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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Ludovico am 28.09.2023 | 12:55

Titel: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Ludovico am 28.09.2023 | 12:55
Bislang dominierte Fantasy den Markt für Rollenspiele, aber auch in Literatur, Film und Fernsehen.
Science Fiction spielte dagegen eher eine Nebenrolle.

Aber mehr und mehr gewinne ich den Eindruck, dass sich das ändern mag.
Vielleicht liegt es daran, dass das Computerspiel Starfield in meiner Timeline ständig auftaucht und die Hoffnung, dass sich das auch auswirkt auf P&P-Spiele.
Oder es liegt daran, dass ich bei Modiphius eher wenige bis gar keine neuen Fantasy-Spiele sehe, sondern eher SF und Dystopien.

Wie seht ihr das?
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Skaeg am 28.09.2023 | 13:20
Weiß nicht. Hat CP2077, das auch massiv gehyped wurde (wenn es auch hinter den Erwartungen zurückblieb) zu einer Renaissance von Cyberpunk-P&P geführt?

Ohnehin: SF ist im Videospielbereich seit jeher beliebt. An der Dominanz von Fantasy im Pen-and-Paper-Bereich hat das nicht gerüttelt.

Aber eine kleine Welle kann ich mir durchaus vorstellen, weil die "Fantasy" im Zuge der immensen Popularisierung von D&D in den letzten Jahren ziemlich gründlich abgegrast wurde und viele sich da vielleicht erstmal nach neuen Weidegründen umsehen, bis auf der alten wieder Gras gewachsen ist.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: schneeland am 28.09.2023 | 13:39
Bin da tendenziell bei Skaeg: einen kleinen Boost kann ich mir aktuell gut vorstellen, einen kompletten Wechsel eher nicht.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Swanosaurus am 28.09.2023 | 13:49
Ich glaube leider eher nicht. Lange Zeit war ja zumindest in Kino und TV SF das dominante der fantastischen Genres - viel gab es da auch nicht, aber immerhin: Star Trek, Alien, wenn man so will Star Wars, Blade Runner, 2001, Silent Running, Mondbasis Alpha 1 und noch hin bis zu den Babylon5-Zeiten. Fantasy kam dann ja erst vor gut 20 Jahren mit den HdR-Filmen (Mann, bin ich alt ...).
Trotzdem war im RSP Fantasy immer dominant.
Selbst, wenn jetzt im restlichen Unterhaltungsbereich das SF-Genre vielleicht wieder mehr in den Vordergrund rückt (da bin ich mir auch nicht so sicher, es war doch eigentlich eh kontinuierlich stark vertreten), glaube ich nicht, dass das nennenswerte Auswirkungen auf Rollenspiele haben wird.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Boba Fett am 28.09.2023 | 14:09
Ich sitz in nostalgischer Patina getüncht gedanklich ja immer noch in meinem 100t Suleiman Class Scout in den Spinwärtsmarken fest, aber:

SF bleibt Nische in der Nische, weil EDO Fantasy beliebter ist und die SF Nerds in den seltensten Fällen den Weg ins Pen und Paper finden.
Ausserdem ist Fantasy einfacher in der Immersion als SF.
Warum war Shadowrun ungleich erfolgreicher als Cyberpunk? ...weil es im Grunde Fantasy war...

...leider...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 28.09.2023 | 14:28
Warum leider? Es kann doch jeder spielen was er möchte. Genug SF-Regelwerke gibt es auch. Es ist doch eigentlich völlig egal, was die breite Masse macht.
Niemand hindert euch daran mit Traveller bis an euer Lebensende glücklich zu sein  ;)

Ich bin happy, dass es mittlerweile ein gutes Star Trek-Rollenspiel gibt und wenn ich es härter möchte nehme ich Alien und wenn ich was ganz eigenes machen möchte M-Space.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Marduk am 28.09.2023 | 14:37
Warum leider? Es kann doch jeder spielen was er möchte. Genug SF-Regelwerke gibt es auch. Es ist doch eigentlich völlig egal, was die breite Masse macht.
Niemand hindert euch daran mit Traveller bis an euer Lebensende glücklich zu sein  ;)

Ich bin happy, dass es mittlerweile ein gutes Star Trek-Rollenspiel gibt und wenn ich es härter möchte nehme ich Alien und wenn ich was ganz eigenes machen möchte M-Space.
Klar kann ich Traveller auch mit mir selber spielen, aber ansonsten brauchst du halt andere Menschen, die mitspielen.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 28.09.2023 | 14:40
Was der Boba sagt... wobei ich ja den Luxus habe, eine für alles offene Gruppe zu haben, mit denen ich seit Jahren nur SF mache (Fading Suns, Star Wars, Heavy Gear), und mit denen auch Fantasy, Zombieapocalypse oder sonstiger Kram auch machbar ist.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Weltengeist am 28.09.2023 | 14:56
Ich glaub's auch nicht.

Anspruchsvolle SciFi ohnehin nicht - dafür gibt es einfach ... wie sag ich das jetzt höflich ... nicht genug, äh, interessierte Spieler. Aber auch fantasy-artige, massentaugliche SciFi hat im Rollenspiel ja nie wirklich in größerem Umfang davon profitiert, dass Star Wars, Star Trek, Babylon 5 usw. rauf und runter gelaufen sind.

Und überhaupt: wenn es nach "dominantes Genre in Film und Medien" ginge, dann müssten seit Jahren alle Superhelden spielen. Okay, böse Zungen (wie ich) behaupten, dass gerade der Platzhirsch D&D Superheldenspiel ist, passt also irgendwie, aber ihr wisst was ich meine: die dedizierten Superheldenrollenspiele sind genauso Nische wie die SciFi-Rollenspiele (oder Urban Fantasy oder Vampire oder was sonst in den letzten Jahren so in war).
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 28.09.2023 | 15:02
Klar kann ich Traveller auch mit mir selber spielen, aber ansonsten brauchst du halt andere Menschen, die mitspielen.

Ich hab noch nie Probleme gehabt Spieler zu finden. Spielleiter zu finden ist da vielleicht schon etwas schwerer.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Weltengeist am 28.09.2023 | 15:09
Wobei ich das Problem schon nachvollziehen kann. Ich habe tatsächlich bei ziemlich vielen Session 0 auch SciFi im Angebot gehabt, und irgendjemand hat immer gesagt: SciFi? Ach nee, das ist nix für mich.

Auch wenn ich jetzt nicht sagen könnte, wie das zustande kam - hätte vielleicht mal nachbohren sollen...

