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[MERS/Rolemaster/Hausregel] Die Isengart-Gruppe
torben:
Endlich den neusten Sessionbericht geschafft und damit wieder uptodate.
Ob die geistige Verbindung mit der fremden Kraft spurlos an den Gefährten vorbeigegangen ist? Lest einfach selbst. Viel Spass :)
Session 59: Teil 1
21.8.-24.8.2784 3Z
Eisenzinne - Wald beim Donnersee
Als Arrohir am Morgen des 21. August 2784 3Z bei gutem Wetter neben dem Leuchtfeuer auf der Eisenzinne erwacht, hängt er in Gedanken noch eine ganze Weile einem sehr intensiven Traum nach, den er in der Nacht gehabt hatte. Konkret erinnert er sich nicht mehr an viel, ausgenommen den verführerischen Blick, den ihm eine betörende Frau zugeworfen hat. Das warme und glückliche Gefühl begehrt zu werden, das dieser Blick, der nur ihm alleine auf der ganzen Welt gegolten hatte, im Traum bei ihm ausgelöst hat, kommt auch jetzt wieder in ihm hoch, als er sich an das verführerische Gesicht zu erinnern versucht. Dabei wird ihm gleichzeitig bewusst, dass der wundervolle "Zauber" dieses Traums verblassen würde, wenn er ihn in Worte zu fassen versuchte, um ihn den anderen mitzuteilen, weshalb er nichts davon erzählt, als sie wenig später den Abstieg von der Eisenzinne in Angriff nehmen.
Der Nachmittag ist schon fortgeschritten, als die Gefährten wieder am Fuss des Wasserfalls angekommen sind und von Bjarmi erklärt bekommen, dass von der rechten Seite her ein schmaler Pfad entlang der steil aufragenden Felswand zum Eingang zur Wasserfallpforte dicht neben dem Wasserfall führe. Da sich der stete Wassernebel in der kalten Luft leicht zu Eis verwandle, sei der Zugang äusserst rutschig und könne leicht mit einem Bad im Becken am Fuss der Felswand enden. Die Helutavi würden sich normalerweise mit einem Seil absichern, wofür jedoch zuerst jemand bis zum Eingang gelangen müsse. Calendin übernimmt diese Aufgabe und findet dabei auf halber Strecke eine kleine Plattform, die zwei Menschen genügend Platz für eine kleine Verschnaufpause bietet. Der Waldelb hat das Unterfangen so kinderleicht aussehen lassen, dass Bóin II. ihm sogleich folgt. Sobald der Zwerg die Mittelplattform erreicht hat, kommt ihm Uffe hinterher, während Calendin bereits den zweiten Teil bis zum Eingang zur Wasserfallpforte hinter sich bringt. Als es wenig später auch Uffe und Maira ins Trockene geschafft haben, rutscht Khufur im zweiten Teil plötzlich ab, kann sich aber grade noch am Seil festhalten, so dass er bis auf ein nasses Bein keinen Schaden davonträgt. Arrohir hat, wie nach ihm auch Bjarmi, weniger Glück, denn beide Männer rutschen nicht nur ab, sondern können sich auch nicht richtig am Seil festhalten, worauf sie im eisigen Wasser baden gehen. Arrohirs Kettenhemd zieht ihn gnadenlos unter Wasser, und Tinulin legt in höchster Alarmbereitschaft bereits die eigene Rüstung ab, als es dem jungen Dunadan doch noch gelingt, sich unter Wasser an der Felswand empor zu ziehen und schliesslich frierend und klatschnass das rettende Ufer zu erreichen.
[Technisch gesprochen: Arrohir misslingt das erste Manöver, worauf ihm beim Versuch, am Seil festen Halt zu finden, ein Patzer unterläuft und er ins Wasser fällt. Als er in der nächsten Runde versucht, sich unter Wasser an der Felswand festzuhalten, patzt er erneut.]
Bjarmi ergeht es nur insofern besser, als er sich trotz seiner Rüstung aus verstärktem Leder so lange über Wasser halten kann, bis er wieder festen Griff am Fels gefunden hat. Nachdem bald darauf alle Gefährten den Eingangsbereich der Wasserfallpforte erreicht haben, lassen sich Arrohir und Bjarmi in einem kleinen Vorratsraum von den anderen trocken rubbeln. Während sich die beiden Männer am Feuer zweier Fackeln aufwärmen, welche sie zusammen mit einem Seil in einer Kiste gefunden haben, sehen sich Tinulin und Bóin II. im Eingangsbereich etwas genauer um. Sie entdecken eine massive Tür, hinter welcher sich laut Bjarmis Angaben der Weg zum oberen Ende des Wasserfalls fortsetzen soll.
