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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielleiterthemen => Thema gestartet von: GornOfDagon am 29.09.2020 | 12:34

Titel: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: GornOfDagon am 29.09.2020 | 12:34
In den über 35 Jahren meiner RPG-Begeisterung bin ich von Old-School Systemen zu TradGames gekommen und dort hängen geblieben. Erst vor einem Jahr bin ich dann durch „Blades in the Dark“ das erste Mal mit dem Ansatz des „play to find out“ in Berührung gekommen und bin mir noch immer nicht sicher, ob mir das Konzept gefällt oder nicht.

Es ist auf der einen Seite faszinierend und hält sicher auch Überraschungen (vor allem für mich als SL) bereit. Auf der anderen Seite habe ich festgestellt, dass im Gegensatz zu einer tiefgründigen, vorbereiteten Geschichte oftmals spannende Erzählbögen oder überraschende Wendungen fehlen und dass es seltener coole WTF-Momente gibt. Eine gut orchestrierte Dramaturgie kann meines Erachtens nicht spontan und durch Improvisation entstehen. Auch die meisten Drehbuchschreiber und Romanautoren grübeln sicherlich lange über ihre Geschichte und den darin enthaltenen Verwicklungen und Wendungen nach, statt auf ein „write to find out“ zu setzen.

Habt ihr da andere Erfahrungen gemacht? Oder habt ihr ein ganz anderes Vorgehen gewählt?
Gibt es hilfreiche Tipps, wie trotz (oder gerade wegen) „play to find out“ die Ebene des spontan-trivialen Small-Talk-Erzählens verlassen werden kann?
Oder habt ihr Ideen, wie eine tiefgründige Story statt durch Railroading über „play to find out“ erzählt werden kann?
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Maarzan am 29.09.2020 | 12:42
Ich kenne play-to-find-out jetzt als festem Begriff als Variante der Charakterdefinition - ob jetzt der Charakter bei Sitzung 1 idealerweise steht oder der Hintergrund "fliegend" spontan zur aktuellen Spiellage nachgebastelt oder geretconnt wird.

In dem Sinne bin ich mir nicht ganz sicher was du wirklich da gegeneinander stellen willst.

Ansonsten würde ich die Wortbedeutung ratend bis auf eben ein paar formelle und viele informelle/"illegale" Ausreißer play-to-find-out für den üblichen Standard halten.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: rillenmanni am 29.09.2020 | 12:47
Er meint damit, dass die Handlung erst am Spieltisch entsteht, auch wenn das oft nichts mit "Dramaturgie" zu tun hat, statt eines "Plots", der wohlorchestriert geplant ist und vom SL nach Möglichkeit durchgezogen werden soll.

PS: Willkommen, Gorn! :)
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 29.09.2020 | 12:49
statt eines "Plots", der wohlorchestriert geplant ist und vom SL nach Möglichkeit durchgezogen werden soll.
Den letzten Teil des Satzes würde ich so nicht stehen lassen. Ein wohlorchestrierter Plot kann sich sehr wohl im Spiel ändern, die dafür aufgebauten Spannungsmomente überstehen diese Änderungen aber größtenteils.

Auch das werden dir Schreibende erzählen: Die Planung für das Buch hilft auch dann, wenn der genaue Plot umgestellt wird.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 29.09.2020 | 12:51
Ich stelle einfach mal die komplette Gegenthese auf:
Wenn man wirklich eine tiefgründige Story will, kommt man an Play-to-find-out im einen oder anderen Sinne kaum vorbei; zumindest, wenn tiefgründig heißen soll, dass die Figuren der Geschichte ergründet werden sollen. Das geht schlicht nicht per Vorausplanung irgendwelcher Handlungsbögen, Twists oder WTF-Momente, weil alle drei nur echte Bedeutung gewinnen können, indem sie aus den Entscheidungen der Spielercharaktere als Hauptfiguren resultieren (oder sie zu Entscheidungen treiben, was dann aber bedeutet, dass diese Entscheidungen offen bleiben müssen und die Planung wieder zerschossen ist).

Das heißt nicht, dass Vorbereitung seitens der SL nicht wichtig für so etwas wäre; aber die Vorbereitung muss vor allem Angebote bereitstellen, mit denen die Spielleitung an die Charaktereigenschaften und Ziele der SC appelliert, nicht vorgefertigte Abläufe und schon gar keine Twists.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Jiba am 29.09.2020 | 12:55
Auch die meisten Drehbuchschreiber und Romanautoren grübeln sicherlich lange über ihre Geschichte und den darin enthaltenen Verwicklungen und Wendungen nach, statt auf ein „write to find out“ zu setzen.

Zugleich tauschen sich die meisten Drehbuchschreiber und Romanautoren mit anderen über ihre Geschichten aus. Sie beobachten auch ihre Umgebung und nehmen Eindrücke von außen auf. Ein einzelner Geist schreibt nicht die perfekte Story. Das gilt auch für Rollenspiele: Den Spielern die Möglichkeit zu geben, sich in die Weltgestaltung einzubringen, ist daher immer lohnenswert. "Play to find out" macht es einfacher, solche Spielerinhalte dann auch zu integrieren, weil weniger (nicht nichts!) vorbereitet wurde.

Abgesehen davon: Im Grunde spielen wir ja auch bei traditionelleren Systemen schon "to find out". Würfel fallen, Charaktere treffen Entscheidungen und die Handlung am Spieltisch verändert sich. Es ist ja auch nicht so, dass "Play to find out" bedeuten muss, dass die SL gar keine Idealhandlung im Kopf hat: Viele "Powered by the Apokalypse"-Spiele (aus denen stammt das "Play to find out"-Prinzip eigentlich) arbeiten schon damit, dass du dir NSCs ausdenkst, ihre Pläne und Beziehungen entwirfst und Probleme ausarbeitest, die im Spiel vorkommen können. Diese Rollenspiele lassen sich durch ihre Regeln, die Konflikte von sich aus eskalieren, natürlich auch gut ohne Vorbereitung spielen. Aber es hilft schon, sich Gedanken zu machen.

"Apocalypse World" und einige mehr arbeiten dazu z.B. mit Fronts (das sind so ausgearbeitete Bedrohungslagen und Spielweltfraktionen, die miteinander über Kreuz liegen und so Drama erzeugen) oder mit Clocks (Uhren, die runterziehen und wo dann zu bestimmten Zeitpunkten Dinge in der Spielwelt passieren).

Wobei: Bevor wir jetzt weitere, konkrete Tipps geben können, erklär bitte mal: Was verstehst du unter...

Zitat
einer tiefgründigen, vorbereiteten Geschichte [mit] oftmals spannende[n] Erzählbögen oder überraschende[n] Wendungen?
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: rillenmanni am 29.09.2020 | 12:59
Den letzten Teil des Satzes würde ich so nicht stehen lassen. Ein wohlorchestrierter Plot kann sich sehr wohl im Spiel ändern, die dafür aufgebauten Spannungsmomente überstehen diese Änderungen aber größtenteils.

Auch das werden dir Schreibende erzählen: Die Planung für das Buch hilft auch dann, wenn der genaue Plot umgestellt wird.
Oh. Ich sehe auch gerade, dass man in meinen Beitrag Wertung hineinlesen könnte. Das war so nicht gemeint. Mir ging es um die Erwähnung der Intention, die bei einer gestalteten Dramaturgie mitschwingt. Inwieweit da jetzt tatsächlich jemand "durchzieht" und inwieweit tatsächlich Flexibilität Stabilität beeinträchtigt, hatte ich gar nicht im Fokus.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Isegrim am 29.09.2020 | 13:06
Play to find out (Wie ich es für diesen Beitrag verstehe): Entscheidende Aspekte der allgemeinen Spielwelt oder der konkreten Situation sind nicht fest gelegt, sondern werden erst während des Spiels von Spielern und SL gemeinsam entwickelt: Wer ist der Bösewicht oder Mörder? Wie stehen zwei wichtige NSCs zu einander? Spielt ein Auftraggeber fair, oder will er die SCs benutzen und verraten? Was soll eigentlich das "Abenteuer" sein? Das weiß anfangs nicht mal die SL.

Ist nicht meins, hab ich fest gestellt. Wenn ich Spieler bin, will ich meinen Charakter spielen und aus dessen subjektiver Sicht Entscheidungen treffen, nicht aus Autorensicht eine Geschichte erzählen. Als SL sind mir Anregungen von Spielern durchaus willkommen. Da ich es aber als meine Aufgabe sehe, a) eine i-wie plausible Welt zu präsentieren und zu "spielen" und b) meine Spieler mit spannenden Situationen und interesanten Zusammenhängen zu konfrontieren, brauch ich letztendlich die Hoheit darüber, wie die Welt (exkl der SC) aussieht und wie sie funtioniert. Daher behalt ich mir ein Veto gegen Spieler-Vorschläge, Fakten schaffen uä Dinge vor (habs bisher aber nie wirklich einsetzen müssen, glaub ich).

Über erzwungene Dramaturgie etc kann man Aufsätze schreiben hat man Aufsätze geschrieben, aber ich denke nicht, das der Eröffner des Threads darauf hinaus wollte (Willkommen nebenbei!).
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: First Orko am 29.09.2020 | 13:08
Dass die hier gezeigte Dichotomie zwischen:
zu einer tiefgründigen, vorbereiteten Geschichte [...] spannende Erzählbögen oder überraschende Wendungen [...] seltener coole WTF-Momente gibt.
und
[...] Ebene des spontan-trivialen Small-Talk-Erzählens [...]
gebunden sein soll an Spielerfreiheit, Improvisation vs. vorbereitetes Abenteuer und (nur dort mögliche) Dramaturgie steht erstmal zum Beweis an.

Ich habe schon ebenso flache, uninspirierte und vorhersehbare Plots bei fertigen Abenteuern erlebt wie ich dramatisch aufwühlende Momente und spanennde Wendungen beim improvisierten Spiel. Da überwiegt nix in eine Richtung dermaßen, dass ich die im Startthread erhobene Setzung mit meinen Erfahrungen überein bringe.

Fertigabenteuer leiden meiner Erfahrung nach allzu oft an Klischees, Selbstreferentialität und dem Ego des Autors.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: schneeland am 29.09.2020 | 13:12
Grundsätzlich schließe ich mich dem Rumpel an: wenn die Geschichte Bedeutung für die Spielercharaktere haben soll, muss sie Freiraum dafür lassen, mit deren Eigenschaften und Zielen verwoben zu werden.
Das geht aber m.E. sowohl mit klassischem Aufbau als auch mit Play-to-Find-Out.

Der spezielle Charme von PtFO ist m.E., dass die Spielleitung mit sehr groben Setzungen auskommen kann. In meiner aktuellen The Sprawl-Kampagne kenne ich z.B. die Motive und Möglichkeiten einiger zentraler Pro- und Antagonisten in der Welt sowie einige wichtige Orte der Handlung. Alles darüber hinaus ergibt sich erst im Spiel, so dass auch für mich als Spielleiter potentiell Überraschungen oder neue Elemente in der Geschichte auftreten können.

Wenn man PtFO mit sehr wenigen Vorgaben spielt, gibt es zumindest für die Spieler natürlich zumindest im klassischen Sinne keine Überraschungen mehr. Dass sich dabei eine spannende, zusammenhängende Geschichte ergibt, ist dann möglich, aber auch nicht mehr zwingend.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Jiba am 29.09.2020 | 13:14
Zitat
Play to find out (Wie ich es für diesen Beitrag verstehe): Entscheidende Aspekte der allgemeinen Spielwelt oder der konkreten Situation sind nicht fest gelegt, sondern werden erst während des Spiels von Spielern und SL gemeinsam entwickelt: Wer ist der Bösewicht oder Mörder? Wie stehen zwei wichtige NSCs zu einander? Spielt ein Auftraggeber fair, oder will er die SCs benutzen und verraten? Was soll eigentlich das "Abenteuer" sein? Das weiß anfangs nicht mal die SL.

Nur würde ich das dann nicht "Play to find out" nennen, weil die PbtA-Rollenspiele, die diese Bezeichnung geprägt haben, eben die meisten dieser Fragen doch schon im Vorfeld beantworten. Wenn ich "The Sprawl" spiele, muss ich ziemlich genau wissen, was das Abenteuer sein muss (oder hätte ich zumindest gedacht @schneeland: Wie bereitest du die Runs denn dann vor?). Und nicht alle Fragen ("Spielt der Auftraggeber fair oder verarscht er die SCs?"), die du oben nennst, müssen immer festgelegt sein, damit das Spiel gut ist. Gerade die Auftraggeberfrage lässt sich doch leicht aus der Situation am Spieltisch festlegen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Isegrim am 29.09.2020 | 13:26
@ Jiba: Ich wollte damit definieren, auf welche Fragestellung sich meine dann folgende Aussage bezog, und wie ich den Thread opener verstanden habe. Debatten über Begriffsdefinitionen find ich ermüdend, daher bezieh dich bitte auf meine eigentliche Aussage.

Inhaltlich:

Und nicht alle Fragen ("Spielt der Auftraggeber fair oder verarscht er die SCs?"), die du oben nennst, müssen immer festgelegt sein, damit das Spiel gut ist. Gerade die Auftraggeberfrage lässt sich doch leicht aus der Situation am Spieltisch festlegen.

Wenn ich leite, und ein NSC den SCs einen Auftrag gibt, weiß ich, ob er vorhat sie über den Tisch zu ziehen, da ich ein Bild von diesem NSC in meinem Kopf habe. Wenn ich Spieler bin und meinen SC einen Auftrag  annehmen lasse ist es mir lieber, die SL hat die Sache soweit geplant, dass sie weiß, ob der Auftraggeber fair spielt. Wenn die SL das "On the fly" improvisiert, und ich nichts davon mitbekomme, dann ist sie gut im improvisieren; chapeau, zieh ich meinen Hut. Aber sie soll mich bitte davor verschonen, dass ich sowas (mit) fest lege. Dass sehe ich nicht als meine Aufgabe an.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: schneeland am 29.09.2020 | 13:29
@schneeland: Wie bereitest du die Runs denn dann vor?

