Das Tanelorn spielt > Albtraum in Norwegen

Irgendwo in IRLAND

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Joran:
Clive

Da ist keine Hand, die nach meiner greift. Und es ist nicht Ayana, die mir antwortet. Ich höre Matildes Stimme und rieche ihren Duft. Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube.

"Etwas stimmt hier nicht ... etwas stimmt hier ganz und garnicht! Das alles hier ist nicht real! ... Matilde ist fortgegangen ... für immer. Sie ist kein Mensch, der solche Entscheidungen halbherzig treffen und nach kurzer Zeit wieder zurückkehren würde. Sie hat Matilde und Luni zurückgelassen. Sie hat ihr ganzes Leben hinter sich gelassen. Und jetzt soll sie an meinem Bett sitzen, als sei nichts geschehen?"

Ich weigere mich, die Augen zu öffnen. Schon jetzt dreht sich alles in meinem Kopf, auch ohne Farben und Bilder.

"So sehr ich es mir wünschen würde: Das hier ist FALSCH ... es ist IRREAL ... es ist eine Falle für meinen Geist. Ich werde ihn nicht öffnen. Ich werde mich nicht treiben lassen und meinen Träumen hingeben!"

Aber die Versuchung ist groß. Ich weiß um die Kraft von Träumen, ich habe in meinen Träumen bereits Raum und Zeit überwunden ...

"Aber irgendetwas ist hier anders ... irgendetwas ist nicht richtig. Was ist es nur?"

Ich versuche herauszufinden, was mich an diesem Trugbild so erschreckt.

"Ist es nur der Umstand, dass meine früheren Träume mich immer an düstere Orte entführt haben?"

"Oder die Tatsache, dass diese Träume immer einen nachgeholten Abschied betrafen? ... Ist dies der persönliche Abschied von Matilde, der mir im realen Leben verwehrt blieb ... wie der Abschied von Ruairí? ... Will ich mich diesem Abschied verweigern, weil ich die Trennung nicht akzeptieren will? ... Bedeutet es, dass Matilde tot ist?"

"Matilde, wie kommst Du hier her?", frage ich matt, ohne meine Augen zu öffnen. Und dann setze ich nach: "Ist Ruairí auch hier?"

Ein Schuss ins Blaue ... mein erster Zug in einem Spiel, von dem ich nicht glaube, es gewinnen zu können. Ein Spiel, von dem ich noch nicht einmal weiß, wer mein Herausforderer ist ... ob es überhaupt einen Gegenspieler gibt oder ob ich gegen meinen eigenen wirren Verstand antrete.

Der Läuterer:
Clive schafft es, seinen Oberkörper leicht aufzurichten, obwohl es ihn erhebliche Anstrengungen kostet.

Du liegst auf einem Bett. So weit so gut. Die kühlen Laken sind sauber und frisch. Vielleicht etwas zu stark gestärkt.

Du schaust an die Decke. Du horchst in den Raum und Du horchst in Dich selbst hinein.

Du liegst hier bereits geraume Zeit und fragst Dich jeden Tag aufs Neue, ob das nun das Ende einer sehr langen Reise ist.
Und an jedem Morgen hat sich das Ende der Reise um weitere 24 Stunden gedehnt. Findet man den Frieden für sich nur in der unendlich scheinenden Endlichkeit?
Wohin kann man gehen, wenn das selbst überall bereits vorher ist?
Wie lange liegst Du nun bereits hier.

Du schaust zur Seite und erkennst Matilde.
Matilde.
Wie kann das sein? War sie nicht bei der Flucht aus dem brennenden Hotel in London ums Leben gekommen? Weshalb wart Ihr doch gleich nochmal dort gewesen? In der Nähe des Paddington Bahnhofs? Chelsea. Das Hotel hiess Chelsea.

Matilde's Parfüm duftet herrlich.
Sie lächelt Dich an. Es ist ein sanftes, mitfühlendes Lächeln.
Ein warmes, freundliches Lächeln. "Guten Morgen, Clive."