(Wobei das am Ende nicht unlösbar war: Nach einem One-Shot, dem sie schon eher zustimmen mochten, haben die gleichen Leute dann meist gesagt: Ach, war ja doch ziemlich geil, können wir gerne auch weiterspielen...)
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Marduk am 28.09.2023 | 15:13
Ich hab noch nie Probleme gehabt Spieler zu finden. Spielleiter zu finden ist da vielleicht schon etwas schwerer.
Schön, dass du so privilegiert bist. Das trifft aber nunmal nicht auf alle zu
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Ludovico am 28.09.2023 | 15:14
Schön, dass du so privilegiert bist. Das trifft aber nunmal nicht auf alle zu

Spieler finden, ist auch für mich leicht. Bloß die Qualität der Spieler...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: unicum am 28.09.2023 | 15:22
Spieler finden, ist auch für mich leicht. Bloß die Qualität der Spieler...

 :d

Gerade am lezten Samstag "Leitest du mal wiede etwas?"
"Nicht absehbar in den nächsten Monaten bis Jahren" und gedacht dahinter 'und wenn bist du nicht dabei'
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Megavolt am 28.09.2023 | 15:25
Geht halt mit gutem Beispiel voran, spielt und leitet wie die jungen Götter!  ~;D

SF ist im Rollenspiel einfach undankbar, weil SF im Kern auf der Idee der unendlichen Multiplikation der Fähigkeiten des Menschen durch Technik besteht. Es ist schwer, dafür schöne Abenteuer zu erleben oder zu gestalten.

SF jenseits des Rollenspiels kann gut mal eine Spitze haben, man denke an die Zombiespitze vor 15-10 Jahren.

Mir liegt noch irgendwie ein Gedanke auf der Zunge, aber da muss ich noch was darauf herumkauen. Er geht in etwa so: Die Zombiespitze hat auch nur so 5-8 Leuchtturmfilme hervorgebracht, die Cyberpunkwelle in den späten 90ern auch. Man würde ja jeweils 250 erwarten. Was bedeutet das? Nix? Ich weiß es noch nicht.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 28.09.2023 | 15:29
SF ist im Rollenspiel einfach undankbar, weil SF im Kern auf der Idee der unendlichen Multiplikation der Fähigkeiten des Menschen durch Technik besteht. Es ist schwer, dafür schöne Abenteuer zu erleben oder zu gestalten.

Echt? Also ich fand eigentlich immer, SF-Abenteuer lassen sich um einiges besser und einfacher gestalten (solange eine gut designte Spielwelt vorhanden ist) als Fantasy, weil letztere sehr oft langweilig und schablonenhaft immer wieder die gleichen Grundideen abspult. Während bei SF einfach mehr geht, und man tonnenweise Anregungen aus der Realwelt benutzen kann.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Megavolt am 28.09.2023 | 15:33
Okay, cool!

Man könnt einwenden, dass man die zentralen 25 SF Tropen irgendwann auch einmal alle gesehen hat, aber vielleicht spiele ich aktuell auch einfach nur zu viel Stellaris, das da aus dem Vollen schöpft und mit nichts geizt. Da sind die mir gerade sehr präsent.

Aus der Praxis gesprochen: Ich weiß halt bis heute nicht, wie man das intergalaktische Internet des Jahres 2500 spielleiterisch simulieren soll. Da überfordert einen doch jede Suchanfrage. Und das ist ja nur ein Schlaglicht, man könnte da noch viele andere Beispiele ansprechen, die sich aus den unendlichen Möglichkeiten der SF ergeben.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 28.09.2023 | 15:39
Wie gesagt, eine gut aufgebaute Spielwelt ist da natürlich hilfreich. Hab ich bei Fadings Suns, bei Cyberpunk2020, bei Heavy Gear, Jovian Chronicles und bei Traveller gemerkt.
Da muss ich mir nicht unbedingt jetzt schnell mal für ein Abenteuer das grundsätzliche Funktionieren des galaktischen Hypernets im Jahr 2500 zusammendengeln, da hab ich das schon im Sourcebook erklärt.

Gerade aktuell bei Heavy Gear merke ich, wie gut es läuft, wenn die technischen Details geklärt sind, da gibt es sogar ein Technical Sourcebook, in dem so alle Standardtechnologien dieses Universums erklärt sind.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Weltengeist am 28.09.2023 | 15:41
Echt? Also ich fand eigentlich immer, SF-Abenteuer lassen sich um einiges besser und einfacher gestalten (solange eine gut designte Spielwelt vorhanden ist) als Fantasy, weil letztere sehr oft langweilig und schablonenhaft immer wieder die gleichen Grundideen abspult.

Aber genau das wollen die meisten Leute doch - ich sag nur "Elfen, Zwerge, Orks" (*duckundweg*) ~;D

Aus der Praxis gesprochen: Ich weiß halt bis heute nicht, wie man das intergalaktische Internet des Jahres 2500 spielleiterisch simulieren soll. Da überfordert einen doch jede Suchanfrage. Und das ist ja nur ein Schlaglicht, man könnte da noch viele andere Beispiele ansprechen, die sich aus den unendlichen Möglichkeiten der SF ergeben.

Daswegen spiele ich auch nur bewusst "fantastische" SciFi. Denn dann bin ich auf gewohntem Territorium: Ich weiß nämlich auch bis heute nicht, wie ich eine Fantasy-Welt plausibel darstellen soll, in der es aktiv handelnde Götter, Gedankenleser, Erheben der Toten oder Beschwörung beliebiger Dämonen gibt und in der trotzdem irgendwie alles so läuft wie bei uns... 8]
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 28.09.2023 | 15:49
Ich bin ja der Meinung, dass man sich auch ohne sicheren Stand in einem Spieluniversum einfach durch Chandler's Law durchmogeln kann - sobald irgendwie Stillstand eintritt, kommt ein Antagonist mit dicker Wumme /magischem Breitschwert durch die Tür und will die SC töten. Adrenalin beats Logik anytime  ;D
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Skaeg am 28.09.2023 | 15:53
Aus der Praxis gesprochen: Ich weiß halt bis heute nicht, wie man das intergalaktische Internet des Jahres 2500 spielleiterisch simulieren soll. Da überfordert einen doch jede Suchanfrage. Und das ist ja nur ein Schlaglicht, man könnte da noch viele andere Beispiele ansprechen, die sich aus den unendlichen Möglichkeiten der SF ergeben.
In den meisten interstellaren Settings, die ich kenne, sind die technischen Prämissen zur Raumfahrt aus gutem Grunde so gesetzt, dass es kein "intergalaktisches Internet" gibt und geben kann...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Marduk am 28.09.2023 | 15:59
Ich bin ja der Meinung, dass man sich auch ohne sicheren Stand in einem Spieluniversum einfach durch Chandler's Law durchmogeln kann - sobald irgendwie Stillstand eintritt, kommt ein Antagonist mit dicker Wumme /magischem Breitschwert durch die Tür und will die SC töten. Adrenalin beats Logik anytime  ;D
Interessant wird es, wenn die Antagonisten mit den dicken Wummen im Fantasysetting durch die Tür kommen  ~;D
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 28.09.2023 | 16:17
Interessant wird es, wenn die Antagonisten mit den dicken Wummen im Fantasysetting durch die Tür kommen  ~;D

So drei Mann könnten schon nen kleineren Tribok reinschieben, stell dich nicht so an!  ;D
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Doc-Byte am 28.09.2023 | 16:51
Ich weiß halt bis heute nicht, wie man das intergalaktische Internet des Jahres 2500 spielleiterisch simulieren soll. Da überfordert einen doch jede Suchanfrage.