Ich vermute mal, wir sind da in der Praxis gar nicht so weit auseinander. Vorab sei angemerkt, dass es eine Play-by-Mail-Runde ist, ich also ein bisschen mehr Zeit zum Nachdenken und ggf. auch Nachreichen von Karten etc. habe.

Dann konkret gesprochen:
Ein paar zentrale Dinge lege ich vorab fest bzw. leite ich aus den Eckpfeilern der Kampagne ab:
- was ist das für eine Location, an der der Run stattfindet
- wer kontrolliert sie und welches Schutzniveau leistet er sich (grob)
- was sind die wichtigen Informationen oder Assets, die gefunden werden können oder sollen (nach Auftrag)
- welche Fraktionen haben noch Interesse daran, Infos/Assets zu acquirieren
- welche Ressourcen sind sie bereit dafür aufzuwenden (grob)

Außerdem versuche ich einfließen zu lassen, wie hoch das Alarmierungsniveau ist und wie sehr die SCs den beteiligten Fraktionen bereits auf die Füße getreten sind (Countdowns).

Abschließend sei gesagt: ich bin mir The Sprawl nur halb zufrieden, was das Spieldesign angeht, aber es erscheint mir trotzdem für meine Zweck noch das bestgeeignetste PbtA-System zu sein.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Crimson King am 29.09.2020 | 13:42
Einige meiner emotional packendsten Rollenspielrunden hatte ich mit SL-losen Systemen, bei denen alle Spieler gleichberechtigt an der Story mitgewerkelt haben. Da war logischerweise überhaupt nichts vorbereitet.

Nach meiner Erfahrung steigen die Chancen für Banalität der Story im selben Maß, in dem die SL versucht, ihre Vorstellungen auch gegen die Wünsche und Entscheidungen von Spielern durchzusetzen. Das heißt nicht, das dann zwangsläufig Murks raus kommt, aber Flexibilität und die dynamische Gestaltung und Veränderung der Spielwelt auf Basis der erspielten Handlung, die nicht notwendigerweise der Planung folgt, sind meines Erachtens sehr hilfreich.

Wenn man andererseits meint, als SL alle Fäden in der Hand halten *und gleichzeitig* mit einem leeren Blatt Papier als Basis on the fly eine superpackende Story zu kreieren, ja, dann wird man vermutlich ebenfalls regelmäßig scheitern.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Isegrim am 29.09.2020 | 13:50
Einige meiner emotional packendsten Rollenspielrunden hatte ich mit SL-losen Systemen, bei denen alle Spieler gleichberechtigt an der Story mitgewerkelt haben. Da war logischerweise überhaupt nichts vorbereitet.

Interessant. Ähnliches hab ich im LARP erlebt: Die spannendsten Sachen waren immer die, die sich aus dem Spiel der SCs untereinander entwickelten, nicht das , was die SL als Plot anbot. Das lief allerdings meist auf PvP hinaus.

Im PnP hats für mich noch nie funktioniert, ich hab allerdings auch noch nie ohne SL gespielt.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: First Orko am 29.09.2020 | 13:53
nicht das , was die SL als Plot anbot. Das lief allerdings meist auf PvP hinaus.

Kann das nicht damit zu tun haben, dass LARP-Plots für eine extrem große Bandbreite an Spielern zugeschnitten sein müssen?  :think: Das gleich Problem haben ja dann Kaufabenteuer irgendwie auch.
Sprich: Je konkreter es auf bestimmte Personen zugeschnitten ist, desto höher der Bezug zu dem, was da passiert. Die eigene Schwester (=> Die man sich bei Charaktererschaffung auch selbst ausgedacht hat) zu retten spielt halt eine größere Rolle als die Tochter von Graf Ismirdochegaldertyp.

Um das Ganze nicht zu sehr zu derailen: Play to find out bietet mir als SL doch gerade die Möglichkeit, die Charaktere persönlich bei dem abzuholen, was ihnen wichtig ist. Wenn ich die Chance natürlich nicht nutze und weiter bei generischen Plotideen bleibe.. tja dann wird's halt auch nicht besser als beim Kaufabenteuer.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Isegrim am 29.09.2020 | 14:12
Je konkreter es auf bestimmte Personen zugeschnitten ist, desto höher der Bezug zu dem, was da passiert. Die eigene Schwester (=> Die man sich bei Charaktererschaffung auch selbst ausgedacht hat) zu retten spielt halt eine größere Rolle als die Tochter von Graf Ismirdochegaldertyp.

Kann ich für mich nicht bestätigen. Am spannendsten waren für mich immer Konflikte, die sich aus dem Spiel heraus ergeben, nicht die, die man sich in die Vorgeschichte schreibt. Ob das mehr oder minder zufällig passiert, oder der Konflikt von der SL angelegt ist, ist mir hingegen egal, solange ich den Köder schlucke.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Jiba am 29.09.2020 | 14:32
Na, was Orko meint ist, dass diese Schwester natürlich nicht nur in dieser Charaktergeschichte rumsteht, sondern die natürlich auch sonst im Spiel eine Rolle spielt. Nicht als obskures Detail irgendwo auf dem Bogen, sondern sich auch ganze Handlungssektionen darum drehen.

Im Idealfall ergibt sich das ja auch aus dem Spiel.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Crimson King am 29.09.2020 | 14:33
Kann ich für mich nicht bestätigen. Am spannendsten waren für mich immer Konflikte, die sich aus dem Spiel heraus ergeben, nicht die, die man sich in die Vorgeschichte schreibt. Ob das mehr oder minder zufällig passiert, oder der Konflikt von der SL angelegt ist, ist mir hingegen egal, solange ich den Köder schlucke.

Finde ich nachvollziehbar. Am Ende macht es bei mir die Mischung. Der Konflikt aus der Vorgeschichte ist dann ursächlich für neue Konflikte. Entscheidend ist, dass die SL diesen Sachen Raum gibt und sie nicht mit ihrem eigenen supertollen durchgeplanten Plot überschreibt.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Erbschwein am 29.09.2020 | 14:58
..., statt auf ein „write to find out“ zu setzen.

Habt ihr da andere Erfahrungen gemacht? Oder habt ihr ein ganz anderes Vorgehen gewählt?
Gibt es hilfreiche Tipps, wie trotz (oder gerade wegen) „play to find out“ die Ebene des spontan-trivialen Small-Talk-Erzählens verlassen werden kann?
Oder habt ihr Ideen, wie eine tiefgründige Story statt durch Railroading über „play to find out“ erzählt werden kann?

Hallo, erstmal

meine Rollenspielerfahrung ist Lang her.

Aber ist das wie ein Langjährigeren Feind zu haben, gegen den man Gerne Antritt. Oder doch, weil die Story die man Ausgearbeitet, die Figuren "schwer" Beschreiben oder nicht immer Authentisch rüber bringt, damit die Spieler gefesselt sind. Oder hat man Angst als SL, die Story bis zum Schluss Zu ende zuspielen Da die sc vorher die Story kappen.
Oder schafft man Nicht die sc die Nebenaufgaben zum fesseln zubringen und von der Hauptstory abzulenken und das Jetzige Abenteuer ernst zunehmen?

Könnte es daran Liegen, oder bin "ich" Da vollkommen Falsch?
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: tartex am 29.09.2020 | 15:24
Es ist auf der einen Seite faszinierend und hält sicher auch Überraschungen (vor allem für mich als SL) bereit. Auf der anderen Seite habe ich festgestellt, dass im Gegensatz zu einer tiefgründigen, vorbereiteten Geschichte oftmals spannende Erzählbögen oder überraschende Wendungen fehlen und dass es seltener coole WTF-Momente gibt. Eine gut orchestrierte Dramaturgie kann meines Erachtens nicht spontan und durch Improvisation entstehen.

Persönlich habe ich bei den vorbereiteten Geschichten eigentlich fast immer nur die Reproduktion von Klischees erlebt. Die für mich coolen Momente in traditionellen Systemen entstanden fast immer dadurch, dass die Würfel dem Spielleiter (oder auch Spielern) einen Strich durch die Rechnung machte.

Das bedeutet natürlich nicht, dass Play-to-find-out nicht genauso oder nicht noch mehr Klischees produziert. Der Zufall ist für mich der beste Dramaturg. Zumindest schafft der für mich oft die Momente, die mir nach der Sitzung noch lange im Gedächtnis bleiben. Ansonsten wäre ich wahrscheinlich sowieso besser beraten meine Zeit in Genreliteratur zu stecken, anstatt rollenzuspielen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Sphinx am 29.09.2020 | 16:17
Ich würde mal ganz extrem dazu tendieren da es extrem stark von den Spielern abhängt wie gut oder schlecht so etwas funktionieren kann. Das ganze gebiet des Improv Theaters basiert ja darauf das es erst mal keine definierte Story gibt und funktioniert ja auch. Sogar so gut das sich Leute das Anschauen wollen.
Aber das ist eben auch meist auf wenige Scenen definiert und damit abgeschlossen. Klar können viele dieser Scenen für sich lange unterhalten, aber ob dann am Ende eine großangelegte Story rauskommt die was taugt? Da wäre ich mir nicht so sicher.

Wie so oft finde ich das irgendwo zwischen, nichts ist festgelegt bis zu alles ist in Stein gemeißelt. Nehmen wir einen Hinweis auf den Mörder, ich kann festlegen der Dienstbote hat ihn gesehen. Oder ich lege nur den Hinweis fest "das ihn jemand gesehen hat". Wer den Hinweis dann an die Spieler gibt weiß ich vorher auch nicht, das zeigt das Spiel.
Das ganze kann man so weit und offen gestalten wie man möchte. Evtl. überlegt man sich das die Ermittlungen schlüssig sind und zu jemand ganz anderem führen als geplant, was hält einen davon ab flexibel den Mörder zu wechseln?
Kurz und ganz schätze ich das eine Story mit "Wegpunkten" besser wird als eine die gar nicht geplant wurde. Aber das zwischen den Wegpunkten lässt sich gut mit "Play to find out" herausfinden.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Maarzan am 29.09.2020 | 16:31
was hält einen davon ab flexibel den Mörder zu wechseln?

Die erhöhte Wahrscheinlichkeit gegenüber einem hoffentlich gut vorher durchdachten und geprüften Szenario dabei etwas übersehen zu haben und dann festzustellen, dass der Postbote statt dem Dienstboten nie zu dem Zeitpunkt da hätte hinkommen müssen. Und dann beginnt gewöhnlich das grobe Flicken, welches dann anderswo noch größere Löcher reißt.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Luxferre am 29.09.2020 | 17:09
Inwiefern kontert "play to find out" eine grobe Rahmenhandlung in einem Setting?
Inwiefern kontert "play to find out" einen Subplot, den der SL mit einfließen lässt?

Ich sehe da keine großen gegenseitigen Ausschlusskriterien, ob ich als SL da top-down oder bottom-up an ein Abenteuer-/Kampagnenspiel herangehe.
Einmal wickelt sich der Subplot, bzw das Setting um PTFO, ergo PTFO steht im Vordergrund und der Rest passiert dann zweitrangig.
Und einmal wickelt sich PTFO um den Subplot, bzw das Setting, womit beides gleichberechtigt nebeneinander passiert, maximal ein leichter Fokus auf einen vorgefertigten Subplot/Setting liegt. Was auch bei uns bisher meist die klassische Herangehensweise war/ist. Denn die Geschichten der Spielercharaktere formt sich immer auch im klassischen Spiel, nur in einem anderen Korsett.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 29.09.2020 | 17:35
In den über 35 Jahren meiner RPG-Begeisterung bin ich von Old-School Systemen zu TradGames gekommen und dort hängen geblieben. Erst vor einem Jahr bin ich dann , vorbereiteten Geschichte oftmals spannende Erzählbögen oder überraschende Wendungen fehlen und dass es seltener coole WTF-Momente gibt. Eine gut orchestrierte Dramaturgie
mein WTF Erlebnisse in dieser Zubereitungart waren eher die   :puke: :3~ und ist dich eh egal was man macht

Improvisation wird von einer guten Basis und Vorplanung normalerweise sehr stark profitieren, aber es ist nicht die der Storytelling Dramaturgie.
Gute NSCs mit Werten(ich meine nicht Stats sondern deren Moral, Charakter, etc),  Vorgehensweisen(nicht kämpft unehrenhaft heimtückisch sondern wie, z.b. nicht nur der weiße  Dolch ist vergiftet sondern auch der schwarze.  Die Farbe  Weiß steht für Gift) und Motivationen

Ich hatte eigentlich nie ein Problem mit Trivia Small talk in dem Stil in dem anderen waren das ein ziemlich großer Spielanteil aka kiesowsche Tavernhohlschwafeleien,

Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: KhornedBeef am 29.09.2020 | 19:13
Ich kann nicht verstehen, dass hier Leute von "tiefgründig und vorbereitet" irgendwie auf "Kaufabenteuer" schließen :o
Wenn ich diese Attribute im Spiel forcieren will, dann bereite ich zu wenigstens 50% etwas ganz eigenes vor
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: 6 am 29.09.2020 | 20:06
Die "Play to find out-Schiene (egal welcher Geschmachsrichtung) nennt sich bei Computerspielen "emergent narrative". Wer Spiele wie Papers Please oder Dwarf Fortress kennt und schätzt, weiss dass da sehr tiefgründige Geschichten entstehen. Das bedeutet natürlich nicht, dass da vollkommen ohne Vorbereitung vorgegangen wird. Normalerweise übernimmt dabei das zu Grunde liegende Regelwerk einen großen Teil der Vorbereitung. Deswegen besteht "Blades in the Dark" auch aus einem so verdammt großen Regelwerk.
Die Techniken für nicht interaktive Geschichten sind ehrlich gesagt nur bedingt für Spiele jedweder Art verwendbar. Das Potential, dass die Spieler Dir beabsichtigt oder unbeabsichtigt die Dramaturgie zerschiessen, ist sonst sehr hoch.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: tartex am 30.09.2020 | 10:07
Ich kann nicht verstehen, dass hier Leute von "tiefgründig und vorbereitet" irgendwie auf "Kaufabenteuer" schließen :o

Was wäre denn ein konkretes Beispiel für ein tiefgründiges Abenteuer? Also aus der Spielpraxis, nicht aus einem Kaufabenteuer - aber meinetwegen auch daraus.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Jiba am 30.09.2020 | 10:12
Ja, was ist denn überhaupt „tiefgründig“? Fangen wir doch so an.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 30.09.2020 | 10:18
Ich kann nicht verstehen, dass hier Leute von "tiefgründig und vorbereitet" irgendwie auf "Kaufabenteuer" schließen :o
Auf der anderen Seite habe ich festgestellt, dass im Gegensatz zu einer tiefgründigen, vorbereiteten Geschichte oftmals spannende Erzählbögen oder überraschende Wendungen fehlen und dass es seltener coole WTF-Momente gibt. Eine gut orchestrierte Dramaturgie kann meines Erachtens nicht spontan und durch Improvisation entstehen. Auch die meisten Drehbuchschreiber und Romanautoren grübeln sicherlich lange über ihre Geschichte und den darin enthaltenen Verwicklungen und Wendungen nach, statt auf ein „write to find out“ zu setzen.
Ich

@Jiba

Die Werte und Überzeugungen eines Charakters werden hart getestet und ändern sich vielleicht
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: First Orko am 30.09.2020 | 10:23
Na ein paar Stichpunkte sind ja im Eröffnungsthread schon genannt:

* tiefgründigen vorbereiteten Geschichte
* spannende Erzählbögen
* überraschende Wendungen
* coole WTF-Momente gibt.
* orchestrierte Dramaturgie

Das ist also die Erwartungshaltung bzw. Wunschliste.
Und die These: Das geht nur mit Vorbereitung.
Und die Frage: Und wie schaffe ich das mit "Play to find out"?

