Tanelorn.net

Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Der Tod am 21.06.2018 | 09:35

Titel: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Der Tod am 21.06.2018 | 09:35
Ausgehend von diesem Thread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,103919.msg134640075.html#msg134640075), und der Frage, warum neue Spiele/Systeme (hier pbtA) nicht etwa mit Neugierde, sondern oft mit direkter Ablehnung begrüßt werden.

Die spürbare Schutz- und Abwehrhaltung erlebe ich mehrmals im Jahr auch hinter dem Messestand. Rollenspieler (und Rollenspielerinnen, aber weit weniger stark) zahlen Eintritt, kommen auf die Messe, kommen zum Stand, nehmen die Bücher verschiedener kleiner und großers RPGs in die Hand, erklären dann aber mit leicht herablassendem Blick, sie hätten ja schon seit Jahr und Tag DSA, Splimo, D&D, Shadowrun, Runequest o.ä. Und das sei ja alles ganz nett, aber jetzt müsse man sie doch erstmal davon überzeugen, dass das, was sie da vor sich haben, BESSER sei. Ein anstrengendes und meist aussichtloses Unterfangen, wie man sich denken kann.

Meiner persönlichen Einsicht nach liegt das an etwas, dass ich die "Deutsche 1-Spiel-Politik" nenne. Das bedeutet, der deutsche Rollenspieler(tm) ist eigentlich nur auf der Suche nach dem einen, perfekten RPG für seine eine Endloskampagne, die ihn mit ins Grab begleiten wird. Und sobald dieser heilige Gral gefunden wurde, gehen die Scheuklappen hoch. Denn jedes neue System muss ja zwangsläufig eine an das Lieblingsspiel gerichtete Herausforderung oder gar Beleidigung bedeuten - oder sogar heimlich implizieren, dass man irgendetwas seit 20 Jahren oder so falsch gemacht hat. Was mir in der hiesigen Community (jetzt nicht zwingend das :t:!) fehlt, ist das Selbstverständnis dafür, dass es mehrere Spiele gleichzeitig geben kann, die alles etwas gut oder schlecht können, und man nichts dadurch verliert, verschiedene 'Werkzeuge' für verschiedene 'Aufgaben' zu nehmen.

Liege ich falsch? Wie seht ihr das?
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.06.2018 | 09:46
Ich habe festgestellt, das wenn man mir nicht das Besondere eines RPGs erklären kann aka warum sollte ich das Spielen wollen, es meist auch keinen Grund dafür gibt.

Es muss mir einen Grund dafür liefern in das Spiel Geld, Platz und Zeit zu investieren und dieser muss mir dann auch noch gefallen.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: LushWoods am 21.06.2018 | 09:50
Schön das ich nicht als Einziger diesen Eindruck habe.

Ich glaub die meisten dieser Leute wollen eigentlich nicht überzeugt werden, die wollen was Negatives finden um die Bestätigung zu finden das ihr Lieblingsspiel eigentlich doch das Beste ist.
Is aber nur eine Vermutung, ich bin kein Psychologe.
Desweiteren sind Nerd-Grognards halt doch irgendwie schon so ein eigenes, ganz spezielles Völckchen.

Überspitzt beschrieben, sehe ich da so einen DSA-Freak, der mit angeekeltem Gesichtsaudruck eine DW-Ausgabe bei dir am Stand in die Hand nimmt, lustlos drin herumblättert und dich anschnauzt ihm doch mal zu erklären, was dieses "Powered by irgendwas oder wie das heißt, wer denkt sich eigentlich so einen blöden Namen aus ..." denn so toll macht, das alle darauf abfahren.
Ein ähnliches Bild sehe ich in digitaler Form in den pbtA-Threads.
Da würde ich dann relativ schnell die Reißleine ziehen, was ich hier auch immer wieder mache, wenn ich sehe das gut gemeinte Erklärungen einfach nichts bringen.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Darius der Duellant am 21.06.2018 | 09:51
Sich über das eigene Hauptsystem in weitere einzuarbeiten kostet Geld und Zeit. Man verliert also erst einmal Ressourcen die man nicht mehr in seine (RPG) Hauptspaßquelle investieren kann.
Diesen "Verlust" muss das neue System erst Mal halbwegs sicher wieder aufwiegen, damit sich diese Transaktion lohnt.
Der Grad der (empfundenen) Zufriedenheit mit dem Hauptsystem beeinflusst das ganze IMHO Recht stark.
Wenn ich mit System X weitestgehend zufrieden bin und keine Zeit für mehrere Runden habe, warum sollte ich dann was anderes anfassen?
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Noir am 21.06.2018 | 09:56
Das bedeutet, der deutsche Rollenspieler(tm) ist eigentlich nur auf der Suche nach dem einen, perfekten RPG für seine eine Endloskampagne, die ihn mit ins Grab begleiten wird. Und sobald dieser heilige Gral gefunden wurde, gehen die Scheuklappen hoch.

Daran sehe ich übrigens nichts verwerfliches. Wenn ich einmal ein System gefunden habe, dass mir immensen Spaß macht und all meine Bedürfnisse mindestens ausreichend - eher besser - anspricht ... warum sollte ich dann nicht skeptisch gegenüber neuen Spielen sein? Und warum sollte ich überhaupt ein neues Spiel finden müssen? Deshalb ist die Frage "Was macht dieses Spiel besser als XYZ?" oder "Warum sollte ich das spielen?" durchaus legitim, wie ich finde. Das sollte aber natürlich in freundlichem - wenigstens nicht unfreundlichem - Ton passieren.

Ein neues Spiel kann da mitunter durchaus sowas wie eine Herausforderung oder ein Gegner sein. Denn die Zeit, die ich in ein eventuelles neues System investiere (inklusive Spielabend) hätte ich auch mit meinem Lieblingsystem verbringen und damit gesicherten Spaß haben können.

Deshalb ist die Frage, ob sich solche Spiele überhaupt an "alte Hasen mit Lieblingssystem" wenden (sollten)?

/EDIT: Darius war schneller.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Grubentroll am 21.06.2018 | 09:57
An sich finde ich die von dir kritisierte Haltung gar nicht mal so doof.

Ich persönlich finde es schwierig gerade heutzutage bei der Komplexität der System mehr als eins einigermaßen gut drauf zu haben.
Wir sind ja nicht mehr in DSA/D&D-Version1-Zeiten mit 5 bis 6 Attributen, Attacke, Parade, Rüstung und fertig ist der Abenteurer.

Dass man sich dann lieber auf ein System konzentriert ist für den "Otto-Normal-Spieler" der sich nicht dauernd für neue Regelmechanismen interessiert dann die bessere Strategie.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Crimson King am 21.06.2018 | 10:01
Ich kann nicht beurteilen, wieviele Spieler tatsächlich kein Interesse am Blick über den Tellerrand haben. Allerdings spielen da sicherlich mehrere Faktoren eine Rolle. Zeit und Geld sind dabei rational gut greifbare Aspekte. Da kommt aber sicherlich noch eine emotionale Verbundenheit mit dem Leib- und Magensystem hinzu. Das passt dann auch zwangsläufig am besten zur eigenen Spielweise, weil System und Spielweise über Jahre hinweg miteinander verzahnt wurden und man sich darin wohlfühlt, während Veränderungen an mindestens einem der beiden Aspekte zu Aufwand führen und auch ein gefühltes Risiko, etwas liebgewonnenes zu verlieren. Neben emotionaler Verbundenheit kommt also noch eine emotionale Ablehnung gegenüber Veränderung hinzu.

Ich persönlich schaue mir neue Sachen im Übrigen auch gerne an, würde aber, wenn ich selber leite, für Kampagnen zu Hause auch auf Bewährtes setzen.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: KhornedBeef am 21.06.2018 | 10:01
Ich verstehe das Problem nicht. Warum Leute, die emotional in etwas investiert haben, erstmal abwehrend sind? Ist ja nicht P&P-spezifisch.
Auf der anderen Seite, da kommt jemand an den Stand, wo jemand ein Produkt verkauft, und fragt, warum er das Produkt kaufen soll. Ja natürlich, wonach frage ich denn sonst, wenn ich nicht per Lotterie neue Spiele aussuche und die dann kaufe?? Das mache ich bei jeder anderen Investition doch auch. Klar, wenn einer da schon raushängen lässt, dass er alles kacke findet, ist die Frage wohl nicht ganz ehrlich. Aber trotzdem, wenn jemand dich fragt, warum er dein Spiel und nicht DSA/Splimo/FATAL nehmen soll, und du hast keine Antwort darauf, ist dein Produkt vielleicht überflüssig auf dem Markt.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Shogoth64 am 21.06.2018 | 10:03
ich sehe das ein bisschen anders. Natürlich gibt es Leute, die sich was auf das von ihnen gespielten Systeme einbilden, aber die Suche nach dem EINEN System, mit dem man seine Endloskampagne spielen kann, dürfte ein Länderübergreifendes Phänomen sein. Genauso übrigens wie die andere Sorte von Spielern, welche gerne herablassend von sich behauptet, dass sie sooooo unabhängig und Indie seien und Systeme immer nur für Oneshots nutzen.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Kaskantor am 21.06.2018 | 10:04
Die Frage die sich mir hier stellt, wäre dann aber, wenn jemand absolut überzeugt von seinem Haussystem ist, warum schaut er dann überhaupt nach neuen Spielen?

Ich bin bekennender Systemhopper und bringe die Spiele, die ich schon alle gelesen/ getestet habe nicht mehr zusammen.

Trotzdem komme ich aus einer sehr klassischen Rollenspielecke (DnD, Shadowrun...) und bei mir hat es erst so in den letzten Jahren, schätze mal ab 2014 , damit angefangen mir meinen Horizont auch mal mit kleineren Spielen zu erweitern.

Bei mir liegt es ehrlich gesagt hauptsächlich an meinen Mitspielern, die wiederwillig mit mir was Neues probieren, aber auch erst dann, wenn ich sie mit Engelszungen berieselt habe, nur um dann doch wieder in altbekanntes (bei uns hauptsächlich DnD) zu verfallen.
Der Hauptgrund mMn liegt darin, dass sie im Gegensatz zu mir einfach keine Lust haben sich in neue Systeme einzulesen und abseits des Spielens, sich nicht mit RSP beschäftigen wollen. Wobei auch bei einem DnD5 bei weitem nicht alle Möglichkeiten genutzt werden, aus oben genannten Gründen. Das zählt auch nicht für alle aus meiner Gruppe, für manche mehr für manche weniger.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: felixs am 21.06.2018 | 10:05
Ausgehend von diesem Thread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,103919.msg134640075.html#msg134640075), und der Frage, warum neue Spiele/Systeme (hier pbtA) nicht etwa mit Neugierde, sondern oft mit direkter Ablehnung begrüßt werden.

Meinerseits gibt es in der Tat meist viele Fragen zu Mechanik und Spielweise. Einerseits verstehe ich es oft erstmal nicht, außerdem irritiert mich oft die Terminologie, drittens ist mir oft tatsächlich nicht ganz klar, warum ich das spielen wollen sollte (das ist aber auch bei nicht wenigen nicht-neuen Spielen so).

Kann schon sein, dass ich das teilweise nicht angemessen formuliere. Werde versuchen, das in Zukunft besser zu bedenken.

Niemand sollte den Eindruck haben, mit neuen Ideen nicht willkommen zu sein.

Gleichzeitig sollte eine kritische Diskussion immer möglich sein.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Der Tod am 21.06.2018 | 10:07
Ich habe festgestellt, das wenn man mir nicht das Besondere eines RPGs erklären kann aka warum sollte ich das Spielen wollen, es meist auch keinen Grund dafür gibt.
Aber trotzdem, wenn jemand dich fragt, warum er dein Spiel und nicht DSA/Splimo/FATAL nehmen soll, und du hast keine Antwort darauf, ist dein Produkt vielleicht überflüssig auf dem Markt.
Nur kurz dazu: Selbstverständlich weiß ich, was das Besondere an dem RPG ist, dass ich verkaufen will, und erkläre das auch. Alles andere wäre ja wohl lächerlich.
Was ich aber sagen wollte ist: Es wird gar nicht "das Besondere" gesucht. Sondern das eine, "Perfekte" (das sie eigentlich bereits zu haben hoffen). Und das lässt jede Erklärung in 90% der Fälle ins Leere gehen.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Luxferre am 21.06.2018 | 10:08
An sich finde ich die von Dir kritisierte Haltung ziemlich doof  >;D

Das passiv-aggressive in eine Rechtfertigungshaltung auszumanövrieren finde ich ... bedenklich. Das liest man hierzuforum (übrigens oft von den gleichen Leuten betrieben) recht oft, wenn jemand sein Setting oder sein System vorstellen mag. Einfach mal locker machen, Gürtel nicht so eng schnallen, akademische Ansprüche mal runterschrauben und vor Allem: das vermeintlich hohe Ross verlassen! Würde einigen Rollenspielern sehr gut zu Gesicht stehen. Und übrigens ist das ein Gebaren, mit dem einige Rollenspieler in der Öffentlichkeit sehr (SEHR!) negativ auffallen. Was ich an dieser Haltung vermisse ist: Entspannung, Coolness, Rücksicht, Offenheit.

Jemand, der wie beschrieben auftritt, dem spreche ich aufrichtiges Interesse ab.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Kaskantor am 21.06.2018 | 10:15
Ich glaube es wäre einfach, wenn man nicht immer fragt, was macht das denn besser als?
Sonder eher so nacch dem Motto, was macht das den gut, oder zu was besonderem?

Gerade im PbtA Thread würde oft gesagt, das und das kann das auch und ich mach das schon ewig so, wofür brauche ich das dann?

Nun vielleicht braucht es derjenige dann eben garnicht, aber man kann halt nicht jedes Rollenspiel in und auswendig kennen.

Es ist schön, wenn man das mit GURPS beispielsweise auch kann, aber wenn ich mit dem Spiel nie Erfahrungen gesammelt habe und nun mit PbtA schon, dann kann ich auch nur versuchen, dieses System und deren Vorzüge zu erklären.

