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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: pharyon am 8.07.2019 | 18:27

Titel: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: pharyon am 8.07.2019 | 18:27
Die Diskussion hier (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,111341.0.html) dreht sich ja auch darum, wie man vielleicht Rollenspiele kategorisieren könnte. Immerhin tauchen wiederholt auch Diskussionen auf, ob und was denn noch Rollenspiel sei und was vielleicht auch schon eine andere Art von Spiel sein könnte. Auf dem Definitionsweg bleibt der Prozess meistens irgendwo hängen.

An der unglücklichen Formulierung von Bert.Bastard über "echte Rollenspiele" im Gegensatz zu Storygames bin ich auch zunächst mal hängengeblieben. Hier möchte ich nun mit der Beteiligung aller Interessierter schauen, ob es uns gelingt, zumindest Merkmale zu finden, anhand der man Rollenspiele gut (im Sinne von klar/eindeutig) differenzieren kann, ohne auf die letzte (jedes einzelne Rollenspiel) oder vorletzte (jede Rollenspielfamilie) Ebene rutschen zu müssen.

Ich mach auch mal einen Anfang:
a) eine sehr klare Unterscheidung scheint mir sl-los vs. sl-haft zu sein. Das heißt, entweder ein Spiel benennt eine besondere Form von Mitspieler einer Gruppe mit mehr bzw. anderen Erzählrechten (Spielleitung, Erzählrerin, Meister, wasauchimmer) oder es tut dies nicht. Dabei kann man sl-los auch so verstehen, dass alle Mitspieler diese sonst einer SL zugesprochenen Mitgestaltungsrechte haben.

b) eine andere Unterscheidung ist der Einsatz von "Meta-Ressourcen". Hier wird es schon schwieriger, da Meta-Ressourcen an Merkmale eines Spielercharakters gebunden sein können, aber nicht müssen. Zudem enthalten Spiele unterschiedlich viele Meta-Ressourcen, meiner Kenntnis nach jedoch selten mehr als "eine Hand voll".

Welche Merkmale haltet ihr noch für geeignet, um Rollenspiele eindeutig (und sehr gerne auch nicht wertend) kategorisieren zu können?

p^^
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Moonmoth am 8.07.2019 | 18:52
Um ganz ehrlich zu sein: Ich sehe bei deinen beinen Punkten keinerlei Begründung, warum diese beiden Sachen nun Ausschlusskriterien nun sein sollten.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: nobody@home am 8.07.2019 | 18:55
Eine Unterscheidung, die ich treffen würde, wäre wohl, worauf beim Spiel -- und oft auch in den Regeln und der restlichen Aufmachung -- eigentlich der Hauptschwerpunkt der Aufmerksamkeit liegt. Auf den Spielercharakteren selbst ("Dies sind die Abenteuer von Alrik, Bert, und Rumburak dem Dritten; den Hintergrund denken wir uns aus, wie wir ihn brauchen")? Mehr auf dem Setting ("Wir spielen eine epische Kampagne in den Vergessenen Graufalkreichen von Krynn; auf die genauen Charaktere kommt's nicht so an, wer am Anfang nicht so paßt, wird schon rechtzeitig passend gemacht")? Oder vielleicht am Ende -- nicht unbedingt direkt vom Designer so beabsichtigt, aber nichtsdestotrotz hier und da auch mal vorkommend -- doch auf den Regeln an sich?

Wobei das natürlich keine simple Aufteilung in klare Unterkategorien nach Schwarz, Weiß, und Türkis ist, sondern die einzelnen Anteile gewichtet und kombiniert werden können. (Und okay, der dritte Punkt mag ohnehin besser in eine andere Skala passen; er kam mir nur während des Schreibens gerade in den Sinn.)
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexandro am 8.07.2019 | 19:01
Es gibt zwei Methoden, wie man da sortieren kann:
1) deskriptiv: man schaut sich an, was in der Vergangenheit als Rollenspiele bezeichnet wurde und sucht nach Gemeinsamkeiten (und nach Unterschieden zu Dingen, bei denen die Leute nicht der Meinung waren, dass es sich um Rollenspiele handelt)
2) normativ: man überlegt sich eine Liste von Kriterien, welche Rollenspiele haben sollten und sortiert die Spiele dann danach ein.

Ich bevorzuge 1). Und nach dieser Definition würde ich a) und b) bereits ablehnen, da es einige Spiele gab (bereits in den 70ern), bei denen die Spieler mitgestaltet haben, ohne dass der SL eine "Gatekeeper"-Rolle inne hatte  (Braunstein, anyone?) oder die Metaressourcen verwendet haben (im Grunde jedes Conabenteuer) und trotzdem als Rollenspiele bezeichnet wurden.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: pharyon am 8.07.2019 | 19:08
Um einem Missverständnis vorzubeugen: Ich möchte keine Rollenspiele ausschließen.

Im Endeffekt geht es mir mehr darum, wie Alexandro ja schon vormacht, Deskriptoren zu finden, anhand denen ich Rollenspiele gut kategorisieren kann.

Ich finde z.B. es fällt relativ leicht zu sagen: es gibt sl-hafte Rollenspiele und sl-lose Rollenspiele. a) kann man (vermutlich die meisten) Rollenspiele schnell einer dieser Kategorien zuordnen ohne b) da eine Wertung direkt mitschwingen zu lassen. Das hätte ich gerne für weitere Deskriptoren.

p^^
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Crimson King am 8.07.2019 | 19:09
Es gibt zwei Methoden, wie man da sortieren kann:
1) deskriptiv: man schaut sich an, was in der Vergangenheit als Rollenspiele bezeichnet wurde und sucht nach Gemeinsamkeiten (und nach Unterschieden zu Dingen, bei denen die Leute nicht der Meinung waren, dass es sich um Rollenspiele handelt)
2) normativ: man überlegt sich eine Liste von Kriterien, welche Rollenspiele haben sollten und sortiert die Spiele dann danach ein.

Ich bevorzuge 1). Und nach dieser Definition würde ich a) und b) bereits ablehnen, da es einige Spiele gab (bereits in den 70ern), bei denen die Spieler mitgestaltet haben, ohne dass der SL eine "Gatekeeper"-Rolle inne hatte  (Braunstein, anyone?) oder die Metaressourcen verwendet haben (im Grunde jedes Conabenteuer) und trotzdem als Rollenspiele bezeichnet wurden.

Grundsätzlich kann man auch so vorgehen, dass man eine Liste von Eigenschaften benennt, von denen eine Mindestanzahl erfüllt sein muss, um das Spiel als Rollenspiel zu bezeichnen. Funktioniert für beide Vorgehensweisen.


Deskriptoren:
Hat das Spiel eine in der Mechanik verankerte Sieg- oder anderweitige Abbruchbedingung?
Existieren Erfolgsproben für Handlungen beteiligter Figuren? Wird der Erfolg durch die Mitspielenden verhandelt? Oder ist er auf Basis von Regelanwendungen automatisch festgelegt? (Fortune vs. Drama vs. Karma)
Erlaubt es das Spiel, die Definition der Ergebnisse von Erfolgsproben frei zu definieren? Erzwingt es das vielleicht sogar? (Task Resolution vs. Stake Resolution)
Hat das Spiel Regeln, deren Anwendung auf die Spielwelt einwirkt, obwohl die Regeln nicht in der Spielwelt verankert sind? (Metaregeln)

etc.

Vermutlich wird die Liste sehr lang, wenn man das ausführlich exerzieren will.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Maarzan am 8.07.2019 | 19:10
Erst einmal:
Warum sollte man eine solche Unterscheidung mit entsprechender Begriffsfindung machen? =>
weil man immer wieder sieht, dass Leute am Spieltisch offenbar unterschiedliche inkompatible Interessen haben und es ihenn so ermöglichen würde vorher klar zu erkennen und zu benenenn, wo diese liegen könnten und so vorher passend kommunizieren und agieren könnten um solche Probleme zu minimieren und so die Chance auf in Gesamtsicht ungetrübten Spielspaß zu erhöhen.


Ich hatte hier schon etwas probiert:
https://www.tanelorn.net/index.php/topic,106954.0.html (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,106954.0.html)

Für primär relevant halte ich die Trennung zwischen eben Rollenspiel und Erzählspielen.

Wobei Hybride sicher Elemente beider aufweisen können, aber die größere Gestaltungskraft der Metaebene die Rollenspielseite zu der nominell schwächeren und damit störanfälligeren Seite macht.
Ein paar Metaelemente verschieben das Gleichgewicht damit deutlich schneller zur Storyseite als umgekehrt.

Spielleiterloses Spiel erfordert ja immer noch die Wahrnehmung der Spielleiteraufgaben und wenn die dann verteilt werden sind doch recht deutlich alle nach Plan spielenden Spieler Erzählspieler.

Entsprechendes gilt, wenn man Meta-Ressourcen auch über diese Metaebene definiert, als Eingriffe bzw. Funktionen aus der  Spieler/Meta-Ebene entstammend, welche von dort aus auf das Spielsetting von außen einwirken.

Wobei auch gamistische Artefakte den Rollenfokus stören können ohne einer Geschichte Vorschub zu leisten - womit wir wohl am Ende dann doch wieder beim Threefold sind. 


Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexandro am 8.07.2019 | 19:28
Zitat
Warum sollte man eine solche Unterscheidung mit entsprechender Begriffsfindung machen? =>
weil man immer wieder sieht, dass Leute am Spieltisch offenbar unterschiedliche inkompatible Interessen haben und es ihenn so ermöglichen würde vorher klar zu erkennen und zu benenenn, wo diese liegen könnten und so vorher passend kommunizieren und agieren könnten um solche Probleme zu minimieren und so die Chance auf in Gesamtsicht ungetrübten Spielspaß zu erhöhen.

Das ist eine Unterscheidung nach Spielstilen, nicht nach Spielsystemen.

Und gerade Rollenspiele und Erzählspiele mag man am Tisch trennen können, aber nicht nach Spielmechanik in einem Buch (siehe auch D&D, welches von "Erzählonkelei mit Gary, der Stimme aus dem Schrank", über "freies, kooperatives Worldbuilding mit Arneson" bis hin zu "Pixelbitching mit einem genervten Con-Gygax" bereits sehr unterschiedliche Ansätze hatte - und das waren nur die Entwickler).
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Roach am 8.07.2019 | 19:43
Und auch auf der Grenze zwischen „Mit Spielleiter“ und ohne finden sich immer wieder Spiele, die auf beiden Seiten gehören.

So kann man beispielsweise viele der Spiele von Angry Hamster wahlweise mit oder ohne Spielleiter spielen.. Das erste Mal, dass ich selber ein derartiges Erlebnis hatte, war eine Runde Panty Explosion - durch den beste Freundin-Rivalin-Mechanismus ließ das spiel sich auch ohne Spielleiter gut händeln.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Maarzan am 8.07.2019 | 19:48
Das ist eine Unterscheidung nach Spielstilen, nicht nach Spielsystemen.

Und gerade Rollenspiele und Erzählspiele mag man am Tisch trennen können, aber nicht nach Spielmechanik in einem Buch (siehe auch D&D, welches von "Erzählonkelei mit Gary, der Stimme aus dem Schrank", über "freies, kooperatives Worldbuilding mit Arneson" bis hin zu "Pixelbitching mit einem genervten Con-Gygax" bereits sehr unterschiedliche Ansätze hatte - und das waren nur die Entwickler).

Dann lässt sich ohne Angabe jeds einzelnen Spielleiters und dessen Tagesform eh gar nichts mehr unterscheiden und danach könnte das Thema kraft unmöglicher Aufgabenstellung auch gleich wieder geschlossen werden - was ja wohl auch Ziel dieses Einwurfs ist, oder?

Oder man nimmt das, was zur Verfügung steht, und das wären auf Systemebene die RAW und was dabei rauskommen würde und für Runden das, was ein Spielleiter bei ehrlicher Selbstanalyse dann als Spielangebot, welches er zu leiten beabsichtigt, auf den Rundenzettel schreiben würde.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexandro am 8.07.2019 | 20:05
Man kann auch Spielstile modellhaft beschreiben (und zwar ohne dass jeder einzelne SL beschrieben wird - die Soziologie macht es vor). Das sollte man dann nur deutlich machen.

