genug beschrieben, und ich hatte auch schon Bilder gesehen: Das war Eleggua.

Unterdessen hatten unsere Aktivitäten außerhalb des Parks Aufmerksamkeit erregt. Leute rüttelten am verschlossenen Tor, und etliche fingen an, über die Mauer in den Park zu klettern. Zum Teil waren das einfach ganz normale, betrunkene Feiernde, aber ein paar von ihnen bewegten sich mit den typischen, etwas abgehackten Bewegungen, die wir inzwischen nur allzu gut von Adlenes Geistern kannten. Diese beiden bewegten sich, sobald sie die Mauer überwunden hatten, zielstrebig auf Cicerón Linares zu, der nun, da Alex fertig war, den Ritualkreis betreten hatte.

Totilas wandte sich in Richtung der Besessenen und versuchte sie einzuschüchtern; das kaufte uns auch tatächlich etwas Zeit, weil sie zögerten und sich in seine Richtung drehten. Ich selbst redete auf die normalen, unbesessenen Menschen ein und versuchte sie zu überzeugen, dass das hier völlig langweilig sei und die Festivitäten draußen viel spannender. Sie waren entweder auch betrunken genug oder gerade noch nüchtern genug, dass sie anstandlos auf mich hörten und den Rückzug antraten – und einen der Besessenen zogen sie erstaunlicherweise sogar mit sich. Der andere Besessene allerdings schien sich jetzt wieder auf seine Programmierung zu besinnen und wandte sich zurück in Richtung des Ritualkreises, woraufhin Roberto ihn ungeniert anflirtete und mit einem heißen Kuss bedachte, der den Geist auch tatsächlich erst einmal aufhielt.

Cicerón hatte inzwischen mit seinem Teil des Rituals begonnen, aber er wirkte nicht so souverän dabei wie sonst: Es war ihm anzusehen, dass Elegguas Anwesenheit ihn ablenkte, dass er sich Gedanken darüber machte, dass der Orisha einfach so in die echte Welt getreten war, und vielleicht ging es ihm doch immer noch nach, dass er nicht den Anfang gemacht hatte, oder er drohte, von der vielen Magie überwältigt zu werden. So oder so brachte er seinen Teil irgendwie zuende und trat aus dem Kreis heraus, um den Platz für den nächsten Teilnehmer freizugeben.
Das Problem war nur: Der nächste Teilnehmer war Roberto. Und da der jetzt den Kreis betreten musste, musste er wohl oder übel den Besessenen freigeben, und dieser folgte ihm wie an der Schnur gezogen. Sofort darauf prallte er an unserem Schutzkreis ab, aber das hinderte ihn nicht daran, mit viel zu großer Kraft einen Pflasterstein aus dem bunten Mosaikboden zu reißen. Bevor er ihn allerdings auf Roberto werfen konnte, ging Totilas auf den Besessenen los und schlug ihn – auch ganz ohne White Court-Kräfte – bewusstlos.

Im Kreis hatte Roberto indessen mit seinem Teil des Rituals begonnen. Ich habe ihn ja in all den Jahren schon häufiger Magie wirken sehen, und mir war klar, dass er diesmal besonders viel magische Energie in seinen Zauber kanalisierte. Über dem Kreis schienen wie bei einer Fata Morgana Bilder und Geräusche aus der Stadt zu entstehen, und mit einem Mal wurden die Leylinien sichtbar, leuchteten in den buntesten Farben, wie man sie sonst vor allem aus alten Wiederholungen von Miami Vice kennt. Draußen vor dem Park hatten sie ein Kinderkarussell aufgebaut, und durch die Gitter des Tors konnte ich erkennen, dass einer der Plastikflamingos darauf plötzlich den Eindruck machte, sich unabhängig vom Auf und Ab seiner Karussellstange zu bewegen.
Dee war die nächste im Kreis, wobei ihr Teil des Rituals deutlich weniger spektakulär verlief. Ihre Aufgabe, das wusste ich aus den Vorbesprechungen, war es, die durch das Ventil einströmende Magie sicher zu machen, oder jedenfalls so sicher wie möglich, und wie sie das auch anstellte, es schien genau nach Plan zu klappen. Ximena, die als Nächste drankam, war richtiggehend aufgeblüht, als die Magie durch das Ventil in die Stadt zu strömen begann. Auch sie ging ihre Aufgabe mit der ihr eigenen Professionalität an, aber bei ihr schlug die Begeisterung durch, und so gab sie vielleicht ein bisschen zu viel. Die Leylinien, deren Farbenspiel sich während Dees Abschnitt zu einem leichten Glimmen abgeschwächt hatte, begannen wieder zu leuchten, und jetzt leuchteten auch Menschen in einem beinahe Times Square-mäßigen Neonglanz auf. Und nicht nur Menschen: Haley – Hel Lokisdatter – hatte offenbar auch Wind von unserer Aktion bekommen und war jetzt im Park aufgetaucht, und auch sie hatte dieses neonartige Leuchten.

