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Pen & Paper - Spielsysteme => Systemübergreifende Themen => Thema gestartet von: Maarzan am 24.09.2023 | 18:46

Titel: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Maarzan am 24.09.2023 | 18:46
Im anderen Faden wurden ja einige Rüstungstypen als ahistorisch kritisiert - primär wohl weiches Leder/Hide armor, "Lederpanzer" aka gekochtes/Gehärtetes Leder und die jeweiligen "beschlagenen" varianten davon.
Aber welche Umstände müssten anliegen, dass eine Gesellschaft (oder Teile davon) doch solche Rüstungen zumindest teilweise benutzen würden und damit diesen eine Berechtigung verleihen würden.
Und welche davon sind hoffnungslos (dieser beschlagene Ledermantel?) ?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 24.09.2023 | 19:13
Mal sehen:
Ja, "beschlagenes Leder" wie typischerweise definiert ist in der Form vollkommen hoffnungslos, da Leder nunmal nicht stärker wird, wenn man Löcher reinstanzt.
Die Lösung wäre hier m.E. ganz einfach, die Form als das zu akzeptieren was sie historisch war, nämlich Plattenrock, Lentner, Brigantine. Die Nieten dienen dazu, Plättchen innen am Material zu fixieren -- presto. Wenn es unbedingt kein Metall sein soll, dann vielleicht Knochen oder *hust* Hartholz. Dies wiederum ließe sich begründen durch Materialverfügbarkeit, Kosten, Gewichtsersparnis, Interferenz von Eisen mit Magie...

Für reine Lederrüstung - weich oder hart - wüsste ich zumindest einen Fantasy-Grund: es könnte Magie geben, mit der man gerissenes oder zerschnittenes Leder wieder heile machen kann, nicht aber Stoff. Vielleicht weil das Ziel des Zaubers tein durchgängiges Stück aus ehemals lebendem Gewebe sein muss, und nicht aus vielen kleinen Fädchen zusammengewoben; was weiß ich.
Ja, diese Begründung ist literally "A wizard did it".  ;D

Oder es gibt im Setting Motorräder und somit die Möglichkeit, zu stürzen und mit einigen zig km/h über den Boden zu schlittern. _Dafür_ ist Leder wirklich allererste Wahl. Bei Stürzen aus größeren Höhen bringt es wieder nicht viel, sonst hätte ich auch Hexenbesen genannt.

Die weiteren Begründungen die mir gerade einfallen sind immer mehr an den Haaren herbeigezogen... radikale Antiveganer die aus Prinzip nichts nutzen wofür kein Tier sterben musste... you get the idea.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Maarzan am 24.09.2023 | 19:31
Mal sehen:
Ja, "beschlagenes Leder" wie typischerweise definiert ist in der Form vollkommen hoffnungslos, da Leder nunmal nicht stärker wird, wenn man Löcher reinstanzt.
Die Lösung wäre hier m.E. ganz einfach, die Form als das zu akzeptieren was sie historisch war, nämlich Plattenrock, Lentner, Brigantine. Die Nieten dienen dazu, Plättchen innen am Material zu fixieren -- presto. Wenn es unbedingt kein Metall sein soll, dann vielleicht Knochen oder *hust* Hartholz. Dies wiederum ließe sich begründen durch Materialverfügbarkeit, Kosten, Gewichtsersparnis, Interferenz von Eisen mit Magie...

Für reine Lederrüstung - weich oder hart - wüsste ich zumindest einen Fantasy-Grund: es könnte Magie geben, mit der man gerissenes oder zerschnittenes Leder wieder heile machen kann, nicht aber Stoff. Vielleicht weil das Ziel des Zaubers tein durchgängiges Stück aus ehemals lebendem Gewebe sein muss, und nicht aus vielen kleinen Fädchen zusammengewoben; was weiß ich.
Ja, diese Begründung ist literally "A wizard did it".  ;D

Oder es gibt im Setting Motorräder und somit die Möglichkeit, zu stürzen und mit einigen zig km/h über den Boden zu schlittern. _Dafür_ ist Leder wirklich allererste Wahl. Bei Stürzen aus größeren Höhen bringt es wieder nicht viel, sonst hätte ich auch Hexenbesen genannt.

Die weiteren Begründungen die mir gerade einfallen sind immer mehr an den Haaren herbeigezogen... radikale Antiveganer die aus Prinzip nichts nutzen wofür kein Tier sterben musste... you get the idea.
Bei beschlagenem Leder bin ich bei Nieten bisher davon ausgegangen, dass da mehrere Lagen Leder mit zusammen gehalten würden (Oder auch Leder auf Stoff mit Zeug dazwischen). 
Die andere Variante wäre dann kleine Metallplatten (oder Ringe) auf das Leder in der Hoffnung Klingen damit besser Widerstand zu leisten.

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 24.09.2023 | 19:44
Aber welche Umstände müssten anliegen, dass eine Gesellschaft (oder Teile davon) doch solche Rüstungen zumindest teilweise benutzen würden und damit diesen eine Berechtigung verleihen würden.
Und welche davon sind hoffnungslos (dieser beschlagene Ledermantel?) ?

Die beschlagene Variante ergibt generell keinen rüsttechnischen Sinn, da die Nieten nichts aufhalten, aber Metall verbrauchen. Aus optischen Gründen, oder um Status, Reichtum etc anzuzeigen, warum eigentlich nicht? Das Problem ist hier eh, dass sie halt an moderne Ästhetikvorstellungen erinnern als an i-was altes, daher find ich sie eher für Cyberpunk passend als fürs Fäntelalter. ;)

Leder als strapazierfähiges Material mit zumindest einer geringen Schutzwirkung ist mE da am passendsten, wo die Alternativen fehlen, aber Leder reichlich vorhanden ist; zB eine Kultur, in der die Viehhaltung eine große Rolle spielt, Ackerbau nur wenig odr gar nicht selber betrieben wird, und auch die Schmiedekunst auf keinem hohen Stand ist. Und auch dann wird sich jeder, der es sich leisten kann, bei Rüstungen auf solche auf Metall zurück greifen, seien es teure Eigenproduktionen, oder teure Importware (jeweils wenn vorhanden).

Oder man ignoriert halt Historie und Physik und Realität, wie bei so vielen anderen Dingen auch, und baut die Dinger ein, weil weil man sie mag.

Bei Stürzen aus größeren Höhen bringt es wieder nicht viel, sonst hätte ich auch Hexenbesen genannt.

Mag selbst dann noch was bringen. So als typische Wald- & Wiesenhexe fliegt man ja oft über Bäumen hinweg, die den Sturz etwas abmildern. Gegen die ganzen Zweige und Äste wäre Leder wieder ganz gut geeignet.

Außerdem würde eine Rocker-Hexen-Gang, mit Lederklamotten und Nieten, i-wie nach Aventurien passen...  ;D



Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Chaos am 24.09.2023 | 20:17
Mal sehen:
Ja, "beschlagenes Leder" wie typischerweise definiert ist in der Form vollkommen hoffnungslos, da Leder nunmal nicht stärker wird, wenn man Löcher reinstanzt.
Die Lösung wäre hier m.E. ganz einfach, die Form als das zu akzeptieren was sie historisch war, nämlich Plattenrock, Lentner, Brigantine. Die Nieten dienen dazu, Plättchen innen am Material zu fixieren -- presto. Wenn es unbedingt kein Metall sein soll, dann vielleicht Knochen oder *hust* Hartholz. Dies wiederum ließe sich begründen durch Materialverfügbarkeit, Kosten, Gewichtsersparnis, Interferenz von Eisen mit Magie...

Für reine Lederrüstung - weich oder hart - wüsste ich zumindest einen Fantasy-Grund: es könnte Magie geben, mit der man gerissenes oder zerschnittenes Leder wieder heile machen kann, nicht aber Stoff. Vielleicht weil das Ziel des Zaubers tein durchgängiges Stück aus ehemals lebendem Gewebe sein muss, und nicht aus vielen kleinen Fädchen zusammengewoben; was weiß ich.
Ja, diese Begründung ist literally "A wizard did it".  ;D

Hmm... Leder ist quasi näher am ursprünglichen lebenden Wesen dran als x-fach verarbeitetes Gewebe. Für Naturmagie oder Hexerei könnte ich mir das durchaus als relevant vorstellen.

Zitat
Oder es gibt im Setting Motorräder und somit die Möglichkeit, zu stürzen und mit einigen zig km/h über den Boden zu schlittern. _Dafür_ ist Leder wirklich allererste Wahl. Bei Stürzen aus größeren Höhen bringt es wieder nicht viel, sonst hätte ich auch Hexenbesen genannt.

Streitwagen? Ich meine, in den einschlägigen Hollywoodfilmen (Ben Hur und so) gibt´s da solche Szenen.

Zitat
Die weiteren Begründungen die mir gerade einfallen sind immer mehr an den Haaren herbeigezogen... radikale Antiveganer die aus Prinzip nichts nutzen wofür kein Tier sterben musste... you get the idea.

Die Bosmer aus den Elder Scrolls sind wirklich so. Die haben eine Art Pakt mit den Bäumen oder einer Waldgottheit, deshalb essen und nutzen sie ausschließlich Tierprodukte. Jedenfalls im Fluff; in den Spielen hält nichts sie davon ab, hölzerne Bögen zu benutzen.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: General Kong am 24.09.2023 | 20:25
In heißen Klimaten dürfte eine Lederrüstung (beschlagen, verstärkt, mit metall zwischen zwei Lederschichten) günstiger sein gegen Überhitzung.
Oder reicht es, über das Ketetnhemd einen Kaftan zu tun und gut ist?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 24.09.2023 | 20:49
In heißen Klimaten dürfte eine Lederrüstung (beschlagen, verstärkt, mit metall zwischen zwei Lederschichten) günstiger sein gegen Überhitzung.
Oder reicht es, über das Ketetnhemd einen Kaftan zu tun und gut ist?

In wirklich heißem Klima -- also so etwas tiefer drin in Fäntelafrika o.ä. und weit genug weg von eventuellen kühlenden Meeresbrisen -- vermute ich, daß die wichtigste "Rüstung" erst einmal ein schöner großer Schild ist, mit dem man Dinge wie Pfeile und andere Geschosse auch schon einigermaßen abwehren kann, ohne gleich einen Kollaps zu riskieren. Ob der dann schlicht aus einem mit Tierhaut bespannten Rahmen besteht oder von soliderer Bauart ist, und was dann eventuell weiter noch und insbesondere für den Nahkampf als Schutz dazukommt, wird von der individuellen Kultur abhängen.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Weltengeist am 24.09.2023 | 21:17
Im anderen Faden wurden ja einige Rüstungstypen als ahistorisch kritisiert - primär wohl weiches Leder/Hide armor, "Lederpanzer" aka gekochtes/Gehärtetes Leder und die jeweiligen "beschlagenen" varianten davon.

Die Frage ist hier wahrscheinlich eher, zu welchem ZWECK die keinen Sinn machen.

Wenn jemand mit einem improvisierten Messer auf mich losgeht, bin ich deutlich glücklicher, eine stabile Lederjacke anzuhaben als ein luftiges Piratenhemd(*). Wenn dieser jemand dagegen eine dedizierte Kriegswaffe in der Hand hat, bringt mir mein Lederschutz nicht mehr allzu viel.


(*) In Gefängnissen, in denen es richtig hoch hergeht, tragen "Risikokandidaten" manchmal eine Zeitung unter dem Hemd, um sich gegen Angriffe mit improvisierten Messern zu schützen. Schon sowas kann wohl den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Tudor the Traveller am 24.09.2023 | 21:23
Nuja, in vielen Fantasy Settings sind Handwaffen ja nur die halbe Miete. Wenn es um Schutz vor dem üblichen Gebritzel mit Feuer, Blitz und Kälte geht, dürfte Leder besser wegkommen als Stahl.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Eismann am 24.09.2023 | 21:43
Wenn wir schon bei Fantasysettings sind, wären da auch noch unterschiedliche Arten von Leder, die möglicherweise deutlich stabiler sind als irdisches Rinds- oder Schweineleder.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: unicum am 24.09.2023 | 22:31
Bezüglich Hitze:
Wie waren denn die Kreutzfahrer unterwegs? Ich meine die sind ja auch das ein oder andere Mal "durch die Wüste".

Bezüglich Leder:
Drachenleder oder Euenbärenleder oder sonstwas könnte ja schon was passables abgeben.

Oder man macht Metall einfach komplett nutzlos und spielt in einer Welt mit 50% Sauerstoff in der normales Metall einfach superschnell rostet. Waffen mögen da noch geben aber wenn Metallplatten aneinandere Reiben wie bei kettenrüssi aufwärts geht dort halt die schützende Fettschicht verloren,... oder waffen schaffen es eben auch nicht mehr,...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Quaint am 24.09.2023 | 22:34
Um mal den von mir vielbemühten Witcher heranzuziehen: Lyrisches Leder gibt es dort, nach der Herkunft benannt, welches in einem proprietären Verfahren behandelt wurde, wie das funktioniert ist nicht bekannt(Gildengeheimnis), aber das Ergebnis schützt ähnlich gut wie Kettenpanzer oder minderwertige Platte, ist aber leichter und je nachdem wen man fragt auch hübscher. Dafür halt teurer.
Und Drakonidenleder gibt es, ein extrem teures und hochwertiges Material das aus der Haut von Drakoniden, also unintelligenten Drachenverwandten, gewonnen wird. Das ist quasi der maßgeschneiderte Smoking unter den Rüstungen. Kann mehrlagig und versteift besser schützen als manche Stahlplatte, aber selbst einlagig und so weich wie Lederkleidung kann es leichte Treffer abhalten.

Die Sachen finde ich so unplausibel nicht.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 24.09.2023 | 23:08
Bezüglich Hitze:
Wie waren denn die Kreutzfahrer unterwegs?

Schwitzend.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 24.09.2023 | 23:27
Bezüglich Hitze:
Wie waren denn die Kreutzfahrer unterwegs? Ich meine die sind ja auch das ein oder andere Mal "durch die Wüste".

Kettenhemden. Metallrüstung heizt sich in der Sonne angeblich gar nicht so krass auf. Außerdem trugen die Kreuzfahrer darüber dann noch einen Überwurf aus weißem Stoff, der diente aber eher als Trägermaterial für das Kreuzsymbol und war angeblich nicht dazu da, um die Rüstung vor der Aufheizung zu schützen.

_Was_ dagegen Hitzeschock triggern kann, sind un-überraschenderweise dicke wattierte Klamotten wie etwa ein Gambeson. :p

Die Herrschaften sind aber meistens wohl zurechtgekommen. Es gibt zB einen Bericht über eine total katastrophale Aktion, wo die Kreuzfahrer schlecht vorbereitet in die Wüste geführt wurden und dort große Verluste durch die Hitze erlitten, aber auch hier wieder: dass genau dieser eine Fall so tragisch bekannt ist, weist eher darauf hin, dass das die Ausnahme war.

Lederklamotten machen jedenfalls in heissem Wetter absolut keinen Spaß solang man keinen Fahrtwind hat, das kann ich euch first hand bezeugen. =|

--

Wie gesagt: Lederrüstung ist jetzt nicht grundsätzlich komplett ahistorisch. Gerade außerhalb Europas kam diese oft zum Einsatz. Meistens halt, wenn man sich Metallrüstung nicht leisten konnte oder schlicht nicht die technischen Möglichkeiten dazu hatte. ABER diese Rüstungen waren definitiv NICHT leicht und flexibel und super stealthy für den modischen Rogue.

(https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/20/%D0%9A%D0%BE%D0%B6%D0%B0%D0%BD%D1%8B%D0%B9_%D0%BF%D0%B0%D0%BD%D1%86%D0%B8%D1%80%D1%8C.jpg/800px-%D0%9A%D0%BE%D0%B6%D0%B0%D0%BD%D1%8B%D0%B9_%D0%BF%D0%B0%D0%BD%D1%86%D0%B8%D1%80%D1%8C.jpg)
"unbegrenzter Dex-Bonus am Arsch, meine Herren"
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Weltengeist am 25.09.2023 | 06:39
_Was_ dagegen Hitzeschock triggern kann, sind un-überraschenderweise dicke wattierte Klamotten wie etwa ein Gambeson. :p

Ich hab mal danebengestanden, wie auf einem Mittelalterfestival der Rogue-Style Fighter mit seinem wattierten Waffenrock bei 35 Grad fast einen Hitzschlag erlitten hat. Scheiße für ihn war halt auch, dass sein Kampfstil viel Bewegung erforderte...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 25.09.2023 | 08:16
(*) In Gefängnissen, in denen es richtig hoch hergeht, tragen "Risikokandidaten" manchmal eine Zeitung unter dem Hemd, um sich gegen Angriffe mit improvisierten Messern zu schützen. Schon sowas kann wohl den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.
FunFact: Die Zeitung schützt deutlich besser als das Leder, das für eine Jacke verwendet wird. Hat was mit Schnittzähigkeit und den Lagen zu tun.  ;)
Messerkämpfer ziehen daher die Jacke aus, und wickeln sie sich um den Arm um damit zu blocken.

"Beschlagenes Leder" ist von viktorianischen Herrschaften falsch interpretierte Brigantine - und da gibt's tatsächlich welche mit Leder. Außen oder als Verzierung. Schützen tun aber die Metallplättchen zwischen den Lagen. Meistens sind die aber aus Stoff, Samt außen war sehr beliebt.

Übrigens auch die Frage bei dem römischen Schuppenpanzer - war das eine reale Rüstung, oder einfach ein Showteil, mit dem sich ein Herrscher bei einer Parade schmückte? Darstellungen können häufig irreführend sein, sowohl was Machart als auch Zweck angeht.

Cuir Bolli kam vor - in Verbindung mit Ringelpanzer oder über einem Gambeson. Das ist dann aber auch so dick und steif, da besteht kaum ein Unterschied zu dünnem Eisenblech (auch nicht im Gewicht). War nur billiger.

Ich hab mal danebengestanden, wie auf einem Mittelalterfestival der Rogue-Style Fighter mit seinem wattierten Waffenrock bei 35 Grad fast einen Hitzschlag erlitten hat. Scheiße für ihn war halt auch, dass sein Kampfstil viel Bewegung erforderte...
Ich frage mich gerade, was ein "Rogue-Style Fighter" sein soll, und was er auf einem MA-Fest zu suchen hat...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Quaint am 25.09.2023 | 08:33
Naja, man kann ja auch so schon, ganz ohne Rüstung, Probleme mit Hitze bekommen. Das kommt halt darauf an, wie fit man ist, wieviel Belastung man sich zumutet und ob man direkte Sonneneinstrahlung abbekommt. Im Allgemeinen ist da mehr Rüstung halt auch ein größeres Problem, allein weil das die körperliche Belastung erhöht.
Grundsätzlich kann man aber viele Rüstungen so gestalten, dass sie sich nicht so krass aufheizen dass man sich da ein Ei drauf backen könnte. Wenn so ein Kettenpanzer oder Plattenpanzer sauber ist, reflektiert der halt auch einiges. Andererseits gehört zu einem Kettenpanzer normalerweise auch Unterkleidung - das sowas viel Sonnentauglicher wäre als ein Gambeson alleine bezweifele ich mal. Und mit jedem bisschen Polsterung das man weglässt wird halt auch die Schutzwirkung kleiner. Wüstenbewohner selbst präferieren ja locker sitzende Kleidung, die aber direkte Sonneneinstrahlung verhindert und möglichst atmungsaktiv / luftig ist. Aber die sind's halt auch gewohnt.

Aber ich denke bei diesen leichten, hochbeweglichen Lederpanzern darf man schon Zweifel haben. Andererseits: je nachdem welches Regelwerk man fragt haben die halt auch eine fast vernachlässigbare Schutzwirkung. DnD 5 ist das etwa ein einzelner Punkt, etwa 5% Wirktrefferchance, die ihn von Nackt bzw. Alltagskleidung unterscheiden. Das ist die geringste Schutzwirkung die man in diesen Regeln abbilden kann. Ein kurzes Panzerhemd sind vier Punkte, ein voller Kettenpanzer sechs und eine ordentliche Plattenrüstung acht.  Das wäre für mich fast ok das quasi robuster Kleidung zu geben die keine Rüstung im eigentlichen Sinne ist.
Gut zugegeben, die Rüstungsklasse ist am Ende nicht sooo unterschiedlich weil die dickeren Rüstungen halt den Geschickbonus begrenzen oder negieren.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Weltengeist am 25.09.2023 | 08:50
Ich frage mich gerade, was ein "Rogue-Style Fighter" sein soll, und was er auf einem MA-Fest zu suchen hat...