Und wenn man nur nach RAW geht, dann sollte man auch persönliche Vorlieben, Interessen oder die eigenen verkorksten Runden rauslassen (so etwas, wie "Metaressourcen reißen die Spieler aus der Fiktion" ist vor diesem Hintergrund keine ernstzunehmende Analyse, sondern reine Kraut-und-Rüben-Methodik, wie sie leider typisch für MINT-Fächler ist).
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Orlock am 8.07.2019 | 20:15
Und was ist daran jetzt echt oder nicht echt?
Diese Diskussion läuft mir zu sehr in Richtung "Ich spiele richtig und Ihr spielt falsch."
Ich weiß, das wollt Ihr damit bestimmt so nicht sagen, aber so fühlt es sich an.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: nobody@home am 8.07.2019 | 20:34
Eh. Wenn mir unbedingt einer was von "echten" und "unechten" Rollenspielen vorlabern will, gibt's ja eigentlich nur zwei Möglichkeiten:

a) Unsere Definitionen stimmen in guter Näherung überein, dann gibt's aber eigentlich nichts zu diskutieren; oder aber

b) es gibt hinreichend drastische Abweichungen, daß klar wird, daß wir eben nicht übereinstimmen; dann ist es aber nicht mein Problem, daß die Gegenseite so offensichtlich objektiv falsch liegt, und der Diskussionsbedarf hält sich auch hier in Grenzen. >;D

An sinnvollen Kategorien und Unterscheidungsmerkmalen wäre ich dagegen gar nicht mal so uninteressiert.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Torgo am 8.07.2019 | 21:17
Und was ist daran jetzt echt oder nicht echt?
Diese Diskussion läuft mir zu sehr in Richtung "Ich spiele richtig und Ihr spielt falsch."
Ich weiß, das wollt Ihr damit bestimmt so nicht sagen, aber so fühlt es sich an.

Das ist jetzt stark verkürzt und wahrscheinlich vereinfacht:

Es gibt eine Ansicht, die hier im Forum aus verschiedenen Gründen Wellen geschlagen hat, nach der eine Einteilung in Rollenspiele (was nichts anderes sind als die sog. klassischen Rollenspiele) und Erzählspiele (was nichts anderes sind als Spiele in denen irgendeine Form von Player Empowerment vorkommt).

Nach der Definition ist ein Rollenspiel ein Spiel mit einem festem Regelsatz in dem der Würfelwurf ein Element der Unsicherheit bringt, das Abenteuer generiert.

Spiele wie PbtA tun das nicht und sind demnach eine andere Kategorie Spiel.

Ob diese Einteilung tatsächlich notwendig oder sinnvoll ist, darüber kann man geteilter Meinung sein, ich persönlich finde sie unpraktikabel, weil nicht objektiv belegbar.

Generell sollte man sich aber schon fragen, ob es überhaupt Sinn macht Systeme einteilen zu wollen ober ob das nicht wirklich nur zu Grüppchenbildung führt.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Jiba am 8.07.2019 | 21:37
Nach der Definition ist ein Rollenspiel ein Spiel mit einem festem Regelsatz in dem der Würfelwurf ein Element der Unsicherheit bringt, das Abenteuer generiert.

Spiele wie PbtA tun das nicht und sind demnach eine andere Kategorie Spiel.

Ob diese Einteilung tatsächlich notwendig oder sinnvoll ist, darüber kann man geteilter Meinung sein, ich persönlich finde sie unpraktikabel, weil nicht objektiv belegbar.

Jap. Nicht zuletzt, weil es Würfelwürfe bei PbtA gibt und die ein Element der Unsicherheit ins Spiel bringen. Play to find out.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Crimson King am 8.07.2019 | 21:48
Generell sollte man sich aber schon fragen, ob es überhaupt Sinn macht Systeme einteilen zu wollen ober ob das nicht wirklich nur zu Grüppchenbildung führt.

Es ist sinnvoll, Systeme einzuteilen, weil sich anhand einer solchen Systematik leichter geeignete Spiele für den aktuellen Bedarf identifizieren lassen. Die Diskussion, ob ein Erzählspiel ein Rollenspiel ist oder nicht, ist aber tatsächlich akademisch und solche Einteilungen, die explizite oder implizite Wertungen enthalten oder werdend interpretiert werden können, führen des Öfteren zu unnötigen Konflikten.

Die von pharyon vorgeschlagenen Deskriptoren halte ich dabei im Übrigen für keinen guten Weg, weil sie entweder zu grob auflösen oder man zu viele davon braucht. Eine Einteilung, die ein paar formale Kriterien mit Erfahrungswerten kombiniert und dabei berücksichtigt, dass sich um keine Schubladensystematik, sondern eine mit fließenden Übergängen handelt, hilft da mehr.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: 1of3 am 8.07.2019 | 21:56
Hier möchte ich nun mit der Beteiligung aller Interessierter schauen, ob es uns gelingt, zumindest Merkmale zu finden, anhand der man Rollenspiele gut (im Sinne von klar/eindeutig) differenzieren kann, ohne auf die letzte (jedes einzelne Rollenspiel) oder vorletzte (jede Rollenspielfamilie) Ebene rutschen zu müssen.

OK. Du möchtest eine Liste möglichst aussagekräftiger Kriterien. Mal schauen:

Gibt es eine oder mehrere SLs / Personen mit Sonderaufgaben? Wie heißen die genau?
Wie viele Werte und Stichpunkte sind vor Spielstart auf dem Charakterbogen einzutragen?
Gibt es eine mitgelieferte Spielwelt?
Gibt es ein mitgeliefertes Abenteuer?
Wie viele Klassen/Archetypen/Heldentypen/... gibt es?
Welches Format und wie viele Seiten hat das Einstiegsprodukt?
Was wird neben dem Regelwerk sowie Pen & Paper als Ausstattung gefordert/empfohlen?

Das sind alles Dinge, die sich schon bei kursorischer Begutachtung des Produkts feststellen lassen. Sie sind relativ eindeutig - außer vielleicht, was nun genau eine Charakterklasse ist. Und ich kann damit ziemlich gut Polaris, Gurps und Ars Magica auseinanderhalten.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Rhylthar am 8.07.2019 | 22:11
Puh, das einzige Spiel, was ich irgendwie zu den "anderen Rollenspielen" würde, wäre wohl Fiasko. Und das kenne ich nur vom Hören-Sagen.

Ansonsten ist da für mich irgendwie nur die Grauzone zwischen Brett- und Rollenspiel. Ansonsten gibt es eine Menge Rollenspiele, die sehr entfernt sind von den "ursprünglichen Rollenspielen", aber durchaus sehr "echt" sind.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 8.07.2019 | 22:37
Es ist sinnvoll, Systeme einzuteilen, weil sich anhand einer solchen Systematik leichter geeignete Spiele für den aktuellen Bedarf identifizieren lassen.

Das war ja auch der Ausgangspunkt für den Bernd. Und dann muss ich leider auf diesen Thread hier verweisen (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,106874.0.html) - wo dieser Teil der Diskussion eigentlich hingehört. ;) Warum gehört sie dahin? Weil der eigene Bedarf offensichtlich damit zusammenhängt was einem Spaß macht. Und wenn man die Spaßgrundlagen nicht kleinteilig untersucht und versucht rigoros Schritt-für-Schritt Konsens zu bauen, dann endet man wie die Forge.

Darüberhinaus hat auch der erste Teil dieses Blogposts (http://www.knightsoftheblacklily.com/2018/05/rpg-theory-with-rigor-part-2/) weiterhin Relevanz: all diese Arten von Definitionen haben zwangsläufig eine gewisse Unschärfe, Grenzfälle, etc. Es geht also nicht unbedingt darum eine Gruppe von Eigenschaften zu finden, die alle Spiele einer gewissen Kategorie gemein haben; es genügt Eigenschaften anzugeben, die die allermeisten Punkte eines Datenclusters gemein haben.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 8.07.2019 | 23:15
die deutsche Diskussionskultur zb um eine Form der Pyramide zu bekommen funzt durch kollaboratives Abschlagen eines Rechtecks, die US-amerikanische durch kollaboratives Hinlegen von Formen bis die Pyramide da ist.

Im Sinne der transatlantischen Freundschaft probier ich jetzt mal bzgl Rollenspiel zweiteres mit bitte um Ergänzung, mal schaun wann die Schere aufgeht.

a) man hat einen Unsicherheitsfaktor was imaginierte Aktionen betrifft. Ereigniszuweisung oft durch Würfeln, Karten etc
b) man verkörpert mindestens eine Spielfigur in einer fiktiven Welt, der Zahlen(?)werten bzgl Ihrer jeweiligen indivuellen Beschaffenheit zugeordnet sind, die die Ereigniszuweisung aus a) in irgendeiner Form beeinflussen können
c)...
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Eismann am 8.07.2019 | 23:40
Man könnte sich auch fragen, was gerade so außerhalb der "Grenzen" des Rollenspiels liegt. LARP und Impro-Theater, wenn es um die Charakterdarstellung geht, Brettspiele wie Decent und Co. als Randbereich zum herausforderungsorientierten Spiel oder eben sowas wie Fiasko oder gemeinsames, abwechselndes Geschichten schreiben im narrativen Bereich.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: pharyon am 9.07.2019 | 00:49
Okay, meine Beispiele sind als Deskriptoren wenig geeignet, scheint mir nach dem Lesen eurer Beiträge. Macht aber nichts, ich nehme gerne geeignetere von euch. Wie hoffentlich auch erkennbar ist, möchte ich keine Kategorie höherwertig haben. Es geht vielmehr darum, dass wir uns bzgl. Spielen in der Kategorie Rollenspiele etwas klarer unterhalten können, ohne dass jemand die "Echte Rollenspiele"-Bezeichnung rausholen muss, weil (möglicherweise) in Abgrenzung zu Story-Games kein geeigneter Begriff vorliegt. Ich finde, da kommt ein Teil des Dilemmas her.

Und das möchte ich gerne auflösen, oder zumindest eine Möglichkeit finden. Ob die dann breite Akzeptanz findet, ist eine andere Geschichte. Deshalb dürft ihr euch ach gerne an den Versuchen reiben und stören. Morgen mehr hierzu.

p^^
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: 1of3 am 9.07.2019 | 08:11
Es geht vielmehr darum, dass wir uns bzgl. Spielen in der Kategorie Rollenspiele etwas klarer unterhalten können, ohne dass jemand die "Echte Rollenspiele"-Bezeichnung rausholen muss, weil (möglicherweise) in Abgrenzung zu Story-Games kein geeigneter Begriff vorliegt.

Das wird schwierig. Ich bin der Ansicht, dass Storygaming weniger eine Klasse von Produkten ist als eine gewisse Schule des Rollenspiels. Schule also in dem Sinne, dass es bekannte Leute, Orte (~ Internetseiten), Texte, Sinnsprüche und Rituale gibt, was Rollenspiel ist und wie es zu sein hat. Ich hatte hier mal die Kernpunkte (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,78817) aus meiner Sicht dargestellt. Eine andere Schule wäre z.B. die OSR. Auch gibts Autoritäten, Texte, Orte, Sinnsprüche usw. Storytelling war auch mal eine, ist aber ziemlich tot.

Wenn wir jetzt über das Andere reden, dann ist es unge-schul-tes Rollenspiel, also Mainstream.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: felixs am 9.07.2019 | 08:24
Eine andere mögliche Herangehensweise könnte die gewissermaßen historisch-kritische sein:
Wir könnten uns anschauen, wo Spielweisen/Spielarten/Spiele herkommen und daran die Einflüsse festmachen.
Ganz grob: Es beginnt mit Konfliktsimulationsspielen (mit Zinnfiguren oder Pappmarkern). Dann kommen irgendwann Einflüsse der Sozialpädagogik und des (Improvisations-)Theaters dazu. Daneben gibt es noch (von Anfang an) Einflüsse aus Musik, Film, Literatur, Zeitgeist (Japan-affinität der 1980er/90er, politische Einflüsse etc.).
Es ist ganzheitlich schwer zu fassen, man wird fokussieren müssen.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bert.Bastard am 9.07.2019 | 08:57
Zunächst einmal meine 'Definition' war eine sehr individuelle und wurde auch als solche gekennzeichnet.


Die sollte nicht allgemeingültig sein.

