Es ist ein großes Thema, inwieweit Medien abgeändert werden sollten, um aktuellen ethischen Standards zu genügen.
Bin nicht homosexuell, habe aber aus anderen Gründen die üblichen Probleme gehabt.
Ich persönlich bin immer dankbar, wenn sich Medienschaffende Gedanken machen und finde es meistens gut, wenn eine Anpassung erfolgt. Wobei auch eine 1:1 Umsetzung in Ordnung ist, Hauptsache, es nimmt meine negativen Erfahrungen ernst.
Das projeziere ich auf andere Gruppen wie Homosexuelle, daher finde ich solche Diskussionen wichtig.
Und ich bin gespannt wie sie WoTs gestalten.
Ich kenne doch recht viele Homosexuelle, die in den 90igern ihre Jugend erlebt haben und jede(r) hatte sehr problematische Erfahrungen. Habt ihr Freunde, die das anders erlebt haben? :o Oder redet ihr nicht mit ihnen darüber?
Wirklich auf die Agenda kam das Thema erst mit dem Privatfernsehen, wo schon nachmittags
über dieses und jenes diskutiert wurde und damit auch ''ausgefallenere'' Themen in der breiteren
Gesellschaft einen Zugang fanden. Aber das ist ein langsam fortschreitender Prozess, der allerdings
sicher in den letzten 10-15 Jahren an Dynamik gewonnen hat, und mit der Ehe für alle in Deutschland
einen vorläufigen Abschluss gefunden hat.
Okay, darauf muss ich eingehen.
Es hat überhaupt nichts einen "vorläufigen Abschluss" gefunden. Das Ringen um Sichtbarkeit und Teilhabe durch LGBTQI+-Menschen geht doch ganz offensichtlich weiter. Es stimmt, dass diesen Menschen so viele Rechte und so viel Wahrnehmung zuteil wird wie sonst nie – und dass die Akzeptanz in Deutschland auch insgesamt sehr groß ist. Tatsächlich nehmen wir im öffentlichen Diskurs auch Backlashes wahr, Homosexuellenfeinde haben große, öffentliche Lobbys... und es gilt in der Gesellschaft immer noch "Don't ask, don't tell... except when you're heterosexual."
Es wird ja (auch hier wieder) ständig davon gesprochen, dass die LGBTQI+-Gruppe sich ja erst durch das Internet organisiert habe und erst dann breit sichtbar geworden sei (was auch eine etwas unterkomplexe Darstellung ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Lesben-_und_Schwulenbewegung), gerade auch im Angesicht dessen, dass Homosexuelle stets wahrnehmbar genug waren, dass man sie gezielt als Gesamtgesellschaft verfolgen konnte). Dazu muss dann aber auch gesagt werden, dass das für homosexuellen-feindliche Gruppen ganz genauso gilt. Und diese Gruppen bestimmen den Diskurs ebenfalls mit. Reaktionäre, rechtsextremistische und sexistische Bewegungen sind medial so präsent wie noch nie zuvor – und können, im Grunde ebenso wie die woken Internetgruppierungen, eine unglaubliche Wirkmacht entfalten.
Weil es zu den Vorstellungen gehört, die man damals eben davon hatte.
Ja, wer zum Geier ist denn "man"? Ich meine, das Argument "Die Leute haben halt damals so gedacht" ist doch kein Freifahrtsschein unkritisch alles an Denkmustern aus einer solchen Zeit verpflichtend übernehmen zu müssen, erst recht nicht in fiktiven Fantasystoffen! Ich meine, mit demselben Argument könntest du einen völlig empathielosen Film über die Kriegsverbrechen der Deutschen im 2. Weltkrieg oder die Sklaverei in Amerika drehen, die die Opferperspektive völlig außen vorlässt. Und kritisieren dürftest du das dann nicht. Und abwandeln auch nicht, denn "Die Leute haben damals ja so gedacht."
Filme, Bücher und Videospiele sind immer kreative Aufarbeitungen und Einordnungen. Der Blick darauf ist von Haus aus bereits ein moderner. Die Damaligen mögen (vielleicht, mutmaßlich, der Gedankenscanner ist ja noch nicht erfunden) auf eine bestimmte Weise "gedacht haben" (= sozialisiert worden sein), das ändert aber nichts daran, dass wir auch auf eine bestimmte Weise darüber denken, wie die gedacht haben. Und das sickert in die ästhetischen Entscheidungen mit ein, die wir treffen. Ich meine, man hat ja in den Spät-80ern über die sexploitativen Filme der 60er und 70er auch nicht gesagt "Och, lass mal, die Leute haben damals halt so gedacht." Nein, es gab eine "Rekonservativisierung" (for lack of a better term) im Umgang mit Sexualität in fiktionalen Stoffen. Dieses Auf und Ab können wir immer wieder beobachten.
Wie sollen wir denn überhaupt gesellschaftliche Fortschritte machen, wenn wir uns auf den relativistischen Standpunkt stellen und sagen "Ja, das war halt damals so"? Mit einer solchen Argumentation kann man theoretisch jede beliebige, schauerliche Denkweise rechtfertigen.
Ich weiß noch, dass wir zu Hause "Downton Abbey" abgebrochen haben, weil...
die Kammerzofe Anna in einer Folge von einem Mitglied er feinen Gesellschaft vergewaltigt und seelisch davon gequält wird.
Nicht die Tatsache, dass es passiert ist, hat uns daran gestört. Auch nicht die Einordnung in die Zeit, sowas ist passiert. Sondern mehr der massive Umbruch im Ton der Serie, die um sexuelle Dinge eigentlich immer einen Bogen gemacht hat und deren Konflikte sich (nicht ausschließlich, aber schon primär) auf Situationen beschränkt haben wie "Wer gewinnt den Rosenzüchterwettbewerb im Ort". Auch wenn aus der Situation interessante Charakterkonflikte erwuchsen, erschien sie uns als Bruch und effektheischerisch.
Und das Argument, was wir gehört haben, von Leuten, die trotzdem weitergeschaut haben, war: "Ja, mein Gott. Das war damals halt so..."
Was für eine Serie, die sonst immer eine dicke Schicht Politur über das Verhältnis Dienstboten-Herrschaften gelegt hat, nun wirklich kein Argument sein kann.
In der Wheel of Time Serie wird das Thema behandelt, auch wenn es sich - für meinen Geschmack - etwas zu auf-
dringlich in den Vordergrund spielt ohne eigentliche Relevanz für die Story zu haben.
Und hier muss ich auch mal einhaken: Muss ein solches Thema denn zwingend Relevanz für die Story haben?
Also kann die Darstellung von Sexualität egal welcher Spielart nur dann existieren, wenn seine Implikationen und Konflikte auch mit thematisiert werden? Also wenn das irgendwie Druck und Probleme und Erklärungen mit sich bringt.
Ich meine, bei "Game of Thrones" machen wir doch auch keine Anstalten, uns darüber zu echauffieren, dass die Serie ein veritables, heterosexuelles Fuck-Fest war.
(Von der typischen D&Debauchery im Rollenspiel gar nicht zu reden. Das hat in der Regel doch auch alles 0 Storyrelevanz. ;) )