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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielleiterthemen => Thema gestartet von: TKarn am 7.03.2018 | 15:09

Titel: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 15:09
Beim Leiten sind mit mir ein wenig die Pferde durchgegangen.

Kurz zur Vorgeschichte. Ein Abenteurer ist verschwunden und die Gruppe hat es sich zur Aufgabe gemacht, etwas über dessen Aufenthalt herauszubekommen. Sie verwalten letztendlich auch dessen Habe. Darunter befindet sich ein hühnereiförmiger Stein aus Obsidian. Das ist nun wirklich ein Ei, das einen sogenannten Schattenkäfer beinhaltet, einem absoltut tötlichen Monster. Der Besitz so eines Eies ist geächtet, was die Gruppe aber nicht wußte. Ebenso wußten sie nicht, um was es sich wirklich handelt.

Nun zu dem eigentlichen Stand. Ein Charakter hat im Suff zwei Dirnen aufs Zimmer genommen. Da er aber total besoffen war, ist er vor dem Bett umgefallen. Die Dirnen haben ihn nun beraubt, unter anderem auch das Ei.

Ein anderer Charakter fand es verdächtig, dass die beiden Dirnen so kurze Zeit ohne das Gruppenmitglied zurückkamen. Er hat sie auf sein Zimmer gelockt und sie zur Rede gestellt. Im Verlauf dieser "Unterredung" fiel das Obsidianei runter, das Monster ist geschlüpft und tötete eine der Dirnen. Die zweite beschuldigt nun den Charakter, ihre Freundin umgebracht zu haben. Nun steht Aussage gegen Aussage und beide (der Charakter und die Dirne) werden nun eingesperrt, bis die Umstände des Todes geklärt ist.
Es handelt sich um ein Fantasysetting, obwohl es nicht als finsteres Mittelalter angesehen werden darf, eher frühe Aufklärung. Es spielt in einem asiatisch angehauchten Land.

Ich benötige ein wenig Brainstorming, wie ich die Verhandlung führen kann und die Charaktere auch eine Chance haben, aus der Misere herauszukommen.

War das verständlich erklärt?

Vielen Dank für die Geduld.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: ghoul am 7.03.2018 | 15:16
1) Entweder: Die Dirne wird bestraft, der Freier nicht. Fall erledigt.
2) Oder: Der Freier wird eingekerkert (mit oder ohne Prozess oder in Erwartung des Prozesses), das Gefaengnispersonal und die Advokaten sind komplett korrupt und nuetzen jede Gelegenheit, Bestechungsgelder einzunehmen. Dann ist das Entkommen nicht schwer.
3) Oder die Trump-Methode: Man zahle der Dirne 130000 Goldmuenzen Schweigegeld.  ~;D
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 15:19
An Punkt 2 hab ich auch schon gedacht.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Boba Fett am 7.03.2018 | 15:24
Naja, die Frage ist doch, welchen Stand die Dirnen haben und welchen die Fremden.
Ist die besagte Dirne vielleicht schon einmal auffällig geworden, zum Beispiel durch einen Diebstahl? Dann dürfte es berechtigte Zweifel geben.
Haben Dirnen in dem Setting überhaupt einen guten Leumund?

Und wie sieht es mit dem Ansehen der Spielfiguren aus?
Vielleicht sind die ja eher positiv (Spendabel, wohlhabend, ehrenhaft) aufgefallen.

Gibt es Zeugen für irgendwas?
Zum Beispiel, dass die Dirnen kurz vorher mit einem anderen stark angetrunkenen "aufs Zimmer" gegangen sind...
Ist der befreundete Charakter in der Lage, sich noch daran zu erinnern oder hat der einen Filmriß?
Wurde bei den Dirnen etwas gefunden, was dem volltrunkenen gehört hat, wodurch ein Diebstahlsdelikt nachweisbar wäre?
War der Betrunkene wirklich betrunken, oder haben die Damen ihm vielleicht was ins Bier gemischt und den Diebstahl geplant?
Dann könnte das Betäubungsmittel bei der Leiche gefunden werden, was ein belastender Fakt wäre.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Grey am 7.03.2018 | 15:25
Vorneweg erwähnt: Das Mittelalter war in Realitas gar nicht so finster. ;) Gerichtsprozesse liefen damals sehr geordnet ab. Die frühe Neuzeit war da in mancher Hinsicht deutlich schlimmer.