Warum? Die Begriffe sind allgemein so schwammig, dass das alleine deshalb schon schwierig wird. Das ist bestimmt vielen Profis hier klar.

Es gibt Brettspiele, die nahe an Rollenspielen dran sind. und es gibt Rollenspiele die nah an Brettspielen sind.

Man kann vielleicht noch einen Oberbegriff finden z. B. Tischspiele oder Analogspiele.
Allgemeingültig Kriterien festzulegen dürfte nicht ganz leicht sein. Klar könnte man sagen alles was nenn D20 hat und man Charakterbögen hat, ist ein 'echtes' Rollenspiel. Ist vermutlich zu kurz  gegriffen SR, WEG SW D6 etc.

Hier ein dysfunktionaler Versuch.

Brettspiele
Alles wo es ein irgendwie geartetes Spielbrett gibt

Rollenspiel
Alles wo es einen SL, Charakterbögen, irgendwie geartete Würfel, keine Erzählrechte für Spieler gibt,

Storygame
Fail Forward, Erzählrechte für Spieler

Unterscheidet sich von meinen Beispielen im Thread, hat auch immer noch einen persönlichen Touch. Mein persönlicher Geschmack passt dennoch nicht ganz drauf.

Ähnlich ist es wie bei Bier. Reinheitsgebot legt dafür auch Kriterien fest. Irgendeine Plörre kann formal das Gebot erfüllen und ist ein Bier. Individuell kann es ne Plörre sein, denen man persönlich den Status Bier abspricht.

Vermutlich können die Macher solcher Spiele noch eher sagen, was deren Zielgruppe ist. Ob die aber dann meinen Geschmack dabei berücksichtigen ist unwahrscheinlich.




Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Roach am 9.07.2019 | 09:10
Im Sinne der transatlantischen Freundschaft probier ich jetzt mal bzgl Rollenspiel zweiteres mit bitte um Ergänzung, mal schaun wann die Schere aufgeht.
(...)
b) man verkörpert mindestens eine Spielfigur in einer fiktiven Welt, der Zahlen(?)werten bzgl Ihrer jeweiligen indivuellen Beschaffenheit zugeordnet sind, die die Ereigniszuweisung aus a) in irgendeiner Form beeinflussen können

Damit würden bspw. Systeme wie Nip'ajin, Classroom Deathmatch oder Panty Explosion 'rausfallen - bei beiden gibt es nur mehr oder weniger frei formulierte Eigenschafte, die einen Einfluss auf den Enmtscheidungsprozess haben können - wie: welchen Würfel nehmen wir diesmal? -, aber ohne einen Zahlenwert.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: bobibob bobsen am 9.07.2019 | 09:13
Zitat
Rollenspiel
Alles wo es einen SL, Charakterbögen, irgendwie geartete Würfel, keine Erzählrechte für Spieler gibt,

Müssen für dich alle Punkte erfüllt sein ? Denn mir ist kein Spiel bekannt wo die Spieler keinerlei Erzählrechte haben.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Rhylthar am 9.07.2019 | 09:16
@Bert:
Nur kurz, weil unterwegs.

Mit dem Bier-Beispiel legst Du doch von vorneherein auch eine Beschränkung auf. "Reinheitsgebot=Bier" ist eine rein deutsche Erfindung. Sehen die Belgier mit ihrer Biertradition entsprechend anders.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bert.Bastard am 9.07.2019 | 09:17
eigentlich ja, ist aber auch dysfunktional. Nenn Erzählrechte die neue Fakten ins Spiel bringen und über die Fakten des SL hinausgehen.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bert.Bastard am 9.07.2019 | 09:19
@Bert:
Nur kurz, weil unterwegs.

Mit dem Bier-Beispiel legst Du doch von vorneherein auch eine Beschränkung auf. "Reinheitsgebot=Bier" ist eine rein deutsche Erfindung. Sehen die Belgier mit ihrer Biertradition entsprechend anders.

genau!

Reinheitsgebot ist für Bier ein dysfunktionales Merkmal. Ausser für Bier nach dem Reinheitsgebot Gebot.

Persönlich kommt man da u . U. zu.gqnz anderen Festlegungen was Bier ist.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 9.07.2019 | 09:20

Rollenspiel
Alles wo es einen SL, Charakterbögen, irgendwie geartete Würfel, keine Erzählrechte für Spieler gibt,


Storygame
Fail Forward, Erzählrechte für Spieler


Diese Unterscheidung trägt nicht. Ptba Spiele sind Rollenspiele und haben kodifizierte Erzählrechte für Spieler*innen bzgl der Einbettung Ihres SC in der Spielwelt

Übrigens:
DnD 5e hat Backgrounds, also kodifizierte Erzählrechte für Spieler/innen bzgl der Einbettung Ihres SC in der Spielwelt




Unterscheidet sich von meinen Beispielen im Thread, hat auch immer noch einen persönlichen Touch. Mein persönlicher Geschmack passt dennoch nicht ganz drauf.

Ähnlich ist es wie bei Bier. Reinheitsgebot legt dafür auch Kriterien fest. Irgendeine Plörre kann formal das Gebot erfüllen und ist ein Bier. Individuell kann es ne Plörre sein, denen man persönlich den Status Bier abspricht.

Vermutlich können die Macher solcher Spiele noch eher sagen, was deren Zielgruppe ist. Ob die aber dann meinen Geschmack dabei berücksichtigen ist unwahrscheinlich.

seufz
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 9.07.2019 | 09:23
Damit würden bspw. Systeme wie Nip'ajin, Classroom Deathmatch oder Panty Explosion 'rausfallen - bei beiden gibt es nur mehr oder weniger frei formulierte Eigenschafte, die einen Einfluss auf den Enmtscheidungsprozess haben können - wie: welchen Würfel nehmen wir diesmal? -, aber ohne einen Zahlenwert.

keine Ahnung ich kenne die Spiele nicht. Was wäre dann das Rollenspielartige an diesen Spielen für Dich, ggf gibt ja noch ein grundlegenderes Kriterium ? Oder faehrt man mit dem Ausschlussprinzip doch besser?
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Rhylthar am 9.07.2019 | 09:25
genau!

Reinheitsgebot ist für Bier ein dysfunktionales Merkmal. Ausser für Bier nach dem Reinheitsgebot Gebot.

Persönlich kommt man da u . U. zu.gqnz anderen Festlegungen was Bier ist.
Für mich ist "Fakten schaffen" dysfunktional zur Abgrenzung. "Beyond the wall" wäre da ein Beispiel, wo es u. a. für mich bricht.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 9.07.2019 | 09:30
Ich kann den Ansatz noch nicht so ganz nachvollziehen.
Wenn es um das Verständnis geht, was schon oder noch ein Rollenspiel ist, kann man doch nicht primär nach innen schauen und die Rollenspiele in Kategorien einteilen.
Sind dafür nicht die Randbereiche und die Übergänge von und nach anderen Spielformen viel relevanter (siehe Eismann)?

Das wird dann notwendigerweise auch eine historische Herleitung und eine Definition des klassischen Rollenspiels in Abgrenzung von anderen Formen sein - da sind felixs und der verlinkte Vergangenheits-1of3 schon auf einem guten Weg.

Denn mir ist kein Spiel bekannt wo die Spieler keinerlei Erzählrechte haben.

Ich hätte gesagt: Die Erzählrechte der Spieler sind im klassischen/traditionellen Rollenspiel weitestgehend auf die eigene Figur beschränkt.

Brettspiele
Alles wo es ein irgendwie geartetes Spielbrett gibt

Das grenzt mir nicht stark genug zu Battlemap & Co ab.
Dann eher: Spiele, bei denen so gut wie alles auf dem Spielbrett (und mit den zugehörigen Countern und sonstigem Nippes) stattfindet und wo die Handlungsoptionen aller Beteiligten abschließend definiert und damit stark begrenzt sind. Dementsprechend ist dort auch die Frage nach Erzählrechten irrelevant - entscheidend is aufm Platz Brett; alles, was ggf. drumherum erzählt wird, ist letztlich ohne Bedeutung.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 9.07.2019 | 09:31
Für mich ist "Fakten schaffen" dysfunktional zur Abgrenzung. "Beyond the wall" wäre da ein Beispiel, wo es u. a. für mich bricht.

Sehr gutes Beispiel. Hätte ich selbst drauf kommen können.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bert.Bastard am 9.07.2019 | 09:36
weil es eben persönlich ist funktioniert der Verallgemeinerungsversuch nicht. Er ist dysfunktional. Das wird er auch bleiben. Entsprechend war mein Ursprungsbeitrag mit der persönlichen Färbung gekennzeichneten....

Am ehesten funktioniert es, wenn sich Leute finden, die einen ähnlichen Geschmack haben und mit denen man gut kann. Dann kann man drüber diskutieren, ohne dass jemand gleich auf 180 ist.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexandro am 9.07.2019 | 09:56
Das grenzt mir nicht stark genug zu Battlemap & Co ab.
Dann eher: Spiele, bei denen so gut wie alles auf dem Spielbrett (und mit den zugehörigen Countern und sonstigem Nippes) stattfindet und wo die Handlungsoptionen aller Beteiligten abschließend definiert und damit stark begrenzt sind. Dementsprechend ist dort auch die Frage nach Erzählrechten irrelevant - entscheidend is aufm Platz Brett; alles, was ggf. drumherum erzählt wird, ist letztlich ohne Bedeutung.

Oder auch:
Im Brettspiel bestimmt das Brett den Spielinhalt.
Im Rollenspiel bestimmt der Spielinhalt, welches Brett (oder Battlemap) man verwendet (oder ob man überhaupt eine Visualisierung verwendet).

Fail Forward ist eine Spieltechnik, die unabhängig von Storygames ist (und die viele auch schon lange bevor es Storygames gab in anderen Rollenspielen genutzt haben, auch wenn sie diese Technik damals nicht so genannt haben).
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: ArneBab am 9.07.2019 | 09:57
Damit würden bspw. Systeme wie Nip'ajin … 'rausfallen
Das ist nicht unbedingt ein Problem. NIP'AJIN spielt sich sehr anders als sonstige Rollenspiele. Viel Taktik kommt alleine durch die Wahl der Würfel rein. Vorteil: Abenteuer können noch viel knapper sein. Nachteil: Es fühlt sich brettspieliger an.

Für mich ist zwar NIP'AJIN ein Rollenspiel, aber für mich ist auch FATE ein Rollenspiel, und pbta-Systeme auch. Das Spielgefühl von NIP'AJIN ist allerdings (zumindest in den GRT-Kurzrunden) mindestens so unterschiedlich zu Gurps wie es das Spielgefühl von FATE ist.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: JollyOrc am 9.07.2019 | 10:08
Oder auch:
Im Brettspiel bestimmt das Brett den Spielinhalt.
Im Rollenspiel bestimmt der Spielinhalt, welches Brett (oder Battlemap) man verwendet (oder ob man überhaupt eine Visualisierung verwendet).

Das hier gefällt mir ungemein gut!
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 9.07.2019 | 10:09
Ja, das kann was  :d
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 9.07.2019 | 10:42
Also noch einmal: Es ist zu hoch gegriffen einen Satz von notwendigen Bedingungen zu finden, den alle Mitglieder einer Kategorie ("Rollenspiele") gemeinsam haben, in der Hoffnung, dass dies universellen Zuspruch findet. Da werden wir uns im Detail nicht einigen können. Eine realistischere Zielsetzung ist es einen Satz von Gemeinsamkeiten zu finden, der mehr oder minder typisch für diese Kategorie ist. In traditionellen Rollenspielen übernehmen zB mehrere Spieler die Rolle jeweils eines Charakters und entscheiden über dessen/deren Intentionen. Dazu gibt es genau einen Spielleiter, der den Rest der Welt simuliert, mehr oder minder.
In Erzählspielen ist das halt etwas weniger typisch. Typisch für Erzählspiele ist hingegen das Einnehmen der Director Stance, was in Trad Games hingegen unüblich ist, etc pp.