---
Als erstes muss ich da selbst etwas zurückrudern, KhornedBeef hat nämlich völlig recht: Von Fertigabenteuern war nie die Rede, das habe ich nur reingedeutet (siehe Lichtschwertänzers Beitrag)

Okay. Trotzdem bleiben meine Positiverfahrungen mit improvisierter, tiefgründiger Geschichte mit überraschenden Wendung - das habe ich so am Tisch erlebt und z.T. interessanter umgesetzt als detailiert vorbereitete Plots.
Allerdings lebt auch eine gute Improvisation genauso von Vorbereitung! Nur die Vorbereitung ist zum Teil anderer Natur:

- das Setting kennen, bzw den Teil, in dem gespielt wird
- wahlweise oder ergänzend: Das Genre kennen oder erkennen, welches Genre die Welt abbildet
- Listen (Namen, Orte, Ereignisse) um stockender Kreativität im Spiel entgegenzuwirken. Wenn man genug Beispiele im Kopf hat (ein Repertoire) geht das auch irgendwann ohne, dann aber mit der Gefahr, sich zu wiederholen oder irgendwann nur selbst zu zitieren!
- die Spieler über ihre Charaktere, deren Motivation und Hintergründe abholen und die "Flags" nutzen, die sie der SL zur Verfügung stellen
- Geheimnisse einbringen und irgendwann auflösen
- improvisierte Elemente ins Spiel bringen und notieren/merken, um diese an geeigneter Stelle wieder aufzugreifen bzw. zu vertiefen (=>Kohärenz)

Überraschungen, Wendungen usw. entstehen bei PbtA-Spielen durch die Würfelergebnisse - sogar sehr viel expliziter als in vielen anderen Spielen, die in der Ergebnisauswahl oft binär sind (gelingt/gelingt nicht).
Die Aufgabe der SL ist es, aus den Ergebnisse nicht ständig neue Ereignisse zu kreieren, sondern auf Vorhandem aufbauen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Jiba am 30.09.2020 | 10:33
Die Werte und Überzeugungen eines Charakters werden hart getestet und ändern sich vielleicht

Wenn das unsere Maßgabe ist: Unsere vollkommen improvisierte Runde "Girl Underground" auf dem Tanelorn-Treffen im Februar hat das erreicht. Danke an meine tollen Mitspieler an dieser Stelle!
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: GornOfDagon am 30.09.2020 | 10:43
Na ein paar Stichpunkte sind ja im Eröffnungsthread schon genannt:

* tiefgründigen vorbereiteten Geschichte
* spannende Erzählbögen
* überraschende Wendungen
* coole WTF-Momente gibt.
* orchestrierte Dramaturgie

Das ist also die Erwartungshaltung bzw. Wunschliste.
Und die These: Das geht nur mit Vorbereitung.

Danke, exakt so war es von mir gemeint. Nehmen wir doch mal als Beispiel aus Game of Thrones die
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, eine für die meisten Leser überraschende Wendung, ein großer WTF-Moment und der Auslöser für viele weitere Handlungsfäden. Eine solche Szene muss im Vorfeld sehr sauber geplant werden. Hier müssen Hintergründe der einzelnen Protagonisten, politische Intrigen und der Meta-Plot beachtet werden. Der Spannungsbogen ist perfekt aufgebaut. Meinen höchsten Respekt vor demjenigen, der so eine Szene improvisieren kann, weil zufällig die Würfel dahin gerollt sind.

Zusammengefasst aus meiner Erfahrung: Tiefgehende emotionale Szenen entstehen zumeist durch die Charaktere und die Immersion der Spieler. Überraschende und fesselnde Szenen entstehen zumeist aus der gut ausgedachten Geschichte. "Überraschend" in dem Zusammenhang heißt aber nicht "dem Zufall überlassen", sondern aufgrund der für die Spieler nicht vorhersehbaren Handlung.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 30.09.2020 | 10:55
Und jetzt haben die SCs (Stark) Vorbereitungen für sowas getroffen z.B. Geiseln, setzen Lord Walder die Klinge an den Hals, klären den Verrat vorher auf   oder verraten(Frey) den Plan, sowas ist seit der Nibelungen Not nicht gerade neu.

Nein so eine Bartholomäusnacht würde ich vorplanen, aber ich würde mich nicht in eine Käfig von Szene setzen und es wäre  nicht DEM geskriptet
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: KyoshiroKami am 30.09.2020 | 10:59
Und jetzt haben die SCs (Stark) Vorbereitungen für sowas getroffen z.B. Geiseln, setzen Lord Walder die Klinge an den Hals, klären den Verrat vorher auf   oder verraten(Frey) den Plan, sowas ist seit der Nibelungen Not nicht gerade neu.

Nein so eine Bartholomäusnacht würde ich vorplanen, aber ich würde mich nicht in eine Käfig von Szene setzen und es wäre  nicht DEM geskriptet

Stimme ich voll und ganz zu. Das ist ja wie eine Zwischensequenz in einem Videospiel und so wie ich diverse Spielleiter einschätze, würde das genau so laufen. Die Spieler könnten nichts weiter beeinflussen. Bei einem PbtA würde man dann einfach schauen, wie die Szene sich generell entwickelt und was die Spieler damit machen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: First Orko am 30.09.2020 | 10:59
Zusammengefasst aus meiner Erfahrung: Tiefgehende emotionale Szenen entstehen zumeist durch die Charaktere und die Immersion der Spieler.

Das greift m.E. zu kurz. [für Spieler*in] emotionale Szenen entstehen wenn das, was dem SC passiert der Spieler*in nahegeht. Das kann nur dann funktionieren, wenn die SL die Werte des Spielers, welche dieser durch die SC widerspiegelt, angreift. Das kann man Immersion nennen, aber wie viele Andere hier finde ich den Begriff zu nebulös, um damit konrekt diskutieren zu können.

Worauf ich hinaus will: Das gezielte Hervorrufen von Emotionen beim Spieler ist eine Manipulation der Spieler*in (die seitens der SL SEHR verantwortungsvoll und in offenem, gegenseitigen Einvernehmen eingesetzt werden sollte!) - und als solches ein Softskill der SL, der neben dem steht, was im Spiel passiert.
Es ist sogar fast völlig egal, was im Spiel passiert: Wenn ich weiß, worauf die Leute am Tisch emotional abgehen, kann ich beinahe _alles_ im Spiel als Vehikel nutzen.

@Game of Thrones
Es spricht nichts dagegen, eine beliebige starke Szene aus der Serie an den Anfang einer Sitzung zu setzen (mitsamt den Hintergründen) - und dann weiterspielen, um herauszufinden, was passiert  ;)
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Crimson King am 30.09.2020 | 11:03
Es hilft meines Erachtens und es ist bei PbtA auch nicht verboten, solche Pläne in petto zu haben,. Es hilft nicht, solche Pläne durchzudrücken, wenn die Spieler nicht so agieren, dass der Handlungsverlauf wie geplant erfolgen kann. Improvisation findet üblicherweise über einem Grundaufbau statt, den die SL auch beherrscht.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Jiba am 30.09.2020 | 11:09
Es hilft meines Erachtens und es ist bei PbtA auch nicht verboten, solche Pläne in petto zu haben,. Es hilft nicht, solche Pläne durchzudrücken, wenn die Spieler nicht so agieren, dass der Handlungsverlauf wie geplant erfolgen kann. Improvisation findet üblicherweise über einem Grundaufbau statt, den die SL auch beherrscht.

Besser kann man's gar nicht sagen.  :d
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: tartex am 30.09.2020 | 12:09
Danke, exakt so war es von mir gemeint. Nehmen wir doch mal als Beispiel aus Game of Thrones die
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
, eine für die meisten Leser überraschende Wendung, ein großer WTF-Moment und der Auslöser für viele weitere Handlungsfäden. Eine solche Szene muss im Vorfeld sehr sauber geplant werden. Hier müssen Hintergründe der einzelnen Protagonisten, politische Intrigen und der Meta-Plot beachtet werden. Der Spannungsbogen ist perfekt aufgebaut. Meinen höchsten Respekt vor demjenigen, der so eine Szene improvisieren kann, weil zufällig die Würfel dahin gerollt sind.

Lustigerweise sehe ich dieses Ereignis immer schon als die literarische Umsetzung eines Beinahe-TPKs. Das schöne daran ist ja das Zusammenhauen der bisherigen Handlungsfäden. Es ist eine krasse Disruption der Dramastruktur. Dass danach aus den Scherben was tolles gebaut wird, steht dann wieder auf einem anderen Blatt. Dass man sich danach ziemlich sicher ist, sich nicht auf die gewöhnten Strukturen verlassen zu können, allerdings schon noch auf demselben.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: tanolov am 1.10.2020 | 10:08
Play to find out (Wie ich es für diesen Beitrag verstehe): Entscheidende Aspekte der allgemeinen Spielwelt oder der konkreten Situation sind nicht fest gelegt, sondern werden erst während des Spiels von Spielern und SL gemeinsam entwickelt: Wer ist der Bösewicht oder Mörder? Wie stehen zwei wichtige NSCs zu einander? Spielt ein Auftraggeber fair, oder will er die SCs benutzen und verraten? Was soll eigentlich das "Abenteuer" sein? Das weiß anfangs nicht mal die SL.

hier will ich gleich gegensteuern: "play to find" out in Apocalypse World (wo es ja herkommt) heißt nicht das man alles ad hoc improvisiert oder jedes weltdetail inkl. beziehungsgeflechten auf würfelwürfen beruht. tatsächlich soll man in dem spiel ja sogar ex ante festlegen was passiert und wie sich die welt verändert. man soll das aber eben nur für den fall machen, das die spieler nicht in das geschehen eingreifen. auf dieser grundlange wird dann gespielt.
play to find out heißt lediglich, das es ex ante keinen plot gibt der die spielercharaktere beinhaltet. man spielt um herauszufinden was passiert. die art der vorbereitung und die erwartungshaltung des spielleiters ist unterschiedlich.

die unterschiede kurz im beispiel:

Grundlage:
Post-Apokylpase; Stadt mit Gewächshaus (Flavourtown); Gang in den Badlands (Hell-Rider); Hell-Rider wollen das Gewächshaus übernehmen

Erwartungshaltung / Vorbereitung

Standardansatz:
- Charaktere starten in Flavourtown
- Charaktere bekommen einen Incentive das Gewächshaus vor den Hell-Ridern zu beschützen
- Hell-Rider greifen das Gewächshaus an, Charaktere Verteidigen das Gewächshaus
- Charaktere bekommen einen Incentive den Anführer der Hell-Rider auszuschalten
- Charaktere töten den Anführer der Hell-Rider in seiner Festung


Play-To-Find-Out Ansatz:
- Hell-Rider geben eine Warnung ab, dass das Gewächshaus ab jetzt ihnen gehört
- Hell-Rider übernehmen das Gewächshaus
- Unruhen in Flavourtown aufgrund drohendem Nahrungsengpass


Bei Play to Find out lasse ich offen was die Charaktere machen werden. Genau das ist es was ich "herausfinde". Wenn die Charaktere Flavourtown verteidigen wollen ist das ok, wenn sie den Hell-Ridern beitreten wollen passt das auch und wenn sie nichts von beidem machen, dann gibts eben mehr Drama in Flavourtown. Erfolg/Misserfolg der jeweiligen Aktionen gibt dem ganzen dann noch mehr Variabilität.