@TKarn: Gib doch bitte ein paar weitere Details:

EDIT: Die Situation, auf die ich hinauswill, ist die: Im Optimalfall war die Dirne unfrei, der SC von Stand und die Anklage lautet sinngemäß auf "Totschlag im Affekt". Dann muss der SC lediglich dem Zuhälter Schadenersatz zahlen und die Sache ist abgegolten. (Bei Verletzung bzw. Tod von unfreien Knechten nannte sich das "Wergeld".)

Was danach noch ggf. wegen der Sache mit dem geächteten Ei oben drauf kommt, steht auf einem anderen Blatt. Im Zweifelsfall kann die Obrigkeit den SCs als Wiedergutmachung für dieses Vergehen ja immer eine Queste aufbrummen. ;)
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: KhornedBeef am 7.03.2018 | 15:26
Sollen die Spieler oldschoolig echte Rechtsgrundsätze nutzen und den Charakter rauspauken? Oder sind Kreativität und interessante Lösungen wichtiger?

Ich persönlich würde vielleicht ausnutzen, dass das Rechtssystem evtl. weniger evidenzbasiert ist, und mehr die Charaktere (oder ihre Stellung) beurteilt, d.h. ein Verteidiger muss weniger Kausalketten demonstrieren, sondern z.B. den guten Charakter eines angeklagten demonstrieren, oder den unverhältnismäßigen Schaden für einen angesehenen Bürger, wenn der Dirne das Vorrecht gegeben würde, etc.
Ist natürlich wieder weg von "Aufklärung".

Ganz trocken rechtlich: Wenn sie mit einer geächteten Mordwaffe herumlaufen und diese auch noch unsachgemäß handhaben, wird man sie dafür belangen. Das heißt nicht, dass die Dirne gut wegkommt, aber die Obrigkeit selbst wird ein Interesse an den Charakteren haben. Mit Glück läuft es auf einen Deal hinaus, wenn man annimmt, dass man so an die Quelle des Eis herankommt.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Der Nârr am 7.03.2018 | 15:27
Standesunterschiede und Leumundszeugen sollten auch eine Rolle spielen. Die Frage ist auch, wieviele Ermittlungen im Vorfeld stattfinden und ob die Dirne den Diebstahl des Eis gesteht. Und werden die Advokaten gestellt oder haben die Spieler die Möglichkeit, sich einen auszusuchen, müssen vielleicht sogar einen guten Advokaten erst überreden? Wenn ein SC hohe Werte in Rechtskunde hat, will er vielleicht selber den Advokaten machen.

Wichtig zu klären wäre, ob vor Gericht Hellsicht- oder Beherrschungsmagie eingesetzt wird (z.B. zur Prüfung, ob jemand die Wahrheit sagt).

Und welche Strafen bestehen überhaupt auf den Besitz des Eis und Mord oder fahrlässige Tötung? Es kann ja auch auf Entschädigungszahlungen an die Familie und den Bordellbetreiber hinauslaufen.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Rorschachhamster am 7.03.2018 | 15:36
Klarer Fall von Selbstmord (Richter gut schmieren, dann klappt das schon (https://rorschachhamster.files.wordpress.com/2018/03/inselwopc.pdf)).  8)
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Isegrim am 7.03.2018 | 15:56
Meine erste Frage wäre ja: Wer klagt da eigentlich an? König, Regierung, Staatsanwalt? Oder ist das den Verwandten des Opfers überlassen, und so das auch Dirnen oa Unehrliche sind, können die eigentlich klagen? Werden Aussagen von solchen unehrlichen Personen, oder die vo Fahrenden (Abenteurern) vor gericht eigentlich berüchsichtigt, oder braucht es, wie Der Narr schon sagte, Bürger oä als Leumundszeugen?
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 16:05
Im Moment wird noch auf den "ermittelnden Beamten" gewartet, der sich den Ort des Verbrechens anschauen wird.

