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Pen & Paper - Spielsysteme => DSA - Das schwarze Auge => Thema gestartet von: Faras Damion am 15.07.2020 | 14:01

Titel: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Faras Damion am 15.07.2020 | 14:01
Moderationshinweis Hotze: Hier im Thread kann weiter über den fantastischen Realismus diskutiert werden, während in dem ursprünglichen Thread (https://www.tanelorn.net/index.php?topic=115873.msg134895603#msg134895603) wie von Vermi gewünscht bitte nur noch Bilder und/oder Bildbeschreibungen gepostet werden dürfen. 


Auch wenn konkret nach DSA gefragt wurde, finde ich Harnmaster-Bilder passender. Die Figuren und Orte sind weniger weichgezeichnet, sondern hässlich-prägnant.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Irian am 15.07.2020 | 14:24
Sorry für die Ablenkung, aber... Hat jemand nen Link mit ner Definition von "fantastischen Realismus von DSA"? Bin mir gerade nicht sicher, was damit gemeint ist (und nein, das ist kein Sarkasmus oder so, sondern ernst gemeint)
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: ErikErikson am 15.07.2020 | 14:28
Sorry für die Ablenkung, aber... Hat jemand nen Link mit ner Definition von "fantastischen Realismus von DSA"? Bin mir gerade nicht sicher, was damit gemeint ist (und nein, das ist kein Sarkasmus oder so, sondern ernst gemeint)

ich habs so verstanden, das die Magie logisch in die Welt einbezogen wird. Also nicht wie in D&D, wo Magier auf hohen Stufen Götter sind, aber Kämpfe von normalen mittelalterlichen Armeen ausgetragen werden, die ein Magier in einer Sekunde komplett rösten könnte. Wenn bsp. der zauber "Wasser erschaffen" verbreitet ist, dann gibt es keinen Wassermangel, auch nicht in der Wüste, obwohl das in der realität so wäre. Solche Sachen.   
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Hotzenplot am 15.07.2020 | 16:33
Sorry für die Ablenkung, aber... Hat jemand nen Link mit ner Definition von "fantastischen Realismus von DSA"? Bin mir gerade nicht sicher, was damit gemeint ist (und nein, das ist kein Sarkasmus oder so, sondern ernst gemeint)

Es gibt Definitionen dafür, allerdings sind diese relativ alt und es ist fraglich, ob die für das heutige Aventurienbild (also das der Gesamtheit aller SchöpferInnen und SpielerInnen) noch so gilt.

Du findest einige Auszüge zur Definition und Quellen hier:
https://de.wiki-aventurica.de/wiki/Phantastischer_Realismus
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Megavolt am 15.07.2020 | 16:47
Thomas Römer hat sich bei uns in der letzten Folge zum fantastischen Realismus geäußert, wenn mich nicht alles täuscht.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Kreggen am 15.07.2020 | 17:20
Thomas Römer hat sich bei uns in der letzten Folge zum fantastischen Realismus geäußert, wenn mich nicht alles täuscht.

Sie täuschen sich nicht, Herr Megavolt. Er sagt sogar recht konkret, was darunter zu verstehen ist.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Hotzenplot am 15.07.2020 | 20:15
Das originale Drakensang hat FÜR MICH die beste Illustration von märchenhaft pittoreskem DSA Phantastealismus.

Oh ja, ein schönes Beispiel. Da kann sich Vermi auch an vielen Screenshots bedienen.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Megavolt am 15.07.2020 | 22:23
Phantastischer Realismus hat mit pittoresken Märchen und Stimmung und Atmosphäre nix zu tun, sondern das ist der angestaubte prä-Internet-Begriff für "Simulationismus". Man könnte auch sagen: "in sich geschlossen logische Fantasy".

Sie bewirkt sowohl den Charme einer aufwändig simulierten und dadurch etwas belastbareren, weil nicht total willkürlichen Welt, als auch grässliche, unausprechliche Auswüchse.

Mein Bild ist dementsprechend das richtige, I win.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Alexandro am 15.07.2020 | 22:50
Naja nicht ganz. "In sich geschlossen" ist vieles, da ist es fast unmöglich dagegen zu verstoßen.

Die Macher von DSA hatten wohl ein bestimmtes Bild im Kopf (möglicherweise geprägt durch Ritterfilme und Historienschinken) und wollten wohl auch irgendwie auch Magie zulassen (weil die halt dazugehört), aber ohne dass diese Magie (in konsequenter Anwendung) ihr Bild von der Spielwelt zerstört. Mit Simulationismus hat das eher weniger zu tun. Nicht mal mit Simulation hat es etwas zu tun - es gibt auch simulierende Welten, wo die Autoren einfach ein paar Elemente wild zusammengerührt haben und sich DANN überlegt haben, was die Kombination dieser Elemente (konsistent angewendet) für eine Spielwelt produzieren würde (also ohne vorher ein bestimmtes Bild im Kopf hatten, auf welches sie hingearbeitet hätten).
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Kreggen am 15.07.2020 | 22:54
Naja nicht ganz. "In sich geschlossen" ist vieles, da ist es fast unmöglich dagegen zu verstoßen.

Die Macher von DSA hatten aber ein bestimmtes Bild im Kopf (geprägt durch Ritterfilme und Historienschinken) und wollten zwar irgendwie auch Magie zulassen (weil die halt dazugehört), aber ohne dass diese Magie (in konsequenter Anwendung) ihr Bild von der Spielwelt zerstört. Mit Simulationismus hat das eher weniger zu tun. Nicht mal mit Simulation hat es etwas zu tun - es gibt auch simulierende Welten, wo die Autoren einfach ein paar Elemente wild zusammengerührt haben und sich DANN überlegt haben, was die Kombination dieser Elemente (konsistent angewendet) für eine Spielwelt produzieren würde (also ohne vorher ein bestimmtes Bild im Kopf hatten, auf welches sie hingearbeitet hätten).

Ok. Und das weißt du besser als Thomas Römer, langjähriger DSA-Chefredakteur? Ich bin erstaunt ...
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Alexandro am 15.07.2020 | 23:12
Mein Post bezog sich in erster Linie auf das, was Megavolt geschroben hatte (die Behauptung, dass es um durchsimulieren ging - das hätte man auch ohne "phantastischen Realismus" machen können. The World of Synnibar ist auch durchsimuliert, ebenso wie Feng Shui oder Over the Edge), weniger darum was die DSA-Redax jetzt genau für ein Bild ihres Spiels im Sinn hatte.

Aber Ritterfilme waren offensichtlich zumindest ein Einfluss (wird sogar bei den Attacke-Parade-Regeln erwähnt, dass diese das hin-und-her dieser Filme abbilden sollen). Es war also schon so, dass erstmal irgendein bestimmtes (möglicherweise zu diesem Zeitpunkt noch diffuses) Bild da war.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: nobody@home am 16.07.2020 | 00:04
Also, um noch mal ganz sicher zu gehen: mit dem gleichnamigen Kunststil (https://de.wikipedia.org/wiki/Phantastischer_Realismus) hat das Fadenthema eher nichts zu tun? :think:
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: 6 am 16.07.2020 | 06:14
Nein. Hat es nicht. Der Begriff des "fantastischen Realismus" wird in DSA schon seit langer Zeit verwendet, um das Grundkonzept der Welt von DSA zu umschreiben. Das hat weder mit einer Kunstrichtung noch mit Simulationismus zu tun.
Da das geklärt ist, können wir jetzt mit der eigentlichen Aufgabe weiter machen.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Kreggen am 16.07.2020 | 06:47
Mein Post bezog sich in erster Linie auf das, was Megavolt geschroben hatte (die Behauptung, dass es um durchsimulieren ging - das hätte man auch ohne "phantastischen Realismus" machen können.