Was die Randbereiche des Rollenspiels angeht, die finden sich idR da wo man einen der GNS Modi maximiert. Maximal narrativistisches Spiel grenzt an Theater/Prosa. Maximal gamistisches Spiel grenzt an Brettspielen. Maximal simulationistisches Spiel grenzt vermutlich an experimenteller Wissenschaft.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 9.07.2019 | 10:47
Maximal simulationistisches Spiel grenzt vermutlich an experimenteller Wissenschaft.

wtf?
Da zeigt sich ganz gut, wie inhaltsleer und unzureichend der Simulationismusbegriff ist.

Edit:
Soll heißen, dass ich bei den anderen beiden mitgehe (wenn man bei N noch ein Impro- vorne dran setzt), hier aber auch ins Schleudern komme, was ich da überhaupt als Extrem-/Reinform nennen sollte.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Lord Verminaard am 9.07.2019 | 11:00
Ist Vampire denn ein echtes Rollenspiel (tm)? >:D
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Isegrim am 9.07.2019 | 11:01
Ist Vampire denn ein echtes Rollenspiel (tm)? >:D

Live oder PnP?  ;D
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 9.07.2019 | 11:03
Ist Vampire denn ein echtes Rollenspiel (tm)? >:D

Und ändert sich an der Antwort "Natürlich nicht!" dadurch etwas, dass es ein neues Vampire gibt und das alte damit den Status der offensichtlich extrem viel besseren Vorgängeredition erhält? ~;D
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: 1of3 am 9.07.2019 | 11:19
Ich hätte gesagt: Die Erzählrechte der Spieler sind im klassischen/traditionellen Rollenspiel weitestgehend auf die eigene Figur beschränkt.

Exakt. Letztlich lässt sich jede auf die Fiktion gerichtete Regel dahingehend verstehen, dass sie die Glaubwürdigkeit (Credibility laut Vincent B.) gewisser Ereignisse erhöht oder reduziert. Du bist also auch immer berechtigt, solcherlei Dinge zu erzählen, die hinreichend hohe Glaubwürdigkeit haben. Besitz eines fiktiven Elements, also hier Charakterbesitz, erhöht demnach die Glaubwürdigkeit aller Aussagen, die du über das selbe triffst.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: borkosh am 9.07.2019 | 11:42
Semi-Offtopic:

Ich bin dieser Herangehensweise der Kategorisierung eher abgeneigt. Da gibt es für meinen Geschmack zu viele Grenzgänger und wenige scharf umrissene Kategorien. Was mich viel mehr interessieren würde, wäre eine Sammlung an Features, die ein Spiel haben kann. Also zB: feste SL/wechselnde SL/SL-los. Ist für ein erstes Abschätzen, ob ein Spiel für jemanden passen könnte vermutlich genauso praktikabel, hat aber den Vorteil, dass es hoffentlich weniger ideologische Reibereien gibt.
Weiß jemand, ob es hier im Forum schon nen Thread in diese Richtung gibt? Ich hab leider nichts gefunden.

Danke schön und...  :btt:
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexandro am 9.07.2019 | 11:50
Es ist auch die Frage, was genau "Gestaltungsrechte im Charakterbereich" sind:
-wenn ich sage, dass mein Charakter Buch X [in der Spielwelt etabliert] gelesen hat, weil das in seine Interessen fällt
-wenn ich sage, dass mein Charakter Gegenstand Y besitzt
-wenn ich sage, dass mein Charakter eine Beziehung zu NSC Z hat

Ist eine graduelle Sache.

Und vor allem: was passiert, wenn der SL eine der o.g. Fakten für meinen Charakter festlegt (und damit potentiell in den Charakterbereich eingreift)?
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bert.Bastard am 9.07.2019 | 11:52
Ist Vampire denn ein echtes Rollenspiel (tm)? >:D

für mich zunächst ja.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Teylen am 9.07.2019 | 11:54
Man kann Rollenspiele kategorisieren in dem man drauf sieht, Gemeinsamkeiten feststellt und dann die Spiele unter einem Titel der Gemeinsamkeit packt. Mache ich etwa einmal wöchentlich bzw. zwei-wöchentlich für meine Crowdfunding Kurzübersicht wo ich so zwischen 5 bis 19 Spiele drin habe.

Meines Erachtens funktioniert das festlegen von allgemeinen Eigenschaften bzw. Kategorien nicht.
Einerseits gibt es immer mal wieder Grenzgänger innerhalb der Kategorie. Beispielsweise gibt es Rollenspiele die im Grundregelwerk sowohl das Spiel mit als auch ohne Spielleiter und mit wechselnden Spielleiter anbieten.
Andererseits scheitert es wahrscheinlich an der Grenze zum Brett-, Tabletop-, Dungeon Crawler bzw. Skirmish Spiel. Weil es zu viele Überschneidungen gibt oder auch zu wenige.


Allgemein könnte zu der Frage zufällig das neue Video von Innuendo Studios interessant sein, welches sich der Frage widmet woran man ein Adventure Game erkennt: Who Shot Guybrush Threepwood? | Genre and the Adventure Game (https://www.youtube.com/watch?v=tMVl5U3SlS0)
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Widukind99 am 9.07.2019 | 11:58
...
Rollenspiel
Alles wo es einen SL, Charakterbögen, irgendwie geartete Würfel, keine Erzählrechte für Spieler gibt, ...

Das ist natürlich eine Sicht auf die Rollenspiele, wie sie hier im Forum besprochen werden. Man sollte aber nicht vergessen, dass es noch viel mehr Rollenspiele gibt.
Wenn meine Tochter mit einer Freundin und ihren Puppen Vater, Mutter, Kind spielt, ist das ein Rollenspiel.
Wenn sich der Manager von der Domina verwämsen lässt, und dabei spielt, dass er der unartige Schuljunge sei und sie die Lehrerin, ist das ein Rollenspiel.
Wenn der Patient beim Psychotherapeuten die Rolle seiner Mutter einnimmt, dann ist das ein Rollenspiel.

O.g. Definition ist mir selbst für Pen and Paper schon zu eng. Würfel sind entbehrlich, es sei denn, man bezeichnet den Jenga-Turm bei Dread auch als Würfel.
Erzählrechte gehören ganz klar zum Rollenspiel, jeder Spieler hat das Recht was zu erzählen, in manchen Rollenspiel ist das auf die Reaktionen seiner Spielfigur begrenzt, in anderen nicht.
Ich würde auch gerne mal wissen, in welche Kategorien ihr PnP-Rollenspiele einteilen wollt, die nicht zu o.g. gehören. Am besten mit Beispielen.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 9.07.2019 | 11:59
Andererseits scheitert es wahrscheinlich an der Grenze zum Brett-, Tabletop-, Dungeon Crawler bzw. Skirmish Spiel.

Gerade die lässt sich doch gut erkennen. Haben wir hier auch schon durchgespielt ;)
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Isegrim am 9.07.2019 | 12:02
Du meinst
Zitat
Im Brettspiel bestimmt das Brett den Spielinhalt.
Im Rollenspiel bestimmt der Spielinhalt, welches Brett (oder Battlemap) man verwendet (oder ob man überhaupt eine Visualisierung verwendet).
?

Das kriegt eine Abgrenzung zu "traditionellen" Brettspielen hin, aber nicht zu Tabletops. Da bleiben die Grenzen letztendlich fließend.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 9.07.2019 | 12:09
Für das Tabletop gilt das, was ich weiter oben dazu schrieb - eng begrenzte, abschließende Handlungsmöglichkeiten ohne relevante Erzählrechte.
Obendrauf noch: Kompetitives Spiel und damit zwingender Wegfall der SL-Rolle bzw. Auslagerung der Schiedsrichterfunktion auf einen Dritten sowie keine klare und begrenzte Zuordnung von Spieler und Figur. 

Das ist dann auch das, was z.B. das Verwenden von WHFRP-Spielerfiguren im Warhammer Fantasy-Tabletop trotz aller regelseitiger Kompatibilität recht dysfunktional gemacht hat.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Isegrim am 9.07.2019 | 12:12
Danke, hat ich überlesen.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexandro am 9.07.2019 | 12:18
Punktuell kann es durchaus zu Überschneidungen kommen: wenn ich ein tolles, neues Set an Dungeontiles kaufe und dann ein Abenteuer darum stricke, wo diese zum Einsatz kommen, dann bestimmt durchaus das Spielbrett den Inhalt der Fiktion. Die Regel ist das aber nicht.

Zitat
Obendrauf noch: Kompetitives Spiel und damit zwingender Wegfall der SL-Rolle bzw. Auslagerung der Schiedsrichterfunktion auf einen Dritten sowie keine klare und begrenzte Zuordnung von Spieler und Figur.

Was ist mit Spielen, wie "Reign" oder dem "Game of Thrones RPG", wo man nicht nur die Figur spielt, sondern ein ganzes Adelshaus?
Was ist mit MPA, wo mehrere Spielergruppen (kompetitiv) gegeneinander spielen?
Was ist mit Spielen, die derart durchgeregelt sind (oder so einfache Regeln haben), dass die Schiedsrichter-Funktion des SL schlicht nicht vorhanden ist und er sich rein auf seine Rolle als Szenarienleiter konzentrieren kann?
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 9.07.2019 | 12:46
wenn ich ein tolles, neues Set an Dungeontiles kaufe und dann ein Abenteuer darum stricke, wo diese zum Einsatz kommen, dann bestimmt durchaus das Spielbrett den Inhalt der Fiktion.

Ich hätte das umgekehrt aus der TT-Warte betrachtet: Das angedachte Szenario bestimmt natürlich, welches Gelände ich verwende.
Da ist diese Abgrenzung zum Rollenspiel nicht gegeben.

Was ist mit Spielen, wie "Reign" oder dem "Game of Thrones RPG", wo man nicht nur die Figur spielt, sondern ein ganzes Adelshaus?

Das sind dann schnell TT- oder andere Nichtrollenspiel-Elemente. Und da muss man ähnlich wie beim WHFRP-/WH TT-Beispiel oder auch bei Mechwarrior + Battletech mMn höllisch aufpassen, keine dysfunktionale Mischung herzustellen.
Rollenspiel verträgt sich auf Dauer nicht mit "reinem" kompetitivem Tabletop.

Was ist mit MPA, wo mehrere Spielergruppen (kompetitiv) gegeneinander spielen?

Ja, die dürften einem so manche Abgrenzung zerhauen.
Da will ich ansonsten nicht viel zu sagen, weil ich der Meinung bin, dass derart kompetitives Rollenspiel eine ziemliche Mogelpackung darstellt (auch wenn das zu den ältesten/"traditionellsten" Erscheinungsformen des Rollenspiels gehört).


Was ist mit Spielen, die derart durchgeregelt sind (oder so einfache Regeln haben), dass die Schiedsrichter-Funktion des SL schlicht nicht vorhanden ist und er sich rein auf seine Rolle als Szenarienleiter konzentrieren kann?

Wenn ich keinen Schiedsrichter brauche, ist das für die Abgrenzung unerheblich. Wichtig ist, dass ich in der Reinform keinen SL haben kann, weil dessen Funktion(en) der Spielform zuwiderlaufen. 


Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexandro am 9.07.2019 | 12:50
Wenn ich keinen Schiedsrichter brauche, ist das für die Abgrenzung unerheblich. Wichtig ist, dass ich in der Reinform keinen SL haben kann, weil dessen Funktion(en) der Spielform zuwiderlaufen.

Ich habe auch schon eine Battletech (Tabletop) Runde mit SL gespielt. Das widerspricht sich nicht.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: nobody@home am 9.07.2019 | 12:51
Zu meiner persönlichen Definition von Rollenspiel gehört im Wesentlichen nur, daß ich (a) eine eigene Figur in einer fiktiven Welt spiele/verkörpere (könnten prinzipiell auch mehrere oder eine ganze Fraktion sein, eine Figur pro Spieler ist einfach nur der traditionelle Fall) und (b) mindestens in guter Näherung auch dieselbe Handlungsfreiheit habe, die diese Figur plausiblerweise auch hätte -- also ohne Einschränkungen durch klassisch brettspielartige "erlaubte Züge" oder "was die Designer im fernen Janzweitwech nicht einprogrammiert haben, geht halt nicht" wie bei Computerabenteuer- und -"rollen"spielen. Punkt (b) läßt sich vielleicht auch als "persönlicher Spielraum für Improvisation" umschreiben.