Naja, die Frage ist doch, welchen Stand die Dirnen haben und welchen die Fremden.
Ist die besagte Dirne vielleicht schon einmal auffällig geworden, zum Beispiel durch einen Diebstahl? Dann dürfte es berechtigte Zweifel geben.

Die Dirnen haben so etwas schon gemacht. Vielleicht erinnert sich ein Richter daran.


Haben Dirnen in dem Setting überhaupt einen guten Leumund?

Nun, es sind Dirnen, die in einer einfachen Kneipe rumhängen, kein Edelbordell. Ihr Ruf ist also nicht so gut.

Und wie sieht es mit dem Ansehen der Spielfiguren aus?
Vielleicht sind die ja eher positiv (Spendabel, wohlhabend, ehrenhaft) aufgefallen.

Die Charaktere sind von außerhalb, der verwickelte Charakter ist ein Göttersprecher der Göttin des Lebens. Sicherlich könnte man da über den Tempel auch etwas machen.

Gibt es Zeugen für irgendwas?
Zum Beispiel, dass die Dirnen kurz vorher mit einem anderen stark angetrunkenen "aufs Zimmer" gegangen sind...

Na, die Taverne war ganz gut gefüllt. Die anderen Charaktere der Gruppe waren jedoch unterwegs.

Ist der befreundete Charakter in der Lage, sich noch daran zu erinnern oder hat der einen Filmriß?

Der hat eine totalen Filmriss.

Wurde bei den Dirnen etwas gefunden, was dem volltrunkenen gehört hat, wodurch ein Diebstahlsdelikt nachweisbar wäre?

Das hat der belastete Charakter wieder an sch genommen.


War der Betrunkene wirklich betrunken, oder haben die Damen ihm vielleicht was ins Bier gemischt und den Diebstahl geplant?
Dann könnte das Betäubungsmittel bei der Leiche gefunden werden, was ein belastender Fakt wäre.

Der Betrunkene war halt sehr prahlerisch, wieviel er verträgt (ein Seemann). Die Dirnen haben immer gut eingeschenkt. Betäubungsmittel war nicht im Spiel.


@TKarn: Gib doch bitte ein paar weitere Details:
  • Wie lautet genau die Anklage der Dirne gegen den SC? Beschuldigt sie ihn des heimtückischen Mordes oder eines "offenen und ehrlichen" Totschlags? Wurde der Besitz des (geächteten) Eis bei der Anklage offiziell aufs Tapet gebracht?
  • Welche Strafe steht ggf. auf den Besitz eines solchen Eis? Welche Strafe steht darauf, es vorsätzlich zu öffnen?
  • Ist der SC von Adel, bürgerlich, Freisasse oder unfrei?
  • War die getötete Dirne frei oder stand sie offiziell als Magd in Diensten eines Zuhälters?

1. Die Dirne hat gerufen: "Er hat sie umgebracht."
2. Der Besitz des Eis führt zum Ausschluß aus dem Orden der Schattenmagier und dem Blockieren der magischen Kräfte. Die Magier regeln das im Normalfall unter sich. (Doch keiner der Charaktere ist Schattenmagier).
3. der Charakter ist frei, ein GHöttersprecher.
4. Die Dirne hat einen Beschützer.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: General Kong am 7.03.2018 | 16:05
Das OSR-Spiel Lion & Dragon hat dafür sehr brauchtbare Regeln, die eben auch Stand der Beteiligten, Gerichtsstand, Leumund, Bestechungsgelder usw. miteinrechnet. Und die Ergebnisse sind m.A.n. sogra ziemlich realistisch (und das heißt nicht, dass jeder für jeden Blödsinn sofort hängt).
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 16:07
Sollen die Spieler oldschoolig echte Rechtsgrundsätze nutzen und den Charakter rauspauken? Oder sind Kreativität und interessante Lösungen wichtiger?

