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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Ludovico am 15.05.2023 | 08:09

Titel: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Ludovico am 15.05.2023 | 08:09
Edit: Richtet sich nicht an Sandbox-Spieler. Bei denen läuft eh alles anders.

Ich denke viele Spielleiter hier kennen den Anspruch an sich selbst, dass man einen richtig geilen Plot schaffen will, der total überraschende Wendungen und Drehungen hat und man später von den Spielern zu hören kriegt "Geil! Damit hab ich nun gar nicht gerechnet. Hammer!"

Und anschließend wird die 20 nächsten Jahre diese Runde immer wieder erwähnt und davon geschwärmt, bei Bier oder Wein oder Tee.

Solche Sachen gibt es. Klar! Hab selber ein paar solcher Geschichten gehört.

Aber ich denke, als Spielleiter und auch als Spieler sollten wir uns von diesen Ansprüchen lösen.

Warum?

Das Problem ist halt auch, dass sehr viele hier schon viel erlebt haben im Spiel und in der Medienwelt. Und entsprechend ist es schwer uns ein "Aaahh" oder ein "Ooooh" zu entlocken. Aber wir haben dennoch Spaß am Spiel. Es gibt halt nur eine begrenzte Anzahl an Plotthemen, wenn man nicht ins psychedelische Arthouse-Genre abdriftet, und viele hier kennen sie alle und haben sie schon alle in x verschiedenen Varianten erlebt.

Also ist mein Vorschlag das KISS-Prinzip konsequent anzuwenden und generell einfache Plots zu schreiben, sowohl nach außen als Auch nach Innen. Und den Anspruch, die Spieler zu überraschen (außer mit einer neuen Biersorte am Tisch) komplett fallenzulassen. Der Twist darf ruhig vorhersehbar sein. Vielleicht muss es ihn auch gar nicht geben.

Wir brauchen das doch gar nicht, um immersiv zu spielen und bei gamistischen Spiel ist das eh nicht nötig.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: ghoul am 15.05.2023 | 08:16
Komplexe Plots kann man auch wachsen lassen. Sie entstehen ganz organisch in sogenannten "Sandbox"-Milieus.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Ludovico am 15.05.2023 | 08:24
Danke für den Hinweis!
Sandbox-Spieler machen eh alles anders, denn der Plot kommt von den Spielern.  ;D
ist aber auch nicht jedermanns Stil und deshalb oben im Text nochmal ausgeklammert.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Isegrim am 15.05.2023 | 08:29
Seh ich ähnlich wie Ludovico. Va wenn man nicht mehr so lange Sessions spielt und die in größerem Abstand als zu Schüler-/Studi-Zeiten, kommt man bei komplexen Plots mit einem dutzend Handlungssträngen und einem Telefonbuch voll an NSCs einfach nicht mehr mit; bzw, ich komm dann nicht mehr mit, aber ich glaub, dis ist nciht nur meine Senilität...

Da ist weniger oft mehr.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Aedin Madasohn am 15.05.2023 | 08:30
Das Problem ist halt auch, dass sehr viele hier schon viel erlebt haben im Spiel und in der Medienwelt

schön gesagt. was in einer Würfelmumienrunde als "einfach&vorhersehbar" durchgeht, würde bei Einsteigern noch anders (oder auch nur komplexer in der Lore verankert) rüberkommen.

das in DSA der fiese Chefhintertreiber ein Diener des Namenlosen ist...
...ist für alte Hasen noch nicht mal ein Twist...

für Einsteiger kann das entblättern der bösen Agenda des Namenlosen (Gott und nicht Erzdämon), seiner Ränke und weitgespannter Hintertreibungen bereits den großen Moment für denkwürdige Runden ergeben.

und irgendwann ist es halt nur noch das nächste Haar, welches man final abgefackelt hatte (Insider werden dass zuordnen können  ;) , die anderen dürfen sich überraschen lassen)
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Issi am 15.05.2023 | 08:51
Ein Abenteuer muss eigentlich nur eines sein: Unterhaltsam.

(Für Langeweile setzt sich niemand stundenlang an einen Tisch- zumindest nicht dauerhaft)

Also ob einfach oder komplex ist mMn. nicht die Frage - sondern ob es den Teilnehmern Spaß macht.

Für alle SL, die jetzt denken: Für den Spaß sind doch die Spieler selbst verantwortlich-
Kann ich nur sagen: Nö, so einfach isses nicht.
Die Spielleitung hat da auch ihren Beitrag zu leisten. Außerdem spielt sie idR sämtliche NSC.

Würde aber sagen: Ein sehr einfacher Plot, ohne jede Überraschung braucht zum Ausgleich - gut gespielte NSC + einen fühlbaren Spannungsbogen.

Zuviel Leer-Lauf ist ermüdend - selbst in komplexen Plots.

Ein Vorteil von einfachen Plots ist vermutlich auch der, dass man davon ausgehen kann, dass es sich um echte, vorbereitete Abenteuer handelt, statt um Plots ,bei denen sich die Spielleitung in Wirklichkeit alles spontan aus dem Ärmel schüttelt. (Wie bei diversen "Ermittlungs Abenteuern"- bei der die SL vor Spielbeginn selbst nicht weiß, wer am Ende der Täter wird. Die Spieler aber in dem Glauben gelassen werden, alles wäre geplant)
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Arldwulf am 15.05.2023 | 08:59
Es muss nicht einmal eine Sandboxing Spielweise sein, generell können sich komplexe Geschichten sehr gut nach und nach entwickeln wenn man die einzelnen Elemente der eigenen Spielwelt miteinander interagieren lässt und sich Konsequenzen überlegt.

Aber wahrscheinlich sollte man erstmal überlegen was sich überhaupt unter komplexen Plots verbirgt.

