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Pen & Paper - Spielsysteme => Cthulhu RPGs => Thema gestartet von: Bluecaspar am 20.08.2017 | 13:47

Titel: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Bluecaspar am 20.08.2017 | 13:47
Ein Spielercharakter dürfte oftmals auch auf eigene Faust Ermittlungen durchführen, wenn er dem Mythos hinerherjagd. Ich weiß aber nicht so recht, was ein Polizist so machen darf und was nicht. Ich denke mal, man dürfte schon einiges erreichen, wenn man einfach nur seine Polizeimarke vorzeigt. Alleine schon, weil es einschüchternd wirkt. Um sich aber wo Eintritt zu verschaffen braucht man aber bestimmt in jeden Fall einen Durchsuchungsbefehl. Auch hier könnte es schon eventuell einschüchternd genug sein einfach nur seine Marke vorzuzeigen. Aber was meint ihr, was könnte man schon alleine damit erreichen indem man sich als Polizist ausweist?
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 20.08.2017 | 13:57
Wann und Wo?

 
Zitat
Um sich aber wo Eintritt zu verschaffen braucht man aber bestimmt in jeden Fall einen Durchsuchungsbefehl
Nein
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Bluecaspar am 20.08.2017 | 13:58
Wann und Wo?
USA, Deutschland, 20er, Gegenwart. Ist mir egal.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 20.08.2017 | 14:07
Amerika, Deutschland, 20er, Gegenwart. Ist mir egal.

Dann hast du die Eingangsfrage unglücklich formuliert.

Es geht nämlich genau darum, was man tatsächlich darf und was nicht - und ob das Gegenüber das weiß.


Zur Verdeutlichung:
Zeigt man die Marke und will ohne Berechtigung irgendwo rein, ist das im besten Fall ein satter Bonus auf den Belaberungswurf, aber nicht mehr.

Ist man aber tatsächlich berechtigt und das Gegenüber lässt einen nicht, darf man prinzipiell bis zum Erfolg hocheskalieren.


Genau so ist vor Allem in modernen Settings mit "auf eigene Faust" ganz schnell Ende, wenn man dabei auf die polizeiliche Infrastruktur zugreifen will. Dann merken nämlich andere mehr oder weniger automatisch, dass man dafür eigentlich kein bisschen zuständig ist.


Wenn dir die tatsächlichen Hintergründe also egal sind, dann sag doch gleich, dass du erzählerische Versatzstücke und Grundlagen suchst, um eine diffus plausibel wirkende Polizeiarbeit darzustellen.
Damit bekommst du ganz andere Antworten. Ich hätte ohne deinen zweiten Post auch einen längeren Beitrag beigeschrieben, der komplett verschwendet gewesen wäre.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Pyromancer am 20.08.2017 | 14:13
Aber was meint ihr, was könnte man schon alleine damit erreichen indem man sich als Polizist ausweist?

Ein Polizist, dem Recht und Gesetz egal ist und der seine Dienstmarke für "private" Zwecke einsetzt, der kann damit beim richtigen Klientel schon viel erreichen. Letztendlich hängt es natürlich am konkreten NSC, aber "normale" Bürger werden ihn wohl in die Wohnung lassen, Fragen beantworten, ihn unter Umständen auch Zeug mitnehmen lassen. Er kann beruhigen, abwiegeln, Leute dazu bringen, Dinge zu tun ("Stellen Sie sich vor die Tür und lassen Sie niemanden herein, während wir hier den Raum durchsuchen!") etc.
Je höher der NSC gesellschaftlich steht, desto schlechter funktioniert das. Einem kleinen Sammler kann so ein Polizist vielleicht ein Artefakt oder ein Buch "weg-beschlagnahmen", beim gesetzten Museums-Direktor klappt das aber höchstwahrscheinlich nicht mehr.
Wenn der Polizist sein Amt zu offensichtlich missbraucht, oder die ersten Dienstaufsichtsbeschwerden eintrudeln, dann kann es auch passieren, dass es seinem Chef irgend wann zu bunt wird...

Beim falschen Klientel kann das Zeigen der Marke aber auch den gegenteiligen Effekt haben. Ein eigentlich ganz netter Kleinkrimineller wird einem Polizisten und dessen Begleitern gar nichts erzählen ("Ganovenehre!"), während er einem Privatermittler wahrscheinlich ohne Hemmungen von seinen verdächtigen Beobachtungen in der Kanalisation berichtet hätte.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: nobody@home am 20.08.2017 | 14:16
Yep. Was ich nach Recht und Gesetz und Dienstvorschrift offiziell darf und was mir andere Leute (die meine exakten Spielregeln auch oft nicht genau kennen werden) eventuell durchgehen lassen, sind zum großen Teil zwei verschiedene Paar Stiefel.

Ein Grundproblem, das ich als Autoritätsperson-in-Vertretung (wie also ein Polizist, Sheriff oder was-auch-immer) generell haben kann, ist natürlich immer, daß jemand meine Autorität nicht nur in Frage stellt, sondern sich obendrein noch an meine Vorgesetzten wendet -- wenn also mein Chef nicht bereit ist, mir den Rücken freizuhalten, dann kann ich mich mit zu naßforschem Auftreten schnell selbst in die Bredouille bringen. Andererseits kann zu zaghaftes Vorgehen auch wieder dazu führen, daß mir die Felle davonschwimmen, während ich noch sorgsam abwäge, und dadurch Fälle schlicht ungelöst bleiben, was sich auf längere Sicht in meiner Dienstakte vielleicht auch nicht unbedingt gut macht...
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Pyromancer am 20.08.2017 | 14:41
Ein wichtiger Punkt ist auch, dass in den 20ern der Polizist noch eine wirkliche Autoritätsperson ist. Schlüsselszene für mich: "Große Freiheit Nr. 7" (spielt zwar später, aber egal), wo das bloße Auftauchen von zwei Polizisten in Uniform eine Massenschlägerei zwischen hundert betrunkenen Seeleuten beendet. Schlagartig. Ohne, dass die Polizisten irgend etwas machen. Für so etwas müsste man heute die Bereitschaftspolizei aus drei Landkreisen zusammenziehen.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 20.08.2017 | 14:54
der Film wurde auch im III Reich gedreht.

In den 20ern(in den USA, hier keine Ahnung) war das Erschiessen eines Fliehenden wohl auch  der Standard, heute nicht so wirklich.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Bluecaspar am 20.08.2017 | 15:05
Wenn dir die tatsächlichen Hintergründe also egal sind, dann sag doch gleich, dass du erzählerische Versatzstücke und Grundlagen suchst, um eine diffus plausibel wirkende Polizeiarbeit darzustellen.
Damit bekommst du ganz andere Antworten. Ich hätte ohne deinen zweiten Post auch einen längeren Beitrag beigeschrieben, der komplett verschwendet gewesen wäre.

Das ist mir keineswegs egal. wtf? Ich will nur nicht irgendwie einen Fokus auf eine bestimmte Zeit oder Region setzen. Natürlich kann das einen Unterschied machen. Aber das kann man dann auch ruhig mit erwähnen.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 20.08.2017 | 15:17
Das ist mir keineswegs egal. wtf?

Dann schreib das doch auch nicht ;)

Der Knackpunkt dabei ist, ob es nur halbwegs plausibel sein soll oder ob du die Absicht hast, tatsächliche rechtliche Gegebenheiten und die Umsetzungspraxis von Zeit Y und Ort X im Spiel auch dann umzusetzen, wenn sie der Erzählung eher im Weg stehen als sie zu unterstützen.
Davon hängt nämlich ab, ob man sich aufwändige Recherche und Erklärung sparen kann und direkt spielrelevante Vorschläge sammelt (wie es jetzt bereits passiert).
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 20.08.2017 | 15:30
Also es gibt in Deutschland Gründe, wo Polizisten eine Hausdurchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl durchführen können, völlig legal und legitim.
Aber das sind Ausnahmen.

Ansonsten darf der fragen ob er reinkommen dürfte.

In den USA ist es wohl ähnlich.