"Hier ist jemand, den Du kennenlernen solltest."
Ein gross gewachsener, blonder Mann mit Links-Scheitel und einer Pocken-narbigen, rechten Gesichtshälfte tritt vor.

Er ist schlank, von heller Haut und seine klaren, blaue Augen blicken gleichmütig auf Dich herab. Er sieht jung aus, aber auch bereits seltsam erfahren und abgeklärt. Nur die Fältchen um seine Augen verraten, dass es bereits älter ist als er aussieht.

Der Läuterer:
Ove steht in einem etwa 4x4m grossen Raum.

Du betrachtest lang die Wände. Die Reste von Tapeten sind noch zu sehen. Es sind aber keinerlei Muster zu erkennen. Die Tapete wurde Stück für Stück mit den Fingernägeln herunter gekratzt. Nur noch die gekalkte Wand und ein paar weisse Papier Fetzen.

"Du wirst Dich hier sehr wohl fühlen, glaube mir." Sanft berührt eine kühle, zarte Hand Deinen Unterarm. Du kennst diese Stimme nur zu gut. Sie ist Dir seit Jahren so vertraut.

Es ist Kristine's Stimme. Kristine Karolina Gren. Deine Frau.

"Du wirst Dich hier gut erholen. Die frische Seeluft ist doch herrlich. Und unterhalten kannst Du Dich auch, z.B. mit dem Schriftsteller und dem Detektiv. Die schienen mir sehr eloquent. Oder Du könntest mit den drei Physikern Bridge spielen. Das wäre doch schön, nicht wahr?"

Du blickst auf einen älteren Mann herab, der auf einem Bett liegt und seinen Blick nicht von einer Frau mit aristokratischen Gesichtszügen abwenden kann. Sie ist unwirklich schön. Ihr pechschwarzes Haar ist leicht verwuschelt. Eine Strähne hängt ihr tief ins Gesicht. Sie hat glänzende, wunderschöne, hell-blaue Augen. Doch diese Augen zeigen kein Mitleid, kein Erbarmen. Sie sind so kalt wie ihr Blau. Diese Augen haben viel gesehen und diese Augen haben hundertfach den Tod gebracht.

Ein weisses Laken, ein weisses Kopfkissen, eine weisse Bettdecke. Gestärkt, gebleicht und klinisch rein.

Der Mann auf dem Bett sieht verwirrt aus. Strohiges, langes, weisses Haar, einer Löwenmähne gleich, wie zig tausende von Silberfäden, die sich über das Kopfkissen ergiessen.

Du nimmst einen leichten Brandgeruch wahr. Schwefelig. Ein Déjà Vu? Der Brand im Hotel. Die rechte Hand. La main droite.

Ein Mann in einem weissen Kittel steht im Türrahmen. Er hat eine Pfeife im Mund und ein brennendes Streichholz in der Hand.
Kristine wendet sich an den Mann. "Ich bitte sie. Hier ist Rauchen verboten."

Der Läuterer:
Eine junge Krankenschwester drängt sich am Pfeifenraucher vorbei, durch den Türrahmen.
"Das Zimmer ist jetzt beziehbar. Welcher der Herrschaften bekommt das Zimmer nebenan?"

Der Läuterer:
Drei Orthodoxe kommen durch eine, aus Stroh gesponnene, unsichtbare Tür in der Wand.
http://birthofanewearth.blogspot.de/2015/06/even-jews-ask-is-judaism-satanic-cult.html
Aus dem Raum dahinter dringt Rauch in das Zimmer. Es riecht nach verbranntem Holz und angebranntem Sonntagsbraten. Der Wind trägt auch den moderigen Gestank eines rot schimmernden Sumpfes mit sich.

Die Drei haben ihren Blick zur Zimmerdecke gerichtet und entblössen ihre verwundbaren Kehlen, während Du die scharf geschliffene Klinge in Matilde's rechter Hand blitzen siehst. La main droite. Lange betrachten sie die Decke, einen beunruhigenden sternumwölkten Himmel voller unbekannter Konstellationen, einen unzerbrechlichen Paravent gleich, der nicht von Menschenhand gemacht wurde und nicht länger verdecken kann, was Du nun endlich sehen sollst.

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