Die ersten Geisterbesessenen waren wir losgeworden, aber es wäre naiv gewesen zu glauben, das Adlene und/oder Jak so schnell aufgeben würden. Und tatsächlich kam jetzt eine weitere Welle an Besessenen auf den Park zu, von denen es drei über die Mauer schafften. Zwei von ihnen – ein Mann und eine Frau – hoben Steine auf, um sie nach uns zu werfen, weil sie nicht durch unseren Schutzkreis hindurch konnten, aber der dritte Geist hatte eine Pistole. Geistesgegenwärtig riss Roberto die Hände hoch und wirkte einen Schutzzauber, und tatsächlich prallte im nächsten Moment die Kugel von dem magischen Schild, den Roberto damit errichtet hatte, ab.
Edward schlug nach dem zweiten Besessenen, konnte ihn aber nicht richtig treffen. Immerhin gelang es ihm damit aber, den Geist an sich zu binden, der nun nicht mehr auf Ximena im Kreis losging, sondern auf Edward. Und der musste ganz schön einstecken – nicht nur verfügte er gerade nicht über seine Lykanthropen-Kräfte, sondern der Geist war auch noch ungewöhnlich stark.
Während Ximena aus dem Kreis trat und Ángel Ortega ihren Platz einnahm, griff ich die dritte Besessene mit meinem Schwert an, allerdings ohne Jade aus ihrer Scheide herauszuziehen. Es gelang mir zwar, die Frau zu treffen, aber ich konnte sie nicht ausschalten, und so gab sie mir in ihrem Gegenangriff einen Schlag mit, der mich zwar nicht schwer verletzte, aber für eine unangenehme Prellung sorgte. Mit meinem zweiten Treffer dann konnte ich die Besessene dann aber bewusstlos schlagen. Totilas war indessen Edward mit dessen Gegner zu Hilfe gekommen und knockte ihn aus, so dass Edward wieder etwas Freiraum bekam. Diesen Freiraum nutzte er, um mit einem schnellen Zauber einen Teil der in der Luft liegenden Magie durch sich hindurch und in den Geist zu kanalisieren, und von der daraus resultierenden magischen Überladung fiel der Besessene tatsächlich um, auch wenn das Manöver Edward selbst auch sichtlich mitnahm.

Ángels Teil des Rituals hatte anstandslos, wenn auch nicht sonderlich spektakulär geklappt, und irgendwie war durch unser aller Verbindung zu spüren, dass er nicht zufrieden mit seiner Leistung war. Es war ganz deutlich, dass das Ritual noch alles andere als beendet war, dass wir mit unseren Anstrengungen deutlich weniger weit gekommen waren, als wir zu diesem Zeitpunkt eigentlich hatten sein wollen und sollen, dass wir aber nur noch drei Personen hatten, die das Fehlende auffangen konnten.
Edward war der Nächste. Schon als er in den Kreis trat, war zu erkennen, dass er sich seiner Verantwortung mehr als bewusst war, und die Art und Weise, mit der er seinen Abschnitt des Rituals begann, zeigte mir, dass er alles, aber auch alles, hineinlegte, was er hatte. Die Anstrengung war ihm deutlich anzumerken, aber es war auch zu spüren, dass diese Anstrengung sensationelle Ergebnisse zeigte. Ich hatte zwar keinerlei Zugang zu meiner Sommermagie, und Edwards hermetische Magie kann ich ohnehin nur von außen betrachten, aber es war nicht zu verkennen, dass Edward gerade einen guten Teil des noch fehlenden Ritualvolumens abgedeckt hatte.
Bevor er den Kreis betrat, holte Totilas, an den Edward nun übergab, aus einem Koffer eine Kette, an der er mehrere Gegenstände befestigt hatte: offenbar alles Dinge, die bei seiner Sammelaktion abgegeben worden waren und die ihm wohl als am besten geeignet erschienen, um Miami zu verkörpern. Darunter befanden sich ein Plüschalligator, ein paar große Goldcreolen und ein Paar teure Markenturnschuhe, die er nun zusammen mit den anderen Dingen an der Kette in seinem Teil des Rituals verwendete. Verbunden, wie wir alle miteinander waren, konnten wir spüren, dass sein Vorhaben gelang und dass er das große Ganze ein weiteres gutes Stück voranbrachte, aber wir merkten auch, dass in dem Moment, als er die magische Energie durch sich leitete, irgendwas in Totilas passierte. Es war keine vollständige geistige Verbindung, keine Telepathie oder dergleichen, aber irgendwas, eine andere Verbindung als diejenige zum Rest der Genius Loci-Gruppe wurde in dem Moment beschädigt. Oder blockiert? Verschoben? Ich kann es schwer beschreiben.