Oben werden ja z.B. überraschende Wendungen genannt. Und natürlich sollten diese sparsam genutzt werden. Aber das sind wahrscheinlich nicht die einzigen Elemente. Ich würde noch Sachen nennen wie


Gut gemacht fallen diese Dinge den Spielern erst in der Spielsituation auf, sind also etwas das man entdecken kann. Und natürlich gibt es eine Menge Tips und Hilfsmittel wie man beispielsweise NSC mit Hintergrund und Beziehungen zueinander ausstatten kann und wie man einen übergreifenden Plot gestalten kann.

Braucht man dies? Tja, am Ende ist dies eine Abwägungsfrage die auch nicht ohne das System beantwortet werden kann. Als Spielleiter hab ich oft nicht mehr als eine halbe Stunde Zeit zur Vorbereitung. Spiele ich Systeme mit guten Spielleiterhilfen die mir ermöglichen in kurzer Zeit die gerade notwendigen Sachen zu erstellen welche in der aktuellen Spielsituation gebraucht werden, wie z.B. Gegner, Fallen oder auch Regeln um per sozialer Interaktion etwas zu erreichen dann bleibt Zeit übrig.

Zeit für Hintergründe, Motivation oder übergreifende Plots und Spielweltausarbeitung. Und dies lohnt sich, selbst in Kampagnen in denen die Spieler einfach nur mal ein wenig Monster verhauen und Schätze finden wollen. Weil diese Dinge Spielern dabei helfen  Probleme mit eigenen Ideen und Ansätzen zu lösen und die Spielsituation besser zu beurteilen.

Braucht man "vorhersehbar einfache Plots"? Ne, aber ein Auge für den Aufwand den man in Plots steckt und Herangehensweisen um mit dem zur Verfügung stehendem Aufwand möglichst durchdachte und tiefe Plots zur Verfügung zu stellen.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Selis am 15.05.2023 | 09:00
Wir haben eine große seit Jahren laufende Star Wars Kampagne, alleine über den Zeitraum ergibt sich eine gewisse Komplexität.
Es fing mit einer durchschnittlichen Abenteurer Gruppe an, kurz nach der Order66 dann bauten wir eine Rebellen Zelle aus.
Aktuell sind wir im Zeitstrahl davor und spielen mitten in den Klon Kriegen und der Rebellen Kram ruht.

Wir haben div. unterschiedliche Bereiche, militärische Sessions, Spionage, soziales und Jedi Kram.
Die meisten Spieler haben mehr als einen Charakter und dadurch auch mehrere Handlungsstränge und durch das Alter der Runde und ich möchte es mal als temporale Verwerfung nennen, ist es eine ziemlich komplexe Runde und trotzdem ist die erfolgreich und zieht immer wieder Interessenten an.

Ich glaube bei unserer L5R Runde sieht es nicht anders aus, da bin ich selbst aber neu hinzugekommen und konzentriere mich da auf meinen eigenen Plot mit einem Charakter.

Wenn ich aber außerhalb dieser zwei Schwergewichte schaue, ist mir eine leichtgewichtige Geschichte aber auch lieber.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Jiba am 15.05.2023 | 09:03
Komplexe Plots kann man auch wachsen lassen. Sie entstehen ganz organisch in sogenannten "Sandbox"-Milieus.

🥱

Nach dem Gesetz der Serie vielleicht. Aber ich tue mich schwer damit, zufällige Zusammenstücklungen an Einzelereignissen als Plots zu bezeichnen. Wenn's nicht intentional ist, dann ist es Zufall. Ich müsste noch die allererste Spielzusammenfassung einer oD&D-Runde lesen, bei der ich danach denke: "Mensch, was für'n cooler Plot."  :-\
(Okay, okay, ich bin ja auch nur ein Mensch... Ghouls Horatio Hornblower-Kampagne ist schon ziemlich cool. Aber das ist die Einzelausnahme in einer Reihe cooler Non-Sandbox-Plots, die ich sonst so kenne.)

Sandboxing mag seine Stärken haben, aber lassen wir mal die Kirche im Dorf... jeder Spielstil hat seine Stärken.

Ich würde sagen die coolsten und komplexesten Plots im Sinne von Handlungen entstehen eigentlich in den SL-losen Spielen mit geteiltem Erzählrecht. Da hat man nämlich einfach einen größeren Kreativpool an Leute, die sich Wendungen ausdenken können. Aber das sind nur Erfahrungswerte.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: nobody@home am 15.05.2023 | 10:07
Ich denke, für ein einzelnes Abenteuer, das so 1 - 3 Spielsitzungen von moderater Länge ausmachen soll, braucht's tatsächlich keine furchtbar komplizierten Plots -- für die ist im Zweifelsfall eh gar nicht die Zeit da. Und eine ganze Kampagne von Anfang bis Ende komplett durchplanen zu wollen, mögen vielleicht irgendwelche SL-Genies da draußen stemmen können...ich nehme mir so etwas bis auf vielleicht ein paar grobe Eckpunkte zur Orientierung erst gar nicht vor.

Man darf ja nicht vergessen, daß die Spieler auch bei einem "einfachen" Plot erst mal noch gar nicht so genau wissen, um was es geht und was ihnen wohl so alles begegnen wird. Da ist also allemal auch bei einem simplen Rettet-den-Drachen-vor-der-Prinzessin-Szenario noch Platz genug für kleine bis mittelgroße Überraschungen im Detail.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: felixs am 15.05.2023 | 10:13
Ich denke, vieles hängt an den "Fähigkeiten" der Gruppe.
Wenn ich leite, dann weiß ich, dass ich keine Lust habe, sehr komplexe Verläufe im Auge zu behalten und ich weiß auch, dass ich mir das nicht zwei oder drei Wochen bis zur nächsten Sitzung merken kann. Außerdem weiß ich, dass es bei den Leuten, mit denen ich spiele, auch so ist.