Nunja. Und ich bezog mich auf das Interview mit Thomas Römer beim Eskapodcast, wo er genau das in Zusammenhang bringt: den "phantastischen Realismus" von DSA vs. Simulation einer Rollenspielwelt.

Hörempfehlung für jeden Diskutanten. Und daher halte ich das Bild von Megavolt für ziemlich getroffen!
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: 6 am 16.07.2020 | 06:58
Nunja. Und ich bezog mich auf das Interview mit Thomas Römer beim Eskapodcast, wo er genau das in Zusammenhang bringt: den "phantastischen Realismus" von DSA vs. Simulation einer Rollenspielwelt.

Hörempfehlung für jeden Diskutanten. Und daher halte ich das Bild von Megavolt für ziemlich getroffen!
Und das hat immer noch nichts mir Simulationismus zu tun.
Das Interview sollte man sich aber auf alle Fälle mal anhören.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Luxferre am 16.07.2020 | 08:16
Ich beziehe mich auf meine subjektive Sichtweise meiner persönlichen Sozialisation von und mit DSA als individuelle Antwort auf die Eingangsfrage Vermis.
Eine objektive, nachhaltige und allgemeingültig-absolute Definition des Begriffes auf umfassend recherchierter Basis diverser Podcasts, Setting-Sekundarliteratur und wissenschaftlicher Erkenntnisse der letzten 30 Jahre Aventurienphantastealismustheorien maße ich mir als demütig erkennender Nichtaventurier ohne cum laude Abschluss auf der Akademie der Geistreisen zu Belhanka nicht an.

tl;dr: waddefukk erwarten hier einige Leute eigentlich   ;D
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Dreamdealer am 16.07.2020 | 08:28
Es hat mehrere Posts gedauert, bis ich gerafft habe, dass es nicht um fanatischen Realismus geht. Irgendwie machte das im Zusammenhang mit DSA Sinn... wußte aber nicht was damit gemeint war.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Hotzenplot am 16.07.2020 | 09:23
Moderationshinweis: Hier im Thread kann weiter über den fantastischen Realismus diskutiert werden, während in dem ursprünglichen Thread (https://www.tanelorn.net/index.php?topic=115873.msg134895603#msg134895603) wie von Vermi gewünscht bitte nur noch Bilder und/oder Bildbeschreibungen gepostet werden dürfen. 
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Hotzenplot am 16.07.2020 | 09:25
I win.

Pfff, will hier was gewinnen und verlinkt nicht mal seinen Podcast mit dem Interview zu dem Thema. Hoevolt, Sie sind raus!


Ich bin mal so frei und zitiere aus dem Basisregelwerk der 4.1er Edition zum phantastischen Realismus:

"Auch wenn wir (Autoren, Spielleiterinnen und Spieler) nicht hinschauen,
auch wenn die Götter nicht eingreifen, ‘funktioniert’ Aventurien:
Menschen, Elfen und Zwerge werden geboren und sterben,
bestellen das Land und gehen ihrem Handwerk nach, führen Kriege
und schließen Handelsbeziehungen. Die Jahreszeiten wechseln ebenso
in regelmäßigem Lauf wie die Gezeiten, am Ende des Winters sind
die meisten wilden Tiere hungrig und eher bereit, auch Menschen
anzugreifen, und bei Ebbe gehen die Kinder der Küstenfischer hinaus
in das Watt, um in zurückgebliebenen Tümpeln Krebse zu fangen.
Zwar sind die Jahreszeiten stärker ausgeprägt als auf der Erde, die
Gezeiten dafür schwächer, die wilden Tiere wilder (und meist sogar
besser organisiert) und vielleicht lauert im Watt ein Malmer (eine gefährliche
Riesenkrabbe) – genauso gut können die Fischerkinder aber
auch einem Necker (einem wunderschönen Wassermenschen) begegnen
oder einen faustgroßen Gwen-Petryl-Stein finden (der aus sich
heraus leuchtet und nicht nur bei Priestern des Meeresgottes Efferd
sehr begehrt ist).
Phantastischer Realismus heißt, dass es auch für das Phantastische und
Wunderbare Erklärungen und Gesetzmäßigkeiten innerhalb der Welt
gibt und dass die phantastischen und die realistischen Elemente der
Welt miteinander verzahnt sind. So kann etwa ein einzelner Magier
nicht mit einem Zauberspruch eine ganze Stadt einäschern, ein
Zirkel lebensmüder Schwarzmagier oder ein wütender Kaiserdrache
könnten dies aber durchaus. Besagter Drache kann zwar, den Gesetzen
der Schwerkraft spottend, mittels seiner angeborenen Zauberkraft
fliegen, muss aber trotzdem erlittene Wunden auskurieren und alle
paar Tage ein Rind oder eine ähnliche Menge Fleisch fressen.
Das heißt auch, dass in allen Fällen, in denen wir keine besonderen
Regeln oder speziell aventurische Beschreibungen angegeben haben,
irdische Erfahrung oder der ‘gesunde Menschenverstand’ eingesetzt
werden können: Wenn wir von “Äpfeln” oder von “Eisen” sprechen,
meinen wir damit auch das irdische Obst beziehungsweise das irdische
Metall; ein geworfener Speer folgt auch in Aventurien einer Parabelbahn;
kaltblütiger Mord ist in fast allen Kulturen das schlimmstmögliche
Verbrechen, und so fort.
Aber naturkundlich gibt auch es einige deutliche Abweichungen vom
irdischen Vorbild: Die Kräfte der Magie und der Götter sorgen für
eine andersgeartete Astronomie, die Alchimie mit ihren ‘sympathetischen
Beziehungen der Stoffe untereinander hat Vorrang vor korrekter
Chemie und die Entwicklung von Tier- und Pflanzenarten
folgt nicht den Gesetzen der Evolution, sondern unterliegt dem
Eingreifen ‘übernatürlicher’ Mächte.
Trotz aller realistischen Möglichkeiten unterscheidet sich Aventurien
dennoch beträchtlich von unserer Welt. Auch wenn wir
sagen, dass die wichtigsten Reiche des Kontinents sich auf
einer Entwicklungsstufe befinden, die dem europäischen Spätmittelalter
oder der frühen Neuzeit ähneln, gibt es doch genügend
Unterschiede zum europäischen Vorbild, die zum Teil aus den phantastischen
Elementen der Welt resultieren, zum Teil aus dem dichten
Nebeneinander sehr verschiedener – nicht zwangsläufig ‘mittelalterlicher’
– Kulturen.
Die gerade genannte Einordnung gilt vor allem für den durchschnittlichen
technischen Standard der Welt: Es gibt den Buchdruck und
einfache optische Gerätschaften,
Expeditionen zu
den Rändern der Welt (und
Debatten über die Gestalt
der Welt), einen momentanen
Vorteil der Rüstung
gegenüber den Waffen und
eine gerade aufkeimende Bildung mit Interesse am Wissen der Vorfahren.
Als wichtigste Differenz muss festgehalten werden, dass es
keine Feuerwaffen gibt.
Ein sehr wichtiger (und schwer wiegender) gesellschaftlicher Unterschied
zum irdischen Vorbild ist sicherlich die in vielen Teilen Aventuriens
herrschende Gleichberechtigung der Geschlechter (was bedeutet,
dass Frauen auch in typischen ‘Männerberufen’ wie Schmied
oder Fuhrmann deutlich präsent sind und Offiziersränge bei den
Armeen oder höchste Kirchenämter im Zwölfgötterkult innehaben).
Weit ausgeprägter als auf der Erde dürfte auch die Toleranz gegenüber
Fremdkulturen, -rassen und -spezies sein. (Wobei jedoch Tulamiden
oder Elfen etwa von einem durchschnittlichen Bornländer immer
noch misstrauisch und abergläubisch beäugt werden). Auch die feste
Gewissheit, dass Zauberei und Götterwirken die Geschicke und Geschichte
der Völker zu allen Zeiten mit geprägt haben, unterscheidet
den Aventurier vom (heutigen) irdischen Durchschnittsbürger."