Vielleicht ist es besser ein System nicht immer Endlos mit irgendeinem System vergleichen zu wollen, sondern sich nur konzentriert Gedanken über Vor-und Nachteile des im Thread genannten Systems macht.
Dann kann auch jeder entscheiden, ob es was für einen ist oder nicht.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Hellstorm am 21.06.2018 | 10:18
Huhu Tod,

ich denke das Problem ist zu vielschichtig als das man eine "klare" Antwort dazu finden kann.

Grundlegend wissen wir zu wenig über die "deutsche Rollenspielszene". Wir können somit nur vermuten, wie viele Systeme gespielt werden. Gerade der Blick Richtung DSA ist doch häufig recht vorbelastet, ob diese Elitäre Haltung wirklich "grundlegend" existiert oder nur von einer "lauten Minderheit" vor sich her getragen wird.

Wie schon angesprochen ist es vermutlich der Lock in Effekt eines Rollenspielsystem. Je länger man X System spielt, desto mehr effektiver läuft das Spiel und deshalb die Lust zu wechseln erstmal sinkt. Auch sind viele Leute nicht über den Rollenspielmarkt informiert (kann ja nicht jeder so Nerds sein, wie im Tanelorn). Außerdem ist es unwahrscheinlich, das viele dieses Hobby in einer starken Intensität betreiben.

PbtA ist auch tatsächlich recht abstrakt (im Verhältnis zu genannten Beispielen), was viele Leute vermutlich abschrecken mag (nenne es mal Regelhörigkeit). PbtA braucht schon einen "befreiteren" Geist...was schwierig ist, wenn man mit Regelheftigen Systeme "rollenspielisiert" wurde.

Aus meiner Erfahrung als Verkäufer auf Messen und in der Ausbildung, die meisten Leuten kann man nicht überzeugen und manche sind auch "abwehrend", das passiert.

(Ich habe PbtA z.b. nicht benutzt, weil es mir zu abstrakt war)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: felixs am 21.06.2018 | 10:20
Vielleicht ist es besser ein System nicht immer Endlos mit irgendeinem System vergleichen zu wollen, sondern sich nur konzentriert Gedanken über Vor-und Nachteile des im Thread genannten Systems macht.
Dann kann auch jeder entscheiden, ob es was für einen ist oder nicht.

Ja, finde ich auch.

Zumal bei Vorlieben (und Abneigungen) für bestimmte Systeme ja auch immer viel Prägung und/oder Bauchgefühl mit reinspielt. Objektivität ist da schwierig und eigentlich auch unnötig.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Feuersänger am 21.06.2018 | 10:23
Leuten mit extremer Abwehrhaltung gegen Neues/Unbekanntes begegnest du überall, in allen Bereichen. Musik, Autos, Computer / Konsolen, andere Hobbies. Ich kenn das noch aus der Kinder- bzw Jugendzeit: wenn man selber ein 8Bit-Nintendo hatte, fand man das neue 16Bit-Sega prinzipiell scheiße. Ohne es je ausprobiert zu haben.

Ich denke durchaus, dass diese Art Abwehrhaltung der unterbewussten Angst oder gar Erkenntnis entspringt, dass das Neue tatsächlich besser ist, was die eigene bisherige Vorliebe entwerten würde.

Aber es muss ja gar nicht so extrem sein, um Ablehnung oder Desinteresse zu begründen. Wie meine Vorredner schon sagten: wenn ich mich in ein komplexes System eingefuchst habe, müsste ein anderes System schon sehr viel besser sein, damit ich die bisherige Investition abschreibe und von neuem Aufwand investiere. Das ist eine schlichte Kosten/Nutzen-Rechnung.
Und wenn man schon soundsoviele Systeme ausprobiert hat, hat man auch irgendwann geschnallt, dass die alle auch bloß mit Wasser kochen und eine neue Veröffentlichung schwerlich so wahnsinnig viel besser sein kann als alles bisher dagewesene. Wir sind jetzt auch oft genug dem letzten Hype hinterhergerannt, nur um dann festzustellen dass es dann doch nur wieder alter Wein in neuen Schläuchen ist.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Oak am 21.06.2018 | 10:23
Eine pauschale Bewertung von individuellem Verhalten ist immer so eine Sache ...

Meiner Erfahrung nach hat das abwertende Verhalten in der Regel aber wenig mit dem Objekt an sich zu tun, sondern mit dem stetigen Kampf gegen die eigenen Unzulänglichkeiten. Sich seiner Unzufriedenheit zu stellen ist oft ein mühseliger Kampf. Da ist es doch viel einfacher, die Unzufriedenheit zu schlucken und sie auf etwas anderes Projizieren. Die im Kontext dessen geäußerte Meinung ist dabei quasi beliebig und nicht wirklich wichtig.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Teylen am 21.06.2018 | 10:30
Ich persönlich vermute das die Haltung ein Resultat dessen ist, dass neue Spiele sehr häufig aggressiv gegenüber bestehenden positioniert werden.
 
Das heißt, der Rollenspieler der vor einem steht und eine Gruppe neuer Spiele durchsieht, hat häufig davon in einer Form gehört die auf "Wer DSA/D&D/SpliMo/etc spielt ist geistig zurückgeblieben und spielt objektiv schlechte Spiele, der neuste heiße Scheiß ist Fate/PbtA/whatever".
Was Angesichts der Diskussion darum wie stark der Dachschaden ist den ein Spiel, wie V:tM, hinterlässt kein rein deutsches Phänomen ist. Allerdings durchaus eine Haltung die ich auch hier mitunter beobachte.

Daneben braucht es mitunter vor der Investition von Geld für das Spiel und Zeit um es zu spielen Gründe weshalb. Ebenso wie die Gelassenheit hinzunehmen das man vielleicht nicht jeden davon überzeugt bekommt.
Ich meine, ich rechne nicht damit, dass ich jetzt jeden von den Vorzügen der 5ten Edition von Maskerade überzeugt bekomme und denke das es vielleicht für alle ganz gut ist wenn man akzeptiert das manche lieber ihre Lieblingsedition spielen. Zumal es gerade bei Editionen, eingeschränkt auch bei Spielen, eine "entweder/oder" Entscheidung ist, weil mehrere Editionen zu spielen sperrig ist oder man nicht genügend Zeit und ggf. Spieler hat.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Hotzenplot am 21.06.2018 | 10:45
An sich finde ich die von Dir kritisierte Haltung ziemlich doof  >;D

Das passiv-aggressive in eine Rechtfertigungshaltung auszumanövrieren finde ich ... bedenklich. Das liest man hierzuforum (übrigens oft von den gleichen Leuten betrieben) recht oft, wenn jemand sein Setting oder sein System vorstellen mag. Einfach mal locker machen, Gürtel nicht so eng schnallen, akademische Ansprüche mal runterschrauben und vor Allem: das vermeintlich hohe Ross verlassen! Würde einigen Rollenspielern sehr gut zu Gesicht stehen. Und übrigens ist das ein Gebaren, mit dem einige Rollenspieler in der Öffentlichkeit sehr (SEHR!) negativ auffallen. Was ich an dieser Haltung vermisse ist: Entspannung, Coolness, Rücksicht, Offenheit.

Jemand, der wie beschrieben auftritt, dem spreche ich aufrichtiges Interesse ab.
+1

ABER:
Mich wundert die Erfahrung vom Tod ein bisschen. Ich kenne mich auf RPG-Messen nicht aus (ich kaufe meinen hot shit woanders ;)). Ist das wirklich so? Mein Eindruck hier aus dem Forum ist fast gegenteilig. Wir stürzen uns doch vehement auf jede neue Sau, die durch´s Dorf getrieben wird.
Mitunter dürften die etablierten Systeme (DSA, D&D, SW, FATE, PbtA) mehr Gegenwind bekommen, aber das liegt halt am FC Bayern Syndrom. Wenn du der Big Player bist, gibt´s halt auch immer viele Hater.
Also: Haters gonna hate. Na und?
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Maischen am 21.06.2018 | 10:48
Vorab: Ich habe mir DW und BTW zugelegt und spiele beides mit Kindern. Die finden das super.

Meine alteingesessene Cthulhu-Runde will nur Cthulhu spielen. Einer hat gefragt, ob man nicht auch mal wieder Warhammer spielen könnte. Der Rest tendiert dazu, keine Fantasy-Settings mehr spielen zu wollen. Ich könnte jetzt natürlich versuchen, denen verschiedene andere Systeme vorzustellen. Das wird aber wohl nicht von Erfolg gekrönt sein. Ich nehme mir das aber mal vor.

Dazu kommt: Keiner von uns geht auf Cons oder Messen. Ich bin als Spielleiter der einzige, der etwas über den Tellerrand schaut. Deshalb bin ich und meine Runde auch nicht unbedingt typisch für das beschriebene Phänomen.

Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Hellstorm am 21.06.2018 | 10:49
+1

ABER:
Mich wundert die Erfahrung vom Tod ein bisschen. Ich kenne mich auf RPG-Messen nicht aus (ich kaufe meinen hot shit woanders ;)). Ist das wirklich so? Mein Eindruck hier aus dem Forum ist fast gegenteilig. Wir stürzen uns doch vehement auf jede neue Sau, die durch´s Dorf getrieben wird.
Mitunter dürften die etablierten Systeme (DSA, D&D, SW, FATE, PbtA) mehr Gegenwind bekommen, aber das liegt halt am FC Bayern Syndrom. Wenn du der Big Player bist, gibt´s halt auch immer viele Hater.
Also: Haters gonna hate. Na und?

Denke das Tanelorn ist in keiner weise eine Abbildung der PnP Realität in Deutschland :D Wenn ist es vermutlich, das absolute Gegenteil.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Caranthir am 21.06.2018 | 10:52
Ich sehe diese Abwehrhaltung zumindest hier im Tanelorn nicht wirklich. Klar kommen immer wieder Leute mit bestimmten Spielen nicht zurecht. So auch mit PbtA. Das heißt aber nicht, dass diese Leute immer nur ihr eines System spielen. Mir geht es im Prinzip immer so, dass ich mit einem neuen Spiel erstmal meine Probleme habe. Ich muss mich in die Denke reinfinden und kapieren, was die Autoren jetzt genau wollen.

Bei den gut geschriebenen und erklärten Rollenspielen macht es bei mir sofort Klick, wenn ich die lese. Dann gibt es aber auch die Spiele, die zwar von den Regeln her top sind, die aber einfach schlecht erklärt werden. Und das nervt mich dann manchmal. Schöne Idee, aber wenn ich den Regeltext dreimal lesen muss, um zu verstehen, was der Autor jetzt von mir will ... *argh*.

Und ja, ihr habt recht, beim Spielen lösen sich viele dieser Probleme, daher probiere ich Sachen gerne mal aus.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Arldwulf am 21.06.2018 | 10:55
Bis zu einem gewissen Grad liegt das wohl auch daran, dass die großen Systeme in sich selbst bereits sehr viel Abwechslung bieten. Sei es durch viele verschiedene Settings oder auch durch in den einzelnen Editionen sehr unterschiedliche Regelmechanismen.

Welche auch häufig natürlich Inspiration von anderen Regelwerken ziehen, so das "das Besondere" vieler neuer Systeme eigentlich gar nicht so besonders und neu ist.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: KhornedBeef am 21.06.2018 | 10:56
Nur kurz dazu: Selbstverständlich weiß ich, was das Besondere an dem RPG ist, dass ich verkaufen will, und erkläre das auch. Alles andere wäre ja wohl lächerlich.
Was ich aber sagen wollte ist: Es wird gar nicht "das Besondere" gesucht. Sondern das eine, "Perfekte" (das sie eigentlich bereits zu haben hoffen). Und das lässt jede Erklärung in 90% der Fälle ins Leere gehen.
Ok, dann sind halt die Leute, die so fragen, ein bisschen doof. Oder unerfahren. Sorry wenn ich dich falsch verstanden habe.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Teylen am 21.06.2018 | 11:03
Es gab da erst vor kurzem eine größere Facebook-Diskussion zum Thema "Fast alle Leute - nur meine Freunde nicht - die Spielleiterschirme benutzen sind Leute Bescheißer die nicht richtig spielen können, oder? (Nein! Doch! Und Wie! Gar nicht! ...) (https://www.facebook.com/groups/Pen.and.Paper.Rollenspiel/permalink/10156338711498076/)".
Ebenso eine kleinere zu Thema "Hey, wieso lasst ihr den Leuten nicht ihren Spaß?! ('Ja, gute Idee' vs. 'Weil sie halt nicht den richtigen/besten/überhaupt Spaß haben') (https://www.facebook.com/groups/Pen.and.Paper.Rollenspiel/permalink/10156339546973076/)"

Im Rahmen der Diskussionskultur wundert es mich nicht das Leute einerseits Perfektion suchen, zumal es auch im Tanelorn nach meinem Eindruck die Haltung gibt das XY objektiv besser sein, andererseits anfangen ihr System (auch nach vorne) zu verteidigen.
Und das Argument "Du bist aber doch das Äquivalent zu einem Bayern-Fan, schluck den Hate" funktioniert da nicht. Einerseits weil auch Bayern-Fans ihren Club lieben (denk ich), andererseits weil es vom Größenvergleich her nicht hinkommt.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.06.2018 | 11:07
Nur kurz dazu: Selbstverständlich weiß ich, was das Besondere an dem RPG ist, dass ich verkaufen will, und erkläre das auch. Alles andere wäre ja wohl lächerlich.
Von Aborea - Splittermond ist es dann wohl lächerlich
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: felixs am 21.06.2018 | 11:09
Von Aborea - Splittermond ist es dann wohl lächerlich

Könntest Du das vielleicht in einem oder mehreren vollständigen Sätzen erneut erklären? Ich kann das so nicht verstehen.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.06.2018 | 11:13
Das von Arborea - Splittermond mir keiner das Besondere an ihrem RPG erklären konnte
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Boba Fett am 21.06.2018 | 11:15
Wenn man mit Fanboys redet, braucht man keine reflektierten Ansichten erwarten.
(In diese These schließe ich mich sogar selber ein.)
"Liebe macht blind" - und wenn ich ein bestimmtes Rollenspiel über alles schätze, macht mich das auch blind gegenüber Vorzüge anderer und den Schwächen des Geliebten.
Im Tanelorn gibt es auch Fanboys, die in den (jeweils aktuellen) heißen Scheiß stehen. Für die ist der heie Scheiß von vorgestern entsprechend unattraktiv.