Der Rest -- also Würfel, Charakterbögen, eventuelle Battlemaps, ein bestimmter "Spielmodus" (so überhaupt bewußt ausgesucht), Einschießen auf bestimmte Arten von Regelsystemen usw. -- ist aus meiner Sicht für die Definition von "Rollenspiel" an sich recht irrelevant. Persönliche Vorlieben kann natürlich jeder haben, aber durch die wird Rollenspiel A nicht "echter" oder "falscher" als Rollenspiel B.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Teylen am 9.07.2019 | 13:02
Gerade die lässt sich doch gut erkennen. Haben wir hier auch schon durchgespielt ;)
Sehe ich persönlich nicht so. Das heißt, ganz praktisch kämpfe ich manchmal mit den ganzen Hybriden, merkwürdig deklarieren etc. Projekten in meiner Crowdfunding Kurzübersicht.

Den Ansatz das das Spiel nicht durch das Brett bestimmt wird, kommt für mich auch nicht hin, wenn ich betrachte das meinereiner damals an der Marvel Superheldenbox scheiterte weil wir unter anderem mit dem Brett nicht zurecht kamen. Respektive, dass gerade bei älteren Rollenspielen mitunter ein Sack voll Pläne dabei waren. Nun und auch weil ich Rollenspiele mit recht elementaren Brettern (Montsegur 1244) gespielt habe, die imho kein Brettspiel sind.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Lord Verminaard am 9.07.2019 | 13:06
für mich zunächst ja.

Ja, hatte ich jetzt auch so verstanden. Wenn man D&D, Vampire und, sagen wir mal, Traveller als drei Fixpunkte nimmt und da einen großen Kreis drum zieht, dann sollte es eigentlich relativ klar sein, ob ein gegebenes System dann innerhalb des Kreises ist, oder außerhalb. Ich wette aber mit dir, wenn du genau die Frage hier im Forum stellst, wirst du eine Menge Leute finden, die der Meinung sind, pbtA wäre innerhalb des Kreises. Und das ist dann auch der Punkt, wo ich relativ ratlos bin. Ich mache jetzt seit über 15 Jahren Rollenspielforen im Allgemeinen und Tanelorn/GroFaFo im Speziellen, aber ich bin da trotzdem ratlos.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexandro am 9.07.2019 | 13:19
Ich sehe kein Problem pbtA in diesen Kreis zu setzen. Meiner Erfahrung nach ist es, bis auf ein paar erzählerische Kapriolen, ein relativ konventionelles Rollenspiel (und dieses "Play to find out (what happens)" ist sowieso nicht wahr, weil die Spieler die Moves meiner Erfahrung nach sehr wohl nach den Ergebnissen auswählen und nicht nach deren Auslöser in der Fiktion - deswegen sind viele Spieler anfangs sehr unzufrieden mit PbtA (weil die Moves nicht das machen, was sie sich vom Spiel wünschen), aber sobald sie das System lernen, klappt es auch mit der Zufriedenheit und alle spielen toll zusammen).

EDIT: eher hätte ich Probleme, solche Systeme, bei denen der SL sagt "Ich gebe euch das Regelbuch (ggflls. mit der Angabe, welche Regeln ihr verwenden dürft) und ihr könnt damit bauen, was ihr wollt und das spielen wir dann - keine vorherigen Absprachen nötig" bei den anderen Rollenspielen einzuordnen.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Crimson King am 9.07.2019 | 14:02
Ja, hatte ich jetzt auch so verstanden. Wenn man D&D, Vampire und, sagen wir mal, Traveller als drei Fixpunkte nimmt und da einen großen Kreis drum zieht, dann sollte es eigentlich relativ klar sein, ob ein gegebenes System dann innerhalb des Kreises ist, oder außerhalb. Ich wette aber mit dir, wenn du genau die Frage hier im Forum stellst, wirst du eine Menge Leute finden, die der Meinung sind, pbtA wäre innerhalb des Kreises. Und das ist dann auch der Punkt, wo ich relativ ratlos bin. Ich mache jetzt seit über 15 Jahren Rollenspielforen im Allgemeinen und Tanelorn/GroFaFo im Speziellen, aber ich bin da trotzdem ratlos.

Das hängt vermutlich davon ab, wie groß der Kreis ist.

PbtA schränkt deine Handlungsfähigkeit üblicherweise schon ein auf das, was die Moves an Möglichkeiten definieren, was wiederum zu bestimmten, dem anvisierten Spielziel konformen Verläufen führen soll. Ich empfinde das als ziemlich störend an der Engine, und das steht auch klar im Widerspruch zum Ansatz vollständiger Handlungsoffenheit und freier Interaktion mit der belebten wie unbelebten Umgebung, die im klassischen Spiel gegeben ist. Ich sehe da aber trotzdem qualitative Unterschiede in diversen PbtA-Implementierungen. DW ist deutlich näher an den Fixpunkten als Monsterhearts.

Ich halte es schon für sinnvoll, PbtA-Spiele als Rollenspiele zu bezeichnen, aber sie sind defnitiv in einer eigenen Unterkategorie.

Das Thema Fakten schaffen als Nicht-SL ist auch nur bedingt geeignet, um Unterformen des Rollenspiels voneinander abzugrenzen. Meines Erachtens muss man da stark auf die Fakten schauen. Oft genug schaffen wir als Spieler Fakten jenseits des Bereichs, über den für formal die Rechte haben, implizit Details. "Ich schnappe mir einen Bierkrug und haue ihm den Gegenüber über den Kopf" ist ein Klassiker für jede Kneipenschlägerei. Der Bierkrug erscheint da aber erst mal aus dem Nichts. Das sollte doch bitte auch im klassischen Spiel möglich sein. "Drei Dörfer weiter wohnt ein Heiler, der sich mit solchen Wunden auskennt" wäre dagegen schon ein hartes Pflaster. Da könnte man schon sagen, alles, was bei FATE & Co, eine Declaration ist, die bezahlt oder erwürfelt werden will, fällt aus den mit klassischem Spiel kompatiblen Fakten raus.

Brettspiele vs. Rollenspiele

In Brettspielen kann man alles machen, was nach den Regeln möglich ist.
In Rollenspielen kann man alles machen, was nicht nach den Regeln verboten ist.

Brettspiele sind Anwendung von Mechanik, potenziell auf eine Fiktion (abstrakte Spiele haben keine fiktionale Ebene). Rollenspiele sind Aushandlung von Fiktion, wobei die Mechanik unterstützt. Es gibt Elemente des einen im anderen und anders herum, aber echte Hybriden gibt es da nicht. Mir wäre zumindest noch keiner untergekommen.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Exar am 9.07.2019 | 14:41
Damit würden bspw. Systeme wie Nip'ajin, Classroom Deathmatch oder Panty Explosion 'rausfallen

Panty Explosion? Das kann nur japanisch sein, oder? :o
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: nobody@home am 9.07.2019 | 14:54
Panty Explosion? Das kann nur japanisch sein, oder? :o

Mittelschülerinnen, die sich mit dem Übernatürlichen, ihren eigenen mentalen Kräften, und natürlich der Jagd nach guten Noten und anderen "kleinen" Schulproblemen herumschlagen müssen, wenn ich so die Kurzzusammenfassungen richtig lese? Yep, definitiv japanisch. ;)
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Zarkov am 9.07.2019 | 15:23
Yep, definitiv japanisch. ;)

Ein japanisches Rollenspiel aus den USA, das ist ja der Gag. (Die Autoren heißen Matt Schlotte und Jake Richmond.)
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Lord Verminaard am 9.07.2019 | 16:28
Für mich ist es ja eher eine Frage des Prozesses und Spielgefühls, und weniger der Äußerlichkeiten. Vergleiche mal Dread und Blades in the Dark.

Dread hat kein Setting, keine Spielwerte, keine Charkterklassen, keine XP, keine Würfel. BitD hat alles vorgenannte. Trotzdem, wenn es darum geht, wie die Gruppe am Tisch das Spielgeschehen verhandelt, würde ich behaupten, Dread ist da absolut ein klassisches Rollenspiel. Bei BitD würde ich da schon eher ein Fragezeichen dran machen. Warum, das habe ich schon verschiedentlich versucht zu erklären, mit sehr gemischtem Erfolg. Ist also zumindest mal nicht universell intuitiv fürchte ich. ;)
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: First Orko am 9.07.2019 | 16:54
Es gibt Rollenspiele und es gibt Brettspiele - und es gibt alles dazwischen, Abstufungen, Varianten, Hybriden, Extreme usw. Warum? Weil Beides uralte Bedürfnisse des Menschen sind, die den Grundbedürfnissen nachgelagert sind. Sobald sich um Nahrung, Heim und Familie gekümmert wurde und noch Zeit übrig ist, vertreiben wir uns diese mit: Geschichten erzählen und Spielen.

Beides ist nicht zwingend diametral, aber es gibt doch einen entscheidenden Unterschied: Das Spiel ist erstmal grundsätzlich kompetitiv (Spieler vs Spieler, Grupp vs. Spieelr... oder gar "alle gegen das Spiel") und neutral wertbar (im Sinne von: Klare Spielregeln, Wertbarkeit durch Counter, Ressourcen, Werte usw.) das Erzählen ist erstmal eskapistisch (Ausnahmen möglich).
Im Laufe der Zeit hat sich beides aufeinander zubewegt - seien es erzählte Episoden von einzelnen Helden einer ursprünglich dem rein Taktischen verschriebenen Soldatenarmee oder das anreichern ehemals eher nüchterner Spielbretter durch Designelemente und Geschichten.

Rollenspiele wie DnD4, welches die Brücke zum Brettspiel schlägt, Brettspiele wie "Winter Tales", was die Brücke zur Erzählung schlägt lösen jegliche, vorgeblich "klare" Linien auf und verschieben sie. So kann man Rollenspiele heutzutage vielleicht am Ehesten auf einer Linie zwischen den beiden Extrempolen entlang verteilen. Und die Trennlinie, die zu überschreiten ein Wechsel des Etiketts bedeutet ist dann doch wieder für jeden subjektiv. Daraus gehen dann wohl auch eine Menge Konflikte ("echte" und "unechte" Rollenspiele) hervor, Grabenkämpfe, Definitionsschlachten und und und.

Also eigentlich bräuchte man wohl nur einen "Schieber" auf so einer Skala:

"Erzählen" <----------------------> "Spielen"

Vielleicht könnte man ja auch einen auf Fragen basierenden Test basteln oder so. Dann kann sich jeder seine Skala hinlegen und bei einer zu hohen Abweichung voneinander weiß man: Joa... das lassen wir mal besser  ;D

Schieber übrigens deshalb, weil die eigene Vorliebe ja auch selten in Stein gemeißelt ist! So kann ich quasi vor jeder neuen Gruppe mich neu justieren, wonach mir gerade ist.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 9.07.2019 | 17:00
Die Idee mit dem Schieber ist prima!

Meiner wäre für Rollenspiel:

Schauspiel<----------------> Brettspiel
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Rhylthar am 9.07.2019 | 17:04
Wäre eine 4-Felder-Matrix (wie die Boston Consulting Matrix) mit den Achsen "Brettspiel" und "Schauspiel" vielleicht noch ein wenig "feiner"?

Problem natürlich: Benennung der 4 Felder.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 9.07.2019 | 17:09
Schauspiel + Brettspiel - = Improtheater
Schauspiel - Brettspiel + = Tabletop
Schauspiel - Brettspiel - = Spielpause
Schauspiel + Brettspiel + = Living Chees
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: First Orko am 9.07.2019 | 17:10
Wäre eine 4-Felder-Matrix (wie die Boston Consulting Matrix) mit den Achsen "Brettspiel" und "Schauspiel" vielleicht noch ein wenig "feiner"?

Problem natürlich: Benennung der 4 Felder.

Sowas in der Art hatte ich auch zuerst im Sinn. Aber ja, dann ist man doch wieder beim Ausgangsproblem: Was nehme ich für Kriterien? Und dann wird es halt superschnell wieder subjektiv und die Sonderfälle, die nicht abgedeckt sind, werden mehr.