Robertos Exfreundin Febe Gutiérrez von den Santo Shango trat als Letzte in den Kreis. Draußen vor dem Park tauchten weitere Besessene auf, aber keiner von ihnen schaffte es über die Mauer, weil Eleggua und Haley sie vorher aufhielten und die Geister in den Menschen ohne sichtbare Mühen zu bannen schienen, und so konnte Febe ihre Aufgabe mit Bravour und ohne jegliche Störung absolvieren. Als sie das letzte Wort sprach und die letzte Geste vollführte, ging von unserem Ritualkreis aus ein Puls über die gesamte Stadt. In diesem Moment konnten wir mit einem einzigen Blick die gesamte Stadt sehen, mit Fokuslichtern auf unseren Lieben – Lidia, Alejandra und Monica, Mamá und Papá und Yolanda für mich, Cassius und Schneeball für Edward, ihre eigenen Familien für Totilas und Roberto –, bevor der Puls sich wieder zurückzog. In der Mitte unseres Ritualkreises stand, wortwörtlich aus dem Nichts erschienen, die Gestalt einer jungen Latina. Ich wunderte mich ein wenig, dass sie haargenau so aussah, wie ich mir Catherine Sebastian immer vorgestellt hatte – erst später wurde uns klar, dass sie für jeden von uns ein leicht anderes Aussehen hatte. So ähnelte sie beispielsweise für Roberto stark dessen Orisha Oshun, nur etwas europäischer, für Totilas sah sie aus wie eine richtig teure Edelprostituierte, für Edward trug sie gewisse wölfische Züge, und für Alex wandelte sich ihr Aussehen ständig. Aber eines war unbestritten: Das war Miami.

Vor allem Cicerón Linares machte ein Gesicht, als sei er völlig hin und weg, aber als Miami sich uns zuwandte, gab sie uns allen das Gefühl, dass ihre Aufmerksamkeit jedem und jeder einzelnen von uns ganz besonders galt. Dann sprach sie. Sie hatte eine wohlklingende und gebildete Stimme mit einem leichten, aber erkennbaren örtlichen Akzent.
„Jetzt bin ich hier“, sagte sie, „und jetzt?“
Ich schreibe es nur ungern auf, weil das definitiv keine meiner brillanteren Erwiderungen war, aber hey, außer mir liest es ja keiner. Meine Literatur-Nobelpreis-verdächtige Reaktion war es, ihr ihre Frage ungefiltert zurückzugeben: „Jetzt bist du hier.“
„Ich war schon immer hier“, antwortete Miami, was mich ein weiteres Mal den Mund aufmachen ließ: „Jetzt bist du in Persona hier.“
Totilas rettete den potentiell hochnotpeinlichen Moment. „Es ist mir eine Freude, dich persönlich kennenzulernen.“
„Es freut mich auch, euch alle persönlich kennenzulernen“, erwiderte Miami, „Hallo, Ritter.“ Und dann: „Sollen wir feiern gehen?“
Unser „Ja“ kam einstimmig aus aller Munde.

Eigentlich waren wir alle ziemlich fertig, und vor allem Edward, Totilas und Alex hatten einiges abbekommen,  aber davon spürten wir in dem Moment nicht einen Kratzer. Im Gegenteil, wir fühlten uns alle blendend. Miami wollte Party machen, also machten wir Party. Wir feierten die ganze Nacht hindurch – Miami tanzte mit allen von uns, und sie flirtete mit allen, die mit sich flirten lassen wollten – bis in den Morgen. Dann verabschiedete Lady Miami sich mit einem „Okay, wenn irgendwas ist: Ich bin immer für euch da. Und ihr für mich.“... und kaum war sie verschwunden, holten unsere Blessuren uns ein. Das Durchtanzen hatte uns nicht gerade gut getan, und vor allem Totilas, aber auch Edward, klappte beinahe zusammen.
Eigentlich wäre jetzt der Moment gewesen, nach Hause zu gehen und für den Rest des Tages ins Bett zu fallen – aber dummerweise war es auch der Moment, in dem wir alle spürten, dass etwas nicht stimmte. Dass da eine Bedrohung war. Dass Miami sich in Gefahr befand.