Und in Diskussionforen im Internet werden Debatten immer heftiger ausgetragen als sie das vis-a-vis würden.

Ich habe festgestellt, das wenn man mir nicht das Besondere eines RPGs erklären kann aka warum sollte ich das Spielen wollen, ...

Ich stelle mir bei solchen Positionen immer die Drage, warum sollte jemand einem das besondere erklären...
Gut, er mag vielleicht vom Spieleverlag sein, oder ein Shopbesitzer, so daß kommerzielle Interessen dahinterstehen.
Aber hey, wenn derjenige sich an den Messestand oder den Shop begibt, wenn er sich auf ein Gespräch einläßt, dann besteht interesse.
"Kannst Du mir erklären, warum ich das Spielen sollte?"
"Hast Du wirklich Interesse an dem Spiel oder fragst Du nur, um dich wieder abzuwenden und Dich Deiner vorgefassten Meinung bestätigt zu sehen, dass das eh nichts werden konnte?"
...
Ich meine, es gibt doch genug Reviews und Dokumentation, um sich zu informieren.

Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Grubentroll am 21.06.2018 | 11:15
Und wenn man schon soundsoviele Systeme ausprobiert hat, hat man auch irgendwann geschnallt, dass die alle auch bloß mit Wasser kochen und eine neue Veröffentlichung schwerlich so wahnsinnig viel besser sein kann als alles bisher dagewesene.

Wir sind jetzt auch oft genug dem letzten Hype hinterhergerannt, nur um dann festzustellen dass es dann doch nur wieder alter Wein in neuen Schläuchen ist.

Und auch hier ist viel dran.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: JS am 21.06.2018 | 11:17
Mir und meinem Spielerkreis aus ca. 12 Leuten ist nach wie vor das Interesse am Neuen zu eigen, aber auch wir haben eine gewisse Abwehrhaltung gegenüber dem "letzten Schrei der Szene" und Nischenprodukten mit kleinen, aber aktiven und lauten Fangemeinschaften entwickelt. Wie haben aus schlechten Erfahrungen gelernt. Und bei hunderten bis tausenden Rollenspielbüchern in unseren Schränken steht dann schon jeweils die Frage nach dem individuellen Wert eines neuen Systems/Settings im Raum.

"Kannst Du mir erklären, warum ich das Spielen sollte?"
"Hast Du wirklich Interesse an dem Spiel oder fragst Du nur, um dich wieder abzuwenden und Dich Deiner vorgefassten Meinung bestätigt zu sehen, dass das eh nichts werden konnte?"

Eben. Auf den Punkt, Boba.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Moonmoth am 21.06.2018 | 11:17
Es ist ja doch oft eine problematische Haltung, das "Neue" und das "fremde" als Bedrohung für den eigenen Status Quo - hier: Die eigenen Regeln, die eigene Spielwelt, den lieb gewonnenen Charakter - zu empfinden. Das beschränkt sich ja nicht nur auf Rollenspieler, aber hier fällt es eben auch oft auf. 

"Systemhopping" finde ich persönlich oft richtig super - gerade wenn es viiiele fremde und neue Ideen gibt. Wenig hat unser Spiel in der Pathfinder Kampagne so positiv beeinflusst wie ein spannender, aber auch kräftezehrender Exkurs in die Welt von Fate, der viel, viel Umdenken erforderte. Das hätte genauso gut auch ein pbtA Spiel oder ein anderes System  sein können, natürlich - wir haben die Stärken von PF durchaus in neuem Licht gesehen aber gerade Charaktere werden heute viel, viel bewusster ausgespielt als vor Fate; neue SC sind "durch die Bank" mit gut spielbaren Motivationen und Charaktereigenschaften ausgestattet.  (Fate spielen wir übrigens auch immer noch.)

Ich verstehe aber auch die Sorge, mal die kuschelige Komfortzone mit gewohnter Welt und gewohnten Figuren und gewohnten Regeln zu verlassen, die für manche wirklich wie Urlaub vom Alltag ist, in dem man nicht auch noch Arbeit investieren will, um neue Dinge zu lernen.

Dennoch: Es bringt wahnsinnig viel, mal über den Tellerrand zu sehen. Wenn man neue Spiele einfach mal als "anders und interessant" wahrnehmen kann, anstelle von "die behaupten, besser zu sein als Shadowrun 1!!!!! KETZEREI!" (o.ä.), dann wäre sicher schon einiges geschafft.




Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Rhylthar am 21.06.2018 | 11:20
Ich weiss eigentlich ziemlich genau, warum ich bestimmte Sachen (eben auch PbtA) ablehne. Allerdings muss ich mich "zwingen", beim Neu-Einlesen/Angucken eines "neuen" Systems vorurteilsfrei heranzugehen, weil ich häufig von dem Hype, der um ein System schon im Vorfeld gemacht wird, genervt bin. Hype heisst nämlich auch mal gerne, den etablierten (und von mir geschätzten Systemen) auch erstmal mal einen Seitenhieb zu verpassen a la "Das bessere D&D!".

Ist es aber dann häufig (für mich) nicht.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Anro am 21.06.2018 | 11:43
Ohne Genaues über die Gespräche zu wissen kann man ja eh nur raten.

Aber was noch nicht wirklich angesprochen wurde, mir aber als ein großer Punkt erscheint, ist dass es System und keine SubSysteme/Kleinkomponenten sind.
Was ich meine ist, dass ein System mit ganz vielen Aspekten daher kommt.
Fast alle Systeme haben etwas, was mich (persönlich) abschreckt - teilweise so intensiv eingebaut, dass man es selbst mit einem großen Homebrew-Kessel nicht ersetzen könnte.

Schauen wir uns Splittermond an:
Um nur ein paar zu nennen.
Einige Punkte davon klingen für euch sicher total gut, andere total abturnend.
Das geht glaube ich bei allen Systemen so.

Fate ist dieses Ding, was ich echt mögen wollte.
Je mehr ich hörte, desto abstoßender fand ich es.
Ich will es (immer noch) "ernsthaft" auf ner Messe irgendwann spielen, um zu schauen, ob meine Befürchtungen stimmen, oder ob ich mich da doch reinfinde.

Dungeonworld klingt super und furchtbar (zumindest im ersten Moment):

Ich glaube, das ist wie von einem wunderhübschen Menschen in ner Bar als Single einen Drink ausgegeben bekommen, ein wenig anlächeln, alles wirkt super und dann hört man plötzlich:
ne furchtbare Stimme,
dieser Mensch ist militanter superveganer,
dieser Mensch ist militanter superRohfleischesser
... Ich wisst schon.

Die Enttäuschung ist vielleicht auch ein Grund, dass es dann etwas bitter klingt.
(Vor allem, wenn dieses Lothrakis mit den Hundewesen doch so cool ist, warum guckt der denn jetzt so angewidert, kann ja nicht an den angesprochenen Punkten liegen.)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Suro am 21.06.2018 | 11:53
Ich erlebe das als Mischung aus unangenehm wahrgenommenem Sendungsbewusstsein und überbordendem Enthusiasmus ("Du suchst ein System das xy tut? Nimm doch System A, das geht zwar in eine völlig andere Richtung und wurde von dir ausgeschlossen, aber es ist so super!") von Seiten der Fanboys, der dann auch mal gereizte Abwehrhaltung und vielleicht nicht immer optimal informierte und wohlwollend vorgetragene Kritik an neuen Systemen hervorruft. Das kann dann einen Teufelskreis hitziger Diskussionen auslösen.

Scheint mir aber ein anderes Phänomen zu sein als konservative Ein-System-Liebhaber.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.06.2018 | 12:06

Ich meine, es gibt doch genug Reviews und Dokumentation, um sich zu informieren.
Nicht unbedingt,   bei SPliMo und Arborea war z.B. noch gar nix draussen als ich fragte.
Von  ist - nicht - mein - Rollenspiel- also - ist - es - schl ..echt vs.  ist - mein - Rollenspiel- also - ist - es - toll Verriss - WerbeJubelperser Texten mal ganz abgesehen(speziell vor dem Internet)

Dazu stellen Reviews meist nicht mal die Fragen, die mich interessieren
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: felixs am 21.06.2018 | 12:12
("Du suchst ein System das xy tut? Nimm doch System A, das geht zwar in eine völlig andere Richtung und wurde von dir ausgeschlossen, aber es ist so super!")

Das ärgert mich in großer Regelmäßigkeit.
Aber das ist in allen (Hobby-) Internetforen so: Wenn man eine Frage stellt, bekommt man hauptsächlich Empfehlungen, die zwar nichts mit der Frage zu tun haben, dafür aber sehr viel über die Vorlieben der Antwortenden aussagen. Die sinnvollen Beiträge gehen dann darin unter.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Hotzenplot am 21.06.2018 | 12:21
Das Thema zu Dungeon World hat mich jetzt übrigens dazu gebracht, gerade das deutsche DW in meinen digitalen Einkaufswagen im Shop zu schieben. Dabei habe ich das englische noch nicht mal verkauft. Soviel zur Abwehrhaltung.  >;D
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: LushWoods am 21.06.2018 | 12:39
Das Thema zu Dungeon World hat mich jetzt übrigens dazu gebracht, gerade das deutsche DW in meinen digitalen Einkaufswagen im Shop zu schieben. Dabei habe ich das englische noch nicht mal verkauft. Soviel zur Abwehrhaltung.  >;D

 :d Die deutsche Version is tatsächlich auch besser  :)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Maarzan am 21.06.2018 | 12:53
Du willst schließlich etwas verkaufen. Der Käufer/Spieler ist erst einmal zu gar nichts verpflichtet (und üblicherweise schon an einer Verbesserung interessiert - aber eben innerhalb seiner Präferenzlinie).
Wenn der Kunde/Mitspieler also nicht anbeist, bist du als Verkäufer oder das Spiel als Produkt einfach zu schlecht.

(Außer vielleicht noch die Abwehrhaltung stammt von unlauterem Wettbewerb der Konkurrenz, welche Falschmeldungen über dein Produkt verbreitet hat ...)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Tyloniakles am 21.06.2018 | 12:56
Das von Arborea - Splittermond mir keiner das Besondere an ihrem RPG erklären konnte

Irgendwie „tut nicht weh“, „Fäntelalter“, „für jeden ein bißchen Fluff-Geschmack dabei“
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: alexandro am 21.06.2018 | 12:57
Du willst schließlich etwas verkaufen. Der Käufer/Spieler ist erst einmal zu gar nichts verpflichtet (und üblicherweise schon an einer Verbesserung interessiert - aber eben innerhalb seiner Präferenzlinie).
Wenn der Kunde/Mitspieler also nicht anbeist, bist du als Verkäufer oder das Spiel als Produkt einfach zu schlecht.

Die wenigsten Leute in Rollenspielforen verkaufen ein Produkt.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Maarzan am 21.06.2018 | 12:59
Die wenigsten Leute in Rollenspielforen verkaufen ein Produkt.

Sie "verkaufen"/bewerben den Platz in ihrer Runde bzw. das System allgemein, um entsprechend einen potentiell größeren Pool Mitspieler zu haben.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: felixs am 21.06.2018 | 12:59
Die wenigsten Leute in Rollenspielforen verkaufen ein Produkt.

Das ist einerseits wahr, andererseits benehmen die Leute sich aber oft so. Und teilweise sagen sie das auch.
Ich vermute da eine Übernahme amerikanischer Prägungen, bei denen Forenbeiträge sehr oft Titel wie "Sell me on..." tragen. Das färbt ab - wie leider unschwer auch am Sprachgebrauch im hiesigen Forum oft erkennbar.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: eldaen am 21.06.2018 | 13:05
Achtung, Rant!

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: KhornedBeef am 21.06.2018 | 13:22
Achtung, Rant!

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
uäh, danke für diese Assoziationen. Squick...

Ich finde übrigens, wenn ich auf eine Messe gehe, und dafür Geld bezahle, und der Verlag bezahlt da auch Geld für seinen Stand, dann sollte sich da keiner hinstellen und erklären "es gäbe genug Reviews und Dokumentationen", weil das im Endeffekt hieße dass beide Parteien geisteig umnachtet sein müssten, um sich da trotzdem hinzustelllen.
Hier im Forum ist was anderes, aber der Aufhänger war ja Messe.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: alexandro am 21.06.2018 | 13:29
Sie "verkaufen"/bewerben den Platz in ihrer Runde
Gegenüber Mitspielern, die geographisch ganz woanders sitzen und mit denen sie höchstwahrscheinlich niemals spielen werden.  ::) EDIT: Und in vielen Fällen ohne vorher auch nur ansatzweise zu überprüfen, ob deren Spielvorlieben überhaupt ansatzweise kompatibel mit der Art ist, wie man selbst dieses Spiel angeht.

Zitat
bzw. das System allgemein, um entsprechend einen potentiell größeren Pool Mitspieler zu haben.

Mit mehr 5-6 Spielern braucht man nicht zu spielen, die meisten Systeme haben schon 20-30 Fans (die großen eher so 70-90 oder noch mehr).

Ich denke Spielermangel ist nicht das Problem (diese Amöben-Haltung* findet sich auch sehr seltenfast nie bei ganz kleinen Nischensystemen, sondern bei Sachen, die bereits ziemlich groß sind und schon ein beachtliches Following haben).

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: First Orko am 21.06.2018 | 13:35
Huh. Ich lese hier mit Verwunderung und finde mich so gar nicht wieder. Was mich wundert: Warum fahren Leute mit Brett im Kopf auf ne Con - die ja im Falle von Nordcon und co ja doch eben Messe-Charakter hat - und schauen sich Produkte an, die für sie niemalsnienicht in Frage kommen nur um dann darüber zu nörgeln?
Ich selbst hab eigentlich auch meine 3-4 Lieblingssysteme, schaue aber immer wieder über den Tellerrand und probiere gerne Neues aus - auch um althergebrachte Spielweisen zu hinterfragen und dazu zu lernen.
Aber ich lasse auch gerne mal Hype Hype sein und spiele "den neuen Scheiß" dann, wenn ICH Lust dazu habe. Zwingt mich ja keiner. Aber darüber zu lästern oder andere anzugreifen? Pfft. Warum denn?*


Was die Bereitwilligekeit zum Wechseln von lange gespielten Systemen angeht: Das würde ich als Variante der Sunk Cost Fallacy (https://www.logicallyfallacious.com/tools/lp/Bo/LogicalFallacies/173/Sunk-Cost-Fallacy) sehen.
Man hat ja schon X Zeit und Geld in das Lieblingssystem gesteckt - dann noch zu Wechseln lohnt einfach nicht!
Dabei wird oft übersehen, welche Zugeständnisse man allzu oft macht (Spieler, die nach Jahren Regeln und Setting nicht lernen wollen / immer weniger Auswahl von Neuspielern / Massen an Hausregeln usw) und welche neuen, kreativen Impulse durch ein Sytemwechsel entstehen können - auch für die alte Runde!