Um dem TE noch zu antworten:
"tiefgründige Story" (wie genau man das auch definieren möchte) schließt sich damit nicht aus. Ich persönlich stehe sowieso immer auf Kriegsfuß mit der Idee das man bei einer 0815 Rollenspielsession eine objektiv hochwerte Story rausbekommen könnte. (objektiv hier als von Fachkundigen dritten bewertet). Ich benutze da immer gerne die Kochallegorie:

a) Wenn ich gutes essen will, dann komme ich nicht drum herum in ein gutes Restaurant zu gehen und das essen von Profis zubereiten zu lassen.
b) Wenn ich in einem familiären, informellen Kreis essen will, dann kann ich mich mit Freunden bei wem Zuhause treffen und einer Kocht.
c) Alternativ koche ich auch zusammen mit Freunden etwas gemeinsam.

bei a) habe ich mit weitem Abstand das beste Essen. Es ist aber auch am teuersten und hat ein fundamental anderes Flair als Option b) und c). Im Rollenspiel wäre das äquivalent ein Kaufabenteuer und man muss sich sogar fragen ob Rollenspiel überhaupt noch das richtige Medium ist und ein Film oder Buch nicht passender wäre.

bei b) wird das Essen objektiv gesehen nicht besonders sein (objektiv hier als von Fachkundigen dritten bewertet). Wahrscheinlich bin ich aber auch nicht wegen des Essens da, sondern wegen der Gesellschaft. Im Rollenspiel ist das Äquivalent der Spielleiter der mit einer Vorbereiteten Story an den Tisch kommt.

bei c) wird mein Essen objektiv gesehen das schlechteste sein, aber da wir es zusammen gemacht haben finden wir es subjektiv trotzdem toll. Dies deswegen da wir alles was wir selber machen nicht Objektiv bewerten. Im Rollenspiel ist das der gemeinschaftliche Ansatz bei dem die Story zusammen am Tisch erzählt wird. Da die einzigen Rezipienten der Story die Spieler sind, interessiert es auch niemanden das die Story objektiv ziemlich meh ist.
Daher ist das mein klarer Favorit.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Xemides am 1.10.2020 | 10:24
- das Setting kennen, bzw den Teil, in dem gespielt wird
- wahlweise oder ergänzend: Das Genre kennen oder erkennen, welches Genre die Welt abbildet
- Listen (Namen, Orte, Ereignisse) um stockender Kreativität im Spiel entgegenzuwirken. Wenn man genug Beispiele im Kopf hat (ein Repertoire) geht das auch irgendwann ohne, dann aber mit der Gefahr, sich zu wiederholen oder irgendwann nur selbst zu zitieren!
- die Spieler über ihre Charaktere, deren Motivation und Hintergründe abholen und die "Flags" nutzen, die sie der SL zur Verfügung stellen
- Geheimnisse einbringen und irgendwann auflösen
- improvisierte Elemente ins Spiel bringen und notieren/merken, um diese an geeigneter Stelle wieder aufzugreifen bzw. zu vertiefen (=>Kohärenz)

So gehe ich auch bei vorbereiteten Abenteuern vor ;-).

Nur das ich lieber fertige Settings benutze.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: GornOfDagon am 1.10.2020 | 11:08
Ich persönlich stehe sowieso immer auf Kriegsfuß mit der Idee das man bei einer 0815 Rollenspielsession eine objektiv hochwerte Story rausbekommen könnte.

Wenn ich einen 08/15 Film sehe, schalte ich ab, da ich meine kostbare Freizeit damit nicht vergeuden möchte. Dasselbe gilt für RPG, da möchte ich kein 08/15. Das muss jedesmal rocken. Ansonsten ist es einfach ein lockeres Sit-In mit Freunden (wie Small Talk) und das ist nicht meins. Ich weiß, dass ich mich damit häufig unter Druck setze und auch oft enttäuscht/frustriert vom Tisch aufstehe. Aber dennoch: Ein Spiel ist nur dann gut, wenn es ernsthaft gespielt wird.

Mir gefällt auf jeden Fall deine Interpretation vom "Play to find out" und das Beispiel...
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Ninkasi am 1.10.2020 | 11:13

Standardansatz:
- Charaktere starten in Flavourtown
- Charaktere bekommen einen Incentive das Gewächshaus vor den Hell-Ridern zu beschützen
- Hell-Rider greifen das Gewächshaus an, Charaktere Verteidigen das Gewächshaus
- Charaktere bekommen einen Incentive den Anführer der Hell-Rider auszuschalten
- Charaktere töten den Anführer der Hell-Rider in seiner Festung


Play-To-Find-Out Ansatz:
- Hell-Rider geben eine Warnung ab, dass das Gewächshaus ab jetzt ihnen gehört
- Hell-Rider übernehmen das Gewächshaus
- Unruhen in Flavourtown aufgrund drohendem Nahrungsengpass


Bei Play to Find out lasse ich offen was die Charaktere machen werden. Genau das ist es was ich "herausfinde". Wenn die Charaktere Flavourtown verteidigen wollen ist das ok, wenn sie den Hell-Ridern beitreten wollen passt das auch und wenn sie nichts von beidem machen, dann gibts eben mehr Drama in Flavourtown. Erfolg/Misserfolg der jeweiligen Aktionen gibt dem ganzen dann noch mehr Variabilität.

Passende Erklärung. Bei dem Play-to-find-out-Ansatz lässt es sich halt auch besser ergebnisoffen Leiten. wo dann die angesprochene Variabilität ins Spiel kommt.

@ (rote) Hochzeitbeispiel:
Ich kann mir zwei Wege im Play-to-find-out-Ansatz vorstellen:

Ich bereite einen Hochzeitsplot vor. Ein Freund der Gruppe heiratet und ein Feind plant auf der Hochzeit ein Attentat.
Und dann schauen was passiert, wie die Spieler handeln und wie die Würfel fallen.

oder improvisiert, eventuell über vorhandene Zufallstabellen:

würfel: Also ihr erhaltet eine Einladung von einem Freund.
würfel: Es ist eine Hochzeitseinladung.

dann weiß ich vielleicht aus meinen Vorbereitungen oder Spielerfahrung, dass der Freund Mafiabeziehungen pflegt oder improvisiere / erwürfel diese Beziehung und alles nimmt seinen Lauf.

Beides kann befriedigende Geschichten an den Tag bringen, immer stark von der Tagesform der SL und Spieler abhängig.
Und in der Praxis mische ich da auch etwas.
Überraschende Wendungen gibt´s genügend. Das liebe ich mittlerweile als Spielleitung, ich möchte nicht im Vorfeld wissen, wie die Geschichte verläuft.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: bobibob bobsen am 1.10.2020 | 11:32
Zitat
Ein Spiel ist nur dann gut, wenn es ernsthaft gespielt wird.

Was meinst du denn damit.

Das ernsthafte Themen bespielt werden?
Das sich alle Mitspieler ernsthaft (intensiv) mit dem Spiel beschäftigen (Regeln, Welt, etc)?
Das alle Mitspieler konzentriert bei der Sache sind?

Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Isegrim am 1.10.2020 | 11:47
@ tanolov:

Ich wollte damit definieren, auf welche Fragestellung sich meine dann folgende Aussage bezog, und wie ich den Thread opener verstanden habe. Debatten über Begriffsdefinitionen find ich ermüdend, daher bezieh dich bitte auf meine eigentliche Aussage.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: GornOfDagon am 1.10.2020 | 11:50
Das sich alle Mitspieler ernsthaft (intensiv) mit dem Spiel beschäftigen (Regeln, Welt, etc)?
Das alle Mitspieler konzentriert bei der Sache sind?

Geht jetzt ein bisschen am Thema vorbei, aber kurz zur Antwort: jepp, beides trifft es schon ganz gut, gemeint ist:
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: tanolov am 1.10.2020 | 12:13
Geht jetzt ein bisschen am Thema vorbei, aber kurz zur Antwort: jepp, beides trifft es schon ganz gut, gemeint ist:
  • wenn alles ins Lächerliche gezogen wird, z.B. durch Slapstick & Loonies
  • wenn die nötige Ernsthaftigkeit fehlt: "Egal, ist doch nur ein Spiel"
  • wenn zuviel Ablenkung vorherrscht, z.B. durch Smartphones oder Regelbuchgeblättere

das hat jetzt aber alles nichts mit play to find out zu tun.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: First Orko am 1.10.2020 | 12:21
So gehe ich auch bei vorbereiteten Abenteuern vor ;-).

.... Tadaaa!!!  :cheer:
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lord Verminaard am 1.10.2020 | 19:19
Man kann übrigens auch als Gruppe eine Spielrunde intensiv vorbereiten, machen wir bei den Drama-Runden auf dem Tanelorn-Treffen regelmäßig. D.h. die Annahme, die bei vielen hier so mitschwingt, dass intensives Vorbereiten und "Orchestrieren" gleichbedeutend sei mit Spieler-Entmachtung und SL-Diktatur, ist überhaupt gar nicht zwingend. Ebenso wenig ist es in Entweder-Oder, sondern es ist ein Kontinuum zwischen Improvisation und Vorbereitung. Die Vorstellung einer Spielrunde, in der alles "genau wie geplant" passiert, ist doch lebensfremd, in jeder (vernünftigen, jedenfalls) Spielrunde wird zu einem gewissen Grad improvisiert. Blades in the Dark & Co. sind halt relativ improvisationslastig und auch meiner Erfahrung nach relativ beliebig. Ich kann daher sehr gut nachvollziehen, dass die Plots, die dabei rauskommen, als wenig tiefgründig und wenig interessant empfunden werden. Für mich war das Ergebnis bei guter Vorbereitung in fast allen Fällen besser: Glaubwürdigere und besser durchdachte Charaktere und Settings, mitreißendere Dramaturgie, darauf aufbauend auch bessere Dialoge, bessere Konflikte, bessere in-game dynamisch ausgespielte Szenen, und auch originellere Inhalte. Wohingegen ich es bei pbtA oft so empfinde, dass es eine halbgare Mischung aus platten Klischees und ständigen "überraschenden" Wendungen ist, die aber nicht sinnvoll vorbereitet und daher unglaubwürdig und bedeutungslos sind.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Maarzan am 1.10.2020 | 19:25
D.h. die Annahme, die bei vielen hier so mitschwingt, dass intensives Vorbereiten und "Orchestrieren" gleichbedeutend sei mit Spieler-Entmachtung und SL-Diktatur, ist überhaupt gar nicht zwingend.

Der Knackpunkt ist ja, WAS da vorbereitet wurde und die damit einhergehend oft verbreitete SL-Einstellung: jetzt habe ich mir so viel Mühe gegeben (letztlich als AUTOR, nicht als SPIEL-Leiter), dass müsst ihr jetzt als Spieler auch anerkennen - und gefälligst auf Linie parieren.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lord Verminaard am 1.10.2020 | 19:35
Der Knackpunkt ist ja, WAS da vorbereitet wurde und die damit einhergehend oft verbreitete SL-Einstellung: jetzt habe ich mir so viel Mühe gegeben (letztlich als AUTOR, nicht als SPIEL-Leiter), dass müsst ihr jetzt als Spieler auch anerkennen - und gefälligst auf Linie parieren.

Was "oft verbreitet" ist, scheint mir kaum bestimmbar. Meiner generellen Erfahrung entspricht das jedenfalls nicht. Das Problem tritt ja nur auf, wenn die Spieler das, was der SL vorbereitet hat, eher doof finden. Wenn aber die Spieler das, was der SL ihnen präsentiert, eher doof finden, ist das für keine Art von Rollenspiel eine gute Voraussetzung. Wenn hingegen die Spieler das, was der SL ihnen präsentiert, richtig geil finden, dann ist es ein Nicht-Problem.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Maarzan am 1.10.2020 | 19:38
Was "oft verbreitet" ist, scheint mir kaum bestimmbar. Meiner generellen Erfahrung entspricht das jedenfalls nicht. Das Problem tritt ja nur auf, wenn die Spieler das, was der SL vorbereitet hat, eher doof finden. Wenn aber die Spieler das, was der SL ihnen präsentiert, eher doof finden, ist das für keine Art von Rollenspiel eine gute Voraussetzung. Wenn hingegen die Spieler das, was der SL ihnen präsentiert, richtig geil finden, dann ist es ein Nicht-Problem.

Wenn der Spielleiter das nicht schon alles fest nach seinem Ideal vorbestimmt hat, dann haben die Spieler auch noch viel mehr die Möglichkeit das Spiel in ihrem Sinne zu entwickeln, statt das Vorgekaute schlucken zu müssen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: KhornedBeef am 1.10.2020 | 20:26
Der Knackpunkt ist ja, WAS da vorbereitet wurde und die damit einhergehend oft verbreitete SL-Einstellung: jetzt habe ich mir so viel Mühe gegeben (letztlich als AUTOR, nicht als SPIEL-Leiter), dass müsst ihr jetzt als Spieler auch anerkennen - und gefälligst auf Linie parieren.
Was natürlich ein psychologischer Druck ist, den pbtA durch "Play to Find Out" und andere Teile von Agenda und Prinzipien  rausnehmen möchte :)
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lord Verminaard am 1.10.2020 | 20:53
Solche Vokabeln wie "schlucken müssen" lassen mich immer einigermaßen verrätselt zurück, was müssen das bloß für kack Runden gewesen sein, die ein solches Bild erzeugen? Ich kenne das echt ganz, ganz anders!
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Isegrim am 1.10.2020 | 21:51
Was natürlich ein psychologischer Druck ist, den pbtA durch "Play to Find Out" und andere Teile von Agenda und Prinzipien  rausnehmen möchte :)

Ich mag als Spieler den Druck nicht, der entsteht, wenn ich für mehr als die Aktionen meines Charakters verantwortlich bin. Da geh ich lieber das Risiko ein, das damit einhergeht, der SL diese Verantwortung zuzuschanzen, denn bisher bin ich dem SL-Kim Jong Un noch nicht begegnet. ;)

Solche Vokabeln wie "schlucken müssen" lassen mich immer einigermaßen verrätselt zurück, was müssen das bloß für kack Runden gewesen sein, die ein solches Bild erzeugen? Ich kenne das echt ganz, ganz anders!

Geht mir ähnlich, aber jedem seine Traumatisierung, muss man mit umgehen...
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 2.10.2020 | 19:21
Standardansatz:
- Charaktere starten in Flavourtown
- Charaktere bekommen einen Incentive das Gewächshaus vor den Hell-Ridern zu beschützen
- Hell-Rider greifen das Gewächshaus an, Charaktere Verteidigen das Gewächshaus
- Charaktere bekommen einen Incentive den Anführer der Hell-Rider auszuschalten
- Charaktere töten den Anführer der Hell-Rider in seiner Festung


Play-To-Find-Out Ansatz:
- Hell-Rider geben eine Warnung ab, dass das Gewächshaus ab jetzt ihnen gehört
- Hell-Rider übernehmen das Gewächshaus
- Unruhen in Flavourtown aufgrund drohendem Nahrungsengpass
Bei ersterem hat die SL klar definierte Szenen, die sie vorbereiten kann (mit Plänen, Personen, usw).

Bei letzterem muss sie diese Szenen improvisieren.