Dazu gibt es noch einen kleinen Kasten, in dem steht:
"In allen Bereichen, zu denen es
keine speziellen aventurischen
Beschreibungen gibt, gelten
irdische Regeln oder einfach der
gesunde Menschenverstand."
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Luxferre am 16.07.2020 | 09:45
Magst Du mein Sinnbild noch rüber schieben? Danke  :d
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lord Verminaard am 16.07.2020 | 10:21
Phantastischer Realismus hat mit pittoresken Märchen und Stimmung und Atmosphäre nix zu tun, sondern das ist der angestaubte prä-Internet-Begriff für "Simulationismus". Man könnte auch sagen: "in sich geschlossen logische Fantasy".

Sie bewirkt sowohl den Charme einer aufwändig simulierten und dadurch etwas belastbareren, weil nicht total willkürlichen Welt, als auch grässliche, unausprechliche Auswüchse.

Mein Bild ist dementsprechend das richtige, I win.

Haha, guter Köder, ich beiße an! Die Aussage ist natürlich unterkomplex. Wenn du schon die Forge-Brille bemühen willst, dann bringt es wenig, auf die Frage, was den speziellen und stilprägenden Simulationismus von DSA ausmacht, mit "es ist Simulationismus" zu antworten.

In sich geschlossen und logisch ist Aventurien im übrigen nicht, wir wissen, dass es geographisch, demographisch und makroökonomisch erhebliche Plausibilitätsschwächen gibt. Aventurien ist mehr ein Genre als eine Weltsimulation, mit GNS gesprochen "High Concept Sim".

Fantastischer Realismus ist Waffenvergleichswerte ebenso wie Zwölfgötteredikt und Boron-Kirchenschisma. Er ist Hartwurst und "die Zwölf zum Gruße". Er ist das Elfenlied als mystischer Sehnsuchtsort und das Curriculum der Magierakademie als vertrauter Bezugspunkt für den durchschnittlichen Studenten/Akademiker aus der westdeutschen Mittelschicht, der der typische DSA-Spieler ist. In Aventurien gibt es eine Bundesliga und einen Papst (danke, Hotze). Der Marktbesuch, das Teetrinken, der Rahjatempel gehören jedenfalls in der prägenden Phase, in der der Begriff aufkam, absolut zur Spielkultur von DSA. Das mag sich in den letzten 30 Jahren gewandelt haben, dazu höre ich gerne mehr, aber "es ist halt Simulationismus" kratzt ja nicht mal an der Oberfläche. Zumal zumindest mit DSA4 aus GNS-Sicht die Entwicklung weg von kohärentem Simulationismus und hin zu inkohärentem "für jeden was dabei" Baukastensystem ging. (DSA5 kenne ich nicht.)
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 16.07.2020 | 10:30
Einen Papst, der nicht mehr ist als Patriarch  der Praioskirche.

DSA hält sich für SIM ist bzw war GAM - MeisterMunchkin + Storytelling/Nachspielen und natürlich Panthergleich
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Megavolt am 16.07.2020 | 10:33
Haha, guter Köder, ich beiße an! Die Aussage ist natürlich unterkomplex. Wenn du schon die Forge-Brille bemühen willst, dann bringt es wenig, auf die Frage, was den speziellen und stilprägenden Simulationismus von DSA ausmacht, mit "es ist Simulationismus" zu antworten.

Das "Elfenlied als Sehnsuchtsort" wäre in meinen Augen die Antwort auf die Frage: "Was macht das DSA-Gefühl aus?". Dann passen auch die ganzen Antworten wie romantisierend, pittoresk, ein stiller Fluss im weiten Land, Filzmützchen usw. teilweise ganz gut.

Waffenvergleichswerte sind Simulationismus, Kircheninnenpolitik ist Simulationismus, einheitliche Ingamesprache ist Simulationismus. Die Sachen ergeben sich aus aufwändigem Nachdenken darüber, wie die Welt im Innernen funktioniert und aus dem Versuch, das so korrekt wie möglich zu simulieren.

Zur Forge kann ich mich nicht äußern, ich bin noch leidlich jung und schlank. Und für eine Begriffsdebatte im Tanelorn, dafür fehlt mir die Zeit und die nötige Menge an Brusthaar. Ich bitte das zu respektieren.  ~;D

Schimpf nicht mich, schimpf die DSA-Macher, also die Erfinder, Präger und Verwender dieses Begriffs, hinter denen ich mich feige verstecke. Ich stimme denen aber voll zu, es ist also nicht nur ein reiner Verweis auf die Altvorderen, sondern mir leuchtet das auch ein.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Settembrini am 16.07.2020 | 10:46
Handelsherr und Kiepenkerl...der Autor frug mich weiland ob ich Tips hätte. Ich gab viele inkl. Buchempfehlung Rollo und zivil. Er war hochinteressiert & hatte den Kram auch verstanden, entschied sich aber nichts davon (VWL, Wi-geschichte, Mercator/Traveller usw.) aufzunehmen, sondern dreißig Seiten zu einzelnen Ackerpflanzen und 50 Seiten zu Hausschafen reibzupacken. Weil die Fans das so wollen.

Insofern ist der "FantaRe" für mich: aktive Entquantifizierung & De-Modellieung zur Erhaltung einer Gefühlswelt mit hohlen/starren Formeln. Es ist die wie Gegenreformation des Rollenspiels: Obskurantismus zur Wahrung der Macht einer (aus meiner privaten Sicht) illegitim an die Führung gelangten Kaste von selbst-pepetuierenden Auserwählten, die sehr wenig Sex haben.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: flaschengeist am 16.07.2020 | 11:01
Ich spiele mal den Servicebär: Im Eskapodcast ist die entsprechende Stelle, in der Thomas Römer sich auf Martins Frage zu "Ist Phantastischer Realismus gleich Simulationismus" äußert ab 32:00.