Eben ein Kämpfer mit vergleichsweise leichter Rüstung und leichter Bewaffnung (ich glaube mich an einen Buckler, ein Kurzschwert, einen wattierten Waffenrock und einen Lederhelm zu erinnern). Nenn es wie du willst.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 25.09.2023 | 08:58
Ich vermute mal einen Schwert-Buckler Kämpfer im Stile des I.33 (zumindest vorgeblich), bzw. Fußsoldat des 12. Jhdts.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 25.09.2023 | 09:48
Kettenhemden. Metallrüstung heizt sich in der Sonne angeblich gar nicht so krass auf. Außerdem trugen die Kreuzfahrer darüber dann noch einen Überwurf aus weißem Stoff, der diente aber eher als Trägermaterial für das Kreuzsymbol und war angeblich nicht dazu da, um die Rüstung vor der Aufheizung zu schützen.

_Was_ dagegen Hitzeschock triggern kann, sind un-überraschenderweise dicke wattierte Klamotten wie etwa ein Gambeson. :p

Die Herrschaften sind aber meistens wohl zurechtgekommen. Es gibt zB einen Bericht über eine total katastrophale Aktion, wo die Kreuzfahrer schlecht vorbereitet in die Wüste geführt wurden und dort große Verluste durch die Hitze erlitten, aber auch hier wieder: dass genau dieser eine Fall so tragisch bekannt ist, weist eher darauf hin, dass das die Ausnahme war.

Wobei man auch nicht vergessen sollte, daß die Kreuzfahrer ja immer noch primär im Mittelmeerraum unterwegs waren (Jerusalem liegt nun mal im heutigen Israel und die Pilgerrouten werden auch keine großen Umwege gemacht haben, die Reise war schon lang genug) -- und daß man in dem Klima Metall tragen kann, haben z.B. die Griechen und Römer schon lange vor ihnen vorgeführt.

Natürlich sollte man, egal ob mit oder ohne Rüstung, nicht mitten in der Sahara oder dergleichen die Orientierung verlieren.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 25.09.2023 | 10:28
Und normalerweise trug man die Rüstung auch nur dann, wenn Kampfhandlungen zu erwarten waren. Niemand verbrachte die gesamte Reise im Ringelpanzer.
Der Ritter ritt auch nicht auf seinem Schlachtross durch die Weltgeschichte, sondern auf einem Zelter genannten Reitpferd - das war bequemer und vor allem friedlicher als das bissige Tier für die Schlacht.

Das ist IMHO ein Grund für diese Obsession mit Lederrüstung: Weil irgendwie das Bild vorherrscht, dass der Abenteurer seine Rüstung niemlas ablegt, außer zum v*geln. Und das kann man sich mit Leder besser vorstellen, als mit Metall. Dabei hat D&D ja z.B. Regeln dafür, wie lange das an- und ausziehen dauert.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 25.09.2023 | 10:38
Und normalerweise trug man die Rüstung auch nur dann, wenn Kampfhandlungen zu erwarten waren. Niemand verbrachte die gesamte Reise im Ringelpanzer.
Der Ritter ritt auch nicht auf seinem Schlachtross durch die Weltgeschichte, sondern auf einem Zelter genannten Reitpferd - das war bequemer und vor allem friedlicher als das bissige Tier für die Schlacht.

Diese Ritter waren aber nur eine kleine Minderheit unter den Kombattanten. Ob die Mehrzahl der berittenen Rüstungsträger über mehrere Pferde verfügte, oder die Möglichkeit, die Rüstung auf einem Wagen oder Packpferd zu transportieren, würde ich für sehr fraglich halten.

Da nobody sie ja explizit erwähnte: Niemand wird bspw annehmen, dass die Römer ohne Rüstung marschierten, dass hohe Offizierskorps (Tribunen+) ausgenommen.

Weil irgendwie das Bild vorherrscht, dass der Abenteurer seine Rüstung niemlas ablegt, außer zum v*geln.

Hier haben wir den entscheidenden Unterschied zum Ritter: Seit Excalibur wissen wir doch alle, dass die es waren, die selbst den Beischlaf im Plattenpanzer vollzogen... ;)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 25.09.2023 | 10:59
Diese Ritter waren aber nur eine kleine Minderheit unter den Kombattanten. Ob die Mehrzahl der berittenen Rüstungsträger über mehrere Pferde verfügte, oder die Möglichkeit, die Rüstung auf einem Wagen oder Packpferd zu transportieren, würde ich für sehr fraglich halten.
Die Mehrzahl der Kombattanten der Kreuzzüge besaß nichtmal die Möglichkeit, Rüstung zu erwerben.  ;) Gambeson und Helm waren da schon fast "fürstlich". Aber man hatte ja seinen Glauben, der einen schützte...
Irgendwo hab ich aber mal gelesen, dass die Mehrzahl ohnehin nicht in der Schlacht, sondern an Hunger, Durst und diversen Krankheiten starben. Insofern auch nicht so wichtig...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 25.09.2023 | 11:16
Die Mehrzahl der Kombattanten der Kreuzzüge besaß nichtmal die Möglichkeit, Rüstung zu erwerben.  ;)

Sicher, aber deswegen sprach ich ja von anderen Rüstungsträgern; davon gab es auch noch mehr als "echten" Rittern. Wobei wir uns auf die Tendenz "je schwerer die Rüstung desto reicher desto größer die Chance, Teile zum Transport auszulagern" einigen können. ;)

Gambeson Irgendwo hab ich aber mal gelesen, dass die Mehrzahl ohnehin nicht in der Schlacht, sondern an Hunger, Durst und diversen Krankheiten starben. Insofern auch nicht so wichtig...

Das gilt für so viele Kriege der Weltgeschichte. Aber wer will sich schon im Rollenspiel mit Cholera und Wundbrand rumschlagen? Die ja durchaus vorhandenen Verregelungen im RPG haben meiner Wahrnehmung nach nicht wirklich zu umfassenden Begeisterungsstürmen geführt.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 25.09.2023 | 12:04
Aber wer will sich schon im Rollenspiel mit Cholera und Wundbrand rumschlagen? Die ja durchaus vorhandenen Verregelungen im RPG haben meiner Wahrnehmung nach nicht wirklich zu umfassenden Begeisterungsstürmen geführt.
Muss ja nicht gleich eine Seuche sein - es reichen auch mal ein, zwei Tage auf dem Locus mit einhergehender Erschöpfung, weil man aus dem falschen Brunnen getrunken hat.  >;D Aber wenn Heilzauber verfügbar sind, ist das natürlich kein besonderes Thema mehr.
Im Gegensatz zu unserer Welt, helfen Gebete im RPG ja tatsächlich.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: tartex am 25.09.2023 | 12:31
Die Mehrzahl der Kombattanten der Kreuzzüge besaß nichtmal die Möglichkeit, Rüstung zu erwerben.

Na, wenn eh fast alle daneben an Krankheit zu Grunde gehen, kann man ja auch Rüstung looten, oder?  8]
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 25.09.2023 | 12:45
So selten waren zumindest Kettenhemden in den Kreuzzügen nach dem Ersten nicht mehr, ich hab im Studium diverse Quellen aus der Zeit (muslimische und christliche Sichtweise) durchackern müssen, und der Fusstruppen-Serjeant mit kurzem Kettenhemd, Helm, und Tropfenschild ist da keine exotische Ausnahme.

Das allgemeine Bild vom kärglich ausgerüsteten Kreuzfahrer herrscht deswegen so vor, weil wir oft an den ersten Kreuzzug denken (da war es wirklich teilweise zusammengelaufener Mob ohne Plan, Ausrüstung und auch nur einem Schimmer, wo man sich da rumtreibt) und sporadische spätere Erscheinungen wie die Kinderkreuzzüge, da stimmt das.

Ansonsten kann man aber generell von sowas hier ausgehen, zumindest so ab 1180:

(https://schiffsmond.net/wp-content/gallery/zelte-maciejowski/maciejowski-bibel-2.jpg)

Was man hier sieht, sind Gambesons, ein oder zwei Kombattanten nur mit Tunika, und ansonsten Kette.
Man sollte auch bedenken, dass altertümliche Kettenhemden irgendwann die ganze Kriegsknecht-Hierarchie runter weiter gereicht wurden, während der Top Player sich das neueste Modell zulegt. Wie die Laptops in ner Firma.  :)

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: General Kong am 25.09.2023 | 12:50
Na, wenn eh fast alle daneben an Krankheit zu Grunde gehen, kann man ja auch Rüstung looten, oder?  8]

Die sollen sich die Rüstung löten? Aber in Palästina isses doch eh schon so heiß! (musste sein)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 25.09.2023 | 13:17
und der Fusstruppen-Serjeant mit kurzem Kettenhemd, Helm, und Tropfenschild ist da keine exotische Ausnahme.
Sagst es ja: Serjant - nur sind das nicht die Mehrzahl der Truppen. Das sind Unteroffiziere. Alles drunter (und das ist die zahlenmäßige Mehrheit) dürfte solch edle Teile nur selten bekommen haben.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 25.09.2023 | 13:25
Nein, das mit dem Serjeanten als Unteroffizier ist ein häufiges Missverständnis - weil das später zur Bezeichnung für Unteroffiziere übernommen wurde. Im Hochmittelalter ist das der schlichte Fussoldat, abgeleitet vom lateinischen Serviens, was schlicht und einfach "Dienender" bedeutet. Und das ist in allen Texten des 12. und 13. Jahrhunderts ein Schlagmichtotbegriff für "ich als Adeliger und Chronist habe keine Ahnung, wer die ganzen Unterlinge sind, die hinter mir herlaufen, mich bedienen und die ich niedermähe, das ist irgendwelche Dienstpersonal".
Im Schlachtkontext sind dann diese "Dienenden" eben allgemein Fußvolk in Diensten der Adeligen. Mehr bedeutet das nicht.

Ich hatte das als Magisterthema und musste einen  einen Meter hohen Stapel an mittellateinischen und mittelfranzösischen Texten durchackern, bis ich dann recht klar wusste, wie der Begriff besetzt ist. Hat traumatische Spuren hinterlassen  ;D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 25.09.2023 | 14:04
Ah, OK, wieder was gelernt. Ich kenn den Begriff nur aus späteren Quellen, und da ist das dann nicht mehr gemeines Fußvolk.
Wobei dei Sache dann auch komplizierter ist, wenn bürgerliche Milizen, Söldner, usw. ins Spiel kommen.

Zitat
Das allgemeine Bild vom kärglich ausgerüsteten Kreuzfahrer herrscht deswegen so vor, weil wir oft an den ersten Kreuzzug denken (da war es wirklich teilweise zusammengelaufener Mob ohne Plan, Ausrüstung und auch nur einem Schimmer, wo man sich da rumtreibt) und sporadische spätere Erscheinungen wie die Kinderkreuzzüge, da stimmt das.
Wobei die Aussage dann im Einzelfall doch wieder stimmt. Nur halt nicht für alle Kreuzzüge ins Heilige Land (muss man ja auch wieder differenzieren, denn der gegen die Katharer oder die Prussen war ja auch ein solcher).

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 25.09.2023 | 14:16
Wobei man sagen muss, ärmliche ausgerüstete Hilfstruppen müssen schon großes Glück haben, dass ein sich zumindest in Adelskreisen bewegender Chronist sich überhaupt mal die Mühe macht, Tinte an sie zu verschwenden.
Da kann der Anteil der zerlumpten -5 Hilfsprügler insgesamt um einiges höher gewesen sein. Und die werden dann auch eher mal nur einen dicken um den Unterarm gewickelten Mantel als Notrüstung und Hilfsschild benutzt haben. Bildlich taucht sowas durchaus mal auf, und man hat auch einiges an Holzkeulenfunden, so dass man da in die Richtung einiges mutmaßen kann.

Andererseits hab ich bei meiner Artikelschreiberei für das Lexikon des Mittelalters mal die Publikationen über die Massengräber der Schlacht von Visby durchgesehen, und da weiß man ganz genau, dass da drin die Leichen eines verzweifelten Aufgebots verscharrt wurden, bei denen man vom gerade in die Pubertät eintretenden Jungen bis zum klapprigen Opa mit schlecht verheiltem Beinbruch alles bewaffnet und gegen den dänischen König ausgeschickt hatte.

Da ist trotzdem der Anteil an Metallrüstungen sehr hoch, das scheint also nicht so unmöglich gewesen zu sein, 1361 auch schlichten Bauernsturm mit sowas auszurüsten. (https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Visby)



Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Maarzan am 25.09.2023 | 20:08
Wenn man in typische Rollenspielumgebungen schaut, haben wir außer übelwollende Leute auch noch jede Menge aggressives und teils recht überraschend auftauchendes Cropzeug bis hin zu eben den üblichen Monstern.
Das liefert einmal jede Menge - manchmal auch robustere als von typischen Nutzvieh -  Häute - so man das überlebt - aber auch Gegner, gegen die man nicht unbedingt klassisch "fechtet".
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Issi am 25.09.2023 | 20:33
Hat jemand schon Mal versucht, was mit Leder zu nähen? Oder überhaupt es zu durchstehen?
(Ist gar nicht so einfach - gerade wenn es dicker ist)
Tut aber wahrscheinlich trotzdem schei*e weh, wenn es jemand probiert.
Und kann sicher zu üblen Blutergüssen, und Blauen Flecken führen.

(Dafür verbeult es nicht, wie ne Metall Rüstung, rostet nicht, und heizt sich nicht so leicht auf.- Als Bonus kann es bei kühlen Temperaturen auch wärmen)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Talasha am 25.09.2023 | 20:33

Da ist trotzdem der Anteil an Metallrüstungen sehr hoch, das scheint also nicht so unmöglich gewesen zu sein, 1361 auch schlichten Bauernsturm mit sowas auszurüsten. (https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Visby)
Ich dachte die Gotländer wären ungewöhnlich reich gewesen weil sie Reiseverpflegung an die Hanseschiffe verkauften?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 25.09.2023 | 20:35
Mir ist in dem Zusammenhang noch aufgefallen, dass die tatsächlich historischen Lederrüstungen quasi immer aus relativ kleinen Lederstücken zusammengesetzt sind. Also eben nicht so aus wenigen riesigen Stücken wie die hübschen LARP-Lederrüstungen, sondern mehr so wie ein Bänder- oder Schuppenpanzer oder Lamellar. Ich nehme an, das wird neben der schlichten Materialverfügbarkeit vor allem den Grund haben, dass man so ein beschädigtes kleines Teil relativ einfach austauschen kann.

Wie schon im anderen Thread gesagt -- wenn man in einem großflächigen Lederstück einmal einen Schnitt, Riss oder ein Loch drin hat, kann man's eigentlich wegschmeissen - anders als Stoff kann man es nicht nähen und anders als Metall nicht schweißen, es ist einfach kaputt.
Das ist wiederum wie in _diesem_ Thread schon gesagt nicht unbedingt so kritisch, wenn es leicht verfügbare, billige Magie gibt, die Leder wieder heile machen kann.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 25.09.2023 | 20:56
Das allgemeine Bild vom kärglich ausgerüsteten Kreuzfahrer herrscht deswegen so vor, weil wir oft an den ersten Kreuzzug denken (da war es wirklich teilweise zusammengelaufener Mob ohne Plan, Ausrüstung und auch nur einem Schimmer, wo man sich da rumtreibt) und sporadische spätere Erscheinungen wie die Kinderkreuzzüge, da stimmt das.

Meinst du den Bauernkreuzzug? Den Ersten Kreuzzug, der immerhin Jerusalem einnahm, würd ich anders beschreiben. Bin aber auch kein Experte.

EDIT
Hat jemand schon Mal versucht, was mit Leder zu nähen? Oder überhaupt es zu durchstehen?
(Ist gar nicht so einfach - gerade wenn es dicker ist)

Da werden mit einer Ahle Löcher vorgestochen. Wenn man weiß wie und das richtige Werkzeug hat ist das relativ leicht. Sicher einfacher als das Herumwerkeln an Metall.

Noch eine weitere "Quelle" für Lederrüstungen im Rollenspiel könnten übrigens die Darstellung höherer römischer Offiziere in vielen Filmen seien. Die tragen oft aus Leder gemachte Varianten des antiken Muskelpanzers. Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, ob das i-wie historisch ist, allerdings gehe ich davon aus, dass wenn es die Dinger tatsächlich aus Leder gab, war das Schmuck für Paraden uä, nicht was für den Feldeinsatz.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Talasha am 25.09.2023 | 23:36
Meinst du den Bauernkreuzzug? Den Ersten Kreuzzug, der immerhin Jerusalem einnahm, würd ich anders beschreiben. Bin aber auch kein Experte.

Puh, wobei die die Belagerungsgeräte usw. usf. "vergessen" haben, oder? Also so extrem planvoll kann es da in der Masse nicht zugegangen sein.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 25.09.2023 | 23:51
Generell, denke ich, ergibt Leder oder Fell oder dergleichen als "Rüstung" am ehesten noch Sinn in einem Steinzeitsetting, in dem's einfach noch nicht so viel an Alternativen (und natürlich auch noch keine Metallwerkzeuge zur Bearbeitung anderer Materialien) gibt.

Sobald die Metallverarbeitung nämlich erst mal so weit ist, daß sie nicht mehr nur als reine Kuriosität oder Hexerei angesehen wird, sondern tatsächlich praktische Mengen auch nur erst mal an Kupfer o.ä. abwirft, wird sich relativ schnell herumsprechen, daß dieses Zeug buchstäblich Pfund für Pfund -- d.h., fürs selbe Gewicht -- wesentlich besseren Schutz bieten kann als alles, was vorher da war...und ab da sind dann schnell alle "richtigen" Rüstungen eben aus dem besten Metall, das die vorhandene Materialkunde bieten kann, und Leder und Stoff sind als reine Schutzkleidung zumindest fürs Militär (oder was immer kulturell gerade in dieser Richtung existiert) so ziemlich abgemeldet. Textilien behalten ihre Daseinsberechtigung auf dem Gebiet wenigstens noch ein Stück weit als Unterfutter und Polsterung, aber egal, was man aus Leder sonst noch alles sinnvoll machen kann, für den Zweck taugt es auch nicht so besonders.

Soviel von meinem Möchtegern-Historikerschaukelstuhl. ;) In einem Fantasysetting mag's halt tatsächlich Viecher geben, deren Haut bei geeigneter Bearbeitung ein Superleder mit der Widerstandskraft z.B. wenigstens eines Kettenhemds abgibt, oder Leute wie den stereotypen Fäntel"druiden", der als religiöser Fanatiker Metall strikt ablehnt (und dann aber besser entsprechende Magie haben sollte, um den Mangel an Rüstungsschutz irgendwie auszugleichen). Ich denke aber, daß, solange man Metall nicht ausdrücklich massive Nachteile andichtet, die es in der Realität so schlicht nicht hat, der typische Durchschnittssoldat und auch -abenteurer immer noch dazu greifen wird, wenn er denn wirklich mit einem möglichen Kampf in näherer Zukunft rechnet und sich dabei seiner Selbstverteidigungs- und Ausweichkünste nicht so sicher ist, daß er sich ohnehin auch in Straßenklamotten hineintrauen würde.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 26.09.2023 | 08:03
(Dafür verbeult es nicht, wie ne Metall Rüstung, rostet nicht, und heizt sich nicht so leicht auf.- Als Bonus kann es bei kühlen Temperaturen auch wärmen)
Leder wärmt nicht. In keinster Weise. Deshalb füttert man Lederjacken z.B.
Und es muss regelmäßig geölt oder gewachst werden, um nicht schlicht zu verschimmeln und sich zu zersetzen. Wir reden hier von vegetabil gegerbtem Leder. Und wenn es getroffen wird, bekommt es Schnitte und Risse, die man auch nicht mehr einfach reparieren kann (Metall beult man wieder aus und/oder kann es sogar schweißen).

Was die Monster betrifft: Dafür gibt es durchaus Beispiele aus unserer Welt. Krokodilleder wird aus der weichen Unterseite gemacht, aber es gab auch Schilde aus der dicken Rückenhaut. Schildkrötenpanzer sind auch durchaus verwendet worden. Hornplättchen aufgenäht auf einer textilen Unterlage sind mW aus Zentralasien bekannt.
Lederbespannte Schilde kennt man aus Afrika.

Was man dabei grundsätzlich feststellen kann: Man versucht, harte, glatte Oberflächen zu schaffen, sei das durch Einzelteile oder durch Aufspannen. All das kann die Fantasy-Lederrüstung nicht leisten.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Aedin Madasohn am 26.09.2023 | 09:23
Noch eine weitere "Quelle" für Lederrüstungen im Rollenspiel könnten übrigens die Darstellung höherer römischer Offiziere in vielen Filmen seien. Die tragen oft aus Leder gemachte Varianten des antiken Muskelpanzers. Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, ob das i-wie historisch ist, allerdings gehe ich davon aus, dass wenn es die Dinger tatsächlich aus Leder gab, war das Schmuck für Paraden uä, nicht was für den Feldeinsatz.

