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Ermittlungsabenteuer improvisieren

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6:
GUMSHOE?

Village Idiot:
By the book gibt uns das, in den meisten Ausführungen, eigentlich eher einen großen Baukasten zum Heimwerken vor der Spielsitzung mit. In der Praxis lässt es sich aber genau so gut oder schlecht zum improvisieren nutzen, wie jedes klassische System. 

Bad Horse:

--- Zitat von: 6 am 13.02.2015 | 01:40 ---GUMSHOE?

--- Ende Zitat ---

Kann sein. Irgendwer hat mir auf der Heimfahrt vom Großen davon erzählt, und das klang wirklich, als wäre der Fall von vorne bis hinten improvisiert gewesen. :)

Horatio:
@ 6
Hm.. Gumshoe hab ich bisher nur als Spieler erlebt. Das scheint im GRW ein sehr gutes Kapitel über das Vorbereiten und Planen von Ermitlungsszenarios zu haben, allerdings legt das diesen Bereich so wie ich es mitbekommen habe doch klassisch in SL Hand.

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Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das nicht etwas OT ist; aber ich möchte den Thread nutzen meine grundsätzlichen Herangehensweisen für die Vorbereitung von Ermittlungsszenarios anzuführen :).

Ich leite sehr gerne im Rahmen von klassischen Rollenspielen Ermittlungsabenteuer, gerade da ich finde, dass man sie sehr gut im Vorfeld strukturieren und dann reaktiv leiten kann; also die Spieler einfach mal machen lassen und sich zurücklehnen :).Dabei bleibt einem gerade bei wöchentlichen Runden, bei denen die Zeit die man zum vorbereiten hat immer etwas variiert, oft nichts anderes übrig als die Vorbereitung auf das Nötigste zu Begrenzen und den Rest in das Spiel am Abend hinein zu verlagern :P.

Ich geh da in vier Schritten vor (hm.. falls man 3+4 Schritte nennen kann.. :P), wobei die ersten beiden Teil der Vorbereitung sind.

Ist nichts neues. Wer Erfahrung mit Mysteries hat wendet den Kram (neben anderen Sachen) intuitiv ständig an. Allerdingst hilft es mitunter den Prozess mal sichtbar zu machen :).

Davon abgesehen brauchts natürlich auch immer etwas Feintuning, aber diese Schritte sind mE eine gute und einfache Orientierung :).


Schritt Eins: Die Tat

Der erste Schritt ist sich eine Tat auszudenken die die Basis der Ermittlungen wird. Dabei kann und wird in späteren Schritten an diese – unproblematisch auch im Spiel selbst – „angebaut“. Allerdings ist sie der rote Faden der im Spiel nicht mehr geändert wird (außer es ist was im Vorfeld schiefgelaufen und man hat keine andere Wahl).

Für diese Tat gilt als Faustregel: Mach sie komplex. Je mehr Vorbereitungshandlungen, je komplexer die Motivation und / oder die Beziehungen / Hintergründe von Opfer und Täter, je vielschichtiger die Tathandlung und je komplizierter die sonstigen Tatumstände, desto leichter wird es daraus ein Hinweisgebäude abzuleiten :).

Vergleiche:

- Der Täter schubst eine ihm kaum bekannter Person die er nicht mag auf deren morgendlichen Laufstrecke durch die Berge in den abgrund.

- Die Täterin vergiftet das Opfer mit dem Wein des Gastgebers welcher jeden Abend auf die Gästezimmer gebracht wird. Dazu tat sie das Gift heimlich in der Küche in die entsprechende Karaffe. Das Mittel ist ein seltenes Skorpionsgift das unter Halluzinationen und unerträglichen Schmerzen langsam zum Tod führt. In seinem Todeskampf verwüstet er sein Zimmer und in seinem Wahn und um seinen Schmerz zu beenden erdolcht er sich mit seiner eigenen Paradewaffe selbst. Den Dolch verbringt die Täterin nach dem der Tote entdeckt wurde, aber bevor der Gastgeber samt SCs heran eilt heimlich in das Zimmer eines unliebsamen Konkurrenten des Gastgebers, der zu dieser geschlossene Gesellschaft nur eingeladen war um die Form zu wahren. Die Motivation der Täterin war, dass es sich bei ihr um eine Hochstaplerin handelte, die versucht auf solchen Veranstaltungen – gerade auf dieser erfolgreich - mit Adel / Geldadel etc. anzubandeln. Der Gastgeber kennt dabei ihre Hintergründe, schmückt sich mit ihr allerdings gerne auf Empfängen und behält deswegen ihr Geheimnis für sich. Damit wehrte sie sich gegen einen Erpressungsversuch des Opfers, der ihr Geheimnis kannte.

(ja ist ein wenig abgedroschen, hat aber beide Male als Oneshot gut funktioniert :P)


Schritt Zwei: Herausfiltern der „ergründbaren Informationen“

Die Hauptarbeit ist getan. Wir haben eine Tat, die grundsätzlich nachvollziehbar / konsistent ist und viele Wellen im Teich macht. Das ist also vom Tisch und wir müssen uns da keine Gedanken mehr im Spiel drüber machen.

