Pen & Paper - Spielsysteme > D&D4E
Was ist bei 4E falsch gelaufen...
Arldwulf:
--- Zitat von: Eulenspiegel am 23.02.2014 | 23:32 ---Bei 3e hat man das Augenmerk darauf gelegt: Was kann der SC tun? Wie funktioniert ein Manöver?
Bei 4e liegt der Hauptaugenmerk auf: Welchen Zweck hat der SC? Welchen Zweck hat das Manöver?
--- Ende Zitat ---
Immersion ist ja immer die Frage: Wie nahe sind die Regeln an der (und sei es nur Spielwelt-) Realität. Ich nehme mal 2 Manöver heraus. Eine Mehrfachattacke und eine Finte.
In 3.5 ist die Mehrfachattacke dann möglich wenn ich mich nicht allzuweit bewegt habe, dann aber letztlich nahezu immer. Jede Runde, immer wieder. Setze ich die Angriffe so um wie sie in den Regeln stehen so sind dort zwei Kontrahenten, und von diesen schlägt immer einer 2x zu, dann der andere 3x, dann wieder der eine 2x, dann der andere 3x...und so weiter. Immer wieder, immer gleich. Es gibt dann auch kein Zwischending - auch wenn ich 5 Angriffe die Runde machen kann gehen immer entweder nur einer oder alle 5.
Ich kann versuchen dies als "das sind ineinander verschachtelte Angriffe" umzudeuten, aber natürlich ist dies nicht was am Spieltisch geschieht, und der Erklärungsansatz scheitert daran dass ein Gegner der nach einer Fullattack tot ist eben auch nicht mehr zurückhaut. Ich habe etliche Bücher zu 3.5 Zeiten gelesen die sich weitgehend an das Regelwerk hielten. Doch dieses Element wurde letztlich immer völlig anders beschrieben, die Regeln über Bord geworfen. Einfach weil es sehr schwer vorstellbar ist, Spieler aus ihrer Immersion herausreißt.
In der 4E gibt es hierfür keinen Standardangriff, sondern viele verschiedene Arten. Ich kann in einer Runde 1x angreifen, oder 3x oder 2x - je nachdem welches Manöver ich gerade anwende. Auch meine Gegner machen nicht einfach jede Runde das gleiche sondern die Mechanik ihrer Angriffe ist an die tatsächliche Aktion gebunden.
Wie sieht es bei der Finte aus? Ganz ähnlich. Die 3.5er Finte hat eine der für Beschreibung wohl feindlichsten Formulierungen aller Zeiten: "Der Gegner verliert seinen Geschicklichkeitsmodifikator".
Klingt doch gleich Immersion erzeugend, oder? Ich kann versuchen diese Finte zu beschreiben, doch viele Beschreibungen fallen weg weil sie nicht hinhauen. So bringt die Finte umso weniger je ungeschickter ein Gegner ist. Beschreibe ich sie als "ich lass ihn ins Leere laufen um dann seine Seite zu attackieren" so ist das tatsächlich gegen einen tapsigen Kerl ineffektiver als gegen jemanden der sein Gleichgewicht schneller finden könnte. Und natürlich habe ich das Problem: Egal was ich beschreibe wie ich den Kerl ins Leere laufen lasse, am Ende steht er immer noch da wo er vorher stand. Vielleicht wollte ich ihn ja zwischen mir und eine Wand bringen? Oder in Reichweite des tollen Abgrunds, 3 Meter weiter?
Wie sieht die 4E Umsetzung aus? Wieder habe ich hier nicht eine einzige Finte sondern mehrere. Damit Gegner zu positionieren geht genauso wie ihre Deckung zu senken oder sie zu einem Angriff zu reizen den ich dann kontern kann. Auch hier ist die Umsetzung anhand dessen was tatsächlich vom Spielercharakter gemacht wird, ich habe keine "Standardfinte" sondern der Spieler muss ansagen was er tut, da dies unterschiedliche Auswirkungen haben kann.