überliefert sind ja Statuen und Reliefs mit grandios überladenen Feldherrnrüstungen als Torax.
aus Bronze (etwa gegossen) wären die unhandlich schwer gewesen  ;D, so dass Formleder da sicherlich so manches "erleichterte"

bei Leder muss man übrigens immer mit bedenken, dass die zugrundeliegende Haut unterschiedlich dick ist - je nach Segtion, aus der sie abgenommen wurde.
das grenzt natürlich den Einsatz im Rüstungsbau ein, da diese Lederpartie dann ja auch für feste Schuhe, Sattel, Taschen, Gurte und Schnüre benötigt wurden.

Leder wurde erst durch moderne (schnelle) Gerbung (etwa durch Chromsalze) massenverfügbar. Bei zwei Jahren Bearbeitungszeit mit Eichenlohe und dergeleichen ist Leder schon eine begrenzte Ressource.
Kurzum, kleine Lederschuppen aus Randstücken/Abschnitte der Primärprodukte zu stanzen/schneiden ist sinnvoll im Sinne der Resteverwertung. Ansonsten halt ein Abgleich mit den Vergleichskosten etwa zu einem gesteppten Gambeson bzw der langen Nutzungsdauer von Metall (welches ja gut recycelt werden konnte, gerade Ringpanzerungen lassen sich weiten, kürzen, erneuern, je nach Bedarf und Geldbörse)

ansonsten bleibt aber das riesige Problem, dass wir aus annoduzemale Zunftslisten tolle Namen für eigenständige Gewerke haben, aber keine sichere Vorstellung der dahinterliegenden fertigen Rüstung  ;)
es kann also auch passieren, dass "nobrainer" Rüstungen nur deswegen am Markt verfügbar waren, weil dafür die Anbieter eine eigene neue Zunft gegründet kriegten und nur so gegen alle etablierten Monopolisten überhaupt aus ihrer Hände-arbeit Geld machen konnten. Streckenweise war im Mittelalter das überangebot an Arbeitskräften in den Städten ein echtes Problem, welches die Eliten mit Marktzugangsbeschränkungen wegzudrücken trachteten. Druck erzeugt aber Gegenbewegung.

heutiges Beispiel:
Wieviele unsaubere "Neu"auflagen von schon längst etablierten Softwarelösungen gibt es, nur weil Lizenzen und Patente der Monopolisten umgangen werden (müssen)? ;)

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 26.09.2023 | 09:29
aus Bronze (etwa gegossen) wären die unhandlich schwer gewesen  ;D,
Das würde ich nicht pauschalisieren - kommt drauf an, wie dick der Panzer ist. Wenn er reine Prunkfunktion hat, reicht da auch 1 mm - und damit ist er nicht bedeutend schwerer als dickes Formleder, das gewachst werden muss.

Ich kann dir aus praktischer Erfahrung sagen, wie schwer ein Helm für einen Thraex aus Bronze ist - sauschwer.  ;D Da hatte ich schon mal eine kampftaugliche Replik auf. Und man kriegt kaum Luft drunter. Aber der hat auch 3 mm Bronze...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Issi am 26.09.2023 | 09:37
Leder wärmt nicht. In keinster Weise. Deshalb füttert man Lederjacken z.B.
Und es muss regelmäßig geölt oder gewachst werden, um nicht schlicht zu verschimmeln und sich zu zersetzen. Wir reden hier von vegetabil gegerbtem Leder. Und wenn es getroffen wird, bekommt es Schnitte und Risse, die man auch nicht mehr einfach reparieren kann (Metall beult man wieder aus und/oder kann es sogar schweißen)
Du kannst eine dünne Lederjacke nicht mit ner dicken Lederrüstung vergleichen.
Leder schützt gegen Wind und Feuchtigkeit.

Leder ist zudem gar so nicht leicht mit dem Schwert zu durchdringen.
Bei ner Metallrüstung geht beim Reparieren ohne Schmiede oder Werkzeug gar nichts.

Aber gut, nem Zwerg würde ich zugestehen, dass er nach dem Kampf erstmal seinen Hammer rausholt, um Rüstung oder Helm zu entbeulen.
Apropos Metall Helm.....
Es soll schon Ritter und Krieger gegeben haben, die den dann für immer aufhatten.... ~;D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 26.09.2023 | 09:38
aus Bronze (etwa gegossen) wären die unhandlich schwer gewesen  ;D, so dass Formleder da sicherlich so manches "erleichterte"

Archäologen haben mWn Beispiele für Muskelpanzer aus der römischen Zeit (späte Republik/frühe Kaiserzeit) gefunden, sowohl aus Bronze als auch aus Eisen. Die Frage ist nicht, ob es Metallvarianten (auch als echte Rüstung) gab, sondern ob daneben reine Zierstücke aus Leder existierten. Ist bei den vorhandenen Plastiken, die extrem reich verzierte Exemplare zeigen, nicht auszuschließen, dass sie solche zeigen (wie gesagt, den Forschungsstand kenn ich nicht, oder ob es einen solchen gibt), aber es ist halt nicht nachweisbar, und Leder hätte die Zeit nicht überdauet.

das grenzt natürlich den Einsatz im Rüstungsbau ein, da diese Lederpartie dann ja auch für feste Schuhe, Sattel, Taschen, Gurte und Schnüre benötigt wurden.

Grundsätzlich nicht falsch, aber Metall war eine mindestens ebenso rare Ressource, die aufwendig gewonnen und verarbeitet werden musste.

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: unicum am 26.09.2023 | 09:46
Noch eine weitere "Quelle" für Lederrüstungen im Rollenspiel könnten übrigens die Darstellung höherer römischer Offiziere in vielen Filmen seien. Die tragen oft aus Leder gemachte Varianten des antiken Muskelpanzers. Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, ob das i-wie historisch ist, allerdings gehe ich davon aus, dass wenn es die Dinger tatsächlich aus Leder gab, war das Schmuck für Paraden uä, nicht was für den Feldeinsatz.

 :d

Das denke ich eigentlich auch, vieles der Bilder aus dem "finsteren Mittelalter (#)(und vergleichbarem)", ist eben aus dem mittelalterlichen Örtchen Hollywood,...
Gar so abwegig auf solche Gedanken zu kommen wie "Auch aus Leder kann man Rüstungen machen" find jezt auch nicht, also wenn ich all mein ziemlich geringes Wissen über Leder im allgemeinen und über Mittelalter im besonderen ausblende.

Gab ja auch die Vorstellung das ein Ritter nur mit Hilfsmitteln wie einem Krahn auf sein Pferd kommen kann,... (hüstel) und ja das haben viele eben früher auch so für bare Münze genommen.

Ich würd sagen es ist heute besser geworden, spätestens wenn Leute die einen Film drehen "wissenschaftliche Berater" mit reinnehmen damit nicht gar so grosser Schmuh passiert.

(#) und natürlich waren die Filme auch noch schwarz Weis - also wenn es einen besseren Grund gibt vom finsteren Mittelalter zu sprechen, denn wirklich bunt und schön kann es ja nicht gewesen sein sonst hätten sie sicher in farbe gedreht. *hüstel*

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 26.09.2023 | 10:04
Meinst du den Bauernkreuzzug? Den Ersten Kreuzzug, der immerhin Jerusalem einnahm, würd ich anders beschreiben. Bin aber auch kein Experte.

Der erste Kreuzzug bestand zum Teil eben aus dem Bauernkreuzzug, und auch bei den feudalen Aufgeboten beim 1. Kreuzzug war ein großer Teil an religiös fanatisiertem Volk dabei. Das war übrigens auch DIE Negativerfahrung, die alle späteren Kreuzzugsorganisatoren zu vermeiden versuchten, die haben dann schwer darauf geachtet, dass ausgebildete und ausgerüstete Truppen in Marsch gesetzt werden, was spontane irre Mobs natürlich nicht weiterhin daran gehindert hat, sich mal auf den Weg zu machen.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 26.09.2023 | 10:11
Archäologen haben mWn Beispiele für Muskelpanzer aus der römischen Zeit (späte Republik/frühe Kaiserzeit) gefunden, sowohl aus Bronze als auch aus Eisen. Die Frage ist nicht, ob es Metallvarianten (auch als echte Rüstung) gab, sondern ob daneben reine Zierstücke aus Leder existierten. Ist bei den vorhandenen Plastiken, die extrem reich verzierte Exemplare zeigen, nicht auszuschließen, dass sie solche zeigen (wie gesagt, den Forschungsstand kenn ich nicht, oder ob es einen solchen gibt), aber es ist halt nicht nachweisbar, und Leder hätte die Zeit nicht überdauet.

Mir ist kein einziger schriftlicher oder archäologischer Hinweis bekannt, dass es die Muskelkürasse aus Leder gegeben hätte. Außer, dass Hollywood das gerne so dargestellt hat. Sonst nada. Nach der Logik "könnte ja so gewesen sein" kann man dann ja auch für alles mögliche, was Statuen so tragen, eine hypothetische Lederversion postulieren. Ist völlig unsinnig.

Natürlich gibt es Knallchargen wie Raffaele D'Amato, die sogar einen archäologischen Abschluss haben, und in Dutzenden von Ospreyheften dann bei jeder noch so obskuren und künstlerisch verfremdeten Darstellung behaupten, das wäre ein 1-zu-1-Bauplan, wie das Zeug tatsächlich ausgesehen hätte. Und das befeuert wieder viele Leute, diese eigentlich längst von gründlich arbeitenden Experten wie Connolly und Junkelmann widerlegten Nonsensaufmachungen für real zu halten.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 26.09.2023 | 10:26
Leder schützt gegen Wind und Feuchtigkeit.
Frage: Hast du schonmal Lederzeug draußen, in freier Natur, bei Schlechtwetter getragen?

Ich schon - und ich kann dir sagen, es hält weder warm, noch hält es Nässe ab, noch ist es besonders winddicht. Letzteres kann man durch Unterkleidung ausgleichen - oder wie die Inuit u.a. indem man den Pelz auf der Innenseite hat und das Leder mit Öl imprägniert. Das macht Leder aber trotzdem nur zu einer Notlösung in Ermangelung besserer Materialien.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: unicum am 26.09.2023 | 10:35
Nach der Logik "könnte ja so gewesen sein" kann man dann ja auch für alles mögliche, was Statuen so tragen, eine hypothetische Lederversion postulieren.

Kettenhemden aus,... Lederringen!
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 26.09.2023 | 10:36
Das denke ich eigentlich auch, vieles der Bilder aus dem "finsteren Mittelalter (#)(und vergleichbarem)", ist eben aus dem mittelalterlichen Örtchen Hollywood,...

Allerdings. ;D Und das hat seinerseits wahrscheinlich mindestens einige seiner Vorstellungen aus der finsteren viktorianischen Geschichtsklitterung...

Zitat
Gab ja auch die Vorstellung das ein Ritter nur mit Hilfsmitteln wie einem Krahn auf sein Pferd kommen kann,... (hüstel) und ja das haben viele eben früher auch so für bare Münze genommen.

Daß der Ritter nur mit Hilfe auf sein Roß gekommen ist, mag eventuell für einzelne späte und spezialisierte Turnierrüstungen gegolten haben, bei denen man dank des vorhersehbar-ritualisierten Ablaufs schon mal zugunsten des dafür optimierten Schutzes auf so einiges an Beweglichkeit verzichten konnte. Aber in so einem Trumm dann aufs Schlachtfeld zu reiten und sich selbst ins Getümmel stürzen zu wollen, wäre wohl kaum gut ausgegangen -- und zu der Zeit, als die Herren Ritter selbst noch hauptsächlich Kettenhemden trugen, dürfte es dergleichen auch ohnehin noch gar nicht gegeben haben. (Wobei das alles schon voraussetzt, daß eventuelle "Belegexemplare" tatsächlich authentisch und keine wesentlich neuzeitlicheren Fälschungen sind; für so was gab's ja seit spätestens der Erfindung des Museums auch immer einen Markt.)

Zitat
(#) und natürlich waren die Filme auch noch schwarz Weis - also wenn es einen besseren Grund gibt vom finsteren Mittelalter zu sprechen, denn wirklich bunt und schön kann es ja nicht gewesen sein sonst hätten sie sicher in farbe gedreht. *hüstel*

Och, ich weiß nicht -- ich bin alt genug, um mich noch an Schwarzweißfernsehen zu erinnern, und manchmal waren die Farben da tatsächlich besser. ~;D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 26.09.2023 | 10:36
Kettenhemden aus,... Lederringen!

Schwerter aus Leder! Safety first!  ~;D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: unicum am 26.09.2023 | 10:44
Schwerter aus Leder! Safety first!  ~;D

Ich sehs: Wir driften in den Larp Sektor ab ;)

Ich habe mal auf einem Larp einen Kettenharnisch gesehen der aus der Ferne superauthentisch aussah,... erst als man sehr nahe drann war ist aufgefallen das dieser "Harnisch" aus Wolle war,... aber: war superleicht, gab gut warm und - im Gegensatz zu dem einen der mal auf Kaltenberg in seinem Kettenhemd geschlafen hat könnte ich mir auch vorstellen das man darin schön schlafen kann,...

Es gab dann natürlich die Diskussion ob man aus Stahlwolle auch Kettenhemden stricken kann,...

Was mich dahingehend eher interessiert ist wie eine moderne Rüstung sich gegen mittelalterliche Waffen schlagen würde - also etwa eine Kugelsichere Weste gegen Kriegshammer, Langschwert und Co.

Aus was sind eigentlich diese Kendo Rüstungen?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 26.09.2023 | 10:53
Aus was sind eigentlich diese Kendo Rüstungen?
Bambusstreben mit Lackleder überzogen. Die müssen aber auch nur Shinai abhalten.

Japanische Rüstungen waren meistens aus Bambus, Eisen und Lack.

Zitat
Was mich dahingehend eher interessiert ist wie eine moderne Rüstung sich gegen mittelalterliche Waffen schlagen würde - also etwa eine Kugelsichere Weste gegen Kriegshammer, Langschwert und Co.
Gibt auch hier Schnitttests.
Ich kenne auch einen Beschusstest gegen leichte und schwere ballistische Westen mit 70# Compoundbogen - das entspricht einem leichten Warbow. Die leichte hat nicht standgehalten, die schwere schon. Letztere hat aber auch Stahlplatten drin - vergleichbar einem Harnisch.
Und es wurden normale Jagdspitzen verwendet, also keine Bodkins o.ä.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Skaeg am 26.09.2023 | 10:57
Allerdings. ;D Und das hat seinerseits wahrscheinlich mindestens einige seiner Vorstellungen aus der finsteren viktorianischen Geschichtsklitterung...
Es ist wirklich interessant und wäre eine eigene Untersuchung wert (wenn es die nicht schon gibt), warum so viele der Mythen über das Mittelalter im 19. Jahrhundert erfunden oder zumindest popularisiert wurden.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2023 | 10:59
Schade dass dieser Thread erst jetzt aufkommt wo der Sommer vorbei ist. Sonst hätte ich das an einem heißen Tag einfach mal für euch getestet, wie sehr sich ein Kettenhemd in der Sonne so aufheizt, wenn überhaupt. (Ich habe so ein leichtes Kettenhemd aus geschlossenen Stahlringen, kurzarm, wiegt iirc so 5-6kg, lässt sich also auch mit wenig Unterkleidung gut tragen. Hält zumindest meinen 55# Bögen locker stand, ist also nicht so dass das jetzt Spielzeug wäre.)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 26.09.2023 | 11:04
Es ist wirklich interessant und wäre eine eigene Untersuchung wert (wenn es die nicht schon gibt), warum so viele der Mythen über das Mittelalter im 19. Jahrhundert erfunden oder zumindest popularisiert wurden.
Das nennt sich Historismus. Da gab es eine romatisierte Vorstellung davon, wie das MA aussah. Da wurden Schwerter geschmiedet (viel zu schwer, mit Elementen aus verschiedenen Jahrhunderten gemischt) und an die Wände von Burgen gehängt, deren Verputz man davor abgeschlagen hatte, weil Burgen sowas nicht hatten, im MA. Rüstungen wurden willkürlich zusammengestellt, neu geschmiedet, usw.
Es war eine Gegenbewegung zur Industriellen Revolution, die Rückbesinnung auf Werte, die es so nie gab, bei gleichzeitiger Annahme, dass die eigene Zeit die Spitzer der Entwicklung sei.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 26.09.2023 | 11:06
Hält zumindest meinen 55# Bögen locker stand, ist also nicht so dass das jetzt Spielzeug wäre.)
Falsche Pfeilspitzen. Tu mal Bodkins oder Needles drauf, da halten nicht-vernietete Ringe nichts dagegen. Scheibenspitzen sollen das tiefe Eindringen ja genau verhindern, damit man sie leichter ziehen kann.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2023 | 11:16
Falsche Pfeilspitzen. Tu mal Bodkins oder Needles drauf, da halten nicht-vernietete Ringe nichts dagegen. Scheibenspitzen sollen das tiefe Eindringen ja genau verhindern, damit man sie leichter ziehen kann.

Ich habe Bodkins verwendet, und es fällt mir gerade schwer nicht ausfällig zu werden, nachdem ich oben explizit geschrieben habe, dass das Hemd aus geschlossenen Ringen ist.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 26.09.2023 | 11:27
Es ist wirklich interessant und wäre eine eigene Untersuchung wert (wenn es die nicht schon gibt), warum so viele der Mythen über das Mittelalter im 19. Jahrhundert erfunden oder zumindest popularisiert wurden.

Ich vermute mal: Aufkommen der Romantik und gleichzeitig die ersten Massenmedien mit Reichweite (Buchverlage und Zeitungen).

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 26.09.2023 | 11:28
Falsche Pfeilspitzen. Tu mal Bodkins oder Needles drauf, da halten nicht-vernietete Ringe nichts dagegen. Scheibenspitzen sollen das tiefe Eindringen ja genau verhindern, damit man sie leichter ziehen kann.

Hab ich auch schon getestet, mit nem 75-lbs-Bogen geht das durch wie durch heisse Butter. Und da waren es auch geschlossene Ringe, allerdings war die Schießentfernung nicht hoch (15 Meter, wenns hochkommt).

Nachtrag: wobei selbst ein pfeilfestes Kettenhemd plus Schild allein nicht so viel bringen würden. Wir haben mal folgenden Versuch gemacht: ein Kumpel ist im langen Kettenhemd plus Rundschild 50 Meter gesprintet, wir haben die Zeit genommen. Dann hab ich einen mannshohen Normannen in Kette plus Tropfenschild im Maßstab 1 zu 1 aus Pappe gebaut, den in 50 Meter Entfernung aufgestellt, und dann haben ich und eine Bekannte mit unseren Bögen genau die Zeitspanne lang drauf geballert, die vorher als Sprintdauer ermittelt wurde.

Die Zielscheibe hatte unzählige Treffer nicht nur im Schild und der Kette, sondern auch an etlichen nicht gepanzerten Stellen (Hände, Auge, Beine, einer sogar durch den vorderen Kettenhemdschlitz direkt in die Kronjuwelen  :P). Das hätte immer noch gereicht, um ihn vor Eintreffen bei den Bogenschützen außer Gefecht zu setzen. Kann man dann halt mal hochrechnen, bei einem Verhältnis von 2 zu 1. Müste man natürlich mehrfach durchziehen, damit eine ausreichende Datenbasis da wäre. Spaßig wars jedenfalls.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 26.09.2023 | 11:35
Daß der Ritter nur mit Hilfe auf sein Roß gekommen ist, mag eventuell für einzelne späte und spezialisierte Turnierrüstungen gegolten haben, bei denen man dank des vorhersehbar-ritualisierten Ablaufs schon mal zugunsten des dafür optimierten Schutzes auf so einiges an Beweglichkeit verzichten konnte.

Ich hab mal einen Experten gefragt; auch da keine Krähne, Gehilfen und vielleicht ein Schemel oä, selbst bei den überschweren Gestechrüstungen.

Och, ich weiß nicht -- ich bin alt genug, um mich noch an Schwarzweißfernsehen zu erinnern, und manchmal waren die Farben da tatsächlich besser. ~;D

Die besten Bilder soll das Radio haben... ;)

Ich habe mal auf einem Larp einen Kettenharnisch gesehen der aus der Ferne superauthentisch aussah,... erst als man sehr nahe drann war ist aufgefallen das dieser "Harnisch" aus Wolle war,... aber: war superleicht, gab gut warm und - im Gegensatz zu dem einen der mal auf Kaltenberg in seinem Kettenhemd geschlafen hat könnte ich mir auch vorstellen das man darin schön schlafen kann,...

Dürfte auf den meisten Punkte-LARPs keinen Rüstungsschutz bingen; im Gegensatz zu Kettenhemden aus Alu, die auch nicht schwerer, wenn auch nicht so ksuchelig sind.

Es gab dann natürlich die Diskussion ob man aus Stahlwolle auch Kettenhemden stricken kann,...