Gewaltsames Eindringen ohne sich ausreichend zu legitimieren kann ungut ausgehen.
Da kann Widerstand als Notwehr gelten vor Gericht

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/polizist-erschossen-bgh-spricht-hells-angel-frei-11516279.html
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Bluecaspar am 20.08.2017 | 15:32
Dann schreib das doch auch nicht ;)

Der Knackpunkt dabei ist, ob es nur halbwegs plausibel sein soll oder ob du die Absicht hast, tatsächliche rechtliche Gegebenheiten und die Umsetzungspraxis von Zeit Y und Ort X im Spiel auch dann umzusetzen, wenn sie der Erzählung eher im Weg stehen als sie zu unterstützen.
Davon hängt nämlich ab, ob man sich aufwändige Recherche und Erklärung sparen kann und direkt spielrelevante Vorschläge sammelt (wie es jetzt bereits passiert).

Ich glaube du gehst die Sache zu kompliziert an. Die bisherigen Vorschläge sind für ein Spiel schon sehr hilfreich und vollkommen ausreichend.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 20.08.2017 | 15:33
Gewaltsames Eindringen ohne sich ausreichend zu legitimieren kann ungut ausgehen.
Da kann Widerstand als Notwehr gelten vor Gericht

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/polizist-erschossen-bgh-spricht-hells-angel-frei-11516279.html

Das hat mit der Berechtigung allerdings nichts zu tun, sondern "nur" mit der Umsetzung.
Und es ist ein ziemlich...exotisches Urteil.
I.d.R. wird in ähnlichen Fällen anders entschieden.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Bluecaspar am 20.08.2017 | 15:42

Gewaltsames Eindringen ohne sich ausreichend zu legitimieren kann ungut ausgehen.
Da kann Widerstand als Notwehr gelten vor Gericht

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/polizist-erschossen-bgh-spricht-hells-angel-frei-11516279.html

Vielleicht exotisch aber auf jeden Fall interessant.  :)
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 20.08.2017 | 16:13
Das hat mit der Berechtigung allerdings nichts zu tun,
sondern mit diese zu kommunizieren
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Bluecaspar am 20.08.2017 | 16:22
I.d.R. wird in ähnlichen Fällen anders entschieden.

Also erst letztens ist das in der Türkei bei der Familie einer Deutsch-Türkischen Journalistin auch so passiert. Da ist man auch mitten in der Nacht in die Wohnung eingebrochen und hat sie mitgenommen. Gut, da war dann kein Hells Angel und hat gleich drauf losgeschossen. Gruselig wenn man daran denkt, dass beides tasächlich stattgefundene Ereignisse sind. Bei John Dillinger ist das meine ich auch so passiert, das sie einfach in die Wohnung eingebrochen sind. Aber ob das immer so gemacht wird, keine Ahnung.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Pyromancer am 20.08.2017 | 16:27
Also erst letztens ist das in der Türkei bei der Familie einer Deutsch-Türkischen Journalistin auch so passiert. Da ist man auch mitten in der Nacht in die Wohnung eingebrochen und hat sie mitgenommen. Gut, da war dann kein Hells Angel und hat gleich drauf losgeschossen. Gruselig wenn man daran denkt, dass beides tasächlich stattgefundene Ereignisse sind. Ob das immer so gemacht wird, keine Ahnung. Bei John Dillinger ist das meine ich auch so passiert, das sie einfach in die Wohnung eingebrochen sind.

Das die Polizei zu nachtschlafender Zeit gewaltsam in Wohnungen eindringt um Haftbefehle, Durchsuchungsbeschlüsse, Inobhutnahmen oder sonstige unangenehme Dinge zu vollstrecken ist ganz normal, auch in Deutschland. Das Krasse an dem Fall war nur, dass da einer dabei einen Polizisten erschossen hat und hinterher freigesprochen wurde.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Scimi am 20.08.2017 | 16:54
Ich denke, vor allem durch Detektivfilme und Ermittlungsserien sind Leute in den letzten 50 Jahren relativ genau informiert, was Polizisten im Normalfall dürfen oder nicht. Amerikanische Polizeiserien sind praktisch Werbefilme für die Miranda Rights ("Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern, alles, was sie sagen..."). Auch in deutschen Serien ist der Durchsuchungsbefehl oft genug Knackpunkt der Handlung, um dieses Konzept beim Zuschauer zu verankern.

Z.B. in den 20ern würde ich vermuten, das die meisten Leute nicht wirklich eine Ahnung von ihren Rechten und denen der Polizei haben, wenn sie oder ihre Bekannten nicht einmal mit dem Gesetz aneinandergeraten sind. Andererseits gibt es zu der Zeit rekativ viel Korruption bei der Polizei, die individuelle Behandlung hängt stark von Herkunft und Hautfarbe ab und weite Teile der Bevölkerung sind aufgrund der Prohobitionsgesetze technisch gesehen kriminell und damit potentiell angreifbar. Wenn z.B. ein Polizist einfach reindrängelt und dann im Schreibtischfach die Ginflasche findet, die er dann vorher "die ganze Zeit auf dem Schreibtisch gesehen" hat, mit Fingerabdrücken und allem, kann man praktisch wahrscheinlich wenig dagegen tun.

Das Hauptproblem sehe ich darin, dass man als Polizist bei so etwas zumindest die Polizei auf seiner Seite braucht. Selbst ein extrem korrupter Bulle, der serienmäßig Privatwohnungen und Geschäftsräume auseinander nimmt, um seine einträgliche Schutzgeldnummer am Laufen zu halten, braucht dazu Kollegen und Vorgesetzte, die zumindest wegsehen. Und wenn die hartes Vorgehen gegen Verdächtige oder ein illegales Zubrot vielleicht noch navhvollziehen können, ist die Frage, ob die irgendeinen Außenseiter unterstützen wollen, die auf eigene Faust in X-Akten ermitteln und nie jemanden verhaften...
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 20.08.2017 | 17:44
Ich denke, vor allem durch Detektivfilme und Ermittlungsserien sind Leute in den letzten 50 Jahren relativ genau informiert, was Polizisten im Normalfall dürfen oder nicht.

Meine Wahrnehmung: Nein, kein Stück.
Was man dadurch hat, sind irgendwelche Halbwahrheiten, die mit der Realität oft nicht viel zu tun haben.
Das hat öfter den Anschein, es wäre sehr realistisch/authentisch, aber meistens ist das durch die Erzählabsicht deutlich verzerrt.

Diejenigen, die sich damit wirklich auskennen, sind jene, die damit oft persönlich zu tun haben und obendrauf nicht ganz blöd im Schädel sind. Abgesehen von den "Guten" also ein eher überschaubarer Anteil unter den polizeilichen Gegenübern.


Gruselig wenn man daran denkt, dass beides tasächlich stattgefundene Ereignisse sind.

Ich bezog mich mit der "Exotik" nur auf das Urteil.
Durch SEK/MEK umgesetzte Durchsuchungsbeschlüsse u.Ä. sind im Wortsinne alltäglich.
Ich verstehe auch nicht, was daran gruselig sein soll.
In diesen Genuss kommt man ja als Normalbürger nur dann, wenn in der Vorbereitung mal wieder einer Hausnummer oder Stockwerk verpeilt hat und es in der ganzen Beteiligtenkette keiner merkt...

Das ist ein Tentakel des Hobbes´schen Leviathans, der etwas beeindruckender aussieht als die anderen, aber mit Sicherheit nicht jener, der am Stärksten in die persönliche Lebensführung eingreift oder sogar eine echte Gefahr darstellt.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Blechpirat am 20.08.2017 | 18:12
Ich denke, vor allem durch Detektivfilme und Ermittlungsserien sind Leute in den letzten 50 Jahren relativ genau informiert, was Polizisten im Normalfall dürfen oder nicht.

Das stimmt wirklich überhaupt nicht. Es besteht im wesentlichen eine konfuse Mischung aus amerikanischem Courtroom-Drama, Barbara Salesh und Tatort. Gerade die im Tatort vermittelte Vorstellung der polizeilichen Arbeit treibt einem Profi die Tränen in die Augen - kaum ein Tatort, bei dem die Polizeidarsteller nicht rechtswidrig oder sogar strafbar handeln.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Selganor [n/a] am 20.08.2017 | 18:19
Ein ziemlich aufschlussreichen Ueberblick zu den aktuellen Zustaenden in Deutschland zeigt Polizei, Hausdurchsuchung: Sie haben das Recht zu schweigen (Udo Vetter) (https://www.youtube.com/watch?v=a0n1PNpB00g) in knapp 1 Stunde.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Metamind am 20.08.2017 | 18:33
Ein ziemlich aufschlussreichen Ueberblick zu den aktuellen Zustaenden in Deutschland zeigt Polizei, Hausdurchsuchung: Sie haben das Recht zu schweigen (Udo Vetter) (https://www.youtube.com/watch?v=a0n1PNpB00g) in knapp 1 Stunde.