Dazu gibt es noch einen kleinen Kasten, in dem steht:
"In allen Bereichen, zu denen es
keine speziellen aventurischen
Beschreibungen gibt, gelten
irdische Regeln oder einfach der
gesunde Menschenverstand."

Dazu fällt mir frei nach Einstein ein: "Der gesunde Menschenverstand ist die Summe der Vorurteile, die ein Mensch bis zur Volljährigkeit erworben hat". Etwas verkürzt aber psychologisch betrachtet im Kern richtig. Daher ist es eine denkbar schlechte Idee, zum Auflösen von Meinungsverschiedenheiten den "gesunden Menschenverstand" zu bemühen.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lord Verminaard am 16.07.2020 | 11:19
Das "Elfenlied als Sehnsuchtsort" wäre in meinen Augen die Antwort auf die Frage: "Was macht das DSA-Gefühl aus?". Dann passen auch die ganzen Antworten wie romantisierend, pittoresk, ein stiller Fluss im weiten Land, Filzmützchen usw. teilweise ganz gut.

Waffenvergleichswerte sind Simulationismus, Kircheninnenpolitik ist Simulationismus, einheitliche Ingamesprache ist Simulationismus. Die Sachen ergeben sich aus aufwändigem Nachdenken darüber, wie die Welt im Innernen funktioniert und aus dem Versuch, das so korrekt wie möglich zu simulieren.

Ich glaube nicht, dass das zwei völlig separate und getrennt zu betrachtende Phänomene sind. Aus meiner Sicht ist das eng verwoben, der Pseudo-Realismus zusammen mit den wiedererkennbaren Elementen aus der eigenen Lebenswelt erzeugt so dieses "sich heimisch fühlen" von Uli Kiesow, das du ja auch im Podcast sehr zu Recht zitiert hast, und die mystizistischen Schlaglichter wie Elfenlied und Große Wunder stehen dazu ja gerade in Kontrast und werden gerade dadurch erfahrbar. Das ehrfürchtige Staunen, das damit erzeugt werden soll und auch wird, wächst aus dem Zusammenspiel von beidem.

Aus GNS-Sicht hat auf jeden Fall beides mit Simulationismus zu tun und nicht nur das letztere.

Zitat
Zur Forge kann ich mich nicht äußern, ich bin noch leidlich jung und schlank. Und für eine Begriffsdebatte im Tanelorn, dafür fehlt mir die Zeit und die nötige Menge an Brusthaar. Ich bitte das zu respektieren.  ~;D

Dann hör auf die Altvorderen, Jungspund! :korvin: ;D
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Jiba am 16.07.2020 | 11:27
Zitat
Kircheninnenpolitik ist Simulationismus, einheitliche Ingamesprache ist Simulationismus.

Kommt es da nicht mehr auf die konkrete Ausgestaltung im Spiel an, in welche GNS-Kategorie das zu fallen hat?

"Kircheninnenpolitik" gibt es nicht um Beispiel auch zentral bei "Engel" und das ist ein eher narrativistisches Spiel.
Und welche Phrasen und Sprachbilder wo gebraucht werden ist auch eher in einen Worldbuilding-Ansatz eingebettet und wird ja auch nicht hart verregelt (du musst X sagen um Y). Das ist klassischer Fluff. Der macht die Welt lebendiger und macht es einfacher da einen Zugang zu finden. Aber mit Simulationismus hat das nun wirklich nichts zu tun. Oder sind Spiele wie "Magicians" (wo man nebenbei Koreanisch lernt) jetzt gleich simulationistisch, nur weil man bestimmte Sachen sagen soll?
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 16.07.2020 | 11:29
D.h. der FR ist der panthergleiche Charm Aventuriens und die Hartwurst
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lord Verminaard am 16.07.2020 | 11:30
Kommt es da nicht mehr auf die konkrete Ausgestaltung im Spiel an, in welche GNS-Kategorie das zu fallen hat?

Ja, aber es hat sich eingebürgert, das nicht jedes Mal dazu zu sagen. "Ist Simulationismus" kann als Kurzform für "unterstützt simulationistisches Spiel auf Design-Ebene" durchgehen. ;)
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Jiba am 16.07.2020 | 11:32
Einverstanden. Aber selbst da ist die Zuordnung nicht so einfach. "Den Zwölfen zum Gruße" unterstützt simulationistisches und narrativistisches Spiel gleichermaßen, würde ich sagen.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lord Verminaard am 16.07.2020 | 11:34
"Den Zwölfen zum Gruße" unterstützt simulationistisches und narrativistisches Spiel gleichermaßen, würde ich sagen.

Würde ich definitiv nicht sagen, aber die Frage ist, wollen wir jetzt wirklich über die olle GNS diskutieren? ;)
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Jiba am 16.07.2020 | 11:41
Nein wollen wir nicht, aber ich versuche es mal so: "Den Zwölfen zum Gruße" unterstützt einen bestimmten Modus von Rollenspiel (solches mit Immersionsfokus). Und diesen Fokus kann ich sowohl im SIM, als auch im NAR verfolgen. "Reden, wie der eigene Charakter reden würde" kann eine Technik in allen kreativen Agenden, zumindest aber in NAR und SIM sein, um die entsprechende Agenda hervorzubringen. Ich würde sagen, solche Dinge wie In-Setting-Begrifflichkeiten berühren mehr den Bereich des Worldbuilding und da kommen wir mit GNS nur bedingt weiter (da sind wir dann bei der Unterscheidung von "Hard" und "Soft Worldbuilding; DSA = hard).
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Hotzenplot am 16.07.2020 | 11:44
Ich schreibe das nicht als Moderator, sondern als User: Ich finde, wir sollten GNS hier raushalten. Das macht das Thema viel zu groß.

Es geht ja darum, was fantastischer Realismus ist und ob man in der Lage ist, dazu ein passendes Sinnbild zu finden.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: flaschengeist am 16.07.2020 | 11:51
Würde ich definitiv nicht sagen, aber die Frage ist, wollen wir jetzt wirklich über die olle GNS diskutieren? ;)

Ich schon  ;D. Ich finde nämlich ganz interessant, dass diese Begriffe überhaupt in Zusammenhang mit Settings benutzt werden. Für mich war GNS immer eine Heuristik, den Schwerpunkt von Regelmechaniken unabhängig vom Setting zu beschreiben:

G: Realismus ist nicht so wichtig, es kommt auf die "Balance" an. Musterbeispiel für mich: D&D 4. Eine "Daily Power" macht zwar Sinn, um die Macht von Klassen zu skalieren, ist innerweltlich aber meist völliger Unsinn (etwa, dass ein Krieger nur einmal am Tag in der Lage ist, sein Schwert im Kreis zu schwingen etc.).
S: Realismus ist zentral, die Regeln dürfen daher auch kompliziert sein, wenn das Geschehen dadurch differenzierter abgebildet wird. Musterbeispiel: DSA Fokusregeln.
N: Regeln sind eine Hilfestellung, um eine gute Geschichte zu erzählen. Sie dürfen deswegen gerade nicht kompliziert sein, weil das den Erzählfluss bremst. Musterbeispiel: Fate.

EDIT: Wenn das Thema aus dem Thread raus soll, kann ja ggf. ein neuer Thread aufgemacht werden, falls das außer mir noch jemand spannend/diskussionswürdig findet.

Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Isegrim am 16.07.2020 | 11:55
Merke: Theorie-Debatten, die sich an Begrifflichkeiten aufhängen, sind von vorne herein sinnlos...

KA, woran es genau liegt, aber Aventurien konnte ich mir (wie manche andere phantastischen Welten) auch abseits des Rollenspiels vorstellen, auch wenn man an manchen Aspekten natürlich merkt, dass es fürs Rollenspiel geschaffen wurde und kein reiner Selbstzweck ist. Ich kann mir eine Fernsehserie vorstellen, die eher soap opera oder Familienkomödie oä ist als Fantasy-Abenteuer-Kram ("Ulmenstraße", spielt in Punin, besonders beliebt ist grantelnde Mutter Eimer...). Ich würd sie mir nicht angucken, und sie wird mangels genug Zielpublikum auch nie gedreht werden, aber möglich wärs mE.

Mit manchen anderen Rollenspiel-Welten funtioniert das für mich nicht, oder weniger gut. Vielleicht, weil die viel mehr auf die "Abenteuer-Aspekte" fokussieren, und daher für anderes nicht genug Inspirationsquellen und Anknüpfungspunkte bieten. Aber da andere Settings ja auch Unmengen an Hintergrundmaterial liefern, kanns das alleine eignetlich nciht sein.

Wie viele Kommentare hier zeigen, muss man das offensichtlich auch nicht als etwas positives begreifen.

Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: nobody@home am 16.07.2020 | 11:57
Nein. Hat es nicht. Der Begriff des "fantastischen Realismus" wird in DSA schon seit langer Zeit verwendet, um das Grundkonzept der Welt von DSA zu umschreiben. Das hat weder mit einer Kunstrichtung noch mit Simulationismus zu tun.
Da das geklärt ist, können wir jetzt mit der eigentlichen Aufgabe weiter machen.

Na, das sollte dir dann ja einen ungefähren Anhaltspunkt geben, wie lange ich aus DSA schon raus bin. ;) Und da's bei der "eigentlichen Aufgabe" nun mal ausgerechnet um Bilder gehen sollte, war die Frage, ob da womöglich in irgendeinem Hinterkopf irgendwelche Überlappungen angedacht sein könnten, ganz so abwegig nun auch wieder nicht.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lord Verminaard am 16.07.2020 | 11:58
@flaschengeist: Das entspricht einem intuitiven Erstzugang, leider haben die Macher von GNS sich entschieden, es viel unnötig komplizierter zu machen, was zu entknoten aber dem Thread hier echt nicht dient. Da müsste ich echt weiter ausholen. Anlass dieses Threads ist übrigens eine Illustration für einen Artikel zu genau dem Thema (also GNS), den ich für Aventurische Meisterschaft schreibe. :)
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Isegrim am 16.07.2020 | 11:59
Das passende Sinnbild ist der Zuckerbäcker namens Alrik. Man spielt keine typische, i-wie aufs Abenteuer-Rollenspiel zugeschnitten Rolle, sondern i-einen Bauer, Handwerker, Jedermann.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Jiba am 16.07.2020 | 12:17
Greift auch zu kurz.

Eben nicht irgendeinen, sondern "den einen, der auszog, das Fürchten zu lernen". Du spielst keinen Schneider, du spielst das "tapfere Schneiderlein". Du spielst keinen Krieger, du spielst "den Krieger, der den Tatzelwurm im Farindelwald erschlagen wird".

Eine einfache und damit auch "realistische" Person, die aber als Protagonist doch eine gewisse Größe erreicht. Das Abenteuer macht sie größer (deshalb gibt's ja auch Abenteuerpunkte, die ein über sich hinauswachsen erst möglich machen). Einfach nur vom Zuckerbäcker-Sein erhält man keine AP. Man wird also auch nie größer, als man ist. Ein DSA-Held ermächtigt sich selbst.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Hotzenplot am 16.07.2020 | 12:39
Ich benutze es ja auch gerne auf ironische Weise, aber die DSA-SpielerInnen spielen in der Majorität nicht Zuckerbäcker und Bernsteinsammler. Sieht man ganz gut in den Foren bzw. auf Facebook, wenn es um Charaktererschaffungen geht. Und ja, das war auch schon vor 15 Jahren so. Es hilft m. E. wenig, zur Beurteilung eines "fantastischen Realismus" dieses alte Vorurteil zu bemühen.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 16.07.2020 | 12:41

 (etwa, dass ein Krieger nur einmal am Tag in der Lage ist, sein Schwert im Kreis zu schwingen etc.).
Nicht wenn das eine Power oder Teil davon äquivalent zu einem Zauberspruch ist und kein Skill

SIM I= Realismus, Realistisch ist wohl ein Teil/Subbereich von SIM ist aber nicht dasselbe
Würde Glaubwürdigkeit von Regeln - Setting - Genre SIM sein?

NAR = Regeln sind darauf ausgelegt das Erschaffen einer guten, charaktergetriebenen Geschichte zu fördern.
NAR  I= ungleich Storytelling

@ Isegrim & Hotzenplot

Den Helden aus dem Volk kenne ich aber schon lange aus ADnD bevor er bei DSA rauskam und bei DSA war er nicht abenteuertauglich(schlimmer es gab Meister die das auch nicht erlaubten) IIRC fehlte denen selbst das mimalste Waffentraining eines freien Bürgers/Spiessbürgers o.ä.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Isegrim am 16.07.2020 | 12:49
Greift auch zu kurz.

Eben nicht irgendeinen, sondern "den einen, der auszog, das Fürchten zu lernen". Du spielst keinen Schneider, du spielst das "tapfere Schneiderlein". Du spielst keinen Krieger, du spielst "den Krieger, der den Tatzelwurm im Farindelwald erschlagen wird".

Aber Krieger sind dazu da, Tatzelwürmer ua Bedrohungen zu erschlagen. Schneider sind nicht dazu da, Riesen zu übertöpeln.

EDIT
Den Helden aus dem Volk kenne ich aber schon lange aus ADnD bevor er bei DSA rauskam und bei DSA war er nicht abenteuertauglich(schlimmer es gab Meister die das auch nicht erlaubten) IIRC fehlte denen selbst das mimalste Waffentraining eines freien Bürgers/Spiessbürgers o.ä.

Mag sein. Aber aus i-einem Grund ist der Zuckerbäcker für DSA charakteristisch (oder zumindest Klischee...), für AD&D nicht.

"Abenteuertauglichkeit" könnte hier ein (weiterer) Punkt sein, denn da kommt es natürlich ua darauf an, was für Abenteuer es zu bestehen gilt. Die Abenteuer, die das Tapfere Schneiderlein besteht, oder Einer der auszog, das Fürchten zu lernen, erfordern andere Fertigkeiten als das Erschlagen von Drachen oder das Ausräumen von Dungeons. DSA hatte immer Abenteuer im Programm, die eher Märchen als Weltrettung oder Artussage zum Vorbild hatte. Auch nicht besonders viele, aber immerhin. Die übrigens besonders oft als Ziel für Kritik oder Spott herhalten müssen... ;)

Ich benutze es ja auch gerne auf ironische Weise, aber die DSA-SpielerInnen spielen in der Majorität nicht Zuckerbäcker und Bernsteinsammler.