Als Arrohir und der Helutavi rund zwanzig Minuten später wieder aufgewärmt sind und sie weitergehen können, durchschreiten Bóin II. und Khufur als erste die Türe, gefolgt von den Menschen und den Elben. Im Schein ihrer zwei Fackeln zeichnet sich schon nach wenigen Schritten zu beiden Seiten des gut zwei Meter breiten und zweieinhalb Metern hohen Ganges je eine Türe ab. Bjarmi erklärt den Gefährten, dass die Helutavi die Wasserfallpforte auf ihrem Weg zu den Kleinzwergen immer nur passiert hätten, ohne sich das Bauwerk genauer anzusehen, zumal es schon alt, verlassen und ausgeräumt gewesen sei. Hinter den Türen könnten sie vielleicht noch den einen oder anderen alten Ausrüstungsgegenstand finden, ansonsten bräuchten sie aber nichts Wertvolles zu erwarten. Wenn sie nur dem Weg folgen würden, bräuchten sie bereits mehrere Stunden bis zum oberen Ausgang, weshalb er für einen raschen Durchmarsch plädiert. Dennoch wollen die Gefährten lieber gründlich vorgehen und sich alle Räume ansehen. Tatsächlich finden sie gleich im ersten Raum auf der linken Seite des Ganges sieben alte Speere mit Eisenspitzen, und Bóin II. überlegt kurz, ob er sie mitnehmen könnte, um damit die Labban von Jirvila auszurüsten. Schliesslich sind sie ihm aber doch zu sperrig, weshalb er dieses Vorhaben verwirft. Während sie langsam durch die stillen und verlassenen Gänge und Räume gehen, wandern Arrohirs Gedanken allmählich wieder zu dem verführerischen Blick des betörenden Traumgesichts. Das an ihn gerichtete Verlangen dieses Blickes berührt ihn so stark, dass er schliesslich Calendin davon erzählt und anfügt, er habe das Gefühl, als sei die Frau, die ihm diesen Blick zugeworfen habe, irgendwo da draussen. Calendin hört sich Arrohirs liebestolle Rede mit einer gewissen Besorgnis an, bevor er ihm rät, er solle versuchen, die Frau und den Traum zu vergessen. Arrohir erwidert, dass nichts und niemand diese schöne Erinnerung aus seinen Gedanken löschen könne. Als Calendin im Anschluss Tinulin von Arrohirs Traum erzählt, wird der Noldo ob dieser Information hellhörig und muss sogleich wieder an die Geschichte von Kjornirs Frau Lirila und ihrem ersten Verlobten denken. Dieser soll, wie der Noldo sich zu erinnern glaubt, an einer Stelle südöstlich von hier im Meer ertränkt worden sein, also etwa in derselben Richtung, aus welcher er auf der Eisenzinne im Traum eine grosse Dunkelheit heraufziehen gesehen hatte. Sollte es sich bei den dunklen Mächten im Westen und Südosten vielleicht um Lirila und ihren ermordeten Verlobten handeln?