Vorsicht: Der Vortrag ist über 10 Jahre alt. Manches ist heutezutage schon anders. Zum Beispiel, dass Zeugen im Jahr 2017 verpflichtet sind, Vorladungen der Polizei Folge zu leisten und zur Sache auszusagen. (Quelle: Lawblog (https://www.lawblog.de/index.php/archives/2017/06/23/schoene-neue-zeugenwelt/)) Nichtsdestotrotz ist es ein sehr guter und wichtiger Vortrag.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 20.08.2017 | 18:44

In diesen Genuss kommt man ja als Normalbürger nur dann, wenn in der Vorbereitung mal wieder einer Hausnummer oder Stockwerk verpeilt hat und es in der ganzen Beteiligtenkette keiner merkt...
oder man mit einem Verwandten eines Verdächtigen liiert ist.
Besagte Verwandte war mkn Beamtin, man war IIRC bei der Polizei und seine Hunde wurden beim Eindringen erschossen
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Bluecaspar am 20.08.2017 | 19:42
Ich verstehe auch nicht, was daran gruselig sein soll.
Ich hatte mich unter anderen darauf bezogen, dass ein Polizist im Dienst erschossen wurde. Es war halt kein (Rollen)Spiel. Für mich ist das ein Unterschied. Reale Dinge sind deutlich gruseliger als Dinge im Spiel.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 20.08.2017 | 20:52
Ich hatte mich unter anderen darauf bezogen, dass ein Polizist im Dienst erschossen wurde.

Ach so.
Das wurde aus deinem Beitrag nicht klar.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Bluecaspar am 20.08.2017 | 21:09
Ach so.
Das wurde aus deinem Beitrag nicht klar.
Doch, eigentlich schon  ::)
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Der Rote Baron am 20.08.2017 | 21:14
Ich denke, vor allem durch Detektivfilme und Ermittlungsserien sind Leute in den letzten 50 Jahren relativ genau informiert, was Polizisten im Normalfall dürfen oder nicht. Amerikanische Polizeiserien sind praktisch Werbefilme für die Miranda Rights ("Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern, alles, was sie sagen..."). Auch in deutschen Serien ist der Durchsuchungsbefehl oft genug Knackpunkt der Handlung, um dieses Konzept beim Zuschauer zu verankern.

Z.B. in den 20ern würde ich vermuten, das die meisten Leute nicht wirklich eine Ahnung von ihren Rechten und denen der Polizei haben, wenn sie oder ihre Bekannten nicht einmal mit dem Gesetz aneinandergeraten sind. Andererseits gibt es zu der Zeit rekativ viel Korruption bei der Polizei, die individuelle Behandlung hängt stark von Herkunft und Hautfarbe ab und weite Teile der Bevölkerung sind aufgrund der Prohobitionsgesetze technisch gesehen kriminell und damit potentiell angreifbar. Wenn z.B. ein Polizist einfach reindrängelt und dann im Schreibtischfach die Ginflasche findet, die er dann vorher "die ganze Zeit auf dem Schreibtisch gesehen" hat, mit Fingerabdrücken und allem, kann man praktisch wahrscheinlich wenig dagegen tun.

Das Hauptproblem sehe ich darin, dass man als Polizist bei so etwas zumindest die Polizei auf seiner Seite braucht. Selbst ein extrem korrupter Bulle, der serienmäßig Privatwohnungen und Geschäftsräume auseinander nimmt, um seine einträgliche Schutzgeldnummer am Laufen zu halten, braucht dazu Kollegen und Vorgesetzte, die zumindest wegsehen. Und wenn die hartes Vorgehen gegen Verdächtige oder ein illegales Zubrot vielleicht noch navhvollziehen können, ist die Frage, ob die irgendeinen Außenseiter unterstützen wollen, die auf eigene Faust in X-Akten ermitteln und nie jemanden verhaften...

Keine Miranda-Rechte in den USA vor 1966! Und wer schon einmal die Romane von Chandler und Co gelesen(spielen in den 20-40er) oder den Film "L.A. Confidential" gesehen hat bekommt einen Eindruck davon, was sich die Polizei und z.T. auch Privatdetektive allles herausnehmen konnten, ohne dass sich darüber irgendwer (inklusive der Verbrecher) groß aufregten. Selbst der bedrückende Witz "Der Schwarze hat vier Kugeln im Rücken!" - "Ja, einer der ungewöhnlichsten Selbstmorde, die ich je gesehen (und hiermit abgeschlossen) habe." ist da durchaus keine Witz.
Wie gesagt, genau genommen auch damls nicht legal, wurde aber einfach hingenommen und wenig hinterfragt - von keiner Seite.

Je weiter man also zurück geht, desto eher kommt man mit einer illegalen Haussuchung, erfolterten/ erpressten Geständnissen, unverhältnismäßiger Gewalt (denn was ist den "verhältnismäßig" und was nicht?), Unterdrückung von Spuren und Beweismitteln und auch einem Polizeimord davon.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Scimi am 21.08.2017 | 00:40
Das stimmt wirklich überhaupt nicht. Es besteht im wesentlichen eine konfuse Mischung aus amerikanischem Courtroom-Drama, Barbara Salesh und Tatort. Gerade die im Tatort vermittelte Vorstellung der polizeilichen Arbeit treibt einem Profi die Tränen in die Augen - kaum ein Tatort, bei dem die Polizeidarsteller nicht rechtswidrig oder sogar strafbar handeln.

Ich will auch gar nicht behaupten, dass die breite Masse durch Fernsehshows eine fundierte juristische Bildung erhalten würde. Aber ich denke schon, dass heute mehr Leuten klar ist, dass die Polizei unter ziemlich einschränkenden Regeln und Vorschriften arbeitet. Aus der Perspektive der praktischen Anwendung im Spiel, wenn ein SC sich in der Rolle des Polizisten gesetzeswidrigen Zugang erschleicht, halte ich es in einem modernen Setting für sehr viel wahrscheinlicher, dass das Opfer irgendwelche Scherereien macht - während oder nach dem Vorgang.

Je weiter man also zurück geht, desto eher kommt man mit einer illegalen Haussuchung, erfolterten/ erpressten Geständnissen, unverhältnismäßiger Gewalt (denn was ist den "verhältnismäßig" und was nicht?), Unterdrückung von Spuren und Beweismitteln und auch einem Polizeimord davon.

Nicht nur illegal, was früher an extremem Druck bei Verhören und Zusammenschlagen unerwünschter Menschen bei Razzien durchaus unter "gute Polizeiarbeit" lief, ist heute unvorstellbar. ABER, es muss halt doch irgendwie für die Kollegen vertretbar sein, entweder im Sinne von "hartem Vorgehen gegen Verbrecher" oder von "der verdient sich was dazu, ist nix dabei, machen alle hier". Ich denke nicht, dass die Truppe irgendwelche Sonderlinge, Serienkiller oder Monsterjäger decken würde. Und ich glaube auch, dass der korrupte Detective Flass in Gotham City sich extrem viel mehr herausnehmen kann als der ungeliebte Spinner Fox Mulder beim FBI.

Die Frage stellt sich daher auch: Ist der SC ein verlässlicher Kamerad, der für seine Truppe einsteht oder ein suspekter Außenseiter, der dauernd mit irgendwelchen Reportern, Akademikern und Okkultisten herumhängt?
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Der Läuterer am 21.08.2017 | 06:52
Ich empfehle idH die Serie The Shield.
Darin geht es um Handlungen einer 4 Mann Spezialeinheit im Gang Milieu.