Also, in meinem Setting hab ich zusammen mit dem "intergalaktischen Internet" gleich noch einen intergalaktischen Alphabet-meets-Meta-Konzern als Anlaufstelle mitgeliefert. ~;D
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Boba Fett am 28.09.2023 | 16:59
Geht halt mit gutem Beispiel voran, spielt und leitet wie die jungen Götter!  ~;D

"Du gehst gern in ein schickes Sterne Restaurant und genießt da das Essen und jetzt gibt es keines mehr in der Region? Dann lern halt kochen!"
Wobei das ja sogar noch ginge.
"Du spielst gerne Charaktere in einem SF Rollenspiel? Dann spielleitere Dich doch selbst!"
funktioniert einfach nicht so gut...

Zitat
SF ist im Rollenspiel einfach undankbar, weil SF im Kern auf der Idee der unendlichen Multiplikation der Fähigkeiten des Menschen durch Technik besteht. Es ist schwer, dafür schöne Abenteuer zu erleben oder zu gestalten.

Da möchte ich widersprechen. Denn das glaube ich nicht und meine Erfahrungen zeigen auch was anderes.
Es ist bei SF schwer am Tisch einen gemeinsamen Vorstellungraum zu erzeugen. Weil halt so viele Optionen an "was ist im SF alles möglich" existieren.
Das dauert und wird auch erschwert, wenn die Leute das Setting nicht kennen. Dann muss der Spielleiter viel im Spiel erläutern, was den SL Job noch mal anstrengender macht.
Wenn das aber geschafft ist, und vertraut mit der Spielwelt und ihren Möglichkeiten sind, dann ist es genau so leicht oder schwer, gute Abenteuer zu erschaffen, wie in jedem anderen Genre auch.
(aus Erfahrungen gestützte These, die man gern widerlegen darf.)

Zitat
SF jenseits des Rollenspiels kann gut mal eine Spitze haben, man denke an die Zombiespitze vor 15-10 Jahren.

Mir liegt noch irgendwie ein Gedanke auf der Zunge, aber da muss ich noch was darauf herumkauen. Er geht in etwa so: Die Zombiespitze hat auch nur so 5-8 Leuchtturmfilme hervorgebracht, die Cyberpunkwelle in den späten 90ern auch. Man würde ja jeweils 250 erwarten. Was bedeutet das? Nix? Ich weiß es noch nicht.

Nicht jeder Medien-Hype löst auch eine Begeisterung für ein Rollenspielgenre aus.
Und nicht jeder Medienhype wird duch eine große Anzahl von Medienexemplaren ausgelöst.
Harry Potter beispielsweise war anfangs ein einzelnes Buch...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: unicum am 28.09.2023 | 17:52
Es ist bei SF schwer am Tisch einen gemeinsamen Vorstellungraum zu erzeugen. Weil halt so viele Optionen an "was ist im SF alles möglich" existieren.

Das sehe ich auch als Problem an.

Klar kann ich sagen "Star Wars, Star Treck oder 'Pandora'" aber diese Settings sind alle sehr speziell, wenn ich bei Fantasy sage "EDO frei nach Herr der Ringe" ist das zwar auch etwas aber für mich fühlt es sich einfacher an ein Fantasy Setting schnell zu erklären. Vieleicht auch deswegen weil die erwartungshaltung da ist den Techlevel erst mal zu definieren,...

und,.. ein persönliches Problem was ich hätte wenn ich SF jetzt mal anbiete,...
welches Regelwerk nehme ich? Ich halte mich nur in zweien für firm und wenn ich mit Spacemaster komme könnte der ein oder andere Spieler weglaufen ;)

Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Isegrim am 28.09.2023 | 18:16
Und wenn Fantasy-Settings es wagen, nicht einfach beim größten gemeinsamen Klischee stehen zu bleiben, ist es auch nicht recht; vgl die Debatten über die DSA-Elfen...

Es ist bei SF schwer am Tisch einen gemeinsamen Vorstellungraum zu erzeugen. Weil halt so viele Optionen an "was ist im SF alles möglich" existieren.
Das dauert und wird auch erschwert, wenn die Leute das Setting nicht kennen. Dann muss der Spielleiter viel im Spiel erläutern, was den SL Job noch mal anstrengender macht.
Wenn das aber geschafft ist, und vertraut mit der Spielwelt und ihren Möglichkeiten sind, dann ist es genau so leicht oder schwer, gute Abenteuer zu erschaffen, wie in jedem anderen Genre auch.
(aus Erfahrungen gestützte These, die man gern widerlegen darf.)

Ich hab da ähnliche Erfahrungen gemacht. Liegt vielleicht daran, dass das außergewöhnliche an Fantasy-Settings (Magie) nur beschränkt zugänglich ist; der Durchschnitts-Mensch kann die auch nicht, und muss nicht en Detail darüber bescheid wissen. Der Rest ist halt mehr oder weniger schlechtes Klischee-Mittelalter, da hat jeder eine Vorstellung von. Das auszeichnende Kriterium bei SF (Technik) ist ein Allerweltsding, jeder muss damit umgehen, wenn er nicht grad aus einem Reservat für Primitive ausgebrochen ist, und es prägt die Gesellschaft idR viel mehr, als Magie in der Fantasy. Daher müssen die Vorstellungen viel genauer abgesteckt werden.

Oder man spielt halt Leute, die selbst keine Ahnung von der Welt haben, und lässt SCs & Spieler das Setting gemeinsam entdecken; abe das ist wieder eine sehr spezielle Storyline.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: manbehind am 28.09.2023 | 19:02
Ich glaube leider eher nicht. Lange Zeit war ja zumindest in Kino und TV SF das dominante der fantastischen Genres - viel gab es da auch nicht, aber immerhin: Star Trek, Alien, wenn man so will Star Wars, Blade Runner, 2001, Silent Running, Mondbasis Alpha 1 und noch hin bis zu den Babylon5-Zeiten. Fantasy kam dann ja erst vor gut 20 Jahren mit den HdR-Filmen (Mann, bin ich alt ...).
Trotzdem war im RSP Fantasy immer dominant.

Bereits 1981 stellte Stephen King richtigerweise fest, dass es sich bei Star Wars nicht um Science Fiction, sondern um klassische Fantasygeschichten handelt ^^
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Megavolt am 28.09.2023 | 19:08
Bereits 1981 stellte Stephen King richtigerweise fest, dass es sich bei Star Wars nicht um Science Fiction, sondern um klassische Fantasygeschichten handelt ^^

Oohhh... Ich habe erst jüngst Empire Return gesehen, und wenn das - wenigstens für eine lange Zeit zu Beginn - kein ASTREINES Sword & Sorcery ist, dann weiß ich auch nicht. Die Burg vom Jabba? Das Monster im Keller? Der Schlund? Der bizarre Hofstaat? Die Sklaven? Man könnte da noch lange weitermachen.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Herr Moin am 28.09.2023 | 19:17
Die Burg vom Jabba? Das Monster im Keller? Der Schlund? Der bizarre Hofstaat? Die Sklaven? Man könnte da noch lange weitermachen.