Das Gefühl, das wir alle in dem Moment hatten – und das wir seither auch immer noch haben – lässt sich schwer in Worte fassen, aber ich versuche es dennoch. Die Ritter von Miami waren wir fünf ja zuvor auch schon gewesen, in dem Sinne, dass wir uns für unsere Stadt verantwortlich fühlten und sie beschützen wollten, aber jetzt... jetzt, hm, jetzt sind wir es wirklich. Jetzt ist es nicht mehr nur ein Name. Jetzt sind wir wirklich mit Miami verbunden. Ich (und die anderen Mitglieder unserer Genius Loci-Gruppe genauso) bin mir sicher, dass ich mich in dieser Stadt nie wieder verlaufen werde, ich habe immer ein instinktives, aber umfassendes Wissen darum, wo ich mich gerade befinde, und ich kann spüren, dass das auch der Fall wäre, wenn man mir die Augen verbinden, mich minutenlang im Kreis herumwirbeln und in einem geschlossenen Auto irgendwohin fahren würde. Wenn wir uns darauf konzentrieren, können wir auch die Leylinien Miamis spüren und wo in der Stadt die anderen sich jeweils befinden. Und wenn eine Bedrohung hochkocht, dann merken wir das – so wie in diesem Moment. Aber wir merkten auch, dass die Gefahr sich zwar näherte, aber noch nicht angekommen war. Zum Glück - denn wir waren alle viel zu fertig, um uns einer weiteren Bedrohung unausgeschlafen anzunehmen. Deswegen fuhren wir alle doch erst einmal heim und kippten ins Bett. Zumindest für ein paar Stunden.

sindar:
Glueckwunsch zur erfolgreichen Durchfuehrung! :d

Timberwere:
Haha, vielen Dank! :)

Teil 3 und Teil 4 des Berichts folgen die Tage - bis zum Wochenende müssen sie fertig sein, dann spielen wir weiter! :)

Timberwere:
Als mein Wecker gegen Mittag klingelte, wusste ich, die Gefahr war konkret geworden. Die Bedrohung für Miami, die wir da spüren konnten, kam vom Strand, aus der Nähe von Pans Palast. Als wir dort ankamen (alle außer Roberto und Ilyana Elder – Roberto hatte einen dringenden Notfall, a.k.a. seine patrona Oshun besänftigen, die es gar nicht lustig fand, dass er sich nach dem kleinen Intermezzo als Titanias Richter schon wieder mit einer anderen übernatürlichen – weiblichen und wunderschönen wohlgemerkt – Wesenheit eingelassen hatte, und Ilyana hatte sich noch nicht richtig von dem Ritual erholt; Cicerón erzählte, dass sie sich ständig in ein Krokodil verwandeln wolle), sahen wir auch, was es war: wieder solche Riesen wie der, den die Einherjar besiegt hatten, aber diesmal deutlich mehr als einer. Wir konnten auch spüren, dass die Kreaturen aus der Richtung des Winterhofs kamen – so zielstrebig, wie sie unterwegs waren, ließ das überhaupt nichts Gutes für den Winterhof erahnen. Sie durften Pans Residenz nicht erreichen – nicht, wenn ich das verhindern konnte!
Es waren auch nicht nur Riesen am Strand. In der Masse der Angreifer befanden sich auch seltsame Kreaturen, die mir so überhaupt nichts sagten. Sie hatten einen humanoiden Körperbau – Kopf, Rumpf, zwei Arme, zwei Beine, mittelgroß –, aber mit einem Menschen verwechseln konnte man sie trotzdem nicht. Dafür war ihre Haut zu blass, ihr Mund viel zu breit, die Hände viel zu groß, und auch ihre hervorquellenden Augen und die extrem flachen Nasen waren nichts, was man je an einem Menschen sehen würde. Wie aufrecht gehende Frösche, fuhr es mir durch den Kopf, nur dass sie Haare hatten.

Während die Riesen vor allem auf Zerstörung aus waren, sah es so aus, als wollten diese Froschartigen auf ihrem Weg zum Sommerpalast so viele Menschen entführen, wie sie konnten. Das wunderte mich, denn was für einen Zweck sollte das haben? Lösegeldforderungen? Wohl kaum.
Die Einherjar und restlichen Sidhe-Ritter waren bereits dabei, gegen die Angreifer zu kämpfen - Unterstützung hatten sie dabei erstaunlicherweise von einem Eistroll. Dass dieser Winterfae mit den Kriegern des Sommers gemeinsame Sache machte, ließ mich noch Schlimmeres für den Winterhof befürchten. Aber jetzt war keine Zeit, darüber nachzudenken. Jetzt warfen wir uns in die Schlacht.