Eine erfahrene SL kann solche Szenen improvisieren — oft hat sie ihr Handwerk mit vorgeplanten Szenen gelernt und braucht die Planung jetzt nicht mehr.

Wie lernt eine unerfahrene SL die Improvisation solcher Szenen — bzw. lernt überhaupt, wie sich geplante Szenen anfühlen?
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: 6 am 2.10.2020 | 19:37
Bei ersterem hat die SL klar definierte Szenen, die sie vorbereiten kann (mit Plänen, Personen, usw).
Aber sie weiss nicht, wie sie auf die unerwarteten Aktionen der Spieler reagieren muss (ausser alles abzublocken, damit die Szene abenteuergetreu ablaufen kann). Wie lernt eine unerfahrene SL darauf zu reagieren?
Und da sind wir dann bei der gleichen Fragestellung wie bei der SL im Play-To-Find-Out Ansatz.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 2.10.2020 | 19:50
Der Knackpunkt ist ja, WAS da vorbereitet wurde und die damit einhergehend oft verbreitete SL-Einstellung: jetzt habe ich mir so viel Mühe gegeben (letztlich als AUTOR, nicht als SPIEL-Leiter), dass müsst ihr jetzt als Spieler auch anerkennen - und gefälligst auf Linie parieren.
Das habe ich schon erlebt, aber selten. Ich weiß allerdings nicht, ob andere Wege der Planung das wirklich verbessern würden. Ich gehe eher davon aus, dass das durch allgemeine Inflexibilität und Unsicherheit kommt — zumindest bei den Runden, die ich erlebt habe.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 2.10.2020 | 19:53
Aber sie weiss nicht, wie sie auf die unerwarteten Aktionen der Spieler reagieren muss (ausser alles abzublocken, damit die Szene abenteuergetreu ablaufen kann). Wie lernt eine unerfahrene SL darauf zu reagieren?
Dass kein Plan den Kontakt mit der Runde überlebt steht doch in mindestens jedem zweiten SL-Leitfaden. Oder habe ich da eine nicht repräsentative Auswahl?

Von einer geplanten Szene abzuweichen sehe ich als viel einfacher an, als das Gefühl einer geplanten Szene in einer ungeplanten zu vermitteln.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 2.10.2020 | 19:55
Persönlich habe ich bei den vorbereiteten Geschichten eigentlich fast immer nur die Reproduktion von Klischees erlebt. Die für mich coolen Momente in traditionellen Systemen entstanden fast immer dadurch, dass die Würfel dem Spielleiter (oder auch Spielern) einen Strich durch die Rechnung machte.
War das ein Strich durch die Rechnung? Wirklich? Ganz sicher?  (durchtriebenes SL Grinsen)

Wäre das so toll gewesen, wenn du nicht davon ausgegangen wärst, dass es einen Plan gab, den du durchbrechen konntest?
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 2.10.2020 | 19:57
Und jetzt haben die SCs (Stark) Vorbereitungen für sowas getroffen z.B. Geiseln, setzen Lord Walder die Klinge an den Hals, klären den Verrat vorher auf   oder verraten(Frey) den Plan
Wie cool!

Das wäre ein Fall, bei dem ich als SL die Pläne der SCs als Grundlage für die Planung möglicher Abläufe nutzen würde.
Zitat
Nein so eine Bartholomäusnacht würde ich vorplanen, aber ich würde mich nicht in eine Käfig von Szene setzen und es wäre  nicht DEM geskriptet
Was heißt DEM?
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Kurna am 2.10.2020 | 20:22
Vielleicht meint er Deus Ex Machina?
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: 6 am 2.10.2020 | 20:24
Dass kein Plan den Kontakt mit der Runde überlebt steht doch in mindestens jedem zweiten SL-Leitfaden. Oder habe ich da eine nicht repräsentative Auswahl?
Ja klar. Genauso wie Dir Guides und Werkzeuge für Play-to-find-out in den entsprechenden Regelwerke zur Hand gegeben werden.
Und ehrlich gesagt. "Kein Plan überlebt den Kontakt mit der Runde" ist als Ratschlag doch ein klein wenig... äh. wenig. Ich hoffe doch, dass sich die Regelwerke und Abenteuer dann doch wesentlich mehr Mühe geben, die SL bei der Ausführung des Planes zu unterstützen. Du doch sicherlich auch, wenn es um unerfahrene SLs geht, oder?
Zitat
Von einer geplanten Szene abzuweichen sehe ich als viel einfacher an, als das Gefühl einer geplanten Szene in einer ungeplanten zu vermitteln.
Nein. Das sehe ich nicht so, weil die geplante Szene auf die Gruppe massgeschneidert werden muss. EDIT: Im Endeffekt musst Du bei der "geplanten" Szene der SL so viele Unwägbarkeiten erklären, dass Du ihr da auch "das Gefühl einer geplanten Szene in einer ungeplanten zu vermitteln" musst.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 2.10.2020 | 21:15
Vielleicht meint er Deus Ex Machina?
Das klingt plausibel — danke!
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 2.10.2020 | 21:27
Ja klar. Genauso wie Dir Guides und Werkzeuge für Play-to-find-out in den entsprechenden Regelwerke zur Hand gegeben werden.
Hast du Beispiele?
Zitat
Und ehrlich gesagt. "Kein Plan überlebt den Kontakt mit der Runde" ist als Ratschlag doch ein klein wenig... äh. wenig.
Das war nicht als Paraphrasierung der gesamten Unterstützung gemeint :-)

Ich versuche mich gerade an konkrete Punkte zu erinnern, aber irgendwie wird anderes von Robins Laws überlagert, und eigene SL-Leitfäden habe ich noch nicht geschrieben, so dass ich auch keine direkten Zitate im Kopf habe.

Ich bin gerade nicht mehr sicher, ob ich mit meiner Aussage wirklich Recht habe.

EDIT: Haben wir hier im :T: nicht eine Liste mit Reviews zu SL-Leitfäden?
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 3.10.2020 | 01:38
Die SL kann sehr wohl vor planen, auch die Pläne und Aktionen der NSC.

Was ich aber nicht tun werde ist, die Szenen voraus zu setzen und mich dadurch vorher in eine Ecke zu setzen.

DEM war gemeint.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: 6 am 3.10.2020 | 04:51
Hast du Beispiele?
Ja. Ältestes Beispiel: Zufallstabellen.
Wenn es Dir um ganze Regelwerke geht: Blades in the dark fand ich extrem informativ, was die ganzen Subsysteme angeht. Auf der anderen Seite des Spektrums habe ich da Traveller.
Zitat
Das war nicht als Paraphrasierung der gesamten Unterstützung gemeint :-)
Aktuell geht es um die Quantität der benötigten Unterstützung. In meiner Antwort ging es darum Dir klarzumachen, dass die benötigte Unterstützung nicht so trivial ist, wie Du es scheinbar denkst.
Wenn Du also sagst "Das ist doch nicht die komplette Unterstützung." Dann sage ich: "Genau das war mein Punkt!"
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: tanolov am 3.10.2020 | 06:21
Hast du Beispiele?

Apocalpyse World bringt dafür die GM Moves ins Spiel. Das ist eine Liste an Dingen die der GM mit seinen Szenenbeschreibungen Thematisieren soll.

AW GM Moves:
Zitat
• Separate them.
• Capture someone.
• Put someone in a spot.
• Trade harm for harm (as established).
• Announce off-screen badness.
• Announce future badness.
• Inflict harm (as established).
• Take away their stuff.
• Make them buy.
• Activate their stuff’s downside.
• Tell them the possible consequences and ask.
• Offer an opportunity, with or without a cost.
• Turn their move back on them.
• Make a threat move.
• After every move: “what do you do?”

Hiermit fällt die grüne Wiese weg und zusammen mit der Vorbereitung des GM, der Fiction und dieser Liste hat man gute Beschränkungen unter denen es sich besser Improvisieren lässt. Das Spiel sagt einem auch noch wann man als GM dran ist: Immer wenn die Spieler einen fragend anschauen.

Wenn ich mein Beispiel von oben nehme sieht man ganz gut wie mir meine Prep und so eine Liste hilft:

Ausgangslage: Hell-Rider haben eine Warnung ausgestoßen. Nächster Punkt gemäß meiner Vorbereitung: Hell-Rider übernehmen das Gewächshaus.

Wenn sich die Charaktere grade am Gewächshaus befinden, guck ich mir die Liste an und überlege mir was hier ganz gut passen würde. Ich kann mich dann z.b. für "Put someone in a spot" entscheiden und beschreibe wie einem Charakter Kugeln um die Ohren fliegen als die Hell-Rider angreifen.
Wenn die Charaktere grade in Flavourtown sind, entscheide ich mich wahrscheinlich eher für "Announce-off-screen badness" und beschreibe wie der Gärtner angerannt kommt und von dem Angriff berichtet.

Im Klein-Klein halte ich mich da ebenfalls an die Liste. Wenn es jetzt zum Kampf zwischen Charakteren und Hell-Ridern kommt sieht das in etwa so aus:
[In klammern mein Gedankengang bei der Entscheidung]

Spieler: Wie sieht das Gewächshaus genau aus? Was gibt es hier?
GM: [Offer an opportunity klingt hier gut, der Spieler will eine Optionen]: Es ist ein normales Gewächshaus mit Glaswänden. Innendrin sind diese Meterhohen dichten Pflanzen. Hier kann man leicht außer Sichtweite treten.
Spieler: Ok Super, ich duck mich weg und verschwinde zwischen den Pflanzen. Ich ziehe meine Pistole und bereite mich darauf vor die Hell-Ride one-by-one auzuschalten
GN: [tell them the possible consequences ist hier perfekt]: alles klar, als du deine Waffe ziehst, fallen dir die die ganzen Schläuche und sonstiges Zeug auf, das den Laden hier am laufen hält. Ein Feuergefächt könnte hier ernsthaften Schaden verursachen.
Spieler: Ah shit, das will ich natürlich nicht, das Gewächshaus muss funktionstüchtig bleiben. Als ich so ein Bewässerungsrohr sehe gucke ich meine Pistole an, stecke sie weg und ziehe mein Messer. Das wird jetzt Close and Personal!

Von da an spielen wir dann weiter und gucken was passiert. Szene für Szene, Aktion für Aktion.
Klar brauch das immer noch Übung bis man darin fit ist und das easy von der Hand geht, das braucht es aber auch bei einem strikteren Vorbereitungsansatz.
Das ist natürlich kein herausforderungsorientiertes Spiel, hat auch gar nicht den Anspruch eines zu sein. Die Diskussion ob Storyorientiert und herausforderungsorientiert sich nicht sowieso grundsätzlich beißt müsste da aber eh vorher noch geführt werden. (ja sie beißen sich, sogar ganz extrem).
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 3.10.2020 | 23:53
Apocalpyse World bringt dafür die GM Moves ins Spiel. Das ist eine Liste an Dingen die der GM mit seinen Szenenbeschreibungen Thematisieren soll.

Klar brauch das immer noch Übung bis man darin fit ist und das easy von der Hand geht, das braucht es aber auch bei einem strikteren Vorbereitungsansatz.
Das ist natürlich kein herausforderungsorientiertes Spiel, hat auch gar nicht den Anspruch eines zu sein. Die Diskussion ob Storyorientiert und herausforderungsorientiert sich nicht sowieso grundsätzlich beißt müsste da aber eh vorher noch geführt werden. (ja sie beißen sich, sogar ganz extrem).
Grundlegend gefällt mir das. Was mir allerdings fehlt ist das warum. Wenn ich leite habe ich normalerweise größere Strukturen im Kopf, in die sich die Handlung einbettet und die sie beeinflusst. Aus denen heraus entscheidet sich auch meistens, was plausible Ereignisse sind, mit denen die SCs klarkommen müssen.

Außerdem entscheidet sich aus ihnen heraus, ob die SCs gerade starke Veränderungen bewirkt haben, die sich in der Welt fortpflanzen.

Wenn ich selbst Spieler bin, liebe ich es, sowas zu bemerken. „Das ist passiert, weil wir dort waren!“
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: tanolov am 4.10.2020 | 11:52
Grundlegend gefällt mir das. Was mir allerdings fehlt ist das warum. Wenn ich leite habe ich normalerweise größere Strukturen im Kopf, in die sich die Handlung einbettet und die sie beeinflusst. Aus denen heraus entscheidet sich auch meistens, was plausible Ereignisse sind, mit denen die SCs klarkommen müssen.

Außerdem entscheidet sich aus ihnen heraus, ob die SCs gerade starke Veränderungen bewirkt haben, die sich in der Welt fortpflanzen.

Wenn ich selbst Spieler bin, liebe ich es, sowas zu bemerken. „Das ist passiert, weil wir dort waren!“

Das Warum ist doch eigentlich recht klar: Kodifizieren von Best Practices um ergebnisoffen zu leiten und auf den Input der Spieler angemessen zu reagieren. Was du beschreibst ist ja im Grunde das selbe Prinzip.

