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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: felixs am 14.11.2022 | 12:47

Titel: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 14.11.2022 | 12:47
Liebe Leute,

inspiriert durch die Frage nach "gewaltfreien Rollenspielen" habe ich mir mal wieder Gedanken über meinen Wunsch-Spielstil gemacht.

Ich spiele gern Fantasy in ziemlich klassischen Welten; die Welten von Midgard, älteres DSA, Tolkien in der üblichen Leseart der Zeit von vor den Filmen sprechen mich an.

Nun haben diese Welten es aber an sich, dass dort Kämpfe mehr oder weniger "dazu gehören". Szenarien in diesen Welten scheinen ohne Kämpfe nicht vollständig zu sein; mindestens ein, zwei Kämpfe pro Sitzung gehören zum guten Ton.
Ich habe immer versucht, mich davon zu lösen und alternative Lösungen anzubieten, in denen Konflikte nicht durch Kampf, sondern eher durch andere Mittel gelöst werden sollen. Das gelingt mal mehr, mal weniger. Genrekonventionen, wenig tödliche Regelwerke, Gewöhnung an nachsichtigen Spielleitungsstil (man stirbt halt eigentlich nicht), teilweise auch Konditionierung durch (Computer-)"Rollenspiele" mit sehr starken Kampffokus stehen dem entgegen. Auf der anderen Seite habe ich durchaus die Erfahrung gemacht, dass ich nicht der einzige bin, der Kämpfe tendentiell langweilig findet und der gern häufiger andere Lösungen sehen würde.
(Anmerkung, die vielleicht etwas Klärung bringt: Es geht mir nicht so sehr um Ideologie. Ich habe keine Einwände gegen Gewalt als Mittel der Konfliktlösung, wo andere Mittel nicht greifen. Es geht darum, die Spannung am Tisch wiederherzustellen und Möglichkeiten für eine breite Palette an Konfliktlösungen zu erzeugen).

Ich sehe ein wesentliches Problem bei Kaufabenteuern im Fantasy-Bereich. Die enthalten fast immer einen praktisch unausweichlichen Kampf mit einem Gegner. Dies ist dann der wesentliche Faktor dafür, wie die Schwierigkeit des Abenteuers bewertet wird, es ist die eigentliche Herausforderung.
Ich finde das meistens langweilig und habe in der Regel keine Lust, den langwierigen "Endkampf" durchzuspielen und auszuwürfeln. Gleichzeitig geht den Abenteuern meist die Herausforderung und die Substanz verloren, wenn man diesen Teil streicht.

Ich vermute, dass ein Teil des Problems ist, dass man der Konvention nach irgendwelche Hindernisse unterbringt, die mittels verregelter Mechanismen überwunden werden sollen (weggewürfelt werden sollen, mit mehr oder weniger viel Taktiererei). Der Bereich Kampf ist halt der gemeinsame Nenner, in dem (fast?) alle Spielerfiguren in irgendeiner Weise kompetent sind. Entsprechend nimmt man das dann halt. Bei anderen Aufgaben hinge es dann halt davon ab, ob die Gruppe dort kompetent ist, oder nicht. Das Problem hat man ja bei Kaufabenteuern eh manchmal, dass irgendwelche Sprachkenntnisse oder Fähigkeiten (oft Magie, ein bestimmter Spruch oder sowas) gebraucht werden und dass man diese dann durch Nichtspielerfiguren in die Gruppe einbringen muss. Ich finde das immer noch befriedigender, als "Hier ist der Drache, den müsst ihr totwürfeln). Aber das ist sicher Geschmackssache.

Was es nicht einfacher macht: Ich mag keine komplexen Regelwerke. Mag sein, dass man z.B. mit streng nach Buch gespieltem Runequest eine recht hohe Tödlichkeit und fiese Verstümmelungen erreichen kann, welche eine gute Motivation für die Vermeidung von Kämpfen darstellen. Mir ist das aber zuviel Aufwand. Dasselbe gilt für diverse Ideen, Kämpfe mittels Bodenplänen und taktischer Verregelung "interessant" zu gestalten. Ich würde dann lieber ein Zinnfigurenspiel spielen - die Kombination mit Rollenspiel funktioniert für mich nicht.

Meine Frage ist: Hat jemand dafür eine Lösung und gelingt bei euch entsprechend kampfarmes Fantasy-Rollenspiel mit anderen Lösungswegen? Wie macht ihr das? Kennt ihr Kaufabenteuer, die dieses Problem lösen?
Oder muss man die Frage anders stellen?
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Faras Damion am 14.11.2022 | 13:00
Mehrere Gedanken, die dir leider nicht direkt helfen.

Im Game-of-Thrones-RPG gibt es sehr ausführliche Regeln für "Social Combat". Diskussionen sind genauso verregelt und dauern so lange wie sonstwo ein Kampf.
Es gibt also "friedliche" Lösungen, die den Raum von komplexen Kämpfen einnehmen können. Hilft dir als Freund von einfachen und schnellen Regeln nicht.

Kampfvermeidung kenne ich vor allem von sehr tödlichen Systemen. Das scheint mir aber auch nichts für dich zu sein.

Außerdem sind Systeme für Kinder oft gewaltfrei. Das wird dein Problem aber auch nicht lösen.

Ich denke, es bleibt dir nichts anderes als die Kaufabenteuer abzuändern.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: ghoul am 14.11.2022 | 13:01
Vergiften!
Fluten, falls unterirdisch!
Anzünden, falls oberirdisch!
Einen Lynchmob anstacheln, der den Kampf anstelle der Spieler-Personnagen durchführt!

Verhandeln.
Einbruch.
Gegner in die Irre locken.
Verkleiden / Spionieren.

Edit: Bei allen diesen Lösungen hängt viel von der Kompetenz der Spieler ab, nicht der Personnagen.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 14.11.2022 | 13:07
Im Game-of-Thrones-RPG gibt es sehr ausführliche Regeln für "Social Combat". Diskussionen sind genauso verregelt und dauern so lange wie sonstwo ein Kampf.

Das ist dann ja einfach ein zusätzliches Kampfsystem  ~;D

Kampfvermeidung kenne ich vor allem von sehr tödlichen Systemen. Das scheint mir aber auch nichts für dich zu sein.

Doch, durchaus. Kenne bisher keins, was mir wirklich gefällt. Bin aber offen für Ideen.

Vergiften!
Fluten, falls unterirdisch!
Anzünden, falls oberirdisch!
Einen Lynchmob anstacheln, der den Kampf anstelle der Spieler-Personnagen durchführt!

Verhandeln.
Einbruch.
Gegner in die Irre locken.
Verkleiden / Spionieren.

Edit: Bei allen diesen Lösungen hängt viel von der Kompetenz der Spieler ab, nicht der Personnagen.

Ja, das Problem Spielerkompetenz vs. Spielfigurenkompetenz ist natürlich auch wieder ein komplexer Brocken. Die "Oldschool"-Lösung (Spielerkompetenz ist Spielfigurenkompetenz) ist nicht unsympathisch, kollidiert bei mir aber mit dem Wunsch, Figuren unterschiedlicher Art auszuspielen ("method acting", im Jargon).

Die ganzen von Dir beschriebenen Herangehensweisen sind mir natürlich bekannt. Bekommt irgendein System das mit Kaufabenteuern vereint?
Mir ist natürlich klar, dass Du und Deine Richtung dafür die falschen Ansprechpartner seid. Ich mag aber Kaufabenteuer ganz gern und habe auch nichts gegen ein gewisses Maß an Vorgaben beim Abenteuerverlauf ("Railroading").

Meine Frage ist wohl vor allem: Wie kommt man zu so einem Spielstil? Wie unterstützt man das am besten? Gibt es entsprechende Kaufabenteuer?
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: nobody@home am 14.11.2022 | 13:39
Ich bin mir aktuell nicht ganz sicher, ob das Problem in diesem Fall in den Kämpfen selbst oder mehr einfach in Regeln liegt, die deren Abwicklung vorzugsweise komplex und zeitaufwendig gestalten. Denn wenn hier und da die Idee von "Wenn dir gerade nix anderes einfällt, schmeiß' kurzerhand einen Kampf rein -- dann sind die Spieler auf jeden Fall erst mal eine Weile beschäftigt!" schon regelrecht als SL-Tip im Umlauf ist, dann liegt Letzteres als eine mögliche Ursache von "Kämpfe langweilen mich" zumindest mal nahe...
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 14.11.2022 | 13:42
Ich finde einerseits Kämpfe nur dann interessant, wenn es 1) wirklich um etwas geht (Gefahr!) und 2) wenn das regelseitig halbwegs flüssig von der Hand geht und 3) wenn sich das nich zu sehr häuft, sonst nutzt es sich ab.
Alle diese drei Punkte sind Geschmackssache.

Auch mit einem wenig komplizierten und schnellen Kampfsystem fand ich gehäufte Kämpfe nicht gut.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Zed am 14.11.2022 | 13:55
Zitat
Wie kommt man zu so einem Spielstil? Wie unterstützt man das am besten? Gibt es entsprechende Kaufabenteuer?

Hey felixs,

ich bin davon überzeugt, dass die Antwort auf Deine erste Frage die Welt ist, die Du darstellst: Die Regeln Deiner Welt bestimmen, inwieweit Gewalt darin vorkommt/üblich ist. Entsprechend unterstützt Du diesen Spielstil, indem Du nicht von ihren Regeln abweichst.

Ich glaube, es hilft, sich ein Franchise als Vorbild zu nehmen, das den Umgang mit Gewalt hat, den Du Dir wünschst, zB ein Film oder eine Serie. Mir fällt jetzt spontan nur die Miss Marple-Reihe ein. Hier ist die Welt in meinen Augen so konstruiert: Die Zivilisation wird von allen Beteiligten anerkannt: Wer überführt ist, lässt sich verhaften. Die Geschichte ist vorbei, wenn der begriffsstutzige Inspektor die Überführten mitnimmt. Es gibt keine Attentäter oder Rockerbanden in der Miss Marple Welt, alle Beteiligten können sich artikulieren und anerkennen auch die Intelligenz des Anderen. Die Geschichte spielen nicht im Krieg, in der Apokalypse oder während eines Terrorangriffs, sondern in Landsitzen, Gärten, in Theatern, in dörflicher Nachbarschaft. Es gibt zwar auch mordende Personen in den Geschichten, aber ihnen ist die öffentliche Meinung nie egal, sie bemühen sich immer um maximale Heimlichkeit. Fliegen sie auf, dann gestehen sie ihre Taten in der Regel auch ein.