Sorry fürs Erbsenzählen: all diese Dinge kamen in "Return..." vor, nicht in "Empire...".  ;)
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: manbehind am 28.09.2023 | 19:21
Oohhh... Ich habe erst jüngst Empire gesehen, und wenn das - wenigstens für eine lange Zeit zu Beginn - kein ASTREINES Sword & Sorcery ist, dann weiß ich auch nicht. Die Burg vom Jabba? Das Monster im Keller? Der Schlund? Der bizarre Hofstaat? Die Sklaven? Man könnte da noch lange weitermachen.

Wenn ich mich richtig erinnere - ich muss das irgendwann in den 80ern gelesen habe - ist sein Argument, dass es in Star Wars - anders als in Star Trek oder Perry Rhodan - keine explizite Science gibt, die erklärt, wie bestimmte Dinge funktionieren.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Sphyxis am 28.09.2023 | 19:59
Dafür müsste sich Science_Fiction weiterentwickelt haben, aber wir hängen ja immer noch auf der 90er Jahre Vorstellung der Zukunft fest. Zumindest bei den großen Reihen.
Dann gibt es ein paar Ansätze weiterzudenken: The Circle, Qualityland
aber das gros ist doch immer noch (gefühlt) Atomreaktor betriebene Raumschiffe ergänzt durch biologisch gewachsene Flugkörper.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Isegrim am 28.09.2023 | 20:00
Eigentlich sagt der Anfang schon alles. "Vor langer Zeit weit, weit entfernt..."; so fängt ein Märchen an, keine Geschichte über die Zukunft.

Klassische Fantasy ist es trotzdem nicht. Da rast man auf Riesenadlern herum, nicht in Raumschiffen, und die exotischen Handlungsorte sind fremde Länder, Zauber- oder Unterwelten, keine anderen Planeten.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Sphyxis am 28.09.2023 | 20:04
Eigentlich sagt der Anfang schon alles. "Vor langer Zeit weit, weit entfernt..."; so fängt ein Märchen an, keine Geschichte über die Zukunft.

Klassische Fantasy ist es trotzdem nicht. Da rast man auf Riesenadlern herum, nicht in Raumschiffen, und die exotischen Handlungsorte sind fremde Länder, Zauber- oder Unterwelten, keine anderen Planeten.

Fremde Planeten, Jedizauber und Rebellion oder andere Untergrundgruppen (Schmuggler, Piraten). Star War sind sehr moderne Märchen mit (früher) klassischer Princes in Distress (Slave Leia) und Rittern auf Heldenreise (Ahsoka). Kylo Ren mit seinen Knights of Ren schwingt sogar ein sehr offensichtliches Langschwert.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: nobody@home am 28.09.2023 | 21:18
Generell halte ich Rollenspiel (wenn auch längst nicht jedes einzelne System) allemal tauglich für so ziemlich jedes zumindest halbwegs "abenteuerliche" Genre.

Science Fiction mag tatsächlich ein Stück weit die "Schwäche" haben, einfach zu viele verschiedene mögliche Settings und darin denkbare Abenteuer anzubieten -- schon allein deswegen, weil sie über die noch unbekannte Zukunft spekuliert, während Fantasy andererseits primär in die Vergangenheit (und dann meist noch die rein europäische unter Bevorzugung ganz bestimmter Kombinationen aus Gegend und Epoche) schaut und sich an deren altvertrauten Themen und Klischees abarbeitet. Die Fantasy hat da also erst mal schlicht den Vorteil des kleineren Tellerrandumfangs, und daß viele prominente Macher gerade auf diesem Gebiet obendrein noch gerne fleißig voneinander abschreiben, verschlimmbessert die Lage zusätzlich; andererseits, sollte man eigentlich meinen, müßte der SF-Sektor relativ locker mehr Platz für verschiedene Spiele nebeneinander bieten... :think:
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: YY am 28.09.2023 | 21:21
Wie seht ihr das?

An Fantasy wird auch auf lange Sicht nichts vorbeiziehen, die bleibt einfach der Platzhirsch in Sachen Eskapismus.
 

Klar kann ich Traveller auch mit mir selber spielen, aber ansonsten brauchst du halt andere Menschen, die mitspielen.
+
Anspruchsvolle SciFi ohnehin nicht - dafür gibt es einfach ... wie sag ich das jetzt höflich ... nicht genug, äh, interessierte Spieler.

Noch nicht mal nur auf Traveller oder anspruchslose SF bezogen, sondern ganz allgemein: manche Sachen kann man einfach nur im kleinen Kreis bespielen, weil sonst die verschiedenen Vorstellungen und Erwartungen zu große Fliehkräfte einbringen.
Das bedeutet im Extremfall auch mal 2 Nasen oder nur eine - wobei letzteres schnell insofern schon dankbarer sein kann, weil man dann wenigstens auch Spieler ist.

Die Zombiespitze hat auch nur so 5-8 Leuchtturmfilme hervorgebracht, die Cyberpunkwelle in den späten 90ern auch. Man würde ja jeweils 250 erwarten. Was bedeutet das? Nix? Ich weiß es noch nicht.

Ziemlich sicher nix, ja ;D
Wo sollen denn 250 gute bis sehr gute Filme aus irgendeinem Genre herkommen?
Ich kriege ja insgesamt keine 250 "richtigen" Cyberpunkfilme aufgezählt und selbst bei Fantasy muss man jeden Käse mit reinnehmen. Davon ist dann 90% Mist und was bleibt über? ;)

Dafür müsste sich Science_Fiction weiterentwickelt haben, aber wir hängen ja immer noch auf der 90er Jahre Vorstellung der Zukunft fest. Zumindest bei den großen Reihen.

Da haben die großen Reihen das selbe Problem wie Spiele: Am Ende muss es eben jemand lesen bzw. spielen wollen und damit ist man schon mal recht weit auf halbwegs breit verständliche bis "massentaugliche" Geschichten festgelegt.

Den richtig abgefahrenen Kram gibt es dann eher in Kurzgeschichtensammlungen u.Ä., das aber auch schon weit vor den 90ern.

Science Fiction mag tatsächlich ein Stück weit die "Schwäche" haben, einfach zu viele verschiedene mögliche Settings und darin denkbare Abenteuer anzubieten -- schon allein deswegen, weil sie über die noch unbekannte Zukunft spekuliert, während Fantasy andererseits primär in die Vergangenheit (und dann meist noch die rein europäische unter Bevorzugung ganz bestimmter Kombinationen aus Gegend und Epoche) schaut und sich an deren altvertrauten Themen und Klischees abarbeitet.