Play-to-find-out ist ja auch kein radikal neuer Ansatz der Rollenspiel auf den Kopf stellt. Gabs alles immer schon und eine nicht besonders kleine Anzahl an Spielleitern würde auch von sich behaupten, das sie sowieso immer Ergebnisoffen leiten.
Genau hier finde ich es aber wichtig, das es spiele gibt die dieses Play-to-find-out klarer definieren und Hilfestellungen dazu anbieten. Aus der Nahbereichsempirie (Cons / Vereinsrunden / Internetrunden) hab ich nämlich die Erfahrung gemacht, das zwar fast jeder Spielleiter in der Selbstwahrnehmung ergebnisoffen leitet, die Runden dann aber in 4 von 5 Fällen grotten schlecht sind und man so durch die Welt tappst, bis man zufällig auf das Abenteuer gestoßen ist.
Da wäre vielen Spielleitern einfach geholfen wenn sie ihren Spielstil mal wirklich abgrenzen (wie ja z.b. hier im Thread auch im Ansatz gemacht wird) und dann eben klar ansagen "In meinem Spiel heute geht es darum das ihr einem Uralten Übel ausgeliefert seid. In den ersten beiden Akten könnt ihr Herausfinden was hier los ist und im dritten gucken wir ob oder wie ihr das ganze beendet". Das finde ich zumindest besser als erstmal 2 Stunden gegen unsichtbare Wände zu laufen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 4.10.2020 | 13:30
Das Warum ist doch eigentlich recht klar: Kodifizieren von Best Practices um ergebnisoffen zu leiten und auf den Input der Spieler angemessen zu reagieren. Was du beschreibst ist ja im Grunde das selbe Prinzip.
Ah, sorry, das Warum war unklar. Ich meinte nicht, warum solche Prinzipien, sondern "warum passiert das"? Also die In-Play Erklärung.
Zitat
Da wäre vielen Spielleitern einfach geholfen wenn sie ihren Spielstil mal wirklich abgrenzen (wie ja z.b. hier im Thread auch im Ansatz gemacht wird) und dann eben klar ansagen "In meinem Spiel heute geht es darum das ihr einem Uralten Übel ausgeliefert seid. In den ersten beiden Akten könnt ihr Herausfinden was hier los ist und im dritten gucken wir ob oder wie ihr das ganze beendet". Das finde ich zumindest besser als erstmal 2 Stunden gegen unsichtbare Wände zu laufen.
Klingt gut — vielleicht auch wie etwas, das eigentlich gar nicht so viel Abgrenzung braucht (im Rahmen von "aber das machen wir nicht!"), sondern eher etwas ist, das Stück für Stück in den Werkzeugkasten der meisten SL übergehen kann; zusammen mit dem Entwurf von Geschichten u.ä..
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Bildpunkt am 4.10.2020 | 13:44
Also ich finde Play to find out“ versus tiefgründige Story ist gar kein Widerspruch.

Wenn man eine mitteldichte Beschreibung der Sandbox ohne konkret festgelegten Plot bzw ggf Andeutungen (siehe DW Almanache) hat, kann man dann daraus u aus des Handlungen der Spieler:innen mit dem gleichen Aufwand eine ggf sogar tiefgründigere da massgenscheinderte Story on the flow gemeinsam backen als bei einem vorher "starr" festgelegt-tiefgründigen Plot, wo man eh Improvisieren muss wenn man nicht arg den Plot erzwingen will.

Bei Oneshots ggf schwieriger aber bei mehreren Sitzungen ggf sogar einfacher die Story sich langsam entwicklen zu lassen/anzupassen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lord Verminaard am 4.10.2020 | 15:48
Ich finde es echt erstaunlich, wie wenig Leute anscheinend szenische Vorbereitung verstanden haben. Der Sinn von szenischer Vorbereitung ist nicht, einen starren Plot zu planen und dann selbigen zu erzwingen. Sondern der Sinn von szenischer Vorbereitung ist es, sich einen Plot zu überlegen, der tatsächlich funktioniert, der also glaubwürdig ist, bei dem die handelnden Figuren nachvollziehbare Motivationen haben, bei dem es aus den Konflikten keine Ausweg gibt, bei dem Überraschungen / Enthüllungen nicht aus dem Nichts kommen, sondern vorher geplantet werden, usw. usf. - und dann den Hintergrund des Abenteuers so zu tunen, dass er auch tatsächlich zum Plot passt. Und dann ergibt sich der Plot oder ein ähnlicher Plot ganz von selbst, ohne dass der SL ihn den Spielern aufzwingen muss, er ergibt sich aus dem Hintergrund, in dem er vorher schon angelegt war.

Jetzt könnt ihr natürlich wieder kommen und sagen, das geht doch bei improvisierten Plots genauso gut, da gibt es dann zwei Möglichkeiten, entweder ich bin echt scheiße im Improvisieren, oder ihr habt echt niedrige Standards. ;) Jedenfalls sind für mich improvisierte Plots nie so gut gewesen wie gut vorbereitete.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Vash the stampede am 4.10.2020 | 16:19
Ich bin Team Vermi. :D
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Jiba am 4.10.2020 | 16:28
Und ich würde da eben widersprechen... es gibt halt gerade Storygames, die bestimmte Muster so gut vorgeben, dass ein guter Plot bei rumkommt, obwohl alles improvisiert ist. Aber da muss man zugegebenermaßen einschränken: Improvisiert in einem engen Rahmen mit bereits durch die Spiele vorgegebenen Setzungen.

Also in der Absolutheit würde ich es nicht formuliert sehen wollen. Ich hatte schon daherimprovisierte Runden, in denen auch alle Plotpoints into place gefallen sind.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 4.10.2020 | 16:30
Ich finde es echt erstaunlich, wie wenig Leute anscheinend szenische Vorbereitung verstanden haben. Der Sinn von szenischer Vorbereitung ist nicht, einen starren Plot zu planen und dann selbigen zu erzwingen. Sondern der Sinn von szenischer Vorbereitung ist es, sich einen Plot zu überlegen, der tatsächlich funktioniert, der also glaubwürdig ist, bei dem die handelnden Figuren nachvollziehbare Motivationen haben, bei dem es aus den Konflikten keine Ausweg gibt, bei dem Überraschungen / Enthüllungen nicht aus dem Nichts kommen, sondern vorher geplantet werden, usw. usf. - und dann den Hintergrund des Abenteuers so zu tunen, dass er auch tatsächlich zum Plot passt. Und dann ergibt sich der Plot oder ein ähnlicher Plot ganz von selbst, ohne dass der SL ihn den Spielern aufzwingen muss, er ergibt sich aus dem Hintergrund, in dem er vorher schon angelegt war.

Das kapiere ich tatsächlich nicht ... erst kommt der Plot, und dann wird der Hintergrund getunt? Ich könnte mir darunter folgenden Prozess vorstellen:
Ich hab ne Idee ("Der Kapitän hat den ersten Maat ermordet, um das Geheimnis zu wahren, dass sein Schiff durch einen Dämon geschützt wird."), das ist der Hintergrund.
Jetzt entwickle ich Szenen ("Es gibt einen Mordanschlag auf das Schiffsmädchen, dass der Sache auch auf der Spur ist." "Die SC finden magische Hinweise auf den Dämon und begegnen ihm, können ihn aber ohne die richtige Magie nicht bannen/besiegen." "Die SC erfahren, dass sie sich in einem von einer Seeschlange bewohnten gebiet befinden, und nur der Dämon kann das Schiff schützen, sie dürfen ihn also gar nicht killen." "Ein fanatischer Priester an Bord will den Dämon um jeden Preis bannen und versucht, die SC dafür zu rekrutieren.").
Und dann passe ich den Hintergrund den Szenen an?

So richtig klar ist es mir nicht, denn ich merke schon hier, dass ich bei den Szenen eigentlich sofort wieder in die Ausgestaltung des Hintergrunds gerutscht bin und mit den Szenen enfach erst an einem sehr viel späteren Punkt weitermachen würde, wenn ich den Hintergrund als schon fertig getunt empfinde.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: tanolov am 4.10.2020 | 17:19
Ich finde es echt erstaunlich, wie wenig Leute anscheinend szenische Vorbereitung verstanden haben. Der Sinn von szenischer Vorbereitung ist nicht, einen starren Plot zu planen und dann selbigen zu erzwingen. Sondern der Sinn von szenischer Vorbereitung ist es, sich einen Plot zu überlegen, der tatsächlich funktioniert, der also glaubwürdig ist, bei dem die handelnden Figuren nachvollziehbare Motivationen haben, bei dem es aus den Konflikten keine Ausweg gibt, bei dem Überraschungen / Enthüllungen nicht aus dem Nichts kommen, sondern vorher geplantet werden, usw. usf. - und dann den Hintergrund des Abenteuers so zu tunen, dass er auch tatsächlich zum Plot passt. Und dann ergibt sich der Plot oder ein ähnlicher Plot ganz von selbst, ohne dass der SL ihn den Spielern aufzwingen muss, er ergibt sich aus dem Hintergrund, in dem er vorher schon angelegt war.

Jetzt könnt ihr natürlich wieder kommen und sagen, das geht doch bei improvisierten Plots genauso gut, da gibt es dann zwei Möglichkeiten, entweder ich bin echt scheiße im Improvisieren, oder ihr habt echt niedrige Standards. ;) Jedenfalls sind für mich improvisierte Plots nie so gut gewesen wie gut vorbereitete.

Skizziert doch mal wie die Szenische Vorbereitung bei dir aussieht an einem konkreten Beispiel.

Ich stelle mir da immer was in der Art vor:

Szene 1:Flavourtown
Ort: Marktplatz von Flavourtown
Charaktere präsent: Bürgermeister von Flavourtown. Bewohner von Flavourtown
Geschehen: Bürgermeister geht auf die Charaktere zu und bittet sie, sie vor den Hell-Ridern zu schützen die es auf das Gewächshaus abgesehen haben.

Szene 2: Angriff der Hell-Rider
Ort: Gewächshaus einige Meilen vor Flavourtown
Charaktere präsent: Gärtner von Flavourtown, Hell-Rider
Geschehen: Die Hell-Rider greifen mit 4 Geländewagen aus zwei Richtungen an. Ihr Ziel ist es, das Gewächshaus weitestgehend unbeschadet zu übernehmen, schrecken aber vor Schaden nicht zurück.

Szene 3. ...

Da fehlt jetzt natürlich noch jegliche Dynamik in den Szenen und sie sind auch noch nicht besonders ausgeschmückt, aber von der Grundidee stell ich mir so eine Szenische Vorbereitung vor. Ich bereite also einzelne Szenen vor und hier wird auch klar das alles ab Szene 2 einfach für die Tonne ist, wenn die Spieler nicht den Ausgang von Szene 1 wählen, der sie auf den Track zu Szene 2 bringt.

Natürlich hilft mir so eine Vorbereitung dann auch zu Improvisieren. Aber sie ist eben doch recht arbeitsintensiv für sehr wenig Mehrwert im Bezug auf Spielerfreiheit.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 4.10.2020 | 17:42
Skizziert doch mal wie die Szenische Vorbereitung bei dir aussieht an einem konkreten Beispiel.

Ich stelle mir da immer was in der Art vor:

Szene 1:Flavourtown
Ort: Marktplatz von Flavourtown
Charaktere präsent: Bürgermeister von Flavourtown. Bewohner von Flavourtown
Geschehen: Bürgermeister geht auf die Charaktere zu und bittet sie, sie vor den Hell-Ridern zu schützen die es auf das Gewächshaus abgesehen haben.
das ist noch plausibel aber


Zitat
Szene 2: Angriff der Hell-Rider
die SC sind Old School enough und ergreifen mit einem gepanzerten Fahrzeug die Offensive,  legen  einen Hinterhalt oder greifen die Hell Rider anders an


Die klassische geskriptete Szene geht davon aus, das die SCs nichts effizientes oder sogar was dummes (ich sehe euch an Tom Finn und Andre Winkler) tun entgegen ihrer Aufgabe
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Zarkov am 4.10.2020 | 17:51
Skizziert doch mal wie die Szenische Vorbereitung bei dir aussieht an einem konkreten Beispiel.

Ich war mal so frei und habe diesen etwas älteren Thread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,109670.0.html) herausgesucht.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: tanolov am 4.10.2020 | 17:54
Ich war mal so frei und habe diesen etwas älteren Thread (http://diesen etwas älteren Thread) herausgesucht.

der Link geht leider nicht
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Zarkov am 4.10.2020 | 18:01
der Link geht leider nicht

Ha. Weil ich zu blöd war, die URL richtig einzubinden. Jetzt sollte es gehen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Maarzan am 4.10.2020 | 18:09
Ich finde es echt erstaunlich, wie wenig Leute anscheinend szenische Vorbereitung verstanden haben. Der Sinn von szenischer Vorbereitung ist nicht, einen starren Plot zu planen und dann selbigen zu erzwingen. Sondern der Sinn von szenischer Vorbereitung ist es, sich einen Plot zu überlegen, der tatsächlich funktioniert, der also glaubwürdig ist, bei dem die handelnden Figuren nachvollziehbare Motivationen haben, bei dem es aus den Konflikten keine Ausweg gibt, bei dem Überraschungen / Enthüllungen nicht aus dem Nichts kommen, sondern vorher geplantet werden, usw. usf. - und dann den Hintergrund des Abenteuers so zu tunen, dass er auch tatsächlich zum Plot passt. Und dann ergibt sich der Plot oder ein ähnlicher Plot ganz von selbst, ohne dass der SL ihn den Spielern aufzwingen muss, er ergibt sich aus dem Hintergrund, in dem er vorher schon angelegt war.

Jetzt könnt ihr natürlich wieder kommen und sagen, das geht doch bei improvisierten Plots genauso gut, da gibt es dann zwei Möglichkeiten, entweder ich bin echt scheiße im Improvisieren, oder ihr habt echt niedrige Standards. ;) Jedenfalls sind für mich improvisierte Plots nie so gut gewesen wie gut vorbereitete.

Wie du sagst einen "Schlachtplan" zu haben ist erst einmal nicht falsch. Aber mensch trenn sich oft sehr ungern von solchen Vorarbeiten, in denen ja auch entsprechend - dann aus dieser Perspektive vergeblich investiertes - künstlerisches Herzblut steckt.
Und dann wird die Sicht darauf, was denn nun glaubwürdig, nachvollziehbar und wegen keinem Ausweg dann "alternativlos" ist doch etwas, sagen wir eigen.
Die Schienen aus dramatischen Gründen bereits nach Kräften vorher verlegt zu haben, macht sie im Übrigen auch nicht weniger zu einer Eisenbahnfahrt.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 4.10.2020 | 18:11
Planen ist alles, Pläne sind nichts
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: tanolov am 4.10.2020 | 18:37
Ich war mal so frei und habe diesen etwas älteren Thread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,109670.0.html) herausgesucht.

ok da macht LVs Vorgehensweise natürlich schon Sinn. Ich würde das jetzt aber auch gar nicht als antithetisch zum Play-to-find-out Ansatz sehen.
Bei LV stehen im Zentrum ja auch die Motivationen der NPCs und der Zustand der Welt auf das dann auf die Entscheidungen der Charaktere trifft und das Rad vorantreibt. Aber sozusagen als Qualitätssicherung wird das ganze einmal im Kopf durchgespielt und aufgeschrieben. Ohne das Aufschreiben sieht es bei mir gar nicht so anders aus, auch wenn ich mir nur losgelöst einzelne Szenen raussuche und die (mehrfach) geistig durchspiele.