Kann man. Hab ich auf meinem ersten LARP gesehen, ob nun gehäkelt oder gestrickt. Ich würd aber davon abraten, das Ding war schwerer als so ziemlich alles andere, was ich jemals in der Hand hatte, und die Schutzwirkung dürfte auch fraglich sein.

Was mich dahingehend eher interessiert ist wie eine moderne Rüstung sich gegen mittelalterliche Waffen schlagen würde - also etwa eine Kugelsichere Weste gegen Kriegshammer, Langschwert und Co.

Kugelsichere Westen sind idR auch stichfest, glaub ich. Die Schutzkleidung von Sportfechtern wird jedenfalls auch aus Kevlar hergestellt. Wie gut die Riotausstattung der modernen Polizei jetzt gegen ein Langschwert oder Rabenschnabel besteht, keine Ahnung.

Schade dass dieser Thread erst jetzt aufkommt wo der Sommer vorbei ist. Sonst hätte ich das an einem heißen Tag einfach mal für euch getestet, wie sehr sich ein Kettenhemd in der Sonne so aufheizt, wenn überhaupt.

Kettenhemd geht noch, das Problem ist eher die Unterkleidung. Plattenpanzer im prallen Sonnenlicht kann unangenehm werden, vom Helm ganz zu schweigen.

Schlimm ist es in der Kälte. So eine Stahlschicht, auf Minusgrade abgekühlt, ist nicht gut für die Gesundheit, auch wenn man dicke Klamotten und moderne Fleeceunterwäsche drunter trägt. Absolut verständlich, dass die im Winter sehr ungern Krieg geführt haben. Ich vermute ja, dass die ganzen Spikes an den Rüstungen von Warhammer-Chaoskriegern als Sonnenlichtkollektoren dienen, damit die Jungs in den eisigen Chaoswüsten nicht sofort festfrieren...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 26.09.2023 | 13:01
dass das Hemd aus geschlossenen Ringen ist.
Geschlossen heißt nicht vernietet. Die Ringe können auch verschweißt sein - ist auch geschlossen, hält aber nicht ganz so gut.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Skaeg am 26.09.2023 | 13:07
Das nennt sich Historismus. Da gab es eine romatisierte Vorstellung davon, wie das MA aussah. Da wurden Schwerter geschmiedet (viel zu schwer, mit Elementen aus verschiedenen Jahrhunderten gemischt) und an die Wände von Burgen gehängt, deren Verputz man davor abgeschlagen hatte, weil Burgen sowas nicht hatten, im MA. Rüstungen wurden willkürlich zusammengestellt, neu geschmiedet, usw.
Es war eine Gegenbewegung zur Industriellen Revolution, die Rückbesinnung auf Werte, die es so nie gab, bei gleichzeitiger Annahme, dass die eigene Zeit die Spitzer der Entwicklung sei.
Schon, aber auf der anderen Seite hast du viele Mythen der Sorte "Hahaha, was waren die im Mittelalter doch brutal und rückständig und lächerlich". Die falsch verstandenen "Dark Ages", flache-Erde-Glaube, eiserne Jungfrau, ius primae noctis und eben auch der Ritter-Kran. Der ganze Topos des ganzen Mittelalters als ein durch und durch dunkles, dreckiges, grausames Horrorzeitalter, den man im Rollenspiel ja auch manchmal findet. Also eher ein Historismus mit umgekehrten Vorzeichen, ein Absetzen von den vermeintlich primitiven Altvorderen.

Vielleicht wäre der Ansatzpunkt, dass Romantik und Historismus sich zu der positiv gedachten Mittelaltertümelei verhalten wie Imperialismus und Sendungsbewußtsein zu den negativ-Mythen.

Naja, sind nur wirre Gedanken, führt hier weit weg...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 26.09.2023 | 13:16
Das führt zum Thema Humanismus, Renaissance und Aufklärung. Wikipedia hat einen recht guten Artikel dazu, wie das aufgekommen ist: https://de.wikipedia.org/wiki/Finsteres_Mittelalter
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2023 | 13:21
Geschlossen heißt nicht vernietet. Die Ringe können auch verschweißt sein - ist auch geschlossen, hält aber nicht ganz so gut.

Ja, sie sind verschweißt -- da siehst du mal, wie falsch du liegst. Das Hemd kann das jederzeit ab.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Issi am 26.09.2023 | 13:22
Frage: Hast du schonmal Lederzeug draußen, in freier Natur, bei Schlechtwetter getragen?
Jepp
Vielleicht bin ich einfach ne harte Sau... ~;D

Aber wenn es wirklich ums Warmhalten geht, dann würde ich Schafswollpullis empfehlen.
Werde nie vergessen, wie alle um mich gefroren haben in ihren Outdoor Hightech Jacken, und mir ging's gut, obwohl der Saudünn war.

Gegenfrage: Und schon Mal bei Wind und Wetter in Metallrüstung draußen gewesen?
(Geht hier ja um den Vergleich)

Ich jedenfalls nicht.


Wie wär's mit Rüstungen, Helmen und Schwertern aus Schafswolle?
Dann wird der Kampf schön kuschelig... :D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: unicum am 26.09.2023 | 13:58

Gegenfrage: Und schon Mal bei Wind und Wetter in Metallrüstung draußen gewesen?
(Geht hier ja um den Vergleich)


Ja, aber ich machte damals auch vieles falsch. Etwa die Auslegung des Unterzeugs zu gering bemessen.
Die Vollplatte im Hochsommer war heftig und das kettehemd im Herbst wo mein Wollzeug an den Armen zu kurz war auch.

Interessant war noch derjenige welcher auf Kaltenberg abends zu viel gesoffen hatte und sich mit Kettenhemd ins Bett gelegt hat. Der hatte - trotz sommerlichen Temperaturen am frühen morgen schüttelfrost, war unterkühlt und (hatte merkwürdige verzierungen auf der haut, woher die wohl kamen?) wurde dann von den Sanis abgeholt.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Maarzan am 26.09.2023 | 17:22
Dass die Lederrüstungen ahistorisch sind, hatten wir ja schon drüben durch. Aber Historie hat sich ja unter bestimmten Umständen entwickelt.
Die Frage war hier, ob man durch - möglichst geringfügiges - Drehen an den Rahmenbedingungen - idealerweise auch noch im Rahmen des eh vorhandenen üblichen Fantasygenres- diese Rüstungen doch rechtfertigen könnte.
Dass die dann nicht das Nonplusultra sind, wäre auch klar.

Bezgl. Brigantine:
Soweit ich das übersehen kann, sind das Metallteile zwischen zwei Stoffbahnen etc.
Wieso ist dann nur Metallteile auf Leder nähen keine Option für Arme oder niedere Stände?

Oder das, was unter "Cuir bouilli" zu finden wäre?


Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 26.09.2023 | 17:47
Also Lederrüstung, wie wir sie alle durchs Ur-D&D samt schicker Illustrationen kennen gelernt haben, das geht einfach nicht auf. Pures Leder mit lose draufgetackerten fancy aussehenden Metallteilen funktioniert halt nicht, solange man wirklich drauf besteht, dass das eben normales Leder mit Applikationen ist.

Ich hab dabei immer dieses heißgeliebte Bild (unironisch, ich finde das immer noch saucool, und hab auch so aussehende SC gebaut) im Kopf:

(https://i.postimg.cc/vT6hrGTh/Melf.gif)

Okay, man würde gerne, dass sein Held so durch die Gegend rennt. Aber die Lösung, das Ganze auch halbwegs plausibel machen zu können, ist doch schon längst da: man sagt einfach, das ist ne Brigantine. Die Metallteile, die aus dem Leder rausragen, halten unter dem Leder verborgene größere Metallplatten, also ne Art versteckte und fixierte Schuppenrüstung. Alles gut.

Mir stellt sich hier die Gegenfrage: Warum MUSS es denn unbedingt sowas wie im Bild als pure Lederrüstung geben und irgendwie funktionieren? Inwiefern verliert diese Rüstung ihren Reiz, wenn Metallplatten oder -plättchen drunter sind?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 26.09.2023 | 17:53
Die Frage war hier, ob man durch - möglichst geringfügiges - Drehen an den Rahmenbedingungen - idealerweise auch noch im Rahmen des eh vorhandenen üblichen Fantasygenres- diese Rüstungen doch rechtfertigen könnte.

Die einfachste Antwort hatten wir schon: Gibt in Fantasyhausen halt besseres Leder. Muss ja nicht gleich Drachenleder sein, an dass nur Helden ran kommen. I-ein Fantasy-Kuh-Ersatz oder die im Großen Sumpf standardmäßig gehaltenen Panzeralligatoren oder was weiß ich.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Eismann am 26.09.2023 | 17:54
Mir stellt sich hier die Gegenfrage: Warum MUSS es denn unbedingt sowas wie im Bild als pure Lederrüstung geben und irgendwie funktionieren? Inwiefern verliert diese Rüstung ihren Reiz, wenn Metallplatten oder -plättchen drunter sind?

Damit man eine Ausre... Erklärung hat, warum die Elfe im hautengen Leder-Catsuit unterwegs ist. Mit den praktischen Gelände-High-Heels.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 26.09.2023 | 18:00
Damit man eine Ausre... Erklärung hat, warum die Elfe im hautengen Leder-Catsuit unterwegs ist. Mit den praktischen Gelände-High-Heels.

Diesem Typus von Spieler gebe man halt vor der Spielsitzung ein Zimmer für sich, freien Internetzugang, eine Packung Kleenex und 15 Minuten Zeit. Danach sollte dann der Bedarf an Kinky Wargear hoffentlich nicht mehr so dominant sein.  >;D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2023 | 18:00
Glaube der Hauptgrund ist, dass wir halt gerne eine leichte, stealthige, die Bewegungsfreiheit nicht einschränkende Rüstung für unsere Schurken hätten. Die aber einen höheren Coolnessfaktor haben soll als ein Gambi. (Zugegeben ich kann mir einen D&D-typischen Schurken oder Assassinen auch nur schlecht in einem dick wattierten Waffenrock vorstellen.)
Brigantine ist halt doch wieder ein ziemlicher Klotz, vermutlich schwerer als ein Kettenhemd (freilich, je nach Blechdicke) und dabei weniger flexibel (aber halt viel billiger).
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 26.09.2023 | 18:01
Mir stellt sich hier die Gegenfrage: Warum MUSS es denn unbedingt sowas wie im Bild als pure Lederrüstung geben und irgendwie funktionieren? Inwiefern verliert diese Rüstung ihren Reiz, wenn Metallplatten oder -plättchen drunter sind?

Das ist mal 'ne gute Frage. Die offensichtliche Antwort (wenn wir den reinen Sex Appeal mal ausklammern...) ist nämlich auch erst mal ein D&D-ismus: "Weil der klassische Träger von Lederrüstung der Dieb Schurke ist, und der will kein klingelndes Metall am Körper, das beim Schleichen stört!".

Warum so'n Spezialist dann aber einerseits beim Schleichen und Einbrechen und Möglichst-Unbemerkt-Bleiben überhaupt erst mal eine hinderliche Rüstung anziehen wollen und sich dann andererseits weigern sollte, für "richtige" Kämpfe auf Abenteuer oder so gleich etwas Besseres in petto zu haben...darüber denkt man vielleicht besser nicht allzu tief und lange nach. 8]
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 26.09.2023 | 18:05
Also wenn man einen leicht gepanzerten Dieb haben will, wäre doch ein gescheites gepolstertes Arming doblet um einiges effizienter und stylisher, mal ganz davon abgesehen, dass Leder so undiebisch vor sich hinknarzen kann  ;D

(https://burgschneider.de/media/catalog/product/cache/15/image/960x/040ec09b1e35df139433887a97daa66f/r/u/ruestwams-doublet-im-stil-des-15-jh-natur_3.lVqlOj.jpeg)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2023 | 18:07
Achja? Vielleicht operiert mein Schurke ja aber auch auf einem Segelschiff for Kap Hoorn, dann gehört das Knarzen mit zur Tarnung!
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 26.09.2023 | 18:09
Ich hasse es, wenn ich argumentativ so locker überholt werde  ^-^
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 4.10.2023 | 12:29
Bump, auch wenn es jetzt eher um realhistorische Entwicklungen geht und weniger um RPG -- also quasi Rüstungsrechtfertigung andersrum, wäre vllt auch ein Thema für Science w/o Fiction:

Der klassische römische Helm "Imperial Gallic" ist nach meinem Dafürhalten eins der besten Designs aller Zeiten. Schädelschutz, Wangenschutz, Nackenschutz, ohne Sicht, Atmung und Gehör nennenswert zu behindern. Herz, was begehrst du mehr.
Dass dieser Helmtyp im Zuge der Reichskrise(n) aufgrund der aufwendigen und sicherlich recht kostspieligen Konstruktion verschwunden ist bzw durch stark entfeinerte Modelle abgelöst wurde, ja, das kann ich nachvollziehen:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Man beachte, dass auch der spätrömische Spar-Helm Aussparungen für die Ohren hatte.

Aber wieso ist auch später, also sagen wir in den 1000 Jahren zwischen FrüMi und Renaissance, kaum ein vergleichbarer Helm mehr evolviert? Ich finde hier erst viel später (schon mehr Barock) so Typen wie Pappenheimer oder Sturmhaube, die ähnliche Eigenschaften haben dürften. Aber dazwischen Ewigkeiten nur entweder Deckel die über eine Kettenhaube gehören, oder dann später solche die Gehör, meist auch Sicht und Atmung erheblich einschränken.

Gibt es da wirklich handfeste Gründe, oder war das mehr eine Laune der Geschichte?

Anders gefragt: wenn jetzt zB auf einem Schlachtfeld des sagen wir 11. oder 12. Jh eine Einheit mit solchen kaiserzeitlichen Helmen aufgetaucht wäre, hätten die dann aufgrund ihrer Behütung eher Vor- oder Nachteile gehabt?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 4.10.2023 | 12:38
Naja, vom 8. bis zum 13. Jahrhundert hats du ja auch ne ziemliche Entwicklung von Helmtypen, und da ich den Menschen dieser Zeit genau so viel Pragmatismus wie Römern oder uns heutzutage zugestehe, ist doch schwer anzunehmen, dass da auf Notwendigkeiten reagiert wurde.

Vom materiellen Aufwand steht so ein hochmittelalterlicher Topfhelm einem Imperial Gallic Type in nichts nach, aber man bedenke, dass in dieser Zeit Reiterei dominanter ist als im römischen Imperium des 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. Da sind für einem Kampf vom Pferd aus bzw. gegen einen Gegner zu Pferd als Fußkrieger andere Formen sinnvoller. Z.B. braucht ein früher Topfhelm weniger einen Nackenschutz, weil Kettenkapuze drunter ist, und man mit so einem Ding öfters auf dem Pferd sitzt und daher nicht unbedingt einen Hieb von oben herab in den Nacken bekommt.


Sehr vereinfachtes Schema fürs 11.- 14. Jahrhundert (und da fehlen viele der obskureren Typen):
(https://i.pinimg.com/564x/01/92/79/0192795956bbfe9dcc12b8646ed00995.jpg)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 4.10.2023 | 12:47
Die römischen Legionäre fochten zu Fuß, in Formation und mussten dabei den Befehlen ihrer Zenturionen folgen.

Früh- und hochmittelalterliche Helme wurden va von Panzerreitern getragen (oder für sie optimiert), die zu Pferd fochten, dabei naturgemäß keine so enge Formation halten konnten wie Fußsoldaten, und die Rolle als Einzel- & Universalkrieger war viel wichtiger. Besonders das Problem mit dem Hören dürfte hier eine geringere Rolle gespielt haben, daher waren Varianten ohne Ohrlöcher vorherrschend, seien das Nasalhelme über Kettenhaube, sei das der spätere Topfhelm.

Helmtypen, die sich direkt auf antike Helme beziehen, kamen im späteren Mittelalter auf, als die Infanterie sich ihren Weg zurück auf die Schlachtfelder erkämpfte. Ein Beispiel ist der Barbuta, der zumindest in manchen Typen stark vom griechisch-antiken korinthischen Helm geprägt ist (allerdings kenn ich hier auch keine Varianten Aussparungen für die Ohren).
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 4.10.2023 | 12:57
Auch im Mittelalter wurde in Formationen gekämpft, der chaotische Haufen mittelalterlicher Krieger, der nur in aufgelöster Form und in Einzelgefechten durchbrettert, ist purstes Hollywood. Bildliche und schriftliche Darstellungen belegen das zigfach, der Hauptunterschied zum römischen Fußvolk ist eher, dass der Ausbildungsstandard nicht ganz so hoch war - aber auch das ist in vielen Sonderfällen anders, die Infanterie des lombardischen Städtebundes z.B. war auch sehr gut gedrillt.

Und auch wenn im Mittelalter die Reiterei dominanter war, und das Helmtypen stark beeinflusste, bestand ein mittelalterliches Heer öfters aus mehr Fußtruppen als Reitern. Und letztere haben oft auch abgesessen gekämpft, bei deutschen Rittern kam das auch nicht so selten vor, oder bei Anglonormannen (Battle of the Standard).

Mittelalter ist sowieso ein sowohl geographisch als auch epochenmäßig weites Feld, da ist es schwer, allgemeingültige Aussagen zu treffen.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 4.10.2023 | 12:58
Chices Schaubild. Ich nehme an, der rechte Zweig ist Reiterei, der linke Fußvolk, und der mittlere "universell"?

Wurden eigentlich auch die Eisenhüte / Kettle Hats mit Kettenhaube zusammen getragen? Die konischen Kappen des mittleren Zweiges ja afaik schon, und die schwersten Typen des rechten Zweiges kamen dann ja sogar _über_ eine Haube _und_ Metallkappe obendrüber.

Für Reitertruppen folge ich deiner Argumentation, die Designs machen schon durchaus Sinn wenn man eh immer vom Pferd runter hackt.

So ein Eisenhut ist auch sicherlich kein blödes Design, auch wenn er dämlich aussieht und in RPGs wenn überhaupt dann als lausiger Einsteigerhelm vermarktet wird  >;D - der breite Rand hilft sicherlich, eine ganze Menge Angriffe, die mehr von oben kommen, harmlos abrutschen zu lassen. Aber da würde ich rein vom Schutzwert doch den Vorteil beim Imperial Gallic sehen. War das dann mehr eine Kostenfrage, weil so ein Eisenhut halt schnell und billig zu produzieren war und für Infanterie halt nicht viel Geld da war?

Wenn ja, bringt uns das wieder auf das eigentliche Thema des Threads:
Welche Helme könnten in einem (typischen) Fantasysetting en vogue sein, das keinen so starken Kavallerie-Bias hat und auch die reicher ausgestatteten Truppen eher zu Fuß kämpfen? Sähen die dann vielleicht mehr römisch, korinthisch oder gotisch-byzantinisch aus?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 4.10.2023 | 13:09
Chices Schaubild. Ich nehme an, der rechte Zweig ist Reiterei, der linke Fußvolk, und der mittlere "universell"?

Wurden eigentlich auch die Eisenhüte / Kettle Hats mit Kettenhaube zusammen getragen?

Sowohl mit als auch ohne, man findet alles in Darstellungen. Es gibt auch schwerere Fußtruppen, die komplette Kettenpanzerung plus Eisenhut tragen

(https://manuscriptminiatures.com/image/7982/1000)

(https://manuscriptminiatures.com/image/7983/1000)

Und klar, die Dinger sind einfacher und billiger herzustellen als ein Imperial Gallic. Im Mittelalter hat man halt das Problem, dass der individuelle Krieger für seine Ausrüstung selber sorgen muss, da wird gerne gespart.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 4.10.2023 | 13:57
Wenn ja, bringt uns das wieder auf das eigentliche Thema des Threads:
Welche Helme könnten in einem (typischen) Fantasysetting en vogue sein, das keinen so starken Kavallerie-Bias hat und auch die reicher ausgestatteten Truppen eher zu Fuß kämpfen? Sähen die dann vielleicht mehr römisch, korinthisch oder gotisch-byzantinisch aus?

Gegenfrage: Wieviele Angreifer aus der Luft (die's ja im realen Mittelalter so nun überhaupt nicht gab) kommen dafür in einem "typischen" Fantasysetting so dazu, und wie schützt man sich als Fußtruppler am besten gegen die? :think:
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 4.10.2023 | 14:05
Auch im Mittelalter wurde in Formationen gekämpft, der chaotische Haufen mittelalterlicher Krieger, der nur in aufgelöster Form und in Einzelgefechten durchbrettert, ist purstes Hollywood.

Nicht wirklich, denn sobald die gegnerische Reiterei sich näherte, blieb kaum eine mittelalterliche Infanterie standhaft, sondern gab nach und lief auseinander. Die Fälle, wo dies nicht der Fall waren, und Heere aus (va) Fußtruppen Reiterheere überwanden, sind selten genug, dass sie als Ausnahmen gelten können. Das war der Stand vor dem Auftauchen der Schweizer, danach änderte sich eh alles.