Ich persönlich würde vielleicht ausnutzen, dass das Rechtssystem evtl. weniger evidenzbasiert ist, und mehr die Charaktere (oder ihre Stellung) beurteilt, d.h. ein Verteidiger muss weniger Kausalketten demonstrieren, sondern z.B. den guten Charakter eines angeklagten demonstrieren, oder den unverhältnismäßigen Schaden für einen angesehenen Bürger, wenn der Dirne das Vorrecht gegeben würde, etc.
Ist natürlich wieder weg von "Aufklärung".

Ganz trocken rechtlich: Wenn sie mit einer geächteten Mordwaffe herumlaufen und diese auch noch unsachgemäß handhaben, wird man sie dafür belangen. Das heißt nicht, dass die Dirne gut wegkommt, aber die Obrigkeit selbst wird ein Interesse an den Charakteren haben. Mit Glück läuft es auf einen Deal hinaus, wenn man annimmt, dass man so an die Quelle des Eis herankommt.

Im Moment klagt die Stadtwache an. Sicherlich kann man einen guten Deal mit Bestechungsgeld aushandeln. Das mit dem echten Aufklären wird wohl eher im Hintergrund bleiben.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 16:11
Standesunterschiede und Leumundszeugen sollten auch eine Rolle spielen. Die Frage ist auch, wieviele Ermittlungen im Vorfeld stattfinden und ob die Dirne den Diebstahl des Eis gesteht. Und werden die Advokaten gestellt oder haben die Spieler die Möglichkeit, sich einen auszusuchen, müssen vielleicht sogar einen guten Advokaten erst überreden? Wenn ein SC hohe Werte in Rechtskunde hat, will er vielleicht selber den Advokaten machen.

Wichtig zu klären wäre, ob vor Gericht Hellsicht- oder Beherrschungsmagie eingesetzt wird (z.B. zur Prüfung, ob jemand die Wahrheit sagt).

Und welche Strafen bestehen überhaupt auf den Besitz des Eis und Mord oder fahrlässige Tötung? Es kann ja auch auf Entschädigungszahlungen an die Familie und den Bordellbetreiber hinauslaufen.

Das mit den Leumundszeugen wird ein guter Punkt sein. Eine der Charaktere ist in Diensten (letztendlich das Kindermädchen) der Prinzessin des Nachbarreiches.

Um einen Advokaten müssten sich die Charaktere selber kümmern.

Naja, auf Mord steht schon der Tod.

Es gibt Hellsichtzauber, doch ist das Wirken der Magie teuer und muss von den Charakteren bezahlt werden.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Issi am 7.03.2018 | 16:11
Blöde Frage am Rande(oder wurde die schon gestellt?):
Wer verteidigt den SC?
(macht der das selbst oder hat der einen "Anwalt?")
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 16:13
Meine erste Frage wäre ja: Wer klagt da eigentlich an? König, Regierung, Staatsanwalt? Oder ist das den Verwandten des Opfers überlassen, und so das auch Dirnen oa Unehrliche sind, können die eigentlich klagen? Werden Aussagen von solchen unehrlichen Personen, oder die vo Fahrenden (Abenteurern) vor gericht eigentlich berüchsichtigt, oder braucht es, wie Der Narr schon sagte, Bürger oä als Leumundszeugen?

Wie gesagt Anklagen wird dann die Stadtwache im Namen des Kaisers (spielt in der Hauptstadt). Die Ehrlichkeit der Dirne wird sicherlich in Zweifel gezogen werden können.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 16:14
Blöde Frage am Rande(oder wurde die schon gestellt?):
Wer verteidigt den SC?
(macht der das selbst oder hat der einen "Anwalt?")