Es gibt vielleicht bessere Beispiele als Miss Marple. Bei Heist-Movies (https://de.wikipedia.org/wiki/Heist-Movie) ist der Verzicht auf Gewalt geradezu eine Genrekonstituente: die Hauptfiguren wollen, dass Gewalt bei ihrem Trickbetrug keinesfalls ausbricht. Trotzdem ist die Gewalt im Hintergrund sehr präsent, denn die Figuren wissen, dass die Gauner, die sie ausnehmen wollen, sie hinrichten werden, falls sie auffliegen sollten.

TL;DR: Je mehr die Zivilisation der Welt, in der Du spielst, in Ordnung ist, desto sinniger erscheint im Spiel der Verzicht auf Gewalt.

Zu Kaufabenteuern kann ich nichts sagen, die spiele ich seit Jahrzehnten nicht.  :)
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Faras Damion am 14.11.2022 | 14:32
Es gibt durchaus Kaufabenteuer mit explizit friedlichen Lösungen, z.B. gab es zum Ukraine-Krieg ein DSA-Charity-Anthologie.
Dieser 64-seitige Abenteuerband entstand im Zusammenhang mit einer Charity-Aktion zugunsten der Ukraine. In drei diplomatischen Abenteuern stehen die Helden vor der Aufgabe, mit Verhandlungsgeschick anstatt roher Gewalt Konflikte zu verhindern und Probleme einträchtig zu lösen.
https://www.f-shop.de/das-schwarze-auge/rollenspiel/abenteuer/2922/dsa5-verhandlungskunst-friedensschwur-ukraine-anth.



Beim Umwandeln von Kaufabenteuern habe ich zwei Strategien um langweilige Endloskämpfe zu vermeiden:

1) Alle paar Aktionen ändern sich die Kampfbedingungen drastisch.
Beispiele:
- eine weitere Fraktion greift an (z.B. ein wütender Elementar, der aus dem Schlaf gerissen wurde; eine hungrige Drachin, die ihren Jungen Snacks bringen will; die lokale Gang will wissen, was in ihrem Kanalisationsabschnitt abgeht; Gefallene erheben sich als Untote und greifen alles an),
- Es gibt Naturkatastrophen. (z.B. löst das unterbrochene böse Ritual eine Sturmflut aus; oder es gibt ein Erdbeben mit Erdspalten)
- Das Ziel des Kampfes ändert sich (z.B. die Geisel ist entkommen und macht irgendetwas oder ein Macguffin wird gesichtet)
Das ist reinstes Railroading aber wenn ich die Geschwindigkeit hoch hielt, kam es bei meinen Schlümpfchen gut an. je schräger die Ereignisse, desto länger blieb es in Erinnerung.

2) Baue Objekte oder Handlungen ein, die den Sieg ermöglichen.
Beispiele:
- Die böse Hexe muss nicht getötet werden, sondern zerfällt, wenn sie in einen Spiegel blickt/ihr Haar abgeschnitten wird/ihr gläserner Schuh zerbricht.
- Das Ritual endet, wenn Heldenblut auf dem Totem-Pfahl vergossen wird/Sonnenlicht per Spiegel auf das Praiosheiligtum fällt/die Truhe der heiligen Schlumpfine zerbrochen wird.
Sobald man den Helden konkrete Ziele frühzeitig anbietet, folgen sie ihnen begeistert. Das funktioniert besser als vage Möglichkeiten von Verhandeln oder Täuschen. Wenig Auswahl führt zu mehr Kreativität. Außerdem ermöglicht es ein befriedigendes knappes Finale.
Und bei den meisten Kaufabenteuern habe ich Ideen wie solche Mcguffins einfach zufügen kann, ohne alles umschreiben zu müssen.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: nobody@home am 14.11.2022 | 14:37
Ich finde einerseits Kämpfe nur dann interessant, wenn es 1) wirklich um etwas geht (Gefahr!) und 2) wenn das regelseitig halbwegs flüssig von der Hand geht und 3) wenn sich das nich zu sehr häuft, sonst nutzt es sich ab.
Alle diese drei Punkte sind Geschmackssache.

Auch mit einem wenig komplizierten und schnellen Kampfsystem fand ich gehäufte Kämpfe nicht gut.

Sicher, aber mit so einem System habe ich erst mal mehr Gelegenheit, Spielzeit auch auf andere Dinge zu verwenden. Die dann auch entsprechend zu nutzen, ist dann eben der zweite Schritt. :)

Und dazu brauche ich dann gar nicht mal unbedingt ein ausdrücklich gewaltarmes Setting, denn wenn man ein bißchen genauer hinschaut, dann hält sich der reine Anteil von Kampfszenen auch in "action"lastigen Genres in den meisten Medien (Computer- und Videospiele mal außen vorgelassen, weil in denen unausweichliche Kämpfe in der Tat ein probates Mittel sind, um Spielzeit zu schinden) recht deutlich in Grenzen. Und das muß er auch, denn reine Kampfdemos im weißen Raum sind in der Tat schon von Natur aus eher langweilig und würden das Interesse des Publikums nicht lange halten -- die Kämpfe, die man ausführlich zeigt, sollten also besser welche sein, bei denen die Leute guten Grund haben, mitzufiebern, und alles an Kampf, was das nicht leistet, kann gestrichen oder zumindest stark gerafft werden.

Das sind natürlich die Standards der Unterhaltungsindustrie, nicht die von z.B. realen Kriegen und vergleichbaren Konflikten, die aus naheliegenden Gründen anderen Gesetzmäßigkeiten folgen. Aber genau zur Unterhaltung sollen die Kämpfe im Spiel ja immer noch in erster Linie dienen und wenn sie langweilen, leisten sie offensichtlich genau das nicht...also ist das meiner unbescheidenen Meinung nach nicht unbedingt der schlechteste Maßstab.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Zanji123 am 14.11.2022 | 14:42
evtl. mal andere Abenteuer nehmen?

Gerade DSA hat genügend Abenteuer in denen eigentlich nicht gekämpft werden muss oder überhaubt nicht gekämpft wird.

Beliebtes Beispiel hier: Feenflügel. Du KANNST hier gar nicht kämpfen bzw. du DARFST es nicht.


Dann gibt's das Fan Abenteuer: Murder on the Eberron Express

Ich kann mich jetzt auch noch an ein weiteres "Murder Mystery" Abenteuer für Eberron erinnern in dem Gewalt eigentlich nicht vorkommt da die Spieler einen Mörder suchen und den in die Enge treiben müssen.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Megavolt am 14.11.2022 | 14:45

Ich glaube, es hilft, sich ein Franchise als Vorbild zu nehmen, das den Umgang mit Gewalt hat, den Du Dir wünschst, zB ein Film oder eine Serie. Mir fällt jetzt spontan nur die Miss Marple-Reihe ein. Hier ist die Welt in meinen Augen so konstruiert: Die Zivilisation wird von allen Beteiligten anerkannt: Wer überführt ist, lässt sich verhaften. Die Geschichte ist vorbei, wenn der begriffsstutzige Inspektor die Überführten mitnimmt. Es gibt keine Attentäter oder Rockerbanden in der Miss Marple Welt, alle Beteiligten können sich artikulieren und anerkennen auch die Intelligenz des Anderen. Die Geschichte spielen nicht im Krieg, in der Apokalypse oder während eines Terrorangriffs, sondern in Landsitzen, Gärten, in Theatern, in dörflicher Nachbarschaft. Es gibt zwar auch mordende Personen in den Geschichten, aber ihnen ist die öffentliche Meinung nie egal, sie bemühen sich immer um maximale Heimlichkeit. Fliegen sie auf, dann gestehen sie ihre Taten in der Regel auch ein.

Das ist ein sehr schöner und sehr erhellender Gedankengang.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: kelko am 14.11.2022 | 15:00
Meine Frage ist: Hat jemand dafür eine Lösung und gelingt bei euch entsprechend kampfarmes Fantasy-Rollenspiel mit anderen Lösungswegen? Wie macht ihr das?

Ich find das Thema sehr spannend - auch grad auf Grund meiner bisher gemachten praktischen Erfahrungen.

(Disclaimer: Ich spiele eigentlich nur eigene Abenteuer, daher kann ich nichts zum Kaufabenteuer-Aspekt sagen. Doch zum Rest der Frage würd ich doch gern beitragen.)

Ich versuche immer in den Abenteuern die ich leite mehrere Lösungswege zu ermöglichen. Auch wenn ein Gegner im Weg steht suche ich nach Möglichkeiten wie eine Gruppe drumherum oder dran vorbei kann. Sei es ein Geheimgang den man erst finden muss, oder auch einfach, dass ich die Möglichkeit gebe mit dem Gegner zu reden und eventuell zu verhandeln.

Und jetzt kommt das für mich gradezu Paradoxe:
In den Handlungsteilen die sich nicht um „Überwinde Gegner X“ drehen (was erkunden, was vorbereiten, …) kommt teilweise eine gewisse Ungeduld bei den Spielern auf. Die wollen zum nächsten Kampf. Wurde auch 1, 2 mal so gesagt.
In den Handlungsteilen die sich um „Überwinde Gegner X“ drehen überlegen sie lange und breit und suchen nach Wegen kampflos vorbei zu kommen. Und zwar so gut wie alle Gruppenkonstellationen in denen ich gespielt habe. (Manche weil sie eher den inneren lautlosen Assassinen gebündelt haben, andere weil sie gradezu pazifistisch wurden.) [^01]

Natürlich kann es auch mit dem Systemen zu tun haben kann (Bei Fate scheint mir Kampf vom Regelwerk nunmal weniger Zentral als bei anderen Systemen).

Doch glaube ich, dass das Setting & die jeweilige Szene beitragen ob andere Optionen ernsthaft in Betracht gezogen werden. Sprich genügend alternative Routen andenken und den Spielern gegenüber Hinweise fallen zu lassen, dass es diese gibt. Bei Fate gibt es mit Herausforderungen und Wettkämpfen zwei Mechaniken die, so mein Eindruck, auch Spannung erzeugen, ohne dass es gleich der typische Kampf ist.
(Und gezielt eingeworfenes Reizen 😈 kann auch dazu führen, dass das Abenteuer lebt und Spaß macht, ohne Kampf)

Und ja, ich hatte manche Abende in denen es nicht ein mal zum Kampf kam und die trotzdem sehr cool waren, weil die gemeinsame Story gut getragen hat.[^02]

Soweit meine bisherigen Erfahrungen.