Aber auch die Fußtruppen, die es gab, waren meilenweit von den Möglichkeiten der Römer entfernt, was das Manövrieren in Formation angeht. Römische Kohorten konnten als unabhängige Einheiten über das Schlachtfeld bewegt werden, die Disziplin und das Training waren da; die Legionäre mussten aber verstehen, was ihre Kommandierenden von ihnen wollten. Mittelalterlichen Fußtruppen fehlte diese Möglichkeit, hier war die Übermittlung von Befehlen schlicht weniger wichtig.

Man vergleiche die antike Entwicklung vor den Römern: Griechischen Helmen, va der korinthische, schränkten Sicht & Hörfähigkeit idR auch stark ein. Das war ein geringesProblem, solange die Phalanx die Hauptwaffengattung war, deren taktische Möglichkeiten stark eingeschränkt waren. Je mehr leichte Truppen & Reiter eine Rollespielten (Stichwort verbundene Waffen), je flexibler die Phalanx selbst mit der Zeit wurde, desto mehr wurden diese Einschränkungen zum Problem. Daher setzten sich leichtere Helmformen (bspw thraktisch, attisch, chalkidisch) immer mehr durch.

Und auch wenn im Mittelalter die Reiterei dominanter war, und das Helmtypen stark beeinflusste, bestand ein mittelalterliches Heer öfters aus mehr Fußtruppen als Reitern.

Wenn es um den Kampf zu Fuß/zu Pferd geht: Sicher. Aber die Regel war, dass die Kombattanten zu Fuß eher als Hilfstruppen fungierten, oft mit Fernwaffen ausgerüstet waren, und sich auf eine direkte Konfrontation mit Panzerreitern nicht einlassen konnten; und das (oft) auch nicht erwartet wurde.

Zu Transportzwecken wär das nochmal anders zu betrachten, aber darum geht es ja nicht.

Mittelalter ist sowieso ein sowohl geographisch als auch epochenmäßig weites Feld, da ist es schwer, allgemeingültige Aussagen zu treffen.

Das stimmt, deshalb werden sich auch immer Ausnahmen finden lassen. Die (durchaus interessante) Frage wäre: Wenn wir uns grob einig sind, dass der Unterschied Reiter vs Fußgänger hier eine Rolle gespielt hat, lassen sich bei den zu Fuß Kämpfenden Unterschiede in der Helmform feststellen?

Du erwähnst bspw den Lombardischen Städtebund (12./13.Jh.). Kann ich nichts zu sagen. Später wären mir grad italienische Helmformen eingefallen, die eher für Fußkämpfer gedacht sind, und die die Formen der Antike wieder aufnehmen, wasja passen würde. Würdest du sagen, dass gab es schon beim Lombardbund?

EDIT
Und klar, die Dinger sind einfacher und billiger herzustellen als ein Imperial Gallic. Im Mittelalter hat man halt das Problem, dass der individuelle Krieger für seine Ausrüstung selber sorgen muss, da wird gerne gespart.

Wurde bei den römischen Legionen die Ausrüstung zu i-einem Zeitpunkt gestellt? Wär mir neu, ich wills aber auch nicht kategorisch ausschließen. MWn mussten auch Legionäre ihren Kram selber von ihrem Sold bezahlen.

Eher könnten hier Unterschiede in den Produktionsverhältnissen bestanden haben. Ab dem 1. Jh. v. Chr (min) wurden römische Waffen & Rüstungen manufakturmäßig en masse produziert,um sie möglichst billig zu machen. Inwieweit das im Früh- & Hochmittelalter möglich war? In den ja vorhandenen Zentren der Schmiedekunst evtl, aber ich würde vermuten, in geringerem Umfang, und mit geringerem Ausstoß.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 4.10.2023 | 14:32
Das mit dem Auseinanderlaufen von Fußtruppen gegenüber Ritterheeren gilt, wenn man sich sehr eng auf Westeuropa 12.-14. Jahrhundert eingrenzt, und auch da ist es nicht zwangsläufig. Ansonsten haben Fußtruppen durchaus standgehalten, siehe karolingische Sachsenkriege, Angelsachsen bei Hastings, Ostmen im Irland des 12. Jahrhunderts, Stadtaufgebote der Reichsstädte etc. etc.

Und auch für Westeuropa in der Hochfeudalzeit (11.-14. Jh.) gilt: Das Bild "Ritterheer annihiliert Fußtruppen" ist deswegen so präsent, weil das in der Epik und der Chronistik gerne überbetont wurde, und da schreiben Leute aus Oberschicht (also der Reiterei) für Leute aus der Oberschicht. Ich habe für meine Magisterarbeit über anglonormannische Fußtruppen unter Richard Löwenherz und Heinrich II. da mich durch alle Quellen durchackern müssen, und da begegnet man andauernd Fußtruppentypen, die durchaus standhalten können, bei Löwenherz sind das walisische und baskische Hilfstruppen, sowie Brabanzonen, also flämische Söldner.

Die wurden aber nicht andauernd auf Feldzügen mitgenommen, denn gerade bei Kriegsführung á la chevauchée kommt es auf Schnelligkeit an, da hat sich ein Trupp Reiter nur ungern mit durchaus verfügbaren guten Fußtruppen belastet.

Dass eine gut organisierte und geführte Rittertruppe eine nicht gut aufgestellte Fußtruppe in die Flucht schlagen kann, klar, das kommt auch öfters vor. Ist aber nicht so das Standardmuster im Hochmittelalter, wie einen die gängigen Darstellungen glauben lassen wollen. Wenn man mal alle Schlachten statistisch durchguckt, und dann auch mal die eigentlichen 80% der damaligen Kriegsführung anschaut (Belagerungen und Plünderungszüge - Schlachten sind Ausnahmeererscheinungen), kommt man zu einem sehr anderen Bild.

Rüstungstechnisch ist mir nichts bekannt, das die lombardischen Stadttruppen von anderen abheben würde, aber da ist der entscheidende Unterschied zu einem ineffektiven Spontanaufgebot nicht unbedingt ne bestimmte Helmform, sondern einfach die Tatsache, dass das sehr motivierte Stadtbewohner sind, die wöchentlich die Waffenhandhabung üben.

Natürlich ist der Ausbildungsstand einer römischen Legion im 1. Jahrhundert bei kaum einem dieser Truppentypen zu erwarten, aber ineffizient waren Leute wie flandrische Brabanzonen und Lombarden keineswegs.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 4.10.2023 | 15:05
Das mit dem Auseinanderlaufen von Fußtruppen gegenüber Ritterheeren gilt, wenn man sich sehr eng auf Westeuropa 12.-14. Jahrhundert eingrenzt, und auch da ist es nicht zwangsläufig. Ansonsten haben Fußtruppen durchaus standgehalten, siehe karolingische Sachsenkriege, Angelsachsen bei Hastings, Ostmen im Irland des 12. Jahrhunderts, Stadtaufgebote der Reichsstädte etc. etc.

Möchtest du über die Angelsachsen bei Hastings nochmal nachdenken? ;)

(Ja, ich weiß, du willst darauf hinaus, dass die ne Weile lang gekämpft haben und nicht sofort in Muppet-Panik wild durcheinandergerannt sind, aber man sagt ja nicht ohne Grund, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben... ;) )

Ja, es gab immer wieder solche Fälle, aber sie blieben immer Episode. Die Dominanz der Panzerreiter auf den Schlachtfeldern* wurde erst von den Schweizern gebrochen. Daher wundert es mich auch nicht, dass die Entwicklung der Rüsttechnik va von der Reiterei bzw der Auseinandersetzunge mit dieser geprägt wurde.

Die wurden aber nicht andauernd auf Feldzügen mitgenommen, denn gerade bei Kriegsführung á la chevauchée kommt es auf Schnelligkeit an, da hat sich ein Trupp Reiter nur ungern mit durchaus verfügbaren guten Fußtruppen belastet.

Oft hatten ja auch Kämpfer, die zu Fuß fochten, für Transportzwecke Pferde; vom karolingischen Aufgebot bis hin zu englischen Langbogenschützen.

*
und dann auch mal die eigentlichen 80% der damaligen Kriegsführung anschaut (Belagerungen und Plünderungszüge - Schlachten sind Ausnahmeererscheinungen), kommt man zu einem sehr anderen Bild.

Ja, wichtiger Punkt. Schlachten waren die Ausnahme, Belagerung & Kleinkrieg kamen in der Praxis weit häufiger vor.

Aber grade die am besten gepanzerte Elite konnte hier als Einzel-/Unversalkrieger glänzen, und gewann dabei mE wenig von offeneren Helmtypen. Für weniger Gerüsteten gab es ja Helme, die weniger einschränkten,sei das der Nasalhelm, sei es der Eisenhut (jeweils ohne aufwendige Kettenhaube, Eisenbart etc).

Natürlich ist der Ausbildungsstand einer römischen Legion im 1. Jahrhundert bei kaum einem dieser Truppentypen zu erwarten, aber ineffizient waren Leute wie flandrische Brabanzonen und Lombarden keineswegs.

Es geht mir nich um "ineffizient"; aber die römischen Legionen waren schon eine Ausnahmeerscheinung, was die taktischen Möglichkeiten angingen. Da gewannen Dinge wir Kommandoübermittlung eine Bedeutung, die sie in einem Schildwall oder einer Phalanx idR schlicht nicht hatten.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 4.10.2023 | 15:22
Möchtest du über die Angelsachsen bei Hastings nochmal nachdenken? ;)

Ich wusste, dass der kommt  ;D


Und natürlich bin ich wie jeder, der sich mal damit beschäftigt hat, Römische-Legion-Fanboy.

Ich hab aber auch ein Herz für die im Schatten der Chronisten  vor sich hindümpelnden mittelalterlichen Fußtruppen, die viel mehr geleistet haben, als man ihnen zugesteht, da bin ich sehr engagiert im Artenschutz!  ^-^
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 4.10.2023 | 15:31
damit eine ausreichende Datenbasis da wäre. Spaßig wars jedenfalls.
da müsste man auch den psychologischen Effekt einkalkulieren.

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 4.10.2023 | 15:39
da müsste man auch den psychologischen Effekt einkalkulieren.

Da wüsste ich schon, wie man das einkalkulieren könnte, aber: mit echten Pfeilen auf echte Leute schießen gäbe das eine oder andere Itzibitzi-Haarspalterproblem mit den Gesetzeshütern, leider leider.  |:((

 ^-^
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 4.10.2023 | 15:45
Ich hab aber auch ein Herz für die im Schatten der Chronisten  vor sich hindümpelnden mittelalterlichen Fußtruppen, die viel mehr geleistet haben, als man ihnen zugesteht, da bin ich sehr engagiert im Artenschutz!  ^-^

Wäre Artenschutz nicht gewesen, die armen Jämmerlinge vom Schlachtfeld fernzuhalten, wo ihnen so viel Unbill durch die bösen Ritter drohte? :P ;)

Ne, du hast schon recht, ich vernachlässige die allzu gerne mal, vielleicht auch über Gebühr. Insgesamt waren Panzerreiter halt lange sehr dominant, und selbst wo sie nicht als Reiter antreten konnten (Belagerungen zB), oder nicht "in Masse" auftraten (Kleinkrieg, Geplänkel) bildeten sie doch fast immer den Kern, die Elite des Aufgebots.

Aber ich hat die Debatte fast genauso vor Jahren mit einem Bekannten vo LARP, der eine Arbeit (Magister? Doktor?) über die Schlacht von Tannenberg geschrieben hat. Du bist aber nicht Karl, oder? ;)

Nochmal ein anderer Punkt: Bei den Panzerreitern des römischen Reiches, den Kataphrakten (EDIT bzw Clibanarii), gab es Helmformen, die sich mE eindeutig aus dem gallisch-römischen Typ entwickelt haben. Die haben vergrößerte Wangenklappen ohne Öffnungen für die Ohren (evtl noch kleine Löcher), keinen Schirm am Rückrand des Helmes, und ähneln insgesamt den geschlosenen Helmen des Mittelalters vielleicht mehr als den Infanteriehelmen, von denen sie abstammen.


Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 4.10.2023 | 16:19
Ich kenne diese Kataphraktenhelme, aber gab es da nicht nachweislich ne Beeinflussung durch iranische Helmtypen? Das würde passen, weil ja auch die Idee der Panzerreiter aus diesem Raum kam.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 4.10.2023 | 16:46
Ich kenn verschiedene Helmtypen bei diesen Reitern. Die, die ich meine, stammen von römischen Helmen ab, auch wenn sie natürlich verschiedene Einflüsse aufgenommen haben können. Andere sind vielleicht direkt von Parthern oder Persern übernommen.

I-wie bin ich zu blöd, ein entsprechendes Bild einzustellen. Die Entwicklung scheint mir da von Helmen wie dem römisch-gallischen in Richtung geschlossenerer Helme zu gehen. Google mal nach Clibanarii, die wirst du Rekonstruktionen finden.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 4.10.2023 | 17:21
Ich hab dir jetzt die Arbeit abgenommen  ;D

(https://i.pinimg.com/originals/bc/08/2a/bc082a0731b1bc91514ab7c2c8118a86.jpg)

Eh ein schönes Bild, weil da verschiedene Rüstungstraditionen zusammenkommen.

Ich hab mich übrigens früher über die Maskenhelme immer gewundert, das kam mir zu operettenhaft rüber, aber ich hab dann mal Leute in rekonstruierter Aufmachung gesehen, und Scheisseeeeee, so ein gepanzerter Typ auf nem prunkvoll ausgestatteten Pferd mit diesem starren Maskenhelm, der macht einem Angst.

Um zum Topic zurückzukehren - ich hab das Gefühl, dass spätantike Panzerreiter allesamt die SC von irgendwelchen transdimenisonalen Rollenspielwesenheiten waren, anders kann ich mir diesen Protz-and-Power-Overkill in der Aufmachung echt nicht erklären. Sowas tut doch kein normaler Mensch!  ^-^
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 4.10.2023 | 17:36
Ich hab dir jetzt die Arbeit abgenommen  ;D

Thnx!  :d

Den Typ rechts mein ich. Beim mittleren könnt ich mir vorstellen, dass der aus dem Nahen Osten übernommen wurde.

Ich hab mich übrigens früher über die Maskenhelme immer gewundert, das kam mir zu operettenhaft rüber, aber ich hab dann mal Leute in rekonstruierter Aufmachung gesehen, und Scheisseeeeee, so ein gepanzerter Typ auf nem prunkvoll ausgestatteten Pferd mit diesem starren Maskenhelm, der macht einem Angst.

Das letzte mal, dass ich mich damit beschäftigt hab, war gar nicht sicher, ob die nicht primär für Paraden und Reiterspiele waren. Aber Topf- oder Visierhelme gabs ja auch zum Feldeinsatz, warum nicht die Dinger?

Um zum Topic zurückzukehren - ich hab das Gefühl, dass spätantike Panzerreiter allesamt die SC von irgendwelchen transdimenisonalen Rollenspielwesenheiten waren, anders kann ich mir diesen Protz-and-Power-Overkill in der Aufmachung echt nicht erklären. Sowas tut doch kein normaler Mensch!  ^-^

Naja, mittelalterliche Ritter hatten Pferde mit Gardinen und Dioramen auf dem Helm. Nicht, dass man die Typen für normal halten muss... ;)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 4.10.2023 | 17:39
Um zum Topic zurückzukehren - ich hab das Gefühl, dass spätantike Panzerreiter allesamt die SC von irgendwelchen transdimenisonalen Rollenspielwesenheiten waren, anders kann ich mir diesen Protz-and-Power-Overkill in der Aufmachung echt nicht erklären. Sowas tut doch kein normaler Mensch!  ^-^

Die normalen Menschen stellen halt schon das Fußvolk, da muß man für die reitende Gebirgsmarine eben notgedrungen nehmen, was an Sonderlingen noch so übrig ist. ~;D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 4.10.2023 | 17:41
Zitat
Das letzte mal, dass ich mich damit beschäftigt hab, war gar nicht sicher, ob die nicht primär für Paraden und Reiterspiele waren. Aber Topf- oder Visierhelme gabs ja auch zum Feldeinsatz, warum nicht die Dinger?

Also bei den Maskenhelmen ist inzwischen Konsens, dass die im Gefecht genutzt wurden, soweit ich Junkelmann in Erinnerung habe. Wenn die gut angepasst sind, sieht man einwandfrei, ist maximal geschützt, und der psychologische Faktor ist nicht zu unterschätzen. Die eiskalte Killerstatue ist ja nicht erst seit Terminator so ein Gänsehauterzeuger...

Zitat
Naja, mittelalterliche Ritter hatten Pferde mit Gardinen und Dioramen auf dem Helm. Nicht, dass man die Typen für normal halten muss...

Und ja, ein spätmittelalterlicher Ritter in vollem Ornat ist natürlich auch nur damit erklärbar, dass da der Spielleiter viel zu viel seinen Lieblingsspielern hat durchgehen lassen. Bis er dann aus SL-Willkür-Gründen nach Kuhdung riechende Schweizer Gewalthaufen die pretty bois hat vermöbeln lassen...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 4.10.2023 | 17:48
Bis er dann aus SL-Willkür-Gründen nach Kuhdung riechende Schweizer Gewalthaufen die pretty bois hat vermöbeln lassen...

Tja, gekonntes Minmaxing war ausuferndem Barbiespiel halt schon damals effizienzmäßig voraus...  >;D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 4.10.2023 | 17:56
Zitat
ich hab das Gefühl, dass spätantike Panzerreiter allesamt die SC von irgendwelchen transdimenisonalen Rollenspielwesenheiten waren, anders kann ich mir diesen Protz-and-Power-Overkill in der Aufmachung echt nicht erklären

Kann nicht sein, SCs tragen doch nie Helme.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 4.10.2023 | 18:50

Ne, du hast schon recht, ich vernachlässige die allzu gerne mal, vielleicht auch über Gebühr. Insgesamt waren Panzerreiter halt lange sehr dominant, und selbst wo sie nicht als Reiter antreten konnten (Belagerungen zB), oder nicht "in Masse" auftraten (Kleinkrieg, Geplänkel) bildeten sie doch fast immer den Kern, die Elite des Aufgebots.
oder wurden so dargestellt, bekamen die gute Presse wie Roms Legionen während die Männer zu Fuß bzw. Auxiliareinheiten die harte Blutarbeit machten.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 4.10.2023 | 19:27
oder wurden so dargestellt, bekamen die gute Presse wie Roms Legionen während die Männer zu Fuß bzw. Auxiliareinheiten die harte Blutarbeit machten.

Nein, das war nicht nur Propaganda. Das wär eine sehr vorschnelle und undifferenzierte Annahme, gegen die sich genug historische Belege anführen lassen.

EDIT
Welche Helme könnten in einem (typischen) Fantasysetting en vogue sein, das keinen so starken Kavallerie-Bias hat und auch die reicher ausgestatteten Truppen eher zu Fuß kämpfen? Sähen die dann vielleicht mehr römisch, korinthisch oder gotisch-byzantinisch aus?

Warum sollte ein Fantasy-Setting weniger stark auf Pferde setzen als das reale Mittelalter?

Aber wenn (und es gibt sicher Settings, wo man das so analysieren kann) würd ich sagen, die häufige Orientierung am Spätmittelalter oder sogar früher Neuzeit ist doch ganz passend. In der Zeit gab es wieder eine funktionierende Infanterie mit entsprechenden Helmen, die (auch) zu Fuß getragen wurden; Eisenhut, Barbuta, Schaller, Morion, Sturmhaube, oder auch Hirnhauben unter Mützen und Hüten aus Stoff, und was es nicht noch alles gab.

Wenn mans stylistisch etwas anders haben will: Einfach machen. Ich seh eigentlich keinen logischen Grund, warum nicht römische Helme (oder an solchen angelehnte) in der Zeit ein Comeback hätten haben können, anstelle der pseudo-korinthischen, die es ja gab, und gar nicht so selten; vielleicht gabs sogar solche Exemplare, auch wenn ich sie nicht kenne. Kunsthistorisch bestimmt interessant und evtl erklärbar, aber mE eher eine ästhetische Zufälligkeit, nichts technisch zwigendes.

Klar, wenns in Richtung High Fantasy geht kann man immer überlegen, was Drachen und Feuerbälle und fliegende Teppichebomber an der Sache ändern, aber da wirds mir zu spekulativ. ;)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 5.10.2023 | 10:07
stimmt, was ich meinte das die gezielt die gute Presse bekommen auch wenn die Leistung nicht so singulär war
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 5.10.2023 | 10:44
stimmt, was ich meinte das die gezielt die gute Presse bekommen auch wenn die Leistung nicht so singulär war

Der Teil ist ohnehin historische Standardpraxis. Wer kriegt denn den Platz in den Geschichtsbüchern? Die Herrscher und Anführer lassen sich noch Jahrhunderte später ermitteln, weil irgendein Chronist seinerzeit eigens bezahlt worden ist, ihren Lebenslauf möglichst detailliert (und gerne auch mal hier und da geschönt) niederzuschreiben, aber das gemeine Fußvolk wird oft genug nicht mal sauber gezählt.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: ThinkingOrc am 5.10.2023 | 10:50
Ein Setting das geomorphologisch eine Reiterei jenseits von Lastenbewegung eher unvorteilhaft erscheinen lässt. Stark bewaldetes, gebirgig, Mikronesisch...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 5.10.2023 | 10:52
Warum sollte ein Fantasy-Setting weniger stark auf Pferde setzen als das reale Mittelalter?

