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[Serie] The Expanse
Antariuk:
Freut mich zu hören :d
Ich mag die Hinwendungen zu Hard SciFi auch sehr. In den Romanen wie auch in der Serie werden Reisen gerne übersprungen oder heftig gekürzt behandelt, aber es bleibt klar dass ein Flug von der Erde zum Jupiter einfach mal ne Weile dauert, und ne Crew kann auch nicht wochenlang mit Drogen vollgepumpt in ihren Sitzen hängen damit man langfristig heftige G-Manöver fliegen kann.
--- Zitat von: Feuersänger am 13.02.2019 | 02:27 ---Gut finde ich an der Serie wie auch damals schon am Buch, dass es wenigstens _so halbwegs_ ein Stück in Richtung Hard SF geht. Gut, der Techlevel der Raumantriebe ist immer noch viel zu hoch um plausibel zu sein, und über "Stealth in Space" wollen wir mal gar nicht erst reden, aber da kann ich mal ein Auge zudrücken: ;) Bin jedenfalls schon gespannt drauf, wie es in Staffel 2 weitergeht.
--- Ende Zitat ---
Ich glaube es fällt weniger unangenehm auf weil der Solomon-Epstein-Drive einen Namen und Hintergrund bekommen hat und als dieser einschneidende Fortschritt erwähnt wird. Wenn es ein "ach so, ja, wir haben diese schnellen Antriebe, is einfach so" gewesen wäre, wäre das bei vielen sicher schlechter angekommen.
Feuersänger:
Hard SF Exkurs:
--- Zitat von: Antariuk am 13.02.2019 | 07:29 ---Ich glaube es fällt weniger unangenehm auf weil der Solomon-Epstein-Drive einen Namen und Hintergrund bekommen hat und als dieser einschneidende Fortschritt erwähnt wird. Wenn es ein "ach so, ja, wir haben diese schnellen Antriebe, is einfach so" gewesen wäre, wäre das bei vielen sicher schlechter angekommen.
--- Ende Zitat ---
Tja, das ist halt so der Punkt. Das Antriebskonzept an sich gibt es schon und ist auch technisch valide, aber es sind damit nicht derartige Leistungen erreichbar. Rechnen wir das mal durch:
Wir kennen die physikalisch maximal erreichbare Ausströmgeschwindigkeit für D-3He-Fusion - die geeignetste Fusionsreaktion für solche Antriebe - nämlich 3,7%c, das sind etwa 11.000km/s. Ignorieren wir mal, dass das theoretische Maximum eh nie erreichbar ist, und arbeiten mit diesem Wert.
(das theoretische Maximum läge sogar bei 8,9%c, aber damit würden sich die unten aufgeführten Probleme nur verschlimmern. Ich gehe mal vom konservativeren Wert der nasa aus.)
Um irgendeinen Körper mit 1G bei dieser v_e zu beschleunigen, benötigen wir eine Antriebsleistung von über 5 TERAWatt pro Tonne. (Ergibt sich schlicht aus den Formeln F = m * a und Ekin = 0,5 m * v)
Der Massedurchsatz beträgt dabei ca 0,28kg/s pro Tonne momentaner Masse, wenn wir von konstanter v_e ausgehen. Die Triebwerke werden also jede Sekunde um ein winziges bisschen gedrosselt, um die Beschleunigung des leichter werdenden Schiffs konstant zu halten.
(Es gibt auch die alternative Möglichkeit, zusätzlichen Treibstoff einzuspritzen, was den Schub und die Energieeffizienz erhöht, aber dadurch steigt eben auch der Treibstoffbedarf enorm, und ich kann an den Expanse-Schiffen keine riesigen Tanks erkennen.)
Anyway, wir haben also die Sachlage, dass ein Schiff, das mit Treibstoff und allem drum und dran meinetwegen 300 Tonnen hat, im Augenblick des Starts mit 1G eine Triebwerkleistung von 1500 Terawatt zur Verfügung haben muss. Da geht der Ausstoß pro Sekunde schon in Richtung Atombombe. Das ist das Kernproblem mit Jon's Law: every interesting space drive is an interesting weapon. Wenn jedes Schiff eine fliegende Massenvernichtungswaffe ist, wird kein Staat private Raumschiffe tolerieren, ebensowenig wie man bei uns eine Atomrakete kaufen kann.
Dann haben wir noch ein ekliges Problem mit der Thermodynamik: kein System kann 100% Wirkungsgrad haben. Wenn aber unser 5TW/t-Antrieb nur zu 99,9% effizient ist, reichen schon die 0,1% Verlustleistung, um 5 GW/t Wärme abzustrahlen. Eine Idee was passiert, wenn man irgendein beliebiges festes Material mit 5 Megawatt pro kg bestrahlt? Das reicht aus, um Wolfram zu verdampfen.