*und wenn ich doch mal Lust habe, dann gibts die DSA-Blubberlästerunde ;-) Übrigens eine hervorragende Instituation hier im Forum, der das eine zeitlang sehr prominente DSA-Bashing ganz geschickt kanalisiert und damit aus anderen Bereichen weitestgehend rausgehalten hat - zumindest meine Wahrnehmung. Bei mir hats funktioniert!

Vielleicht brauchen wir mal einen generischen "Die Der-neuste-Hype-[System einsetzen] - Blubberlästerunde"  8]
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.06.2018 | 13:39

Wenn der Kunde/Mitspieler also nicht anbeist, bist du als Verkäufer oder das Spiel als Produkt einfach zu schlecht.
oder nichts was "passt"?

Mir ist noch was eingefallen, ausreichend Wahrscheinlich es spielen zu können.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Quendan am 21.06.2018 | 15:07
Ich finde übrigens, wenn ich auf eine Messe gehe, und dafür Geld bezahle, und der Verlag bezahlt da auch Geld für seinen Stand, dann sollte sich da keiner hinstellen und erklären "es gäbe genug Reviews und Dokumentationen", weil das im Endeffekt hieße dass beide Parteien geisteig umnachtet sein müssten, um sich da trotzdem hinzustelllen.

Ich bezweifel mal, dass das wirklich an irgendeinem Verlags-Rollenspielstand in Deutschland passiert ist. ;)

Ich weiß jetzt nicht wann und mit wem du z.B. gesprochen hast Lichtschwerttänzer (auch wenn mir bei dieser Anekdote schwer fällt zu glauben, dass da jemand einfach scheiße oder lustlos erklärt hat), aber auf der nächsten Con erkläre ich dir gerne alles zu Splittermond was du wissen möchtest. So wie ich und andere Autoren das schon sicherlich inzwischen über hundert mal hilfsbereit und begeistert getan haben.

Ich bezweifel, dass es dir danach besser gefällt. Das liegt aber mE nicht daran, wie man es dir erklärt, sondern was du möchtest und erwartest. Und wenn du die eine Besonderheit suchst, die dich einzeln total flasht, dann bist du bei DSA und Splittermond (und manch anderem allgemeinen Fantasy-RPG) vermutlich auch falsch.

Aber wenn wir so blöd wären und niemandem auf Messe irgendwas sinnvoll erklären würden oder könnten, dann hätten wir vermutlich keinen Erfolg.  ;)

Zum allgemeinen Thema: Meiner Erfahrung nach trifft man auf so eine Antihaltung vor allem im Internet, im direkten Gespräch ist das deutlich weniger präsent. Klar kommen auch mal Leute zum Stand mit einem eher abschätzigen Blick und fragen "Warum sollte ich das denn spielen?" (nicht nur auf Splittermond bezogen, auch auf andere Spiele in unserem Sortiment). Wenn man es ihnen dann erklärt sind die meisten aber freunndlich. Und zwar egal, ob sie das was sie hören mögen oder feststellen, dass es nichts für sie ist. Und die, bei denen das nicht der Fall ist, die muss man halt ignorieren (im Sinne von: sich nicht ärgern). Die Mehrheit ist aber sowieso einfach sehr aufgeschlossen und neugierig auf Neues (wenn sie sich überhaupt für andere Spiele als ihr Hauptsystem interessieren).

Wobei natürlich auf jedes Gespräch nach dem man etwas verkauft auch ein halbes Dutzend kommt, wo das nicht der Fall ist. Das ist halt normal, die eigenen Spiele sind ja auch nicht für jeden zwingend was.

Im Internet hast du aber halt auch eher als im realen Leben dann noch Leute danebenstehen, die mit einer negativen Meinung mit reingehen und die sehr vehement vertreten. An einem Messestand stehen die Leute halt nicht rum und sagen jedem Kunden, das XY eh überbewertet ist. ;) Im Internet ist mir auch schon aufgefallen, dass da bei diversen Themen (und auch abseits von uns als Verlag) manche Poster quasi fast schon alle überzeugen wollen, dass XY schlecht ist. Nicht, dass es ihnen nicht gefällt oder zu ihren Vorlieben nicht passt - sondern dass es schlicht schlecht ist.

Woran das liegt? Keine Ahnung, vermutlich gibt es da vermutlich eh immer unterschiedliche Gründe je nach Person. Sendungsbewusstsein kann eine Sache sein. Hype-Allergie scheint auch mitunter ein Faktor zu sein, denn je größer der Hype ist, desto vehementer gehen andere dagegen an. Wieder andere ärgern sich vllt, dass XY die Aufmerksamkeit (fälschlich!!11) kriegt, die eigentlich ihrem Lieblingssystem zusteht. Und manch anderer mag es schlicht nicht und sieht sich gar nicht als vehementer Kritiker, sondern er postet halt einfach seine Meinung im Forum/auf Facebook.

Insgesamt ist das mE aber auch kein riesiges Problem. Klar, das gibt es. Und das kann schnell dominant wirken. Aber der Großteil der Leute ist auch im Internet echt nett und aufgeschlossen meiner Erfahrung nach.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: JS am 21.06.2018 | 15:12
Ich möchte bestätigen, daß meine Leute und ich in Essen an den Ständen von Uhrwerk und Ulisses in den letzten Jahren stets umfangreich und freundlich über Miez und Mauz informiert wurden.
Ich habe allerdings auch nicht mit verschränkten Armen irgendwelche Fischmarktschreier aus Hamburg erwartet, die mir ihren "heißen Scheiß heißer als mein aktueller Scheiß" vor den Latz knallen.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Ginster am 21.06.2018 | 15:22
alle überzeugen wollen, dass XY schlecht ist. Nicht, dass es ihnen nicht gefällt oder zu ihren Vorlieben nicht passt - sondern dass es schlicht schlecht ist.

Ich denke, das ist hier auch der Hauptpunkt des Eingangspostings. Niemand möchte ja Menschen absprechen ihr Lieblingsspiel bis zum Ende aller Tage zu spielen. Nur, dass die eigenen, langjährigen Gewohnheiten als Qualitätsmaßstab an andere Spiele angelegt werden, ist eben ... nun ja.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.06.2018 | 15:25
Ich bezweifel mal, dass das wirklich an irgendeinem Verlags-Rollenspielstand in Deutschland passiert ist. ;)

Ich weiß jetzt nicht wann und mit wem du z.B. gesprochen hast Lichtschwerttänzer (auch wenn mir bei dieser Anekdote schwer fällt zu glauben, dass da jemand einfach scheiße oder lustlos erklärt hat), aber auf der nächsten Con erkläre ich dir gerne alles zu Splittermond was du wissen möchtest.
Es war nicht Splittermond oder Uhrwerk, sollte ich fehlerhaft diesen Eindruck erweckt haben so möchte ich in aller Form um Entschuldigung bitten!

Es war ein anderer RPG Produzent, der sich weigerte diese Fragen in seinem Forum zu beantworten, und meinte komm doch auf der RPC vorbei.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Quendan am 21.06.2018 | 15:27
Ah, ok. Dann war das nur ein Missverständnis, danke für die Klarstellung! :)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: First Orko am 21.06.2018 | 15:31
Ich möchte bestätigen, daß meine Leute und ich in Essen an den Ständen von Uhrwerk und Ulisses in den letzten Jahren stets umfangreich und freundlich über Miez und Mauz informiert wurden.
Ich habe allerdings auch nicht mit verschränkten Armen irgendwelche Fischmarktschreier aus Hamburg erwartet, die mir ihren "heißen Scheiß heißer als mein aktueller Scheiß" vor den Latz knallen.

Den Eindruck kann ich für die Nordcon total unterschreiben! Wir waren diesmal an vielen Ständen und überall wurde ich freundlich angesprochen und habe auf Nachfrage sehr ausführliche Antwort bekommen. Manchmal auch etwas zu früh schon - ich bekomme bei solchen Situationen ja immer fast ein schlechtes Gewissen, wenn ich beim ersten Blick sehe, dass es vermutlich nix für mich ist aber der Verkäufer davon total überzeugt ist... aber das ist mehr so meine Sache ;-) Ich sag dann aber auch immer "Ja danke ich schau dann mal noch ein bißchen"  - und nicht etwa "Böh wasn Dreck" oder son Mist!
Ich meine: Gerade bei kleinen Verlafen stehen da auch die Macher am Tisch, die da viel Herzblut reingesteckt haben. Das achte ich hoch, ganz egal wie ich das Produkt finde. Und schon manches Mal hat die Sympathie noch das Quentchen gebracht, um doch den Geldbeutel zu zücken...
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Teylen am 21.06.2018 | 15:51
Die wenigsten Leute in Rollenspielforen verkaufen ein Produkt.
Ich persönlich mache durchaus bewusst in Rollenspielforen, auf Social Media und in meinen Blogs Werbung für mein Lieblingsrollenspiel respektive versuche andere dafür zu animieren, begeistern und zu informieren.

Einerseits, in der Hoffnung dadurch Spieler zu generieren. Die müssen auch gar nicht unbedingt mit mir spielen, wobei ich mich freue Mitspieler finden zu können, sondern können gerne selbst miteinander spielen. Dabei kaufen sie Produkte, investieren, der Verlag kriegt Geld, merkt das es sich lohnt und am Ende gibt es mehr Produkte die ich kaufen kann.
Andererseits, in der Hoffnung sie vielleicht zu kreativen Unterfangen zu animieren die mich unterhalten oder die mir etwas bieten. Das heißt, wenn sie beispielsweise interessante Diskussionen führen, wenn sie eigene Abenteuer oder Settings schreiben, wenn die Larps veranstalten, wenn sie Videos machen,... wenn sie sonst wie aktiv werden. [Wodurch sie idealerweise mehr Leute begeistern, die mehr Produkte kaufen, den Verlag/die Lizenznehmer mehr animieren und wo ich am Ende mehr hab]

Daneben macht es mir einfach Spaß mich über Dinge zu verbreiten von denen ich Fan bin.
In Bezug auf mein WoDnews Blog bereits 255 Artikel seit 15.01 viel Spaß... die würde ich ja nicht schreiben wenn es mir keinen Spaß machen würde.

Was mich wundert: Warum fahren Leute mit Brett im Kopf auf ne Con
Naja, wenn sie es anpacken, reingucken und Fragen kann das Brett finde ich nicht so hart sein.
Das wäre ja mehr wenn sie es komplett ignorieren und nur an anderer Stelle nörgeln.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.06.2018 | 15:53

Ich bezweifel, dass es dir danach besser gefällt.
Möglich, da ich es fast komplett in ner Kiste hier liegen habe
Hattest du auf der Fee noch was vor?

Zitat
Und wenn du die eine Besonderheit suchst,
Ich glaube unter Besonderheit verstehen wir unterschiedliche Dinge.
Nicht alles ist Doppelplusuperflashygutbesondersanders.

Eher was zeichnet die Jugoslawische Küche im Vergleich zur deutsche Küche aus oder worin unterscheidet sie sich.
SpliMo Solides deutsches High Fantasy Setting mit interessanten Nicht nur Mainstream Kulturen wie z.B. Farukan.


@Ginster

Ich beurteile ein Rollenspiel danach wie gut es umsetzt was es als seine Agenda bezeichnet

Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Maarzan am 21.06.2018 | 15:57
oder nichts was "passt"?

Mir ist noch was eingefallen, ausreichend Wahrscheinlich es spielen zu können.

Ich korrigiere: .. zu schlecht aus der Bedürfnislage des "Kunden" gesehen.
...und nebenbei: Deine Bedürfnislage/Geschmack ist veralteter, engstirniger, uncool spießiger und uniformiert langweiliger Scheiß ist auch nicht die beste Ausgangslage für eine friedliche Kommunikation/Verkaufsgespräch....

Umgekehrt: und wenn es passt, wird auch gekauft - im Übrigen wohl eher zu viel, wenn man sich überlegt, wie viel von dem Kram, den man hat, man dann auch wirklich spielt. Können wohl die meisten Leute hier ein Lied von singen.

Das Werben wirkt außerdem ja nicht nur im individuellen Umkreis und dem 1:1. Jeder Überzeugte ist ja auch ein Multiplikator, jeder Kauf eines anderen erhöht die Chance, dass der eigene Lieblingsverlag weitermacht, neue Leute, mit denen man sich austauschen kann, die Fanmaterial erzeugen  etc..
Und wer auf Ständen steht und Leute anquatscht, hat wohl doch eher etwas zu verkaufen nebenbei.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: alexandro am 21.06.2018 | 16:08
Ich korrigiere: .. zu schlecht aus der Bedürfnislage des "Kunden" gesehen.
...und nebenbei: Deine Bedürfnislage/Geschmack ist veralteter, engstirniger, uncool spießiger und uniformiert langweiliger Scheiß ist auch nicht die beste Ausgangslage für eine friedliche Kommunikation/Verkaufsgespräch....

In der Regel ist es ja umgekehrt.

Der "Verkäufer" bringt Argumente alá "Dieses Spiel könnte dir gefallen, wenn..." und der "Kunde" (bzw. oft nichtmal der Kunde selbst, sondern eine Person, die zufällig neben diesem steht und das als ausreichenden Anlass sieht, um sich in das Gespräch einzumischen) antwortet darauf "Das ist veralteter/neumodischer, uncooler, spießiger/verkopfter und langweiliger/umständlicher Scheiß und das braucht wirklich NIEMAND."