Bei der weiteren Erkundung des Bauwerks wird für die Gefährten immer klarer, dass es sich hierbei um eine alte, verlassene Festung handeln muss, denn sie finden unter anderem auch einen Zellentrakt, aus dem ein kleiner Fluchttunnel zu einem natürlichen Kamin im Fels führt. Über steile Treppen schraubt sich der Weg immer höher, und nachdem die Gefährten einen Saal mit einem bis zur Unkenntlichkeit vergilbten Wandteppich hinter sich gelassen haben, gelangen sie schliesslich zu einer grossen Halle. Als erstes fällt ihnen eine über zehn Meter hohe Statue aus Stein auf, die einen bärtigen Kleinzwerg vom Torso an aufwärts zu zeigen scheint. Mehrere Geröllhaufen am Fuss der Statue sowie der Umstand, dass beide Arme mehr oder weniger komplett abgeschlagen wurden, deuten darauf hin, dass sie im Laufe der Zeit verändert wurde. Bei genauerer Betrachtung der Gesteinsbrocken entdeckt Bóin II. eine Gravur mit kleinzwergischen Runen, welche er als "Harkesal" entziffern kann. Während die Gefährten rätseln, welche Geschichte sich hinter der Statue verbergen könnte, findet Bóin II. noch einen zweiten gravierten Brocken und kann den Namen "Frenja" übersetzen. Als der Zwerg die Statue nochmals genauer begutachtet, fallen ihm plötzlich verdächtige Rundungen unter dem Bart im Brustbereich auf, die ihn zur Annahme veranlassen, dass es sich bei der Statue ursprünglich um eine Darstellung Frenjas, der Frau des Kleinzwergenfürsten Harkval von Cameth Brin, gehandelt haben könnte. Sobald er seine Vermutung ausgesprochen hat, bittet Tinulin Khufur, Frenjas Kugel sowie Hargrimms Crosparring hervor zu holen, dessen schwaches Schimmern kurz darauf in der Halle zu sehen ist. Da ansonsten aber nichts weiter geschieht, steckt Khufur die Gegenstände wieder weg, während Bóin II. noch einen anderen Gesteinshaufen untersucht und dabei auf einen kleinen Durchgang im Fels stösst. Khufur bietet sich an, den Gang rasch zu erkunden, als er aber kurz darauf meldet, dass er ziemlich weitläufig sei, schliesst sich ihm Bóin II. an und entdeckt wenig später in einer Nische einer kleinen Kaverne einen Stoffbeutel mit 23 komplett oxidierten Silbermünzen, die er gleichwohl einsteckt. Schliesslich endet der Gang, wie von Bóin II. richtig antizipiert, in dem natürlichen Felskamin, dem sie bereits auf einer tieferen Ebene begegnet waren. Als sie bald darauf wieder zurück bei den anderen in der grossen Halle sind, werden sie von Calendin noch auf ein Loch in der Decke hingewiesen, durch welches vor langer Zeit offenbar einige Felsbrocken in die Halle gefallen sind. Bevor die Gefährten die Halle schliesslich verlassen, erklärt ihnen Bjarmi, dass hinter der nächsten Türe eine menschengrosse Statue an der rechten Wand sitze und es sich als gut erwiesen habe, diese Figur nicht anzusehen und zügig zu passieren. Bóin II. hält nichts von dieser Warnung und blickt der Statue sogleich in das nicht vorhandene, weil wie eine glatte Fläche modellierte, Gesicht, dessen Oberfläche im Schein der Fackeln matt schwarz schimmert. Genau in diesem Moment hat er einen plötzlichen Hustenanfall, der sofort Khufur auf den Plan ruft, der glaubt, sein Meister werde soeben verhext. Nicht gerade zimperlich stösst er Bóin II. zur Seite, nur um sich wenig später kleinlaut zu entschuldigen, als ihm sein Meister erklärt, er habe nur ein Halskratzen gehabt. Eine Untersuchung der Statue ergibt kaum neue Erkenntnisse, abgesehen von einem Gefühl Tinulins, dass darin eine verborgene Energie schlummere. Sie beschliessen, die Sache auf sich beruhen zu lassen und stossen einige Ecken weiter auf einen Raum, in welchem ein Steinsarkophag steht. Nachdem Tinulin den Staub auf dem Steindeckel entfernt und dabei kurz das Gefühl gehabt hat, die schlafende Energie der Statue sei vielleicht erwacht, können sie den Namen "Fronja" entziffern. Da der Sarkophag unbeschädigt ist, hält Bóin II. dafür, das Grab in Frieden zu lassen, worauf sie weitergehen und bald danach zum Ende des Ganges an einer steinernen Wand gelangen. Bjarmi sagt, dass sie nun die eigentliche Wasserfallpforte erreicht hätten. In der linken Ecke befindet sich ein Steinsockel, von dem auf Höhe seiner Oberseite ein kleines Loch in den Fels führt. Bjarmi erklärt den Gefährten, dass dies das Schlüsselloch für die Wasserfallpforte sei und Khufur den in Naeseknus erbeuteten Stabschlüssel dort hineinschieben müsse, worauf sich für kurze Zeit eine Tür im Stein öffnen werde. Khufur befolgt die Anweisungen des Helutavi, und tatsächlich öffnet sich kurz darauf ein Durchgang in der Steinwand, indem die einen guten halben Meter dicke steinerne "Türe" im Boden versinkt. Rasch durchschreiten die Gefährten die Pforte und sehen, dass der Stabschlüssel ebenfalls auf der anderen Seite angekommen ist und dort, auf einem identischen Steinsockel liegend, aus dem Loch ragt. Während Khufur den Schlüssel wieder an sich nimmt, entdeckt Bóin II. ein kleines Stück voraus an der linken Wand des Ganges einen Brunnen, an dem die Gefährten ihren Durst stillen.