Ich denke mal, dass wird dann ein Advocat übernehmen, wenn die anderen ihn bezahlen.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 16:16
Danke erst einmal für die vielen hilfreichen Gedanken. Ich hätte nicht gedacht, dass so schnell so viel zustande kommt. Gezieltes Nachfragen von Außenstehenden hilft, den Denkprozess voranzutereiben.  :d

EDIT: Ich sehe gerade, dass es noch einen Thread zum Thema Gefangennehmen gibt. Da werde ich mich auch mal noch kundig machen.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Grey am 7.03.2018 | 17:01
Naja, auf Mord steht schon der Tod.
In einer "mittelalterlichen" Gesellschaft galt aber nicht alles als Mord, was heute als solcher durchginge. Es war z.B. vollkommen legal, jemand anderen im ehrlichen Zweikampf zu erschlagen. Und wenn jemand von Stand den unfreien Diener eines anderen verletzte oder tötete, galt das eher als Sachbeschädigung: Es wurde teuer, ging dem Täter aber nicht gleich ans Leben.

Damit eine Tötung als "Mord" galt, musste sie wirklich planvoll und heimtückisch begangen werden. Dann allerdings konnte m.W. sogar ein Adliger des Mordes an einem Unfreien bezichtigt werden.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 17:02
Ah, OK, das ist ja noch ein plausibler Aspekt.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Skyrock am 7.03.2018 | 17:17
Es handelt sich um ein Fantasysetting, obwohl es nicht als finsteres Mittelalter angesehen werden darf, eher frühe Aufklärung. Es spielt in einem asiatisch angehauchten Land.
Das ist ein Aspekt den glaube ich bisher jeder übersehen hat. "Asiatisch" kann alles mögliche sein von den Mongolen der Goldenen Horde über eine der vielen chinesischen Dynastien bis hin zu Japan, eine etwas genauere Eingrenzung, wie das Setting aussieht wäre daher höchst hilfreich.

Verweise auf das Justizwesen im europäischen Mittelalter sind in jedem Fall nicht wirklich zielführend.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Viral am 7.03.2018 | 17:35
Die Frage ist eher, will man einen Prozess mit dem ganzen Prozesswesen ausspielen , wie auch immer das ausgestaltet ist (das kann man beliebig kompliziert und bürokratisch gestalten), oder einfach eine pragmatische Lösung suchen (siehe Vorschläge von Ghoul).

Du kennst deine Spieler am besten, sprich hätten die Spass an sowas. Hast du ein Prozesswesen, das du nutzen kannst oder willst (ob das nun Stände und gesellschaftliche Rollen berücksichtigt oder nicht ist dann erstmal zweitranging)? Da geht dann alles von Bestechung von Richtern, bedrohen von Geschworenen, Beweismittel fälschen über diskreditieren von Zeugen/Prozessbeteiligten.

Ist das ein Spiel an dem deine Spieler und du Spass haben. Man müsste ggf. sich dabei wohl auch überlegen, was der Spieler des Angeklagten so treibt ... der ist ja unter Umständen erstmal raus ...
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Grey am 7.03.2018 | 18:20
Das ist ein Aspekt den glaube ich bisher jeder übersehen hat. "Asiatisch" kann alles mögliche sein von den Mongolen der Goldenen Horde über eine der vielen chinesischen Dynastien bis hin zu Japan, eine etwas genauere Eingrenzung, wie das Setting aussieht wäre daher höchst hilfreich.

Verweise auf das Justizwesen im europäischen Mittelalter sind in jedem Fall nicht wirklich zielführend.
Korrekt. wtf? Ich wundere mich gerade, wie ich das übersehen konnte. Ninjaedit?
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 19:19
Das ist ein Aspekt den glaube ich bisher jeder übersehen hat. "Asiatisch" kann alles mögliche sein von den Mongolen der Goldenen Horde über eine der vielen chinesischen Dynastien bis hin zu Japan, eine etwas genauere Eingrenzung, wie das Setting aussieht wäre daher höchst hilfreich.

Verweise auf das Justizwesen im europäischen Mittelalter sind in jedem Fall nicht wirklich zielführend.

Ist eher chinesisch. Kann nur nicht sagen, welche Dynastie. Ist A Chinese Ghost Story inspiriert.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 7.03.2018 | 19:22
Ich glaube, ich will auch keine Matlockfolge nachspielen. Für die Spieler wird es interessanter sein, einen Weg drumrum zu finden.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Pyromancer am 7.03.2018 | 19:23
Ist A Chinese Ghost Story inspiriert.