Schauspiel finde ich als Begriff auch nutzbar, hat aber natürlich den zusätzlichen Aspekt, dass ein Schauspiel zum Selbstzweck und ohne jegliche Geschichte möglich ist. Wie real und verbreitet ist ne andere Frage.
Ich sehe da schon "Eine Geschichte erzählen" und "Ein Spiel spielen" als nützlichste, extreme Ausprägungen in dem Sinne, dass die 100%-Auslegung von "Erzählen" dann halt auch ruhig Schauspiel beinhalten kann.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 9.07.2019 | 17:14
Ich habe die Schieberidee so verstanden, das es man nie auf 100 : 0 stellen kann u die beiden Pole die Achse halten. Improtheater hat ja auch Regeln.

Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: takti der blonde? am 9.07.2019 | 17:16
Schauspiel finde ich als Begriff auch nutzbar, hat aber natürlich den zusätzlichen Aspekt, dass ein Schauspiel zum Selbstzweck und ohne jegliche Geschichte möglich ist.

Aktionskunst und Theater des Todes stellen vermutlich das dar, was du meinst.

Grüße

Hasran
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 9.07.2019 | 17:18
Schauspiel u Brettspiel als  ] Rollenspiel [ wenn man es mengentheoretisch ausdrücken will
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: D. Athair am 9.07.2019 | 17:21
Erzählung <--------------> Spiel

Die Unterscheidung finde ich essentiell.
Wobei unter Erzählung und unter Spiel sich viele nicht immer kompatible Unterformen tummeln:

Spiel: Brettspiel, Wargame, Weltensimulation, Schauspiel, ...
Erzählung: assoziatives Erzählen, dramaturgisches Erzählen, dialogisches Erzählen, ...


OK. Du möchtest eine Liste möglichst aussagekräftiger Kriterien.
Tatsächlich fände ich ein Abarbeiten von Merkmalen, wie sie sich in physischen Rollenspiel-Linien zeigen i.S.d. Liste von 1of3 am praktikabelsten.

Erst in einem weiteren Schritt könnte man dann schauen, was Attribute für einen Zweck erfüllen und wodurch sie ersetzt werden, wenn sie fehlen.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Isegrim am 9.07.2019 | 17:27
Wenn man den Bogen so weit schlagen will, kann man erst mal die Parallelen und Unterschiede zwischen PnP und Live-Rollenspiel betrachten. Beides ist von der Intention her mehr als ähnlich, aber die Umsetzung sieht ziemlich anders aus.

Dennoch treten manche Phänomene, die auch hier zur Kategorisierung genutzt wurden, in beiden Bereichen auf: Spiel mit/ohne SL respektive Plot (im LR), oder viele vs wenig Regeln bspw.

In der Praxis bzw bei Debatten über konkrete Probleme würde ich beide Bereiche trennen, da die Herangehensweisen zu unterschiedlich sind. Aber der Begriff "Rollenspiel" umfasst sicher beides.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 9.07.2019 | 17:28
Erzählen vs Schauspiel als Achsenendpunkt:

Also da kommt es wirklich darauf an ob Leute eher direkt in Charakter spielen oder eher indirekt beschreiben was er/sie tut.

durch Deine Adjektivierung des Erzählbegriffs wird er als Kategorie beliebig, da bin ich mit "erklärendem Erzählen" auch gleich beim Brettspiel: "Mein Springer auf C4" zb
Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: 1of3 am 9.07.2019 | 17:28


Für mich ist es ja eher eine Frage des Prozesses und Spielgefühls, und weniger der Äußerlichkeiten. Vergleiche mal Dread und Blades in the Dark.

Dread hat kein Setting, keine Spielwerte, keine Charkterklassen, keine XP, keine Würfel. BitD hat alles vorgenannte. Trotzdem, wenn es darum geht, wie die Gruppe am Tisch das Spielgeschehen verhandelt, würde ich behaupten, Dread ist da absolut ein klassisches Rollenspiel. Bei BitD würde ich da schon eher ein Fragezeichen dran machen. Warum, das habe ich schon verschiedentlich versucht zu erklären, mit sehr gemischtem Erfolg. Ist also zumindest mal nicht universell intuitiv fürchte ich. ;)

Sehr guter Hinweis. Was bleibt bei Dread auch übrig, außer in bekannte Muster zu verfallen? Bzw. was hat man denn außer SL und SCs? FitD dagegen treibt dich im ein ganz bestimmtes und eigenes Muster.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: takti der blonde? am 9.07.2019 | 17:30
Ich vermute mit Rollenspiel ist die ganze "roleplaying game" gemeint und nicht nur "roleplaying", oder?

Grüße

Hasran
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Crimson King am 9.07.2019 | 18:20
Für mich ist es ja eher eine Frage des Prozesses und Spielgefühls, und weniger der Äußerlichkeiten. Vergleiche mal Dread und Blades in the Dark.

Dread hat kein Setting, keine Spielwerte, keine Charkterklassen, keine XP, keine Würfel. BitD hat alles vorgenannte. Trotzdem, wenn es darum geht, wie die Gruppe am Tisch das Spielgeschehen verhandelt, würde ich behaupten, Dread ist da absolut ein klassisches Rollenspiel. Bei BitD würde ich da schon eher ein Fragezeichen dran machen. Warum, das habe ich schon verschiedentlich versucht zu erklären, mit sehr gemischtem Erfolg. Ist also zumindest mal nicht universell intuitiv fürchte ich. ;)

Meinst du diesen Post (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,109500.msg134713460.html#msg134713460) in Bezg af BitD? Kannst du, falls dem nicht so ist, eine der Erklärungen verlinken? Ich kenne BitD nicht, und meine Erfahrungen mit PbtA sind generell nicht üppig. Ich könnte aber mit Kult wie mit DW ganz normales Rollenspiel (tm) betreiben. Monsterhearts war da aufgrund des sehr engen Fokus schon wesentlich spezieller. In allen Fällen besteht meines Erachtens die Gefahr, dass man den Charakter zu sehr über seine Moves spielt denn als Figur innerhalb der Fiktion. Die Regeln drängen sich für mich als Spieler mehr in den Vordergrund, als ich es bei anderen Spielen erlebt habe. Ich kann mir aber vorstellen, dass viel davon herrührt, dass PbtA eine andere Denkweise mitbringt als klassische Spiele, und man sich diese erst zu eigen machen muss.

Ich würde außerdem nicht ausschließen, dass viel von der konkreten Verwendung eines Systems abhängt und die eigentliche Frage lautet, welche Nutzungsspielräume ein System bietet. Ich habe beispielsweise als SL in KULT definitiv kein play to find out verwendet, sondern mit den Spielern eine Story-Agenda auf Basis der Charakterhintergründe umgesetzt und ausgespielt. Die Moves und deren Ergebnisse helfen dann immer noch.

Wie würdest du denn gefühlt the Pool, PTA, Polaris und FATE accellerated einordnen?
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 9.07.2019 | 22:34
Ich habe auch schon eine Battletech (Tabletop) Runde mit SL gespielt. Das widerspricht sich nicht.

Klar kann man das machen - auch mit Mekton, Warhammer Fantasy Battles, GoT usw.

Es ist "nur" kein kompetitives Spiel (jedenfalls nicht in Reinform), weil dabei definitionsgemäß beide Seiten ihr Bestes tun, um zu gewinnen. Das funktioniert aber nicht mehr, wenn die Teilnehmer nicht auf Augenhöhe sind und sich deshalb eine Seite deutlich zurückhalten muss - der kann es dann schon nicht mehr ums Gewinnen gehen. 
 
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Exar am 10.07.2019 | 10:48
Es ist "nur" kein kompetitives Spiel (jedenfalls nicht in Reinform), weil dabei definitionsgemäß beide Seiten ihr Bestes tun, um zu gewinnen.

Könnte man denn sagen, dass Rollenspiel im Gegensatz zu Tabletop nicht kompetitiv ist?
Es gab immerhin damals auch kompetitives D&D, sogar mit Turnieren.
Ich meine, davon soll es demnächst sogar wieder eine Neuauflage geben.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: First Orko am 10.07.2019 | 10:56
Könnte man denn sagen, dass Rollenspiel im Gegensatz zu Tabletop nicht kompetitiv ist?

Würde ich nicht grundsätzlich sagen - daher ja die Skala oben. Dort würde ich Systeme, die eine quantitative Vergleichbarkeit (SCs untereinander, SCs vs NSCs, Level, Kampfwerte usw.) mitbringen, mit deutlichen Schub Richtung "Spiel" platzieren. Das heißt nicht, das es zwangsweise gegeneinander gespielt wird (werden "muss") , aber das die Grundvoraussetzungen da sind.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Exar am 10.07.2019 | 11:16
Würde ich nicht grundsätzlich sagen - daher ja die Skala oben. Dort würde ich Systeme, die eine quantitative Vergleichbarkeit (SCs untereinander, SCs vs NSCs, Level, Kampfwerte usw.) mitbringen, mit deutlichen Schub Richtung "Spiel" platzieren. Das heißt nicht, das es zwangsweise gegeneinander gespielt wird (werden "muss") , aber das die Grundvoraussetzungen da sind.

Aber würden die reinen Grundvoraussetzungen denn ausreichen?
Theoretisch kann man ja auch jedem Brettspiel beliebig viele erzählerische Komponenten überstülpen.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: First Orko am 10.07.2019 | 11:29
Aber würden die reinen Grundvoraussetzungen denn ausreichen?
Theoretisch kann man ja auch jedem Brettspiel beliebig viele erzählerische Komponenten überstülpen.

Richtig - und genau das macht ja die Einordnung der Rollenspiele so schwierig. Wenn jemand sagt, er spiele zBsp DnD und ich als Gegenüber denk mir "Oh geil, totale Crunchrunde -genau mein Ding!" nur um dann festzustellen, dass am Ende die Charakter zwar 100% RAW erstellt werden aber im AB kaum gewürfelt - dann hilft es nicht, wenn ich DnD Richtung "Spiel" schiebe, wenn es denn von zwei Gruppen komplett anders gespielt wird. Und das gilt für erzählerische Kompotenten beim Brettspiel, die dann einfach ignoriert werden, genauso.

Daher halte ich es für sinnvoller, seine Vorlieben genau zu benennen und dann mit dem Gegenüber abzugleichen:

"Wir spielen taktisch mit Battlemap"
"Ich steh auf Drama, Baby!"
"Hauptsache viel im Charakter und Stimmungsvolle Abenteuer"
"Völlige Entscheidungsfreiheit und glaubhafte NSCs mit eigenen Agendas"

Meiner Erfahrung nach funktioniert das sehr gut, auche ohne (oder gerade aufgrund fehlender..?) exakte Labels.

Und um mal den Bogen zurückzuschlagen: Wenn man den Titel im Ursprungsthread ohne Label, bzw Dichotomie (echte vs unechte) verfasst hätte, sondern einfach direkt geschrieben, für welche Spielweise man sich begeistert und dass man eben nur genau dafür Kickstarter sucht - dann hätten wir die Diskussion nicht.
Vieleicht hätte sowas wie "ARS-Kompatible Spiele" gereicht - die Leute, die es ARSig mögen, können ja mit dem Begriff genug anfange und dem Rest kann es egal sein.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Lord Verminaard am 10.07.2019 | 11:32
Meinst du diesen Post (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,109500.msg134713460.html#msg134713460) in Bezg af BitD? Kannst du, falls dem nicht so ist, eine der Erklärungen verlinken? (...)

Wie würdest du denn gefühlt the Pool, PTA, Polaris und FATE accellerated einordnen?

Hm ich habe an verschiedener Stelle drüber geschrieben, kriege ich jetzt so ohne weiteres nicht mehr zusammen, aber als roter Faden für BitD und pbtA ganz allgemein zieht sich durch, dass einige Leute das ebenso empfinden und bewerten wie ich, und andere wirklich die gleiche Sache angucken und etwas völlig anderes beschreiben. Da kommt man dann auch nicht weiter, da sind dann die Erfahrungshorizonte und Bewertungen zu unterschiedlich.

Polaris und PtA sind ja klassische Beispiele für Forge-Spiele, die ganz viele abweichende Prozesse regeln, also klar außerhalb des Kreises. The Pool und FATE kann man halt sehr unterschiedlich spielen, die sind nach meinem Dafürhalten zwar nicht innerhalb des Kreises, haben aber eine Schnittmenge.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Greifenklaue am 10.07.2019 | 11:41
Es gab immerhin damals auch kompetitives D&D, sogar mit Turnieren.
Ich meine, davon soll es demnächst sogar wieder eine Neuauflage geben.
Auf dem Nordcon gab es eins! Wurde jedenfalls auch hier beworben.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 10.07.2019 | 11:47
Könnte man denn sagen, dass Rollenspiel im Gegensatz zu Tabletop nicht kompetitiv ist?
Es gab immerhin damals auch kompetitives D&D, sogar mit Turnieren.