Sie senken zwar die Kriminalitätsrate im Revier, doch ihre Mittel unterscheiden sich nicht von denen der Gangster, die sie bekämpfen sollen.
Sie schieben Beweismittel unter, schüchtern Informanten ein, bedrohen und verprügeln wenn es Ihnen nötig erscheint, berauben die Mafia, setzen Kollegen und ihren Chef unter Druck, stehlen Drogen und Drogengelder - auch aus der Aservatenkammer - versorgen damit 'ihre' Gangster oder dealen selbst, und sie schrecken auch nicht vor Mord an den eigenen Kollegen zurück - ein interner Ermittler und selbst ein Teammitglied müssen so dran glauben.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Der Rote Baron am 21.08.2017 | 07:08
Nicht nur illegal, was früher an extremem Druck bei Verhören und Zusammenschlagen unerwünschter Menschen bei Razzien durchaus unter "gute Polizeiarbeit" lief, ist heute unvorstellbar. ABER, es muss halt doch irgendwie für die Kollegen vertretbar sein, entweder im Sinne von "hartem Vorgehen gegen Verbrecher" oder von "der verdient sich was dazu, ist nix dabei, machen alle hier". Ich denke nicht, dass die Truppe irgendwelche Sonderlinge, Serienkiller oder Monsterjäger decken würde. Und ich glaube auch, dass der korrupte Detective Flass in Gotham City sich extrem viel mehr herausnehmen kann als der ungeliebte Spinner Fox Mulder beim FBI.

Die Frage stellt sich daher auch: Ist der SC ein verlässlicher Kamerad, der für seine Truppe einsteht oder ein suspekter Außenseiter, der dauernd mit irgendwelchen Reportern, Akademikern und Okkultisten herumhängt?

Stimmt! Guter Aspekt, der zu beachten ist!  :d

Ich denke auch, dass man als Polizist mit "Rückhalt bei den Kollegen" besser dasteht, wenn man einen seltsamen Typen in dem alten Haus "in Notwehr" tötetet - auch wenn da eben nur der Pflock da war, den der nun mitten im Herzen stecken hat.
Vor allem, wenn der einen anderen Polizisten angefallen hatte.
Und man nicht immer was von "Vampir! Er war ein Vampir!" faselt.  ;)
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.08.2017 | 08:36
Gemeint war  der Wahnsinnige hat sich für einen Vampir gehalten oder vielleicht nen Vampirjäger.
Im Kampf hat der Pflock dann sich in sein Herz gebohrt
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Blechpirat am 21.08.2017 | 12:12
Die Frage stellt sich daher auch: Ist der SC ein verlässlicher Kamerad, der für seine Truppe einsteht oder ein suspekter Außenseiter, der dauernd mit irgendwelchen Reportern, Akademikern und Okkultisten herumhängt?

Scimi ist so großartig. Da hängt ja eine Menge an Nebenplot dran - wie weit geht man denn mit, um sich diese Unterstützung zu sichern? Deckt man Korruption? Gewalt? Diebstahl aus der Asservatenkammer? Und riskiert man den Kampf gegen die Monster, um diese Verbrechen aufzuklären?
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 21.08.2017 | 15:17
Keine Miranda-Rechte in den USA vor 1966!

Doch, seit dem 15. Dezember 1791, als der fünfte Verfassungszusatz ratifiziert wurde.

"Miranda v. Arizona" (1966) bezieht sich lediglich auf die praktische Umsetzung, wann und in welcher Form den Betroffenen ihre Rechte mitgeteilt werden müssen.
Unterm Strich wird das alles nicht so heiß gegessen, wie es gerade in amerikanischen Krimiserien gekocht wird.
Natürlich ist das "Miranda warning" (finde ich den passenderen Begriff) wichtig, aber weder war Miranda v. Arizona in dieser Hinsicht ein großartiger Wendepunkt noch ist das Unterlassen bzw. Erfolgen der Belehrung unmittelbar bei der Festnahme so juristisch bedeutsam, wie es in Filmen und Serien oft dargestellt wird. 

Im Prinzip ist das nichts anderes als bei uns und wird nur teils extrem verzerrt dargestellt - ähnlich wie diverse "stand your ground"-Gesetze in einzelnen Bundesstaaten.

Aber ich denke schon, dass heute mehr Leuten klar ist, dass die Polizei unter ziemlich einschränkenden Regeln und Vorschriften arbeitet. Aus der Perspektive der praktischen Anwendung im Spiel, wenn ein SC sich in der Rolle des Polizisten gesetzeswidrigen Zugang erschleicht, halte ich es in einem modernen Setting für sehr viel wahrscheinlicher, dass das Opfer irgendwelche Scherereien macht - während oder nach dem Vorgang.

Das abstrakte Wissen bringt dir nur gar nichts, wenn du nicht ganz genau weißt, um welche konkreten Vorschriften es sich handelt.
Und selbst wenn, ist die einzig wirklich sinnvolle Methode, hinterher den Rechtsweg zu beschreiten.
Sich ganz sicher sein, dass die das gerade überhaupt nicht dürfen und sich deswegen körperlich wehren, ist eine hervorragende Methode, auf die Schnauze zu kriegen und dann zusehen zu müssen, wie die Maßnahme doch umgesetzt wird. Und i.d.R. sind die Polizisten damit im Recht (in einigen Konstellationen auch dann, wenn die anlaßgebende Maßnahme tatsächlich nicht rechtens war!). Auf beiden Seiten des Großen Teiches.


Interessanter wirds beim Thema offensichtliche Rechtsverstöße, aber da gilt dann das, was du selbst aufgeworfen hast:
Was decken Kollegen und Vorgesetzte, was kann man hinterher wie "schönschreiben"?
Wenn das regelmäßig Thema im Spiel wäre, würde ich dafür definitiv eine abstrakte Mechanik basteln...


Ich empfehle idH die Serie The Shield.
Darin geht es um Handlungen einer 4 Mann Spezialeinheit im Gang Milieu.

Die ist als Vorlage fürs Rollenspiel tatsächlich enorm dankbar.
Angemerkt sei aber, dass da eine ziemlich wilde Mischung aus eher abstrakten Prinzipien in Sachen Polizeiarbeit und ganz konkreten rechtlichen Detailfragen vorliegt. Und letztere sind dann natürlich auch wieder erzählerisch geprägt/verzerrt.
Fürs Spiel ist das im Grunde egal, nur muss man sich vorher darauf einigen, wie man mit den Spitzfindigkeiten umgeht, sofern sie Thema sein sollen: werden sie vorher exakt festgelegt und können dann entsprechend beackert werden oder macht man das abstrakt und ggf. auch mit zeitlichem Rückgriff?
Hat mMn eine gewisse Verwandtschaft mit dem Thema Heist-Planung im Rollenspiel.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Scimi am 21.08.2017 | 17:32
Das abstrakte Wissen bringt dir nur gar nichts, wenn du nicht ganz genau weißt, um welche konkreten Vorschriften es sich handelt.
Und selbst wenn, ist die einzig wirklich sinnvolle Methode, hinterher den Rechtsweg zu beschreiten.
Sich ganz sicher sein, dass die das gerade überhaupt nicht dürfen und sich deswegen körperlich wehren, ist eine hervorragende Methode, auf die Schnauze zu kriegen und dann zusehen zu müssen, wie die Maßnahme doch umgesetzt wird. Und i.d.R. sind die Polizisten damit im Recht (in einigen Konstellationen auch dann, wenn die anlaßgebende Maßnahme tatsächlich nicht rechtens war!). Auf beiden Seiten des Großen Teiches

Moment, ich rede hier nicht von normaler (oder meinetwegen korrupter) Polizeiarbeit. Aufgrund des Eingangsposts gehe ich von einer Situation aus, wo sich die SCs entweder als Polizisten ausgeben oder zwar Polizisten sind, aber illegal auf eigene Faust ermitteln.

Die Frage ist da nicht nur, was Polizisten theoretisch oder praktisch dürfen, sondern vor allem, was Otto Normalverbraucher einem Polizisten durchgehen lässt.

Und ich bin davon überzeugt, dass man heute eher Fotos davon, wie die "Polizei" einem die Wohnung auf Links krempelt empört auf Facebook einstellt, mal telefonisch bei der Polizei anfragt, wann man denn die Quittung für das "beschlagnahmte" Artefakt erwarten könnte oder sich in Fällen von Polizeigewalt an die Bildzeitung wendet, als das 1920 der Fall wäre.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 21.08.2017 | 18:01
Die Frage ist da nicht nur, was Polizisten theoretisch oder praktisch dürfen, sondern vor allem, was Otto Normalverbraucher einem Polizisten durchgehen lässt.