Natürlich nicht. Aber es wird zumindest ein klein bischen von System & Setting unterstützt (kommt natürlich auch auf die Ed. an). Offensichtlich reicht das schon, um diesen Spielstil mit DSA zu verknüpfen, oder verbindest du den Zuckerbäcker mit einem anderen System?

ME bietet dass, was mit "fantastischem Realismus" umschrieben werden soll, den Hintergrund, in dem diese Art Spiel möglich ist. Man kann es theoretisch in jeder Fantasy-Welt mit einem i-wie pseudo-mittelalterlichen Setting, aber Aventurien bietet dafür (va durch die dichte Beschreibung, bei der viel auf Alltäglichkeiten geachtet wird) besonders viele spezifische Anknüpfungspunkte. In anderen Settings müsste man den "Realismus-Part" mE viel mehr aus der tatsächlichen Realität herleiten (dem "pseudo-mittelalterlich"). Ist zuminedst mein Eindruck. Vielleicht kenn ich dafür andere Fantasy-Settings auch einfach zu wenig.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: takti der blonde? am 16.07.2020 | 13:25
Nimm das erste RuneQuest Cover und leg da ganz viel Rauschen rein. ;)
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lord Verminaard am 16.07.2020 | 13:36
(...) dieses "sich heimisch fühlen" von Uli Kiesow, das du ja auch im Podcast sehr zu Recht zitiert hast, (...)

Ach warte, das war gar nicht im Eskapodcast, das war kirilow im Zock Bock Radio, oder?
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: nobody@home am 16.07.2020 | 13:40
Natürlich nicht. Aber es wird zumindest ein klein bischen von System & Setting unterstützt (kommt natürlich auch auf die Ed. an). Offensichtlich reicht das schon, um diesen Spielstil mit DSA zu verknüpfen, oder verbindest du den Zuckerbäcker mit einem anderen System?

Ich würde sagen: bei den meisten anderen Systemen sind einfach die Kulturen dafür nicht kleinteilig genug ausgearbeitet. Zuckerbäcker gibt's sicher beispielsweise auch in den Vergessenen Reichen hier und da (schließlich leben da auch genug Reiche und Mächtige, die gelegentlich ein bißchen Luxus wollen, und wenn die Spezialisten erst mal existieren...), aber im Gegensatz zum Bäcker allgemein, den man mit guter Wahrscheinlichkeit an vielen auch nur halbwegs zivilisierten Orten antrifft, ist der "reine Zuckerbäcker" schon wieder ein derartiger Nischenberuf, daß sich die offiziellen Settingbeschreibungen eher selten überhaupt erst ausdrücklich in besagte Nische verirren. (Die eine oder andere Beschreibung von recht offensichtlichen Zuckerbäckerprodukten, die's an diesem oder jenem Ort für geneigte Besucher zu kaufen gibt, findet sich mit ausreichender Geduld beim Suchen sicherlich, und sei's in Büchern wie seinerzeit Aurora's Whole Realms Catalogue; man erfährt nur für gewöhnlich nichts darüber, welche Spezialausbildung, wenn überhaupt, der Hersteller dafür möglicherweise hinter sich gebracht hat.)

...nebenbei, mein klassischer Alrik ist immer noch der aus der ersten Basis-Box. Also dieser etwas grob geschnittene junge Kerl mit dem Knüppel ohne großartig bekannten Hintergrund. Zuckerbäcker geht, vermute ich, etwas anders. :)
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Settembrini am 16.07.2020 | 13:48
Ach warte, das war gar nicht im Eskapodcast, das war kirilow im Zock Bock Radio, oder?

Ja, heimisch ist aus dem AB33, Aufruf zum Briefspiel, zit. von kirilow.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Isegrim am 16.07.2020 | 13:52
Oh, ixh hätts auch wie im larp bauergaming nennen können. Vielleicht triffts das dsa1-abenteurer wirklich am besten.

Ich würde sagen: bei den meisten anderen Systemen sind einfach die Kulturen dafür nicht kleinteilig genug ausgearbeitet.
Eben. Masse an alltagskram.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 16.07.2020 | 17:07
Ich würde sagen: bei den meisten anderen Systemen sind einfach die Kulturen dafür nicht kleinteilig genug ausgearbeitet.
Dem Händler bin ich in Midgard begegnet vorher, in GURPS Conan dem Handwerker(okay nach dem Zwergenhandwerker) und in Freistatt lange vorher Karawanenführer und Leimsieder
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Settembrini am 16.07.2020 | 17:36
Zitat
Vielleicht triffts das dsa1-abenteurer wirklich am besten.

Meinst du vlt. eher DSA2+?
Zumindest Grauen von Ranak, Fahrt der Korisande, Insel der Risso und Bund der Schwarzen Schlange, ebenso Borbarads Fluch sind 5 meiner all-time-favourite non-AD&D Module und alle nicht Bauergaming.

Waren die Sieben Magischen Kelche usw. nicht auch relativ gonzo?
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: nobody@home am 16.07.2020 | 17:45
Dem Händler bin ich in Midgard begegnet vorher, in GURPS Conan dem Handwerker(okay nach dem Zwergenhandwerker) und in Freistatt lange vorher Karawanenführer und Leimsieder

Der Händler bei Midgard (immerhin eine komplett eigene Klasse und nicht "nur" ein Hintergrundberuf) hat mich immer etwas amüsiert, vermutlich, weil das einfach so ein zwar ausgesprochen realistischer, aber gleichzeitig eher fantasyuntypischer Typ von "Abenteurer" ist. Irgendwie wird das Protagonisten- und Spielercharakterpotential von abenteuerlustigen Handelsreisenden a la Sindbad oder Marco Polo in der "klassischen" Fantasy scheinbar sträflich unterschätzt...
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 16.07.2020 | 17:59
Aventurienkaufleute, Adventuring Merchants usw bei DSA 3 ist er rausgeflogen
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Isegrim am 16.07.2020 | 20:23
Meinst du vlt. eher DSA2+?
Zumindest Grauen von Ranak, Fahrt der Korisande, Insel der Risso und Bund der Schwarzen Schlange, ebenso Borbarads Fluch sind 5 meiner all-time-favourite non-AD&D Module und alle nicht Bauergaming.

Nein, da es den Abenteurer als Heldentyp in der 2. Ed. nicht mehr gab. ;)

Gabs den "fantastischen Realismus" (als Begriff) schon in der 1. Ed.? Gabs "Bauerngaming"? Wurden da Zuckerbäcker erwähnt? KA, vermutlich nicht. Darauf wollte ich nicht hinaus.

Der Begriff "Abenteurer" fasst recht schön die Idee, dass jeder auf Abenteuer ausziehen kann, egal welchen Hintergrund, egal welche Profession. Natürlich kann man das auch in anderen Systemen haben, manche haben das vielleicht auch schon immer unterstützt (Midgard Händler, interessanter Hinweis), aber für DSA scheint mir diese Idee von mehr Spielern umgesetzt worden zu sein, und ich verbinde das mehr mit DSA als mit jedem anderen System. Und mit LARP, da gabs das das mitunter auch massiv (auch von mir, hab/hatte eine ganze Reihe entsprechender Liverollenspiel-Charaktere).

