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Was versteht ihr unter einem guten Tick-System?

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Wulfhelm:

--- Zitat von: Pyromancer am  6.06.2013 | 17:23 ---Ich habe mit "Feng Shui" lange Zeit ein System mit "Tick"-Regeln im Kampf geleitet. Das funktioniert dort so: Jeder Kampfteilnehmer würfelt Ini (ein sekundäres Attribut)+W6, das ist sein Start-Tick. Dann wird von oben runtergezählt, und wenn der eigene Tick dran ist kann man handeln, und der Tick wird um die Aktionskosten verringert. Die meisten Aktionen (Angreifen) verbrauchen drei Ticks. Darüber hinaus kann man, wenn man nicht dran ist und angegriffen wird aktiv abwehren, was einen einen Tick kostet. Wenn alle bei Tick null ankommt sind wird die Ini neu gewürfelt und das Spiel geht von vorne los.
--- Ende Zitat ---
Quasi das gleiche System habe ich auch lange Zeit verwendet, allerdings mit variablen Aktionskosten je nach Waffe (2-4 "Ticks" zuzüglich je nach Wahl 2 Punkte für einen verbesserten Angriff.)
Ich würde so ein System allerdings als Aktionspunktesystem bezeichnen und etwas, wie SpliMo es benutzt, als Ticksystem. Um es zu kategorisieren:

Elemente der Systeme:

Aktionspunktesystem:
- Kampfrunden bleiben bestehen.
- Jeder Charakter erhält eine Anzahl AP pro Kampfrunde in Abhängigkeit von seinen Fähigkeiten.
- Aktionen kosten unterschiedliche Anzahl AP.
- Die momentane Initiative richtet sich nach dem AP-Stand.
- AP werden heruntergezählt (mathematisch unbedeutend, aber im Spiel üblich) bis alle bei 0 angelangt sind.

Ticksystem:
- Keine Kampfrunden.
- Aktionen kosten unterschiedliche Anzahl Ticks.
- Die momentane Initiative richtet sich nach dem Tick-Stand.
- Ticks werden hochgezählt.

Vor- und Nachteile:

Aktionspunktesystem:
- Unterschiedliche Fähigkeiten der Charaktere lassen sich durch höhere AP ausdrücken.  :d
- Arbeitet eher mit kleineren Zahlen.  :d
- Künstlichkeit von Kampfrunden bleibt bestehen.  :q
- Endrundenproblem: Wenn man am Schluss einer Runde noch AP übrig hat, die aber nicht für eine sinnvolle Aktion ausreichen.  :q

Ticksystem:
- Kampfrunden werden überflüssig.  :d
- Alle Aktionen fügen sich dynamisch in die fortlaufende Tickzählung ein.  :d
- Eher größere Zahlen und mehr Rechenaufwand.  :q
- Unterschiede von Charakteren in der Initiative können nur unzureichend ausgedrückt werden.  :q

Luxferre:
@Verteidigungsstrudel:

es gäbe die Möglichkeit einer klassischen Riposte. Würde aber Ticks kosten und im schlimmsten Fall (und der kommt bei meinen Spielern definitiv!) also gar nicht zur Anwendung kommen. Subsysteme im Ticksystem wären doch wohl aber zuviel des Guten, oder?
Hat man eine passive Verteidigung, ist das schonmal ganz gut. Dann hat man immer eine plausible defensive Ressource.
Eine aktive Parade hingegen sollte sicherlich was kosten. Aber eben nicht den Kampf entscheiden (immer noch worst case scenario!).
Meine Bedenken sind halt, dass ein Verteidiger gegen einen schnellen Angreifer (oder gar zwei Angreifer) gar keinen Stich mehr sieht. Das ist aber eben nicht plausibel.
Daher sollte eine aktive Parade minimal wenig kosten.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)in meinen LARP Zeiten, hat mir mein Schwertkampf- und Kungfu-Training enorm weitergeholfen. In Verteidigungshaltung habe ich alleine 5 Gegner zu Boden geschickt, bevor mich dann eine weitere Welle Ordenskrieger überrannte. Ich war also trotz Defensive noch immer offensiv tätig...

Galatea:
Ich finde aktive Parade als zusätzliche Defensivaktion mit eigenen Regeln ziemlich überflüssig. Etwas das ich mir vorstellen könnte wäre eine direkte Umwandlung des Angriffs in eine Verteidigungsaktion (man würfelt quasi einen Angriff verwendet das Ergebnis aber stattdessen zur Verteidigung gegen die nächste Attacke) wenn man wirklich mal rein defensiv kämpfen möchte. So braucht wenigsten kaum zusätzliche Regeln, auch die Ticks bleiben gleich - aktive Parade sollte aber nur dann Sinn machen, wenn man auf Verstärkung wartet oder sich von einem Schock erholen will (z.B. wenn man kurzzeitige Mali durch einen Rammangriff hat). Wer immer nur pariert verliert früher oder später.
Eine "aktive Parade" (möglicher Mechanismus siehe oben) lohnt eigentlich nur für Konter, also wenn aus der Parade direkt ein Angriff hervorgehen kann (z.B. immer dann wenn der Angriff X Punkte unter der Verteidigung des Angegriffenen liegt kann er direkt zurückschlagen) - das würde eine defensiven Kampfstil ermöglichen ohne ihn völlig sinnlos oder overpowered zu gestalten. Vor allem müsste der Verteidiger in so einem Fall signifikant besser sein als der Angreifer, was wiederum ebenfalls realistisch ist.

scrandy:
Mal ne kurze Zwischenfrage: Was ist eigentlich der deutliche Mehrwert eines Ticksystems?