Wir haben jetzt eine Menge Sachen die die Spieler herausfinden müssen um die ganze Geschichte aufzuklären:

- Das Opfer wurde vergiftet
- Das Gift war im Wein
- Das Gift wurde in der Küche hinzugefügt
- Die potentiell tödliche Dolchwunde stammt von seinem eigenen Dolch.
- Das Opfer hat sich die Dolchwunde selbst zugefügt.
- Das verwüstete Zimmer stammt lediglich aus dem Todeskampf des Opfers
- Die Täterin ist eine Hochstaplerin
- Das Opfer wusste, dass die Täterin eine Hochstaplerin ist
- Der Dolch wurde von der Täterin in das Zimmer des Konkurrenten verbracht
- Der Konkurrent ist unschuldig.
- Die restlichen Gäste und das Personal sind unschuldig
- Die Täterin hat erfolgreich einen der Gäste becirct

Bevor irgendwer fragt; diesen Schritt muss man in der Regel nicht wirklich zu Papier bringen; wobei es bei komplizierteren Sachverhalten manchmal nicht Schaden kann.

.. und jetzt brauchts nur noch einen Einstieg: SCs sind mit Gastgeber in der Bibliothek da er sich bei ihnen mit einem guten Tropfen für irgendetwas was im Vorfeld passiert ist bedanken will. Dabei kommt es zu dem Vorfall. Der Gastgeber ist am Boden zerstört und bittet die SCs das aufzuklären, bevor die weit entfernte Stadtwache hier ist, nach der er erst mal Schicken muss.

Jetzt sind wir mit dem durch was man meines Erachtens vor dem Spiel optimalerweise machen sollte. Soweit ich Zeit habe gehe ich quasi das Ganze „als Spieler“ im Kopf durch um mich ein wenig in das Szenario und die NSCs reinzufühlen :).


Schritt Drei: Alles muss raus; aber nicht alles für Lau!

Jetzt sind wir am Spieltisch angekommen. Die Spieler legen los und ermitteln. Bei allem was sie Tun stelle ich mir erstmal zwei Fragen:

- Kann ich ihnen jetzt Hinweise auf Informationen bzw. direkt Informationen aus meiner Sachverhaltsliste geben?

- Wenn ich das geklärt habe und die Antwort ist ja, dann überlege ich mir ob sie dafür etwas tun müssen. Die Klassiker sind hier die typischen Abenteuerherangehensweisen. Also: Verprügeln / Einbrechen / Bequatschen / Belügen / Bedrohen / Bestehlen etc.

Hier kann ich jetzt natürlich auch on the fly Komplikationen und False Clues "anbauen": Der bezirzte Offizier deckt die Täterin. Er hat dabei keinerlei Verdacht, dass sie etwas damit zu tun haben könnte, aber er als naiver Ehrenmann muss er dieses arme Mädchen vor dem unziemlichen Verhör / den unmöglichen Verdächtigungen schützen.

Damit habe ich einen neuen Punkt auf der Liste: Der Offizier lügt.

Das schöne ist jetzt, dass ich mir nur noch Gedanken machen muss, dass das was ich Einführe die Punkte auf meiner Liste stützt. Die eigentliche Tat habe ich schon zuhause auf Nachvollziebarkeit und offensichtliche Logiklücken geprüft. Ich habe damit kein großes schwer überschaubares Ganze mehr, sondern nur kleine Teilstücke die ich nur für sich betrachten muss.

Wenn sie das Zimmer des Opfers untersuchen um rauszufinden ob von irgendwelchen Türen die Schlösser manipuliert wurden: Nein natürlich nicht. Wenn sie das Zimmer des Konkurrenten darauf untersuchen: Ja, wurde es.

Falls es sich nicht anbietet und ich spontan Lust habe irgendwo eine neue Komplikation anzubauen, dann gebe ich als Information genau das raus, was sich am besten mit der Liste deckt.

Ebenso weiß ich auch immer was trivial ist und wo meine Antwort unbedeutend bleibt: Alles was keinen Bezug zu den Punkten auf der Liste hat.

Schritt Vier: Der Weg zum Weg

Der vierte Schritt ist grundsätzlich optional aber irgendwo wird er doch immer relevant. Oft spätestens wenn die Spieler eigene Theorien entwickeln und überprüfen :P.

Teilweise kann man auf eine Aktion der Spieler weder Infos rausgeben, noch Hinweise zu Infos. Aber man kann ihnen Hinweise geben die sie auf den richtigen Weg führen. Die anderen Gäste können keine Auskünfte geben die die Unschuld des Konkurrenten beweisen. Aber sie sehen keine Motivation und trauen es ihm auch nicht zu. Ein Hinweis in Richtung Unschuld zu ermitteln. Ebenso kann es gut sein, dass die anderen Gäste oder die Zimmermädchen erzählen dass die Täterin mit dem Offizier angebandelt hat und er ihr schon die Liebe gestanden. Ein Hinweis darauf seine Aussagen in Frage zu stellen.

Hier gehören auch die „talking heads“ hin. Dazu hatte 1of3 vor einiger Zeit mal einen sehr guten Thread zu aufgemacht..

Ebenso gehört hier dazu Sackgassen im Spiel kurz abzuhandeln und klar zu machen, wenn eine Ermittlungsansatz nichts zu Tage fördert.


Abschließend sei gesagt, dass da natürlich noch etwas Kunstfertigkeit dazu gehört damit es passt, gerade vom Pacing her, aber mit dieser Grundstruktur fährt man zumindest für Mysteries die einen Abend umfassen meiner Erfahrung nach sehr gut :). 100% kann ich natürlich nicht Ausschließen, dass ich noch etwas unbewusst / intuitiv tue was fürs Funktionieren unabdingbar ist.

Bad Horse:
Das finde ich hier völlig off-topic. Warum machst du dazu nicht einen eigenen Thread auf? Gerade hier würde ich nie nach "Wie strukturiere ich meine Ermittlungsabenteuer" suchen - eben weil es ja gerade darum geht, die nicht zu strukturieren.

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