Und dabei sind 99,9% eff. schon weit jenseits des physikalisch machbaren. Im Falle von D-3He Fusion haben wir schonmal garantiert 5% Neutronenstrahlung und wenn wir Glück haben nur 5% Röntgenstrahlung (andere Quellen sprechen von 20%), also insgesamt 10-25% Verlustleistung.
Eine aneutronische Reaktion wie 3He-3He brächte wieder andere Probleme mit sich, angefangen bei einem grotesk hohen Lawson-Kriterium.
--> Raumschiffe, die über längeren Zeitraum (mehr als ein paar Minuten) mit nennenswerten Bruchteilen von 1G beschleunigen, sind aus physikalisch-technischer Sicht Kappes.
Klar kann man sich darüber mit ausreichend Handwedeleien hinwegsetzen und Wundertechnologie postulieren, die den fundamentalsten Grundlagen der bekannten Physik direkt widerspricht (etwa den 3 Hauptsätzen der Thermodynamik), aber dann ist es eben kein Hard SF.
First Orko:
--- Zitat von: Feuersänger am 13.02.2019 | 13:47 ---Hard SF Exkurs:
Tja, das ist halt so der Punkt. Das Antriebskonzept an sich gibt es schon und ist auch technisch valide, aber es sind damit nicht derartige Leistungen erreichbar.
--- Ende Zitat ---
Mal anders gefragt: Wäre die Entwicklungen des Plots unter HardSF-Bedingungen denn überhaupt noch haltbar, sprich: Wäre ein interplanetarer Raumverkehr in einer dramaturgisch interessanten Weise möglich?
Bei langen Raumreisen haben wir nach meinem Verständnis nämlich sonst das Problem, dass (a) alles sehr statisch und faktisch ohne Raumschiffe laufen muss oder (b) ständig die Hauptdarsteller wechseln müssten, weil eine Reise eher ind die Jahrzehnte geht...?
YY:
--- Zitat von: Feuersänger am 13.02.2019 | 13:47 ---Wenn jedes Schiff eine fliegende Massenvernichtungswaffe ist, wird kein Staat private Raumschiffe tolerieren, ebensowenig wie man bei uns eine Atomrakete kaufen kann.
--- Ende Zitat ---
So ganz gehe ich da nicht mit, aber der große Traum von Freiheit findet mit privaten Raumschiffen dann eben nicht statt. Oder jedenfalls nicht in der Nähe besiedelter Welten.
Feuersänger:
--- Zitat von: First Orko am 13.02.2019 | 13:55 ---Mal anders gefragt: Wäre die Entwicklungen des Plots unter HardSF-Bedingungen denn überhaupt noch haltbar, sprich: Wäre ein interplanetarer Raumverkehr in einer dramaturgisch interessanten Weise möglich?
Bei langen Raumreisen haben wir nach meinem Verständnis nämlich sonst das Problem, dass (a) alles sehr statisch und faktisch ohne Raumschiffe laufen muss oder (b) ständig die Hauptdarsteller wechseln müssten, weil eine Reise eher ind die Jahrzehnte geht...?
--- Ende Zitat ---
Weder das eine noch das andere Problem müsste eintreten.
Bei einem plausibleren Antrieb (der einem nicht in 1 Sekunde das Schiff verdampft) haben wir halt einfach geringere Beschleunigung und längere Driftphasen. Die Reisen würden dann schon ein Stück länger dauern, aber keineswegs im Bereich von Jahren, sondern eher um Faktor 10. Und man wäre auch weiterhin nicht zwingend auf das Abpassen von Startfenstern angewiesen - das wäre eher was "für Bleistiftspitzer". Mal ein paar Zahlen zum Vergleich:
Distanz Erde - Jupiter (im Mittel 5,5AU); bezogen auf Tonnen Trockenmasse des Schiffs
BeschleunigungSchubleistung GW/tDauerMasseverhältnisEnergieaufwand TJ/t1G556,6d2380000,02G147d1,0950000,03G Boost+Drift0,155d3150
Um nur mal drei Beispiele zu nennen. Daran lässt sich freilich noch beliebig rumspielen. Aber ich denke, der Punkt ist klar: man kann mit wesentlich "konservativerer" Technologie locker genau die gleichen Plots realisieren, nur halt dass die Reisephasen dann eben nicht 3 Tage sondern 1 Monat dauern.
Ich bilde mir auch ein, ich hätte damals nach Lektüre des Romans schon einen ähnlichen Beitrag verfasst... mal sehen ob ich den noch finde.
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