Luxferre:
Und was ist jetzt an der 4E falsch gelaufen, Aldwulf?
Ich nehme einfach mal Dein Posting als Aufhänger, um zurück zur Ausgangsfrage zu kommen ...
Arldwulf:
Hab ich (unter anderem) ja schon auf Seite 1 gesagt.
Initial das Marketing. Es kam einfach sehr nach "was ihr früher gespielt habt war alles doof" herüber. Liest man es heute so war wohl eher "Ok, viele von euch haben Probleme mit Regeln in der 3.5 die nicht so recht funktionieren, hier wären ein paar Lösungsansätze" gemeint. Aber angenommen wurde es als direkter Angriff auf frühere Editionen. Ein großes Problem war auch dass man dies schon sagte während der Playtest noch lief so dass man die Lösungen gar nicht präsentieren konnte. Oder anders gesagt: Schweigen wäre Gold gewesen, zumindest solange bis man tatsächlich Erklärungen hätte liefern können wie man es umsetzen mag und warum.
Anschließend der Flame Wars. Ich hab ja oben schon gesagt: Den gab es auch nicht nur weil da dann Spieler die sich für die 4E eigentlich gar nicht interessierten durch die Marketingaussagen angestachelt wurden. Den gabs natürlich auch weil viel zu wenig über die tatsächlichen Regeln geredet wurde - und viel zu viel über vermeintliche Intentionen. Du siehst das immer noch heute teilweise, es gibt viel mehr Postings die Sagen "die Zielgruppe ist XYZ" oder "man wollte halt ABC" als solche die ein tatsächliches Regelelement besprechen. Die Folge davon sind dann sehr seltsame Diskussionen bei denen beide Seiten eigentlich über 2 verschiedene Spiele sprechen. Die eine über das was in Internetforen diskutiert wird über das was man glaubt "was die Designer wollten" oder "für wen das gemacht ist", die andere über das was im Regelwerk abgedruckt wurde und welche Regeln es gibt.
So kann das dann passieren dass in einem Forum etwas der 4E als fehlend angekreidet wird was eigentlich im Buch drinsteht. Es passt dann nicht zu der vermuteten Intention - und ist doch in den Regeln vorhanden. Und hier wurde dann Öl ins Feuer gegossen. Gerade in der Anfangszeit haben viele auf solche Kritik dann schnippisch reagiert. Ich auch. Anstatt Beispiele zu nennen und Dinge mit Regelpassagen zu erklären lieber mit Feuer und Flamme dagegen argumentiert und teilweise die Kritik auch lächerlich gemacht (ok, meist ging das von allein ^^ um mal an "man kann sich in der 4E nicht fallen lassen oder hinsetzen" zu erinnern). Was dann natürlich mit gleicher Münze zurückgezahlt wurde und die Fronten immer mehr verhärtete. Dadurch wurde der Flamewar immer lauter, Leute wurden nicht mehr anhand ihrer Argumente sondern anhand ihrer Zugehörigkeit zu einer Seite bewertet. Und selbst Spieler die ohne Forenbenutzung davon verschont bleiben sollten bekamen es natürlich über Mundpropaganda mit. 2009-2010 konnte ich keinen neuen D&D 4E Spieler anwerben der nicht sagte "ist das nicht WoW?" bevor er das Spiel überhaupt gesehen hatte.
Und natürlich ist dies ein rückkoppelnder Effekt. Je weniger man sich mit dem Spiel beschäftigt, umso eher ist das Bild davon natürlich auch davon geprägt "was andere sagen". Je weniger Spieler das Spiel spielen, umso weniger gibt es auch die Regelbeispiele bringen oder etwas über ihre Spielrunden erzählen. Wir hatten hier schon User im Forum die sagten: "D&D 4E ist nur Kampf. Ich hab eine Testrunde gespielt, also erzähl mir nicht ich wüsste nicht wovon ich rede" - bei denen dann im weiterem Gespräch heraus kam dass sie alles was nicht Kampf war rausgeschmissen hatten aus den Regeln. "Weil das doch nicht zu D&D 4E gehört".