Und ich bin davon überzeugt, dass man heute eher Fotos davon, wie die "Polizei" einem die Wohnung auf Links krempelt empört auf Facebook einstellt, mal telefonisch bei der Polizei anfragt, wann man denn die Quittung für das "beschlagnahmte" Artefakt erwarten könnte oder sich in Fällen von Polizeigewalt an die Bildzeitung wendet, als das 1920 der Fall wäre.

Da geht es auch ganz schnell darum, ob die Polizisten nur ihre Kompetenzen ein bisschen überschreiten oder ob die das richtig durchziehen.
Dann ist nämlich hinterher das Handy kaputt/weg und man hat eine mehr als deutliche Ansage gehört, was man offiziell und inoffiziell zu erwarten hat, wenn man in irgendeiner Form Wellen macht.

Ich kann da den Verweis auf The Shield nur wiederholen.


Als "böser" Polizist muss man sich fragen, ob/wann man es überhaupt mit Überreden/Plattquatschen auf der Polizeischiene versucht (und wie man das am Zweckmäßigsten aufzieht). Wenn man den Schritt zu offensichtlich illegalem Vorgehen bis hin zur ungerechtfertigten Gewalt geht, tut man gut daran, nicht identifizierbar zu sein und/oder erst gar nicht als Polizei aufzutreten.

So zu tun, als dürfe man, was man gerade tut, obwohl allen Beteiligten klar ist, dass man es nicht darf, ist die blödeste Variante. Denn dann kommen Sachen wie das von dir Genannte auf, und um sich davor zu schützen, muss man noch weiter in die offensichtliche Illegalität, ohne sich vernünftig darauf vorbereitet zu haben; sowohl in der konkreten Situation als auch im Nachgang.
Dann zieht man es besser von Anfang an richtig auf - und gerade das würden echte Polizisten wissen.


Mit kleinen Kompetenzüberschreitungen anfangen und dann Stufe für Stufe abrutschen passiert einem Verzweifelten unter Druck, aber nicht denen, die das vorher zu Ende gedacht haben.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.08.2017 | 18:15
Siehe Daschner
Das "falsche" aus den richtigen Gründen.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Bluecaspar am 21.08.2017 | 18:36
Die Frage ist da nicht nur, was Polizisten theoretisch oder praktisch dürfen, sondern vor allem, was Otto Normalverbraucher einem Polizisten durchgehen lässt.

Jupp, auch wenn die rechtlichen Grundlagen nicht ganz uninteressant sind, ein Fokus auf Dinge, die im Spiel relevant bzw. ausspielbar sind, sind denke ich brauchbarer.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 21.08.2017 | 18:56
ein Fokus auf Dinge, die im Spiel relevant bzw. ausspielbar sind, sind denke ich brauchbarer.

Bisher ist doch alles abstrakt (bis auf das Nebenthema Miranda).

Den letzten Gedankengang finde ich jedenfalls unheimlich wichtig, weil es bei dem Ganzen nur sehr bedingt auf den Betroffenen ankommt, sondern erst mal darauf, wie weit die Polizisten mit ihrem illegalen Kram zu gehen bereit sind und wie sie sich im Vorfeld dafür aufgestellt haben.
Der erzählerische "Normalfall" ist aber eher dieses schrittweise Abrutschen, das ich aus den beschriebenen Gründen nur selten wirklich plausibel finde.
Bei "KDD" war das recht gut aufgezogen, aber da passt es auch in die Gesamtsituation, weil die Beteiligten wie oben angedacht verzweifelt sind und von einem Schritt zum nächsten improvisieren müssen.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.08.2017 | 18:59
KDD?
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 21.08.2017 | 19:06
KDD (https://de.wikipedia.org/wiki/KDD_%E2%80%93_Kriminaldauerdienst)

Die ersten zwei Staffeln sind richtig gut, speziell für eine deutsche Krimiserie.
Ist beim deutschen Publikum aber genau so schlecht angekommen wie The Shield.

Hierzulande denkt die Masse bei Krimi halt an Poirot, Derrick und Wallander - ganz andere Baustelle(n).
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.08.2017 | 19:12
Danke
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Scimi am 22.08.2017 | 00:14
Da geht es auch ganz schnell darum, ob die Polizisten nur ihre Kompetenzen ein bisschen überschreiten oder ob die das richtig durchziehen.
Dann ist nämlich hinterher das Handy kaputt/weg und man hat eine mehr als deutliche Ansage gehört, was man offiziell und inoffiziell zu erwarten hat, wenn man in irgendeiner Form Wellen macht.

Das klingt aber immer noch so, als würde es um die Polizei gehen.

Aber selbst wenn die Polizei in dem Setting so drauf ist, die Mannschaft der örtlichen Wache ist praktisch nur eine Gang von vielen im Viertel ist, die tief mit Schutzgeld und Drogenhandel drinhängt und ihr Gebiet mit Gewalt beschützt. Jeder Polizist hat mal eine Leiche verschwinden lassen oder jemanden mit untergeschobenen Beweisen in den Knast geschickt. Auch dann würde ich es für eine gefährliche Idee halten, so eine Tour bei irgendwelchen Nachforschungen zu fahren, die nicht mit den Aktivitäten der Polizeibande zu tun haben. Im besten Fall kann man vielleicht seinen Kameraden beim Spießrutenlaufen in der Umkleide erklären, warum man für den alten Professor Armitage nach alten Büchern und pazifischen Artefakten fragt, anstatt Ladenbesitzer einzuschüchtern und illegale Pokerzimmer abzufackeln - du hast da doch nicht etwa eine eigene Sache am laufen, die du deinen Kumpeln verschweigen willst, oder?

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Bei Cthulhu gehe ich allerdings nicht davon aus, dass das Spiel in einer "World of Darkness" stattfindet, in der das ganze Setting ein giftmüllverseuchter menschlicher Abgrund ist. Der Punkt bei Lovecraft ist doch meistens, dass sich das Grauen hinter einer zivilisierten Normalität verbirgt, wo die meisten Menschen nicht ahnen, dass das friedliche Alltagsleben eine Täuschung ist.

Daher würde ich annehmen, dass die Polizei ihre Arbeit auf eine Art und Weise ordentlich macht, die gür den normalen Bürger vertretbar ist. Auch die Polizeipraxis in den 20ern dürfte nicht allen sauer aufstoßen, solange das harte Vorgehen nur Kommunisten und Iren trifft und Korruption sich darauf beschränkt, die Prohibitionsgesetze nicht allzu hart durchzusetzen, die sowieso kaum wer ernst nimmt.

Die Frage ist halt, was passiert, wenn der Polizist in Begleitung von dem Anthropologen, der Reporterin und der Hellseherin bei Kultist Klaus an der Tür seine Dienstmarke vorzeigt, der gerade im Keller ein Portal nach R'lyeh offenstehen hat. Sagt Klaus dann, dass er die Leute nicht hereinlassen will oder flieht er hinten über den Balkon? Macht die Tatsache, dass sich einer der Investigatoren als Polizist ausweisen kann da einen Unterschied?
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: bobibob bobsen am 22.08.2017 | 08:36
Kann man das dem verantwortungsvollen Mitspieler nicht selbst überlassen?
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Der Läuterer am 22.08.2017 | 09:10
Ein nicht unerhebliches Problem sehe ich in den Extratouren eines solo agierenden Polizisten im RPG. Das hat mit den Methoden jetzt zwar nichts zu tun und ist leicht OT; dennoch macht es mMn mehr Sinn, ALLE Chars Cops spielen zu lassen. Ich sehe ansonsten das Problem einer gewissen One-Man-Show. Und das liegt weniger im Interesse der Gruppe.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: nobody@home am 22.08.2017 | 10:09
Ein nicht unerhebliches Problem sehe ich in den Extratouren eines solo agierenden Polizisten im RPG. Das hat mit den Methoden jetzt zwar nichts zu tun und ist leicht OT; dennoch macht es mMn mehr Sinn, ALLE Chars Cops spielen zu lassen. Ich sehe ansonsten das Problem einer gewissen One-Man-Show. Und das liegt weniger im Interesse der Gruppe.

Ich denke, das führt recht schnell zu den allgemeinen Themen "Plausibilität von bunt zusammengewürfelten Gruppen überhaupt" und "Vereinbarkeit von Abenteuer und Beruf". Dies insbesondere, soweit es längere Kampagnen betrifft, im One-Shot geht so was kurzfristig schon mal eher.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 22.08.2017 | 12:33
bei Kultist Klaus an der Tür seine Dienstmarke vorzeigt, der gerade im Keller ein Portal nach R'lyeh offenstehen hat.

