Pen & Paper - Spielsysteme > Systemübergreifende Themen
Spielleiter wuerfelt nicht
Praion:
--- Zitat von: Thandbar am 15.08.2013 | 08:57 ---In Dungeon World gibt es ja einen Hiatus zwischen den Helden, den handelnden, wichtigen Personen, und dem Monsterkroppzeug, das sprichwörtlich nur darauf wartet, heroisch ausgeschaltet zu werden.
--- Ende Zitat ---
Kannst du das näher ausführen? In meiner Dungeon World ist das nicht so.
Dr.Boomslang:
Ich finde das Thema sowohl psychologisch als auch aus designtechnsich ganz interessant. Es wurde schon gesagt, wenn man immer die gleiche Anzahl Würfel würfelt, z.B. 2, dann spielt es natürlich keine Rolle wer den Würfel wirft, das sollte klar sein.
Interessant finde ich dass im Rollenspiel das Würfeln häufig, bewusst oder unbewusst, mehr als Ritual denn als Zufallsmoment benutzt wird. Das ist prinzipiell nicht verkehrt, birgt aber Verwechslungsgefahr. Den Fehler machen sogar Autoren von Systemen extrem häufig. Das kann man z.B. sehen wenn ein System einfache Würfe und opponierende Würfe unterscheidet, wobei sich dann natürlich durch einen zusätzlichen Wurf die Wahrscheinlichkeitsverteilung ändert, was meist überhaupt nicht aus dem System heraus zu begründen ist. Der Wurf dient einfach dazu eine Illusion von Agency zu vermitteln. Nach dem Prinzip ein Charakter der handeln kann, für den muss auch gewürfelt werden.
Kontrollillusion ist eine mächtige Sache. So wie bei vielen anderen Illusionen unterliegt man ihr selbst dann noch, wenn einem das Prinzip bekannt ist.
Ich denke in Spielen ist es deshalb nicht ganz verkehrt Kontrollillusionen zu ermöglichen, z.B. indem man Spielern die Möglichkeit lässt irgendwelche rituellen Abläufe zu kontrollieren, wenn es ihnen wichtig ist. Trotzdem sollte man genau hinsehen was man da eigentlich macht und das System deshalb nicht kompromittieren.
An diejenigen die Würfeln für ihren Spielspaß brauchen: Kann es da Ausnahmen für euch geben? Wann dürfte jemand für euch würfeln? Z.B. passiert das ja bei verdeckten Würfen des SL. Ist das da ok? Wenn ja warum?
killedcat:
--- Zitat von: Dr.Boomslang am 19.08.2013 | 17:28 ---Ich finde das Thema sowohl psychologisch als auch aus designtechnsich ganz interessant. Es wurde schon gesagt, wenn man immer die gleiche Anzahl Würfel würfelt, z.B. 2, dann spielt es natürlich keine Rolle wer den Würfel wirft, das sollte klar sein.
--- Ende Zitat ---
Nicht vom Ergebnis her, das ist klar. Aber es handelt sich ja um ein Spiel. Das heißt, man möchte am Spiel teilnehmen. Das ist, wie wenn Du Mensch Ärger Dich Nicht spielst, einen Kumpel bittest, für Dich zu würfeln und dann wieder weg gehst. Es mag das Gleiche rauskommen, nur ist es eben Sinn eines Spiels, dass man selbst spielt und dabei Spaß hat. Hier geht es weder um Rituale noch um psychologische Effekte sondern um die ganz reale Teilnahme am Spiel.
--- Zitat von: Dr.Boomslang am 19.08.2013 | 17:28 ---Das kann man z.B. sehen wenn ein System einfache Würfe und opponierende Würfe unterscheidet, wobei sich dann natürlich durch einen zusätzlichen Wurf die Wahrscheinlichkeitsverteilung ändert, was meist überhaupt nicht aus dem System heraus zu begründen ist. Der Wurf dient einfach dazu eine Illusion von Agency zu vermitteln. Nach dem Prinzip ein Charakter der handeln kann, für den muss auch gewürfelt werden.
--- Ende Zitat ---
Es ist aber gar keine Illusion. Selbst würfeln zu dürfen ist ein Unterschied, nicht unbedingt in der Wahrscheinlichkeit, aber in der ganz simplen Realität. Ich selbst brauche opponierende Würfe nicht, aber ich komme nicht umhin zu erkennen, dass das eine aktive Handlung mehr beinhaltet. Ob das statistisch oder psychologisch einen Unterschied macht, sei mal zweitrangig. Zunächst einmal ist das Realität. Einen Spieler handeln zu lassen oder nicht ist beim Design eines Spiels doch ein Unterschied. Da bei Mensch Ärger Dich Nicht das Ergebnis praktisch ausschließlich würfelabhängig ist, könnte man auch jeden Spieler ein Mal würfeln lassen, wer die höchste Zahl hat, gewinnt. Aber der Weg dorthin, Chancen zu haben, das macht einen ganz faktischen Unterschied.