[^01]: Einmal war das besonders frustierend. Denn nach 1 - 2 Sessions mit sehr wenig Kämpfen wollte ich denen entgegen kommen und mal mehr Dungeon mit ausreichend Kleinzeugs zum Bekämpfen anbieten. Sozusagen schnetzelnd von Raum zu Raum laufen. Und was machen die? Die haben versucht den Gegnern unter allen Umständen aus dem Weg zu gehen. Waren gleichzeitig aber frustriert, dass so wenig Aktion ist.

Vielleicht verpacke ich die Nicht-Kampf-Situationen aber einfach schlecht & langweilig. Möchte ich nicht ausschließen.

[^02]: In den Sitzungen bei denen es zum großen Kampf kam, waren aber auch die am spannendsten, bei denen es nicht nur drauf ankam drauf zu hauen, bis X kein Leben mehr hat. Entweder es gab einen Countdown in dem sie den Gegner besiegen mussten. Oder einmal war die Menge der (Roboter)-Gegner nicht direkt zu besiegen, sondern sie mussten den EMP finden & zünden bevor die Gruppe durch war. Diese Kämpfe fühlten sich während des Spielens ganz anders an, als klassisches „Ich haue, er haut“.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: tartex am 14.11.2022 | 15:38
Meine Frage ist: Hat jemand dafür eine Lösung und gelingt bei euch entsprechend kampfarmes Fantasy-Rollenspiel mit anderen Lösungswegen? Wie macht ihr das? Kennt ihr Kaufabenteuer, die dieses Problem lösen?
Oder muss man die Frage anders stellen?

Die alte DSA(4)-Lösung: kämpfe sind so langatmig und mühsam, dass sie sich keiner am Spieltisch antun will.  >;D

Ich habe gemerkt, dass Spieler bei Szenarien, die sie eher aus der Perspektive ihrer eigenen Lebenserfahrung als durch jene von Genre oder gar Computerspiele wahrnehmen mit Gewalt viel zurückhaltender sind - zumindest bis der Point of No Return erreicht ist.

In den 1920igern in der eigenen Heimatstadt wird mit Gewalt viel eher gespart als wenn man gesichtlosen Monster gegenübersteht.

Das ist natürlich der nächste Faktor: manche Kreaturen sind einfach zum Abschuss freigegeben, ohne dass sich die Spieler viel Gedanken machen. Zombies, Orks und vieles was bewußt entmenschlicht ist. Ersetzt man das durch Gegner, die auch so etwas wie ein individuelles Leben haben, wird Gewalt auch oft sparsamer eingesetzt.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 14.11.2022 | 15:55
Habe den Titel angepasst. Es geht mir um "Kampfarmes Rollenspiel". Ich habe "gewaltarm" synonym verwendet und ich denke, das ist auch so verstanden worden. Es ist aber eigentlich unpräzise und lädt zu Missverständnissen ein.

Es geht mir weiterhin um Fantasy.
Bei Cthulhu z.B. habe ich das Problem so noch nie erlebt.

Mir geht es nicht darum Situationen zu schaffen, in denen Gewalt nicht möglich ist. Und auch nicht vordergründig um moralische Erwägungen.
Eher darum, dass Gewalt Konsequenzen hat, dass Spielerfiguren sterben können. Dass es sinnvoll ist, sich um alternative Lösungen zu bemühen, weil das weniger Ärger macht, weniger gefährlich ist und weil die Konsequenzen nicht so tödlich sind.

Ich möchte schon offen lassen, dass Gewalt eine gute Lösung sein kann und dass manche Probleme nicht anders lösbar sein können.

Konkret würde mich interessieren, wie das in Regelwerk X gelöst ist und wie es in Kaufabenteuer Y gehandhabt wird.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: schneeland am 14.11.2022 | 16:03
In altem D&D (z.B. Basic/Expert), gäb's die Mittel Reaktions- und Moralwürfe. Erstere lassen die Möglichkeit offen, dass das Gegenüber vielleicht gar nicht kämpfen will oder sogar aktiv hilfreich eingestellt ist. Zweitere sorgen dafür, dass es nicht zwingend bis zum Tod kämpft, sondern vielleicht vorher flieht (gewürfelt wird dabei typischerweise für Gruppen von Gegnern zu definierten Zeitpunkten wie "erste Wunde", "Hälfte der Gruppe gefallen", etc.). Und zumindest auf den niedrigen Stufen geht es mit dem Sterben auch recht schnell  ;D
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: nobody@home am 14.11.2022 | 16:28
Ich denke, Tödlichkeit als "Hilfsmittel" greift ein Stück weit zu kurz. Denn wenn es keine sichtbaren Alternativen zu "in den Kampf stürzen und das Beste hoffen" gibt (und sei es bloß der Aggressivität der Gegenseite halber), dann wird die daran auch nichts ändern und lediglich den Leichenzähler schneller ticken lassen -- und wenn sich andererseits solche Alternativen anbieten, dann prügle ich mich doch auch schon dann nicht unnötig, wenn's "nur" um ein paar vermeidbare Beulen und nicht gleich ums Verröcheln im Dreck geht.

Also muß, salopp gesagt, dafür gesorgt sein, daß diese Alternativen tatsächlich da sind und funktionieren können. Daß die SC sich beispielsweise in die Burg des Obermolchs einschleichen und die Prinzessin herausholen können, ohne alle fünf Minuten vorsichtige Erkundung gegen "Auffliegen, ALAAARRRMMM!!!, sämtliche Feine kommen angerannt" würfeln zu müssen etwa...
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 14.11.2022 | 16:34
Also muß, salopp gesagt, dafür gesorgt sein, daß diese Alternativen tatsächlich da sind und funktionieren können. Daß die SC sich beispielsweise in die Burg des Obermolchs einschleichen und die Prinzessin herausholen können, ohne alle fünf Minuten vorsichtige Erkundung gegen "Auffliegen, ALAAARRRMMM!!!, sämtliche Feine kommen angerannt" würfeln zu müssen etwa...

Ja, sowas in der Art. Und da ist dann die Frage, wer Erfahrungen damit hat, das so zu konstruieren. Und welche Systeme dafür geeignet scheinen. Und welche Abenteuer sowas bieten.
(Innerhalb klassischer Fantasy).

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Alexandro am 14.11.2022 | 16:52
Die alte DSA(4)-Lösung: kämpfe sind so langatmig und mühsam, dass sie sich keiner am Spieltisch antun will.  >;D

Würde eher zum Gegenteil tendieren: keine ausgefeilten Subsysteme für Kampf, die Aufmerksamkeit auf das Thema lenken.

Einen Gegner zu besiegen ist einfach ein Wurf, analog zum Wurf um einen Gegner zu überzeugen oder an einem Gegner vorbeizuschleichen. Wenn Spieler unbedingt kämpfen wollen können sie dies tun, aber Kämpfer kriegen nicht mehr Spotlight, als Leute die andere Lösungswege suchen.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Quaint am 14.11.2022 | 17:13
Mein Nachbar jammert immer seine Spieler wollen sich nicht hauen. Und lösen die meisten Kampfencounter anders. Wobei die Hälfte der Zeit werden die "Gegner" wohl Pets or Romance Targets, je nachdem was sich anbietet.
Hört sich jetzt kampfarm an, aber nicht unbedingt nach meiner Präferenz (oder der meines Nachbarn)
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 14.11.2022 | 17:13
Würde eher zum Gegenteil tendieren: keine ausgefeilten Subsysteme für Kampf, die Aufmerksamkeit auf das Thema lenken.

Einen Gegner zu besiegen ist einfach ein Wurf, analog zum Wurf um einen Gegner zu überzeugen oder an einem Gegner vorbeizuschleichen. Wenn Spieler unbedingt kämpfen wollen können sie dies tun, aber Kämpfer kriegen nicht mehr Spotlight, als Leute die andere Lösungswege suchen.

Interessante Idee. Gefällt mir in der Theorie erstmal; zumindest die Gleichbehandlung. Ich würde mich vermutlich eher bemühen, Nicht-Kampf-Lösungen etwas aufwendiger auszugestalten und Kämpfe sehr stark zu vereinfachen und dann auf diesem Weg sowas wie Gleichbehandlung zu erreichen.

Hat jemand Erfahrungen mit so einem Ansatz?

Ich vermute aber, dass das (mit den meisten Gruppen) nicht funktioniert, weil die Möglichkeit, zu kämpfen und dafür ein Kampfsystem zu haben, welches einen separaten Regelteil darstellt, so tief verwurzelt ist, dass ein Abweichen davon vermutlich zu radikal ist.

Mein Nachbar jammert immer seine Spieler wollen sich nicht hauen. Und lösen die meisten Kampfencounter anders. Wobei die Hälfte der Zeit werden die "Gegner" wohl Pets or Romance Targets, je nachdem was sich anbietet.
Hört sich jetzt kampfarm an, aber nicht unbedingt nach meiner Präferenz (oder der meines Nachbarn)

Wie gehört das zum Thema?

Wäre natürlich auch nicht meine Spielweise. Zumal ich "Pets or Romance Targets" nicht verstehe. Ist das Computerspiel-Jargon?
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Megavolt am 14.11.2022 | 17:21
Interessante Idee. Gefällt mir in der Theorie erstmal; zumindest die Gleichbehandlung. Ich würde mich vermutlich eher bemühen, Nicht-Kampf-Lösungen etwas aufwendiger auszugestalten und Kämpfe sehr stark zu vereinfachen und dann auf diesem Weg sowas wie Gleichbehandlung zu erreichen.

Hat jemand Erfahrungen mit so einem Ansatz:

Ich lese den Doppelpunkt mal als Fragezeichen: Splittermond hatte sich doch mal daran versucht, die sozialen Fertigkeiten näher auf eine Stufe mit den Kampffertigkeiten zu stellen, oder nicht? Im Detail weiß ich aber nicht mehr, wie das ging, es gab wohl vor allem entsprechende Regeln, bzw. man hat sich um eine angemessenere Dimensionierung der Nicht-Kampfregelkomplexe bemüht.