Es war die Domäne meines Herzogs, die in Gefahr war, also durfte ich nicht zögern. Ich jagte den Froschmenschen meinen patentierten Sonnenlichtzauber entgegen, um sie zu blenden und zu verwirren, bevor ich Jade zog und losstürmte. Die anderen waren direkt hinter mir, und nicht nur die Jungs. Hm. Ich brauche echt einen griffigeren Namen als „Mitglieder der Genius Loci-Gruppe“, wenn ich von uns allen schreibe. „Ritter“ ist natürlich besetzt, aber hm, wie wäre es stattdessen mit „Hüter“? Aber jedenfalls waren auch die anderen da und griffen ein, alle nach ihren jeweiligen Spezialitäten. Febe Gutiérrez warf mit Blitzen um sich, Cicerón Linares kanalisierte Shango, Ángel Ortega stürzte sich in den Nahkampf, und so weiter.
Ein Riese schlug nach mir, aber ich konnte ihm einigermaßen ausweichen, so dass sein Schlag mich nur streifte – den fiesen Bluterguss, den mir dieser nicht-ganz-Treffer bescherte, bemerkte ich erst hinterher. Überhaupt waren nur Riesen im Getümmel - die Froschmenschen hielten sich im Hintergrund. Und es dauerte nicht lange, bis ich erkannte, warum: Die pendejos hatten Magie! Ihre Angriffszauber nahmen die Form von Feuerfischstacheln an, oder sie verschossen echte Feuerfischstacheln mittels Magie. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es machte im Endeffekt auch keinen Unterschied, was es nun genau war, denn so oder so sahen die Dinger verdammt spitz und schmerzhaft aus. Ich hatte auch gar keine Zeit, bewusst darüber nachzudenken, denn viel zu viele von diesen Stacheln flogen direkt auf mich zu. Vielleicht hätte ich ihnen ausweichen können, indem ich zur Seite gesprungen wäre oder mich in den Sand geworfen hätte, aber ich reagierte instinktiv. Erst hinterher, als alles vorüber war, wurde mir bewusst, dass das eigentlich ziemlich albern gewesen war, aber wie gesagt: Ich reagierte instinktiv. Zu Kampfbeginn hatte ich ja Jade gezogen, und jetzt gelang mir tatsächlich, das Bombardement komplett abzuwehren. Edward meinte hinterher, das hätte fast jedi-mäßig ausgesehen, wie ich diese Stacheln mit dem Schwert ablenkte – aber naja, da war bestimmt auch ein gutes Stück Sommermagie dabei, dass es so aussah, als sei die Macht mit mir.

Alex zog währenddessen auf seine ganz eigene Art und Weise in den Kampf. Er schnappte sich ein Quad-Bike, das da verlassen am Strand stand, um möglichst viele Riesen in eine für uns andere günstige Position zu treiben – und wenn dabei ein Riese einen der Froschartigen umtrampelte, dann um so besser.
Anfangs klappte sein Plan auch wie am Schnürchen, aber dann verlor Alex über seinem Manöver den Verlauf der Schlacht aus dem Auge und landete selbst mitten in einem Pulk aus Gegnern, wo einer der Froschmenschen einen arkanen Schlag auf ihn abschoss, der Alex gut und gern 60 Fuß wegschleuderte.
Edward nutzte die durch Alex' Manöver entstandene Verwirrung aus und ging in den Nahkampf gegen die Riesen. Mit seinem magischen Handschuh prügelte er auf sie ein, und tatsächlich erschlug er gleich zwei der Kreaturen, die – genau wie der Riese, den die Einherjar vor ein paar Tagen erledigt haben – zu Matsch zerfielen und nur Knochen übrig ließen. Aber mit dieser Aktion hatte Edward sich bei den Froschmenschen als Gefahr zu erkennen gegeben. Gleich mehrere von ihnen feuerten ihre magischen Stacheln auf ihn ab – und Edward hatte kein Sommerschwert, das ihm dabei helfen konnte, sie abzuwehren. Mindestens eines der nadelspitzen Geschosse traf ihn da, wo seine Haut nicht geschützt war.
Die Riesen waren zwar groß und furchteinflößend, aber die Froschmenschen mit ihrer Magie waren die größere Bedrohung. Mit seiner übernatürlichen Geschwindigkeit fegte Totilas an den Kolossen vorbei und ging in den Nahkampf gegen die breitmäuligen Humanoiden. Das war die perfekte Strategie, denn auf diesem Gebiet waren die Froschlinge nicht gut, und anfangs ging Totilas durch sie hindurch wie das sprichwörtliche Messer durch weiche Butter. Dann aber taten sich drei von ihnen gegen unseren White Court-Kumpel zusammen, und als Totilas diesem koordinierten magischen Angriff ausweichen wollte, stockte er plötzlich auf eine Weise, wie wir das sonst nicht von ihm kennen. Der arkane Schlag traf ihn mit voller Wucht, und er ging zu Boden.