<...>

Klar, wenns in Richtung High Fantasy geht kann man immer überlegen, was Drachen und Feuerbälle und fliegende Teppichebomber an der Sache ändern, aber da wirds mir zu spekulativ. ;)

Genau dieses Beispiel fiel mir als erstes ein, als ich deine Frage gelesen habe: vielleicht weil Pferde beschissen gegen Feuerbälle abschneiden, während ausgebildete Krieger zu Fuß da noch einigermaßen ausweichen und das wegstecken können. ^^
Oder weil Gefechte dort selten auf offenem Feld ausgetragen werden sondern zB in Städten oder zerklüftetem Terrain, und Pferde dort schlimmer als nutzlos sind.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 5.10.2023 | 11:13
Der Teil ist ohnehin historische Standardpraxis. Wer kriegt denn den Platz in den Geschichtsbüchern? Die Herrscher und Anführer lassen sich noch Jahrhunderte später ermitteln, weil irgendein Chronist seinerzeit eigens bezahlt worden ist, ihren Lebenslauf möglichst detailliert (und gerne auch mal hier und da geschönt) niederzuschreiben, aber das gemeine Fußvolk wird oft genug nicht mal sauber gezählt.

Wie Nobody da schön sagt: Was Historiker halt schon im Proseminar beigebracht bekommen. Ich finde es immer wieder putzig, wenn außerhalb der Fachwissenschaft davon ausgegangen wird, dass solche simplen Erkenntnisse den Fachleuten unbekannt wären und sie unkritisch antiken Geschichtsschreibern alles abkaufen würden.
Die ersten Semester kriegt man Quellenkritik vorne und hinten um die Ohren gehauen, bis das richtig sitzt.

Dann weiß man aber irgendwann auch, was es noch für Quellen gibt, die - weil eben nicht im Auftrag eines Herrschers handelnd, oder vielleicht ihm sogar feindlich gesonnen - durchaus ein Korrektiv für Jubelpresse sein können, ergänzt durch archäologische und kunsthistorische Quellen, die auch ihre Tücken haben, aber zusammen mit dem anderen Material schon ein differenziertes Bild liefern können.

Zum Thema: für die Darstellung römischer Legionen passt dieser Kritikansatz auch schon mal weniger, weil das Personal der Legionen eben nicht die soziale Elite ist, die die Geschichtsschreibung dominiert. Das kann man nur von Feldherren (Legaten) und Tribunen sagen, aber da die auch die Auxiliartruppen befehligen, wäre es ihrem Ruhm genauso dienlich, wenn Erfolge durch diese Hilfstruppen unter ihrer glorreichen Leitung geschildert werden würden.

Eine ungerechte Bevorzugung der Legionstruppen durch die antike Geschichtsschreibung ist jedenfalls kein besonders spürbares nachgewiesenes Merkmal.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Ein Dämon auf Abwegen am 5.10.2023 | 11:14
Mir ist in dem Zusammenhang noch aufgefallen, dass die tatsächlich historischen Lederrüstungen quasi immer aus relativ kleinen Lederstücken zusammengesetzt sind. Also eben nicht so aus wenigen riesigen Stücken wie die hübschen LARP-Lederrüstungen, sondern mehr so wie ein Bänder- oder Schuppenpanzer oder Lamellar. Ich nehme an, das wird neben der schlichten Materialverfügbarkeit vor allem den Grund haben, dass man so ein beschädigtes kleines Teil relativ einfach austauschen kann.
Dürfte auch was damit zu tun haben, das Leder das stabil genug für eine Rüstung ist ziemlich steiff sein dürfte.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 5.10.2023 | 11:18
Dürfte auch was damit zu tun haben, das Leder das stabil genug für eine Rüstung ist ziemlich steiff sein dürfte.

Genau. Und das gibt es ja durchaus, nur sieht das halt eben anders aus, so wie Feuersänger sagt:


(https://i0.wp.com/medieworld.com/wp-content/uploads/2021/08/1-344.jpg)

Wobei ich hier mangels besserer Bilder ne Reenactor-Rüstung nehmen musste, die auch nicht ganz unproblematisch ist, aber im Prinzip sieht das so aus.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Ein Dämon auf Abwegen am 5.10.2023 | 11:21
Warum so'n Spezialist dann aber einerseits beim Schleichen und Einbrechen und Möglichst-Unbemerkt-Bleiben überhaupt erst mal eine hinderliche Rüstung anziehen wollen und sich dann andererseits weigern sollte, für "richtige" Kämpfe auf Abenteuer oder so gleich etwas Besseres in petto zu haben...darüber denkt man vielleicht besser nicht allzu tief und lange nach. 8]
Wiel die DnD Regeln für den Schurken beides nicht wirklich zu lassen...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 5.10.2023 | 11:53
Genau dieses Beispiel fiel mir als erstes ein, als ich deine Frage gelesen habe: vielleicht weil Pferde beschissen gegen Feuerbälle abschneiden, während ausgebildete Krieger zu Fuß da noch einigermaßen ausweichen und das wegstecken können. ^^
Oder weil Gefechte dort selten auf offenem Feld ausgetragen werden sondern zB in Städten oder zerklüftetem Terrain, und Pferde dort schlimmer als nutzlos sind.

Ja, kann man so argumentieren, aber da wirds mir zu spekulativ. Ich mein, wenn Feuerbälle so ne große Rollespielen, laufen vielleicht alle in Feuerwehrklamotten rum (wo wir wieder bei Leder wären). ;)

Aber klar, man kann sich Gründe überlegen, oder es einfach festlegen. Ich denk schon, dass die Rüsttechnik deutlich anders ausähe als im europäischen Mittelalter, dass einfach sehr stark von Reiterkriegern geprägt war. (War immer so ein Ding im LARP: Klar vom Mittelalter beeinflusst, bis hin Ritter mit Sporen, aber Pferde gibt's halt so gut wie nie auf Cons, und nie in Kampfsituationen; aba jut, da gibts beim LARP natürlich noch ganz andere Baustellen...)

Eigentlich könnt man Pferde ja auch ganz weglassen. Gibts in dem Fantasy-Setting halt nicht (und auch keine anderen vergleichbaren, weit verbreiteten Reitkreaturen). Das hätte eine durchschlagende Wirkung auf die Gesellschaften, besonders aber aufs Militärwesen. Könnt man sich dann am präkolumbianischen Amerika orientieren? Wobei da, als zweiter Unterschied, fast kein metall verwendet wurde.

Genau. Und das gibt es ja durchaus, nur sieht das halt eben anders aus, so wie Feuersänger sagt:

Sind denn solche Leder-Lamellar-Rüstungen belegt? Ich weiß, dass es die Dinger mit Metall-Lamellen archäologisch belegt gab. Ist das jetzt mehr als eine Vermutung, wie eine Ledervariante ausgesehen haben könnte?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 5.10.2023 | 12:21
Sind denn solche Leder-Lamellar-Rüstungen belegt? Ich weiß, dass es die Dinger mit Metall-Lamellen archäologisch belegt gab. Ist das jetzt mehr als eine Vermutung, wie eine Ledervariante ausgesehen haben könnte?

Ja, es gibt Funde von einzelnen Lederlamellen in Zentralasien (sehr vereinzelt, liegt am Material, Leder erhält sich nun mal schlecht), und die Konstruktionsweise ist ja von den Metalläquivalenten her bekannt. Und in Japan sind die Dinger auch in voller Glorie belegt.

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 5.10.2023 | 12:53
Wie Nobody da schön sagt: Was Historiker halt schon im Proseminar beigebracht bekommen. Ich finde es immer wieder putzig, wenn außerhalb der Fachwissenschaft davon ausgegangen wird, dass solche simplen Erkenntnisse den Fachleuten unbekannt wären und sie unkritisch antiken Geschichtsschreibern alles abkaufen würden.
das ist mir auch klar.

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 5.10.2023 | 12:59
das ist mir auch klar.

Warum sagst du dann, die Legionen hätten "gezielt gute Presse bekommen"?

Haben sie nämlich nicht. Mir ist kein einziger Hinweis in die Richtung bekannt. Woher kommt also diese Meinung?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: unicum am 5.10.2023 | 13:56
Oder weil Gefechte dort selten auf offenem Feld ausgetragen werden sondern zB in Städten oder zerklüftetem Terrain, und Pferde dort schlimmer als nutzlos sind.

Die nützlichkeit von Pferden kann man als SL sehr leicht erhöhen wenn man mal auf den Ausrüstungssheet der Spielfiguren schaut und nachrechnet was die Chars alles an "alteisen & Co" rumschleppen,...

Das item was ich bei D&D am allernützlichsten von allen finde ist, nicht ohne Grund, die "Bag of Holding" die macht nämlich die Berechnung von was man alles rumschleppt unnötig. ... und inwiefern diese Bürokratie den Spielspass fördert sei auch mal dahingestellt, auf der anderen Seite find ich es aber auch dämlich wenn man ein dutzend verschiedene Waffen (*), vier Setz von Rüstungen, 200 m Seil, ein 200m² Fischernetz,... ich denk es ist klar was ich meine.

(*) Das hat imho nur seine rechtfertigung wenn die Gegner alle Golfbälle sind.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 5.10.2023 | 14:00

(*) Das hat imho nur seine rechtfertigung wenn die Gegner alle Golfbälle sind.


Hmmm, bring die Leute hier nicht auf Ideen  :D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Krestion am 5.10.2023 | 14:29
He Knappe, bringe er mir das einseitig geschliffene Siebener-Eisen für die Wegelagerer dort hinten!
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Isegrim am 5.10.2023 | 14:41
He Knappe, bringe er mir das einseitig geschliffene Siebener-Eisen für die Wegelagerer dort hinten!

Knappe oder Caddy, das ist hier die Frage...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 5.10.2023 | 14:50

Hmmm, bring die Leute hier nicht auf Ideen  :D

Invasion der Mini-Betrachter? :D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 5.10.2023 | 15:16
Peak Golf Bag Syndrome war vermutlich D&D 3.5. Skelette brauchen Bludgeoning. Zombies brauchen Slashing. Gestaltwandler und Teufel Silber. Golems Adamant. Heilige Waffe dies, Anarchische Waffe das.

Caddy: "I believe it's a Fey, sir"
Fighter: "Give me a 9 Cold Iron."

Und das hat nur das "You must be _this_ tall to fight this monster" von 3.0 abgelöst ("DR15/+3"). Immerhin, da hat Pathfinder einen vernünftigen Mittelweg gefunden.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 5.10.2023 | 15:53
Warum sagst du dann, die Legionen hätten "gezielt gute Presse bekommen"?
ich bezog mich auf Quellenanalyse, aber wenn ich Junkelmann IIRC richtig im Kopf habe bekamen die Legionäre genau wie später die Ritter etc. doch mehr "Aufmerksamkeit oder Ruhm" als ihnen zugestanden hätte.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 5.10.2023 | 15:55
Peak Golf Bag Syndrome war vermutlich D&D 3.5. Skelette brauchen Bludgeoning. Zombies brauchen Slashing. Gestaltwandler und Teufel Silber. Golems Adamant. Heilige Waffe dies, Anarchische Waffe das.

Caddy: "I believe it's a Fey, sir"
Fighter: "Give me a 9 Cold Iron."

Und das hat nur das "You must be _this_ tall to fight this monster" von 3.0 abgelöst ("DR15/+3"). Immerhin, da hat Pathfinder einen vernünftigen Mittelweg gefunden.

Tja. Und jetzt vergleiche man das mal mit der Fantasy außerhalb der Rollenspielecke, wo die meisten Protagonisten höchstens mal eine besondere Waffe haben (die's dann zugegebenermaßen mitunter in sich hat, einfach nur "+1" ist da so gut wie nie was) und mitunter auch schlichtweg ganz gut mit 08/15-Geschlunz aus anständigem Stahl klarkommen.

Aber das ist halt die D&D-Familie, und die war schon immer 'ne Liga für sich. :)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 5.10.2023 | 16:05
...aber wenn ich Junkelmann IIRC richtig im Kopf habe bekamen die Legionäre genau wie später die Ritter etc. doch mehr "Aufmerksamkeit oder Ruhm" als ihnen zugestanden hätte.

Äh, wo hast du das bei Junkelmann gefunden?

In den Quellen begegnet mir oft eher, dass entweder allgemein von milites und copias die Rede ist (also Soldaten und Truppen im allgemeinen Sinn), oder es wird beides genannt, z.B. bei Tacitus in Agricola: "legionum vexillis et modica auxiliorum manu".

Natürlich wird ein in Rom wohnender Chronist nicht unbedingt wissen, ob ein Gefecht vor allem durch Legions- oder Auxiliartruppen gewonnen worden ist, der wird aber dann aber meistens eben von römischen Truppen im weiteren Sinn reden.

Eine Überhöhung der Leistungsfähigkeit von Legionstruppen ist quellenmäßig nicht zu beobachten. Falls jemand doch gegenteilige Belege haben sollte, bitte her damit.

Übrigens ist so viel ich weiß der aktuelle Forschungsstand eh, dass sich Auxiliare und Legionäre nicht groß im Ausrüstungs-, Taktik- oder Kompetenzbereich unterschieden haben. Insgesamt ist das kaiserliche römische Heer mit eines der besten der Weltgeschichte, da beisst die Maus keinen Faden von ab.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Aedin Madasohn am 5.10.2023 | 16:41
Sind denn solche Leder-Lamellar-Rüstungen belegt?

es gibt ein brauchbares Belegexemplar aus Zentralasien, welches einer assysrischen Rüstungsmanufactur zugeordnet wurde.
Kleine Lederschuppen, welche die Beweglichkeit nicht so sehr einengten.

im Zusammenhang mit den gepanzerten Steppenvölker-Reiterei zur Zeit der Markomannenkriege und Trajan wurde sogar von Panzer-Schuppen aus zersägten Pferdehufen geschrieben (wobei ich jetzt nicht mehr weiß, ob das von einem alten Geschichtsschreiber stammt oder von einem Interpreteur aus der romantik´schen Verklärung  :think: )

Edit
https://www.spektrum.de/news/wissenstransfer-assyrische-ruestung-gelangte-bis-nach-fernost/1958917 (https://www.spektrum.de/news/wissenstransfer-assyrische-ruestung-gelangte-bis-nach-fernost/1958917)
jetzt auch mit Link von Spektrum.de
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 5.10.2023 | 16:52
es gibt ein brauchbares Belegexemplar aus Zentralasien, welches einer assysrischen Rüstungsmanufactur zugeordnet wurde.
Kleine Lederschuppen, welche die Beweglichkeit nicht so sehr einengten.

im Zusammenhang mit den gepanzerten Steppenvölker-Reiterei zur Zeit der Markomannenkriege und Trajan wurde sogar von Panzer-Schuppen aus zersägten Pferdehufen geschrieben (wobei ich jetzt nicht mehr weiß, ob das von einem alten Geschichtsschreiber stammt oder von einem Interpreteur aus der romantik´schen Verklärung  :think: )
Hornplättchen sind mW aus Zentralasien auch belegt (Skythen?) und kleine Bronzeplättchen in ähnlicher Verarbeitung kenne ich von den Awaren.

In China und Japan wird Leder vor allem lackiert verwendet - wobei der Lack das Material deutlich strapazierbarer macht (aber steif).
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Ainor am 7.10.2023 | 09:50
Peak Golf Bag Syndrome war vermutlich D&D 3.5. Skelette brauchen Bludgeoning. Zombies brauchen Slashing.

Meistens eher: "optimal zu bekämpfen mit" statt "brauchen". Selbst mit reduziertem Schaden waren Gegner ja eher schnell tot.

Tja. Und jetzt vergleiche man das mal mit der Fantasy außerhalb der Rollenspielecke, wo die meisten Protagonisten höchstens mal eine besondere Waffe haben (die's dann zugegebenermaßen mitunter in sich hat, einfach nur "+1" ist da so gut wie nie was) und mitunter auch schlichtweg ganz gut mit 08/15-Geschlunz aus anständigem Stahl klarkommen.

Außerhalb der Rollenspielecke haben Figuren ja auch keine Angriffsboni auf die es +1 geben könnte.


p.s.: irgend wie klingt "Rüstungsrechtfertigung" für mich wie "Waffenbesitzkarte"...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 7.10.2023 | 11:07
Nun, man kann zB kein pornografisches Kettenhemd kaufen wenn man dem Verkäufer nicht bedenklich genug aussieht, sogar wenn man seinen Bedenklichkeitsausweis vorzeigt.

Wer's nicht versteht,
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 7.10.2023 | 11:41
Außerhalb der Rollenspielecke haben Figuren ja auch keine Angriffsboni auf die es +1 geben könnte.

Klar, schieß dich auf den einen Nebensatz ein. ;)

Aber worauf ich mit dem hinauswollte: eine normale +1-D&D-Waffe fällt hauptsächlich dadurch auf, daß sie auch auf Gegner normal wirkt, die gegen nichtmagische Waffen immun oder zumindest i-wie resistent sind...und solche Gegner trifft man dann in den D&D-Regeln insbesondere mit zunehmender Stufe recht häufig, wodurch zumindest SC, die im Kampf primär mit Waffen agieren, unter Druck gesetzt werden, sich möglichst bald eine magische zu besorgen, um im "Abenteureralltag" überhaupt halbwegs mithalten zu können. (Der kleine Bonus an sich ist außerhalb gelegentlicher Rechenorgien auf Internetforen und dergleichen eher ein Anhängsel -- nett, aber auch eine hypothetische magische Waffe "+0" oder für ältere Editionen "hat keinen Bonus, zählt für immune Gegner aber als +irgendwas" brächte schon den eigentlichen Hauptnutzen.)

Diese Art von Dynamik bringen die meisten Nicht-Rollenspiel- und insbesondere Nicht-D&D-&-Co.-Fantasysettings aber eher nicht mit. Auch in denen kann eine magische Waffe ganz nett sein (insbesondere, wenn sie etwas Konkreteres mitbringt als nur "ist halt irgendwie ganz allgemein magisch") oder, wenn sie genau die richtige gegen einen bestimmten Gegner ist, mal Schaden anrichten, wo ein normales Schwert nichts bewirken würde (ein klassisches Beispiel findet sich ja gleich im Herrn der Ringe), aber sie ist normalerweise keine mehr oder weniger ausdrückliche Voraussetzung fürs Mitspielen in der wie auch immer definierten Protagonisten-Profiliga.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Chaos am 12.10.2023 | 20:41
Klar, schieß dich auf den einen Nebensatz ein. ;)

Aber worauf ich mit dem hinauswollte: eine normale +1-D&D-Waffe fällt hauptsächlich dadurch auf, daß sie auch auf Gegner normal wirkt, die gegen nichtmagische Waffen immun oder zumindest i-wie resistent sind...und solche Gegner trifft man dann in den D&D-Regeln insbesondere mit zunehmender Stufe recht häufig, wodurch zumindest SC, die im Kampf primär mit Waffen agieren, unter Druck gesetzt werden, sich möglichst bald eine magische zu besorgen, um im "Abenteureralltag" überhaupt halbwegs mithalten zu können. (Der kleine Bonus an sich ist außerhalb gelegentlicher Rechenorgien auf Internetforen und dergleichen eher ein Anhängsel -- nett, aber auch eine hypothetische magische Waffe "+0" oder für ältere Editionen "hat keinen Bonus, zählt für immune Gegner aber als +irgendwas" brächte schon den eigentlichen Hauptnutzen.)

Diese Art von Dynamik bringen die meisten Nicht-Rollenspiel- und insbesondere Nicht-D&D-&-Co.-Fantasysettings aber eher nicht mit. Auch in denen kann eine magische Waffe ganz nett sein (insbesondere, wenn sie etwas Konkreteres mitbringt als nur "ist halt irgendwie ganz allgemein magisch") oder, wenn sie genau die richtige gegen einen bestimmten Gegner ist, mal Schaden anrichten, wo ein normales Schwert nichts bewirken würde (ein klassisches Beispiel findet sich ja gleich im Herrn der Ringe), aber sie ist normalerweise keine mehr oder weniger ausdrückliche Voraussetzung fürs Mitspielen in der wie auch immer definierten Protagonisten-Profiliga.