Da gibt es doch sogar eine Gerichts-Szene. "Ihr müsst mich doch jetzt bestechen!"
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Bad Horse am 7.03.2018 | 21:00
Ist eher chinesisch. Kann nur nicht sagen, welche Dynastie. Ist A Chinese Ghost Story inspiriert.

Chinesisch im Mittelalter heißt: Bürokratie, Bürokratie, Bürokratie. Da kann man versuchen, zuständige Leute zu bestechen, oder zu schauen, ob man nicht andere, freundlicher gewogene Leute als Zuständige zugewiesen bekommt ("Moooment. Bei diesem Zwischenfall war ein nicht-menschliches Wesen involviert, das heißt, dass die Ermittlungen auf jeden Fall ein Gelehrter durchführen muss.")

Oder man kann versuchen, die einzelnen Behörden gegeneinander auszuspielen ("Aber Lo Mei von der Feuerkontrollbehörde hat gesagt, er möchte nicht, dass der Zeuge ohne ihn befragt wird!" "Horsche mal, Lo Mei, ich glaube ja, der Inspektor will dich ausbooten!").  Oder ein Beamter könnte versuchen, die SCs für seine eigenen Zwecke einzuspannen.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 8.03.2018 | 00:50
Im Moment klagt die Stadtwache an.
Was ist ein Göttersprecher?

Ehrlich die Zeugenaussage der Dirne scheint nicht der Mühe des Aufschreibens wert zu sein
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Darkling ["beurlaubt"] am 8.03.2018 | 01:41
Ganz wichtig: Wie viele von der anklagenden Stadtwache sind Freier der Dirne (gewesen)?  ~;D
Bestechung kann ja auf mehrere Arten erfolgen. Oder muss es dann "Bestechung" heißen?
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Quaint am 8.03.2018 | 06:43
Naja, so wie ich das kenne, ist Ansehen und Ehre und "Gesicht wahren" in der chinesischen Gesellschaft früher ziemlich wichtig gewesen. Da eine Dirne aber kaum den Vorstellungen von Anstand entspricht, dürfte deren Aussage vor einem offiziellen Gericht nicht so furchtbar viel wert sein. Wobei es da auch auf gesellschaftlichen Stand und Ansehen des beklagten SC ankommt, mitunter sind solch abenteuerliche Charaktere ja in der feinen Gesellschaft auch nicht gut gelitten, aber nicht unbedingt. Ich denke mit ein paar guten Proben auf soziale Werte, vielleicht ein paar Unkosten für "Geschenke" und einen anständigen "Anwalt" sollte man da ganz anständig rauskommen können. Wobei da auch ein bissle Mitdenken gefragt ist. Wenn man brühwarm erzählt, das Ei besessen zu haben, was ja schwer verboten ist, werden die einen wohl einknasten oder schlimmeres.

Disclaimer: Ich kenn mich mit China eigentlich nicht aus, bin aber ein kleiner Fan von Wuxia a la Tiger and Dragon und so Sachen wie Exalted, welches ja ganz stark Fantasy ist, in einigen Dingen aber wohl vom alten China inspiriert wurde.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 8.03.2018 | 08:59
Was ist ein Göttersprecher?

Ein Art Priester.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Skyrock am 8.03.2018 | 09:12
Dirnen haben einen extrem niedrigen Stand im alten China. Eine Dirne zu sein war ein derartig massiver Makel, dass sogar die Verwandten der Dirne einen grünen Hut tragen mussten um den Rest der Welt vor Umgang mit ihnen zu warnen: https://randomwire.com/green-hat-a-no-no/

Die Aussage der Dirne ist de facto wertlos, und der einzige Grund für die Obrigkeit sie ernst zu nehmen wäre wenn sie sich als Vorwand für ihre eigenen Interessen nutzen ließe.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: TKarn am 8.03.2018 | 12:21
Vielen Dank nochmal mit den Antworten.
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 8.03.2018 | 12:25
Wie viele von der anklagenden Stadtwache
sind als Zeugen vor Gericht wieviel wert?
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Greifenklause am 8.03.2018 | 12:43
Och, die sind schon einiges wert!
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Tudor the Traveller am 8.03.2018 | 15:40

Nun, es sind Dirnen, die in einer einfachen Kneipe rumhängen
...