Kultist Klaus ist ja aber gerade nicht der Durchschnittsbürger, dem man irgendwie mit der Marke beeindrucken will/kann, obwohl die Rechtsgrundlage fehlt. Gerade in der Situation.
Da gilt mMn klar "all bets are off".
Die Marke führt da wohl am Ehesten noch dazu, dass Klaus schneller nervös wird und das Ganze eskaliert.

Ich denke, das führt recht schnell zu den allgemeinen Themen "Plausibilität von bunt zusammengewürfelten Gruppen überhaupt" und "Vereinbarkeit von Abenteuer und Beruf".

Ja, besonders in der Konstellation, dass ein SC diese Vereinbarkeit zu sehr großen Teilen hat oder sogar dazu verpflichtet ist, aktiv zu werden und der Rest eigentlich was total anderes machen sollte und sich immer freischaufeln muss.

Vor Jahren habe ich für mehrere nWoD-Oneshots einen korrupten (u.A. ;D ) Cop gespielt. Da hat es ganz gut funktioniert, aber mMn nur deswegen, weil wir kleine Gruppen hatten (2-3 Spieler) und das nicht großartig zum Thema gemacht haben.
Der Cop war mehr oder weniger freilaufender Undercover-Ermittler und hat seine Marke fast nur genutzt, um sich nach irgendwelchen Aktionen auf der juristischen Ebene aus der Affäre zu ziehen.


Polizei ist aber vielseitig genug, um einen SC umgekehrt damit genau so massiv blockieren zu können:
Für die meisten Konstellationen ist ein Polizist im normalen Streifen- und Funkwagendienst unspielbar.
Wenn man sich schon auf das Konzept versteift hat (warum auch immer), hilft da nur großzügiges Ignorieren der eigentlichen Verhältnisse. Aber dann kann man sich das Konzept auch ganz sparen.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Scimi am 22.08.2017 | 16:08
Ein nicht unerhebliches Problem sehe ich in den Extratouren eines solo agierenden Polizisten im RPG. Das hat mit den Methoden jetzt zwar nichts zu tun und ist leicht OT; dennoch macht es mMn mehr Sinn, ALLE Chars Cops spielen zu lassen. Ich sehe ansonsten das Problem einer gewissen One-Man-Show. Und das liegt weniger im Interesse der Gruppe.

Würde ich nicht so sehen, da bei Cthulhu nicht unbedingt Verbrechen aufgeklärt werden. Ein Großteil der Recherche ist meistens deutlich besser für Historiker, Mediziner oder Okkultisten zu bewältigen. Gerade der typische Streifenpolizist ist von seinen Spielwerten wahrscheinlich oft eher die Kampfunterstützung und bekommt sein Spotlight, wenn die Ghule durch die Tür brechen, während er eher hinterherdackelt, wenn sich die Gruppe mit dem bekloppten Anthropologen unterhält oder verbotene Bücher durchackert.

Mit einer reinen Polizeigruppe wird das Ganze schnell zu CSI: Arkham, was auch geht, aber halt was anderes ist als die Werkseinstellung "normale Leute stoßen auf den Mythos". Umgekehrt hat eine sehr durchmischte Gruppe immer den Vorteil, das alle Abenteuereventualitäten irgendwie abgedeckt werden können und dass bei einem ausgewogenen Abenteuer jeder mal im Mittelpunkt und mal im Hintergrund einer Szene spielt. Natürlich hat ein Polizist einen besonderen gesellschaftlichen Status und bestimmte Ressourcen und Kontakte, die er in die Ermittlung einbringen kann, aber das gilt genauso für den Arzt, den Priester, den Veteranen und den Landstreicher.

Kultist Klaus ist ja aber gerade nicht der Durchschnittsbürger, dem man irgendwie mit der Marke beeindrucken will/kann, obwohl die Rechtsgrundlage fehlt. Gerade in der Situation.
Da gilt mMn klar "all bets are off".
Die Marke führt da wohl am Ehesten noch dazu, dass Klaus schneller nervös wird und das Ganze eskaliert

Hmm, ich denke, die meisten Klaus-Kultisten sind zumindest keine typischen Vebrecher. Das sind erstmal übereifrige Forscher, Ghulversteher, religiöse Fanatiker und Eltern, die ihre toten Kinder zurückholen wollen. Alte Bücher lesen, Geister rufen, mit Fischmenschen schlafen und Portale in fremde Welten öffnen ist ja eventuell nicht einmal illegal, solange man keine Artefakte aus Museen stiehlt oder Blutopfer benötigt.

Klaus ist wahrscheinlich klar, dass sein Ruf hin wäre, wenn sein Hobby bekannt würde. Und wenn sonstwer an der Tür steht und dumme Fragen stellt, wird Klaus ihn wahrscheinlich wegschicken und notfalls die Polizei rufen. Aber wenn die (vorgebliche?) Polizei klingelt und sich einmal umsehen will? Kennt Klaus seine Rechte genau und bleibt cool? Gerät er in Panik? Bricht er zusammen? Wird er empört? Oder führt er die Ermittler zum Portal und erklärt ruhig seine Forschungsarbeit, während seine Gäste Schreikrämpfe kriegen oder glasigen Blickes in eine fremde Dimension starren?

Da spielt natürlich mit herein, wie Klaus allgemein zur Polizei steht, für wie gerechtfertigt er das Vorgehen der Polizisten hält, wie sein eigener gesellschaftlicher Status ist und wie problematisch er seine eigenen Aktivitäten einschätzt.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 22.08.2017 | 16:12
Da haben wir wohl sehr unterschiedliche Vorstellungen vom "typischen" Kultisten.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Blechpirat am 22.08.2017 | 16:51
Ich habe hier so ein bisschen das Aventurienproblem - andere Zeiten durch die moderne Brille gesehen. Für uns ist ein Polizist immer eine Respektsperson - das ist aber eine sehr moderne Vorstellung.

In einer Stände-Gesellschaft, wie sie vor dem ersten Weltkrieg in Großbrittanien, aber mindestens Ostelbisch im Deutschen Reich vorherrschte, war der Dorfbüttel keinesfalls in der Lage, dem Lord oder Großgutbesitzer Vorschriften zu machen: Die adligen Herren würden sich von so einem gewöhnlichen Untertanen nichts sagen lassen und müssten es auch nicht: Der Büttel setzt den Willen der nach Gottes Willen über die anderen Menschen gestellten Adligen gegenüber dem einfachen Pöbel durch, sonst nichts. Je nachdem wo und wann man spielt, stehen also bestimmte Gruppen auch einfach über dem Gesetz: Ich bin nur Polizist, ich habe dazu keine Befugnis.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Pyromancer am 22.08.2017 | 17:02
Ich habe hier so ein bisschen das Aventurienproblem - andere Zeiten durch die moderne Brille gesehen. Für uns ist ein Polizist immer eine Respektsperson - das ist aber eine sehr moderne Vorstellung.

In einer Stände-Gesellschaft, wie sie vor dem ersten Weltkrieg in Großbrittanien, aber mindestens Ostelbisch im Deutschen Reich vorherrschte, war der Dorfbüttel keinesfalls in der Lage, dem Lord oder Großgutbesitzer Vorschriften zu machen: Die adligen Herren würden sich von so einem gewöhnlichen Untertanen nichts sagen lassen und müssten es auch nicht: Der Büttel setzt den Willen der nach Gottes Willen über die anderen Menschen gestellten Adligen gegenüber dem einfachen Pöbel durch, sonst nichts.

Na ja, 99% der Bevölkerung waren halt nicht adelig, und in einer Großstadt wie Berlin oder London noch viel weniger.