Das hat weniger mit der Fähigkeit einer Person zu tun Leuten das eigene Lieblingssystem nahezubringen und mehr damit, dass gewisse Leute einfach Arschlöcher sind.  >;D
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Maarzan am 21.06.2018 | 16:23
In der Regel ist es ja umgekehrt.

Der "Verkäufer" bringt Argumente alá "Dieses Spiel könnte dir gefallen, wenn..." und der "Kunde" (bzw. oft nichtmal der Kunde selbst, sondern eine Person, die zufällig neben diesem steht und das als ausreichenden Anlass sieht, um sich in das Gespräch einzumischen) antwortet darauf "Das ist veralteter/neumodischer, uncooler, spießiger/verkopfter und langweiliger/umständlicher Scheiß und das braucht wirklich NIEMAND."

Das hat weniger mit der Fähigkeit einer Person zu tun Leuten das eigene Lieblingssystem nahezubringen und mehr damit, dass gewisse Leute einfach Arschlöcher sind.  >;D

Punkt 1 habe ich so seltenst beobachtet. Im Üblichen wird auf die Präfenerenzen des Ziels keinerlei Gedanke verschwendet und wenn das Ziel skeptisch ist der Angriff auf dessen altes Spiel (oder auch nur vermutetes altes Spiel) gefahren.

Der Heckenschütze von nebenan ist allerdings durchaus bekannt. Das war der Anlass zu der Anmerkung über "unlauteren Wettbewerb" irgendwo vorher hier.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Quendan am 21.06.2018 | 17:17
Im Üblichen wird auf die Präfenerenzen des Ziels keinerlei Gedanke verschwendet und wenn das Ziel skeptisch ist der Angriff auf dessen altes Spiel (oder auch nur vermutetes altes Spiel) gefahren.

Ich weiß ja nicht, mit wem du sonst so sprichst, aber meine Erfahrung spiegelt das nicht wieder. Und zwar nicht nur auf uns bezogen, sondern allgemein auf Verkaufsstände deutscher Verlage auf Messen.

Wir bei Uhrwerk z.B. raten Leuten auch von Spielen ab, wenn wir im Gespräch feststellen, dass sie völlig andere Präferenzen haben. Was nützt uns denn ein Kunde, der zwar ein Buch kauft, danach aber fast zwangsläufig das Produkt schlecht findet? Der ist dann schlecht auf uns oder das Spiel zu sprechen, das ist 40 Euro im Maximalfall nicht wert.

Wenn jemand mit "Warum sollte ich XY spielen?" an unseren Stand kommt antworten wir auch gerne erstmal mit "Hängt davon ab, was spielst du denn generell gerne?" oder "Hängt von deinen Vorlieben ab". Wenn dann rauskommt, dass die Person keine Fantasy mag, dann schlagen wir ihm nicht Splittermond vor. Wenn er eher klassische System mag, schlagen wir nicht FATE vor. Und so weiter.

Wir haben aber natürlich auch den Luxus gut ein Dutzend Systeme am Stand zu haben, da kann man dann gut Leuten genau das empfehlen, was ihnen unseres Erachtens am besten gefällt.

Damit sind wir mE aber auch nicht alleine da. An deutschen Verlagsständen wird nicht auf Teufel komm raus versucht *irgendwas* zu verkaufen und die Wünsche des Kunden sind dabei egal. Da wird durchaus versucht etwas zu verkaufen, mit dem der Kunde am Ende auch glücklich ist. Das ist nämlich für alle Seiten besser. ;)

Deine These, dass das anders üblich sei, erscheint mir jedenfalls deutlich übertrieben - da sieht es in Deutschland doch besser aus meiner Erfahrung nach. :)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Megavolt am 21.06.2018 | 17:21
Wenn man sich als Nerd als Mensch keine grundsätzlich offene Haltung für Neues bewahrt, dann kann man sich auch gleich einsalzen lassen.

Diese offene Haltung schließt Rollenspiel-Schrebergärtnertum nicht aus, was ja ebenfalls total befriedigend ist. Man kann ohne weiteres parallel irgendein Fäntelalter ganze Dekaden lang schrebergärtnern und damit glücklich sein, und nebenher Homebrew-Shadowrun auf Fate austesten und Katzen im Weltall Anarchy mit Lamentations-Regeln oneshotten und alles gleichzeitig geil finden.

Leute, die auf andere Systeme zeigen und sagen: Buh, wie ist das blöd und wie blöd sind alle, die das spielen, die schaden dem Hobby ganz erheblich ohne jeden Mehrwert. 
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Maarzan am 21.06.2018 | 17:27
Ich weiß ja nicht, mit wem du sonst so sprichst, aber meine Erfahrung spiegelt das nicht wieder. Und zwar nicht nur auf uns bezogen, sondern allgemein auf Verkaufsstände deutscher Verlage auf Messen.

Wir bei Uhrwerk z.B. raten Leuten auch von Spielen ab, wenn wir im Gespräch feststellen, dass sie völlig andere Präferenzen haben. Was nützt uns denn ein Kunde, der zwar ein Buch kauft, danach aber fast zwangsläufig das Produkt schlecht findet? Der ist dann schlecht auf uns oder das Spiel zu sprechen, das ist 40 Euro im Maximalfall nicht wert.

Wenn jemand mit "Warum sollte ich XY spielen?" an unseren Stand kommt antworten wir auch gerne erstmal mit "Hängt davon ab, was spielst du denn generell gerne?" oder "Hängt von deinen Vorlieben ab". Wenn dann rauskommt, dass die Person keine Fantasy mag, dann schlagen wir ihm nicht Splittermond vor. Wenn er eher klassische System mag, schlagen wir nicht FATE vor. Und so weiter.

Wir haben aber natürlich auch den Luxus gut ein Dutzend Systeme am Stand zu haben, da kann man dann gut Leuten genau das empfehlen, was ihnen unseres Erachtens am besten gefällt.

Damit sind wir mE aber auch nicht alleine da. An deutschen Verlagsständen wird nicht auf Teufel komm raus versucht *irgendwas* zu verkaufen und die Wünsche des Kunden sind dabei egal. Da wird durchaus versucht etwas zu verkaufen, mit dem der Kunde am Ende auch glücklich ist. Das ist nämlich für alle Seiten besser. ;)

Deine These, dass das anders üblich sei, erscheint mir jedenfalls deutlich übertrieben - da sieht es in Deutschland doch besser aus meiner Erfahrung nach. :)

Stimmt - meine Ungenauigkeit, das "im Üblichen" hätte nach "kein Gedanke an Präferenzen des Ziels " enden müssen (das habe ich tatsächlich noch nie erlebt).
Das mit dem Angriff kam vor (und fällt auch eher in die frühe WW-Zeit, inzwischen scheint mit die Werbung auch insgesamt "friedlicher" geworden zu sein), ist aber nicht die Mehrheit. Meist läuft das Gespräch dann einfach tot- agreeto disagree.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: D. M_Athair am 21.06.2018 | 17:32
Wieder andere ärgern sich vllt, dass XY die Aufmerksamkeit (fälschlich!!11) kriegt, die eigentlich ihrem Lieblingssystem zusteht.
Den Grund finde ich sehr verständlich. Der hat mehrere Seiten:

1) Nur, weil was populär ist, heißt das noch lange nicht, dass es gut ist und umgekehrt.
2) Das Populäre verdrängt das weniger Populäre. Das betrifft sowohl die Fortführung einer RSP-Reihe als auch die Zahl der potentiellen Mitspieler. Bei Edition-Wars ist beides ganz klar erkennbar. 
3) Marketing und Kundenbindung sind für den Erfolg wichtiger als Qualitätsmerkmale (welche auch immer das am Ende sind).
4) Am Ende entscheidet die Kundschaft über den Geldbeutel. (Was natürlich auch ne Preisfrage ist).
Kurz: Der Marketing-Mix (https://www.marketingimpott.de/blog/die-4-instrumente-des-marketing-mix/) ist entscheidend.

Ein tolles Produkt allein reicht nicht.
Ich finde, dass es ganz normal ist, dass Fans von einem Produkt, das sie toll finden (auch aus Eigeninteresse) versuchen Ressourcen-Mängel von Verlagen auszugleichen.

Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Quendan am 21.06.2018 | 17:36
Ich finde, dass es ganz normal ist, dass Fans von einem Produkt, das sie toll finden (auch aus Eigeninteresse) versuchen Ressourcen-Mängel von Verlagen auszugleichen.

Ich finde das auch völlig verständlich. :) Ebenso wie ich die anderen von mir aufgezählten möglichen Gründe nachvollziehen kann.

Ich fände es halt schöner, wenn solche Energie dann in positiven Support für das eigene Spiel gesteckt wird (Fanmaterial erstellen, in Foren Fragen von Neulingen beantworten, Supportrunden auf Cons leiten, etc.) als in negative Kritik an anderen Spielen. Das erhöht auch die Chance, mehr Spieler und mehr Aufmerksamkeit für "sein" System zu kriegen. Wenn man vor allem negativ da dran geht und in "fremden" Themen immer nur Sachen nieder macht, dann wirft das im Zweifel eher ein schlechtes Licht auf das eigene Anliegen, indem man nämlich andere Leute gegen sich aufbringt.

(Wobei ich insgesamt eh nicht glaube, dass das so ein großes Problem ist. Sowas kommt immer wieder mal vor - mitunter vmtl auch nur im Eifer des Gefechts ohne "Agenda" -, aber weitverbreitet ist es in meinen Augen nicht, das Leute gezielt andere Systeme kritisieren, weil sie lieber Aufmerksamkeit für ihre Sachen wollen.)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Derjayger am 21.06.2018 | 17:40
Hab nur den Eingangspost gelesen.

Da spielt glaube ich ein - ganz menschliches - Geprahle dahinter, durch das man sich gut fühlt ("yeah, mein System ist besser! Alles gut!"). Ich würde nicht zu viele Gedanken daran verschwenden und es auch nicht verdammen, weil RPGs Teil der persönlichen Identität sind, so wie Musikbands (die Diskussionen darum sind auch völlig empfindlich und irrational. Und das ist auch nicht schlimm!).

Ist auch nicht auf RPGs beschränkt. Auf der Musikmesse in Frankfurt gab's mal einen Stand, wo ein neuer Modelling-Gitarrenverstärker beworben wurde. Hab' ihn angespielt und dem Stand-Typen erzählt, wie toll ein anderer Verstärker doch wäre und warum sie denn ein schlechteres Konkurrenzprodukt auf den Markt werfen (ja, schon assig von mir). Er war dadurch natürlich auch angenervt. Ich war happy. Und ich hab' mir auch nichts weiter dabei gedacht. Wie seine Firma das hätte vermeiden können? Ich denk mal nur durch ein besseres Produkt oder eine zielsichere Präsentation seiner spezifischen Vorteile.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 21.06.2018 | 17:43
-, aber weitverbreitet ist es in meinen Augen nicht, das Leute gezielt andere Systeme kritisieren, weil sie lieber Aufmerksamkeit für ihre Sachen wollen.)
da hat sich in den letzten Jahren viel in der deutschen RPG Szene gebessert
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: br0adsw0rd am 21.06.2018 | 17:55
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man neue Settings wunderbar an den Mann/Frau bringen kann. Sobald man das jedoch mit einem neuen Regelwerk verbindet, fängt das Gemaule an.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: D. M_Athair am 21.06.2018 | 19:12
Ich fände es halt schöner, wenn solche Energie dann in positiven Support für das eigene Spiel gesteckt wird (Fanmaterial erstellen, in Foren Fragen von Neulingen beantworten, Supportrunden auf Cons leiten, etc.) als in negative Kritik an anderen Spielen. Das erhöht auch die Chance, mehr Spieler und mehr Aufmerksamkeit für "sein" System zu kriegen.
Stimmt. Klar.
Wobei die Abwehrhaltung ja nicht unbedingt in negativer Kritik besteht, sondern Frustration über den Status Quo (z.B. über die wahrgenommene übermäßige Differenzierung der OSR) ausdrücken kann oder Vorbehalte gegen das Neulernen eines neuen Spiel (weil  das Ressourcen frisst), ...

Da muss man einfach rausfinden, was hinter der Abwehr steckt. Das kann auch ein Interesse sein, dass die jeweilige Person sich nicht eingestehen will.


[...] sie hätten ja schon seit Jahr und Tag DSA, Splimo, D&D, Shadowrun, Runequest o.ä. Und das sei ja alles ganz nett, aber jetzt müsse man sie doch erstmal davon überzeugen, dass das, was sie da vor sich haben, BESSER sei. Ein anstrengendes und meist aussichtloses Unterfangen, wie man sich denken kann.
Ich find das voll verständlich. Das findet sich auch hier (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,107191.0.html), wenn auch nicht so ausgeprägt.
Was ist da los? Revolution D100 ist ein neueres BRP-artiges Spiel, das manches anders macht als z.B. Mythras oder OpenQuest. Grundsätzlich richtet es sich aber an eine ähnliche Zielgruppe. Ehrlich gesagt: Obwohl ich viele BRP-artige hab, hab ich Revolution bisher auch ausgelassen. Warum? Eben, weil ich viele solche Spiele schon habe. Weil diese Spiele ähnliche Stärken und Schwächen haben. Weil ich davon noch nicht alle gespielt oder gar ganz gelesen habe. Hält mich das davon ab nachzufragen, was es kann und besser kann als meine anderen BRP-artigen Spiele? Nö. Es könnte ja dasjenige sein, das am besten zu meinen Wünschen passt. Meine Vorbehalte gründen sich letztlich darauf, dass ich nicht noch ein BRP-artiges Spiel brauche, das dann im Schrank versauert (Befürchtung).

In der Aussage steckt letztlich auch schon die richtige Antwort:
Was mir in der hiesigen Community (jetzt nicht zwingend das :t:!) fehlt, ist das Selbstverständnis dafür, dass es mehrere Spiele gleichzeitig geben kann, die alles etwas gut oder schlecht können, und man nichts dadurch verliert, verschiedene 'Werkzeuge' für verschiedene 'Aufgaben' zu nehmen.
Um mal mit Revolution weiter zu machen: Klar bietet das in Bezug auf BRP-artiges Spiel  andere Erfahrungsmöglichkeiten. Es ist ein weiteres Werkzeug, das ein bißchen was anderes kann. Nur: Wozu?