Wenn es anders wäre, dann könnte man auch komplexere Sachen machen. Setzt aber einen hochgradig motivierten, voll im Thema aufgehenden Spielleiter und ebensolche Spieler voraus. Schon eine unaufmerksame Person am Tisch, die nicht mehr mitkommt, kann das alles verderben.
Daher halte ich in der Theorie sehr komplexe, ungewöhnliche Handlungsstränge und Rätsel im Rollenspiel für möglich. In der Praxis würde ich es damit nicht probieren, weil ich erwarten würde, dass es nicht klappt.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: ghoul am 15.05.2023 | 10:13
Randnotiz: "Sandbox" ist ja gar nichts besonderes - dieser Spielstil ergibt sich, wenn der SL loslässt von fester Vorausplanung. Eine Mischung aus SL-Kreativität beim Ausbauen des Settings und Eingehen auf Spieler genügt.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: ghoul am 15.05.2023 | 10:15
In der Praxis würde ich es damit nicht probieren, weil ich erwarten würde, dass es nicht klappt.
Ist das nicht Teil des Spielspaßes? Die Spielwelt dreht sich auch ohne Spieler. Sie funktioniert, auch wenn letztere scheitern.  >;D
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Jiba am 15.05.2023 | 10:39
Ist das nicht Teil des Spielspaßes? Die Spielwelt dreht sich auch ohne Spieler. Sie funktioniert, auch wenn letztere scheitern.  >;D

Und was hab ich als Spieler davon, wenn eine Welt sich "weiterdreht", in der ich oder mein Charakter gar nicht vorkommen.

Dann doch lieber gleich SL-los. Das ist richtiges "Loslassen".
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: felixs am 15.05.2023 | 10:47
Ist das nicht Teil des Spielspaßes? Die Spielwelt dreht sich auch ohne Spieler. Sie funktioniert, auch wenn letztere scheitern.  >;D

Du gehst von einem anderen Spielansatz aus (sandboxing). Das ist OK, aber ein anderes Thema.

Im (von mir) gedachten Fall ist es eher nicht spielspaßfördernd, wenn die geplante und vorbereitete Handlung ohne die Spieler abläuft, weil die irgendwo im Dunklen herumstolpern und immer an der falschen Stelle suchen.

Und ja, man kann sagen, die Lösung des Problems sei eine Sandbox. Man kann aber auch einfach Szenarien spielen, die einfach genug sind um in der Praxis zu funktionieren und damit das Problem vermeiden. Beides gute Ansätze, finde ich.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Arldwulf am 15.05.2023 | 11:05
Letztlich hat man was den Komplexitätsgrad angeht bei der Sandbox natürlich die gleiche Problematik, auch dort gibt es viele Dinge welche abseits der Spielercharaktere durch oder ohne deren Einmischung verursacht wird und auch dort müssen die Konsequenzen daraus im Kopf oder der Aufzeichnung gehalten werden.

Sandboxing ist also eine Form komplexen Plots, nicht das Gegenstück dazu. Eine Art diesen Plot sich nach und nach entwickeln zu lassen.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: ghoul am 15.05.2023 | 11:13
Letztlich hat man was den Komplexitätsgrad angeht bei der Sandbox natürlich die gleiche Problematik, auch dort gibt es viele Dinge welche abseits der Spielercharaktere durch oder ohne deren Einmischung verursacht wird und auch dort müssen die Konsequenzen daraus im Kopf oder der Aufzeichnung gehalten werden.

Sandboxing ist also eine Form komplexen Plots, nicht das Gegenstück dazu. Eine Art diesen Plot sich nach und nach entwickeln zu lassen.

Genau. Zumindest die Problemstellungen a), d) und e) des TE wären damit aber gelöst.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Feuersänger am 15.05.2023 | 11:14
Ich stimme dem OP zu, vor allem weil wegen:

Zitat
Es ist sowieso vorhersehbar.

This. Wir kennen wasweissich, hunderte, tausende Bücher, Serien, Filme, Spiele, die sich so gut wie alle immer wiederkehrender Topoi bedienen (und die man auf tvtropes.org nachlesen kann) -- da muss man schon echt tief buddeln, um mal einen Plot Twist zu konsgtruieren, der einerseits nicht vorhersehbar, aber andererseits auch nicht völlig random ist. Der Witz an einem guten Plot Twist ist mMn, dass er nicht vorhersehbar, aber rückblickend konsistent ist, Sinn ergibt und als nachvollziehbar empfunden wird. Also ein "Das hätten wir eigentlich kommen sehen können".

Insofern, grämt euch nicht wenn euch kein super origineller Twist einfällt, der nicht nach 15 Minuten erraten wird. Der Konsument von heute ist halt einfach mit allen Wassern gewaschen. Lieber einen geradlinigen Plot ohne Twists, als völlige Randomness, wo die Spieler jahrelang komplett im Dunkeln tappen, oder der Reveal einfach überhaupt keinen Sinn macht.

Ganz besonders unbedingt zu vermeiden ist das Stilmittel des Roten Herings, mit dem das Publikum gezielt in die Irre geführt wird, um vom eigentlichen Plot abzulenken. Bei sowas schieb ich echt Hasskappe.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Ludovico am 15.05.2023 | 11:18
Genau. Zumindest die Problemstellungen a), d) und e) des TE wären damit aber gelöst.

Allenfalls der Druck wäre weg, aber ansonsten... Aber es wäre auch nicht sonderlich kreativer und komplexer zwangsweise. Auch wenn es um Gefühle und Hintergründe von NSCs und Motivationen angeht, so kennt man das doch schon alles.
Und das ist auch in einer Sandbox nicht anders. Es ist immer der gleiche Kram, bloß halt größer und nicht vom SL getrieben.