Das hängt für meine Begriffe vor allem davon ab, wie verbreitet Gegner sind, die sich nur mit magischen Waffen bezwingen lassen. In Mittelerde kann man ja durchaus ein ganzes Abenteurerleben unterwegs sein, ohne auf Leben und (Un)Tod gegen einen Ringgeist antreten zu müssen.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 12.10.2023 | 21:27
Das hängt für meine Begriffe vor allem davon ab, wie verbreitet Gegner sind, die sich nur mit magischen Waffen bezwingen lassen. In Mittelerde kann man ja durchaus ein ganzes Abenteurerleben unterwegs sein, ohne auf Leben und (Un)Tod gegen einen Ringgeist antreten zu müssen.

Eben. Und aus meiner Sicht ist das der Normalzustand in den weitaus meisten Fantasywelten: Kroppzeuch, gegen das "normale" Waffen nicht wirklich weiterhelfen, kommt schon mal vor, bleibt dabei aber die Ausnahme und mit dadurch auch gleich entsprechend "besonders". (Und selbst für solche Gegner braucht man dort nicht unbedingt gleich Magie, bloß, weil halt mal das Schwert nicht funktioniert -- Tricksen und Improvisieren wird nur von Rollenspielkampfregeln recht unterschiedlich unterstützt, also wird das dann am Tisch möglicherweise nicht mal bedacht.) Wirklich zumindest ab einem gewissen Punkt reihenweise mit "You need this many plusses to play" zugeschmissen wird man erst in bestimmten Spielsystemen.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Ainor am 13.10.2023 | 00:31
Das ist ja nu je nach Edition recht unterschiedlich. "You need this many plusses to play" gibt es ja schon lange nicht mehr. In 5E sind Gegner gegen die man magische Waffen wirklich braucht bis in die hohen Stufen sehr selten.

Und außerhalb der Rollenspielecke ist es ja oft so dass sich die Frage garnicht stellt weil entsprechende Gegner überhaupt nicht (bzw nicht als Gegner sondern nur als Plot devices) vorkommen.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Tudor the Traveller am 13.10.2023 | 07:34
Ich verste nicht, warum das überhaupt kritisiert wird?! It's a feature und so...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 13.10.2023 | 09:44
Das ist ja nu je nach Edition recht unterschiedlich. "You need this many plusses to play" gibt es ja schon lange nicht mehr. In 5E sind Gegner gegen die man magische Waffen wirklich braucht bis in die hohen Stufen sehr selten.

Auch in der 5. Edition gibt's noch reichlich Gegner, deren Trefferpunkte sich quasi spontan verdoppeln, wenn man ohne Magie gegen sie antritt (Resistenz und so). Ob das netto besser oder schlechter ist, darüber kann man sich streiten -- einerseits kann man so wenigstens noch ein bißchen was quasi als Trostpflaster ausrichten, andererseits wird man immer noch recht gezielt vom Spieldesign in die untere Liga verwiesen, wenn man den richtigen Waffencoupon nicht dabeihat. Und Inspiration zum cleveren Problemlösen hat man so sogar eher weniger, denn schließlich kann man ja mit der 08/15-Taktik wenigstens schon mal etwas...also wird im Zweifel eher erwartet, daß man sich damit auch reinhängt und einfach durchhält und nicht mit Ideen wie "Können wir den nicht vielleicht mit dieser Säule festnageln/ihn über die Klippe locken/etc.?" unnötig Zeit "verschwendet".

Zitat
Und außerhalb der Rollenspielecke ist es ja oft so dass sich die Frage garnicht stellt weil entsprechende Gegner überhaupt nicht (bzw nicht als Gegner sondern nur als Plot devices) vorkommen.

Eben. Wie kommt also die Rollenspielecke (bzw. zumindest bestimmte Vertreter derselben) plötzlich auf den Gedanken, die bräuchte es trotzdem alle naselang, wenn das Genre an sich das anscheinend gar nicht hergibt?

Ich verste nicht, warum das überhaupt kritisiert wird?! It's a feature und so...

If it's a feature the user didn't request and isn't happy with, how's that meaningfully different from a bug? :)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 13.10.2023 | 10:14
Eben. Wie kommt also die Rollenspielecke (bzw. zumindest bestimmte Vertreter derselben) plötzlich auf den Gedanken, die bräuchte es trotzdem alle naselang, wenn das Genre an sich das anscheinend gar nicht hergibt?
Jein. Die eigentlichen Inspirationsquellen sind ja deutlich älter als das, was heute unter "Fantasy" firmiert. Und dass man bestimmte Waffen braucht, um bestimmte Monster zu erschlagen, ist gerade in Legenden und Sagen ja nicht eben selten. Da ist das D&D-mäßige "Hauptsache verzaubert" ja noch harmlos.

Vampire und Werwölfe z.B. reagieren auf Stahl an sich gar nicht - da braucht es schon sehr spezielle Waffen, die oft gar nicht im offenen Kampf anwendbar sind.
Drachen lassen sich da auch nicht einfach niederhauen. Es bedarf speziell gefertigter Waffen dazu.
Geister und alles Körperlose lacht über Waffen grundsätzlich - da müsste man schon mit der Waffe kommen, die den Tod verursacht hat.

Es ist also eigentlich eine starke Vereinfachung zu sagen: "Da braucht man eine magische Waffe für.", wenn das jede magische Waffe sein kann.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 13.10.2023 | 10:32
Jein. Die eigentlichen Inspirationsquellen sind ja deutlich älter als das, was heute unter "Fantasy" firmiert. Und dass man bestimmte Waffen braucht, um bestimmte Monster zu erschlagen, ist gerade in Legenden und Sagen ja nicht eben selten. Da ist das D&D-mäßige "Hauptsache verzaubert" ja noch harmlos.

Vampire und Werwölfe z.B. reagieren auf Stahl an sich gar nicht - da braucht es schon sehr spezielle Waffen, die oft gar nicht im offenen Kampf anwendbar sind.
Drachen lassen sich da auch nicht einfach niederhauen. Es bedarf speziell gefertigter Waffen dazu.
Geister und alles Körperlose lacht über Waffen grundsätzlich - da müsste man schon mit der Waffe kommen, die den Tod verursacht hat.

Es ist also eigentlich eine starke Vereinfachung zu sagen: "Da braucht man eine magische Waffe für.", wenn das jede magische Waffe sein kann.

Wieviel davon tatsächlich "älter" und wieviel erst auf dem Mist von Hollywood gewachsen und damit Produkt des 20. Jahrhunderts ist, wäre ggf. zu recherchieren. Folklorevampire und -werwölfe beispielsweise folgen meines Wissens noch lange nicht unbedingt dem modernen "Standardmodell", und umgekehrt betrachtet man da gerne mal bestimmte (insbesondere heilige oder von der Großmutter noch überlieferte) Dinge als Quasi-Allheilmittel gegen alles Übernatürliche -- interessanterweise scheinen allerdings insbesondere Waffen gar nicht so dazuzugehören.

Nebenbei, um mal am Rand aufs Fadenthema zurückzukommen: eine "magische" Rechtfertigung für Lederrüstungen und Ähnliches könnte natürlich schlicht darin bestehen, daß es aus welchem Grund auch immer (vielleicht aus grauer Vorzeit übrig geblieben) im Setting reichlich magische Waffen gibt, die speziell leicht durch Metall schneiden und gegen die klassische Metallrüstungen also tatsächlich weniger Schutz bieten als solche aus anderen Materialien. Selbst wenn die auf dem Schlachtfeld dann nur in den Händen einiger Elitekrieger auftreten, wäre das doch Grund genug... ;)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 13.10.2023 | 10:36
Naja, Raven Nash hat aber nicht ganz unrecht. In Sagen kommt das als Plotelement ja durchaus vor, ganz simpel in der Edda, wo Baldur nur von einer Mistel getötet werden kann. Im magischen Denken des Mittelalters war das durchaus ein gängiges Motiv, Unhold X kann nur durch Waffe / Material Z erschlagen werden. Prä-Kryptonit halt - und solche Erzählmuster wrden dann auch in unseren modernen Lagerfeuergeschichten aka Hollywood et al weitergesponnen (Kryptonit halt).

Lustig fand ich ja auch das Schwert Draugr in The Northman, das nur in der Dunkelheit der Nacht gezogen werden kann, und sofort beim leisesten ersten Lichtparikel der frühen Dämmerung penibel seine Schicht für beendet erklärt. Ähnlich wie ich als Arbeitnehmer in meiner Zeit im Handwerk  ;D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 13.10.2023 | 10:58
Naja, Raven Nash hat aber nicht ganz unrecht. In Sagen kommt das als Plotelement ja durchaus vor, ganz simpel in der Edda, wo Baldur nur von einer Mistel getötet werden kann. Im magischen Denken des Mittelalters war das durchaus ein gängiges Motiv, Unhold X kann nur durch Waffe / Material Z erschlagen werden. Prä-Kryptonit halt - und solche Erzählmuster wrden dann auch in unseren modernen Lagerfeuergeschichten aka Hollywood et al weitergesponnen (Kryptonit halt).

Sicher. Die Sache ist halt ein bißchen die, daß es sich auch dabei oft erst mal nur um storyrelevante Einzelfälle handelt -- Balder beispielsweise ist ja aus bestimmten Gründen gegen alles außer Misteln immun, und umgekehrt sind Misteln keine Superwaffe gegen nordische Götter allgemein. Ich denke, die "was für einen gilt, gilt automatisch für alle"-Denke (wie man's ja auch gerne mal findet, wenn ein Rollenspiel aus einem legendären Monsterindividuum spontan eine ganze Spezies macht) mag damals noch ein bißchen weniger verbreitet gewesen sein als heutzutage; die Welt insbesondere jenseits des Horizonts war ja auch insgesamt unbekannter und weniger "berechenbar", als es -- flapsig ausgedrückt -- Google Maps noch nicht gab.

Zitat
Lustig fand ich ja auch das Schwert Draugr in The Northman, das nur in der Dunkelheit der Nacht gezogen werden kann, und sofort beim leisesten ersten Lichtparikel der frühen Dämmerung penibel seine Schicht für beendet erklärt. Ähnlich wie ich als Arbeitnehmer in meiner Zeit im Handwerk  ;D

Und das nenne ich dann mal eine Waffe mit Charakter! ;D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 13.10.2023 | 11:13
Sollte ich als magische Waffe wiedergeboren werden, dann so!  ~;D

Stimmt, Waffen mit generischer "tötet Trolle"-Wirkung etc. sind eher untypisch für Mythologie, da ist das ne persönliche Sache ("wirkt nur gegen Ulfr Hvaldarson, und zwar nur außerhalb von Schaltjahren, bei zunehmendem Mond, nicht südlich der Eider, und nur wenn der Träger nachweislich drei Monate keinen Lauch, Petersilie und/oder Runkelrübrn verzehrt oder in sonstiger Form zu sich genommen hat").

Damals waren magische Waffen noch Primadonnen, aber es war liebevolle Handarbeit, nicht das seelenlose "Ich töte Goblins"-Fließband-Gezauber moderner Tötungsinstrumente.  :korvin:
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 13.10.2023 | 11:21
Das unterstreicht aber alles mein Argument: Eigentlich müssten magische Waffen ganz spezifisch wirken. Vampire sind ja z.B. auch erst seit Hollywood gegen Silber allergisch - noch in alten Horror-Komödien wird damit gewitzelt, wenn einer Silber gegen Vampire verwenden will ("Sorry, that's just Werewolves!").  ;)
Wenn man also eine "magische" Waffe braucht, dann müsste das eigentlich eben eine ganz spezielle, nur für dieses Monster tödliche, sein.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Chaos am 13.10.2023 | 11:50
Das unterstreicht aber alles mein Argument: Eigentlich müssten magische Waffen ganz spezifisch wirken. Vampire sind ja z.B. auch erst seit Hollywood gegen Silber allergisch - noch in alten Horror-Komödien wird damit gewitzelt, wenn einer Silber gegen Vampire verwenden will ("Sorry, that's just Werewolves!").  ;)
Wenn man also eine "magische" Waffe braucht, dann müsste das eigentlich eben eine ganz spezielle, nur für dieses Monster tödliche, sein.

Ich könnte mir in der Fantasy schon eher Waffen vorstellen, die von bestimmten Gottheiten (beziehungsweise deren Klerus) gesegnet sind und entsprechend tödlicher für all jene Wesen sind, die diese Gottheit nicht ausstehen kann - was dann je nach Gottheit ganz unterschiedliche Zielgruppen beinhalten kann: Untote, Werwölfe, Orks, Elfen, Paladine, Anwälte...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 13.10.2023 | 11:56
Das unterstreicht aber alles mein Argument: Eigentlich müssten magische Waffen ganz spezifisch wirken. Vampire sind ja z.B. auch erst seit Hollywood gegen Silber allergisch - noch in alten Horror-Komödien wird damit gewitzelt, wenn einer Silber gegen Vampire verwenden will ("Sorry, that's just Werewolves!").  ;)
Wenn man also eine "magische" Waffe braucht, dann müsste das eigentlich eben eine ganz spezielle, nur für dieses Monster tödliche, sein.

Wobei der Witz dann in diesen Geschichten aber praktisch immer darin besteht, daß jemand die geeignete Waffe letztendlich hat. Werwölfe brauchen Silberkugeln? So ein Zufall, wir haben Silber, das nötige Werkzeug, und einen Fachmann zum Gießen. Wie sollen wir mit diesem Vampir klarkommen? Fragen wir doch mal van Helsing. Der Hexenkönig wird durch keines Mannes Hand fallen? Wir haben passenderweise eine Frau und einen Hobbit...

"Zu blöd, daß ihr nicht genau die richtige Kombination für diesen Gegner kennt -- TPK!" kommt da irgendwie eher nicht so oft vor. Oh, vor den aktuellen Protagonisten mag das zum Schicksal von reihenweise früheren Kandidaten geworden sein...aber deshalb erzählen wir ja normalerweise nur ihre Geschichte und nicht zusätzlich noch die ihrer einundelfzig Vorgänger. Zuhörzeit ist schließlich auch knapp. :)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 13.10.2023 | 12:40
Der Hexenkönig wird durch keines Mannes Hand fallen? Wir haben passenderweise eine Frau und einen Hobbit...

UND nicht zu vergessen, dieser Hobbit führte auch noch ausgerechnet einen Dolch aus Westernis, der explizit zum Kampf gegen exakt diesen Hexenkönig geschmiedet wurde, gefunden Monate zuvor in einem alten Hügelgrab... "No other blade, not though mightier hands had wielded it, would have dealt that foe a wound so bitter, cleaving the undead flesh, breaking the spell that knit his unseen sinews to his will."
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Tudor the Traveller am 13.10.2023 | 12:44
Das unterstreicht aber alles mein Argument: Eigentlich müssten magische Waffen ganz spezifisch wirken. Vampire sind ja z.B. auch erst seit Hollywood gegen Silber allergisch - noch in alten Horror-Komödien wird damit gewitzelt, wenn einer Silber gegen Vampire verwenden will ("Sorry, that's just Werewolves!").  ;)
Wenn man also eine "magische" Waffe braucht, dann müsste das eigentlich eben eine ganz spezielle, nur für dieses Monster tödliche, sein.

Sehe ich nicht so. D&D ist dahingehend in sich einigermaßen schlüssig, finde ich. Die Sache mit magischen Waffen kommt ja von einer ebenso magisch bedingten Unverwundbarkeit gegen normale Waffen. Diese Eigenschaft haben normalerweise Wesen, die entsprechend übernatürlich sind: uralte Drachen, Outsider, mächtige Untote, gottähnliche Wesen usw. nicht aber z.B. Riesen, auch nicht die mächtigeren Arten. Es ist halt so, dass bei dem Machtgefälle auf den höheren Leveln kaum Wesen ohne magischem Hintergrund plausibel sind.
Die "Plusse" bilden ja nur ab, dass die Magie der Waffen unterschiedlich stark sein kann. Das ist bei den Zaubern ja auch so.

Ein Vergleich mit willkürlich genannten anderen Fantasy-Settings erscheint mir auch irrelevant. Was soll denn ein solcher Vergleich zeigen, außer dass D&D eben seine Eigenschaften hat, vor allem im Mid- und Highlevelbereich? Zumal es ja auch High Magic ist, was die Vergleichbarkeit stark einschränkt.

Deshalb Feature  :)



Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 13.10.2023 | 12:51
Ein Vergleich mit willkürlich genannten anderen Fantasy-Settings erscheint mir auch irrelevant. Was soll denn ein solcher Vergleich zeigen, außer dass D&D eben seine Eigenschaften hat, vor allem im Mid- und Highlevelbereich?
D&D ist ein System, kein Setting. Und wie man an zig Beispielen sieht, kann man auch ganz ohne +1 Waffen auskommen.
"Zu blöd, daß ihr nicht genau die richtige Kombination für diesen Gegner kennt -- TPK!" kommt da irgendwie eher nicht so oft vor. Oh, vor den aktuellen Protagonisten mag das zum Schicksal von reihenweise früheren Kandidaten geworden sein...aber deshalb erzählen wir ja normalerweise nur ihre Geschichte und nicht zusätzlich noch die ihrer einundelfzig Vorgänger. Zuhörzeit ist schließlich auch knapp. :)
Tja - aber wer sagt, dass die aktuellen SCs genau diese Leute sein müssen? In der Literatur ist ja oft auch die "Bestimmung" ein Faktor. Aber ohne die?
Da müssen sie sich eben anstrengen - oder untergehen.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Tudor the Traveller am 13.10.2023 | 13:00
D&D ist ein System, kein Setting. Und wie man an zig Beispielen sieht, kann man auch ganz ohne +1 Waffen auskommen.

Wortklauberei. D&D macht Setzungen zu Spielelementen, die in eine Spielwelt übernommen werden müssen oder sollen.

Ja, man kann Dinge weglassen, ändern, ergänzen. Aber jede Edition setzt (!) einen gewissen Standard.*

Und ja klar, man kann ohne auskommen, und die Editionen verändern sich ja auch. Das macht den Ansatz aber nicht zu etwas Falschem (aka Bug), das vermieden werden sollte.

*edit: nennen wir es Meta-Setting.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 13.10.2023 | 13:29
Tja - aber wer sagt, dass die aktuellen SCs genau diese Leute sein müssen? In der Literatur ist ja oft auch die "Bestimmung" ein Faktor. Aber ohne die?

Die meisten Spieler, vermute ich mal frech. ;) Denn -- gegebenenfalls schon mal im ausdrücklichen Gegensatz zu Abenteuerschreibern oder Nur-Spielleitungen, die in ihre subjektiv tollen Schöpfungen auch ganz alleine schon locker mal Wochen oder Monate investieren können, ohne es überhaupt richtig zu merken -- auch deren (Spiel-)Zeit ist ja durch diverse Faktoren begrenzt und sollte also nicht sinnlos verplempert werden. Das ist genau derselbe Grund wie hinter der "Bestimmung" in der Literatur: die "Kundschaft" soll sich am Ende eben nicht vergackeiert vorkommen.
 
Zitat
Da müssen sie sich eben anstrengen - oder untergehen.

Und das ist dann, mit Verlaub, der klassische Zeitverschwenderstandpunkt. Okay, wenn sich's eine Gruppe wirklich leisten kann, mit z. B. drei Charaktergenerationen hintereinander Anlauf zu nehmen und immer noch zu scheitern und damit am Ende womöglich noch ernsthaft glücklich ist -- meinetwegen. Aber das ist mMn eine ziemliche Luxusnische und läßt sich entsprechend schlecht verallgemeinern.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 13.10.2023 | 13:58
Und das ist dann, mit Verlaub, der klassische Zeitverschwenderstandpunkt. Okay, wenn sich's eine Gruppe wirklich leisten kann, mit z. B. drei Charaktergenerationen hintereinander Anlauf zu nehmen und immer noch zu scheitern und damit am Ende womöglich noch ernsthaft glücklich ist -- meinetwegen. Aber das ist mMn eine ziemliche Luxusnische und läßt sich entsprechend schlecht verallgemeinern.
Was genau ist an ordentlicher Vorbereitung "Zeitverschwendung"? Klar, es steht im Gegensatz zum typischen "Geh hin und hau drauf"-Lösungsansatz, der offenbar sehr beliebt ist.

Aus unserer Runde kann ich mal ein Beispiel geben: Sie kreuzten den Weg von Vampiren (eigentlich relativ zufällig) und hätte diesen sogar ausweichen können. Statt dessen begannen sie, die Einheimischen zu befragen, ihre Kenntnisse zu durchforsten, um den untoten Herrschaften dann bei Tage einen Besuch abzustatten und Herzoperationen mittels Zahnstocher vorzunehmen. Sie hätten die Waffen gehabt, ihnen auch einfach im Kampf gegenüber zu treten - aber demnach die Langzähne schon gezeigt hatten, dass sie mittels Charm die halbe Gruppe lahmlegen können, wollten sie kein Risiko mehr eingehen.
Ein von einem Erdelementar gebohrtes Loch in der Decke der Gruft ließ dann zusätzlich Sonnenlicht und Frischluft rein...