Einer der Froschlinge begann großspurig zu deklamieren, dass unser Ende gekommen sei und dass wir keine Chance hätten, aber die Wahrheit sah anders aus. Das helle Sonnenlicht meines Zaubers, das noch immer über dem Platz lag, schmeckte ihnen ganz und gar nicht, das konnte ich sehen; Edward hatte zwei Riesen erwischt, Totilas einen Froschmenschen, und auch die anderen waren alles andere als untätig gewesen und noch immer kräftig dabei, den Angreifern einzuheizen.
Während Edward vorstürmte, um Totilas aus der Kampfzone zu ziehen, und ich zu Alex rannte, machten die Froschmenschen Anstalten, das Feld zu räumen – aber nicht, bevor nicht der eine, der eben schon das große Wort geführt hatte, einen weiteren Spruch losließ. „Ihr mögt die Schlacht gewonnen haben“, höhnte er, „aber das war nicht das letzte Mal, dass wir uns gesehen haben!“
„Raus aus unserer Stadt!“ schoss Edward ihm entgegen, aber das ließ den Kerl nur klischeeschurkenmäßig auflachen. „Hahaha, wir sind zurück, jetzt bleiben wir!“
Und damit zog sich die ganze Horde – Froschlinge wie Riesen - in Richtung Meer zurück.
Alex, der – Himmel sei Dank – bei Bewusstsein war, auch wenn er stark mitgenommen aussah und nur ein Bein belastete, weil das andere in einem unnatürlichen Winkel abstand, machte sich mit ein paar schnellen Handgriffen an dem arg demolierten Quad-Bike zu schaffen und schickte es den Gegnern fahrerlos hinterher. Es krachte in einen der Riesen und explodierte in einem geradezu filmtauglichen Feuerball, was das Monstrum nicht überlebte.

Dann waren die Gegner fort. Zurück blieben die Gebeine zahlreicher zu Matsch zerfallener Riesen und ein toter Froschmensch. Aus der Ferne waren Polizeisirenen zu hören, aber bis die da waren, kümmerten wir uns umeinander. Ich war zwar von keinem dieser Stacheln getroffen worden, aber jetzt machte sich der Streifschlag des Riesen bemerkbar. Trotzdem hatte ich noch Glück gehabt – die anderen hatte es teils deutlich schwerer getroffen, und wir waren alle mehr oder weniger mitgenommen. Alex musste mit seinem gebrochenen Bein dringend ins Krankenhaus, und bei allen, die Stacheln abbekommen hatten – Edward war einer davon, Dee eine weitere, auch Febe und Ángel und mehr als ein Einherjer – wurde sehr schnell klar, dass die Dinger vergiftet gewesen waren. Edward hatte einen alchimistischen Trank dabei, der die Ausbreitung des Gifts bei ihm und den anderen aufhielt, aber ein echtes Gegenmittel war das nicht.
Mit Totilas stimmte auch etwas ganz und gar nicht. Als Edward ihn aus der Gefahrenzone trug, merkte er, dass unser White Court-Freund in Wellen schwerer und leichter wurde, ganz so, als habe er phasenweise nicht seine volle Masse – eindeutig ein magischer Effekt.

Sobald Alex im Krankenhaus war, brachten Edward und ich Totilas ins Hotel Fountainebleu zurück – gut, dass das direkt in der Nähe liegt. (Raith Manor ist zwar eigentlich schon fast wieder fertiggestellt, aber noch hat Totilas den Familiensitz nicht wieder aus dem Hotel dorthin verlegt. Denn momentan haben Richard, Sancía und Canché dort Zuflucht gefunden, und das soll ja möglichst geheim bleiben, ganz abgesehen davon, dass die drei keine White Court-Vampire sind). Wir gaben unseren Freund, der gar nicht so recht zu wissen schien, wo er gerade war, in die Obhut seiner Familie – so schwer es uns fiel, ihn alleine zu lassen, er ist nun mal ein Weißvampir, und als solcher können seine Verwandten sich besser um ihn kümmern. Und so silbrig, wie seine Augen immer wieder aufgeglänzt hatten, würde er sich auch ernähren müssen, und das war nun nichts, bei dem wir dabei sein sollten.

Außerdem musste, wollte, ich zu Pan, Bericht erstatten und dafür sorgen, dass die Leiche des Froschwesens im Sommerpalast zwischengelagert werden kann, bis wir dazu kommen, sie zu analysieren. Und die Einherjar und verbleibenden Sidhe-Ritter hatten tapfer gekämpft, hatten teilweise auch gar nicht so triviale Verletzungen davongetragen, also wollte mich um sie kümmern, Präsenz zeigen, sie aufbauen. Was man als Erster Ritter seines Herzogs eben so macht nach einer Schlacht, um die Moral der Truppe aufrecht zu erhalten. Oder jedenfalls, bis einem das Adrenalin ausgeht. Irgendwann wankte ich in das Zimmer, das mir dort zur Verfügung steht, auch wenn ich es bisher noch so gut wie nie in Anspruch genommen habe, fiel auf das Bett und war für den Rest des Tages und die folgende Nacht für die Welt gestorben. Immerhin hatte ich ja auch noch von der Nacht zuvor einiges an Schlaf nachzuholen!