Das betrifft auch SL-lose Spiele.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: ghoul am 15.05.2023 | 11:19
Ein positives Erlebnis mit einem simplen Plot hatte ich mit In a Deadly Fashion (Rezension hier) (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,120982.msg135074082.html#msg135074082).
Beim Lesen dachte ich echt, das sei viel zu simpel aufgebaut. Im Spiel haben wir trotzdem 3 spaßige Sitzungen rausgeholt.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: nobody@home am 15.05.2023 | 11:20
Ganz besonders unbedingt zu vermeiden ist das Stilmittel des Roten Herings, mit dem das Publikum gezielt in die Irre geführt wird, um vom eigentlichen Plot abzulenken. Bei sowas schieb ich echt Hasskappe.

Und überflüssig ist er bei der klassisch-"typischen" Spielergruppe, die sich schon von sich aus in alle möglichen Richtungen verrennt, sowieso. ;D
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: ghoul am 15.05.2023 | 11:24
@Ludovico: Bei dir heißt Sandbox wohl, dass der SL nix machen darf?  :think:
(Deshalb mag ich diesen Begriff nicht: jeder stellt sich etwas anderes darunter vor).
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Ludovico am 15.05.2023 | 11:26
@Ludovico: Bei dir heißt Sandbox wohl, dass der SL nix machen darf?  :think:
(Deshalb mag ich diesen Begriff nicht: jeder stellt sich etwas anderes darunter vor).

Du hast ihn aufgebracht. Die Spieler bestimmen bei der Sandbox ja in welche Richtung es geht. Der SL hat diverse Plots je Location vorbereitet. Das ist alles.
Und dann gibt es halt eine Auflistung an NSCs und Locations. An sich ist es nicht viel anders als eine Art Abenteuersammlung und deshalb keineswegs zwangsweise komplex - außer man betrachtet Umfang als Komplexität, was ja auch legitim ist.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Issi am 15.05.2023 | 11:37
Häufig hat man einen "Mantel Plot" und einen "Kern-Plot."
Der Mantel Plot sagt, wonach das Abenteuer zu Beginn aussieht.
Der Kern Plot was die tatsächliche Aufgabe ist.

Random Beispiel:
Die Helden werden beauftragt einen Wagenzug zu begleiten.
Auftrag: Bringt die Prinzessin sicher von Ort A nach Ort B.(Mantel Plot)
Unterwegs wird der Wagenzug jedoch überfallen und die Prinzessin von Räubern entführt.
Auftrag: Befreit die Prinzessin (Kern Plot)

Bei der Befreiung stellen die Helden jedoch fest, dass die Prinzessin die Räuber eigentlich recht gerne mag. Besonders den Räuberhauptmann. Auch erfahren sie, dass sie gar nicht am Zielort ankommen will, weil dort ihr unliebsamer Verlobter wartet, der die Bevölkerung arg drangsaliert, und ihren Vater erpresst.
(Hier könnten die Helden dann ihren dritten Auftrag bekommen: Befreit alle vom Tyrannen)

Es wäre aber auch möglich nur einfache Plots zu machen.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: ghoul am 15.05.2023 | 11:48
Du hast ihn aufgebracht.
Mea culpa. Ich hatte gehofft, "Sandbox" sei griffiger als wie wenn ich einfach "normales Rollenspiel" schreibe.  ;D
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Ludovico am 15.05.2023 | 11:51
Das soll nun kein Statement sein, keine Twists mehr einzubauen, aber man sollte diese einfach halten und aus meiner Sicht den Anspruch fallen lassen, die Spieler zu überraschen.

Einfach muss halt nicht geradelinig und stur ein "Gehe zu X und töte Y" sein. Kein Mensch käme auf die Idee z.B. die Marvel-Filme oder John Wick als komplexe Geschichte zu betrachten und da gibt es Wendungen, Verrat und wechselnde Allianzen.
Aber es ist ein einfacher Plot.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Arldwulf am 15.05.2023 | 12:08
Einfach und Komplex sind dort vielleicht auch zu subjektive Kategorien.

Was der eine nun als einfach einstuft muss für den nächsten nicht gelten.

Ich würde eher Mittel aufzählen welche ein Plot haben kann oder nicht, und die dessen Komplexität beeinflussen.

Beispielsweise:



Je mehr Relevanz man diesen Elementen gibt und je mehr es davon gibt umso komplexer wird die Geschichte. (Und wahrscheinlich vergess ich jetzt auch noch weitere Beispiele)

Und wenn man diese Spielelemente in das eigene Abenteuer integriert gibt es Hilfsmittel um den Aufwand dafür zu minimieren. Beispielsweise dafür zu sorgen einen Überblick uber komplexe Beziehungen zu haben oder vergangene Geschehnisse so einzubringen, dass die Spieler wissen wie diese Einfluss auf heutiges Geschehen nehmen.

Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: nobody@home am 15.05.2023 | 12:21
Einfach muss halt nicht geradelinig und stur ein "Gehe zu X und töte Y" sein. Kein Mensch käme auf die Idee z.B. die Marvel-Filme oder John Wick als komplexe Geschichte zu betrachten und da gibt es Wendungen, Verrat und wechselnde Allianzen.
Aber es ist ein einfacher Plot.

Ich denke, die meisten populären Filme haben einfache Plots. Das schon rein aus Zeitgründen: man hat als Filmemacher so seine ca. zwei Stunden (plus/minus) Zeit, sein Publikum mit bewegten Bildern zu unterhalten und eine Geschichte zu erzählen, und was so kompliziert ist, daß die Leute am Ende nicht mal mehr so richtig wissen, was sie da eigentlich gesehen haben, wird vermutlich an der Kinokasse floppen.