// Metageblubber:
In dieser Session kam also mal etwas moderne Technik zum Einsatz, indem ich die Karte der Wasserfallpforte auf meinem Microsoft Surface Pro Tablet angezeigt und Stück für Stück freigelegt habe (Fog of war und so). Das hat ganz gut geklappt, und die Spieler fanden es ebenfalls ansprechend, weshalb nicht ausgeschlossen ist, dass ich bei Gelegenheit wieder darauf zurückgreifen werde. Die Karte hatte ich übrigens im Netz gefunden und einfach für meine Zwecke umfunktioniert, z.B. gab's die Statue einer Göttin, der ich kurzerhand einen Bart hingemalt habe. Da die Wasserfallpforte eigentlich nur eine Passage mit einem Zwischenfall (siehe Teil 2) sein sollte, hatte ich mir zu den einzelnen Räumen kaum Gedanken gemacht und habe den Inhalt einfach während des Spiels improvisiert. Da die Spieler sich alles genau anschauen wollten, ist dann für diesen Abschnitt halt etwas mehr Zeit aufgewendet worden. Dabei sind mir allerdings auch gleich ein paar Ideen zur Geschichte der Wasserfallpforte und ihrer ehemaligen Bewohner gekommen...
Zu Arrohirs Traum:
Als Spielleiter begebe ich mich hier ein bisschen auf eine Gratwanderung, denn ich "unterstelle" Arrohir bestimmte Gefühle, die der Traum in ihm auslöst. Das mag von Spieler in anderen Spielrunden gar nicht gerne gesehen werden, da es "ihre Entscheidung" sei, was ihre Charakter fühlen. Wir kennen uns aber lange und gut genug, um diese "Gefühlsvorgabe" auch ohne einen misslungenen Widerstandswurf als gegeben durchzuziehen. Abgesehen davon erhält Arrohir auf diesem Weg ja auch einen Zugang zu... ja, wer ist denn eigentlich da draussen?
Weiter geht's bei Teil 2
torben:
Session 59: Teil 2
Immer höher windet sich der Gang hinauf, bis sie zu einer Verzweigung gelangen, bei der sich geradeaus eine kleine Waffenkammer befindet, die allerdings bis auf wenig einfaches und altes Gerät leergeräumt ist. Zu ihrer Linken gibt hinter einer Türe ein Balkon den Blick auf den unmittelbar daneben herabstürzenden Wasserfall frei. Ein Blick nach oben und unten zeigt Bóin II., dass sie ungefähr die Hälfte der Felswand hinter sich gebracht haben. Während die anderen Gefährten die Aussicht über den zu ihren Füssen liegenden Wald und die sich dahinter erhebenden Bergketten geniessen, bemerkt Calendin, dass Bjarmi immer nervöser wird. Hierauf angesprochen, sagt der Helutavi, dass der bei der Verzweigung rechts angrenzende Raum ganz schrecklich sei, weshalb er den Gefährten das Versprechen abnimmt, ihm rasch und ohne Verzögerung hindurch zu folgen. Als sie Bjarmi kurz darauf durch besagten Raum folgen, sehen sie an der rechten Wand einen grossen Haufen humanoider Skelette in Kleinzwergengrösse, die wild durcheinander gewürfelt scheinen. Nachdem sie den Raum wieder verlassen haben und dem Gang weiter folgen, sagt Bjarmi, er wisse nicht, was es mit den Skeletten auf sich habe und wolle es lieber auch gar nicht erst herausfinden. Wenig später erreichen die Gefährten eine kleine Halle, an deren linker Wand Bóin II. die Überreste einer riesigen Raubkatze entdeckt. Bei näherer Betrachtung erkennt er, dass ihr Schädel vermutlich durch einen stumpfen Schlag eingedrückt wurde, weshalb er, in Verbindung mit den weiteren Verletzungsspuren am grösstenteils bereits skelettierten Kadaver, Trolle als Urheber vermutet. Da es mittlerweile schon spät geworden ist und gemäss Bjarmis Schätzung doch noch eine beträchtliche Strecke vor ihnen liegt, beschliessen die Gefährten, zurück zur Waffenkammer beim Wasserfallbalkon zu gehen und dort ein Nachtlager einzurichten.