Ich erinnere mich aber noch daran, dass das irgendwie in der Praxis nicht zündete. Man will halt selber mit der Königin verhandeln, nicht jedoch fünf verschachtelte Verhandlungsproben ablegen. Die Diplomatie, hier exemplarisch gewählt, wird dadurch ja nicht aufgewertet. Im Gegenteil trägt sie nun stattdessen einfach auch die Regelbürden, die der Kampf normalerweise trägt.

Kann freilich auch ein splittermondpezifisches Problem sein, die Regeln dort sind ja doch sehr stark akzentuiert.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: tartex am 14.11.2022 | 17:34
Interessante Idee. Gefällt mir in der Theorie erstmal; zumindest die Gleichbehandlung. Ich würde mich vermutlich eher bemühen, Nicht-Kampf-Lösungen etwas aufwendiger auszugestalten und Kämpfe sehr stark zu vereinfachen und dann auf diesem Weg sowas wie Gleichbehandlung zu erreichen.

Hat jemand Erfahrungen mit so einem Ansatz

Bei Primetime Adventures (und vielen anderen Spielen mit Conflict Resolution) stehen alle Lösungswege gleichwertig nebeneinander.

Es wird genau einmal pro Szene zu den Karten oder Würfeln gegriffen. Das entscheidet welche Seite gewonnen und welche verloren hat. Nichts wird in die Breite gewalzt. Egal ob ein Kampf, ein Streitgespräch, ein Wettlauf oder eine simple Bitte: das wird alles auf einen Wurf + Modifikatoren reduziert.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Maarzan am 14.11.2022 | 17:42
Also muß, salopp gesagt, dafür gesorgt sein, daß diese Alternativen tatsächlich da sind und funktionieren können. Daß die SC sich beispielsweise in die Burg des Obermolchs einschleichen und die Prinzessin herausholen können, ohne alle fünf Minuten vorsichtige Erkundung gegen "Auffliegen, ALAAARRRMMM!!!, sämtliche Feine kommen angerannt" würfeln zu müssen etwa...

Einfach auf Abenteuer-lösen mit der Münze würfeln lassen. Im Erfolgsfall dürfen die Spieler dann erzählen, wie sie es gewaltlos geschaft haben, ansonsten kommt der Mantel des schweigenden Versagens : Keine Gewalt und super einfach ...


Beliebtes Beispiel hier: Feenflügel. Du KANNST hier gar nicht kämpfen bzw. du DARFST es nicht.

Und was KANNST/DARFST du dort als SC dann machen?
Nicht können, nicht kämpfen ist einfach, lass die SC einfach querschnittsgelähmt im Bett liegen. DIE werden keine (physische) Gewalt mehr anwenden.

Diverse Filme im Kampf mit der Natur oder auch das Äquivalent zu Aufbauspielen wären denkbar, aber die wären dann wohl vor allem eins: "Hartwurst" bzw. zu nah am Gedanken von irdischer Arbeit und damit üblicherweise als Spiel als langweilig eingestuft. Und der SL bzw. die Regelautoren müssten das dann auch erst einmal so weit ausarbeiten, dass da auch etwas bespielbares bei rauskommt und nicht auf Spielleiterschätzung verwiesen wird.
Romanzen betreffen dann ja meist nur ein oder 2 Figuren, blöd für eine Gruppe, wenn das alles sein soll.


Das mit der engen Genrebindung ab so etwas wie MissMarple wäre denkbar (wie beliebt das würde ?) aber ich meine ihr Gehilfe hat in den Filmen bei den Laufarbeiten und beim Erkundungen einholen durchaus schon auf die Fresse bekommen.

Aus NSC-Sicht könnte eine Situation gelten, wie sie zu Schulzeiten in einer Handvoll Dörfer im Umfeld eines von den SCs irgendwo im Nirgendwo an einer abgelegenen ehemaligen Handelsstraße zwischen zwei größeren reichen übernommenen Gasthof vorlagen. Die SC haben sich mal mehr, mal weniger intensiv nach ein paar Episoden als Lehnsherren in der Gegend aufgespielt und teils auch kleinere Rivalitäten bzw. Tests um an neue Gefolgsleute zu kommen initiiert.
Letztlich galt aber die Regel: keine Gewalt untereinander, deren Schäden nicht am nächsten Tag und übersehbarem Aufwand behoben werden konnte. Und bei dem Levelunterschied war eben klar, dass du keinem der SC da sanktionswürdig auffallen wolltest und bei einer Leiche du eher früher als später auffliegen würdest. Mit ein paar Kühe aus dem gegnerischen Dorf stehlen konntest du als Bauer hingegen durchaus durchkommen oder auf dem Dorfplatz die Sache mit den Fäusten klären war auch OK.

Zählt das jetzt als gewaltlos genug? 

Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: General Kong am 14.11.2022 | 18:39

Mir geht es nicht darum Situationen zu schaffen, in denen Gewalt nicht möglich ist. Und auch nicht vordergründig um moralische Erwägungen.
Eher darum, dass Gewalt Konsequenzen hat, dass Spielerfiguren sterben können. Dass es sinnvoll ist, sich um alternative Lösungen zu bemühen, weil das weniger Ärger macht, weniger gefährlich ist und weil die Konsequenzen nicht so tödlich sind.

Ich möchte schon offen lassen, dass Gewalt eine gute Lösung sein kann und dass manche Probleme nicht anders lösbar sein können.


Das ist doch OSR der ganz alten Schule (1974):
1. Erfahrung gibt es für Schätze und Gold.
2. Einen Ork erschlagen, gibt 10 EP.
3. Einen Säcjel Gold erscheichen, klauen usw. gibt je Münze ein EP - also so 10 bis 100 EP oder mehr.
4. Alle Waffen machen 1W6 Schaden.
5. In der ersten Stufe haben Kämpfer 1W6+1 TP, Magier und Kleriker 1W6 TP. Diese werden ausgewürfelt und liegen also zwischen 1 und 7 (bei KON 13-18)
6. Je nach Rüstungsklasse trifft mich in der ersten Stufe ein Ork oder Goblin zu 20% bis 50%.
7. Der Schaden bringt mich zu 50% sofort um.

Daraus folgt: Wer klug ist, sein Vorteile nutzt, überlegt vorgeht, den Verstand einsetzt, also sich um alternative Lösungen zu bemühen und so die Schätze erarbeitet, schafft es in die 2. Stufe.
Alle anderen nur in den Kochtopf der Orks.

 Kämpfen tut man nur bei klaren taktischem Vorteil. Sonst flieht man besser (oder verhandelt). Oder erschafft schnell einen neuen SC (natürlich Stufe 1 mit 3 TP  >;D) und lernt aus dem Fehler.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 14.11.2022 | 18:46
Zählt das jetzt als gewaltlos genug?

Ich habe extra den Titel angepasst.
Bin nicht ganz sicher, wieviele parallele Gespräche hier gerade laufen. Mir geht es aber nicht um Gewaltlosigkeit, sondern um eine Verringerung der Kämpfe. In der Anzahl, gern aber mit Erhöhung der Intensität.

Das ist doch OSR der ganz alten Schule (1974):
(...)
 Kämpfen tut man nur bei klaren taktischem Vorteil. Sonst flieht man besser (oder verhandelt). Oder erschafft schnell einen neuen SC (natürlich Stufe 1 mit 3 TP  >;D) und lernt aus dem Fehler.

Das meiste ist mir zu gamistisch.
Allerdings würde ich in der Tat gern mehr Flucht, mehr Verhandlung, mehr Überfälle und mehr List sehen.
Die Tödlichkeit der OSR-Sachen auf niedrigen Stufen gefällt mir auch ganz gut und ist einer der Gründe, warum ich entsprechende Regeln ganz gern nutze. Auf höheren Stufen ist das allerdings dann ja ziemlich schnell nicht mehr so.
Und natürlich ist OSR halt Gamismus pur. Plus die oben genannten Probleme.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Megavolt am 14.11.2022 | 18:55
Und natürlich ist OSR halt Gamismus pur. Plus die oben genannten Probleme.

Echt? Ich empfinde das eher als Tacticianismus pur. Gamismus ist es erst, wenn das Spiel zu einem Skirmisher umkippt, und da gibts sicherlich so ne Zone, wo sich das in diese Richtung bewegt (z.B. von DnD low level auf DnD high level o.ä.).

Spiel mal DCC, falls noch nicht getan, das ist vielleicht was für dich. Das ist wie von Jenni Kong beschrieben eigentlich kampfarm, weil man bei den Kämpfen einen hohen Blutzoll zahlt und sie deshalb nach Möglichkeit vermeidet. 
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: sindar am 14.11.2022 | 19:14
Ich sehe das Problem nicht bei  den Regeln, sondern bei den Szenarien / Abenteuern. Sehr häufig ist des doch so, daß man es mit einem Wesen zu tun hat, daß man nur dadurch am Stiften weiteren Unheils hindern kann, daß man es vernichtet (Sauron, der klassische Lich / Nekromant, ein Dämon oder Ähnliches). Wenn man das herausnimmt und die richtigen Spieler hat, sollte gewaltarmes Spiel systemunabhängig kein Probelm sein. Andererseits halte ich es für kontraproduktiv, so etwas gegen den Spielerwillen durchsetzen zu wollen.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 14.11.2022 | 19:35
Echt? Ich empfinde das eher als Tacticianismus pur. Gamismus ist es erst, wenn das Spiel zu einem Skirmisher umkippt, und da gibts sicherlich so ne Zone, wo sich das in diese Richtung bewegt (z.B. von DnD low level auf DnD high level o.ä.).

Spiel mal DCC, falls noch nicht getan, das ist vielleicht was für dich. Das ist wie von Jenni Kong beschrieben eigentlich kampfarm, weil man bei den Kämpfen einen hohen Blutzoll zahlt und sie deshalb nach Möglichkeit vermeidet.

Von mir aus auch eher taktisch als gamistisch. Ist für mich ein Abwasch  >;D

DCC ist mir wahrscheinlich zu pulpig, zu Sword-and-Sorcery, zuviel "weird". Würde natürlich mitspielen, ergäbe sich die Gelegenheit. Aber einarbeiten möchte ich mich da nicht.