Die Gefahr das man direkt oder indirekt als Spielleiter die Entscheidungen der Charaktere steuert wäre mir bei dem stark ausgearbeiteten Ansatz von LV aber zu groß. Außerdem dauerts mir zu lange. Meine Session-QS findet im Auto, beim aus dem Fenster gucken und abends im Bett statt.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Zarkov am 4.10.2020 | 18:42
Einen Augenblick mußte ich jetzt überlegen, wer LV ist. ;D
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lord Verminaard am 4.10.2020 | 19:03
So richtig klar ist es mir nicht, denn ich merke schon hier, dass ich bei den Szenen eigentlich sofort wieder in die Ausgestaltung des Hintergrunds gerutscht bin und mit den Szenen enfach erst an einem sehr viel späteren Punkt weitermachen würde, wenn ich den Hintergrund als schon fertig getunt empfinde.

In der Praxis geht das immer hin und her zwischen Szenen und Hintergrund, der Punkt ist aber eben, dass dran gefeilt werden kann. Wenn du einen Roman oder ein Drehbuch schreibst, dann feilst du ja auch dran. Du arbeitest die Szene aus und merkst, dass irgendwas nicht funktioniert. Es gibt einen zu einfachen Ausweg, oder die Motivation einer Figur passt nicht, oder es ergibt sich vielleicht einfach einen Frage an den Hintergrund, von der du bisher nicht gedacht hattest, dass du sie beantworten musst. Und aus der Antwort ergibt sich dann eine Umstellung der Szenen, und dann passt vielleicht ein anderes Hintergrunddetail nicht mehr, also änderst du das wieder. Oder du hast noch einen Platzhalter an irgendeiner Stelle, wo du schon weißt, dass du eine Überleitung brauchst, aber dir ist noch nichts gescheites eingefallen, also lässt du das noch ein bisschen gären und tags darauf kommt dir unter der Dusche die perfekte Idee.

Und all diese Sachen kannst du halt nicht machen, wenn du gar keinen szenischen Plot vorbereitest. (Unbenommen bleibt, dass vielleicht auch nicht jeder SL, der szenisch vorbereitet, das macht. Team Vash/Vermi ist halt anspruchsvoll. ;))
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 4.10.2020 | 19:15

Und all diese Sachen kannst du halt nicht machen, wenn du gar keinen szenischen Plot vorbereitest.

Da bin ich mir nicht so sicher - oder verstehe eben vielleicht auch nicht, was du unter einer Szene verstehst.

Für mich wäre eine Szene: Zeit, Ort, auftretende Personen und (notwendigerweise grober und provisorischer) Verlauf.

So was habe ich eigentlich außer für Einstiege nicht in den letzten Abenteuern drin, die ich so schriftlich ausgearbeitet habe.

Das heißt nicht, dass mir keine potenziellen Szenen vorschweben, aber die Vorbereitung besteht dann doch eher aus NSC, Orten und Ereignissen, die dann in verschiedener (oft explizit angedachter) Weise verknüpft sind.

Klar kommen dann auch Szenen in dem Sinne raus, dass ein gewisser NSC sich halt da und dort aufsucht und dieses und jenes will und die Charaktere, wenn sie mit ihm zu tun haben werden, ihm aller Wahrscheinlichkeit an diesem Ort begegnen und es mit der entsprechenden Absicht des NSC zu tun bekommen werden. Aber ich arbeite das eigentlich trotzdem nicht als Szene aus, sondern als Schauplatz, NSC und potenzielles Ereignis (wobei das Ereignis eben wahrscheinlich darauf hinweist, dass es wahrscheinlich an diesem Ort stattfindet).

Trotzdem spiele ich bei der Ausarbeitung der Elemente natürlich Ping-Pong und überlege mir, wie ich was platziere. Ich vermeide es aber zum Beispiel ganz bewusst immer, Szenen mit Twists oder bestimmten Erkenntnissen zu verbinden, sondern gehe eigentlich immer davon aus, dass die Charaktere alles Relevante auch früher herausfinden oder sich zusammenreimen können, auf Wegen, an die ich einfach nicht gedacht habe. Eine Information bis zur richtigen Szene zurückzuhalten (oder, schlimmer noch, mit dem "Twist" aufzuwarten, den alle längst zehn Kilometer gegen den Wind gerochen haben) kommt mir nicht (mehr) in die Tüte, das hat immer nur zu peinlichen bis enttäuschenden Spielerfahrungen geführt. Twists anzulegen - also dass die SC evtl. irgendwann im Szenario feststellen, dass irgendetwas sich ganz anderes verhält als anfangs dargestellt -, ist wieder etwas anderes.

So richtig sehe ich nicht, wo ich die szenische Vorbereitung unbedingt brauche, um mein Abenteuer interessanter zu machen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lord Verminaard am 4.10.2020 | 19:22
Und dann wird die Sicht darauf, was denn nun glaubwürdig, nachvollziehbar und wegen keinem Ausweg dann "alternativlos" ist doch etwas, sagen wir eigen.

Das ist glaube ich der springende Punkt. Das muss man als SL halt schaffen, dass die Spieler das auch glaubwürdig und nachvollziehbar finden, das ist sozusagen die Aufgabenstellung, wenn das nicht gelingt, dann ist die Runde halt kacke. Ein gutes System kann helfen aber vor allem brauchst du halt Mitspieler, die auf der gleichen Wellenlänge sind. Wenn du das nicht hast, dann ist daran aber nicht die szenische Vorbereitung schuld (ich weiß, ich wiederhole mich). ;)
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 4.10.2020 | 19:42
Das ist glaube ich der springende Punkt. Das muss man als SL halt schaffen, dass die Spieler das auch glaubwürdig und nachvollziehbar finden, das ist sozusagen die Aufgabenstellung, wenn das nicht gelingt, dann ist die Runde halt kacke. Ein gutes System kann helfen aber vor allem brauchst du halt Mitspieler, die auf der gleichen Wellenlänge sind. Wenn du das nicht hast, dann ist daran aber nicht die szenische Vorbereitung schuld (ich weiß, ich wiederhole mich). ;)

Hmm, also ganz ehrlich, ich spiele eigentlich seit Jahren in Gruppen, mit denen ich mich sowas von auf einer Wellenlänge fühle, was den gemeinsamen Begriff von Spaß und allseitiges Wohlwollen angeht - aber das gewährleistet in keiner Weise, dass alle die gleichen Sachen auch nur halbwegs plausibel oder nachvollziehbar finden.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Isegrim am 4.10.2020 | 19:54
Hinreichende & notwendige Bedingung...
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 4.10.2020 | 20:00
Ich ziehe es eher vor, die Fundamente und Requisiten  zu haben mit denen ich die Szenen teilgestalten kann.

2 Beispiele

SCs werden von einer wichtigen Persönlichkeit zu Hilfe gerufen, die Story sieht eine Szene vor in der diese im Beisein der SC entführt wird.
Einer der SC zerstört die Fluchtmöglichkeit der Entführer.

Im JdF schlägt der Reichskanzler der Regentin vor, Gareth zu evakuieren, Regentin wirft ihm Feigheit vor und hält eine zu kriminell dumm zum Angst haben und ignoriert die Lage Rede(sollte wohl heroisch motivierend sein), einer der SC hochangesehener, ruhmreicher Rondrageweihter alle waren Veteranen der schwarzen Lande meint daraufhin mitten im Thronsaal vor versammelten Hof der Kanzler wäre als einziger hier nicht to dumb to live ...

wie geht es jetzt weiter mit der szenischen Vorbereitung

Nebenbei ich fand die Reaktion der Regentin nachvollziehbar und passend.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lord Verminaard am 4.10.2020 | 20:06
Hmm, also ganz ehrlich, ich spiele eigentlich seit Jahren in Gruppen, mit denen ich mich sowas von auf einer Wellenlänge fühle, was den gemeinsamen Begriff von Spaß und allseitiges Wohlwollen angeht - aber das gewährleistet in keiner Weise, dass alle die gleichen Sachen auch nur halbwegs plausibel oder nachvollziehbar finden.

Das sind so Aussagen, da weiß ich einfach nicht weiter. Auf welcher Grundlage verhandelt ihr denn dann, was passiert? Wenn ihr euch nicht drauf einigen könnte, was plausibel ist? Das geht doch gar nicht?  wtf?
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Maarzan am 4.10.2020 | 20:24
Das ist glaube ich der springende Punkt. Das muss man als SL halt schaffen, dass die Spieler das auch glaubwürdig und nachvollziehbar finden, das ist sozusagen die Aufgabenstellung, wenn das nicht gelingt, dann ist die Runde halt kacke. Ein gutes System kann helfen aber vor allem brauchst du halt Mitspieler, die auf der gleichen Wellenlänge sind. Wenn du das nicht hast, dann ist daran aber nicht die szenische Vorbereitung schuld (ich weiß, ich wiederhole mich). ;)

Ich sehe das nicht als einen binären Schalter. Der SL hat einen gewissen Vertrauensvorschuss, von dem er erst einmal zehren kann und der sich dann nach dem, was der der Gruppe dann präsentiert, dann auch ändert.

Das Problem, welches ich sehe ist, dass es eigentlich nicht möglich ist eine Struktur - gerade im Vorraus - zu sichern, deren Basis  letztlich auch wesentlich von den Aktionen freier, teils sogar relativ mächtiger eigenständiger Elemente, wie sie die SC darstellen abhängt - Geistern, welche selbst nicht unbedingt immer rational und damit vorhersehbar handeln.
Sich da auch nur einigermaßen rückversichern zu wollen erfordert meinem Empfinden eine Menge vorher verlegter Gleise, welche in der für diesen Metaebenenzweck die Storystruktur zu sichern notwendigen Dichte mit Plausibilität nicht mehr viel am Hut hat.

Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 4.10.2020 | 21:06
Ich hab ne Idee ("Der Kapitän hat den ersten Maat ermordet, um das Geheimnis zu wahren, dass sein Schiff durch einen Dämon geschützt wird."), das ist der Hintergrund.

Jetzt entwickle ich Szenen (
"Es gibt einen Mordanschlag auf das Schiffsmädchen, das der Sache auch auf der Spur ist."
"Die SC finden magische Hinweise auf den Dämon und begegnen ihm, können ihn aber ohne die richtige Magie nicht bannen/besiegen."
"Die SC erfahren, dass sie sich in einem von einer Seeschlange bewohnten gebiet befinden, und nur der Dämon kann das Schiff schützen, sie dürfen ihn also gar nicht killen."
"Ein fanatischer Priester an Bord will den Dämon um jeden Preis bannen und versucht, die SC dafür zu rekrutieren.").
Vorweg: Bitte nimm das nicht als Kritik. Ich finde es toll, dass du die Frage konkret gemacht hast. Nur so können wir sie wirklich konstruktiv diskutieren.

Der dritte Punkt ist für mich nichtwirklich eine Szene. Eine Szene wäre eher so etwas:

"Die SCs finden den magischen Dolch des Priesters, der den Dämon verletzen kann, erfahren aber von einem erbitterten Streit zwischen Kapitän und Priester darüber, dass der Dämon das Schiff vor der Seeschlange dieser Gewässer verbirgt und sie ohne den Dämon alle in Lebensgefahr wären."

Was für mich nicht passte:
- Reines "erfahren" ist ein Infodump, aber keine Szene.
- Es hat auch keine Motivation, weil sie den Dämon eh noch nicht besiegen konnten. Wenn sie in etwa gleichzeitig die Mittel erhalten und von der Gefahr erfahren, hat die Gefahr direkt Relevanz.
- Dass sie ihn nicht killen dürfen ist eine Setzung, der sie widersprechen könnten. Vielleicht ist der Priester ja SC.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 4.10.2020 | 21:14
Ich war mal so frei und habe diesen etwas älteren Thread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,109670.0.html) herausgesucht.
Das dort beschriebene finde ich toll. Will sagen, mache ich üblicherweise auch so ;-)

Wobei es im Endeffekt Set-Piece-Planung aus Robins Laws ist, aber ohne explizite Gedanken zu Übergängen zwischen Szenen. Und zusätzlich mit "passe den Hintergrund an, damit alles plausibel ist". Das soll keine Kritik sein, sondern nur ein Hinweis auf Prior Art :-)
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 5.10.2020 | 17:08
Vorweg: Bitte nimm das nicht als Kritik. Ich finde es toll, dass du die Frage konkret gemacht hast. Nur so können wir sie wirklich konstruktiv diskutieren.

Der dritte Punkt ist für mich nichtwirklich eine Szene. Eine Szene wäre eher so etwas:

"Die SCs finden den magischen Dolch des Priesters, der den Dämon verletzen kann, erfahren aber von einem erbitterten Streit zwischen Kapitän und Priester darüber, dass der Dämon das Schiff vor der Seeschlange dieser Gewässer verbirgt und sie ohne den Dämon alle in Lebensgefahr wären."

Was für mich nicht passte:
- Reines "erfahren" ist ein Infodump, aber keine Szene.
- Es hat auch keine Motivation, weil sie den Dämon eh noch nicht besiegen konnten. Wenn sie in etwa gleichzeitig die Mittel erhalten und von der Gefahr erfahren, hat die Gefahr direkt Relevanz.
- Dass sie ihn nicht killen dürfen ist eine Setzung, der sie widersprechen könnten. Vielleicht ist der Priester ja SC.

Ich glaube, dass ist genau der Punkt - wenn ich über Szenen nachdenke, komme ich est mal eher auf Hintergrundelemente, die in verschiedener Weise Teile von Szenen werden können ... und letztendlich lange ich dann nerst gar nicht bei etwas, das ich persönlich als szenische Vorbereitung bezeichnen würde.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 5.10.2020 | 17:38
Das sind so Aussagen, da weiß ich einfach nicht weiter. Auf welcher Grundlage verhandelt ihr denn dann, was passiert? Wenn ihr euch nicht drauf einigen könnte, was plausibel ist? Das geht doch gar nicht?  wtf?