Wie gesagt - es gibt das Spiel quasi 2x mit gleichem Namen und doch unterschiedlichem Inhalt. Der eine ist der vermutete Inhalt, der andere der gedruckte. Und wenn der gedruckte Inhalt nicht mit dem vermutetetem Inhalt anhand des Images der Edition übereinstimmt kann man halt entweder sagen: Hey, vielleicht stimmt das Image ja doch nicht.
Oder sagen "Das hat doch der Arldwulf mit Hand da reingeschrieben, der olle 4E Fanboy und überhaupt - das steht da zwar ist aber nicht so gemeint!" ;)
Das ist natürlich noch nicht alles. Es gibt jede Menge berechtigte, durchdachte und sich mit Regeln beschäftigende Kritik. Man darf das Pendel auch nicht in die andere Richtung schwingen. Vieles an der lautesten Kritik ist nicht durchdacht. Doch das heißt nicht das das System perfekt wäre und es nichts zu kritisieren gäbe. Nur dass es besser wäre sich dafür die tatsächlichen Regeln vorzunehmen und sich vorab zu überlegen welche Auswirkungen diese überhaupt haben.
Diese sachliche Kritik wird nur sehr leicht übertönt und bleibt dann halt von oberflächlicheren, aber dafür spektakuläreren Aussagen überschattet. Natürlich weiß jeder dass ein Feuerball etwas anderes als ein Schwerthieb ist, auch wenn beides Schaden machen kann. Von Unsichtbarkeit und Geräuschen erzeugen mal abgesehen. Und auch wenn Archoangel oben zwei Powers postet welche gleich aussehen kann der ja auch in die Bücher reinschauen (oder konnte es zumindest mal) und weiß dass die echten Powers etwas anders aussehen. Aber "Alle Powers sind gleich" bekommt halt mehr Rückmeldung als "das hier sind die neuen Regeln zur Verwendung von Zauberkomponenten, wie findet ihr die?"
Archoangel:
Dir ist schon klar, dass du meine Argumente nicht bzw. unvollständig angehst. So kann man keinen Diskurs führen. Wie wäre es so: "Du hast recht - und ich meine Ruhe!" Freilich hast du damit immer noch nicht Recht - und bis auf du selbst teilt auch niemand diese Ansicht. Du könntest dich aber vor den Spiegel stellen und die mit dem Gedanken: "Wow - ich habe (wieder einmal) der Welt gezeigt, dass 4E das tollste seit geschnitten Brot ist!" dir selbst auf die Schulter klopfen.
Ich probier mal deine Strategie aus ...
Nein, Arldwulf, du hast unrecht, weil ich irgendwann mal irgendeinen Roman gelesen habe, der sich mit 4E nicht erklären lässt. Deshalb sind die Dinge, die munadane Charaktere in 4E können Zauberei. Sie können auch verschiedene Zauberfinten - wenn sie auf der entsprechenden Stufe diese Zauberfinten gelernt haben - und dann können sie nur genau einmal pro Kampf (nicht etwa pro Gegner) die Zauberfinte einsetzen.
Arldwulf:
Natürlich ist mir dies klar. Du hast (ähnlich wie ich) ja einen längeren Text geschrieben, und ich kann nicht auf jeden Punkt darin einzeln eingehen.
Doch wie wärs wenn wir über die Dinge reden auf die ich eingegangen bin? Oder wenn du mir sagst welchen Punkt du noch nicht abgedeckt siehst?
Und ob da andere zustimmen...wer weiß. Oben schreiben welche sie würden zustimmen. Macht es einen Unterschied? Werden die Argumente dadurch besser oder schlechter? Es ändert einfach nichts. Am Ende kommt es auf die simple Frage an: Wie steht es eigentlich im Buch? Meine Argumente sind doch nun nicht "hey, schaut mal her wie toll ich das spielen kann" - sie beziehen sich auf konkrete Regelpassagen.
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