Nachdem ein kleines Feuerchen entfacht ist, begeben sich Arrohir und Uffe auf den Balkon und lassen ihren Blick in die Ferne schweifen. Calendin folgt den beiden und bemerkt, dass Arrohirs nach einer Weile plötzlich ganz entrückt scheint. Der junge Dunadan wird erneut von einem Traumgesicht heimgesucht, und diesmal erscheint ihm der Blick der Frau noch viel grössere Freuden verheissend, die nur für sie beide und niemanden sonst bestimmt sind. Noch während er Calendin beschreibt, dass er seine Muse wiedergesehen habe und ihn ihre Reize noch mehr für sich eingenommen hätten, kommt ihm der beklemmende Gedanke, dass er dadurch den besonderen Zauber ihrer Anziehung aufs Spiel setzen könnte. Er glaubt, das Mitteilen seiner Erlebnisse mit dieser Frau könnte dazu führen, dass sie auf seine Gesprächspartner aufmerksam werden und bald nicht mehr ihn, sondern einen seiner Gefährten für sich einnehmen wollen könnte. Während Calendin Arrohir zurück ins Innere führt, rät er ihm, die Frau nach ihrem Namen zu fragen, falls er nochmals von ihr träumen sollte. Anschliessend geht der Waldelb zu Tinulin und sagt ihm, sie müssten achtsam sein, da der Feind offenbar versuche, Arrohir mit weiblichen Reizen zu ködern, und nicht klar sei, wie lange der junge Mann einer solchen Versuchung noch widerstehen könne. Nach einer Weile tritt auch Tinulin noch auf den Balkon, wobei er von Bóin II., dem das alles reichlich seltsam vorkommt, mit einem Seil gesichert wird, "nur für den Fall". Schon bald vernimmt der Noldo im Geist eine Stimme, die ihn fragt: "Was machst Du? Wer bist Du?" Tinulin hatte sich auf diese Situation vorbereitet und kann der fremden Kraft, ohne selbst eine Antwort geben zu müssen, entgegnen: "Ich frage Dich, wer Du bist", worauf er nur ein halb belustigtes, halb höhnisches Lachen zu hören bekommt. Als er anfügt: "Ich komme zu Dir", erhält er ein vielleicht etwas zu schnell und scharf formuliertes "Komm doch!" zur Antwort. Damit löst sich die geistige Verbindung, worauf Tinulin ins Innere zurückkehrt und Bóin II. sagt, dass sie es mit einem unglaublich starken Gegner zu tun haben müssen, wenn er auf so grosse Distanz eine derartige Geisteskraft entwickeln könne. Bald danach begeben sich alle zur Ruhe, und es dauert noch eine Weile, bis der vom verheissungsvollen Blick der betörenden Frau noch immer faszinierte Arrohir in den Schlaf finden kann.