Davon alleine werden diese Filme aber, außer vielleicht in den Köpfen bestimmter hochnäsiger Berufskritiker, nicht automatisch schlecht. ;)
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Lord Verminaard am 15.05.2023 | 12:30
Was schlecht ist:


All das kann man natürlich vermeiden, indem man den abgedroschensten, simpelsten und vorhersehbarsten aller Plots präsentiert. Sind daher simple und vorhersehbare Plots stärker? Nein! Schneller, leichter, verführerischer. ;) Klar, wenn der Fokus auf Dungeoncrawl liegt und der Plot mehr so ne Rahmenhandlung ist, mag das ausreichen. Aber bezogen auf story-orientiertes Spiel, liegen hier glaube ich ein paar Missverständnisse vor.

1) Ein Plot sollte nachvollziehbar sein, in dem Sinne, dass der Spieler im Nachhinein sagt, ach ja, KLAR ist das so gewesen. Nachvollziehbar ist aber nicht das gleiche wie vorhersehbar, im Sinne von total klischeehaft und nach Schema F. Für einen guten, nachvollziehbaren Plot braucht es einen gut durchdachten Hintergrund, und es braucht bei jedem Plot Twist Set-up und Pay-off. Und klar, wenn die Spieler hier und da das Set-up als solches erkennen und über den Pay-off nicht allzu überrascht sind, muss das nicht schlimm sein. Es wäre aber schon wünschenswert, dass die Spieler sich eher auf die eigene Schulter klopfen und sagen, ha, wusste ich's doch, als dass sie mit den Augen rollen und sagen, echt jetzt, genau so wie jeder erwarten würde? Und gerne dürfen sie auch mal was nicht kommen sehen, weil das Set-up elegant unter was anderem versteckt wurde.

2) Ein Plot sollte, gerade im Rollenspiel, überschaubar sein, die Spieler sollten in der Lage sein, zwischen Spielregeln, taktischer Planung, Spekulation, Selbstorganisation, sozialer Dynamik am Spieltisch und gelegentlichem OT trotzdem zu folgen und die wesentlichen Dinge im Kopf zu behalten. Das erfordert klare Schwerpunktsetzung, gelegentliche Redundanz und vor allem Stringenz. Man darf den Plot nicht überfrachten, und man sollte verwirrende, rätselhafte und ambivalente Elemente sehr gezielt und punktuell einsetzen. Gleiches gilt für nicht-lineare Erzählstrukturen. Stringent ist aber nicht das gleiche wie simpel, im Sinne von, man muss darüber überhaupt nicht nachdenken. Im Gegenteil, wenn man den Plot stringent hält, bindet man weniger Hirnkapazität mit Nebensachen oder Formalitäten, und kann diese Hirnkapazität dann statt dessen dafür verwenden, wirklich über inhaltliche Dinge nachzudenken. Die zentralen Fragen eines guten Plots sollten nicht simpel sein, sie sollten wenn möglich profund sein. Wenn man solche profunden Fragen hat, diese aber im Spiel nicht so richtig ankommen, dann ist die Antwort nicht, die Fragen banaler zu machen. Sondern genau im Gegenteil ist die Antwort, die Fragen besser, stringenter herauszuarbeiten.

3) Dramatische Höhepunkte entstehen dadurch, dass sie im Abenteuerhintergrund möglichst unausweichlich (aber NICHT offensichtlich) angelegt sind. Man muss die Motive der SCs kennen und die der NSCs entsprechend gestalten, die Ziele und Umstände, Zwänge und Kausalitäten so ineinander verschachteln, dass es sich unweigerlich zuspitzen und ggf. zu einem bestimmten Schauplatz hin bewegen wird. Das ist nicht das gleiche wie Railroading, bei dem gerade diese Vorarbeit fehlt und deswegen irgendwelche Taschenspielertricks verwendet werden, um trotzdem zu der geplanten epischen Szene zu kommen, obwohl es dafür eigentlich gar keine Notwendigkeit gibt.

Ein guter Plot macht Arbeit. Wer sich die Arbeit nicht machen will, okay, der sollte lieber einen simplen und vorhersehbaren Plot leiten, der wenigstens solide ist, als einen "komplexen" Plot, bei dem er mit faulen Tricks versucht, darüber hinweg zu täuschen, wie halbgar und schlecht durchdacht er ist. Aber simpel und vorhersehbar ist nicht gleich gut. Sondern gut ist gleich gut. >;D
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: tartex am 15.05.2023 | 12:42
Wenn ich ereignisoffen leite, ist es völlig egal ob ich mit dem schlimmsten Railroad-Abenteuer starte, denn der Zug entgleist ja bald und die Spieler verwandeln den vorhersehbarsten Plot eigentlich immer in ein Feuerwerk an unerwarteten Twists.

Und wenn ich dann als Spielleiter jene Hälfte der Spielertwists aufgreife, die ich geiler finde (für mich normalerweise dadurch definitiert, dass sie meine Erwartungshaltung brechen), bin ich nach 2 Sessions ja zwangsweise in unerforschten Sphären der Plotbezwingens.

Jeder vorhersehbare Plot verwandelt sich in meinem Gruppen glücklicherweise schnell in ein Lawine des Wahnwitzes. Mag sein, dass es Spielleiter gibt, die mit sowas unzufrieden wären.  :think:
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: First Orko am 15.05.2023 | 13:17
Plots - im Sinne von: Das, was man erhält, wenn eine Spielgruppe mit einer definierten Ausgangssituation konfrontiert wird (vulgo: "Ganz normales Rollenspiel"  ;) ;D) - werden meiner Erfahrung nach ziemlich schnell und von allein komplex durch:


Welches System man dafür nutzt, und ob es Regelsystem ist oder soziale Vereinbarung, geschriebenes Szenario + Improvisation, Sandbox oder kooperatives Spielerlebnis mit einem soliden Regelset ist dabei eher zweitrangig. Es gibt sicher Zusammensetzungen, die förderlicher sind für bestimme Arten von Spielenden, aber eine allgemein gültiges Tool finde ich da nicht.