Ich sehe das Problem nicht bei  den Regeln, sondern bei den Szenarien / Abenteuern. Sehr häufig ist des doch so, daß man es mit einem Wesen zu tun hat, daß man nur dadurch am Stiften weiteren Unheils hindern kann, daß man es vernichtet (Sauron, der klassische Lich / Nekromant, ein Dämon oder Ähnliches). Wenn man das herausnimmt und die richtigen Spieler hat, sollte gewaltarmes Spiel systemunabhängig kein Probelm sein. Andererseits halte ich es für kontraproduktiv, so etwas gegen den Spielerwillen durchsetzen zu wollen.

Es ist für mich völlig OK, Bedrohungen dadurch auszuschalten, dass man die Quelle vernichtet.
Geht eher um das wie - irgendwie läuft es immer auf den unausweichlichen Endkampf gegen Sauron, den Lich, den Dämon etc. hinaus. Zumindest sehen die meisten Szenarien das so vor.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: nobody@home am 14.11.2022 | 19:38
Ich sehe das Problem nicht bei  den Regeln, sondern bei den Szenarien / Abenteuern. Sehr häufig ist des doch so, daß man es mit einem Wesen zu tun hat, daß man nur dadurch am Stiften weiteren Unheils hindern kann, daß man es vernichtet (Sauron, der klassische Lich / Nekromant, ein Dämon oder Ähnliches). Wenn man das herausnimmt und die richtigen Spieler hat, sollte gewaltarmes Spiel systemunabhängig kein Probelm sein. Andererseits halte ich es für kontraproduktiv, so etwas gegen den Spielerwillen durchsetzen zu wollen.

Na ja, die Regeln spielen da schon ein Stück weit mit hinein. Denn wenn beispielsweise die Kampfregeln schon auf "Der Kampf endet erst mit dem Tod einer Seite" gepolt sind, dann kann man ihn beispielsweise meist schlecht damit beenden, daß man den Endgegner nur KO haut und den Behörden übergibt (siehe hierzu auch das bereits mehrfach diskutierte Problem "Wir können mit Gefangenen eh nichts anfangen, da meucheln wir sie lieber gleich")...

Aber es ist schon richtig: der Große Böse (tm), der vernichtend geschlagen werden will und in seiner Eigenschaft als Großer Böser wahrscheinlich auch eine gute Anzahl Schergen hat, von denen wenigstens eine Anzahl ebenfalls verhauen werden muß, ist so ein gängiges Abenteuer- und sogar Kampagnenklischee. Will ich die Kampfanzahl reduzieren, dann liegt nahe, entweder gleich auf dieses Klischee zu verzichten...oder aber allermindestens dafür zu sorgen, daß außer dieser einen eh schon fest eingeplanten Fraktion nicht auch noch dauernd andere Gegner mit den SC Streit suchen.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: General Kong am 14.11.2022 | 19:53
Das meiste ist mir zu gamistisch.

Das Argument verstehe ich nicht. Die Regeln unterstützen doch objektiv die Suche nach alternativen Lösungen.
Ich finde es gut und fast unabdingbar, wenn Regeln das gewünschte Spielgefühl unterstützen.

Nichts ist schlimmer als ein System, das einen pulpigen, actionreichen Spielstil einfordert und bei dem ich genau das besser lassen sollte oder Spiele, die mit der Gefährlichkeit der Kämpfe prahlen und wo man unter Feuer einfach erst mal zu Ende frühstückt und daruf wartet, dass den NSC die Munition ausgeht.
Oder wo ich utrakompetente Spezialisten des Sonderkommandos der Spezialeinheit für schwierige Notfälle spiele und mir kaum ohne Hilfe die Stiefel zubinden kann.

Bestes Beispiel: Superhelden in der ersten Edition von HEROES UNLIMITED - jeder kriget EINE Power. Maximum und Ende. Weil - isso. Kommt besser. Deshalb auch Heroes UNLIMITED ...

Aber gut, wenn D&D alter Schule nicht dein Ding ist, dann ist das so. Und in höheren Stufen, wenn man alles würfelt und danna uch die Herausfordrungen anspruchsvoller werden, bleibt das ähnlich. Da hat dann ein Kämpfer der 9, auch auch nicht 100+ TP - sondern vielleicht 40-50. Und da kommen dann Drachen und Gedöns. Und wer abkratzt - fängt wieder ganz unten an. Da ist man vorsichtig.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 14.11.2022 | 20:07
Das Argument verstehe ich nicht. Die Regeln unterstützen doch objektiv die Suche nach alternativen Lösungen.
Ich finde es gut und fast unabdingbar, wenn Regeln das gewünschte Spielgefühl unterstützen.

Finde ich auch. Trotzdem mag ich das Spiel um Erfahrungspunkte, Stufenaufstiege und Ausrüstungsoptimierung und (magische) Hilfsmittel nicht.
Wobei... eigentlich finde ich vor allem, dass Spielregeln nicht im Weg stehen sollten.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: tartex am 14.11.2022 | 20:08
Echt? Ich empfinde das eher als Tacticianismus pur. Gamismus ist es erst, wenn das Spiel zu einem Skirmisher umkippt, und da gibts sicherlich so ne Zone, wo sich das in diese Richtung bewegt (z.B. von DnD low level auf DnD high level o.ä.).

Ich empfinde es eher als GM-Bezirzen pur. Denn der SL hat ja von richtiger Taktik wahrscheinlich nicht so viel Ahnung - obwohl er ziemlich sicher vom Gegenteil überzeugt ist, auch falls er kein Feuilleton-General ist. Man muss dem GM einfach das bieten, was er hören möchte, um Erfolg zu haben.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Tudor the Traveller am 14.11.2022 | 20:25
Ich bin wohl weniger Zielgruppe dieses Themas (bekennender Buttkicker). Trotzdem mal ein paar meiner Cents:

Ich habe bisher kaum Szenarien gehabt, in denen die Vermeidung von Kampf interessant gewesen wäre. Also interessant im spielerischen Sinn. Meist läuft es darauf hinaus, dass ein Spezialist der Gruppe (je nachdem Schurke oder Face) das Gros der Handlung bestimmt und das Ganze mit ein paar Skillwürfen abgehandelt wird.

Was Kämpfe imo interessanter macht, ist dass sie ein Minispiel darstellen, das das gesamte Spiel bereichert. Wenn man die jetzt einfach nur "unspaßig" macht, reduziert man imo einfach nur den Spielspaß ohne etwas Bereicherndes dagegen zu setzen.

Was Kämpfe konkret machen: sie sind ein Tauziehen, bei dem die Gruppe sich Schritt für Schritt den Sieg erarbeitet. Oder eben Schritt für Schritt näher an den Abgrund rückt. In beiden Fällen können sich alle SC auf unterschiedliche Weise einbringen und man kann mitten drin die Taktik ändern, um den Kampfablauf zu ändern.

Ich habe noch keine andere Mechanik kennengelernt, die es für andere Lösungsansätze so inklusiv und schrittweise umgesetzt hat, ohne extrem repetitiv zu sein (und jetzt Würfel zum 10 Mal auf Überzeugen für den nächsten Verhandlungsabschnitt, während die anderen abseits warten, weil ihre Spielwerte niedriger sind...).
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Horadan am 14.11.2022 | 20:36


Was Kämpfe imo interessanter macht, ist dass sie ein Minispiel darstellen, das das gesamte Spiel bereichert. Wenn man die jetzt einfach nur "unspaßig" macht, reduziert man imo einfach nur den Spielspaß ohne etwas Bereicherndes dagegen zu setzen.

Was Kämpfe konkret machen: sie sind ein Tauziehen, bei dem die Gruppe sich Schritt für Schritt den Sieg erarbeitet. Oder eben Schritt für Schritt näher an den Abgrund rückt. In beiden Fällen können sich alle SC auf unterschiedliche Weise einbringen und man kann mitten drin die Taktik ändern, um den Kampfablauf zu ändern.

Ich habe noch keine andere Mechanik kennengelernt, die es für andere Lösungsansätze so inklusiv und schrittweise umgesetzt hat, ohne extrem repetitiv zu sein (und jetzt Würfel zum 10 Mal auf Überzeugen für den nächsten Verhandlungsabschnitt, während die anderen abseits warten, weil ihre Spielwerte niedriger sind...).
Ich denke das bringt es ziemlich genau auf den Punkt.

Ich hatte (übrigens mit Splittermond) letztens einen "Endkampf", der als Überzeugen eines aufgestachelten Mobs und dabei deren Aufstacheler schlecht aussehen lassen, gespielt wurde. Da ging es natürlich auch uns Reden, aber umrahmt wurde das von einem Minispiel, im das sich alle Spieler mit ihren Fähigkeiten eingebracht haben, um zu sehen ob die Argumente etc. auch in der Spielwelt funktionieren (aka die Würfe auf entsprechende Fähigkeiten so klappen wie gewünscht) und die in der Luft liegende Gewalttätigkeit "runtergewürfelt" werden musste.
Fand meine Gruppe ein ziemlich cooles Finale.
Titel: Re: Gewaltarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Camo am 14.11.2022 | 20:40
Das ist doch OSR der ganz alten Schule (1974):
1. Erfahrung gibt es für Schätze und Gold.
2. Einen Ork erschlagen, gibt 10 EP.
3. Einen Säcjel Gold erscheichen, klauen usw. gibt je Münze ein EP - also so 10 bis 100 EP oder mehr.
4. Alle Waffen machen 1W6 Schaden.
5. In der ersten Stufe haben Kämpfer 1W6+1 TP, Magier und Kleriker 1W6 TP. Diese werden ausgewürfelt und liegen also zwischen 1 und 7 (bei KON 13-18)
6. Je nach Rüstungsklasse trifft mich in der ersten Stufe ein Ork oder Goblin zu 20% bis 50%.
7. Der Schaden bringt mich zu 50% sofort um.

Daraus folgt: Wer klug ist, sein Vorteile nutzt, überlegt vorgeht, den Verstand einsetzt, also sich um alternative Lösungen zu bemühen und so die Schätze erarbeitet, schafft es in die 2. Stufe.
Alle anderen nur in den Kochtopf der Orks.

 Kämpfen tut man nur bei klaren taktischem Vorteil. Sonst flieht man besser (oder verhandelt). Oder erschafft schnell einen neuen SC (natürlich Stufe 1 mit 3 TP  >;D) und lernt aus dem Fehler.