1. Die Dirne hat gerufen: "Er hat sie umgebracht."
2. Der Besitz des Eis führt zum Ausschluß aus dem Orden der Schattenmagier und dem Blockieren der magischen Kräfte. Die Magier regeln das im Normalfall unter sich. (Doch keiner der Charaktere ist Schattenmagier).

Du hast alle Möglichkeiten offen, da es Fantasy ist. Aus meiner Sicht ist wesentlich, dass die Reaktion der  Offiziellen bzw. des Reiches dem Flair und den bisherigen Eindrücken im Spiel entspricht. Ich sehe da keine zwingenden Automatismen.

Nur weil eine wahrscheinlich angetrunkene Dirne in einer billigen Kneipe was von "umbringen" faselt , muss noch nicht einmal eine Reaktion der Stadtwache erfolgen. Streit und wilden Beschuldigungen dürften da normal sein...

Gut, dann findet irgendwann irgendwer die Tote. Kommt es überhaupt zur offiziellen Anzeige? Oder hat derjenige ein Interesse daran, offizielle Untersuchungen zu vermeiden? In dem Milieu nicht unwahrscheinlich.
Die Tote wurde von einem Monster getötet, jedenfalls sind die Wunden nicht von einer Waffe. Ein Monster?! Hier? Oh bitte... Vielleicht ein tollwütiger Hund, ja das wäre möglich.

Und wer sagt, dass es nicht  die Dirne war, die nun die Schuld dem armen Seemann zuschicken will? Jeder weiß, Dass Dirnen unehrlich sind. Wahrscheinlich haben die Dirnen gestritten und dann ist es eskaliert...

Vielleicht ist der Ermittlungsbeamte auch nicht sehr bemüht in diesem Dreckloch von Kneipe zu ermitteln und nimmt die bequemste Erklärung, die möglichst keine Arbeit macht.

Außerdem sind doch eh die Magier zuständig. Die haben aber auch besseres zu tun als sich mit Dirnen und Seeleute zu zanken. Also wird das Verfahren wegen Mangel an Beweisen eingestellt.

Und überhaupt ist der doch mit einem angesehenen Priester unterwegs. So einer würde doch nicht...

Sooo viele Varianten, die nicht gegen den Char laufen ;-)
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: Torsten (Donnerhaus) am 29.03.2018 | 12:24
Da ist also ein Ei mit einem Monster drin und der Besitz solcher Eier ist verboten...

Da wird es doch bereits spannend. Wer war denn nun der Besitzer des Eis, als es hinunter fiel? Besitz ≠ Eigentum. Eigentümer ist der dessen Hab und Gut verwaltet wurde. Besitzer waren die anderen SCs, bis die Dirnen es gestohlen haben. Damit waren aber die Dirnen die Besitzer des Eis, wenn auch unrechtmäßig. Kinderpornographie und Falschgeld sind auch dann strafbar, wenn man sie gestohlen hat, weil man sie besitzt.
Wenn der Richter also der Version der SCs glauben sollte ist die überlebende Dirne sowohl eine Diebin, als auch für den Tod ihrer Kollegin und für die Freisetzung des Eis verantwortlich. Dazu kommt das die Dirnen, wenn das Gericht den Diebstahl glaubt, sich die Frage gefallen lassen müssen ob sie nicht sogar sehr genau wussten was sie da stahlen. Wer nimmt schon einfach so ein Steinei mit? Das ist jetzt nichts was direkt als wertvoll erscheint.

In fast allen Varianten stehen die Dirnen recht schlecht da. Also zumindest die Überlebende. Es ist schließlich eher unwahrscheinlich, dass sie einen guten Leumund hat. Gut möglich das sie bereits dutzendfach verwarnt wurde, eventuell sogar bereits aus der Stadt verbannt wurde. Historisch war das keine Seltenheit, nur hieß das noch lange nicht das Leute tatsächlich verschwanden, weil Recht und Durchsetzbarkeit, Theorie und Wirklichkeit, Wunsch und Machbarkeit ein ganzer Schrank voll verschiedener Schuhpaare waren.