Am Morgen des nächsten Tages haben sich Arrohirs Erinnerungen an das glückverheissende Gesicht noch weiter vertieft, und er schwelgt in schönen Gedanken, während sich die Gefährten auf den Aufbruch vorbereiten und bald darauf, wieder mit zwei brennenden Fackeln als Lichtquelle ausgerüstet, in der Halle mit dem riesigen Raubkatzenkadaver stehen. Ein ansehnliches Loch in der rechten Ecke des Raumes gibt den Blick in einen schwarzen Schacht frei, der, wie Bóin II. vermutet, senkrecht nach unten zur Halle mit der grossen Kleinzwergenstatue führt. Da sie noch einen langen Weg vor sich haben, wenden sie sich aber dem deutlich höheren und breiteren Ausgang auf der gegenüberliegenden Seite der Halle zu und folgen dem Gang, bis sie vor sich das Rauschen eines Wasserfalls vernehmen. Im Schein der Fackeln erkennen die Gefährten eine weitere grosse Halle, in der zwei monströs grosse Trollfrauen unter einem Wasserfall stehen und sich gegenseitig mit kinderkopfgrossen Steinen die schuppige Haut vom Leib rubbeln. Calendin zögert keinen Moment und schickt mit seinem Langbogen Culor einen todbringenden Pfeil auf die Reise. Das Geschoss hat eine solche Wucht, dass es die Stirn der einen Trollfrau sauber durchschlägt und sie leblos zusammensacken lässt. Sofort nach seinem Schuss macht der Waldelb einen Schritt zurück in die zweite Reihe hinter Arrohir, dem die zweite, von der tödlichen Attacke völlig überraschte Trollfrau ihren Putzstein mit einem markerschütternden Schrei der Empörung entgegenschleudert. Arrohir kann den Felsen mit seinem Schild gefahrlos abwehren, während Calendin einen weiteren Pfeil auf die Sehne legt, nachdem er sich kurz vergewissert hat, dass sich im Gang hinter ihnen nichts regt. Sein zweiter Schuss verwundet die Trollfrau, die nun, noch immer lauthals zeternd, den Putzstein ihrer toten Freundin nach ihm wirft, bevor sie hinter einer natürlichen Steinsäule in der Halle Deckung sucht. Der dritte Pfeil des Waldelben findet aber dennoch sein Ziel zwischen ihren Augen, worauf auch sie tot ins Wasserbecken sinkt. Kaum dass ihr Geschrei ganz verhallt ist, hört Tinulin viele schwere Schritte vom Gang, der aus dieser Halle weiter nach oben führt. Das trampelnde Geräusch wirkt auf Uffe so bedrohlich, dass der Junge zurück zur Waffenkammer fliehen möchte, aber Bjarmi und Maira halten ihn fest und sprechen im Mut zu. Rasch stellen sich Tinulin, Arrohir und Bóin II. bei ihrem Eingang zur Halle auf, bevor schon wenig später drei ausgewachsene Eistrolle wutentbrannt durch den anderen Zugang hereinstürmen und sogleich auf die Gruppe losgehen. Die abgewarteten Gefährten sind allerdings viel schneller und ihre Angriffe so präzise, dass keiner der Trolle überhaupt erst einen Gegenangriff ausführen kann. Bóins II. Axthieb ist an Virtuosität zwar nicht zu überbieten, ein etwas weniger genauer dafür vielleicht heftigerer Schlag wäre am Ende aber vielleicht dennoch besser gewesen.
[Technisch gesprochen: Bóins II. Angriff mit seiner Mithrilaxt führt zu einem Maximalschaden mit kritischem Treffer E, der aufgrund der Grösse der Trolle auf der Tabelle für "Grosse Wesen" in der Spalte "Mithril" ermittelt wird. Sein kritischer Wurf ist UM 98 + 96+ 95 = 289. Der Gegner wird geblendet und hat während 6 Runden einen Abzug von -100, ansonsten geschieht ihm nichts. Der Spieler von Bóin II. ist gleichermassen über sein Würfelglück erfreut, wie von den geringen Konsequenzen seines Treffers enttäuscht.]