Das war auch bis mindestens BECMI (sprich Red Box D&D und die anderen dazugehörigen Boxen) so. Tatsächlich bekam man die meisten XP für das Erreichen des Ziels (Erringen des Schatzes) und nicht für Kloppereien. Das änderte sich dann ungefähr ab Mitte der 80er.
MERS z.B. gibt zwar XP für verursachte Crits beim Gegner, aber auch für selbst eingesteckten Schaden... und war ein recht tödliches System, in dem man ein Wildschwein mit 150 Lebenspunkten mit einem Crit töten konnte. Dagegen war das alte Warhammer harmlos, da gingen die Crits erst los, nachdem die Lebenspunkte abgeräumt waren. ;)

Ich erinnere mich immer gerne an die alten Abenteuer, wo es immer Möglichkeiten gab, Kämpfen auszuweichen. Das änderte sich durch die Systeme, in denen die Haupt-XP für umgehauene Gegner verteilt wurden, was dann natürlich den Fokus auf das Gekloppe legte. Alternativ helfen Systeme, die gar nicht mit XP arbeiten, sondern wo Fertigkeiten durch Nutzung und Training steigen. Runequest z.B.

Aber generell kann man jedes System gewaltarm spielen... man muss sich nur mit den Spielern darauf einigen, als SL entsprechende Optionen einplanen und eventuell die XP-Vergabemechanismen umstricken. Wenn Kämpfe sich nicht mehr lohnen und nicht zum "besser werden" gebraucht werden, dann lässt die Frequenz der Waffengänge meist recht schnell nach.

Wenn ich mich recht erinnere, könnte ein Blick in "Drakar och Demoner" alias "Dragonbane" helfen. Das klang recht tödlich und hat im Kern das Basic Roleplay sprich Runequest bzw. Cthulhu als Ursprung der Abstammung, auch wenn es sich seit 1982 selbst entwickelt hat.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 14.11.2022 | 22:50
Was Kämpfe imo interessanter macht, ist dass sie ein Minispiel darstellen, das das gesamte Spiel bereichert.

Im Idealfall ja. Tatsächlich so erlebt habe ich das selten.
Andere, auch welche, die mit mir am gleichen Tisch saßen, würden das vielleicht anders erinnern.

Aber grundsätzlich stimmt das natürlich - wenn sie gut gemacht sind und passen, dann sind Kämpfe ein guter Teil des Spiels.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Olibino am 14.11.2022 | 23:39
Wenn man nicht so viele Kämpfe haben möchte, sollte man die anderen Elemente stärken:

Viele soziale Szenen. Interessante NSC, mit denen es sich zu kommunizieren lohnt. Auch den SC Raum geben für Gespräche untereinander.

Geheimnisse die man herausfinden kann.

Exploration: das überwinden von Flüssen, Gebirgen, usw.

Es kann dann immer noch Kämpfe geben, aber sie machen vielleicht nur noch 10% der Spielzeit aus. Insbesondere wenn man einfache Kampfregeln verwendet.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Torsten (Donnerhaus) am 15.11.2022 | 01:24
Wir haben vor kurzem, auf Basis unseres Icarus Adventure Systems und in Zusammenarbeit mit einem Rollenspielverein, ein Rollenspielsetting erarbeitet, dass sich derzeit in der gespielten Testphase befindet. Dabei handelt es sich um ein Mantel & Degen Spiel, dass um 1700 herum in einem italienischen Stadtstaat spielt. Eines der Ziele ist dabei ein einsteigerfreundliches Rollenspiel zu produzieren, dass unterschiedliche Konfliktlösungsoptionen bietet und Kämpfe vermeidbar und veränderbar macht.

Konflikt wird dabei in drei Ebenen unterschieden: Die Bravade, den Tanz der Ehre und den Tanz des Todes.

Die Bravade kommt vor den meisten Kämpfen und ist regelmechanisch eine Form ritualisierten Herumgeprolles. Beide Seiten versuchen den Gegner einzuschüchtern und sich eine bessere Ausgangssituation zu verschaffen. Am Ende der Bravade müssen beide Seiten entscheiden, ob sie eskalieren oder einen Rückzieher machen. Damit besteht darin also bereits ein potentiell kampffreies Konfliktsystem.

Im Tanz der Ehre wird gekämpft, aber ohne Tötungsabsicht. Man misst sich mit dem Gegner und versucht ihn zu ermüden oder zu demütigen. Das geht entweder so lange, bis eine Seite gewonnen hat oder bis eine Seite zum Tanz des Todes eskaliert.

Der Tanz des Todes beginnt dann, wenn eine Seite tödliche Gewalt ins Spiel bringt, also kämpft mit der Intention schwer zu verletzen oder zu töten. Das ist aber innerhalb der sozialen Situation des Settings die Ausnahme.

Das ist jetzt spezifisch kein Fantasy-Rollenspiel, aber es ist thematisch und technologisch nahe daran. 😄
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Arldwulf am 15.11.2022 | 02:09
Ich denke vieles macht dort natürlich die Spielrunde aus - wenn man Kampfarm spielen will geht das in jedem System.

Aber ein paar Dinge können Regelwerke natürlich trotzdem bieten. In erster Linie solche Szenen herausfordernd und interessant gestalten. Es bringt wenig wenn die Spieler das Gefühl haben nur in den Kämpfen gefordert zu werden oder die Fähigkeiten ihrer Charaktere einzubringen. Regelwerke in denen die Charaktere auch mit Problemen außerhalb der Kämpfe unterschiedliche Herangehensweisen nutzen können fördern dies.

Ganz wichtig ist aber auch die Frage wie improvisationsfreudig ein Spiel ist. Das blödeste was passieren kann ist, wenn man als Spielleiter einer coolen alternativen herangehensweise gegenüber steht und erstmal überlegen muss: mhh, geht das? Und wie setz ich das um? Ist das zu mächtig? Wenn Spieler 1 das jetzt macht, was machen die anderen dann?

Sowas sorgt dann dafür, das alternative Wege abgeblockt werden

Mir hat geholfen solche Ideen nicht mehr als "ok, und dann ist die Herausforderung weg" zu betrachten. Sondern mehr als " Ok, das war eine schöne Aktion, die bringt euch weiter. Was machen die anderen?". 

Also mit Teilerfolgen zu arbeiten bei denen von vornherein klar ist, dass für den Gesamterfolg mehr als nur eine Aktion nötig ist. Das erleichtert Alternativen zuzulassen und spontan auf diese zu reagieren.

Mal ein paar Regelbeispiele aus dem D&D Bereich:

https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122457.msg135068545.html#msg135068545

Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 25.11.2022 | 12:49
Danke für die vielen Anregungen!

Ich lege das Problem unter "ungelöst, wahrscheinlich nicht wirklich lösbar" ab. Habe mir eine Art Theorie dazu zurechtgelegt, die ich vielleicht bei Gelegenheit vorstellen werde.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: tartex am 25.11.2022 | 12:57
Und natürlich ist OSR halt Gamismus pur. Plus die oben genannten Probleme.

Wenn du nur die Tödlichkeit der Low-Level-OSR erhältst und denn Rest vom System deiner Wahl nimmst?

Unknown Armies hat ein interessantes Essay zu Gewalt im Rollenspiel (und zu deren psychologischer Auswirkung). Damit machen tut es dann aber nicht so wirklich viel.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: AlucartDante am 25.11.2022 | 12:57
Das Elfquest Rollenspiel basierend auf W100 Runequest und die zugehörigen Abenteuer waren ziemlich gewaltarm. Da lage es also mehr an den Abenteuern. Wobei ein System mit sehr vielen Skills natürlich gewaltarmes Spiel interessanter macht, als ein System das auf Kampf zentriert ist. Vielleicht hilft es sich die Abenteuer mal anzugucken.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 25.11.2022 | 13:03
Unknown Armies hat ein interessantes Essay zu Gewalt im Rollenspiel (und zu deren psychologischer Auswirkung). Damit machen tut es dann aber nicht so wirklich viel.

Das ist einer der Punkte, die ich in meiner "Theorie" bearbeite :)

Wenn du nur die Tödlichkeit der Low-Level-OSR erhältst und denn Rest vom System deiner Wahl nimmst?

Wäre vielleicht machbar, aber wird mir etwas viel Aufwand, glaube ich.
Wobei ich tatsächlich schonmal überlegt hatte, Midgard mit grundsätzlich verdoppeltem Schaden bei ansonsten unveränderten Regeln zu spielen. (Verdoppelt ist nicht ideal, aber mechanisch einfach machbar). Oder mit grundsätzlich um 1w6 erhöhtem Schaden.
Ich muss das mal überschlagsartig durchrechnen.

Das Elfquest Rollenspiel basierend auf W100 Runequest und die zugehörigen Abenteuer waren ziemlich gewaltarm. Da lage es also mehr an den Abenteuern. Wobei ein System mit sehr vielen Skills natürlich gewaltarmes Spiel interessanter macht, als ein System das auf Kampf zentriert ist. Vielleicht hilft es sich die Abenteuer mal anzugucken.

Interessante Idee, danke!
Elfquest ist auch schon wieder nicht so richtig klassische Fantasy, aber ich werde bei Gelegenheit mal reinschauen.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Lord Verminaard am 25.11.2022 | 13:27
Bei Kaufabenteuern wirst du hier wahrscheinlich bis auf ein paar Detektiv-Abenteuer (langweilig) keine Hilfe finden. Der springende Punkt ist doch, dass die typische Fantasy-Party aus reisenden Abenteurern besteht. Und was machen reisende Abenteurer? Naja sie dringen an gefährliche Orte vor, jagen gefährliche Bösewichte oder beschützen die Wehrlosen. Das geht manchmal sicherlich auch ohne Kampf, aber die Fähigkeit und Willigkeit zu kämpfen ist immer da. Und das wird dann von den Kaufabenteuern eben auch angeboten.