D&D, grad den Kram vor 3.5, kenn ich einfach zu wenig, um was da zu zu sagen, außer: Meinem Eindruck nach spielte das dort keine große Rolle, aber das mag an Punkt 1. liegen... ;)
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: nobody@home am 17.07.2020 | 12:54
Nein, da es den Abenteurer als Heldentyp in der 2. Ed. nicht mehr gab. ;)

[...]

Der Begriff "Abenteurer" fasst recht schön die Idee, dass jeder auf Abenteuer ausziehen kann, egal welchen Hintergrund, egal welche Profession.

Ein bißchen will sich mir spontan der Verdacht aufdrängen, daß da ein Zusammenhang bestehen könnte. Denn: wenn ich ein wachsendes Klassensystem mit potentiell allen möglichen Arten von Spezialisten verkaufen will, dann stelle ich es mir schon zunehmend schwierig vor, gleichzeitig eine Allzweck-Jedermann-Abenteurerklasse mitzuschleppen, die einerseits immer noch eigenständig was reißen können, andererseits aber auch möglichst keinem aus der langsam ausufernden Schar von "Fachidioten" die Schau stehlen soll... :think:
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Maarzan am 17.07.2020 | 13:11
Greift auch zu kurz.

Eben nicht irgendeinen, sondern "den einen, der auszog, das Fürchten zu lernen". Du spielst keinen Schneider, du spielst das "tapfere Schneiderlein". Du spielst keinen Krieger, du spielst "den Krieger, der den Tatzelwurm im Farindelwald erschlagen wird".

Eine einfache und damit auch "realistische" Person, die aber als Protagonist doch eine gewisse Größe erreicht. Das Abenteuer macht sie größer (deshalb gibt's ja auch Abenteuerpunkte, die ein über sich hinauswachsen erst möglich machen). Einfach nur vom Zuckerbäcker-Sein erhält man keine AP. Man wird also auch nie größer, als man ist. Ein DSA-Held ermächtigt sich selbst.

Genau da würde ich fantastischen Realismus ansetzen.

Du bist ein Schneider und das ist dann auch (zumindest bis das Leben sich im Spiel anders entwickelt) nicht nur belangloses Mäntelchen sondern das Spiel erlaubt es genau das auch zu betrachten (was natürlich eine kleine oder eher gar winzige Nische im modernen Geschmacksspektrum wäre) .
Und der Rest ist das, was du daraus innerhalb dieses plausibel aufgebauten Hintergrund dann machst und nicht, weil irgendeine Vorsehung oder Plot das jetzt so bestimmen.

Wobei DSA das plakative Beispiel dafür ist, wie zu viele (unterschiedlich tickende) Köche das Essen versauen.



Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Settembrini am 17.07.2020 | 16:44
DSA2 hat Abenteuerer (Regelbuch I), die werden halt dann eben regional aufgegliedert. Effektiv hat aber fast jeder die Aufgliederung gespielt.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: rillenmanni am 17.07.2020 | 17:52
Nein, da es den Abenteurer als Heldentyp in der 2. Ed. nicht mehr gab. ;)

Gabs den "fantastischen Realismus" (als Begriff) schon in der 1. Ed.? Gabs "Bauerngaming"? Wurden da Zuckerbäcker erwähnt? KA, vermutlich nicht. Darauf wollte ich nicht hinaus.

Der Begriff "Abenteurer" fasst recht schön die Idee, dass jeder auf Abenteuer ausziehen kann, egal welchen Hintergrund, egal welche Profession. Natürlich kann man das auch in anderen Systemen haben, manche haben das vielleicht auch schon immer unterstützt (Midgard Händler, interessanter Hinweis), aber für DSA scheint mir diese Idee von mehr Spielern umgesetzt worden zu sein, und ich verbinde das mehr mit DSA als mit jedem anderen System. Und mit LARP, da gabs das das mitunter auch massiv (auch von mir, hab/hatte eine ganze Reihe entsprechender Liverollenspiel-Charaktere).

D&D, grad den Kram vor 3.5, kenn ich einfach zu wenig, um was da zu zu sagen, außer: Meinem Eindruck nach spielte das dort keine große Rolle, aber das mag an Punkt 1. liegen... ;)

Die Klasse "Abenteurer" mag es in DSA2 nicht mehr gegeben haben (außer im Regelbuch 1 für die noch ambivalenten Gemüter), aber klasse Abenteurer gab es hauptsächlich in DSA1, weil sie dort noch jede Stufe +1 auf AT oder PA bekamen, während die Macht von "Gaukler", "Händler" und "Nivese" in DSA2 über die Talentwerte vom Spieler gesteuert werden konnte (über die 2W6/3W6-Steigerungsklausel wurden sie im Zweifel immer noch ein bisschen schlechter als gewollt / geplant / befürchtet). Also kann Bauerngaming erst mit DSA2 aufgekommen sein.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: flaschengeist am 18.07.2020 | 11:24
@flaschengeist: Das entspricht einem intuitiven Erstzugang, leider haben die Macher von GNS sich entschieden, es viel unnötig komplizierter zu machen, was zu entknoten aber dem Thread hier echt nicht dient. Da müsste ich echt weiter ausholen. Anlass dieses Threads ist übrigens eine Illustration für einen Artikel zu genau dem Thema (also GNS), den ich für Aventurische Meisterschaft schreibe. :)

Klingt interessant, würde mich freuen, wenn du den Artikel dann hier verlinkst.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: Trollkongen am 20.07.2020 | 18:41
[...] während die Macht von "Gaukler", "Händler" und "Nivese" in DSA2 über die Talentwerte vom Spieler gesteuert werden konnte (über die 2W6/3W6-Steigerungsklausel wurden sie im Zweifel immer noch ein bisschen schlechter als gewollt / geplant / befürchtet). Also kann Bauerngaming erst mit DSA2 aufgekommen sein.
#

DSA - und das, was mit fantastischer Realismus assoziiert wird - ist für mich DSA 2, eher DSA3. Erst da, finde ich, hat sich eine DSA-Mentalität wirklich herausgebildet, DSA3 war der Höhepunkt dessen. DSA4 hat das natürlich dann weitergeführt und teils auch vertieft durch die Regeln.

Richtiges Bauerngaming ist natürlich eher ein Klischee - ich habe oft Krieger, Ritter, Magier, "Elfen" (damals hatten die keine Professionen) gespielt, also eben nicht die Zuckerbäcker, Händler, Wirte oder Schafhirten. Und in meinen Runden haben die anderen Spieler das meist ähnlich gehandhabt. Aber: Auch da ist oder war die Spielebene teils sehr "niedrig", die Abenteuer ziemlich bodenständig. Das ist zwar kein Alleinstellungsmerkmal von DSA, aber ich denke, diese Bodenständigkeit der Spielercharaktere kombiniert mit der dichten und ebenfalls oft und grundsätzlich bodenständigen Weltbeschreibung, das ist wohl das, was mit "fantastischer Realismus" verbunden wird. Der ist aber nur eine Idee, der, bei aller Schwammigkeit des Begriffs, dann oft doch nicht wirklich Rechnung getragen wird.