Genauso gibt es halt Leute, die nur ein oder zwei Rollenspiele wollen oder brauchen. Es geht bei denen nicht darum, ihnen ein zusätzliches Werkzeug (für verschiedene Aufaben) zu verkaufen, sondern darum ihnen ein Werkzeug zu verkaufen, das die EINE Aufgabe besser erfülllt als ihr bisheriges. Die brauchen keine 2+ Werkzeuge, weil es nicht mehrere Aufgaben gibt.
Wenn sie ein besseres Werkzeug für die Aufgabe finden und erwerben, würden/könnten sie das alte auch verkaufen (was häufig aus Faulheit, Nostalgie oder wegen Wertverfall unterbleibt). Und natürlich müssen die Leute sicher sein, dass das neue Werkzeug die alte Aufgabe besser erfüllt. Schließlich macht das ein neues "Vertraut-Werden" und ein Neulernen erforderlich und kostet Geld.

Kurz: Die Vorstellung >> verschiedene 'Werkzeuge' für verschiedene 'Aufgaben' << geht völlig an deren Anforderung vorbei.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: General Kong am 21.06.2018 | 20:19
Ich besitze nach meiner Zählart (ist Slaine D20 nun ein eigenständiges Regelwerk, da es sich hinreichend von D&D 3.0 unterscheidet (ich sage Ja!) oder bloß ein D&D-Quellenbuch?) z.Z. 539 verschiedene Rollenspiele und könnte zu den meisten auch kurz etwas halbwegs Kluges sagen.
Nicht alle habe ich gespielt (so ca. 70), nicht alle, die ich je gespielt habe, besitze ich.

Was mir daher eher unangenehm aufstößt als Leute, deren Rollenspielwelt bei DSA anfängt und bei Shadowrun und Cthulhu aufhört (wem's gefällt und schmeckt kann auch jeden Tag Spaghetti essen), sind Spieleentwickler, die mir ihr neues superdolles System als das Größte seit der Erfindung des Fernsehens und geschnitten Brot anpreisen, dann auf mein Nachfragen, warum man für ihr Genre/ ihre Welt nicht auf System X mit Mechanik Y zurückgegriffen hätte oder zumindest eine bestimmte Abwicklungsart adaptiert hätte, die dasselbe eleganter und in kürzerer Zeit erreiche nur mit einem leeren, erstaunten Blick preisgeben, dass sie keine Ahnung haben, wovon ich gerade rede.

Zuletzt erlebt bei einer Autorin von Private Eye, das meiner Meinung nach ein Regelsystem hat, dass das Genre (Ermittlungen zur Zeit von Sherlock Holmes) nicht sehr gut abbildet, da Ermittlungsergebnisse wie bei Cthulhu erwürfelt werden (Finden wir die wichtige Spur oder ist das Abenteuer hier zu Ende?).
Als ich Gumshoe als Alternative ansprach - Fehlanzeige.

Es geht mir hier ausdrücklich nicht um ein "wer nicht mindestens x-viele Spiele im Regal hat, der ist nicht würdig, ein Spiel zu entwickeln", aber als Rollenspielentwickler sollte an schon eine gewisse Kenntnis der Entwicklung haben. Kann dem eigenen Spiel nur gut tun, zumal wenn alles andere wie z.B. bei Private Eye an Recherche, Layout, Settingpräsentation und Abenteuern wirklich sehr sehr ordentlich sind.

Und was spricht dann eigentlich gegen Gumshoe Private Eye?
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: schneeland am 21.06.2018 | 20:24
...
Es geht mir hier ausdrücklich nicht um ein "wer nicht mindestens x-viele Spiele im Regal hat, der ist nicht würdig, ein Spiel zu entwickeln", aber als Rollenspielentwickler sollte an schon eine gewisse Kenntnis der Entwicklung haben. Kann dem eigenen Spiel nur gut tun, zumal wenn alles andere wie z.B. bei Private Eye an Recherche, Layout, Settingpräsentation und Abenteuern wirklich sehr sehr ordentlich sind.
...

Ich glaube an Spieleentwickler darf man auch nochmal andere Anforderungen stellen. Bei "normalen" Spielern, die Rollenspiel quasi als Nerdvariante von Poker betreiben und hauptsächlich mit Freunden zusammensitzen, halte ich es auch vertretbar einfach bei einem System zu bleiben. Wobei ich persönlich sagen muss, dass mir eine zu lange Zeit mit D&D 3.0/3.5 beinahe das Hobby verleidet hätte, und ich froh bin, mich in den letzten beiden Jahren mal wieder breiter umgeschaut zu haben.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Maischen am 21.06.2018 | 20:29
Ich halte Autoren von Abenteuern auch nicht für Spieleentwickler. Das ist nicht herabsetzend gemeint. Im Gegenteil, sind Sie Plots für mich regelmäßig interessanter als die Spielmechaniken.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: YY am 21.06.2018 | 20:39
Leuten mit extremer Abwehrhaltung gegen Neues/Unbekanntes begegnest du überall, in allen Bereichen. Musik, Autos, Computer / Konsolen, andere Hobbies. Ich kenn das noch aus der Kinder- bzw Jugendzeit: wenn man selber ein 8Bit-Nintendo hatte, fand man das neue 16Bit-Sega prinzipiell scheiße. Ohne es je ausprobiert zu haben.

Ich denke durchaus, dass diese Art Abwehrhaltung der unterbewussten Angst oder gar Erkenntnis entspringt, dass das Neue tatsächlich besser ist, was die eigene bisherige Vorliebe entwerten würde.

Das hängt auch von den eigenen Maßstäben ab.

Nur weil es seit Neuestem ein noch schnelleres Motorrad gibt, heißt das ja nicht, dass das eigene nicht immer noch allemal schnell genug fährt, um sich problemlos an einem Brückenpfeiler in zehntausend Teile zu zerlegen.
Schnell fahren kann man damit immer noch - sogar ganz genau so schnell wie vorher ;)


Wenn der Anspruch aber ist, das allerallerschnellste Motorrad auf der gaaaanzen Welt zu fahren, muss man entweder umsteigen oder mit Gewalt irgendwas (er)finden, warum die neue Mühle trotzdem scheiße ist und die keiner fahren darf ;) :P
Und am Besten kommt so ein Zeug dann von Leuten, die weder die alte noch die neue Maschine auch nur ansatzweise voll ausfahren können oder wollen ::)


Mir ist aber auch völlig unverständlich, warum es für manche immer ein allerbestes X geben und der Rest Mist sein muss.

Man schaue zu den Oldtimerfahrern: Die schaffen es (meistens), sich über die schicken alten Kisten anderer Leute zu freuen, ohne das irgendwie zum eigenen Gefährt in Relation setzen zu müssen.
Und nur weil die einen zweiten kaufen, muss der andere nicht auf einmal weg.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Maarzan am 21.06.2018 | 20:49
...

Zuletzt erlebt bei einer Autorin von Private Eye, das meiner Meinung nach ein Regelsystem hat, dass das Genre (Ermittlungen zur Zeit von Sherlock Holmes) nicht sehr gut abbildet, da Ermittlungsergebnisse wie bei Cthulhu erwürfelt werden (Finden wir die wichtige Spur oder ist das Abenteuer hier zu Ende?).
Als ich Gumshoe als Alternative ansprach - Fehlanzeige.

...

Könnte auch das sprachlose Erstaunen/Entsetzen sein, wie jemand so etwas für ein Ermittlungsspiel halten könnte.

Aber letztlich hast du natürlich Recht. Die Erklärung dazu hätte von der verkaufenden Seite kommen müssen, warum Erzähl-dir-was-nach-Punkten-herbei wohl nicht die Zielsetzung und folgend Umsetzung der Autoren trifft.


EDIT: Wobei die Einleitung zu den Kurzregeln z.B. durchaus auch zu den aggressiven Beispielen gehört, wo alle anderen es einfach unerleuchtet falsch machen. Hat dieser Stil ggf. auch deinen Vortrag gefärbt und zur Sprachlosigkeit beigetragen?
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: D. M_Athair am 21.06.2018 | 21:05
Was mir daher eher unangenehm aufstößt [...] sind Spieleentwickler, die mir ihr neues superdolles System als das Größte seit der Erfindung des Fernsehens und geschnitten Brot anpreisen, dann auf mein Nachfragen, warum man für ihr Genre/ ihre Welt nicht auf System X mit Mechanik Y zurückgegriffen hätte oder zumindest eine bestimmte Abwicklungsart adaptiert hätte, die dasselbe eleganter und in kürzerer Zeit erreiche nur mit einem leeren, erstaunten Blick preisgeben, dass sie keine Ahnung haben, wovon ich gerade rede.

Zuletzt erlebt bei einer Autorin von Private Eye, das meiner Meinung nach ein Regelsystem hat, dass das Genre (Ermittlungen zur Zeit von Sherlock Holmes) nicht sehr gut abbildet, da Ermittlungsergebnisse wie bei Cthulhu erwürfelt werden (Finden wir die wichtige Spur oder ist das Abenteuer hier zu Ende?).
Als ich Gumshoe als Alternative ansprach - Fehlanzeige.
Ist, finde ich, ne andere Baustelle.

Zum Beispiel noch:
Private Eye hab ich jetzt nicht. Nicht so ganz mein Thema. Die Regeln scheinen mir auch ne Mischung aus BRP, Freiforum und "German Cthulhu" (= die Regeln sind relativ egal), was besonders wegen des letzten Punktes nicht so meines ist. Allerdings habe ich mit Maelstrom Gothic (Spunk, Ermittlung, viktorianisches England) und Dark Streets (dreckiges georgianisches England, rohe Ermittlungsarbeit) zwei W100-Spiele, die ich ganz hervorragend finde. Besser als das, was Gumshoe liefert. Warum? Weil der Ermittlungs-Metamechanismus, für das, was die Spiele (Maelstrom Gothic & Dark Streets) jeweils wollen, Rotz wäre. Für Mutant City Blues finde ich den dagegen toll. In der starken Abwandlung wie er in The Cthulhu Hack vorkommt, mag ich ihn auch.

In anderen Worten: Ich glaube schon, dass Du Recht hast, wenn Du das Regeldesign von Private Eye als eher schlampig ansiehst. Genauso bin ich davon überzeugt, dass Gumshoe dafür nicht zwangsläufig die richtige Lösung ist oder ein W100-System per se unpassend. [Was gegen den Gumshoe-Mechanismus bei PE spricht: Der dort unerwünschte Immersionsbruch.]


Um jetzt die Brücke zu schlagen:
Ja, Spieleentwickler sollten sich ein bißchen auf dem Laufenden halten, gerade um sagen zu können, was das eigene Spiel besonders macht und welche Ansprüche es verwirklicht bzw. umsetzen will. Wenn Spieledesigner bzw. Verleger, Autoren oder Verlags-Veräufer auf Messen das nicht können, dann ist das blöd. Denn dann werden gern mal allgemeine Lobhudel-Worte (wie man sie von amerikanischen RSP-Sachen kennt) ausgepackt, die Aversionen erst erzeugen können.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: YY am 21.06.2018 | 21:12
Denn dann werden gern mal allgemeine Lobhudel-Worte (wie man sie von amerikanischen RSP-Sachen kennt) ausgepackt, die Aversionen erst erzeugen können.

Das ist meiner Wahrnehmung nach zum großen Teil ein interkulturelles Problem - für die Amis ist das völlig normal und gerade in Deutschland stört man sich daran ganz gerne (nehme mich da explizit nicht aus, im Gegenteil).
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Feuersänger am 21.06.2018 | 21:33
@YY:
Wenn du wüsstest, wieviele Fanboys es gerade unter Motorradfahrern gibt, die sich extrem über entweder "ihre" Marke (v.a. bei BMW, Ducati oder Harley) oder ihren bevorzugten Motorradtyp definieren und alles andere abqualifizieren... die machen auch nicht gerade Werbung für unseren Stand. ::)

Aber grundsätzlich gilt da freilich genau wie unter Autofahrern: Jeder, der langsamer fährt als ich, ist ein Idiot, und jeder der schneller fährt, ein Wahnsinniger. :p
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Jiba am 21.06.2018 | 21:45
Eine kleine Theorie dazu... ich weiß nicht, ob das schon angeklungen ist: Prinzipiell kann Systemhopping auch schlicht und ergreifende eine Überforderung / Übersättigung sein (jetzt mal ganz unabhängig von Zeit und Geld).

Wenn ich so zurückdenke, in meine Rollenspielanfangszeit in den frühen 0er Jahren... da war die Riege der Systeme für mich wahnsinnig überschaubar: DSA, D&D, WoD, Cthulhu, Shadowrun... manchmal kam wer mit Exoten wie Traveller, L5R, 7te See oder Kult um die Ecke. Sicher, damals gab es schon kleine und nicht so kleine Perlen und Geheimtipps, klar, aber die waren im Netz auch noch nicht so präsent.

Ich habe das Gefühl heute ist die Rollenspielszene sehr viel stärker vernetzt, das Neue liegt nur einen Link entfernt. Und dann haben wir noch Kickstarter, was jederzeit auch die kleinsten Nischen im Hobby bedienen kann.

Womit wir beim OP wären: Eine Abwehrhaltung muss nicht bedeuten, dass jemand nichts Neues kennenlernen will. Er wird sich nur vielleicht dagegen entscheiden, weil er dann auswählen müsste... und das fällt eben immer schwerer. Sich in das zurückzuziehen, was man kennt, ist leichter. Man hat sein Leib- und Magensystem, man hat seine Spieler, man bleibt dabei. Etwas Neues anzuschleppen ist auch mit sozialem Aufwand verbunden, denn man muss das Ganze schmackhaft machen. Man muss das Ganze dann auch selbst bewerben. Und das kann wiederum in einem Meer an Möglichkeiten wahnsinnig anstrengend sein.