Wenn du ein Szenario spielen willst, das sich davon wirklich unterscheidet, dann musst du in allererster Linie mal weg von "reisende Abenteurer". Du brauchst ein völlig anderes Gruppenkonzept. Nur mal ein paar Ideen, um die Bandbreite aufzuzeigen:

* Die Charaktere sind Ratsmitglieder / einflussreiche Personen in einer freien Stadt, der es wirtschaftlich nicht allzu gut geht, in der mehrere zerstrittene Fraktionen eine Pattsituation erzeugen, und die zunehmend unter den Einfluss einer größeren politischen Macht gerät, was die Charaktere verhindern wollen. Und dann bricht auch noch die Pest aus.
* Die Charaktere sind Priester des Totengottes und haben die Aufgabe, jene Seelen auf den Weg ins Jenseits zu geleiten, die ihren Weg allein nicht finden. Was in der Regel bedeutet, irgendetwas unerledigtes in der Welt der Lebenden noch zu erledigen.
* Die Charaktere sind Höflinge, alles dreht sich um Intrigen, Spionage und Kuppelei.
* Die Charaktere sind eine Familie, in ihrer alten Heimat waren sie angesehene Handwerker, doch sie mussten fliehen und versuchen nun, sich in einer neuen Heimat eine Existenz aufzubauen. Kann man mit oder ohne Soap-Faktor spielen, ich würde natürlich reichlich zwischenmenschliche Konflikte mit rein werfen.
* Die Charaktere sind... Schüler an einer Magierakademie! *Tusch*
* Die Charaktere sind eine Truppe von Musikern oder Schaustellern aus der Provinz, die in die große Stadt gehen, um dort ganz groß rauszukommen.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 25.11.2022 | 13:49
Naja, eben das klassische Fantasy mit reisender Abenteurer-Gruppe etc. will ich ja gerade. Und auch gern mit Konflikten und es muss auch nicht gewaltfrei sein.
Mir haben Kaufabenteuer (und die meisten selbstgestrickten Sachen, die ich erlebt habe) in dem Bereich zuviele Kämpfe und zuwenig Möglichkeiten bzw. Anreize, diese anders zu lösen. Kämpfe sollten, finde ich, riskant sein und andere Lösungswege (List, Verhandlung, Meuchelei, Bestechung, Hinterhalte, etc.) sollten Optionen sein.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Arldwulf am 25.11.2022 | 14:54
Mhh, aber warum schreibst du dann oben:

Ich lege das Problem unter "ungelöst, wahrscheinlich nicht wirklich lösbar" ab.

?

Das von dir gewünschte geht doch relativ einfach und oben wurden auch schon Hilfsmittel vorgestellt die man dafür nutzen kann. Passen die nicht? Oder verstehen wir dort irgendetwas falsch daran was von dir gesucht wird?
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: tartex am 25.11.2022 | 14:55
Wäre vielleicht machbar, aber wird mir etwas viel Aufwand, glaube ich.
Wobei ich tatsächlich schonmal überlegt hatte, Midgard mit grundsätzlich verdoppeltem Schaden bei ansonsten unveränderten Regeln zu spielen. (Verdoppelt ist nicht ideal, aber mechanisch einfach machbar). Oder mit grundsätzlich um 1w6 erhöhtem Schaden.

Warum nicht einfach die Lebenspunkte reduzieren?
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Maarzan am 25.11.2022 | 15:12
Ich denke eine Bedingung ist eben von einsamen Wolf(srudel) weg zu kommen und die Gruppe positiv sozial zu verankern und dann eben  diese soziale Umgebung oder ihre Stellung dort direkt wieder wegen großem Drama mit dem Untergang zu bedrohen, was wiederum radikale Maßnahmen ermutigen würde.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: dicemice am 25.11.2022 | 15:13
Also für mich klingt das was du suchst irgendwie nach Hârnmaster. Die Hârnworld ist eine klassische Fantasy-Welt, Kämpfe gehen schnell übel aus, sowohl das Kampfsystem als auch die Folgen bei zB falscher Wunderversorgung sind unter Umständen extrem. Kommt es zu Auseinandersetzungen muss man schon genau überlegen wie man das ganze angeht, nicht selten geben verletzte Gegenspieler auf und man verhandelt dann weiter oder auf einer anderen Basis. Klassische Abenteuer gibt es meines Wissens nach nicht, aber eben viele ausgearbeitete Städte und Personen mit ihren bestehenden Fehden untereinander, woraus man sich recht schnell einen Plot zusammenschustern kann.

Der Einfluss auf das Spielgefühl ist schon groß finde ich, eine Szene in der sich ein Charakter hinstellt und den fiesen Kriegspriestern inkl Schwert und Pferd sagt 'zieht Leine wir wollen euch hier nicht haben' fühlt sich anders an, wenn ich weiß es ist das richtige, aber nicht weiß ob der Rest des Dorfes hinter ihr/ihm steht und sich zur Not in einem Mob zusammentut und ob die sich überhaupt davon beeindrucken lassen. Weitere Auseinandersetzungen wurden daher bisher eher vermieden, dadurch passiert bei uns viel heimlich, was aber auch mit dem Kern des Abenteuers den Baron auszukundschaften zusammen hängt denke ich.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: nobody@home am 25.11.2022 | 15:14
Gerade bei Kaufabenteuern mag das Problem ein Stück weit schlicht sein, daß viele NSC (insbesondere, wenn auch längst nicht nur, die der eher "monstrigen" Sorte) eben nur zum Kloppen vorgesehen sind oder zumindest recht suggestiv so präsentiert werden -- reichlich Kampfwerte, wenig bis nichts an darüber hinausgehender Persönlichkeit. Das hat seine Parallelen zum Computerspiel, wo die mehr oder weniger rudimentäre Gegner-KI ja auch gerne auf hauptsächlich "Warten, bis der/ein Spieler in Reichweite kommt, und loslegen!" getrimmt ist.

Nun braucht natürlich nicht jeder einzelne Goblin gleich seine ganz eigene herzerweichend-tragische Hintergrundgeschichte. :) Aber ein bißchen Antwort auf die Frage "Was macht diese Bande eigentlich hier und was wollen sie?" sollte sich schon finden lassen -- und da würde ich dann vom Abenteuer bzw. der Spielleitung absolut mehr als bloß "Arrrgh, wir Menschling totmach muß!!!" erwarten.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 25.11.2022 | 15:15
Ja, Hârnmaster wollte ich mir immer mal genauer anschauen. Gefällt mir in vieler Hinsicht gut. Hat aber das Problem, dass ich das wohl realistischerweise nie werde spielen können. Und die Regeln sind mir vermutlich auch zu komplex und nicht besonders handwedelfreundlich. Aber ja, Hârnmaster liest sich immer ziemlich verlockend.

Das von dir gewünschte geht doch relativ einfach und oben wurden auch schon Hilfsmittel vorgestellt die man dafür nutzen kann. Passen die nicht? Oder verstehen wir dort irgendetwas falsch daran was von dir gesucht wird?

Großteils ziemlich allgemein und theoretisch - mich interessieren, wie eingangs geschrieben, erprobte Konzepte.
Außerdem ist alles, was in die Richtung "eigentlich was anderes, aber könnte passen" und "ganz andere Welt, aber hier ist ein Ansatz, der unter ganz anderen Bedingungen funktioniert" geht, nicht so hilfreich für meinen Fall. Trotzdem gut, wenn es hier steht, vielleicht hilft es ja jemand anderem.

Warum nicht einfach die Lebenspunkte reduzieren?

Ist technisch komplizierter, glaube ich. Bin aber nicht sicher.

Gerade bei Kaufabenteuern mag das Problem ein Stück weit schlicht sein, daß viele NSC (insbesondere, wenn auch längst nicht nur, die der eher "monstrigen" Sorte) eben nur zum Kloppen vorgesehen sind oder zumindest recht suggestiv so präsentiert werden -- reichlich Kampfwerte, wenig bis nichts an darüber hinausgehender Persönlichkeit. Das hat seine Parallelen zum Computerspiel, wo die mehr oder weniger rudimentäre Gegner-KI ja auch gerne auf hauptsächlich "Warten, bis der/ein Spieler in Reichweite kommt, und loslegen!" getrimmt ist.

Nun braucht natürlich nicht jeder einzelne Goblin gleich seine ganz eigene herzerweichend-tragische Hintergrundgeschichte. :) Aber ein bißchen Antwort auf die Frage "Was macht diese Bande eigentlich hier und was wollen sie?" sollte sich schon finden lassen -- und da würde ich dann vom Abenteuer bzw. der Spielleitung absolut mehr als bloß "Arrrgh, wir Menschling totmach muß!!!" erwarten.

Ja, denke ich auch. Daher die Frage nach Kaufabenteuern, bei denen das eben nicht so ist. Und natürlich - idealerweise - wo Lösungsmöglichkeiten jenseits von "Drauf-und-Totschlagen" angedacht sind. (Nochmal, weil es immer wieder unterzugehen scheint: Ich habe kein grundsätzliches Problem mit Gewalt. Mir geht die hohe Frequenz von Kämpfen auf den Keks).
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: dicemice am 25.11.2022 | 15:46
Ja, Hârnmaster wollte ich mir immer mal genauer anschauen. Gefällt mir in vieler Hinsicht gut. Hat aber das Problem, dass ich das wohl realistischerweise nie werde spielen können. Und die Regeln sind mir vermutlich auch zu komplex und nicht besonders handwedelfreundlich. Aber ja, Hârnmaster liest sich immer ziemlich verlockend.

Die Regeln sind nicht zu komplex finde ich, es ist ja so eine Art Modul-Kauf-System. Wenn du spezielle Regeln zB zum Herstellen von Rüstungen oder für die Fuchsjagd willst, kannst du sie kaufen kannst es aber auch lassen. IdR hast du simple Grundattribute und lässt entweder auf ein Vielfaches davon würfeln (je nach Schwierigkeit) oder auf die Talente, deren Werte sich aus verschiedenen Kombinationen der Grundattribute berechnen. Das sind alles w100-Würfe wie man es zB von Cthulhu kennt, alles was glatt durch 5 teilbar ist, ist entweder ein kritischer Erfolg oder Misserfolg. Das sind schon so ziemlich die Regeln. Für den Kampf gibt es dann noch eine DIN A4 Seite wo man nachgucken muss was passiert zB bei einem gelungenen Angriff und einer kritisch gelungenen Parade, das kenne ich so nur von Runequest, ist etwas sperrig zu Anfang, braucht man ja aber auch nicht zu oft.
Die Charaktererstellung ist ne bisschen aufwendig, weil man halt erstmal alle Grundwerte der Talentwerte berechnen muss, die Attribute hatten wir gewürfelt. Danach ist es dann eigentlich sehr simpel, steigern muss man auch nicht bzw kann man auch nicht irgendwie, sondern nach Anwendung eines Talentes unter Stress macht man einen Steigerungswurf und steigert ggf um 1%.
Ja ich hoffe für dich du findest jemanden der es mal mit dir spielt bzw die Zeit/Muße dich einzulesen, es ist wirklich großartig.  ;D
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Tudor the Traveller am 25.11.2022 | 16:00
@Harnmaster: ein System mit ellenlangen Tabellen für Waffen, Rüstungen, Kampfskills und einer eigenen Tabelle für Trefferkonsequenzen inklusive Schockfolgen als "kampfarm" zu bewerben finde ich... schräg  :o

Na gut. Mag in die Kategorie "Kampf ist so sperrig, dass man ihn meidet" fallen.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Arldwulf am 25.11.2022 | 16:03
Großteils ziemlich allgemein und theoretisch - mich interessieren, wie eingangs geschrieben, erprobte Konzepte.
Außerdem ist alles, was in die Richtung "eigentlich was anderes, aber könnte passen" und "ganz andere Welt, aber hier ist ein Ansatz, der unter ganz anderen Bedingungen funktioniert" geht, nicht so hilfreich für meinen Fall. Trotzdem gut, wenn es hier steht, vielleicht hilft es ja jemand anderem.