Der beste, komplexe, geplante Plottwist nützt nix, wenn die Spielgruppe ihn ignoriert oder dafür notwendige Bedingungen nicht "erspielt", erwürfelt oder außer Kraft setzt.

Umgekehrt wird man mit einem KISS-Plot, generischen NSC, SC ohne Ziele, hartem Railroading und einer eher passiven Spielgruppe mit hoher Sicherheit keine komplexen Plotverwicklungen erleben.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Feuersänger am 15.05.2023 | 13:30
Was ich noch dazu sagen wollte:
Wir hatten da vor einiger Zeit mal einen artverwandten Thread, wo es aber iirc primär um "Geheimnisse" ging, also: wieviel Plot stellt sich den Spielern überhaupt dar, bzw wieviel läuft im Hintergrund ab ohne dass sie etwas davon mitbekommen?
Das ist nämlich noch so ein Pet Peeve von mir - wenn der ach so tolle und originelle Plot quasi nur als Gewichse [sic!] des Autors existiert, während die Spieler über viele viele Sitzungen komplett im Dunkeln tappen, was da überhaupt gespielt wird. Als Paradebeispiel nenne ich da zumindest die alte Ausgabe von PF: Kingmaker, das sich als Kampagne bekanntlich über 6 Bände erstreckt, und erst am Endes FÜNFTEN Bandes dürfen die Spieler endlich mal gnädigerweise erfahren, was da überhaupt die ganze Zeit gespielt wurde und wer ihnen da die ganze Zeit Knüppel zwischen die Beine geworfen hat. (Das wurde btw im Computerspiel deutlich besser gelöst, und ich vermute dass diese Verbesserungen auch in die Neuauflage übernommen wurden.)

Kurz, so eine überbordende Geheimniskrämerei braucht auch kein Mensch, und führt bestimmt nicht dazu dass dann am Ende die Spieler vor Staunen die Kinnladen nicht mehr hochgeklappt bekommen, wenn der SL ihnen endlich den Big Reveal verkündet.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Issi am 15.05.2023 | 13:37
John Wick ist das beste Beispiel dass sich nicht Mal der Plot ändern muss.
Nur die Art wie und wo man Gegner tötet....
(Mit geringer Variation)  ~;D
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: tartex am 15.05.2023 | 13:53
  • SC mit starken, eigenen Motivationen und Zielen
  • NSC mit starken, eigenen Motivationen und Zielen
  • Eine Ausgangslage, die mehr eskaliert, wenn die SC nix tun
  • ein System was in irgendeiner Form überraschende Ergebnisse und/oder Eskalation verursacht

Perfekte Zusammenfassung. Danke!

Wir können den Threat schließen.  :d

Die "NSC mit starken, eigenen Motivationen und Zielen" würde ich gar als optional betrachten, aber die bringen natürlich eine tolle Dynamik rein. Anstatt sich Gedanken zu machen, was ein toller Twist wäre, macht man sich Gedanken, wie der NSC das Problem (sprich die SCs) mit seinen Resourcen aus seiner Perspektive am besten lösen würde. (Okay, okay, ich blende da normalerweise die Optionen freundlicherweise "Gift" und "Meuchelmörder" aus.)"
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: 1of3 am 15.05.2023 | 13:54
Danke für den Hinweis!
Sandbox-Spieler machen eh alles anders, denn der Plot kommt von den Spielern.  ;D
ist aber auch nicht jedermanns Stil und deshalb oben im Text nochmal ausgeklammert.

Ah, dann mache ich doch keine Sandkisten? Ich bin da immer verwirrt, weil mir in jedem Thema dazu was Anderes erzählt wird. Also auch in diesem Thema sogar irgendwie drei mal.

Wenn ihr Analyse treiben wollt, treibt verdammt noch mal Analyse. Wer am Spieltisch tut wann was? Das lässt sich mit Sicherheit nicht in einem oder zwei Wörtern zusammenfassen. Und Metaphern machen Dinge nicht besser. Sie machen Dinge dumm.

Zuallererst müssen wir einmal festhalten, dass Rollenspiel häufig über mehrere Sitzungen gespielt wird. Wenn wir über Plot reden müssen wir also darüber reden, ob entweder Plot innerhalb einer Sitzung gemeint ist oder sitzungsübergreifend. Innerhalb einer Woche, zwei Wochen oder noch länger, werden Leute Dinge vergessen haben. Wir können also innerhalb einer Sitzung Komplexität aufbauen, müssen aber die Komplexität am Ende zumachen oder gucken, dass wir die irgendwie persistieren.

Natürlich kann es sein, dass Leute zwischen den Spielsitzungen irgendwie fachsimpeln und die vergangene Handlung umwälzen. D.h. wir müssen auch auf das Kommunikationsverhalten der Gruppe schauen.


Komplexe Plots benötigen viel mehr Vorbereitung

Woran erkennen wir denn, dass ein Plot "komplex" ist. Ich hab da mal Anschauungsmaterial, eine Spielerin hat für eine Kampagne eine "Mindmap" erstellt.

https://drive.google.com/file/d/14VoGSFN2Ax3eUvp8KyiEQ8fFfzCDUXBn/view?usp=share_link

Sieht kompliziert aus. Tut es das immer noch, wenn man weiß, dass die Runde 10 Monate gelaufen ist? Ich kann sagen, dass die Vorbereitung pro Sitzung höchstens ein Gang durch den Wald hinterm Haus war und in maximal einer Szene resultierte.