Davon ab ändert sich die Situation da zu heute auch nicht grundlegend. Wenn Kriminalhauptkommissar Meier bei einem der oberen 10.000 an der Haustür klingelt und IRGEND ETWAS will, dann darf er 20 Minuten warten und dann mit dem Anwalt reden, da bringt der Dienstausweis auch nichts.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Mr.Renfield am 22.08.2017 | 17:24
Davon ab ändert sich die Situation da zu heute auch nicht grundlegend. Wenn Kriminalhauptkommissar Meier bei einem der oberen 10.000 an der Haustür klingelt und IRGEND ETWAS will, dann darf er 20 Minuten warten und dann mit dem Anwalt reden, da bringt der Dienstausweis auch nichts.

die interessante frage ist in diesem fall, ob er die 20 minuten vor dem verschlossenen haupttor verbringt, mißträuisch beäugt von "gärtner", "chauffeur", "hausmeister" und sicherheitskamera...

oder in dem gemütlichen lehnsessel im büro der sekretärin, die von den 20 minuten 15 damit verbringt, espresso und gebäck für den gast zu besorgen, während deutlich sichtbar unter ihrer tastatur der hinweis klebt, daß das paßwort zum rechner 1234 lautet.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 22.08.2017 | 17:29
Für uns ist ein Polizist immer eine Respektsperson - das ist aber eine sehr moderne Vorstellung.

Das fällt aber doch einigermaßen mit dem modernen Staats- und Polizeibegriff zusammen.
Wäre also für CoC 1920 schon gegeben.

Wenn man weiter zurück geht, wird das irgendwann Thema, aber dann ist der passende Vergleich zum Adligen auch eher das polizeiliche Behelligen eines Bundestagsmitgliedes oder eines ausländischen Diplomaten:
Darf man eben nicht so ohne Weiteres.

Ist aber mMn ziemlich weit weg von der Eingangsfrage - da geht es doch gerade um "richtige"/moderne Polizei.

Wenn Kriminalhauptkommissar Meier bei einem der oberen 10.000 an der Haustür klingelt und IRGEND ETWAS will, dann darf er 20 Minuten warten und dann mit dem Anwalt reden, da bringt der Dienstausweis auch nichts.

Joah, aber es ist schon etwas anderes, ob man tatsächlich etwas nicht darf oder ob der Betroffene nur buchstabengenau auf seinen zugehörigen Rechten besteht. Und ob man als Polizist dann Gegendruck aufbaut, wenn der andere seine Rechte zu weit auslegt oder ob man zur Erreichung der eigenen Ziele darauf verzichtet.

Zum Vergleich: Wenn der Einsatzbefehl fürs SEK geschrieben ist, ist denen völlig egal, wen sie da mitten in der Nacht aus dem Bett zerren.
Und wenn der feine Herr sich strafbar gemacht hat, kann man den auch ansonsten genau so festnehmen wie jeden anderen auch - da ist dann "nur" wieder die Frage, ob die beteiligten Polizisten das entsprechende politische Feingefühl haben und noch was werden wollen (wobei das oft genug auch nur Drohkulisse ist) oder ob sie aus diversen Gründen auf die Zurückhaltung pfeifen, die andere in diesem Kontext an den Tag legen würden.

Die Dorfbüttel von 1600 irgendwas dürften das aber auch auf diesem Level nicht.



Der Unterschied liegt auch eher am anderen Ende und dann nur auf der praktischen, nicht auf der rechtlichen Ebene:
Wenn man heute in der Unterschicht zu nebulösen Zwecken ohne dienstliche Berechtigung mit dem Dienstausweis wedelt und gegen nichts verstoßen will, kann man auch nur drauf hoffen, dass der Betroffene nicht auf sein Recht besteht, wo man vor 60, 80 oder 100 Jahren ohne Weiteres einfach sein Ding hätte machen können im Vertrauen darauf, dass da schon nichts nachkommt - obwohl wie gesagt die Rechtslage nicht groß anders war.

Nebenthema wären dann die diversen Fiesheiten, mit denen man sich da gegenseitig das Leben schwer machen kann. Also sowohl der Bürger der Polizei als auch umgekehrt. Das ist aber zumindest auf juristischer Ebene wieder nicht sonderlich bespielenswert.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Scimi am 22.08.2017 | 17:40
Da haben wir wohl sehr unterschiedliche Vorstellungen vom "typischen" Kultisten.

Na, die Vorlage gibt ja eine ganze Spannbreite her, von "Old Whateley", der ja (zunächst) nichts tut als Kühe an sein Monster zu verfüttern, Richard Upton Pickman, der im Prinzip nur Ghule malt, Erich Zann und Charles Dexter Ward, der sich erstmal rein theoretisch mit Nekromantie beschäftigt, Leuten, die über Leichen gehen wie Joseph Curwen, Herbert West und dem "terrible old man" bis hin zu irren Mördern wie dem namenlosen Kannibalen aus "The Pictute in the House" oder Crawford Tillinghast, der seine Mythismaschine zum Morden benutzt.

Aber ich gehe nicht davon aus, dass Kultisten automatisch stereotype "Satanic Panic"-Kuttenträger mit Opferdolch sind, sondern erstmal nur Leute, die irgendwie mit dem Mythos kollaborieren.

Für uns ist ein Polizist immer eine Respektsperson - das ist aber eine sehr moderne Vorstellung.

Lustig, ich hatte das intuitiv anders herum gesehen: Dass früher beim Deutschen Obrigkeitshörigkeit und Respekt vor Uniformen sehr viel tiefer verankert war, "Hauptmann von Köpenick"-Style. Dagegen habe ich in den letzten Jahren gerade im akademischen Umfeld eher Sachen in der Richtung gehört, dass der Polizeiberuf ein Zufluchtsort für gewaltbereite Ignoranten ist, Uniformträger generell irgendwo zwischen Nazis und Müllabfuhr anzusiedeln sind und was der Bekannte mit Jurastudium mit denen anstellen würde, wenn die sich "etwas herausnehmen" würden. Das ganze Maulheldentum mal beiseite gelassen, scheint sich der Streifenpolizist da im Ansehen irgendwo mit Busfahrern, Supermarktangestelkten und Restaurantbedienungen auf einer Stufe zu befinden.

Aber klar, im Klassengesellschafts-England oder im kapitalistischen Amerika, wo geselkschaftliches Ansehen direkt mit dem (scheinbaren) Einkommen verknüpft ist, geht es dem "SchuPo" auch nicht besser. Bei Ripper Street gab es eine schöne Folge, wo die Ermittler aus East London mal (im Zuge ihrer Ermittlungen und völlig gerechtfertigt) in die Londoner City müssen und da nicht nur von Passanten, sondern auch von den schicker gekleideten Beamten der Metropolitan Police *sehr* misstrauisch beäugt und von einem Tprsteher weggeschickt werden. Das ganze Drumherum, die Kleidung, die Leute zeigen da einfach: "Mordermittlung hin oder her, ihr gehört hier einfach nicht hin, ihr seht arm und unkultiviert aus, jeder Lakai und jedes Zimmermädchen hier ist besser als ihr, niemand will euch hier sehen, verschwindet zurück in euer Loch!"
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 22.08.2017 | 17:45
Lustig, ich hatte das intuitiv anders herum gesehen: Dass früher beim Deutschen Obrigkeitshörigkeit und Respekt vor Uniformen sehr viel tiefer verankert war, "Hauptmann von Köpenick"-Style.

Damit gehst du auch nicht weit genug zurück.

Aber dann hängt der Faktor fehlender Respekt aus gewissen Kreisen eben untrennbar damit zusammen, dass die "Polizei" diesen Kreisen tatsächlich nichts kann, selbst wenn die was ausgefressen haben.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Scimi am 22.08.2017 | 20:10
Von der Zeit würde ich es auf die typischen Cthulhu-Äras Gaslicht, zwischen den Weltkriegen und Aktuelle Zeit (sagen wir mal einschließlich all der Jahre, in denen entsprechende Cthulhu-Abenteuer erschienen sind) einschränken, das dürfte für die meisten Gruppen am relevantesten sein.

Und ich denke, es kommt in dem Fall eher darauf an, wie normale Leute die Sache einschätzen, nicht, was die Polizei tatsächlich könnte - denn in einem typischen Abenteuer wird der SC--Polizist seine Nachforschungen ha wahrscheinlich nicht an Kollegen kder Vorgesetzte eskalieren können. Wenn die Polizei die Probleme lösen könnte, bräuchte man keine Spieler-"Investigatoren". Andererseits macht es natürlich auch einen Unterschied, ob der SC als irgendein Polizist erscheint oder ob er glaubhaft vermitteln kann, nur die Speerspitze einer Ermittlung der gesamten Polizeimacht zu sein. Das ist halt auch ein Unterschied - ein Fernsehstar oder Politiker kann sich bestimmt mal aus einem Knöllchen quatschen, aber bei einer Mordermittlung sieht das dann auch wieder anders aus.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 22.08.2017 | 20:34
Wenn die Polizei die Probleme lösen könnte, bräuchte man keine Spieler-"Investigatoren".