Hm, ich versuch's mal anhand eines Spielbeispiels zu differenzieren:

In einer Online-Runde neulich hat es bestens funktioniert, dass die Spieler*innen sich auf meine SL-Angebote eingelassen haben und ich den Spielerinput aufgegriffen habe. Das war alles locker, angenehmer Flow, freundliche Atmosphäre, ähnliche Vorstellungen davon, welche Inhalte passen und was für Szenen Spaß machen und länger dauern dürfen und welche schnell abgehandelt werden.

Gleichzeitig gab es den Punkt, an dem mir absolut klar schien, wie ein magischer Fluch mithilfe eines einfachen psychologischen Mittels zu lösen wäre (zwei bestimmte NSC mussten zu einer Aussprache zusammengebracht werden). Die SC sind aber beim besten Willen nicht auf die Idee gekommen, obwohl sie alle Informationen hatten. Das war dann ein Fall, indem ich das Zusammentreffen irgendwann tatsächlich "zufällig" in Gegenwart der SC herbeigeführt habe und sie dann mit der Entwicklung gearbeitet haben. Tatsächlich gab es dann auch Aussagen wie "Also, dass das jetzt sooo einfach sein soll, darauf wäre ich echt nicht gekommen."

Das hatte aber in meinen Augen nichts mit unterschiedlichen Auffassungen von Spaß oder unterschiedlichen Wellenlängen zu tun, sondern nur mit der klassischen Betriebsblindheit der SL, die natürlich das, was sie sich ausdenkt, auch plausibel und nachvollziehbar findet.

Und je mehr ich in Szenen vorbereite, desto mehr Laufe ich für mein Gefühl immer wieder in genau diese Betriebsblindheits-Falle.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Isegrim am 5.10.2020 | 20:44
Situationen, aus denen es nur einen Ausweg, nur eine Auflösung gibt, sind problematisch, da es immer passieren kann, dass die Spieler nicht auf "die (eine) Lösung" kommen. Bei mir ist allerdings die gefahr, dass es zu solchen Situationen kommt, eher größer, wenn ich nicht vorbereitet bin und mich aufs Improvisieren verlasse. Je mehr ich mich vorher gedanklich mit dem beschäftige, was passieren kann, desto besser kann ich auf die Pläne der Spieler eingehen, bzw desto mehr Optionen hab ich, wenn die nichts zustande bringen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 6.10.2020 | 10:34
Situationen, aus denen es nur einen Ausweg, nur eine Auflösung gibt, sind problematisch, da es immer passieren kann, dass die Spieler nicht auf "die (eine) Lösung" kommen. Bei mir ist allerdings die gefahr, dass es zu solchen Situationen kommt, eher größer, wenn ich nicht vorbereitet bin und mich aufs Improvisieren verlasse. Je mehr ich mich vorher gedanklich mit dem beschäftige, was passieren kann, desto besser kann ich auf die Pläne der Spieler eingehen, bzw desto mehr Optionen hab ich, wenn die nichts zustande bringen.

Aber das "gedanklich befassen" muss ja nicht die Form einer szenischen Ausarbeitung haben; natürlich überlege ich mir vorher, wie die Charaktere mit verschiedenen Elementen des Szenarios interagieren und welche Möglichkeiten sich ihnen dabei jeweils eröffnen (und dass es mehr als eine Möglichkeit geben sollte, weiterzukommen). Aber das muss doch nicht über den Umweg stattfinden, dass ich schon vorher überlege, was wann wo mit Wem stattfindet. Ich muss doch nicht wissen, dass die SC gerade in Szene X aus NSC Y Information A oder Z oder Q rausbekommen können; ich kann auch vorbereiten, wie NSC Y so drauf ist, dass er über die Informationen Y, Z und Q verfügt, welche Interaktionen mit den SC mir wahrscheinlich vorkommen. Dann fühle ich mich ehrlich gesagt besser vorbereitet, als wenn ich das vorher schon in einen Szeneablauf eingereiht und mit einem Schauplatz und Zeitpunkt verknüpft habe und dann bei Abweichungen gedanklich wieder zurück an den Schreibtisch muss, um mir zu überlegen, was diese Abweichungen jetzt für Folgewirkungen haben.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 6.10.2020 | 13:18
+ 1
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 6.10.2020 | 16:50
Aber das "gedanklich befassen" muss ja nicht die Form einer szenischen Ausarbeitung haben; natürlich überlege ich mir vorher, wie die Charaktere mit verschiedenen Elementen des Szenarios interagieren und welche Möglichkeiten sich ihnen dabei jeweils eröffnen (und dass es mehr als eine Möglichkeit geben sollte, weiterzukommen). Aber das muss doch nicht über den Umweg stattfinden, dass ich schon vorher überlege, was wann wo mit Wem stattfindet.
Das ist für mich kein Umweg zu "was können sie machen", sondern wie ich mich in die Stimmung der Szene einfühle, um Stimmung besser vermitteln zu können — egal wie die genaue Ausgestaltung dann wird.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 6.10.2020 | 17:02
Das ist für mich kein Umweg zu "was können sie machen", sondern wie ich mich in die Stimmung der Szene einfühle, um Stimmung besser vermitteln zu können — egal wie die genaue Ausgestaltung dann wird.

Hm, Stimmung vermitteln ist noch so ein anderes Reizthema für mich. Stimmung überlege ich mir als SL nur sehr begrenzt vorher, sondern versuche das aufzunehmen, was im Spiel entsteht. Nichts Schlimmeres als Kaufabenteuer, die einem vermitteln, man sei als SL ne Null, weil die Spieler aus der superstimmungsvollen Grusel-Szene vielleicht eine Splatterkomödie machen ...
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Lord Verminaard am 6.10.2020 | 18:05
Das hatte aber in meinen Augen nichts mit unterschiedlichen Auffassungen von Spaß oder unterschiedlichen Wellenlängen zu tun, sondern nur mit der klassischen Betriebsblindheit der SL, die natürlich das, was sie sich ausdenkt, auch plausibel und nachvollziehbar findet.

Und je mehr ich in Szenen vorbereite, desto mehr Laufe ich für mein Gefühl immer wieder in genau diese Betriebsblindheits-Falle.

Ja okay, das kann ich nachvollziehen, so was ist mir natürlich auch schon passiert. Ist natürlich auch bei Improvisation nicht ausgeschlossen, aber bei geplotteten Abenteuern in Verbindung mit Flaschenhälsen ist das eine Gefahr, derer man sich bewusst sein sollte. Hätte ich jetzt weniger unter "Plausibilität" gefasst aber sei's drum.

Es könnte ja aber auch sein, dass deine Wendung total originell und cool ist und einer der Spieler kommt dann sogar drauf, vielleicht sogar früher als du erwartet hattest, und das ist dann halt das, was ich persönlich am Rollenspiel geil finde. Könnt ihr jetzt natürlich wieder behaupten, das kriegt ihr auch improvisiert hin, und ich ziehe dann skeptisch eine Augenbraue hoch, aber an der Stelle waren wir ja vor zwei Seiten schon mal. ;)
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 6.10.2020 | 18:12
Es könnte ja aber auch sein, dass deine Wendung total originell und cool ist und einer der Spieler kommt dann sogar drauf, vielleicht sogar früher als du erwartet hattest, und das ist dann halt das, was ich persönlich am Rollenspiel geil finde. Könnt ihr jetzt natürlich wieder behaupten, das kriegt ihr auch improvisiert hin, und ich ziehe dann skeptisch eine Augenbraue hoch, aber an der Stelle waren wir ja vor zwei Seiten schon mal. ;)

Na ja, dass jemand von deinen Spielern früher als erwartet drauf kommt, kriegst du wahrscheinlich weder vorbereitet noch improvisiert hin (EDIT: Das kann der Spieler nur selbst hinkriegen ...)  ;)
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Maarzan am 6.10.2020 | 18:16
Na ja, dass jemand von deinen Spielern früher als erwartet drauf kommt, kriegst du wahrscheinlich weder vorbereitet noch improvisiert hin (EDIT: Das kann der Spieler nur selbst hinkriegen ...)  ;)

Vor allem schießt er dir damit die Folgeszenen, und dann?

Wir haben bei der Verschwörung von Gareth (nicht mehr OriginalDSA) den Hauptverschwörer mehr oder weniger aus Versehen am ersten Abend gekillt. Das war dann grandios zu Ende improvisiert worden, aber wie hätte das dann geplant werden sollen?
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Crimson King am 6.10.2020 | 18:23
Vor allem schießt er dir damit die Folgeszenen, und dann?

Wir haben bei der Verschwörung von Gareth (nicht mehr OriginalDSA) den Hauptverschwörer mehr oder weniger aus Versehen am ersten Abend gekillt. Das war dann grandios zu Ende improvisiert worden, aber wie hätte das dann geplant werden sollen?

Zwischen dem ersten und zweiten Abend ist üblicherweise genügend Zeit, die Planung an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Genauso zwischen dem zweiten und dritten etc.

Du planst mit szenischer Vorbereitung nicht die Kampagne durch. Du hast eine Grobplanung für die Kampagne und eine Detailplanung für die Ereignisse, die nach Ermessen der Spielleitung zeitnah anstehen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Maarzan am 6.10.2020 | 18:28
Zwischen dem ersten und zweiten Abend ist üblicherweise genügend Zeit, die Planung an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Genauso zwischen dem zweiten und dritten etc.

Du planst mit szenischer Vorbereitung nicht die Kampagne durch. Du hast eine Grobplanung für die Kampagne und eine Detailplanung für die Ereignisse, die nach Ermessen der Spielleitung zeitnah anstehen.

Ersten Abend in der Spielwelt, nicht des Spiels als Spieler... Auftrag bekommen, nach Sonnenuntergang rumgeschnüffelt,  im falschen Zelt beinahe erwischt worden, mit etwas Glück direkt und still abgemurkst. Und das war meiner groben Erinnerung nach auch ein 10to10 Game.


Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 6.10.2020 | 18:29
Vielleicht muss man auch noch mal klären, was wir unter Twists verstehen?

Für mich ist ein Twist der Moment, der plötzlich alle Ereignisse in einem neuen Licht erscheinen lässt. Das geht vom klassischen "Unser Auftraggeber hat uns über's Ohr gehauen" (was in manchen Rollenspielen ja schon erwartet wird) bis zu "Moment, das ist gar kein Dämonenanbeter, sondern nur ein missverstandener Priester einer anderen Ausprägung der Weisheitsgöttin."

Diesen Moment der Erkenntnis in eine Szene fest "reinzuplanen" halte ich für bestenfalls fragwürdig, denn wenn man sich darauf erst mal eingeschossen hat, ist man dauernd damit beschäftigt, ihn entweder zu verheimlichen oder den SC dann im richtigen Moment unter die Nase zu reiben.

Den Twist in der Hintergrundgeschichte anzulegen ist m.E. wunderbar - und man kann und sollte sich dann auch gerne viele Möglichkeiten überlegen, wie die SC das spitzkriegen können. Aber mein Rat wäre immer: Niemals das Abenteuer daran aufhängen, dass die SC eine bestimmte, entscheidende Information nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt bekommen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Crimson King am 6.10.2020 | 18:42
Ersten Abend in der Spielwelt, nicht des Spiels als Spieler... Auftrag bekommen, nach Sonnenuntergang rumgeschnüffelt,  im falschen Zelt beinahe erwischt worden, mit etwas Glück direkt und still abgemurkst. Und das war meiner groben Erinnerung nach auch ein 10to10 Game.

Ich vermute trotzdem, dass ein großer Teil der Planung weiterhin verwendet werden konnte.

Improvisation findet im Rollenspiel ja immer statt. Die Kernthese ist, dass denkwürdige Momente eher entstehen, wenn die Improvisation über ausreichenden Mengen geplanten Materials erfolgt.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Achamanian am 6.10.2020 | 18:45
Improvisation findet im Rollenspiel ja immer statt. Die Kernthese ist, dass denkwürdige Momente eher entstehen, wenn die Improvisation über ausreichenden Mengen geplanten Materials erfolgt.

Da bin ich voll deiner Meinung.
Würde das aber - einmal mehr - nicht mit szenischer Vorbereitung gleichsetzen.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Maarzan am 6.10.2020 | 18:48
Da bin ich voll deiner Meinung.
Würde das aber - einmal mehr - nicht mit szenischer Vorbereitung gleichsetzen.

Exakt, es kommt darauf an, WAS da vorbereitet wurde.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 6.10.2020 | 18:52
Hm, Stimmung vermitteln ist noch so ein anderes Reizthema für mich. Stimmung überlege ich mir als SL nur sehr begrenzt vorher, sondern versuche das aufzunehmen, was im Spiel entsteht.
Stimmung bereite ich vor — wenn ich genug Zeit habe mit der passenden Musik und vielen kleinen Details. Dass das dann so wird ist nicht garantiert, ohne Vorbereitung sind die Situationen aber deutlich weniger intensiv. Dann fehlen mir die Versatzstücke, die ich zusammenfüge.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: Crimson King am 6.10.2020 | 19:00
Da bin ich voll deiner Meinung.
Würde das aber - einmal mehr - nicht mit szenischer Vorbereitung gleichsetzen.

Ich auch nicht. Die ist meines Erachtens vor allem für charakterzentriertes Spiel geeignet, bei dem es vor allem anderen um die Story der Protagonisten gehen soll, und bereitet spezifisch Szenen vor, die für die Protagonisten von Relevanz sind, so dass sich der Handlungsverlauf recht gut vorhersagen lässt. Das ist auch der Hauptgrund für mich, keine Fertigabenteuer zu leiten. Die sind definitiv nicht auf die Charaktere meiner Spieler zentriert.

OSR-Fans werden dagegen definitiv nicht szenisch vorbereiten, und denen will ich deshalb nicht absprechen, im positiven Sinne denkwürdige Spielerlebnisse zu produzieren.
Titel: Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
Beitrag von: ArneBab am 6.10.2020 | 21:02
OSR-Fans werden dagegen definitiv nicht szenisch vorbereiten, und denen will ich deshalb nicht absprechen, im positiven Sinne denkwürdige Spielerlebnisse zu produzieren.
:d