Hm, ich weiß nicht.
Ich muss doch immer entscheiden, was aus dem ganzen Angebot ich konkret spielen will. Ob die Unterschiede groß oder relativ klein sind, ist für das Spiel am Ende egal, weil auch die vergleichsweise kleinen Sachen definiert sein müssen.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Boba Fett am 29.09.2023 | 09:42
Vielleicht noch ein Gedanke:

Science Fiction hat ja relativ viel mit einem optimistischen Blick in die Zukunft zu tun.
Also, dass wir Menschen bestimmte Hürden und Schwierigkeiten überwinden werden.
Im Moment ist der Blick in die Zukunft aber nicht besonders optimitisch - Klimawandel, Treibhausgase, Oligarchenherrschaft auf der einen und Turbokapitalismus auf der anderen Seite.
Cyberpunk ist abgenutzt, weil die Realität in vielen Aspekten dieses Setting längst eingeholt hat.

Auf der einen Seite ruft unsere Situation auf die "wollen wir mal in einer Welt spielen, die in der Zukunft unserer Welt liegt" Frage sicherlich "äh, nee, danke Du!" als Reaktion hervor,
weil da eher endzeitliche Dystopiegedanken geweckt werden.
Andererseits ist Rollenspiel immer eine Form von Eskapismus (vielleicht ist es sogar eine der Stärksten Formen von Eskapismus).
Natürlich fällt die gedankliche Flucht in einfachere Welten (romantisiertes Mittelalter) leicht, aber vielleicht könnte sich auch ein "lass uns doch in einer Zukunft spielen, wo der ganze Dreck von heute zurückgelassen wurde" einen Reiz darstellen.

Denn die ganzen Dystopien der letzten Dekaden (Cyberpunk, Welt der Dunkelheit, Zombieapokalypse, Endzeit) sind ja auch inzwischen ziemlich abgenutzt.
Und die wurden meistens in einer Zeit gespielt, die sich gegenüber heute wie "heile Welt" anfühlt und wo man mit solchen Schreckensgedanken spielend experimentieren konnte, ohne irgendeine Zukunftsangst zu triggern.

Ist nur ein Gedanke, ich freu mich über Reaktionen, Antworten und Gegenthesen.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Waldviech am 29.09.2023 | 09:50
Zitat
Science Fiction hat ja relativ viel mit einem optimistischen Blick in die Zukunft zu tun.
Njäaaa....literarisch gesehen nicht zwingend. Verdammt viel Sci-Fi arbeitet sich an Horror-Dystopien ab.

Zitat
Also, dass wir Menschen bestimmte Hürden und Schwierigkeiten überwinden werden.
Im Moment ist der Blick in die Zukunft aber nicht besonders optimitisch - Klimawandel, Treibhausgase, Oligarchenherrschaft auf der einen und Turbokapitalismus auf der anderen Seite.
So persönlich bin ich ja der Meinung, dass es genau deswegen ein Korrektiv in Richtung mehr Optimismus geben muss. Letztlich dürften sehr viele der heutigen Probleme lösbar sein - wenn man es denn täte. Es hat sich aber vielerorts eingebürgert, in wirklich allem nur das Negative zu sehen und sich in Selbsthass zu suhlen. Das trägt nicht gerade dazu bei, an einer besseren Zukunft arbeiten zu wollen.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Weltengeist am 29.09.2023 | 09:54
Vielleicht noch ein Gedanke:

Science Fiction hat ja relativ viel mit einem optimistischen Blick in die Zukunft zu tun.

Das kaufe ich so nicht.

Space Opera hat viel mit einem optimistischen Blick in die Zukunft zu tun. Science Fiction sind aber auch Sachen wie Krieg der Welten, Battlestar Galactica, Alien, Bladerunner, Predator, Dune, Starship Troopers und aktuell die ganzen "die böse KI wird uns alle auffressen"-Formate. Und da habe ich mich schon auf verfilmte Sachen beschränkt und noch gar nicht mit all den bösen SciFi-Dystopien angefangen, die es in gedruckter Form so gibt.

So persönlich bin ich ja der Meinung, dass es genau deswegen ein Korrektiv in Richtung mehr Optimismus geben muss. Letztlich dürften sehr viele der heutigen Probleme lösbar sein - wenn man es denn täte. Es hat sich aber vielerorts eingebürgert, in wirklich allem nur das Negative zu sehen und sich in Selbsthass zu suhlen. Das trägt nicht gerade dazu bei, an einer besseren Zukunft arbeiten zu wollen.

Ich stimme dir in beiden Punkten zu - wir brauchen wieder mehr positive Narrative, und wir müssten auch mal die Ärmel hochkrempeln statt zu jammern (bzw. zu finden, die anderen mögen doch endlich mal was machen).

Ninja-Edit: Mehr düstere SciFi-Filme hinzugefügt.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Waldviech am 29.09.2023 | 10:18
Zitat
Ich stimme dir in beiden Punkten zu - wir brauchen wieder mehr positive Narrative, und wir müssten auch mal die Ärmel hochkrempeln statt zu jammern (bzw. zu finden, die anderen mögen doch endlich mal was machen).

Zum Einen das und zum anderen müsste man dieser weit verbreiteten Grundsatz-Misanthropie etwas entgegensetzen. Wenn ich sowieso davon ausgehe, dass der Mensch ansich, die westliche Kultur ansich usw. eh komplett grundsatzverdorben sind und ich mir deswegen quasi wünsche, dass das alles zur Hölle fährt, dann bin ich auch nicht bereit, irgendwas zu retten. Momentan ist, zumindest gefühlt, die Tendenz da, wirklich alles in der Farbe Dunkelschwarz zu sehen, und sei es nur, weil irgendwas vor 300 Jahren mal doof war oder ein kleines Detail sich nicht richtig anfühlt. Das ist dann keine berechtigte Kritik mehr, das ist ausufernder Selbsthass.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Arkam am 29.09.2023 | 10:27
Hallo zusammen,

ich glaube das das große Problem von SF Rollenspielen darin bestand das sie einen sehr simulierenden und wissenschaftlichen Ansatz hatten. Entsprechend waren sie auch meistens etwas komplexer.
Hinzu kam der klassische Traveller Ansatz das der Spielleiter Alles per Tabelle erstellen sollte und alle Aktionen von den Spielern ausgehen soll.
Zusammen ist das ein ganz schöner Brocken Rollenspiel sowohl für Spielleitung als auch Spielende.

Inzwischen sind viele Spiele ja deutlich konzentrierter. Coriolis, Year Zero Engin, bietet eine überschaubare Anzahl an Planeten und der Schwerpunkt ist das Spielen einer Raumschiffbesatzung.
Zudem nutzen die Regeln alle den gleichen grundlegenden Ansatz.