Übrigens: Manche Bilder zum Thema, etwa das von Drakensang, haben mir nochmal vor Augen geführt, was mich in den letzten Jahren stört an DSA. Die Illustrationen folgen meist einem anderen Stil, der, bei aller Handwerkskunst und Detailliertheit, mich nicht abholt - wohl, weil er sich mit meinem Bild und meinem Gefühl von Aventurien irgendwie beißt. (Allerdings: Viele ältere Illustrationen, gerade aus DSA1-Zeiten, haben ebenfalls wenig mit "meinem DSA" zu tun.) Ich glaube, sie sind mir zu "sauber" und zu glatt.
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: rillenmanni am 20.07.2020 | 23:12
#

DSA - und das, was mit fantastischer Realismus assoziiert wird - ist für mich DSA 2, eher DSA3. Erst da, finde ich, hat sich eine DSA-Mentalität wirklich herausgebildet, DSA3 war der Höhepunkt dessen. DSA4 hat das natürlich dann weitergeführt und teils auch vertieft durch die Regeln.

Richtiges Bauerngaming ist natürlich eher ein Klischee - ich habe oft Krieger, Ritter, Magier, "Elfen" (damals hatten die keine Professionen) gespielt, also eben nicht die Zuckerbäcker, Händler, Wirte oder Schafhirten. Und in meinen Runden haben die anderen Spieler das meist ähnlich gehandhabt. Aber: Auch da ist oder war die Spielebene teils sehr "niedrig", die Abenteuer ziemlich bodenständig. Das ist zwar kein Alleinstellungsmerkmal von DSA, aber ich denke, diese Bodenständigkeit der Spielercharaktere kombiniert mit der dichten und ebenfalls oft und grundsätzlich bodenständigen Weltbeschreibung, das ist wohl das, was mit "fantastischer Realismus" verbunden wird. Der ist aber nur eine Idee, der, bei aller Schwammigkeit des Begriffs, dann oft doch nicht wirklich Rechnung getragen wird.

Übrigens: Manche Bilder zum Thema, etwa das von Drakensang, haben mir nochmal vor Augen geführt, was mich in den letzten Jahren stört an DSA. Die Illustrationen folgen meist einem anderen Stil, der, bei aller Handwerkskunst und Detailliertheit, mich nicht abholt - wohl, weil er sich mit meinem Bild und meinem Gefühl von Aventurien irgendwie beißt. (Allerdings: Viele ältere Illustrationen, gerade aus DSA1-Zeiten, haben ebenfalls wenig mit "meinem DSA" zu tun.) Ich glaube, sie sind mir zu "sauber" und zu glatt.

Das finde ich alles total valide.
Interessant finde ich den Punkt der "DSA-Mentalität", die sich bei DSA1 noch nicht herausgebildet gehabt habe, sondern erst in einer fließenden Bewegung hin zu DSA3. Da stimme ich durchaus zu, zumindest mit dem Blick auf den Status Quo: Es (Spielerlebnis, Spielverständnis, gedeckelter, detailreicher Hintergrund) hat sich das gebildet, was wir heute kennen und spielen - bei allen Unterschieden, die die Runden untereinander aufweisen mögen. (Ich muss aber zugeben: Mein Wissen endet mit dem Ende von DSA4.) Das ist auch das, was ich angesprochen habe: (Auch) die geänderten Regeln verändern die Denkweise der Spieler. Jedoch gibt es mE auch bei DSA1 schon eine Art Mentalität, naja, Angebote an die Spielerschaft, wie das Spiel aufzufassen sei, wobei die Angebote durchaus heterogen waren, sie aber keine Widersprüche schufen, sondern eher eine Art buntes Erleben. Denn der Kanon - bei dem man den Fanta-Re im Sinn hatte -  kam erst später. Und so etwas kann man natürlich auch heute spielen und bewusst erleben, wenn man nicht in die Ironiefalle tritt. (Hierhin müsste nun Werbung auf mein DSA1 Reloaded. :) )

Nun hatte ich geschrieben, dass Regeln auch die Mentalität verändern können. Meine Aussage, dass Bauerngaming nicht bei DSA1 auftreten konnte, möchte ich so auch voll stehenlassen: Diese Regeln luden nicht dazu ein. Aber natürlich sind die Regeln nur ein Baustein. Der Hintergrund änderte sich ja ebenfalls, er wurde "sicherer" und man konnte sich "heimischer" fühlen. Die Abenteuer stießen in ein ähnliches Horn: Sie wurden weniger gefährlich und machten etwas, was in vielen der Abenteuer seit ehedem im Ansatz vorhanden war, zu der Tugend des Systems: den Gang durch die schöne Geschichte. Schon Anfang der 90er war es möglich, mit "dem Zuckerbäcker" zu überleben, weil den Helden eine Leistung nur noch zum Schein abverlangt wurde. Solange sich die Spieler nicht allzu quer zum Abenteuer stellten - unartig! - waren die Helden im Grunde sicher. Jetzt ist das Folgende natürlich ein bisschen die Frage nach der Henne und dem Ei, aber ich drücke es mal so aus: Die allgemeine Abenteuersituation - die auch für DIY-Abenteuer ein Vorbild war - war dem Charakterspiel ein fruchtbarer Boden. Es gab ein gewisses Vakuum, das Spieler durch dramatische persönliche Ver- und Entwicklungen auffüllten. Das Vakuum, also der Mangel an (echter) Herausforderung, konnte / kann aber auch anders ausgeglichen werden, wenn man dem "Drama" eher abhold ist: Als Plot Hunter etwa schaffte man sich eine eigene Herausforderung, nämlich den ausgelegten Spuren des Abenteuers möglichst effizient zu folgen.
Das war jetzt noch ein wenig unterkomplex, finde ich, aber etwa so habe ich es für mich auf dem langen Weg seit 1985 erlebt bzw in der Rückbeschau mit etwas Abstand interpretiert.

Dennoch ist das lupenreine Bauerngaming wohl stets eine Randerscheinung geblieben und insofern tatsächlich ein Klischee, etwas zum darauf Herumreiten in der Beschau, wenngleich ich natürlich Spieler kenne, die bei einzelnen Helden bewusst und konsequent auf die Ausformung spielrelevanter Vorteile verzichtet haben. Ich selbst habe so etwas im Ansatz auch gemacht, war jedoch immer darauf bedacht, meiner Turbonulpe zumindest etwas spielrelevante Kompetenz auf den Weg zu geben, einfach weil ich irgendetwas reißen wollte, also entweder etwas bewirken (O Wunsch! O frommer Wunsch!) oder zumindest ein Glanzlicht zu erhalten.

Wie kommt das Bauerngaming eigtl in die ganze Diskussion um den Fanta-Re hinein? :)
Titel: Re: Sinnbild für fantastischen Realismus - Diskussion
Beitrag von: nobody@home am 20.07.2020 | 23:34
Wie kommt das Bauerngaming eigtl in die ganze Diskussion um den Fanta-Re hinein? :)

Vermutlich, weil Bauern nun mal so was wie der Inbegriff von Bodenständigkeit sind und damit zumindest den "Realismus" wenigstens dem Gefühl nach auf jeden Fall schon mal in der Tasche haben. Die Fantastik dazu braucht dann nur noch aus der Welt zu kommen, in der der Bauer lebt...und bingo, schon ist der "fantastische Realismus" fertig. ;)