Man verheddert sich schnell in komplexen Plots.

Was heißt verheddern? Nicht mehr wissen, wer wer ist? Hilft aufschreiben. Am besten für alle einsehbar.


Aber ich tue mich schwer damit, zufällige Zusammenstücklungen an Einzelereignissen als Plots zu bezeichnen. Wenn's nicht intentional ist, dann ist es Zufall.

Oder sind es dann einfach viele kleine Plots? Die Frage ist, was wir jetzt als verbindlichen Baustein von Rollenspiel ansehen wollen. Wenn wir keinen finden, können wir die Diskussion einstellen. Wenn wir einen haben, können wir gucken, wie zusammengesetzt werden. Dann haben wir ein tragfähiges Modell. Also entweder kann eine Betrachtung über alle Arten von Rollenspiel reden oder sie kann halt nichts. Wenn dieser oder jener Spielstil angeblich "alles ganz anders" macht, ist das intellektuelle Kapitulation.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Zed am 15.05.2023 | 14:01
Wenn ich ereignisoffen leite, ist es völlig egal ob ich mit dem schlimmsten Railroad-Abenteuer starte, denn der Zug entgleist ja bald und die Spieler verwandeln den vorhersehbarsten Plot eigentlich immer in ein Feuerwerk an unerwarteten Twists.
So soll es sein! Oder: Das ist die mir liebste Art zu spielleitern.

Mit dem Bau des nächsten Abenteuers kann ich den Metaplot wieder etwas stärker beeinflussen. Das hatte ich irgendwann hier genannt: "Im Kleinen sandboxig*, im Großen perlenschnürig."

(*mit einleitendem Flaschenhals. Den finde ich auch im sandboxigen Abenteuer voll okay, weil er bei mir sowieso nur eine Sitzung dauert, und danach ist alles offen.)
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: ghoul am 15.05.2023 | 14:01
Plots - im Sinne von: Das, was man erhält, wenn eine Spielgruppe mit einer definierten Ausgangssituation konfrontiert wird (vulgo: "Ganz normales Rollenspiel"  ;) ;D) - werden meiner Erfahrung nach ziemlich schnell und von allein komplex durch:

Ja! Danke!  :d
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: gunware am 15.05.2023 | 16:21
Mit dem Bau des nächsten Abenteuers kann ich den Metaplot wieder etwas stärker beeinflussen. Das hatte ich irgendwann hier genannt: "Im Kleinen sandboxig*, im Großen perlenschnürig."
Das finde ich gut beschrieben. In der Art reihe ich gekaufte und erdachte Abenteuer zu einem Metaplot. Durch die Umbenennung von Orten und NPC ist sehr oft sehr viel zu gewinnen. Und wie hier schon gesagt wurde, welchen Weg die Spieler gehen wollen, liegt in deren Hand.
Es sind bei uns dann die Abenteuer, die ich dann einem Zyklus (oder mehreren) zuordne, die dann am Ende das Ganze ergeben.
Und die Zyklen haben ziemlich einfache Plots. Aber durch die Verknüpfung kommt eigentlich durch die Hintertür bisschen weniger Einfachheit.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: tartex am 15.05.2023 | 17:18
Ich mache einfach als Vorbereitung auf jede Session das, was sich als Konsequenz aus der Session davor wahrscheinlich ergeben wird. (Nicht, dass ich nicht öfters mehr vorbereite als in eine Session passt, oder es ganz woanders hingeht als erwartet...)

Ansonsten steigt der Aufwand ja exponential.  :o

Perlenschnurr scheint da halt nicht die perfekte Metapher zu sein.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Quaint am 15.05.2023 | 18:17
Keep it simple schadet meines Erachtens wenig. Wobei ich weniger in Plot denke sondern mehr in Ausgangssituation X und dann vielleicht ein paar mögliche Entwicklungen andenke, und dann mal gucken was dabei rum kommt.
Ich finde es wird halt oft vergessen, dass die meisten Rollenspieler weder zum großartigen Schauspieler noch zum Regisseur oder Autor taugen. Und darum werden so ganz ausgefeilte Sachen halt oft nicht so richtig zünden. Das muss ja nichtmal am SL liegen.
Und da halte ich es wie der Threadersteller doch gerne mit eher "einfachem" Rollenspiel, was dann aber funktioniert und nicht viel Aufwand macht. Zumindest mal bis man seine Pappenheimer ein wenig kennt. Man kann ja in der Folgekampagne immernoch ausgefeilter oder dramatischer oder wasauchimmer werden.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Lorstarius am 15.05.2023 | 21:03
Ich kann mich der Meinung, dass weniger komplexe Geschichten oft besser funktionieren, nur anschließen. Ein Abentuer für 2 bis 5 Spielsitzungen muss nicht komplexer sein als ein durchschnittlicher Film oder eine Episode einer Serie.
Man kann eh nur mit einer begrenzten Anzahl NSC intensiv interagieren und wenn man auch nicht so häufig spielt, vergisst man sowieso einiges, selbst wenn man sich Notizen macht. Grundsätzlich hab ich nichts dagegen, wenn eine Geschichte einen schönen Twist hat, aber die Geschichte sollte halt auch gut sein und funktionieren, wenn man sich den Twist wegdenken würde.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: gunware am 16.05.2023 | 07:09
Perlenschnurr scheint da halt nicht die perfekte Metapher zu sein.
Für mich passt die Metapher gut. Am Anfang hat man in der Schachtel mehr Perlen, als auf die Kette passen. Und in welcher Reihenfolge die aufgefädelt werden, ist auch noch nicht klar. Es kann sogar passieren, dass man später noch einige Perlen in die Schachtel wirft. Deshalb funktioniert die Vorstellung einer Perlenkette für mich.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Zed am 16.05.2023 | 09:43
Und bei mir ist es so, dass die Perlen während des Spielens entstehen - es gibt zwar einen groben Metaplot, aber der wächst beim Spielen mit: Abhängig vom Ausgang der Abenteuer entscheiden sich die Gegner für Strategien, die in neuen Abenteuern münden. Hat die Gruppe beispielsweise einen Außenposten einer feindlichen Bewegung zerstört, so landen sie vielleicht vorerst auf einer „Wanted - dead or alive“-Liste dieser Gruppierung, während die Gegner einen neuen Weg suchen, sich strategisch besser aufzustellen.