Da gibt es noch den Aspekt, dass ein SC-Polizist über Position/Funktion tatsächlich (und nicht nur angedroht) diverse Maßnahmen in die Wege leiten kann, die den Betroffenen entweder länger aus dem Verkehr ziehen oder zumindest kurzfristig an bestimmten Sachen hindern. Unabhängig davon, ob da wirklich was hinter ist oder nicht.

Für mich wäre das sogar ziemlich der Normalfall, was der Polizist nun aus seiner Rolle im investigativen/sozialen Bereich so macht. Sprich er nutzt seine Kenntnisse und Verbindungen auf mindestens unkonventionelle, grenzwertige und oft klar illegale Weise, weil der legale Weg nicht offensteht, er damit aber höchstwahrscheinlich durch kommt.
Mit einer Marke wedeln und Leute totquatschen kann im Zweifelsfall jeder, wie wir schon festgestellt haben. Dafür muss keiner einen echten Polizisten spielen.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Der Rote Baron am 22.08.2017 | 21:21

Das ganze Maulheldentum mal beiseite gelassen, scheint sich der Streifenpolizist da im Ansehen irgendwo mit Busfahrern, Supermarktangestelkten und Restaurantbedienungen auf einer Stufe zu befinden.

Mir stets unverständlich, da ich mit der Polizei (USA und Deutschland) eigentlich nur gute oder "professionelle" Erfahrungen gemacht habe (tja, wenn ich halt zu schnelle fahre ...), Davon unabhängig: Busfahrer haben keine Waffen und dürfen die auch nicht benutzen - die Jungs und Mädels vom Trachtenverein schon. Ich persönlich wäre schon aus diesem Grunde höflich. Aber gut, jedem seine Hochmut ... (NICHT auf dich gemünzt!)

Aber das Ansehen von Ordnungshütern oder Soldaten war stets Veränderungen unterworfen: Gerichtsbüttel oder Thief Catcher im 18. Jahrhundert standen ebenso wie Soldaten ziemlich unten im Ansehen: Entweder gedungene Schläger bzw. Söldener oder gepresste, in England auch oft Verbrecher, die durch den Miltärdienst dem Galgen entgingen (ging schnel, wenn man schon bei einem tacshendiebstahl gehängt werden konnte.
Ich würde sagen, das ändert sich erst mit der französischen Revolution und der allgemeinen Wehrpflicht bei den Soldaten udn bei der Polizei auch mit der Professionalisierung und der Aufstellung ordentlicher Polizeikräfte - so ab Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts.

Dass man heute als Polizist, Sanitäter oder Feuerwehrmann z.T. selsbt von den Leuten, die einen gerufen haben, beleidigt wird oder was aufs Maul bekommt, hat dagegen andere Gründe, auf die ich hier nicht eingehen will.

Insgesamt würde ich aber denken, dass das Zücken einer Dienstamarke auch heute noch häufig bei generell gesetzestreuen Bürgern Vorteile hat um Unterstützung oder Informationen zu bekommen, die ein Busfahrer. Lehrer, Geschichtsprofessor, Schriftsteller oder auch Journalist so einfach nicht bekommt:
"Was machen Sie da auf dem Hof?"
A) "Ich bin Polizist und führe Ermittlungen durch." - "So. Haben Sie denn einen Haussuchungsbefehl! Weil wenn nicht dann ...!" - "Nein, krieg ich aber in 30 Minuten und dann stellen die Kollegen hier alles auf den Kopf. Oder Sie beantworten ein paar Fragen udn ich bin in 5 Minuten wieder weg!" - "Ja ja, ist ja gut. Nehmen Sie den Kaffe mit Milch ...?"
B) "Ich bin Busfahrer/ Lehrer/ Journalist und ..." - "HASSO FASS!"
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: tartex am 22.08.2017 | 22:12
Hmm, ich denke, die meisten Klaus-Kultisten sind zumindest keine typischen Vebrecher. Das sind erstmal übereifrige Forscher, Ghulversteher, religiöse Fanatiker und Eltern, die ihre toten Kinder zurückholen wollen. Alte Bücher lesen, Geister rufen, mit Fischmenschen schlafen und Portale in fremde Welten öffnen ist ja eventuell nicht einmal illegal, solange man keine Artefakte aus Museen stiehlt oder Blutopfer benötigt.

Sehr schön geschriebener Absatz!  :D
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Scimi am 22.08.2017 | 23:09
Ich persönlich wäre schon aus diesem Grunde höflich. Aber gut, jedem seine Hochmut ... (NICHT auf dich gemünzt!)

Ich finde generell nicht, dass man sich einen Zacken aus der Krone bricht, wenn man sich freundlich bis höflich gegenüber Leuten verhält, die nur ihren Job machen, egal, ob die gerade meine Herz-OP vorbereiten oder meine Einkäufe über den Scanner ziehen. Aber zumindest in Deutschland hätte ich auch keine Bedenken, dass ein Polizist zur Waffe greift, wenn ich ihn nicht körperlich angreife. Und wenn er das täte, käme das garantiert in den Abendnachrichten. In den USA sieht das ja anscheinend ganz anders aus.

Insgesamt würde ich aber denken, dass das Zücken einer Dienstamarke auch heute noch häufig bei generell gesetzestreuen Bürgern Vorteile hat um Unterstützung oder Informationen zu bekommen, die ein Busfahrer. Lehrer, Geschichtsprofessor, Schriftsteller oder auch Journalist so einfach nicht bekommt

Das ist natürlich auch so ein bisschen die Frage: Sind die NSCs sich keiner Schuld bewusst und haben einfach nur benötgte Infos (Was können Sie uns über ihren Nachbarn, Herrn Corbitt erzählen?) oder haben sie Dreck am Stecken und sollten Befragungen und Durchsuchungen dringendst vermeiden?

Und ich kann das in beide Richtungen ausgehen sehen - die Unschuldigen sind vielleicht sehr kooperationsbereit oder glauben gerade, besseres zu tun zu haben, als Fragen zu einer Sache zu beantworten, von der sie nichts wissen. Ebenso könnten die Bösewichter gerade besonders beflissen sein, den Ermittlern zu "helfen", um sie im Auge zu behalten oder die Ermittlungen beeinlussen zu können - oder sie drehen bei Anblick der Ordnungshüter direkt durch und fliehen oder planen Mordanschläge.

Übrigens würde ich definitiv amerikanischen Ermittlern mit diesen geprägten Metallmarken Boni für solche Interaktionen geben, die deutsche Beamte mit diesen laminierten Dienstausweisen im ÖPNV-Monatskarten-Stil nicht kriegen...  ^-^
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: YY am 23.08.2017 | 06:24
In den USA sieht das ja anscheinend ganz anders aus.

Nein, nicht ganz anders.
Es ist ein bisschen anders, aber meist nicht aus den Gründen, die man hierzulande so annimmt.
Und das wird nicht besser dadurch, dass es drüben noch weniger neutrale und ordentlich recherchierte Nachrichten gibt als hier.
Titel: Re: Ich bin Polizist, ich hab die Befugnis dazu
Beitrag von: Deep One am 16.09.2017 | 12:26
Vorsicht: Der Vortrag ist über 10 Jahre alt. Manches ist heutezutage schon anders. Zum Beispiel, dass Zeugen im Jahr 2017 verpflichtet sind, Vorladungen der Polizei Folge zu leisten und zur Sache auszusagen. (Quelle: Lawblog (https://www.lawblog.de/index.php/archives/2017/06/23/schoene-neue-zeugenwelt/)) Nichtsdestotrotz ist es ein sehr guter und wichtiger Vortrag.

Nein, sind sie erst einmal und ohne weiteres nicht, nur,

Zitat von: law blog
wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt

und in der Praxis scheint bisher niemand so recht zu wissen, wie dieser Auftrag auszusehen hat (muß der Auftrag möglicherweise in Form eines Verwaltungsaktes ergehen, der reguläre Rechtsmittel zuläßt?).

Wenn wer einen aktuelleren Sachstand hat, wäre ich für einen Link sehr dankbar.  :)