Von da aus glaube ich das SF Spiele inzwischen auf weniger Ablehnung stoßen da Probleme wie komplexe Regeln und vielleicht auch fehlende Abenteuer gelöst sind. Stattdessen werden die Spiele konzentrierter auf ein Thema und man muß eben schauen was einem am meisten interessiert.

Ich glaube das die empfundene gesellschaftliche Lage zwar neue Produkte beeinflusst aber nicht unbedingt was aktuell gespielt wird.
Denn man weiß ja vom Hintergrund her worauf man sich einlässt. Von da aus glaube ich nicht daran das SF aus dem Gedanken heraus es geht im Moment den Bach runter also kann ein SF Spiel nur eine Fortschreibung dieses Trends sein.

Gruß Jochen
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 29.09.2023 | 10:28
So persönlich bin ich ja der Meinung, dass es genau deswegen ein Korrektiv in Richtung mehr Optimismus geben muss. Letztlich dürften sehr viele der heutigen Probleme lösbar sein - wenn man es denn täte. Es hat sich aber vielerorts eingebürgert, in wirklich allem nur das Negative zu sehen und sich in Selbsthass zu suhlen. Das trägt nicht gerade dazu bei, an einer besseren Zukunft arbeiten zu wollen.

Da hast du meine volle Zustimmung. Schön, dass das mal einer sagt.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Isegrim am 29.09.2023 | 10:39
Natürlich fällt die gedankliche Flucht in einfachere Welten (romantisiertes Mittelalter) leicht, aber vielleicht könnte sich auch ein "lass uns doch in einer Zukunft spielen, wo der ganze Dreck von heute zurückgelassen wurde" einen Reiz darstellen.

Das kann man machen (tu ich ja auch). Ein Problem ist mE, dass die Probleme der Welt, die man ja haben will und fürs Abenteuer bestehen auch braucht, näher an den Problemen der realen Welt sind, und damit das mit dem Eskapismus etwas schwieriger wird. Der Imperator aus Star Wars ist wesentlich näher an realen Diktatoren dran als Sauron. Die sozialen Probleme bei Shadowrun ähneln unseren heutigen Problemen mehr, als unterdrückte Leigeigene im Bornland. Das Leben eines Freihändlers im Traveller-Universum hat mit dem eines heutigen Selbständigen oder kleinen Unternehemens wesentlich mehr zu tun, als i-wo in der Wildnis ein paar Dungeons zu looten.

Außerdem werden durch diese Ähnlichkeiten andere Assoziationen geweckt, und viel, viel mehr davon. Das macht das Spielen in SF-Welten komplexer, da die Spieler eine komplexere Welt erwarten, und viel mehr Anknüpfungspunkte an die komplexe Alltagsrealität vorhanden sind. Jeder weiß, was alles am Verschicken einer E-Mail dran hängt, welche Probleme es geben kann, worauf man vielleicht achten sollte. Wer kann das gleiche über einen Brief sagen, den eine Brieftaube oder GoT-mäßig ein Rabe überbringt? Arbeitsrecht ist verdammt komplex; weiß jeder, der schon mal nen Job hatte. Wer kennt die Komplexitäten einer mittelalterlichen Zunftordnung, eines Lehensvertrages oder der schon erwähnten Leibeigenschaft? Weil wir alle keine Ahnung haben, kommt man relativ problemlos mit Klischees, History Channel und "gesundem Menschenverstand" durch. Den Luxus hat ein modernes Setting nicht. Dazu kennen wir genug Fallstricke aus eigener Anschauung.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 29.09.2023 | 10:45
Das ist jetzt mal eine recht genaue Analyse, Isegrim, Respekt.  :d
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Shihan am 29.09.2023 | 10:57
Das ist jetzt mal eine recht genaue Analyse, Isegrim, Respekt.  :d
Finde ich auch, sehr gut  :d

Passt auch gut zu meinen Versuchen der letzten Dekade, meine (damalige) Gruppe von SF zu überzeugen. Star Wars ging recht gut, weil da jeder Fan von war. Traveller wirkte auf die Gruppe zu altbacken (was ich nicht so sehe...). Star Trek ist den Herren grundsätzlich zu naiv gewesen (was auch nicht unbedingt sein muss). Warhammer 40k (ark Heresy) ging wieder ziemlich gut, weil es halt irgendwie finsteres Klischee-Mittelalter in Space ist und somit wieder mehr Fantasyaspekte hat.

Fantasy scheint wirklich als eskapistischer wahrgenommen zu werden.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Waldviech am 29.09.2023 | 11:12
Zitat
Star Trek ist den Herren grundsätzlich zu naiv gewesen (was auch nicht unbedingt sein muss)
Das ist (auch weit ab von Star Trek) auch so ein verbreitetes Grundproblem. Wenn ich darüber unke, wie alles finster und dunkel ist, wie viele Nachteile es doch hat und warum irgend etwas bestimmt nicht funktioniert, komme ich weise und abgeklärt rüber. Weise ich darauf hin, was potentiell möglich wäre oder was positiv ist, wirke ich naiv, weil ich (scheinbar) ja die negativen Aspekte nicht wahrnehme.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: nobody@home am 29.09.2023 | 12:10
Das ist (auch weit ab von Star Trek) auch so ein verbreitetes Grundproblem. Wenn ich darüber unke, wie alles finster und dunkel ist, wie viele Nachteile es doch hat und warum irgend etwas bestimmt nicht funktioniert, komme ich weise und abgeklärt rüber. Weise ich darauf hin, was potentiell möglich wäre oder was positiv ist, wirke ich naiv, weil ich (scheinbar) ja die negativen Aspekte nicht wahrnehme.

Meh, ständiger Pessimismus ist ja seinerseits nicht weniger naiv. Nur halt in eine andere Richtung betriebsblind.

(Weil ich gerade mal wieder am Durchlesen bin und es halbwegs in den Faden paßt: das Setting von Baroque Space Opera ließe sich prinzipiell auch leicht als dÿsterdhark verkaufen, wird es doch seit fast hundertfünfzigtausend Jahren von einem quasi-unsterblichen Tyrannen und dessen Gefolge von genmodifizierten "Gottkönigen" regiert, die über den normalen Menschen thronen und jede Veränderung erst mal grundsätzlich ablehnen. Aber das ist eben nur das ganz große Hintergrundbild, und wenn ich "eigentlich nur" die Fünfjahresreise eines weitgehend unpolitischen Forschungsschiffs spielen will, dann läßt die sich allemal auch unterbringen; von uralten rätselhaften Hinterlassenschaften auf den bereits etablierten Planeten des Reichs bis hin zu völlig neuen Welten gibt's noch genug zu erkunden.)
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Waldviech am 29.09.2023 | 12:20
Zitat
Meh, ständiger Pessimismus ist ja seinerseits nicht weniger naiv. Nur halt in eine andere Richtung betriebsblind.
Exakt das ist der Punkt. Nur, dass es halt für viele leider nicht so wirkt.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Doc-Byte am 29.09.2023 | 13:40
Um mal einen weiteren Gedanken in den Raum zu stellen: Viele SciFi Settings (zumindest alle, die interplanetarische Raumfahrt beinhalten), stellen sowohl Autoren als auch SLs alleine schon vor ein rein "technisches" Problem. Während der "Fantasy-SL" idR maximal eine einzige Welt und in der Praxis eher nur einen Kontinent darauf oder gar ledigleich eine Region präsentieren muss, steht der "SciFi-SL" vor der viel größeren Herausforderung, dass seine Spieler theoretisch zu beliebig vielen neuen Planeten aufbrechen könnten. Aus Autoren-Sicht sehe ich es daher als enorm wichtige Aufgabe an (in Bezug auf Rollenspiele), dies im Settingdesign zu berücksichtigen und/oder den Spielrunden die nötigen Werkzeuge mitzugeben, um damit umzugehen. Eins davon wären tatsächlich klassische Zufallstabellen, aber es kann natürlich auch Beschränkungen bei interstellaren Reisen geben oder man beschränkt den bespielten Bereich (so wie bspw. auch in meinem Fall) auf eine ausgewählte Region innerhalb des größeren Settings. (Kombinationen dieser Methoden sind natürlich auch möglich.)