Ach und wenn es eine Fantasywelt ist: Gibt es Magie? Es gibt ja schonmal magische Monster. Was ist mit magischen Ermittlungsmethoden? Wahrheitszauber, oder eventuelles Kreuzverhör der Getöteten?
Titel: Re: Mittelalterliche Gerichtsverhandlungen
Beitrag von: felixs am 2.04.2018 | 14:07
Dirnen haben einen extrem niedrigen Stand im alten China. Eine Dirne zu sein war ein derartig massiver Makel, dass sogar die Verwandten der Dirne einen grünen Hut tragen mussten um den Rest der Welt vor Umgang mit ihnen zu warnen: https://randomwire.com/green-hat-a-no-no/

Das ist sehr zweifelhaft.
Hier gibt es die anderen möglichen Versionen https://baike.baidu.com/item/%E6%88%B4%E7%BB%BF%E5%B8%BD%E5%AD%90
Vernünftige Belege gibt es für nichts davon. Das sind letztlich alles volksetymologische Versuche, eine Redensart irgendwie zu begrün(d)en.

Das mit dem niedrigen sozialen Stand von Prostituierten ist zwar grundsätzlich nicht falsch, schwankt aber je nach Zeit sehr stark. Es gibt in diesem Sinne kein "altes China". Während der Tang-Zeit beispielsweise ist Prostitution grundsätzlich kein Problem gewesen, wurde aber von einigen konfuzianischen Gelehrten und auch von buddhistischen Klerikern angegriffen. Es gab dann gelegentlich (meist wirkungslose) Verbote einiger Ausprägungen. In der Song-Zeit gibt es dann eine gut dokumentierte städtische Boheme, für die Prostitution selbstverständlich dazugehört. Zumindest die "besseren" Prostituierten haben dann geradezu den Status von lokalen Berühmtheiten mit entsprechendem Kult und Wertschätzung. Wobei natürlich immer ein bißchen Anrüchigkeit bleibt. Ab der Ming-Zeit (und durchaus auch beginnend in der Mongolen-Zeit, also der Yuan-Zeit) werden dann immer strengere Sittlichkeiten auch in Gesetzten geregelt. Allerdings auch mit starken Schwankungen, vor allem was die Praxis angeht.

Prostituierte waren allerdings nicht selten durch Schuldknechtschaft oder Sklaverei an den Bordellbesitzer gebunden. Was das konkret bedeutet, ist in der chinesischen Rechtstheorie und -Praxis sehr unterschiedlich behandelt worden. Es gibt auch große lokale Unterschiede. In der Praxis hat das aber auch selten juristischer Klärung bedurft, weil die Bordellbetreiber ihre "Rechte" selbst durchgesetzt haben. Zumindest Körperverletzung oder gar Tötung wäre aber in der Regel strafbar gewesen.

Übrigens ist auch die Idee, dass China immer viel Bürokratie bedeutete zwar nicht grundsätzlich falsch, aber auch sehr von Regionalitäten abhängig. Gerade in Grenzgebieten war oft eine beschleunigte und härtere Findung und Durchsetzung von Urteilen möglich. Theoretisch wäre bei den harten Strafen (also Todesurteile unterschiedlicher Grausamkeitsgrade) eine Berufung meist möglich gewesen. Ob das tatsächlich durchsetzbar war, hing stark von den Umständen ab.
Interessant ist in dem Zusammenhang aber, dass es fast immer (theoretisch) für fast jeden möglich war, sich per Petition direkt an den Kaiser zu wenden. Natürlich ist das in der Praxis durch Reglementierung und auch durch Korruption stark eingeschränkt worden, aber die Vorstellung dieser grundsätzlichen Möglichkeit direkter Gerechtigkeit dürfte für das chinesische Rechtsverständnis prägend sein.