Als gleich darauf einer der Trolle Arrohir mit seinen Klauen in Streifen schneiden will, kommt ihm Tinulin zuvor und durchtrennt dem Gegner mit einem todbringenden Streich seiner Klinge Luinmacil die Schlagader im rechten Arm. Uffe ist ob der Kampfkraft der Gefährten ganz begeistert und verliert darüber jegliche Angst, auch wenn im nächsten Moment noch drei weitere Trolle in die Halle kommen, um ihren Brüdern beizustehen. Die Gefährten können ihre Verteidigung zwar aufrecht erhalten, Tinulin, Bóin II. und Arrohir müssen dabei aber einige Prügel beziehen, bevor es ihnen gelingt, ihre Gegner so weit zu schwächen, dass nur noch drei am Leben sind und den Rückzug aus der Halle antreten. Uffe ist ganz euphorisch und will die Gefährten zur Verfolgung und Zerschmetterung der Feinde antreiben, aber Tinulin mahnt zur Vorsicht und will sich zunächst um die erhaltenen Blessuren der Gefährten kümmern. Während Maira zunächst Bóin II. und anschliessend Tinulin ihre heilende Hand auf die Stirn legt, verteilt der Noldo einige stärkende Heilkräuter an Bóin II. und Arrohir. Calendin nutzt die Zeit, um die mächtigen Eistrolle genauer zu begutachten und auch noch einen Blick in eine weit oben in der Wand versteckte Nische zu werfen, doch schon bald sind alle wieder so weit erholt, dass sie ihren Marsch fortsetzen können. Sie folgen dem immer noch ansteigenden Weg, den auch die Trolle benutzt haben, und kommen nach einer Weile zu einer Verzweigung. Bjarmi sagt zwar, dass ihr Weg geradeaus führe, aber Arrohir möchte einen allfälligen Angriff von hinten vermeiden und macht daher ein paar Schritte in den Seitengang, bis ihm plötzlich mehrere Felsbrocken entgegen geflogen kommen. Glücklicherweise trifft ihn nur eines der Geschosse, und gleich darauf erkennt er in einer Seitenhalle die drei geflohenen Trolle, die sich bei ihrem Lager verschanzt haben. Sofort rücken Tinulin, Bóin II., Arrohir und Khufur vor und erledigen die Gegner in kürzester Zeit im Nahkampf. Einem Troll gelingt es mit seinem letzten Angriff allerdings noch, Arrohir eine ernstzunehmende Blutung am Brustkasten zuzufügen, bevor er von Khufur erschlagen wird. Während Bóin II. Arrohir bei der Wundversorgung hilft, macht Khufur den beiden verbliebenen, nur bewusstlos geschlagenen Trollen noch den Garaus. Arrohir ist übel zugerichtet vom Kampf, und Maira kommt hinzu, um ihrem Bruder Linderung zu verschaffen. Als es dem jungen Dunadan bald darauf schon wieder deutlich besser geht, schlägt Bóin II. einem der Trolle noch einen der mächtigen Fangzähne aus und nimmt ihn als Trophäe und Beweisstück mit. Kurz bevor sie das obere Ende der Wasserfallpforte erreichen, müssen sie noch einen Abgrund überqueren, über den früher eine natürliche Brücke geführt hatte. Vermutlich wurde sie von den Eistrollen zerstört, denn Bjarmi sagt, bei seinem letzten Besuch hier sei sie noch intakt gewesen. Mit beeindruckter Miene fügt er an, er habe zwar schon einige Geschichten über die berüchtigten Eistrolle gehört, er sei aber ausgesprochen froh, ihnen erst jetzt und zudem in Begleitung der Gefährten begegnet zu sein. Mit Hilfe ihrer Seile bringen die Gefährten auch dieses Hindernis ohne Probleme hinter sich und verlassen schliesslich gegen Mittag die Wasserfallpforte durch den oberen Zugang. Nachdem sie einen kurzen Blick vom oberen Rand des Wasserfalls in die Tiefe und über das Land geworfen haben, setzen sie ihren Marsch flussaufwärts fort, denn Bjarmi schätzt, dass sie mit Uffe noch ungefähr zweieinhalb Tagesmärsche vor sich haben, bevor sie den Treffpunkt mit Horges Kleinzwergen erreichen werden. Ihr Weg führt über eine grosse Ebene, an deren östlichem Rand sich eine weitere Gebirgskette erhebt. Am Abend schlagen sie nahe beim Fluss ihr Lager auf und entzünden ein gemütliches Feuer.
In der Nacht träumt Arrohir abermals von der betörenden Frau, doch am nächsten Morgen fällt ihm auf, dass sich ganz am Ende des Traums ein besorgter Ausdruck in den nach wie vor verführerischen Blick eingeschlichen hat. Wie er dies deuten soll und ob es etwas damit zu tun haben könnte, dass er Calendin von seinen Träumen erzählt hat, weiss er jedoch nicht. Im weiteren Verlauf der Reise lässt auch Tinulin seine Gedanken um die fremde Macht und ihre Stimme kreisen, und je länger er darüber nachdenkt, desto mehr beschleicht ihn das Gefühl, als habe er am Ende der letzten Konversation eine gewisse Dissonanz in der fremden Stimme wahrgenommen.