Ich sage das, ja.
Wie oben kurz angerissen bin ich der Meinung, dass solche Ansätze Mogelpackungen sind, die den kompetitiven Anspruch nicht erfüllen können.

Kompetitiv gegen den SL ist sowieso nicht machbar und mehrere Gruppen danach zu beurteilen, wer das Abenteuer am Besten löst, scheitert mMn aus dem gleichen Grund:
Klassisches Rollenspiel definiert sich u.A. über große Handlungsfreiheit und verlässt sich auf den SL als beurteilende Instanz. Der kann sich dabei bemühen, möglichst objektiv zu sein, aber letztlich ist das keine Grundlage für ein Turnier.
Um ausreichende Vergleichbarkeit herzustellen, müsste man das Ganze ziemlich abschließend verregeln, sprich: weitestgehend zu einem Brettspiel machen (vgl. Robin Laws' Rune)*.
Entsprechend absurd finde ich es, wenn sich jemand einen D&D-Meistertitel auf irgendeinem Tunier erspielt.

Da kann man (anders als an anderen Stellen, wo das reflexartig kommt) wohl wirklich sagen:
Das geht auf die Entwicklung aus den Wargames zurück, weil man es von dort nicht anders kannte.

Es hat mMn aber schon seinen Grund, dass man von diesem Spielmodus recht flott abkam und ich sehe auch nicht, wie das heute zu einem dauerhaften Erfolgsmodell werden könnte.
Auf die Erfahrungen mit einer Neuauflage wäre ich aber neugierig - wenn da einer was parat hat, immer her damit.

*Dazu auch:
Theoretisch kann man ja auch jedem Brettspiel beliebig viele erzählerische Komponenten überstülpen.

Ja, die sind dann aber definitionsgemäß nur Farbe. Da, wo sie handfeste, d.h. spielmechanische Auswirkungen haben, muss man sich über Erzählrechte & Co. unterhalten und ist schon die ersten Schritte Richtung Rollenspiel oder zumindest vom Brettspiel weg gegangen.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Crimson King am 10.07.2019 | 18:02
Hm ich habe an verschiedener Stelle drüber geschrieben, kriege ich jetzt so ohne weiteres nicht mehr zusammen, aber als roter Faden für BitD und pbtA ganz allgemein zieht sich durch, dass einige Leute das ebenso empfinden und bewerten wie ich, und andere wirklich die gleiche Sache angucken und etwas völlig anderes beschreiben. Da kommt man dann auch nicht weiter, da sind dann die Erfahrungshorizonte und Bewertungen zu unterschiedlich.

Polaris und PtA sind ja klassische Beispiele für Forge-Spiele, die ganz viele abweichende Prozesse regeln, also klar außerhalb des Kreises. The Pool und FATE kann man halt sehr unterschiedlich spielen, die sind nach meinem Dafürhalten zwar nicht innerhalb des Kreises, haben aber eine Schnittmenge.

Und Dread liegt im Kreis oder habe ich das missverstanden? Jedenfalls, wenn du da harte Kriterien willst, würde sich schon mal anbieten, dass Spiele ohne hart verregeltes Player Empowerment, das in den eigentlichen Hoheitsbereich der SL eingreift, sich im Kreis befinden, und Spiele mit solchem PE außerhalb. Dürfte vermutlich nicht das einzige Kriterium sein, das den Kreis zusammenhält.
Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Jiba am 10.07.2019 | 18:10
Wie kommt man eigentlich darauf, dass PE-Elemente irgendwie ein unrollenspielerisches Kriterium sein sollen? Persönliche Vorlieben? Nachdem schon genannt wurde, dass im Rollenspiel zumindest auf Charakterebene ständig Süieler empowerte Entscheidungen treffen.

Schon der Begriff „Rollenspiel“ gibt das nicht her. Der sagt nämlich doch eigentlich nur: „Man spielt eine oder mehrere Rollen im Rahmen eines Spiels“. Ich glaube eher, dass der Begriff breiter ist, als wir ihm zugestehen, statt enger.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 10.07.2019 | 18:26
Es ist beim letzten Mal etwas untergegangen: Trad Games haben generell keine bzw. höchstens geringfüige Mechanismen, die eine Director Stance für Spieler unterstützen.
Zitat
  • In Actor stance, a person determines a character's decisions and actions using only knowledge and perceptions that the character would have.
  • In Author stance, a person determines a character's decisions and actions based on the real person's priorities, then retroactively "motivates" the character to perform them. (Without that second, retroactive step, this is fairly called Pawn stance.)
  • In Director stance, a person determines aspects of the environment relative to the character in some fashion, entirely separately from the character's knowledge or ability to influence events. Therefore the player has not only determined the character's actions, but the context, timing, and spatial circumstances of those actions, or even features of the world separate from the characters.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Crimson King am 10.07.2019 | 18:37
Es ist beim letzten Mal etwas untergegangen: Trad Games haben generell keine bzw. höchstens geringfüige Mechanismen, die eine Director Stance für Spieler unterstützen.

Ist das eine direkte Antwort auf Jiba? Wenn ja, schließe ich mich an.

Meine persönliche Definition ist auch weiter gesteckt. Ich finde aber nachvollziehbar, dass man sagt, in Rollenspielen spielt man ausschließlich seine Rolle und hat Erzählrechte nur über diese und unmittelbar damit verbundene Elemente.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Jiba am 10.07.2019 | 19:10
Dann spielen Spielleiter also keine Rollenspiele?
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 10.07.2019 | 19:12
Ist das eine direkte Antwort auf Jiba? Wenn ja, schließe ich mich an.

Meine persönliche Definition ist auch weiter gesteckt. Ich finde aber nachvollziehbar, dass man sagt, in Rollenspielen spielt man ausschließlich seine Rolle und hat Erzählrechte nur über diese und unmittelbar damit verbundene Elemente.

Aber das ist ein Kontinuum. Beispiel: Twilight 2E (ein Trad Game!) hat ein Charaktererschaffungssystem ähnlich wie bei Traveller. Am Ende jedes Terms bekommt man einen Kontakt. Man hat pro Kontakt die Option ihn nicht gleich zu definieren, sondern kann auch spontan während einer Session sagen: "Wir brauchen Waffen? Ich hab doch noch einen Kontakt beim Militär - ich möchte, dass der in der Lagerwirtschaft arbeitet und heimlich Waffen verschwinden lässt um sie zu verticken." Von da ab ist dieser Kontakt dann festgezurrt.

Und so etwas kann man in FATE mit Aspekten ja u.a. auch machen. Und dann hat man noch die Narrative Dice in Genesys/FFG Star Wars...
Also, es gibt irgendwo einen fließenden Übergang.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Lord Verminaard am 10.07.2019 | 19:39
Ich denke, Player Empowerment ist nicht der Kern der Sache. Der Kern der Sache ist ein komplexes Gefüge an Annahmen und Zuschreibungen, die sich darauf beziehen, wer was wann sagen kann oder soll, welche Fragen sich am Spieltisch überhaupt stellen, und wo die Antworten auf diese Fragen herkommen: Welche vorher feststehen, welche am Tisch verhandelt werden und wer in dieser Verhandlung das letzte Wort hat: Der Spieler, der Spielleiter, oder die Spielregeln. Es geht aber um mehr als das: Es geht um die Frage, welche Kausalitäten belastbar sind. Aus der Interaktion am Spieltisch entsteht ein fiktionales Geschehen, doch wo ist die Ursache, und wo ist die Wirkung? All dies unterliegt in traditionellen Rollenspielen zwar einer gewissen Bandbreite, jedoch gibt es darüber weitreichende Konventionen, über die sich bis zum Auftauchen der Story Games überhaupt nie jemand Gedanken gemacht hat.

Player Empowerment kann eine Art und Weise sein, mit diesen Konventionen zu brechen, Systeme mit leichtem und optionalem Player Empowerment wie eben FATE oder The Pool können aber auch auf weitgehend konventionelle Art und Weise gespielt werden, wenn die Spieler die verhandelbaren Fragen und die belastbaren Kausalitäten unangetastet lassen. Dann hat „nur“ hin und wieder mal jemand anders als sonst das letzte Wort, was in harmonischen Runden tatsächlich wenig Unterschied macht. Das kann man so halten oder auch anders, denn beide Spiele haben keine formalistischen Elemente. Bei pbtA sind hingegen die formalistischen Elemente sehr präsent. Nun müsste man sicherlich einzelne Systeme differenzieren, ich habe jedenfalls in den Runden, die ich gespielt habe (Monsterhearts, Urban Shadows, Monster of the Week, Dungeon World, Blades in the Dark) stets das Gefühl gehabt, ich kann mich eben nicht auf die Dinge verlassen, die bei jedem „ganz normalen“ Rollenspiel verlässlich sind. Andere empfinden das offenbar überhaupt nicht so. Es ist keine exakte Wissenschaft. ;)
Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Jiba am 10.07.2019 | 19:45
Okay, jetzt bin ich gespannt. Gerne in einem anderen Faden: Was sind das für Dinge?
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 10.07.2019 | 20:26
Was ist ein "Trad Game" ? und diese "Stances?"
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Crimson King am 10.07.2019 | 20:35
Was ist ein "Trad Game" ? und diese "Stances?"

trad = Traditional

Stances = Haltungen zum Spiel, die ein Teilnehmer einnehmen kann.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 10.07.2019 | 21:29
trad = Traditional

Stances = Haltungen zum Spiel, die ein Teilnehmer einnehmen kann.

Danke für die Aufklärung! " trad game" - was für ein unnötiger Sprachlack.
Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 10.07.2019 | 22:19
Wie kommt man eigentlich darauf, dass PE-Elemente irgendwie ein unrollenspielerisches Kriterium sein sollen? Persönliche Vorlieben? Nachdem schon genannt wurde, dass im Rollenspiel zumindest auf Charakterebene ständig Süieler empowerte Entscheidungen treffen.

Der Begriff Player Empowerment soll doch gerade betonen, dass man im Vergleich zu traditionellen Rollenspielen erweiterte Erzählrechte hat, die sich eben nicht auf den eigenen Charakter und das sehr eng abgesteckte Umfeld beschränken.

Also: Kein unrollenspielerisches Element, aber eine recht deutliche Abgrenzung zum traditionellen Spiel.
Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 10.07.2019 | 22:33
Der Begriff Player Empowerment soll doch gerade betonen, dass man im Vergleich zu traditionellen Rollenspielen erweiterte Erzählrechte hat, die sich eben nicht auf den eigenen Charakter und das sehr eng abgesteckte Umfeld beschränken.

Also: Kein unrollenspielerisches Element, aber eine recht deutliche Abgrenzung zum traditionellen Spiel.

Ich würde es als Erweiterung sehen. Spieler*innenermächtigung findet ja zudem nicht 0/1 statt sondern graduell, in DW sind es zb RAW ja auch nur ein paar wenige Züge, bei anderen mögen es mehr sein. Alle klassisch-tradierten Elemente werden zb in DW ja weitergeführt ohne das man sich von diesen abgrenzen wollen würde - das Gegenteil ist der Fall.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 10.07.2019 | 22:36
Stimmt, "Abgrenzung" war keine gute Wortwahl. Ich lasse mich auf "Unterscheidungsmerkmal" runterhandeln  :) - war auch nicht aus Designperspektive geschrieben, sondern nur zu Zuordnungs-/Kategorisierungszwecken.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Bildpunkt am 10.07.2019 | 22:40
Stimmt, "Abgrenzung" war keine gute Wortwahl. Ich lasse mich auf "Unterscheidungsmerkmal" runterhandeln  :) - war auch nicht aus Designperspektive geschrieben, sondern nur zu Zuordnungs-/Kategorisierungszwecken.

ja das ist auch schön neutral - ich würde wie gesagt Erweiterung sagen, für andere wird es dadurch eher anscheinend zu einer anderen Qualität von Spiel.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: schneeland am 10.07.2019 | 22:50
ja das ist auch schön neutral - ich würde wie gesagt Erweiterung sagen, für andere wird es dadurch eher anscheinend zu einer anderen Qualität von Spiel.