Oder die Grabhügel, an denen sich der Sorceror geopfert hat, um die uralten Geister so lange zu beschäftigen, bis die Gruppe das Artefakt finden und zerstören konnte, an das diese gekettet waren. Er war nur leider nicht flink genug auf den Beinen...

Das meine ich mit "sich anstrengen". No Pain, no Gain.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 13.10.2023 | 14:06
Aus unserer Runde kann ich mal ein Beispiel geben: Sie kreuzten den Weg von Vampiren (eigentlich relativ zufällig) und hätte diesen sogar ausweichen können. Statt dessen begannen sie, die Einheimischen zu befragen, ihre Kenntnisse zu durchforsten, um den untoten Herrschaften dann bei Tage einen Besuch abzustatten und Herzoperationen mittels Zahnstocher vorzunehmen. Sie hätten die Waffen gehabt, ihnen auch einfach im Kampf gegenüber zu treten - aber demnach die Langzähne schon gezeigt hatten, dass sie mittels Charm die halbe Gruppe lahmlegen können, wollten sie kein Risiko mehr eingehen.
Ein von einem Erdelementar gebohrtes Loch in der Decke der Gruft ließ dann zusätzlich Sonnenlicht und Frischluft rein...

Also hatten sie offensichtlich die Bestimmung auf ihrer Seite -- denn hätten sie die einschlägigen Vampirschwachstellen zum Ausnutzen nicht schon gekannt, dann wären sie ja nicht "die Richtigen" gewesen. ;)
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 13.10.2023 | 14:22
Also hatten sie offensichtlich die Bestimmung auf ihrer Seite -- denn hätten sie die einschlägigen Vampirschwachstellen zum Ausnutzen nicht schon gekannt, dann wären sie ja nicht "die Richtigen" gewesen. ;)
Das wird dann nachträglich gerne behauptet. Von den Überlebenden zumindest.  ~;D
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Maarzan am 13.10.2023 | 14:50
Können wir noch einmal zur Startfrage zurückkommen?
Welche - möglichst arkan niedrigschwelligen - Rechtfertigungen kann es für die Existenz einfacher oder auch mit einfachen Metallteilen verstärkten Lederrüstungen geben?

Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 13.10.2023 | 15:05
Können wir noch einmal zur Startfrage zurückkommen?
Welche - möglichst arkan niedrigschwelligen - Rechtfertigungen kann es für die Existenz einfacher oder auch mit einfachen Metallteilen verstärkten Lederrüstungen geben?

Eine Möglichkeit wären eventuell weit verbreitete kulturelle Vorurteile gegen "reine" Metallrüstungen -- egal, ob die nun auf reinem Aberglauben oder in hinreichend fantastischen Settings auf durchaus realen unerwünschten Nebenwirkungen derselben basieren. Man findet ja beispielsweise hier und da die Idee, daß Eisen Magie behindern oder gar komplett "kurzschließen" kann; welche Folgen mag es da potentiell haben, praktisch seinen ganzen eigenen lebenden und atmenden Körper in Eisen (und eventuell auch andere Metalle) zu hüllen und damit von der Magie der Welt um sich herum quasi abzuschneiden, insbesondere, wenn man das ständig macht?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 13.10.2023 | 15:07
Welche - möglichst arkan niedrigschwelligen - Rechtfertigungen kann es für die Existenz einfacher oder auch mit einfachen Metallteilen verstärkten Lederrüstungen geben?
Ich würde die Frage ja umdrehen: Warum soll so etwas überhaupt existieren? Welche Nische würde solch eine Rüstung denn füllen?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 13.10.2023 | 15:11
Und mal ehrlich - solange in dieser Welt trotz allem die Gesetze der Physik gelten, was sollen Lederrüstungen dann bringen? Dass die nicht besonders zur Panzerung taugen, wurde jetzt ja schon mehrfach durchgekaut. Wenn es tatsächlich eine Abneigung gegen Metall aus esoterischen Gründen gibt, wieso keine Gambesons?
Warum immer dieser Lederfetisch?
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Tudor the Traveller am 13.10.2023 | 15:27
Und mal ehrlich - solange in dieser Welt trotz allem die Gesetze der Physik gelten, was sollen Lederrüstungen dann bringen? Dass die nicht besonders zur Panzerung taugen, wurde jetzt ja schon mehrfach durchgekaut. Wenn es tatsächlich eine Abneigung gegen Metall aus esoterischen Gründen gibt, wieso keine Gambesons?
Warum immer dieser Lederfetisch?

Ich verstehe das nicht. Schon nicht in dem Schwesterfaden. Leder wird in den mir bekannten Systemen in der Schutzwirkung ja gar nicht mit Metallrüstungen gleichgestellt. Sie ist immer schlechter. Aber dass Leder einen zumindest geringfügigen Schutzfaktor hat, wurde ja auch schon bejaht. Siehe Motorradkleidung oder Lederhandschuhe bzw. Stiefel. Also hat Leder eine Berechtigung. Der Rest hängt dann an der Abbildung im System.

Abgesehen davon könnte es einfach phantastische Verarbeitungsmethoden geben, die es auf der Erde nicht gibt, die Leder widerstandsfähig machen ohne die Flexibilität einzuschränken.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 13.10.2023 | 15:27
Und mal ehrlich - solange in dieser Welt trotz allem die Gesetze der Physik gelten, was sollen Lederrüstungen dann bringen? Dass die nicht besonders zur Panzerung taugen, wurde jetzt ja schon mehrfach durchgekaut. Wenn es tatsächlich eine Abneigung gegen Metall aus esoterischen Gründen gibt, wieso keine Gambesons?
Warum immer dieser Lederfetisch?

Gute Frage, nächste Frage. ;)

Es ist ja in der Tat so, daß Stoff sich aus leichter erneuerbaren Materialien machen läßt als Leder. Da gibt's einschlägige Pflanzenfasern, und selbst für Wolle muß ich das Schaf nicht erst eigens schlachten. Solange also die reine Herstellungstechnik für Gambeson o.ä. überhaupt bekannt ist, läßt sich dieser Rüstungstyp in den meisten Gegenden wahrscheinlich leichter in Menge herstellen als selbst Leder...Ausnahme könnten da eventuell Notzeiten sein, in denen der Rüstungsbedarf vergleichsweise plötzlich eintritt und Alternativmaterialien einfach gerade hier und jetzt im Vergleich zu abhäutbaren Tieren relativ knapp sind, aber das ist halt normalerweise kein Zustand auf Dauer.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Kurna am 13.10.2023 | 16:27
Man könnte sich überlegen, ob auf der Spielwelt die Schmelztemperaturen diverser Metalle/Metalllegierungen höher sind auf der Erde. Oder es gibt weniger einfach ausbeutbare Vorkommen.
Damit würde das Herstellen kompletter Metallrüstungen schwieriger und/oder teurer.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 13.10.2023 | 16:44
Welche - möglichst arkan niedrigschwelligen - Rechtfertigungen kann es für die Existenz einfacher oder auch mit einfachen Metallteilen verstärkten Lederrüstungen geben?

Haben wir das nicht schon gründlich genug abgefrühstückt?
Bisher genannt wurden iirc u.a.:
- Rohstoffmangel (Eisen ist zu knapp / teuer / gänzlich unbekannt)
- Kenntnismangel (keine Ahnung wie man aus Eisenerz so schön glänzende Rüstungen macht)
- Interferenz mit Magie
- kultische Gründe ("mein Gott hat gesagt")
- es gibt spezielle Ledersorten von zB Nashörnern, Landhaien, Drachen, die enorm widerstandsfähig sind

Es könnte auch schlicht legalistische Gründe haben, weiss nicht ob wir das schon hatten: vielleicht benötigt man zum Tragen von Eisenrüstungen spezielle Privilegien (zB "nur Adelige"), will oder muss sich aber trotzdem rüsten. --> Dann müssen Ersatzmaterialien her, die nicht dem königlichen Interdikt unterliegen.
So ähnlich wie bspw hie und da das Tragen von zweischneidigen Schwertern höheren Ständen vorbehalten war, dann haben die Bauern und Bürger halt Große Messer getragen.

Zitat
Leder wird in den mir bekannten Systemen in der Schutzwirkung ja gar nicht mit Metallrüstungen gleichgestellt. Sie ist immer schlechter.

Weiss ja nicht was du so für Systeme kennst, aber in den Systemen die _ich_ so kenne, hat Lederrüstung meist eine mechanische Nische. Sie ist nicht einfach eine schlechtere Rüstung für arme Leute, sondern zeichnet sich meist durch geringes Gewicht, höchste Beweglichkeit, geringe Behinderung, hohen Stealthfaktor und dergleichen aus, und soll ideal für zB Schurken sein. Und da geht es halt auseinander.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Tudor the Traveller am 13.10.2023 | 17:02
Weiss ja nicht was du so für Systeme kennst, aber in den Systemen die _ich_ so kenne, hat Lederrüstung meist eine mechanische Nische. Sie ist nicht einfach eine schlechtere Rüstung für arme Leute, sondern zeichnet sich meist durch geringes Gewicht, höchste Beweglichkeit, geringe Behinderung, hohen Stealthfaktor und dergleichen aus, und soll ideal für zB Schurken sein. Und da geht es halt auseinander.

Ja, aber davon hat nichts mit dem blanken mechanischen Schutz der Lederrüstung zu tun. Der reine Rüstwert eines z.B. D&D Rogues in Leder ist schlechter als in Metallrüstung. Tatsächlich ist der Mehrwert der Lederrüstung oft marginal. Im Prinzip tragen die Motorradkombi und setzen für Defense ja gerade nicht auf Rüstungsschutz, sondern auf Ausweichen.

Auch Systeme mit Rüstungsschutz als Verringerung des Schadens setzen für Leder m.E. oft nur Werte, die lediglich etwas besser als nichts sind.

Daher verstehe ich die Kritik nicht.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 13.10.2023 | 17:37
Die Gegenargumente dazu wurden bereits im anderen Thread durchdekliniert und wären hier offtopic, darum spare ich es mir hier mal.

Lediglich eine Rechtfertigung lässt sich noch rausziehen, die allerdings schon genannt wurde:

- wenn es in dem Setting motorradartige Fortbewegungsmittel gibt (zB Flugtiere, Hexenbesen, fliegende Teppiche, Motorräder), bei denen die Gefahr besteht bei hohen Geschwindigkeiten in Bodennähe einen Abflug zu machen und entsprechend über den Boden zu schlittern, dann wird es Lederkombis geben.

Wer allerdings schonmal eine Lederkombi anhatte, weiß auch, dass man die nur trägt, wenn und solange man muss.  ;) Ansonsten hält sie im Sommer warm und im Winter kalt, und ist auch alles andere als "nicht-behindernd".
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Maarzan am 13.10.2023 | 18:16
Ich würde die Frage ja umdrehen: Warum soll so etwas überhaupt existieren? Welche Nische würde solch eine Rüstung denn füllen?

Möglicherweise Billig-/Massenlösung, auch da durch die potentielle Monsterdichte auch der Bauer recht regelmäßig zur Verteidigung seiner Heimstadt gezwungen ist.

Dazu ist der Gegner oft genug kein Krieger, sondern aggressives Viehzeug oder eben andere "unterausgestattete Amateure" wie der Räuber mit dem Knüppel oder improvisierten Speer.

Dass Metall typischerweise klar besser ist, ist mir klar, aber mein Eindruck war, dass hier dann die Goldrandlösung empfohlen wird.
Und das Leder generell und komplett "Untragbar" wäre, scheint mir auch abwegig.
Dazu käme dann ja auch noch die Option entsprechender Überwürfe sowie Arm- und Beinschützer.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 13.10.2023 | 18:47
Habe dazu gerade mal wieder diese umfangreiche SpäMi-Preisliste (ca 1450) zu Rate gezogen. ( https://amurgsval.org/feng-shui/prices.html , Quellenangaben ganz am Ende ) Dort werden in der Tat diverse Rüstungsteile sowohl als "Plate" und "Cour-boulli" Version aufgeführt; letzteres also gehärtetes Leder. Preislich ist der Faktor hier genau 5:1, Gewicht etwa 4:1; dass die Gewichtsangaben alle so stimmen bin ich allerdings nicht ganz überzeugt.

Am Rohmaterial hing der Preisunterschied übrigens nicht: 1 sq.yd Leder (ca 0,8m²) wird hier mit 12 pence angegeben, das sind etwa 2-3 Handwerker-Tageslöhne; für dasselbe Geld würde man über 100 Kilo (!) Roheisen bekommen. Das steckt also alles in der Verarbeitung.

Wie gesagt, immer vorausgesetzt die Liste stimmt.

Edit: achja und etwas später kamen ja dann diese Arsenalrüstungen auf (munition armour), das war quasi Half Plate, die aufgrund ihrer geringen Kosten in großen Mengen hergestellt wurde um Truppen auszurüsten - also spätestens ab dem Zeitpunkt kann dann wohl auch das finanzielle Argument nicht mehr ziehen.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Aedin Madasohn am 13.10.2023 | 19:14
man könnte auch das Leder aus einer magie-affinen Wesenheit schneidern, welches sich dann "besser" als Verzauberungsmatrix eignet UND noch mit Eisenplatten behangen werden kann  :think:

setzt natürlich ein System voraus, wo man Antimagie-Eisen und verzauberte Klamotten kennt...

Zauberglyphe der Klimatronik für den Wärmpanzer bei der Nordpolexpedition und für den profanen Schutz gegen die Zähne des hungrigen Yetis dann die Eisenplatten:
Brigatine mit verzauberter Lederlage
wo dann_zusätzlich_noch Baumwolle, Seide, Wolle als nette Lage eingefügt/drübergelegt ist, je nach Geldbeutel und Geschmack

umgekehrt der Kühlpanzer für Wüstenreisen

nur ist das ja schon wieder deutlich mehr Arkano
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: nobody@home am 13.10.2023 | 23:05
Noch ein paar eher fantastische Rechtfertigungsmöglichkeiten, die zugegebenermaßen mehr darauf abzielen, Metallrüstungen unattraktiv zu machen, als Leder an sich zu stärken:

-- Bei Trägern von hinreichend isolierenden Metallrüstungen (sagen wir mal, mindestens voller Torsoschutz vorn und hinten, so daß die meisten inneren Organe dahinter versteckt sind) führt die Abschottung von der subtilen allgegenwärtigen und zufällig auch lebenserhaltenden Magie der Welt um sie herum dazu, daß sie schneller altern. Nicht unbedingt im Super-duper-Eiltempo, aber doch so, daß es spätestens ein, zwei Generationen nach Aufkommen des tollen neuen Rüstungstyps den Leuten auffällt, die über größere Truppen längere Zeit Buch führen müssen. Metall wird in dem Fall immer noch da getragen werden, wo's hart auf hart kommt und das Überleben bis zum nächsten Tag immer noch wichtiger ist als eventuelle Langzeitfolgen, aber in weniger kritischen Situationen werden die Leute oft lieber dankend verzichten.

-- Oder wenn's krasser sein darf: Ja, Metall schützt die Lebenden in der Tat besser als Stoff oder Leder. Fragt aber besser nicht, was es mit den Geistern der trotz diesen Schutzes Getöteten anstellt...
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Raven Nash am 14.10.2023 | 08:57
Habe dazu gerade mal wieder diese umfangreiche SpäMi-Preisliste (ca 1450) zu Rate gezogen. ( https://amurgsval.org/feng-shui/prices.html , Quellenangaben ganz am Ende ) Dort werden in der Tat diverse Rüstungsteile sowohl als "Plate" und "Cour-boulli" Version aufgeführt; letzteres also gehärtetes Leder. Preislich ist der Faktor hier genau 5:1, Gewicht etwa 4:1; dass die Gewichtsangaben alle so stimmen bin ich allerdings nicht ganz überzeugt.

Edit: achja und etwas später kamen ja dann diese Arsenalrüstungen auf (munition armour), das war quasi Half Plate, die aufgrund ihrer geringen Kosten in großen Mengen hergestellt wurde um Truppen auszurüsten - also spätestens ab dem Zeitpunkt kann dann wohl auch das finanzielle Argument nicht mehr ziehen.
Die Liste ist laut Angabe von ca. 1450 - das ist, je nach Region, Spätmittelalter oder Hochrenaissance (in Italien beginnt die Renaissance schon deutlich früher, manche sagen schon mit Dante). Das muss man im Auge haben, wenn man das auf frühere Zeiten übertragen will. Die Produktionsmethoden sind da schon recht ausgefeilt.

Lokal scheint das alles auf England zu fußen, das sollte man auch beachten - Preise sind lokal höchst unterschiedlich. Je weiter entfernt vom Herstellungsort, umso teurer - und gerade zu der Zeit sind viele Dinge an bestimmten Orten konzentriert, insbesondere Waffen und Rüstungen.

Die Quellen sind... na ja. Da ist ein Osprey-Band dabei, das Buch von Turner zu Saviolo und Silver, das mittlerweile auch schon keiner mehr verwendet, und auch sonst recht alte Bücher. Da dürfte mittlerweile vieles überholt sein.

Was man, insbesondere bei den Zeughäusern, nicht vergessen darf: darauf hatte niemand Zugriff, außer im Fall des Aufgebots. Die stand nicht einfach zur Verfügung.
Und diese Massenware hatte auch nicht unbedingt die Qualität, die man erwarten würde. Ich kenne Originale aus verschiedenen Zeughäusern, und da sind z.T. richtige Eisenbahnschienen bei den Schwertern dabei, dagegen ist tschechisches Schaukampfblech hohe Schmiedekunst. Es war eben Massenware - vor allem billig.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Feuersänger am 14.10.2023 | 09:23
England hatte ja auch seine lokale Rüstungsproduktion, denke die meisten Preise sind darauf bezogen. Die englischen Helme erkennt man immer daran, dass sie höher und spitzer sind als auf dem Festland.  ;D Weiter unten steht auch noch irgendwo eine Mailänder Rüstung, die ist dann auch gleich deutlich teurer (8 Pfund nochwas, also ca 2000d).

Man muss bei dieser Liste bissl aufmerksam sein um Ausreißer zu identifizieren und auszusortieren. Ein paar Sachen können absolut nicht stimmen. Beispiele: an einer Stelle stehen Eier mit "2d pro Unze" (also quasi ein ganzer Tageslohn für ein mittelgroßes Ei), woanders hingegen "5d pro 100 Stück"; beides völliger Schwachsinn. Ebenso beim Brennstoff; "1d pro Pfund Holzkohle" kann einfach nicht stimmen, erst Recht nicht wenn 100 Pfund Roheisen 1d kosten (für dessen Verhüttung man ein Vielfaches an Brennstoff braucht). Gut, vielleicht stimmt auch der Eisenpreis nicht, aber trotzdem.

So, sorry, wollte nicht vom Thema abdriften... naja jdf stehen da auch relativ viele Kleidungsstücke auf Leder drauf, die aber alles andere als billig sind. Wäre jetzt halt schön zu wissen, ob das so stimmt oder ob da der Listenschreiber etwas kreativ geworden ist.
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Aedin Madasohn am 14.10.2023 | 09:55
grundsätzlich gilt für Daten aus dem alten England, dass dort "einiges" an kleinteiligen Verwaltungsakten dem Zahn der Zeit (Kriegen und Feuersbrünsten) überdauert hat.

Gestellungsbriefe mit Pferdeverlustversicherung auf Gruppen von weniger als einem Dutzend Bogenschützen für den Einsatz in Frankreich sind überliefert.
da können schon so mache Anekdoten und Extrawürste nachvollzogen werden  ;D
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inklusive natürlich der Bildzeitungsbreakingnews, in welcher Mangellage zur lokalen Hungersnot/Gefkügelpestepedimie von 1388 der Chefkoch von Herzog Cornwallis das Ei für das hochherzogliche Omlet zu skandalösen Preisen erstand. 
Titel: Re: Rüstungsrechtfertigung
Beitrag von: Chaos am 16.10.2023 | 13:55
- Rohstoffmangel (Eisen ist zu knapp / teuer / gänzlich unbekannt)

Bronzezeit?

Bronze war wohl in der Regel ziemlich teuer, weil die eine Komponente, Zinn, so furchtbar schwierig zu beschaffen war - es muss geradezu fantastisch profitabel gewesen sein, vom Mittelmeer (Karthago) aus in die Bretagne oder nach Cornwall zu segeln, um dort Zinn zu beschaffen.

Das Preisverhältnis Bronze zu Leder dürfte also noch extremer gewesen sein als das vor dir genannte 5:1 für (Stahl-)Platte zu Leder. Und wer kein entsprechendes Handelsnetzwerk hat, der dürfte Bronze gar nicht oder nur als Raubgut in die Finger bekommen haben.