In glaube nämlich, dass die scheinbare totale Freiheit - nach dem Motto "ihr könnt hier alles spielen" - die viele SciFi Rollenspiele sogar noch als Eigenwerbung vortragen, in Wahrheit eins der größten Hemnisse darstellen kann, weil sie die Frage aufwirft: "Okay, was genau wollen wir den jetzt spielen bzw. auf was können sich alle verständigen?" Und genau hier liegt dann auch wieder die Stärke eines Settings wie Star Wars (auch wenn es Space Fantasy ist) oder Star Treks, in dem man halt genau weiß: Okay, wir spielen Rebellen im Kampf gegen das böse Imperium, Schmuggler die sich irgendwie durchschlagen oder halt die Besatzung eines Star Fleet Schiffs. Die Details kann man ja immer noch individuell ausgestalten, aber man spielt halt nicht so völlig ins Leere hinein, was einfach weitaus mehr Engagement auf SL und auch Spielerseite erfordern würde. - Bei Fantasy Settings hingegen wird dieser Rahmen oft einfach schon aus den Topoi gebildet, die irgendwie jeder so grob zu diesem Genre im Kopf hat. Und das erleichtert das Finden einer gemeinsammen Spielbasis in meinen Augen halt echt enorm. - Aber ich werde trotzdem immer Team SciFi bleiben. ;D
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Space Pirate Hondo am 29.09.2023 | 13:42
Es ist bei SF schwer am Tisch einen gemeinsamen Vorstellungraum zu erzeugen. Weil halt so viele Optionen an "was ist im SF alles möglich" existieren.

Daher finde ich da auch dann die großen IPs wichtig. Star Wars und Star Trek kennen viele, daher wissen sie dann worauf sie sich da einlassen. Die offiziellen Rollenspiele von den beiden laufen ja auch am besten.
SF braucht halt viel Worldbuilding und da haben die beiden IPs halt einen jahrzehnten großen Vorsprung, während andere IPs entweder ein Nischendasein fristen oder rohrkrepierer sind.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Megavolt am 29.09.2023 | 13:47
Science Fiction hat ja relativ viel mit einem optimistischen Blick in die Zukunft zu tun.

Ne, also wirklich nicht. Science Fiction behandelt immer NOCH bizarrere Probleme, als die, mit der es die Gegenwart zu tun hat. Das macht ja gerade ihren Reiz aus.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: unicum am 29.09.2023 | 13:51
Nur weil es mir gerade beim überfliegen aufgefallen ist,.., in dem Strang
Bestes Abenteuer, das du je gespielt/geleitet hast -> https://www.tanelorn.net/index.php/topic,126553.0.html
Ist mir gerade kein einziges SF Abenteuer über den Weg gelaufen,...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 29.09.2023 | 14:59
Naja, da stellt sich aber mal die Frage, wieviele Leute hier schon SF-Abenteuer gespielt haben. Ich merke nämlich hier durchaus wahr, dass Leute wie ich, die mehr ne Vorliebe für SF als Fantasy haben, hier nur ne kleinere Gruppe sind.

Ich hätte im entsprechenden Thread auch schon mal ein paar gute SF-Abenteuer nennen können, nur reizt mich diese Art von Best-of-Thread nicht.  ;)
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Space Pirate Hondo am 29.09.2023 | 15:10
Naja, da stellt sich aber mal die Frage, wieviele Leute hier schon SF-Abenteuer gespielt haben. Ich merke nämlich hier durchaus wahr, dass Leute wie ich, die mehr ne Vorliebe für SF als Fantasy haben, hier nur ne kleinere Gruppe sind.
(https://media.tenor.com/olnkZI1dcQQAAAAC/arrested-development-david-cross.gif)
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 29.09.2023 | 15:15
...gegen Milliarden von Oldschool-D&D-Klon-RPG-Fans  >;D
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Marduk am 29.09.2023 | 15:17
Naja, da stellt sich aber mal die Frage, wieviele Leute hier schon SF-Abenteuer gespielt haben. Ich merke nämlich hier durchaus wahr, dass Leute wie ich, die mehr ne Vorliebe für SF als Fantasy haben, hier nur ne kleinere Gruppe sind.

Ich hätte im entsprechenden Thread auch schon mal ein paar gute SF-Abenteuer nennen können, nur reizt mich diese Art von Best-of-Thread nicht.  ;)
Wenn man mal Cyberpunk als Genre rausschmeißt, dann ist das bei mir echt nicht viel abseits von ein wenig W40k und eine Sitzung Star Wars
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Skaeg am 29.09.2023 | 15:32
Das kann man machen (tu ich ja auch). Ein Problem ist mE, dass die Probleme der Welt, die man ja haben will und fürs Abenteuer bestehen auch braucht, näher an den Problemen der realen Welt sind, und damit das mit dem Eskapismus etwas schwieriger wird. Der Imperator aus Star Wars ist wesentlich näher an realen Diktatoren dran als Sauron. Die sozialen Probleme bei Shadowrun ähneln unseren heutigen Problemen mehr, als unterdrückte Leigeigene im Bornland.
Hm, weiß nicht. Sauron ist als eine eigentlich eher überweltliche, nicht wirklich greifbare Entität eher die Ausnahme. Konkreter hassenswerte böse Herrscher u.ä. sind im Rollenspielfantasybereich mEn durchaus häufiger.