--- Zitat von: Dr.Boomslang am 19.08.2013 | 17:28 ---An diejenigen die Würfeln für ihren Spielspaß brauchen: Kann es da Ausnahmen für euch geben? Wann dürfte jemand für euch würfeln? Z.B. passiert das ja bei verdeckten Würfen des SL. Ist das da ok? Wenn ja warum?
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Wenn meine Spielfigur handelt, dann will auch ich handeln, ob als SL oder Spieler. Mir zerstört es sonst einen großen Teil der Immersion. Ich brauche nicht viele Würfe, aber ein paar halt doch. Der SL darf für mich würfeln, wenn sich eine Aktion der Kontrolle meiner Figur entzieht. Im Übrigen möchte ich selbst würfeln. Wahrnehmungsproben lasse ich meine Spieler gerne im Voraus würfeln, um die Überraschung nicht zu verderben, den Wurf aber dennoch den Spielern zu lassen.
Achamanian:
--- Zitat von: killedcat am 19.08.2013 | 18:01 ---Wenn meine Spielfigur handelt, dann will auch ich handeln, ob als SL oder Spieler. Mir zerstört es sonst einen großen Teil der Immersion. Ich brauche nicht viele Würfe, aber ein paar halt doch. Der SL darf für mich würfeln, wenn sich eine Aktion der Kontrolle meiner Figur entzieht. Im Übrigen möchte ich selbst würfeln. Wahrnehmungsproben lasse ich meine Spieler gerne im Voraus würfeln, um die Überraschung nicht zu verderben, den Wurf aber dennoch den Spielern zu lassen.
--- Ende Zitat ---
Es ist aber nicht notwendigerweise einleuchtend, im Rollenspiel das Spielhandeln mit dem Würfeln in eins zu setzen. Das Spielhandeln kann genausogut durch die Entscheidung für ein bestimmtes Kampfmanöver o.Ä. gewährleistet sein, ohne dass dabei gewürfelt wird. Das Spielhandeln des SL in DungeonWorld ist beispielsweise, dass er unter gewissen Bedingungen bestimmte durch die Regeln kodifizierte Moves gegen die Spieler einsetzen kann - wobei er im Sinne des Spielhandelns Entscheidungen trifft.
Mal ganz zu schweigen von der enormen allgemeinen Handlungsfreiheit, die der SL in klassischen Systemen hat und mit denen er ganz ohne zu würfeln das Spielgeschehen (also auch die Würfe der Mitspieler) extrem beeinflussen kann. Wenn der SL beispielsweise entscheidet, dass sich jetzt ein Gegner an die SC anschleicht, dann greift er durch diese Entscheidung doch nicht weniger aktiv ins Spiel ein, nur, weil er keine Schleichenprobe für den Gegner würfelt, sondern stattdessen die SC eine Wahrnehmungsprobe ablegen lässt.
Dr.Boomslang:
Mensch ärger dich nicht ist ein interessanter Vergleich, denn das ist in dem Sinne gar kein Spiel, es funktioniert wie jedes Glücksspiel über Glück, d.h. reinen Zufall, es wird von niemandem gespielt. Der ganze Spaß von Mensch ärger dich nicht beruht auf der Kontrollillusion. Die Illusion ist der Spieler hätte etwas mit dem Schicksal seiner Spielfiguren zu tun. Das ganze "Spiel" besteht darin dass man nicht die gesamte Information auf einmal bekommt und sich dann über jede Wendung freuen oder eben ärgern kann.
Deswegen ergibt es ja auch keinen Sinn Mensch ärger dich nicht mit jemandem zu spielen der sich nicht ärgert, weil er weiß dass er erstens nichts mit dem Spiel zu tun hat und zweitens, dass es nicht mal ein reales Glücksspiel ist, d.h. dass es nicht mal Konsequenzen hat.
--- Zitat von: killedcat am 19.08.2013 | 18:01 ---Der SL darf für mich würfeln, wenn sich eine Aktion der Kontrolle meiner Figur entzieht. Im Übrigen möchte ich selbst würfeln.
--- Ende Zitat ---
Du sagst du willst handeln, wenn deine Figur Kontrolle hat, also Kontrollillusion. Ich verstehe nicht ganz warum du abstreitest dass es darum geht.
***
--- Zitat von: Rumspielstilziel am 19.08.2013 | 18:08 ---Mal ganz zu schweigen von der enormen allgemeinen Handlungsfreiheit, die der SL in klassischen Systemen hat und mit denen er ganz ohne zu würfeln das Spielgeschehen (also auch die Würfe der Mitspieler) extrem beeinflussen kann.
--- Ende Zitat ---
Das ist ein weiterer interessanter Punkt. Kontrollillusionen werden oft da gebraucht wo reale Kontrolle fehlt. Das heißt wäre es nicht besser einem Spieler eine reale Entscheidung zu geben wo Kontrollillusionen vorkommen?
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