Vorgestern musste ich dann erst einmal Lidia beruhigen und ihr alles erzählen, und nachmittags trafen wir uns mit Roberto, um den auf den neuesten Stand zu bringen und danach gemeinsam nach Alex und Totilas zu sehen. Ersterer hatte sein Bein geschient bekommen und sagte, sie wollten ihn einige Tage im Krankenhaus behalten*; letzterem ging es noch nicht so richtig viel besser. Wenn Totilas bei sich war, wirkte er beinahe ganz wie der Alte, aber er hatte immer wieder diese, hm, wie nenne ich das, Anfälle von Phasenverschiebung. Roberto und Edward sahen sich das an und befanden, dass Totilas bei dem Ritual offenbar zuviel Magie kanalisiert und damit zum einen die Verbindung zu seinem Hungerdämon beschädigt hatte, so dass der sich weder artikulieren noch mit Totilas interagieren oder dem seine übermenschlichen Kräfte geben konnte. Das war aber nicht das größte Problem – die Verbindung war schon wieder hergestellt worden, zumal Totilas sich in der Nacht tatsächlich ernährt hatte. (Ohne jemanden umzubringen, wie er sich beeilte zu erwähnen.) Die eigentliche Krux war eben wirklich die Sache mit der Phasenverschiebung. Totilas hatte bei dem Ritual auch einen Teil seines Halts verloren, war in der übermäßig kanalisierten Magie verloren gegangen, also musste er wieder neu in Miami verankert, seine Verbindung zu unserer Stadt wieder gestärkt werden.

Aber wie das am besten anstellen? Blöde Frage. Edward war mit von der Partie, Römer und Patrioten, also natürlich mit einem weiteren Ritual. Aber das war nichts, das man einfach mal so aus dem Ärmel schüttelt, also machten wir das nicht sofort. Es war aber zum Glück um Welten weniger komplex als das Genius Loci-Ritual, also konnten wir gestern alles vorbereiten und es heute dann durchziehen, nachdem ich vormittags erst wieder eine Weile bei Pans Rittern gewesen war.
Zur Verankerung verwendeten wir ein Foto von Raith Manor für das Sehen und eine Broschüre des Hotels Fountainebleu für den Geist. Wir führten das Ganze in dem Spa durch, in dem wir uns als Hüter Miamis aufeinander eingestimmt hatten – so konnten wir die Atmosphäre dort gleich als Komponente für die Seele verwenden. Die Massage, die Totilas in einem schaumbadgefüllten Whirlpool von einer leicht bekleideten jungen Dame erhielt, diente dem Fühlen, und der Duft des Schaumbads dem Riechen. Dazu gab es ein 'Lido Elixir' – ein eigens für das Spa kreierter Cocktail aus Gin, Aperol, Zitronensaft, Zuckersirup, Gurkenwasser, ein paar Gurkenscheiben, Minzeblättern und Ginger Ale – für das Schmecken, und zum Hören trug ich noch einmal die Ode an Miami vor. Zusätzlich war auch noch Blei eine Komponente, um Totilas' Körper, der immer noch in Wellen abzuheben drohte, symbolisch wieder zu beschweren. Während sich unser Freund in dem Bad bei seiner Massage entspannte, führten wir – besser gesagt, führten Edward und Roberto; mein eigener Anteil war nur die Ode - am Beckenrand das Ritual durch. Es hatte auch den gewünschten Erfolg, allerdings – wie so oft – nicht sofort, oder besser: nicht vollständig sofort. Der Anfang ist gemacht, ab jetzt wird es besser, aber es wird wohl noch eine Weile dauern, bis Totilas' Anfälle von Phasenverschiebung völlig verschwunden sein werden. (Bei mir war es vor ein paar Jahren am Crater Lake mit meinem von Elena eingepflanzten Hass auf die Jungs ja ganz ähnlich.)

Brrrr. Jetzt habe ich allein von der Erinnerung doch tatsächlich eine Gänsehaut bekommen. Tío. Ich höre mal auf für jetzt. Ich sitze sowieso schon den ganzen Abend an diesem Eintrag – nicht, dass Lidia noch vergisst, wie ich aussehe. 



*Achtung, Wortspiel-Alarm – aber nicht meiner; der Spruch kam wohl von einer Ärztin oder Krankenschwester, die Alex schon die letzten paar Male behandelt hat (oder ist er sogar auf Alex' Mist selbst gewachsen?): Unser Kumpel hat im Mount Sinai Medical Center schon einen Viellieger-Bonus**, so oft war er in letzter Zeit dort.