Heute kann ich davon ausgehen: Jeder Rollenspieler, mit dem ich spreche, hat irgendein Spiel zu Hause im Schrank, das ich noch nie gespielt habe. Inzwischen überfordert mich das auch, weil es die Trennung zwischen Mainstream- und Special Interest irgendwo aufbricht. Heute ist alles Special Interest und es gibt viele Spiele bei mir im Schrank, die ich niemals in der Tiefe werde bespielen können, wie ich das will, weil sie so obskur sind (und das ohne wirklich obskur zu sein... von den meisten Spielwelten etwa gibt es für andere Systeme ebenfalls Ausprägung um Ausprägung... keine objektiv besser oder schlechter als die andere).

Wenn ich bei meinen Leisten bleibe, vermeide ich die Übersättigung, die der Markt nun einmal im Moment mit sich bringt. Es gibt quasi alles schon. Und nur weil ich z.B. auf Film Noir oder Wuxia oder Mantel-und-Degen stehe, heißt das noch nicht, dass derjenige, der ebenfalls darauf steht, das gleiche Film Noir oder Wuxia oder Mantel-und-Degen-Spiel im Schrank stehen hat.

Es ist eine ständige Verhandlung über das, was man spielen will. Bleibe ich bei dem, was ich schon habe, dann weiß ich, was ich habe und muss mir nicht im Zweifel neue Spieler suchen.

Ein zweiter Punkt ist, dass man in seinem Leib und Magen-System in der Regel gut ist. Wer jahrelang dasselbe Spiel spielt, der erreicht auf Regel- und auf Settingebene einfach eine Qualität, die eine flüchtige Bekanntschaft nicht hergibt. Bei vielen Spielen, die mich interessieren, steige ich tatsächlich deshalb nicht ein, weil es in meinem Freunden und Bekanntenkreis schon Leute gibt, die sich genau auf das oder etwas Ähnliches, das dann in Konkurrenz treten würde, spezialisiert haben. Ich müsste zu sehr arbeiten, um dieses Level zu erreichen.

Aber, zusammenfassend: Beim Altbewährten bleiben ist inzwischen sehr verführerisch... weil es einfach zu viel Anderes gibt.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: YY am 21.06.2018 | 22:10
@YY:
Wenn du wüsstest, wieviele Fanboys es gerade unter Motorradfahrern gibt, die sich extrem über entweder "ihre" Marke (v.a. bei BMW, Ducati oder Harley) oder ihren bevorzugten Motorradtyp definieren und alles andere abqualifizieren... die machen auch nicht gerade Werbung für unseren Stand. ::)

Bei den Mopeten erlebe ich das ja nur als Außenstehender, aber das Prinzip ist überall gleich...

Kannst dir ja vorstellen, was ich mir über die Jahre auf dem Schießstand schon an Unsinn bezüglich meiner neumodischen Plastikkrücken anhören durfte.
Dankbarerweise gibt es da eine objektive Instanz, auf die gerade die verbohrten Altschützen derart konditioniert sind, dass sie sich nach dem Blick auf die Scheibe nicht mehr selbst in die Tasche lügen können...dann ist wenigstens für den Tag Ruhe ;D

Und andersrum sind da einige dann total erstaunt, wenn ich mich über ihren alten Kram freue - nur weil ich (meine) Gründe dafür habe, den alten Scheiß nicht zu benutzen, heißt das ja nicht, dass es nicht trotzdem cooler alter Scheiß sein kann  ;)

Heute kann ich davon ausgehen: Jeder Rollenspieler, mit dem ich spreche, hat irgendein Spiel zu Hause im Schrank, das ich noch nie gespielt habe.

Ja, die Rollenspieler, die mit dir (und mir) sprechen ;)
Oder andersrum formuliert: Die mit der Handvoll bekannter Systeme, die nicht nach links und rechts gucken, treffen wir gar nicht.


Richtig kurios im Sinne des Ursprungsbeitrages finde ich aber die, die sich alles Neue anschauen und dann zwanghaft schlecht finden.
Es ist ja jetzt nicht übermäßig verwerflich, "sein" System gefunden zu haben und dabei zu bleiben.
Und genau so ist es in Ordnung, sich Neues anzuschauen.
Aber wenn ich doch weiß, dass ich mir nichts anderes anfangen will, warum schaue ich dann noch?


Ich selbst glaube zu wissen, dass ich zumindest alles kenne, was mir gefällt. 
Von daher sind Con- und Messebesuche in dieser Hinsicht allerhöchstens die Suche nach dem einen Goldnugget, das mir doch irgendwie durchgerutscht ist - aber ich erwarte bestimmt nicht, dass mich irgendein x-beliebiges neues System total aus den Socken bläst.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Teylen am 21.06.2018 | 22:31
Denn dann werden gern mal allgemeine Lobhudel-Worte (wie man sie von amerikanischen RSP-Sachen kennt) ausgepackt, die Aversionen erst erzeugen können.
Ich verstehe das nicht. Also weshalb man platt gesagt pissig wird nur weil wer von etwas begeistert ist.
Jetzt auch aus nicht-amerikanischer Perspektive bzw. deutscher Sicht nicht so wirklich.
Ich mein, man haut doch auch nicht dem armen Götz Alsmann dahin wo es weh tut wenn er seine ultimative Lobhudelei macht (respektive hieb, nachdem Zimmer Frei! ja abgesetzt wurde)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: YY am 21.06.2018 | 22:41
Es geht ja nicht um die "normale" Begeisterung.
Beim Ami ist aber grundsätzlich alles noch nie dagewesen, game changer und hastenetgesehen.
Da klafft dann Werbung und Wirklichkeit doch öfter mal ein bisschen auseinander.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: D. M_Athair am 21.06.2018 | 22:54
Ich verstehe das nicht. Also weshalb man platt gesagt pissig wird nur weil wer von etwas begeistert ist.
Begeisterung ist toll! Ggf. will ich mich anstecken lassen. Dafür brauche ich aber richtige Infos und nicht so ärgerliche Buzz Words wie die hier:
Zitat
The game system that drives [...] is meant to be fast-moving and simple, so that it facilitates the stories the group wants to create, the imaginative places and creatures the GM needs to describe, and the mind-blowing ideas the world encourages.
Und? Aus dem Kopf: Welches System?

Beim Ami ist aber grundsätzlich alles noch nie dagewesen, game changer und hastenetgesehen.
Nicht nur beim Ami, aber da besonders. Ich hab auch nicht grundsätzlich was gegen diese Art von Übertreibung.
Dennoch: "V'rzell m'r was G'scheits od'r schleich Di!" Soll heißen: Ohne Substanz, ohne Nachvollziehbarkeit, ist mir dafür meine Zeit zu schade.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Teylen am 21.06.2018 | 22:58
Es geht ja nicht um die "normale" Begeisterung.
Die "ultimative Lobhudelei" geht ja auch etwas über "normale Begeisterung" raus ^^;

Nun, und ich lese zumindest die GRW Kickstarter mindestens quer.
Heißt ich bin da einiges im RPG-Sektor gewohnt.

Außerhalb von RPG schaue ich auch begeistert Ellen. Ohne das Bedürfnis den Leuten da mal zu stecken das sie es nicht so übertreiben sollen.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: General Kong am 23.06.2018 | 16:10
Ich denke, das angesprochene Phänomen ist eine kulturelle Eigenheit der Amerikaner, z.T. auch der gesamten angelsächsischen Welt. Zumindest ist das mein Eindruck, nicht nur aufgrund der Empfehlungen auf Buchrücken und Spielrückseiten, sondern auch (eingeschränkt) aufgrund persönlicher Erfahrungen (bin häufiger in den USA und habe da Freunde und Bekannte).

Mir gefällt unsere abgewogene, manchmal etwas distanzierte und sehr sachliche und bisweilen sauertöpfisch-überkritische, hyperkorrekt-besserwisserische Art insgesamt besser, aber ich bin ja auch Deutscher.
Amerikaner/ Briten/ andere Ausländer kann das leicht (ver)stören.

Natürlich liegen die mit ihrer unkritischen, selbstbezogenen Jubelmanie völlig falsch ...  8)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: felixs am 23.06.2018 | 16:53
Natürlich liegen die mit ihrer unkritischen, selbstbezogenen Jubelmanie völlig falsch ...  8)

Ich bin der Meinung, dass das objektiv so ist. Ja.

Übrigens hat mir das z.B. Fate ziemlich vermiest. Kann sein, dass da was dran ist. Aber wenn ich sowas http://www.uptofourplayers.com/fate-core-rules/ (http://www.uptofourplayers.com/fate-core-rules/) sehe, will ich das nicht mehr spielen.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Jiba am 23.06.2018 | 17:37
Übrigens hat mir das z.B. Fate ziemlich vermiest. Kann sein, dass da was dran ist. Aber wenn ich sowas http://www.uptofourplayers.com/fate-core-rules/ (http://www.uptofourplayers.com/fate-core-rules/) sehe, will ich das nicht mehr spielen.

Okay, das muss man mir in einem anderen Thread mal erläutern. Ein Grund, warum du kein Fate spielst, ist weil die Begeisterung dafür zu groß ist? Spezifischer: Weil ein Haufen Rollenspieler/Comic Artists, die Fate einfach gern haben, einen Comic dazu gemacht haben... in einem Format, was sie auch für andere Rollenspiele gemacht haben?  (http://www.uptofourplayers.com/star-wars-rpg-rules/)

Ähmmmm, bei jedem Rollenspiel, was aus diesen Gründen abgelehnt wird, habe ich riesige Fragezeichen über der Birne. Ich kann mich nicht erinnern, dass es dafür massiv Werbung im deutschsprachigen Raum gab, noch dass irgendjemand in der deutschen Fate-Community das Spiel so aggressiv als das Tollste TM promoten würde. Ich fand die Fate-Community immer eher freundlich, zurückhaltend, erklärend. Dass sie in jedem Thread, wo die Frage im Raum steht "Womit spiele ich XYZ am Besten?", natürlich auch auf Fate hinweisen, ist doch ganz normal. Genauso machen das WoDler, GURPSisten und Savage Weltbürger doch auch.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: eldaen am 23.06.2018 | 17:49
Die einem aber nicht in solcher geballter Häufigkeit bei Kritik das inzwischen schon sprichwörtliche "Dann hast du [Fate] nicht verstanden" um die Ohren hauen...

Ich glaube, gerade bei "abstrakteren" Regelwerken kommen sich Leute, die es einfach konkreter (oder konventioneller) mögen, dann noch mal extra veralbert vor. Regeln, die man nicht nachvollziehen kann/will, weil man für das, was sie verriegeln eben bislang gar keine Regeln brauchte vermitteln einem durchaus manchmal, bislang "falsch" gespielt zu haben. Der Austausch unter häufiger Verwendung eigens etablierter (in der Natur der Sache bedingt vager) Fachtermini innerhalb eines Forums stärken dann noch tendenziell den Eindruck eines rollenspielerisches Elitetums. Wie vage das manchmal ist, konnte man beispielsweise ja an manchen Diskussionen um PbtA gut erkennen.

Die Art und Weise wie sich also mitunter Begeisterung äußert nimmt, glaube ich, einfach jeder anders wahr. Manche Leute (ich eingeschlossen) haben halt eine Hype Allergie, mögen ganz handfeste Termini und Regeln (wenn sie denn welche wollen). Kombiniert mit dem angloamerikanische Marketingstil a la "The Best RPG Ever" kann einem das dann schon ein Rollenspiel vermiesen und einen in Abwehrhaltung bringen. Berechtigterweise? Das sei mal dahingestellt. Nachvollziehbar? Ich denke schon.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: felixs am 23.06.2018 | 18:13
Okay, das muss man mir in einem anderen Thread mal erläutern. Ein Grund, warum du kein Fate spielst, ist weil die Begeisterung dafür zu groß ist? Spezifischer: Weil ein Haufen Rollenspieler/Comic Artists, die Fate einfach gern haben, einen Comic dazu gemacht haben... in einem Format, was sie auch für andere Rollenspiele gemacht haben?  (http://www.uptofourplayers.com/star-wars-rpg-rules/)

Ähmmmm, bei jedem Rollenspiel, was aus diesen Gründen abgelehnt wird, habe ich riesige Fragezeichen über der Birne. I

Nein, das ist natürlich nicht der einzige Grund. Aber es erzeugt bei mir doch extreme Aversionen.
Allerdings geht das tatsächlich primär gegen den amerikanischen Stil (der sich aber, m.E., in Fate sehr stark spiegelt) und nicht so sehr gegen bestimmte Rollenspiele.

Star Wars mag ich aber auch nicht. (Und ich meine, da ein Muster zu erkennen. Wenn jemand sich dazu getrieben sieht, "awesome", "OMG", oder direkte Entlehnungen aus dem amerikanischen Begeisterungssprech zu übernehmen, bin ich meistens raus).

Du hast aber recht, das ist grundsätzlich eine andere Diskussion. Andererseits ist aus meiner Sicht dazu fast alles gesagt - es ist ein ästhetisches Problem. Ästhetik spielt aber (meist) eine große Rolle bei Rollenspielsachen.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: D. M_Athair am 23.06.2018 | 18:40
Ich denke, das angesprochene Phänomen ist eine kulturelle Eigenheit der Amerikaner, z.T. auch der gesamten angelsächsischen Welt.
Naja. Bei britischen KS-Projekten fehlt die farblose Grandiosität der Werbung häufig - ne punktgenaue Produktbeschreibung gibts eigentlich immer.

Die einem aber nicht in solcher geballter Häufigkeit bei Kritik das inzwischen schon sprichwörtliche "Dann hast du [Fate] nicht verstanden" um die Ohren hauen...
So übermäßig heftig finde ich das nicht. Ich find auch, dass man Leuten sagen darf, dass ein Spiel nicht so funktioniert, wie sie es gerne hätten.
(Keine Ahnung, ob das auch ein deutsches Phänomen ist, ist mir aber bei Film-Rezensionen besonders aufgefallen: Leute tragen ihre ganz eigenen Erwartungen, die man mit den versprochenen Produktmerkmalen bestenfalls assoziieren kann, an etwas heran. Dann sind sie enttäuscht und bewerten schlecht, weil das Produkt ihre Erwartungen nicht erfüllt. Dabei waren die Erwartungen von Anfang an unangemessen und nicht die Produktmerkmale.)