Aber auch das Gebot der Abwechslung bestimmt die „nächste Sandbox“: Biss die Gruppe sich im letzten Abenteuer sehr in diplomatischem Geplänkel fest, bietet sich als nächstes Spielfeld eher eine Schatzsuche in einer uralten monsterverseuchten Ruinenstadt an, die mehr von der Mythologie enthüllt, oder gleich ein paar Sessions „Verteidigt die Burg“.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Arldwulf am 16.05.2023 | 10:00
Machen ja letztlich auch die meisten so. Allerdings ist das auch die Vorgehensweise bei der am ehesten dann eine große Menge unzusammenhängender NPC entsteht. Der Kastellan der verteidigenden Burg, der uralte Priester dessen Tempel man untersucht hat und all die beteiligten beim diplomatischem Geplänkel.

Oder anders gesagt: Plots sind nicht weniger komplex wenn man sie spontan entwickelt anstatt sie vorzuplanen.

Nur weniger vorgeplant.


Vorplanung hat nun den Effekt, dass man auch vorab grob abschätzen kann "wie viele NPC hab ich denn überhaupt", "Welche Schauplätze gibt es und wie viele" etc. und deshalb die Art und Weise der Aufzeichnung anpassen kann. In einer Runde (Solo Abenteuer mit einer Spielerin, sehr hohe Spielfrequenz und hohe Dichte der Spielwelt) hab ich z.B. komplett ohne Vorplanung angefangen und dementsprechend alles in fortlaufende Notizen reingepackt. War ja nur ein kleines simples Abenteuer. Inzwischen ist das eine riesige Kampagne mehreren hundert Sitzungen und einer komplett ausgestalteten Spielwelt die von verschiedenen Charakteren in verschiedenen Zeiten bereist wurde.

Und mein kleines "ich schreib mal alles auf was wichtig ist" Dokument ist ein gewaltiger unübersichtlicher Block voller unfindbarer Notizen geworden. Bis ich halt dazu überging mehr Struktur reinzubringen. Das ganze in Kapitel, Organisationen und Gegenden zu unterteilen und den ganzen Wust neu zu ordnen. Wobei die neue Herangehensweise halt auch zukünftige, noch nicht gespielte Sachen mit hinein bringt, Geheimnisse die noch zu entdecken sind oder potentielle Entwicklungen.

Ich liebe es Dinge spontan zu erschaffen, und würde auch nicht darauf verzichten wollen. Aber als Spielleiter kann ich jedem nur raten: Zumindest darüber wie komplex die Geschichte werden soll und wie man die Komplexität organisieren will sollte man sich vorab Gedanken machen um nicht später sehr viel Arbeit zu haben oder dauernd die Hälfte zu vergessen.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: tartex am 16.05.2023 | 10:03
Als meine Metapher wäre eher eine (oder mehrere) Schimmelkulturen auf einem brauchbaren Nährboden.
Titel: Re: Ein Hoch auf vorhersehbare einfache Plots
Beitrag von: Issi am 16.05.2023 | 12:23
Machen ja letztlich auch die meisten so. Allerdings ist das auch die Vorgehensweise bei der am ehesten dann eine große Menge unzusammenhängender NPC entsteht. Der Kastellan der verteidigenden Burg, der uralte Priester dessen Tempel man untersucht hat und all die beteiligten beim diplomatischem Geplänkel.

Oder anders gesagt: Plots sind nicht weniger komplex wenn man sie spontan entwickelt anstatt sie vorzuplanen.

Nur weniger vorgeplant.


Vorplanung hat nun den Effekt, dass man auch vorab grob abschätzen kann "wie viele NPC hab ich denn überhaupt", "Welche Schauplätze gibt es und wie viele" etc. und deshalb die Art und Weise der Aufzeichnung anpassen kann.
Naja ich würde sagen: Vorplanung hat noch eine ganze Menge mehr: Z.B. haben NSC und Abenteuer mehr Tiefe.

Wenn es Dinge gibt, die man hinter dem Offensichtlichen entdecken kann, und die Durchscheinen, dann hat das Charme.

Es können sich Puzzle zusammen setzen, die irgendwann ein "Aha- habe ich es doch- von Anfang an geahnt- Effekt" auslösen.

Das können völlig spontan entwickelte Plots idR. nicht in dem Maße leisten.
Man sammelt zwar auch da Puzzle Teile aber anders.


Zum Thema:
Im Endeffekt ist es sinnvoll, sich als SL auf das zu konzentrieren, was man gut kann.
Wenn man keinen Spaß an tausend Nebensträngen, und verwobenen Geschichten hat-und/ oder es nicht gelingt, die für die Spieler unterhaltsam zu servieren, dann bieten sich einfache Sachen vielleicht eher an.

A la" lieber ein gut gebratenes Spiegelei" als ein "misslungenes 5 Sterne Menü."
(Am Ende soll's allen schmecken und satt machen)