**ich sage doch, der Witz war flach.

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18. März

Vorhin wurde Alex schon entlassen. Sein Bein ist natürlich noch geschient, und er geht auf Krücken, wenn er nicht in einem Rollstuhl sitzt, um das Bein zu schonen, aber eigentlich hätte er noch länger im Krankenhaus bleiben sollen. Die Ärzte seien erstaunt gewesen, dass der Bruch so gut aussehe, erzählte Alex, aber das liegt wohl auch und vor allem an Elegguas Schirmherrschaft, dass er schneller heilt als normale Menschen. Diese Schirmherrschaft erweist sich aber gerade auch in einer anderen Hinsicht als sehr nützlich: Wir haben in den letzten Tagen viel Zeit mit Totilas verbracht, und Alex zieht ihn wortwörtlich zurück, wenn er wieder einmal außer Phase gerät. Auch Lady Miami ist häufig bei uns aufgetaucht, und wenn sie da ist, hilft sie ebenfalls dabei, Totilas wieder ins Hier und Jetzt zu holen.

Totilas sagte gestern übrigens, er wolle besser verstehen lernen, wie diese Grenze zwischen der echten Welt und dem Nevernever funktioniert. Edward, Alex und Roberto haben alle angeboten, ihm dabei zu helfen, jeder mit seiner jeweiligen Spezialisierung und aus seinem jeweiligen Blickpunkt – ich würde auch, wenn ich könnte, aber zu dem Thema habe ich leider nicht so richtig viel beizutragen.

Aber jetzt, wo wir alle wieder so einigermaßen – ja, Krücken, ja, gelegentliche Phasenausfälle, aber trotzdem – wieder auf dem Damm sind, müssen wir dringend die Leiche des Froschmenschen untersuchen. Denn nicht nur müssen wir versuchen, so viel wie möglich über diese Wesen herauszufinden, sondern Edward, Dee und die anderen von den Feuerfischstacheln Getroffenen sind immer noch vergiftet, und Edward hat das Gift mit seinen alchimistischen Fähigkeiten mangels Zeit zur Analyse bisher nur unterdrückt und zurückgedrängt, aber noch nicht richtig heilen können. Das müssen wir dringend ändern!

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Später. Fertig mit der Untersuchung. Die Leiche des Froschwesens war, magische Aufbewahrung sei Dank, auch noch im selben Zustand wie vor einer Woche, so dass die Analyse nicht zusätzlich erschwert wurde. Durchgeführt wurde sie von Alex, unterstützt von Totilas und mir, auf der rein wissenschaftlichen Ebene, während Edward und Roberto sich um die magischen Aspekte kümmerten. Es stellte sich heraus, dass die Kreaturen tatsächlich Geschöpfe der echten Welt sind und nicht aus dem Nevernever kamen. Sie sind auch wirklich menschenartig, haben keinen Schildkrötenpanzer oder Fischschuppen oder dergleichen. Aber sie haben Kiemen, was darauf hindeutet, dass sie wirklich unter Wasser leben; an der Luft atmen können sie aber auch. Aus der Anatomie der Kreatur wurde auch deutlich, dass die Froschmenschen große Druckunterschiede aushalten können: Sie scheinen also nicht nur unter Wasser, sondern tatsächlich in großer Tiefe zu leben. Und auf kaltes Eisen reagierte der Leichnam – nicht so extrem wie eine Fee, aber eine Reaktion zeigte sich doch. Eine Art Feenerbe vielleicht? Und die Zellen des toten Wesens wirkten sehr wandelbar – Hinweise darauf, dass es sich bei den Froschartigen um Gestaltwandler handelt?

Als Rückschlüsse für eventuelle zukünftige Konfrontationen zogen wir aus unseren Untersuchungen, dass man sie vermutlich recht gut austrocknen kann und dass sie große Hitze mit einiger Sicherheit nicht mögen dürften. Hmmm. Austrocknen und Hitze? Ja hallo auch, Sommermagie!

Dass die Froschlinge Magienutzer sind, hatten wir am ja eigenen Leib erlebt. Kein Wunder also, dass, wie sich herausstellte, die von ihnen verschossenen Stacheln magisch heraufbeschworen worden waren und nichts Natürliches an sich hatten.
In seinem Labor analysierte Edward den Stachel, der ihn getroffen hatte, sowie eine Probe seines eigenen Blutes – immerhin trägt er ja das Gift ja selbst auch in sich – und fand heraus, dass es sich dabei um eine lähmende Substanz handelte, die unbehandelt früher oder später tödlich gewesen wäre. Glücklicherweise hat der bisherige Trank die Wirkweise des Toxins sehr stark verlangsamt, und jetzt kennt Edward die genaue Zusammensetzung des Giftes und kann sich daran machen, ein echtes Gegenmittel zu entwickeln.

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