Allerdings hat dieses "du hast es nicht verstanden" auch Grenzen der Validität, die nicht selten gesprengt werden. Gerade von Fans von Hype-Systemen. Da geht es dann gar nicht darum sich mit solide abgeleiteten Erwartungen oder konkreten Schwierigkeiten auseinander zu setzen, sondern darum "das heilige, geilste Spiel ever" vor Kritik zu bewahren bzw. andere Meinungen nicht gelten zu lassen. Kommt bei Fate vor. War (und ist teilweise immer noch) ein Problem bei Savage Worlds. PbtA hat da in der Fankultur auch Schwächen.


Zu guter Letzt kann die gefühlte Omipräsenz von Spielen (als System-Tipps, von der Veröffentlichungs-Schlagzahl her, ...) Aversionen weiter befeuern. So im Sinn von: "Warum kommen diese ganzen tollen Themen/Settings/kreativen Ideen für so blöde Sachen wie Fate, pbtA, die OSR, Pathfinder, ...?" Oder: "Warum werde ich ständig mit diesem blöden System behelligt, ich hab doch schon gesagt, dass ich XY nicht mag?"
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: KhornedBeef am 23.06.2018 | 18:45
Na ein Glück, dass du das klargestellt hast, dass das ästhetisch motiviert ist. Für einen Moment klangst du nach einer apokalyptischen Mischung aus vergreist und verhipster ;)
Amerikanische Lehnausdrücke, Grundgütiger, und morgen bekommt der Skatverein ne Facebookseite und die Welt geht unter. Ich bemühe mich ja auch, deutsche Sprache am leben zu halten, aber "am Leben" und "einplastiniert" ist nicht das gleiche.
Und eine Sache abzulehnen, weil sie bei zu vielen anderen Leuten zu Begeisterung führt, tja....

Das musst du jetzt zwangsläufig ein bisschen persönlich nehmen, tut mir Leid. Vermutlich hast du etwas anderes gemeint, aber das kam nicht an :)
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Maarzan am 23.06.2018 | 19:09
So übermäßig heftig finde ich das nicht. Ich find auch, dass man Leuten sagen darf, dass ein Spiel nicht so funktioniert, wie sie es gerne hätten. ...

In einem Fate-Faden wäre das sicher gerechtfertigt.

Der verbreitetste Aufhänger sind aber doch Anfragen wie "Ich suche ein System, das x y z macht" und dann kommt eben standardmäßig für alles der Liebling und eben besonders oft Fate, weil mit Aspekten geht ja AAALLLEESS.
Und wenn das dann bezweifelt wird, kommt der Satz oben - plus Aspekte für X gibt es ja und sind ja auch viel besser als Y Z.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: General Kong am 23.06.2018 | 19:26
Nun, ich bin bei dir, Felixs: Ich mag dieses affektierte Dummsprech, das auf einen Hieb zwei Sprachen, die ich sehr liebe, versaubeutelt, auch nicht.

Und ja, ich weiß: "Affektiert" bereichert aus dem Lateinischen die deutsche Sprache erst seit dem 16. Jahrhundert.

Aber wir verlassen das Thema: Im Endeffekt ist es aber ziemlich wurscht, warum ich mich eines neuen Spieles "erwehre", sei es
+ aus der Abneigung gegen die überschäumend zu dick aufgetragende Begeisterung von Fans, die mir den Nerv raubt,
+ die penetrante Art oder Sprache der Bewerbung ("awesome", "der großartiger Autor D. Signer schlägt schon wieder zu" usw.)
+ eine Mechanik, die mir das Spiel verleidet (bei mir waren viele D6 jahrelang des Nonplusultra (HERO), dann wollte ich mal wieder D4-D20 rollen lassen)
+ die aArt der Charaktererschaffung (früher bei mir war Punktekauf SUUUPAAH!, heute würfel ich mir auch gerne einen SC zusammen)
+ die Art der Würfel (fand ich bei Warhammer 3 nervig und killt für mich jedes Spiel, das mir mit Symbolen auf Würfel kommt - FATE mit " ", "+" und "-" ist das äußerste der Gefühle)
+ der Ansatz ("Erzählspiele" oder alles ohne SL sind mir ein Graus)
+ einen bestimmte Thematik (bei mir z.B. ist SciFi nicht so von großem Interesse, aber teutonische Endzeitpostapokalypserollenspiele 10.000 Jahre nach dem Knall/ der Eiszeit/ der Polschmelz mit "coolen" Kulturen geht gar nicht),

Gründe gibt es auch für mich, nicht unbedingt für alles offen zu sein.

Ich kann z.B. mit PbtA nichts anfangen (ich glaube ich kapier das nicht - und es reizt mich zu wenig, um mich anzustrengen es genauer zu studieren) und FATE ist nicht unbedingt ein Kaufargument - die Settings und Welten sind interessant, das System ist mir zu "verquatscht" - außerdem mag ich nicht, dass man selbst bestimmt, ob man als letzte Komplikation "Ich in tot" selbst wählen kann. Ist nicht so meins.
Daher gibt es fürb PbtA von mir kein Geld und bei FATE müssen die Spiele mehr können als "ein neues superduper FATE-Spiel!" zu sein.

Bei OSR-Spielen Und allem auf der Basis von BRP ist das bei mir was anderes:
Da kauf ich auch noch die allerneueste Version von Regeln, die ich so oder so ähnlich eh schon habe.
Ich mag das halt.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Feuersänger am 23.06.2018 | 22:27
Ich kann felixs Argumentation bzw Aversion auch sehr gut nachvollziehen. Ich werde auch sehr schnell sehr skeptisch, wenn mir etwas als total genial und tutto perfetto verkauft werden soll -- da haben mich die Gepflogenheiten der Werbebranche "verdorben". Auch wenn es sich etwa um einen redaktionellen Inhalt handeln soll -- es ist heutzutage einfach zu üblich, dass ein Redakteur oder Autor in vorauseilendem Gehorsam jegliches kritische Moment selbstzensiert, um nur ja keinen Werbekunden zu vergrätzen oder - je nach Maßstab - auch nur eine ergiebige Freiexemplar-Quelle versiegen zu lassen.
Naja, und dann gibt es da noch die Fanboys.  ::)

Ich hab nebenbei auch so allmählich das Gefühl, die Redaktionen dieser Welt sind diesen Gedankenschritt auch schon gegangen und pflegen mittlerweile in ihre Reviews gezielt ein, zwei minimale Kritikpunkte ein, die den Anschein von Objektivität vermitteln sollen, dabei aber so korinthenkackerisch-mikroskopisch formuliert sind, dass es garantiert für niemanden ein K.O-Kriterium sein kann.

Kurz und gut, bei mir macht eine Rezension wesentlich bessere und effektivere Werbung für ein Produkt, wenn sie beispielsweise klar auflistet, worin es _gut_ ist und wofür es _nicht geeignet_ ist. Was es besser und was schlechter macht als welche anderen Produkte. Und so weiter.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Luxferre am 25.06.2018 | 07:41
Kombiniert mit dem angloamerikanische Marketingstil a la "The Best RPG Ever" kann einem das dann schon ein Rollenspiel vermiesen und einen in Abwehrhaltung bringen. Berechtigterweise? Das sei mal dahingestellt. Nachvollziehbar? Ich denke schon.

Hast Du mal HackMaster gelesen?  >;D
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Moonmoth am 25.06.2018 | 08:39
Natürlich hat sich auch bei mir über die Jahre so eine Art innerer Alarm bei solchen Geschichten wie übermäßigem "gushing" ("OMG! ES IST SO GROSSARTIG! ICH HABE EINEN NEUEN GOTT UND ER HEISST RPG X !") entwickelt. Allerdings bin ich genauso skeptisch bei einer allzu nüchternen Art, über Spiele zu berichten, die man dann am Ende relativ lapidar etwa mit "Einige signifikante Verbesserungen zur vorherigen Edition. 4/5" abhandelt - inzwischen bin ich nämlich der Ansicht, dass es keine objektiven Reviews geben kann - dann doch lieber eine persönliche Ansicht, die aber begründet (!) sein sollte. Wenn ein Hype begründet ist - egal ob ich jetzt die Gründe für mich relevant finde - dann finde ich das ganz angenehm und es schreckt mich nicht mehr so ab wie vor einigen Jahren.

Wenn jemand etwas offensichtlich liebt und das auch auf Argumenten fußt, dann hat man zumindest für einen Momentl mein Interesse. Hype ist nicht automatisch negativ für mich, auch nicht wenn der von den Autoren/Herausgebern/Verlagen kommt.


P.S.: Dass gerade Fudge/Fate-Derivate und ptbA Systeme einiges grundlegend anders denken als klassische Systeme, erklärt in weiten Teilen den Fervor der Befürworter und auch die grundlegende Ablehnung gerade vieler Veteranen - natürlich rüttelt man da in den Augen vieler den Grundfesten des Hobbys, was ich persönlich überhaupt nicht (mehr) so sehe. Hier sind IMHO Gräben aufgerissen worden, die in einigen Fällen eine Auseinandersetzung mit Neuem schwierig machen.

Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: alexandro am 26.06.2018 | 21:44
Ich denke ein Rollenspiel muss sich schon rechtfertigen, was es eigentlich will. Kann es das nicht (weil es entweder unkritisch als "das Beste, weil neu" oder "das haben wir schon immer so gemacht, also kann das gar nicht schlecht sein" beworben wird), dann sollte man eher vorsichtig sein.

Tendenziell haben es neue Ideen immer etwas schwerer, weil die Heckenschützen bevorzugt auf diese zielen, ohne wirklich auf die Probleme einzugehen, welche diese Spiele zu adressieren versuchen (wenn diese Probleme bei den Heckenschützen (angeblich) keine sind ist das ja schön und gut, aber das ändert nichts an der Existenzberechtigung für diese Spiele, für ihre Zielgruppe). Heckenschützen neigen dagegen zu der Ansicht, dass es "richtige" und "falsche" Arten zu spielen gäbe und dass doch bitte alle sofort und jetzt die richtige erkennen müssten. Dass es in der Spielerschaft unterschiedliche Bedürfnisse gibt und eine homogene Spielelandschaft dem Hobby letztendlich schaden würde, will nicht in deren Einzeller-Schädel.

Ich frage mich gerade, wo diese "Wir müssen eine möglichst große Gruppe bilden" bei uns Rollenspielern eigentlich herkommt. Wir waren doch niemals wirklich Teil des "Establishments" und unsere Helden (von Bastian Bux, über Marty McFly, bis hin zu Luke Skywalker) waren eher selten die, welche als Teil der Gesellschaft gegen die "falschen" Außenseiter vorgegangen sind, sondern eher die, welche entweder selbst Außenseiter waren oder sich wenigstens für diese stark gemacht haben. Und viele haben das selbe nicht nur in Filmen und Büchern erlebt, sondern auch im richtigen Leben. Wenn jemand also nicht Teil der größten Gruppe (oder überhaupt einer größeren Gruppe) innerhalb der Rollenspieler sein möchte und lieber "sein" System spielt oder gar entwickelt, sollten gerade wir Nerds eigentlich das größte Verständnis dafür haben.

Leider ist oft das Gegenteil der Fall: da wird nach Herzenslust nach unten getreten, sobald jemand mal seine Vorliebe für ein System (egal ob groß oder nicht) kundtut. Größe wird dabei oft als Waffe verwendet, um sich vom "Massengeschmack" abzusetzen und sich als Rebell zu inszenieren. Das zieht aber nicht, wenn man "spielt nicht wie die anderen" so eng definiert, dass am Ende nur noch "spielt lieber wie ICH" übrig bleibt. Entsprechend besteht die Schizophrenie der Amöben-Haltung darin, dass man gleichzeitig als unterdrückte Minderheit mit erlesenem Geschmack wahrgenommen werden will, gleichzeitig aber möglichst viele auf diesem Zug mitnehmen möchte - und ausfällig gegenüber denjenigen wird, die sich davon nicht angesprochen fühlen und das auch sagen. Das ist einfach scheinheilig.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: Feuersänger am 26.06.2018 | 22:50
Ich fürchte, das hast du scharf beobachtet. So eine gewisse Schizophrenie aus "anders als der Mainstream sein" aber gleichzeitig "die meisten Genossen haben" wollen ist mir auch schon öfter aufgefallen. Aber, das mag als Trost dienen, auch nicht nur in der Rollenspielecke.

--

Speziell bei Rollenspielen haben wir ja das Dilemma, dass zwar mein eigenen Vorlieben so speziell sein können wie sie wollen -- aber das bringt mir halt absolut NICHTS, solange ich keine Gleichgesinnten finde, die so mit mir spielen wollen wie ich mir das vorstelle. Ich denke, das spielt auch stark mit rein, wenn man gegen System X oder Spielweise Y wettert. Konkurrenzprodukte drohen, mir potentielle Mitspieler abzugraben, darum sind sie scheisse.
Titel: Re: Woher die Abwehrhaltung?
Beitrag von: alexandro am 26.06.2018 | 23:01
Zitat
Speziell bei Rollenspielen haben wir ja das Dilemma, dass zwar mein eigenen Vorlieben so speziell sein können wie sie wollen -- aber das bringt mir halt absolut NICHTS, solange ich keine Gleichgesinnten finde, die so mit mir spielen wollen wie ich mir das vorstelle. Ich denke, das spielt auch stark mit rein, wenn man gegen System X oder Spielweise Y wettert. Konkurrenzprodukte drohen, mir potentielle Mitspieler abzugraben, darum sind sie scheisse.

Das Problem ist halt, dass diese Abwehrhaltung sich wechselseitig verstärkt - je mehr ich gegen die "Konkurrenz"systeme wettere, desto weniger Lust haben die Spieler dieser Systeme, sich mit den Systemen die ich cool finde auseinanderzusetzen.

Wenn ich einfach sage "OK, dann spielen wir halt mal zusammen Apocalypse World (oder Palladium Fantasy oder GURPS)" und mich darauf einlasse, dann werde ich vielleicht noch immer nicht mit diesen Systemen warm, aber im Idealfall ist das System ja nur ein kleiner Teil des Spielerlebnisses. Und vielleicht geben die Spieler der Runde dann auch mal einem System, welches ich cool finde, und welches sie eher nicht so mochten, eine Chance. Vielleicht bin ich auch zu optimistisch.  ;)