Muss ja nicht das einzige Unterscheidungsmerkmal sein. Gerade im Falle von Dungeon World ist das Player Empowerment ja jetzt in der Tat nicht so stark (außer direkt am Anfang einer Sitzung/Kampagne). Dafür fällt m.E. deutlich mehr ins Gewicht, dass, im Gegensatz zu traditionellen Rollenspielen:
a) ein Würfelwurf nicht das Urteil über den Erfolg einer Handlung des Charakters bestimmt, sondern vielmehr die Richtung, welche die Geschichte nun nimmt
b) Spieler (zumindest RAW) keine Möglichkeit haben, die Wahrscheinlichkeit dieser Würfe (über den Attributsbonus hinaus) zu beeinflussen
Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: D. Athair am 11.07.2019 | 20:56
Der Begriff Player Empowerment soll doch gerade betonen, dass man im Vergleich zu traditionellen Rollenspielen erweiterte Erzählrechte hat, die sich eben nicht auf den eigenen Charakter und das sehr eng abgesteckte Umfeld beschränken.

Also: Kein unrollenspielerisches Element, aber eine recht deutliche Abgrenzung zum traditionellen Spiel.
Problem an der Geschichte ... Ghostbusters (1986), Prince Valiant Storytelling (1989) und Everway (1995) haben schon deutliche Elemente von Player Empowerment drin. Die goldene Regel von DragonQuest (1981) besagt, dass die SL (unter Kenntnis der geschriebenen Regeln) jederzeit jede Regel ändern darf, aber dafür das OK der Spieler.innen braucht.

Soll heißen: Mechanismen, welche die Macht der Spielleitung beschneiden oder begrenzen, gab es immer. Auch die Autoren-Rolle war punktuell immer da. Das Neue der Forge-Schule war für mich: Dass Regeln methodische Erzählrechte festschrieben. Und, dass Weltenbau und Spielweltverwaltung der SL als selbstverständliche Aufgabe entzogen wurden. Wobei pbtA und andere Story Games bei der Spielweltverwaltung ... gegenüber Spielen der Forge-Ära in meinen Augen eher ein Züruck darstellt.

Edit:
Und dieses Thema gerhört eigentlich in den Theorie-Bereich.
Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 11.07.2019 | 22:41
Die goldene Regel von DragonQuest (1981) besagt, dass die SL (unter Kenntnis der geschriebenen Regeln) jederzeit jede Regel ändern darf, aber dafür das OK der Spieler.innen braucht.

Das hat doch mit Erzählrechten nichts zu tun - und steht, wenn auch nicht als Goldene Regel, in sehr ähnlicher Form z.B. auch in ollen Schinken wie SR1.

Aber Ghostbusters, Prince Valiant und das Bond-Rollenspiel werden öfter mal genannt, weil sie ihrer Zeit weit voraus waren. Also in dem Sinne, dass sie Elemente enthalten, die erst viel später breitere Aufmerksamkeit fanden.
Ähnlich hat WEG Star Wars unheimlich viel in Sachen cinematisches Spiel vorweggenommen (und ist in der 2. Edition ein gutes Stück auf dem Weg zum damals modern werdenden Regelklotz gegangen).
Da tut mir beim Blick auf die Jahreszahlen nichts weh.
Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: D. Athair am 12.07.2019 | 16:53
Das hat doch mit Erzählrechten nichts zu tun - und steht, wenn auch nicht als Goldene Regel, in sehr ähnlicher Form z.B. auch in ollen Schinken wie SR1.
Doch, weil sie zwar nicht die Erzählrechte der Spieler.innen erweitert jedoch die der SL bewusst beschränkt. Und zwar insofern, als dass die SL an Absprachen und Plausibilitätserwartungen in Bezug auf die Spielwelt gebunden ist. (Bei Vampire wurde das ganz anders gelöst.)

Was ich ... bei der Forge als sehr neu empfunden habe, war stake resolution. Conflict und task resolution gab es vorher schon.

Aber Ghostbusters, Prince Valiant und das Bond-Rollenspiel werden öfter mal genannt, weil sie ihrer Zeit weit voraus waren. Also in dem Sinne, dass sie Elemente enthalten, die erst viel später breitere Aufmerksamkeit fanden.
Das ist einerseits richtig, andererseits aber wurden diese Rollenspiele eben nicht als "unechte" Rollenspiele rezipiert. Auch bei Everway störte man sich v.a. an dem Eindruck der befürchteten CCG-Verkaufsmasche und an den fehlenden Würfeln, aber von Reaktionen i.S.v. "das ist kein Rollenspiel" wüsste ich jetzt nichts.

Was vielleicht auch helfen kann: Nochmal das Magazin Interactive Fantasy: The Journal of Role-Playing and Story-Making Systems bzw. Inter*Action: The Journal of Role-Playing and Storytelling Systems durchzuschauen.


Kann auch sein, dass die Unterscheidung gar nicht gelingen kann, weil sie Standpunkt abhängig ist.
Im Sinn von: Es gibt Rollenspielentwicklungen, die man selbst nicht mitvollzogen hat ... Und Traditionen, die aus solchen selbst nicht rezipierten Entwicklungen entstanden sind, fühlen sich subjektiv nicht mehr wie "echte Rollenspiele" an. Das kann auch soziale Komponenten haben wie Entfremdungserleben durch andere Themen und sukzessive "neue" Zielgruppen. Auch das gilt es Mitzubedenken.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Roach am 12.07.2019 | 17:57
Ich muss ganz ehrlich sagen, den Begriff des „echten“ oder auch „wahren“ Rollenspiels (TM) habe ich ursprünglich in den Grabenkämpfen D&D gegen DSA, und später dann in den Grabenkämpfen neue Version gegen alte Version (D&D, DSA, Shadowrun...) kennengelernt. In den allgemeinen Duktus ist dieser Begriff erst übergegangen, als die OSR aufkam. Und schon als die OSR als Begriff entstand, konnten die Parteien sich nicht darüber einigen, was denn jetzt überhaupt darunter zu verstehen sei – waren dann aber bereit, ihren eigenen Standpunkt mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Daher finde ich persönlich, dass dieser Begriff auf den Schuttabladeplatz der Zeit gehört (ins Herz von Chrosonopol / Zwei Megawatt nach Omega / Zehn hoch zwölf Angström gegen Süd...)

Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 12.07.2019 | 22:43
Doch, weil sie zwar nicht die Erzählrechte der Spieler.innen erweitert jedoch die der SL bewusst beschränkt. Und zwar insofern, als dass die SL an Absprachen und Plausibilitätserwartungen in Bezug auf die Spielwelt gebunden ist.

Kann ich immer noch nicht nachvollziehen.
Erzählrechte wirken unmittelbar im Spiel; Hausregel-Einführung und sonstige "verwandte" Absprachen finden eine Ebene höher statt - auch wenn das mitten in der Spielsitzung ist.
Die zitierte Goldene Regel von Dragonquest ist für mich eine Nullaussage/-anweisung, weil das eh die intuitive Handhabung ist.

Das ist einerseits richtig, andererseits aber wurden diese Rollenspiele eben nicht als "unechte" Rollenspiele rezipiert.

Da haben wir vielleicht aneinander vorbei geredet.
Ich empfinde Spiele mit (starkem) PE nicht als "unechte" Rollenspiele, daher ist es mM auch egal, wann das jemand über welches PE-Element gesagt hat oder nicht.
Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: D. Athair am 13.07.2019 | 15:53
Kann ich immer noch nicht nachvollziehen.
Erzählrechte wirken unmittelbar im Spiel; Hausregel-Einführung und sonstige "verwandte" Absprachen finden eine Ebene höher statt - auch wenn das mitten in der Spielsitzung ist.
Für dich sind Chrunch und Settingregeln bzw. Chrunch und Erzählregeln wohl voneinander getrennt. Für mich nicht.  Für mich sagt der Chrunch recht deutlich was wie erzählt werden darf und was nicht (und deswegen mach ich Genesys und 2d20 auch nicht, welche die Erzählerlaubnisse ganz eng an Crunchy Bits fesseln).
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: YY am 13.07.2019 | 16:27
Ja, das trifft es ganz gut.
Kurioserweise mag ich die zwei genannten Systeme auch nicht sonderlich und hätte den Grund sehr ähnlich formuliert wie du.
Titel: Re: Von &quot;echten&quot; und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 14.07.2019 | 09:34
Soll heißen: Mechanismen, welche die Macht der Spielleitung beschneiden oder begrenzen, gab es immer.

Der Punkt ist, dass Story Games die Director Stance zum wesentlichen Spielprinzip erheben. Und dies ist nur rein formal eine Erweiterung von klassischen Rollenspielen, weil zB stark erweiterte Erzählrechte die Herausforderungen eines Abenteuers untergraben können. Es verändert damit das Wesen des Spiels.
Dazu kommt noch, dass es viele regelleichte Story Games gibt und Abstraktionen können zusätzlich Herausforderungen unterminieren. Wenn ich zB eine Preparedness-Fertigkeit habe, die ich benutzen kann um benötigte Gegenstände aus dem Hut zu zaubern, dann muss ich mir keine Gedanken darüber machen was mein Charakter alles so mitnimmt auf die Reise.

(und deswegen mach ich Genesys und 2d20 auch nicht, welche die Erzählerlaubnisse ganz eng an Crunchy Bits fesseln).

So eng wie PbtA? Jedenfalls... Erzählerlebnisse für Spieler müssen stark limitiert sein um die Herausforderung für die Spieler zu erhalten.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: D. Athair am 14.07.2019 | 16:58
So eng wie bei PbtA?
Viel enger. PbtA-Spiele sind in der Hinsicht Old School Spielen ähnlich, als dass die Regeln bewusst unvollständig sind ... Vieles, was erzählt werden darf ist (anders als bei 3.X/PF oder DSA oder Shadowrun) nicht durch Regeln beschränkt.

Und die Sache mit der Author Stance für Spieler.innen als Merkmal für "Story Games" stimmt einfach nicht universell. 

Es schaut so aus: Ein Spiel, bei dem alle aus Autorensicht agieren ist sehr wahrscheinlich ein "Story Game". Gleichzeitig gibt es eine Vielzahl an Story Games die (ganz oder teilweise) ohne Author Stance auskommen. Und diese zweite Gruppe unterscheidet sich dann nicht mehr von "mainstreamigen" Sachen wie 13th Age, Genesys, Age System, ...

Kurz: Das Argument funktioniert nur bedingt.


... das Abstraktionsargument gilt für regelleichte OSR-Sachen genau anders rum. Die wenigen Ressourcen, die zu beachten sind, müssen dann auch umgesetzt werden ... sonst funzt das Spiel nicht.
Titel: Re: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 14.07.2019 | 17:57
Viel enger.

Beispiel?

PbtA-Spiele sind in der Hinsicht Old School Spielen ähnlich, als dass die Regeln bewusst unvollständig sind ... Vieles, was erzählt werden darf ist (anders als bei 3.X/PF oder DSA oder Shadowrun) nicht durch Regeln beschränkt.

Andererseits ist die Wahlfreiheit des Spielers wie es in der Erzählung weitergeht durch das ermittelte Move-Ergebnis regelmäßig stark beschränkt. Nur dadurch wird's ja interessant (snowball'd).

Und die Sache mit der Author Stance für Spieler.innen als Merkmal für "Story Games" stimmt einfach nicht universell. 

Nochmal zu Definitionen der Hinweis in eigener Sache: http://www.knightsoftheblacklily.com/2018/05/rpg-theory-with-rigor-part-2/   ;)
Aber an welche Story Games Spiele denkst du dabei?
Titel: Von "echten" und anderen Rollenspielen...
Beitrag von: Jiba am 14.07.2019 | 18:22
Ich ganz persönlich finde das Hantieren mit dem Begriff „Herausforderung“ als Kriterium schwierig, weil der im Rollenspielkontext so unglaublich vieldeutig ist. Wenn Spieler zum Beispiel Dinge im Rahmen der Regeln hinzuerzählen können, dann kann ich immer noch eine Herausforderung entwerfen, bei der ihnen diese Mechanik nicht hilft.