Ich will die Diskussion hier nicht entführen, aber bisher sieht es ja aus, dass die meisten hier schreiben, dass sie kein richtig gutes Tick-System kennen und alle Ansprüche an ein Ticksystem sind ja eher pragmatischer Natur: nicht zu kleinteilig usw.

Was ich mich bei der Ganzen Diskussion ein wenig Frage ist, warum man denn überhaupt ein Tick-System haben wollen würde. Klar, der Realismus-Gedanke. Aber wenn ich jetzt höre, dass es ja eigentlich immer ein Tradeoff ist, weil manche Leute seltener dran kommen und man im schlimmsten Fall statt mehr Realismus zu erleben mehr Metagaming erlebt und der Realismus ja so gar nicht am Spieltisch ankommt, dann finde ich kann man sich die Frage nach dem Designgrund schon mal stellen. Denn im Endeffekt handelt man ja immer noch alles nacheinander ab, obwohl es realistisch gesehen ja gleichzeitig wäre.

Wenn ich also mal über Design-Gründe nachdenke, dann müsste ein Tick System definitiv Aktionen mit unterschiedlicher Dauer haben, die unterschiedlich (taktisch oder athmosphärisch) wirken. Sprich wenn ich schnelle Angriffe will, dann muss das nicht nur anders verwaltet werden (mit weniger Ticks) sondern sich spielerisch auch anders anfühlen wie langsame Angriffe. Sprich ein Kämpfer der hin und wieder den langsamen Wuchtangriff macht muss genauso viel (und idealerweise einen anderen) Spaß an der Situation haben als der schnelle Kämpfer mit den zwei Dolchen, der doppelt so oft zuschlägt.
In der Praxis funktioniert das bei mir persönlich nicht mal bei Aktionen die mehrere Runden brauchen. Wenn ich Nachladen muss, einen Zauber vorbereite oder der Charakter nach einer Aktion erschöpft ist und deswegen ausfällt, ist der Spaßfaktor in der Regel geringer als wenn jeder schön jede Runde was tun darf. Das bedeutet für mich, dass ich statt einer längeren Aktion (mehrere Ticks) lieber mehrere kleine Aktionen hätte.
Sprich Zielen und Schießen sind bei einer Sniper zwei Aktionen in zwei Runden anstatt jetzt einen Mehrtick-Aktion drauß zu machen. So kann der Sniper in der ersten Runde schon mal durch eine Probe herausfinden ob er das Ziel überhaupt anvisiert bekommt und ermittelt dann nächste Runde wie viel Schaden gemacht wurde, wenn er tatsächlich abdrückt. Die Krux dabei ist, dass vorbereitende Aktionen wie das Zielen interessant bleiben müssen. Das heißt es ist interessant ob ich ihn endlich ins Fadenkreuz kriege oder ob ich nächste Runde es weiter versuchen muss. Wenn ich da jetzt an die kleinteiligen "Ich gehe drei Schritte"-Geschichten denke, dann kann das aber auch zur Falle werden, weil in dem Fall die Einzelaktion todlangweilig ist.

Grundsätzlich müsste also ein Tick-System wirklich einen guten Designgrund haben, weswegen man diesen Verwaltungsaufwand überhaupt in die Regeln einbaut. Hat man dann wirklich einen guten Grund für unterschielich lange Aktionen gefunden, dann liegt meiner Meinung nach die Schwierigkeit darin, Spielern etwas zu bieten, die Charaktere spielen, die prinzipiell seltener dran kommen und auf manche Aktionen lange warten müssen. Wenn ein mehrere Runden lang vorbereiteter Zauber genauso spektakulär ist, wie ein klassischer Angriff, dann kann ein Ticksystem schnell Langeweile verursachen. Macht man zu viele kleine Schritte, dann kann es vor lauter Klein Klein auch nerven.

Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder):
Ich hatte vier Ansprüche an mein Kampfsystem - die wichtigste davon ist, daß es sich brutal anfühlt, daß ein Schlachtfeld ein großer Fleischwolf ist. Die anderen drei Ansprüche sind im angehängten Designdokument ;). Die Freeze-Frame-Ini (so kenn ich die Bezeichnung übrigens) erschien mir die praktikabelste, um die Ini entsprechend zu gestalten (und ich habe sehr viele getestet), d.h. Speed vs. Armor vs. Weapon vs. Magic so auszubalancieren, daß Vor- Und Nachteile der Präferenzen eines Charakters voll zum Tragen kommen.

Realismus ist... nichts was ich mit Regeln anstrebe.

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