Während ihres Marschs über die Ebene hin zu einem Wald, der an das südliche Ende des Donnersees grenzt, wird das Wetter immer freundlicher, auch wenn die Sonne hier im hohen Norden nur selten ihre wärmende Kraft entfalten kann. Am Abend des 24. August 2784 3Z erreichen die Gefährten den Wald und folgen einem kleinen Pfad. Als es bereits dunkel geworden ist, deutet Bjarmi schliesslich auf eine Stelle am anderen Ufer des Flusses, wo mehrere gekrümmte und teils verschroben aussehende Gestalten stehen und zu den Gefährten herüberschauen. Erleichtert sagt der Helutavi, sie hätten die Kleinzwerge erreicht.
// Metageblubber:
Der Kampf gegen die Trolle war ein reines Fiasko... für die Trolle. Die Spieler haben gewürfelt wie die jungen Götter persönlich und im Falle von Bóin II. sogar zu gut, denn ein angemessen tieferes Ergebnis als die kritische UM 289 hätte den Troll sicherlich sofort getötet und nicht nur während 6 Runden geblendet. Die Spieler haben in diesem Kampf das Potential ihrer Charakter taktisch gut ausgenutzt und den Trollen kaum eine Chance gelassen, zumal der Spielleiter auch noch Würfelpech hatte. Gleichwohl stand Arrohir am Ende des zweiten Kampfes kurz vor der Bewusstlosigkeit wegen Überzahl an Treffern, denn die Trolle verursachen aufgrund ihrer Grösse doppelten Schaden.
Ach ja, angesichts verschiedener aktueller Diskussionen im Tanelorn über filmreife Darstellung von Kämpfen in Rollenspielen muss ich einfach mal erwähnen, wie wohl ich mich mit dem Kampfsystem von Rolemaster (und unseren Hausregeln dazu) fühle. Die Rundenlänge von 10 Sekunden erlaubt, dass man sich eine vielzahl verschiedener Nahkampfattacken gut vorstellen kann. Das Initiativesystem mit umgekehrter Ansagereihenfolge (Langsamster zuerst) lässt viel Taktik zu, und die kritischen Treffer sorgen für viel Diversität bei den Angriffsfolgen: Treffer, Abzüge, Benommenheit (kein Angriff möglich, andere Aktionen erschwert), Paradezwang, Nutzlosigkeit von Gliedmassen, Bewusstlosigkeit, Tod... alles vorhanden, was es für einen filmreifen Kampf benötigt. Und ja, wenn man es mit der Initiative und der Parade richtig macht, kann man den Gegner auch über längere Zeit bedrängen, ohne dass er viel dagegen machen kann, bis ihm vielleicht ein Glückstreffer gelingt oder der Angreifer patzt. Kurz, ich find's toll.
Der "Zeigt die schönsten Covers"-Thread im Tanelorn hat mich dazu inspiriert, den Spielern am Ende der Session von ein Bild zu zeigen, welches ich für das Zusammentreffen mit den Kleinzwergen äusserst passend fand. Es ist das Cover von Trudvang Chronicles - Wildheart, auf dem mehrere Zwerge im Wald am Ufer eines Gewässers zu sehen sind.
So, nun freuen sich die Spieler und ich mich wieder über Kommentare, Anmerkungen und/oder Fragen aller Art... und die Spieler sind natürlich immer für etwas Mitleid empfänglich ;D
Chaos:
So ein wahnsinniges Würfelglück, und deine Spieler wollen immer noch Mitleid?
torben:
@Chaos:
Was soll ich sagen... totale Mitleid-Junkies, meine Spieler ~;D
Und von wegen wahnsinniges Würfelglück... die werden sicher noch argumentieren, dass sie grosses Pech hatten, dass der kritische Treffer gleich zweimal explodiert und es so zu einem UM 289-Treffer gekommen ist, der nicht tödlich war, im Gegensatz etwa zu einem "gewöhnlicheren" Ergebnis von UM 151-250 ~;D ~;D
Aber auch wenn sie gut würfeln, die Geschichte wird sie hoffentlich trotzdem immer wieder ein bisschen piesacken können... Ich hab mir jedenfalls schon ein paar Gedanken gemacht >;D
Chaos:
--- Zitat von: torben am 5.03.2019 | 23:30 ---Ich hab mir jedenfalls schon ein paar Gedanken gemacht >;D
--- Ende Zitat ---
Okay... JETZT habe ich Mitleid mit ihnen. :o
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