Mhh, die verlinkten Beispiele oben haben dir nicht geholfen?

Sorry fürs Nachfragen, aber irgendwie verstehe ich noch nicht genau was du suchst. Ursprünglich dachte ich, das wäre etwas in die Richtung "Regeln um Alternativen für Kämpfe bereitzustellen in denen die Charaktere dennoch Herausforderungen meistern müssen. Nur eben auf andere Art als durch draufhauen".

Und dazu würde ich schon sagen, dass es einige Möglichkeiten gibt.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Kurna am 25.11.2022 | 16:29
Da du Midgard kennst, kennst du auch Abenteuer 1880 (früher Midgard 1880).
Ist halt kein Fantasy, sondern quasi-historisch, aber da komme ich sehr gut mit wenigen Kämpfen aus. Und da die LP ähnlich niedrig sind wie bei Midgard, reicht oft ein Gewehrschuss, um einen Kampf zu beenden.
Außerdem gibt es mit der "Komplexen Anwendung einer Fertigkeit" eine schöne Möglichkeit, auch mal Aktionen im Nicht-Kampfbereich etwas ausführlicher zu gestalten. Im Prinzip sind das Reihen von Fertigkeitswürfen, die sich über einen gewissen Zeitraum hinziehen. Je nach Art der Aktion können das auch gemischte Fertigkeitswürfe sein.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: tartex am 25.11.2022 | 16:53
Da Frage ist halt, ob wenn Kampf sehr tödlich ist, die Spieler nicht einfach auf Meucheln oder sowas zurückgreifen.

Theoretisch ist ja z.B. der Schlaf-Zauber fast pazifistisch. In der Praxis gibt es dann aber Kehlenschnitt bei wehrlosen Gegnern.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Maarzan am 25.11.2022 | 17:15
Kampf tödlich führt sicher zu einem ersten Nachdenken wie man vorgeht, aber wenn nichts anderes sich anbietet wird daraus eben wie man eben den Kampf dann optimiert.
Und auch wenn man mal etwas konstruieren kann wo ein Abenteuer von Vagabunden "zivil" zu lösen wäre, wird das auf Dauer vermutlich sehr gezwungen wirken.

Oder ein Barde, ein Mentalist, ein Demagoge und ein Zwerg-> MindControllCrew+Hammer
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Camo am 25.11.2022 | 17:25
Dann wären aber die Spieler nicht bereit, auf Gewalt zu verzichten und man muss sie durch Regeln dazu zwingen.
Da wäre dann die Frage, ob die Vorstellungen von SL und Spielern tatsächlich kompatibel sind.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Maarzan am 25.11.2022 | 17:53
Dann wären aber die Spieler nicht bereit, auf Gewalt zu verzichten und man muss sie durch Regeln dazu zwingen.
Da wäre dann die Frage, ob die Vorstellungen von SL und Spielern tatsächlich kompatibel sind.
Auf was/wen bezieht sich das?

Das zum auf Gewalt verzichten bereit sein hängt ja auch von der Art Probleme an, mit denen die Gruppe konfrontiert wird und damit auch, was ihnen an anderen Möglichkeiten offen steht.
Erst mit weiteren redlichen Optionen kann man  ggf. von Verweigerung reden.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Camo am 25.11.2022 | 18:00
Ah, da nahm er das Zitat nicht mit... das war auf tartex und den Schlafzauber.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Tudor the Traveller am 25.11.2022 | 18:03
Dann wären aber die Spieler nicht bereit, auf Gewalt zu verzichten und man muss sie durch Regeln dazu zwingen.
Da wäre dann die Frage, ob die Vorstellungen von SL und Spielern tatsächlich kompatibel sind.

Hängt für mich auch stark am spielerischen Fokus. Für Gamer ist das relativ easy, die nehmen halt die Optionen, die die Mechanik vor sieht. Problematisch wird es imo, je simulativer der Anspruch wird, weil Gewalt nunmal Bestandteil der Wirklichkeit ist. Da müssen die ingame Setzungen schon so sein, dass Gewalt quasi nie eine brauchbare Option ist.

Darauf fußt imo auch Kritik wie die an Ms Marple, weil es simulativ betrachtet die Option auf Gewalt immer gäbe.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 29.11.2022 | 18:22
Sorry fürs Nachfragen, aber irgendwie verstehe ich noch nicht genau was du suchst.

Wenn ich das genau wüsste, wäre die Sache schon fast gelöst  :)



Da du Midgard kennst, kennst du auch Abenteuer 1880 (früher Midgard 1880).
Ist halt kein Fantasy, sondern quasi-historisch, aber da komme ich sehr gut mit wenigen Kämpfen aus. Und da die LP ähnlich niedrig sind wie bei Midgard, reicht oft ein Gewehrschuss, um einen Kampf zu beenden.

Eben - es ist halt kein Fantasy.
Wie gesagt - außerhalb klassischer Fantasy tritt das Problem so nicht auf.

Das zum auf Gewalt verzichten bereit sein hängt ja auch von der Art Probleme an, mit denen die Gruppe konfrontiert wird und damit auch, was ihnen an anderen Möglichkeiten offen steht.
Erst mit weiteren redlichen Optionen kann man  ggf. von Verweigerung reden.

Das denke ich auch.
Und genau das ist bei so vielen Abenteuern in klassischen Fantasy-Welten halt nicht so. Es gibt meist jede Menge Kämpfe, die eigentlich nicht sinnvoll vermeidbar sind.  Das Abenteuer hat sich darüber auch gar keine Gedanken gemacht, weil es halt Konvention ist, dass Kämpfe zum Abenteuer gehören. (Können sie meinetwegen auch gern. Nur gern etwas weniger und mit etwas mehr Varianz und Alternativen).
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Maarzan am 29.11.2022 | 19:03
Noch ein anderer Gedanke.

Eine typische Heldengruppe wird in einer typischen Nachtundnebelaktion einen für Diplomatie oder auch für irgendeine Art zivilen Umgang nicht erreichbaren Gegenspieler oft beseitigen können.
In offenem, vorangekündigten Kampf sieht es da schon schlechter aus, kann aber auch gegen einen kleinen Baron etc. schon mal hinhauen.
Aber wenn die Alternative Diplomatie war, dann haben sie typischerweise selbst bei einem militärischen Erfolg ein Problem - zumindest, wenn sie in diesem halbwegs zivilisierten Landstrich weiter agieren wollen (wir erinnern uns - Diplomatie sollte eine gangbare Alternative gewesen sein)

Aber dann mangelt es den allermeisten Gruppen an entsprechendem Gewicht, da sie (außer die üblichen und dann meist wieder kommandoartigen "Gefallen") weder an Karotte noch Stick (außer der Drohung mit Meuchelmord) was in die Waagschale werfen können.
Ohne soziale Bindungen und Gewicht, ohne Kontaktpersonen und Leumund (die ggf erfolgte Anwerbung hat ja auch meist schon Shadowrunstyle der abstreitbaren Verbindung) haben sie dann schlicht nichts aufzubieten, um einen Handel oder selbst eine Denunziation gegen einen sozial etablierten Gegner aufzuziehen, oft auch nicht einmal nähere Kenntnisse der politischen Lage. Da hilft der beste Überzeugenwert nichts, wenn effektiv aus der Situation heraus keine Argumente da sind.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 29.11.2022 | 19:13
Oft geht es ja aber um ganz andere Dinge - jemanden befreien, an jemandem vorbeikommen, etwas stehlen etc.
Dafür braucht es kein soziales Netz.

Abgesehen davon kann man das soziale Netz ja bei Bedarf fingieren - falls die Gruppe in der Gegend nicht völlig fremd ist, sollte sie Leute kennen, die Leute kennen etc.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: Maarzan am 29.11.2022 | 19:23
Oft geht es ja aber um ganz andere Dinge - jemanden befreien, an jemandem vorbeikommen, etwas stehlen etc.
Dafür braucht es kein soziales Netz.

Abgesehen davon kann man das soziale Netz ja bei Bedarf fingieren - falls die Gruppe in der Gegend nicht völlig fremd ist, sollte sie Leute kennen, die Leute kennen etc.

Solche Schattenaktionen stehen aber auch immer eine Klingenbreite davor zu eskalieren und teils ist zumindest das "Finale" dann ohne Gewalt nicht zu schaffen. Wenn der Wächter vor der Zelle/dem McGuffin steht muss der da halt weg.

Und ja, so ein soziales Netz könnte gebastelt werden, aber das ist den meisten SL meinem Eindruck nach zu viel Arbeit bzw. bedroht den Plot, wenn es nicht gerade darum geht den Spielern einen Redshirt anzudrehen, der dann gerächt werden muss oder so.
Titel: Re: Kampfarmes Fantasy-Rollenspiel, bzw. alternative Lösungswege
Beitrag von: felixs am 29.11.2022 | 19:58
Solche Schattenaktionen stehen aber auch immer eine Klingenbreite davor zu eskalieren und teils ist zumindest das "Finale" dann ohne Gewalt nicht zu schaffen. Wenn der Wächter vor der Zelle/dem McGuffin steht muss der da halt weg.

Alles arrangierbar und Kämpfe als Resultat fehlgeschlagener anderer Aktionen finde ich OK - das Problem sehe ich darin, dass Kaufabenteuer es gern so einrichten, dass dann halt ein Kampf stattfinden soll/muss.

Wenn ich das Szenario selbst schreibe, gibt es das Problem nicht.