Man kann in SF mutmaßlich sehr viel stärkere Assoziationen zur eigenen Lebenswelt haben - die verfremdete Gegenwartsallegorie ist ja eine beliebte literarische Funktion von SF - man muss aber nicht. Ein Mecha-Pilot in einem Kampf gegen übermächtige Invasoren im Jahr 3020 z.B. ist mMn genau so weit von der hiesigen Lebenswelt entfernt wie ein typischer Fantasy-Charakter. Abgesehen vielleicht von bestimmten Oberflächlichkeiten, aber die sollten die Hürde eigentlich eher senken:
Man muss sich keine mittelaltertümelnde Sprache angewöhnen, um stilecht zu wirken, man kann von Hotels, Banken, Polizisten und Krankenhäusern sprechen, in der Regel braucht man sich kein Wissen über eine oder mehrere erfundene Religionen anzulesen usw.

Davon völlig unberührt ist die Frage, ob reiner Eskapismus wirklich das ist, was die Spieler wollen. Null Anknüpfungspunkte zur eigenen Lebenswelt kann nämlich auch bedeuten: Null persönliches Engagement. Bei den meisten Unterhaltungsmedien, auch den vermeintlich eskapistischen und kindischen, gilt es im Allgemeinen als positiv, wenn die Spieler irgendwie auf ihrer eigenen Ebene emotional oder intellektuell auf das Narrativ einsteigen.

Nein, ich denke, das Problem von SF bleibt neben der alles überscheinenden Trägheit des durch D&D geprägten Marktes (und damit zusammenhängend) das, was auch ihre Stärke ist: Ihre große Vielfalt.
Wenn man als Rollenspieler "Fantasy" hört, weiß man: Sekundäre Welt, mittelalterlich getünchte Gesellschaft, Technologie und Wirtschaft. Könige, Adlige, Burgen., Streitrösser, Schwerter, Magie und Alchimie. Fantastische Kreaturen, meist auch intelligente und meist grob die gleichen. Fiktive polytheistische Religionen. Klingenspiel, Zauberei und Tricksereien kommen vor.
Wenn ein sich selbst so nennendes Fantasy-Spiel wesentlich davon abweicht, wird es meistens schon speziell gekennzeichnet. (Was auch heißt: Fantasy muss nicht so relativ gleichförmig sein - sie ist es aber im Rollenspielbereich.)

Bei SF hingegen? Fallout, Twilight:2000, Star Wars, Star Trek, Traveller,  Space: 1889, MechWarrior, Shadowrun, Cyberpunk, Paranoia, um nur mal die zu nehmen,die ich in den letzten (vielen) Jahren mal gespielt habe - bei keinem Paar von zweien könnte ich sagen "Naja, du kennst X, Y ist halt auch SF also ziemlich ähnlich, die genauen Unterschiede kannst du im Spiel erkunden." Nicht mal bei denen im vermeintlich gleichen Subgenre.

Aber das ist ja wie gesagt auch der Vorteil und vielleicht der Grund, dass SF immer wieder mal kleine positive Wellen erlebt: Wenn Fantasy-Burnout einsetzt und das Bedürfnis nach Vielfalt und Abwechslung erzeugt, hält die SF-Rollenspielwelt eine breite Palette an Möglichkeiten bereit.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: JS am 29.09.2023 | 15:55
Meine Gedanken und Erfahrungen dazu (als großer SciFi-Fan):

- Emotionaler Faktor: Bei mir, in meiner Spielhistorie und in meinem Umfeld hat(te) Fantasy immer etwas Heimeliges und Gemütliches, mit dem jeder stets etwas anfangen konnte. Man trägt nette Klamotten und Rüstungen, reist mit seinem Gaul durch weitgehend bekannte Landschaften (dem Fantasy-Auto-Trip), baut sich seine kleine Burg nett aus und kann sich die Welt lokal wie überregional i.d.R. gut vorstellen. Das sind für die Gedankenwelt gute Anker trotz all der ausgespielten Gefahren. Irgendwie scheint die verbreitete Spielerphantasie das alles besser greifen und damit mehr anfangen zu können. Man ist in Chars, Geschichte und Welt schneller zuhause.
SciFi-Settings dagegen wirken steriler, näher mit unserer (schnöden) Moderne verbunden, oftmals dystopisch, selten utopisch, dafür oft mit komplexen Problemen auf vielen Ebenen. Selbst bei einer "freundlicheren Zukunft" à la Star Trek sieht man i.d.R. die Sterilität der Raumschiffwelten, Institutionen usw., aber selten das Alltagsleben der Helden in ihrer Heimat. Und wenn, dann leben die Helden wie vor 50 Jahren mit etwas mehr Multimediatechnik in ihren gemütlichen Blockhütten oder Landsitzen. Das führt dazu, daß zumindest ich mir ein Fantasyleben in Baldur's Tor besser vor Augen führen kann als ein Leben in einer irdischen Großstadt von Star Trek NG. Ich habe daher den Eindruck, daß SciFi vielen Spielern weniger Anker für ihre Immersion vermittelt und daher außerhalb der eingefleischten Fankreise auch weniger zugänglich ist.

- Große Zahlen, null Assoziationen: Ich lese mich gerade in Golarion von Pathfinder 2 ein, also in eine Fantasywelt. Ich gucke mir die Karte an, lese etwas über die Regionen und bin schon relativ schnell im Bilde, was wie wo und warum so läuft. Wie auch beim D&D-Multiversum, wird das schon weniger zugänglich, wenn ich mir das Multiversum vor Augen führen soll und all die teils ziemlich unvorstellbaren Ebenen, die sich dort so tummeln. Aber wenn ich dann von "Millionen Zivilisationen" oder "Milliarden Welten" bei Star Wars oder W40K lese, bin ich raus. Millionen oder Milliarden Welten sind nämlich genau null Welten und reduzieren sich oft auf "Wüstenplanet, gibt dort zwei Siedlungen". Jede Fantasywelt mit einem halben Kontinent und 1 Mio Bewohnern bietet da mehr als Millionen Planeten im Universum mit Abermilliarden Lebewesen und Kulturen.

Naja, ich spiele Fantasy so gerne wie SciFi, aber im Schwerpunkt doch eher Fantasy. Ich glaube, das liegt an den genannten Punkten.

PS: Falls das hier schon irgendwo genannt wurde, entschuldigt bitte die Wiederholung; ich hatte nicht die Zeit für die genaue Lektüre aller Beiträge.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: 6 am 29.09.2023 | 16:09
Wieso eigentlich dieser scheinbare Gegensatz?
Ich spiele gerade mit Genshin Impact ein Disney-Land-artige Fantasy-Welt mit heftigen kulturellen und SF-Themeneinschlag (also realweltlichen Kulturthemen), dass ich bereits für eine Runde aufbereite.
Ich denke gerade im JRPG-Bereich dürfte da einiges zu finden sein. Ich lese in dem Zusammenhang immer wieder den Ausdruck "Natural Roleplay".
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Isegrim am 29.09.2023 | 16:25
Hm, weiß nicht. Sauron ist als eine eigentlich eher überweltliche, nicht wirklich greifbare Entität eher die Ausnahme. Konkreter hassenswerte böse Herrscher u.ä. sind im Rollenspielfantasybereich mEn durchaus häufiger.

Nenn mir einen, der den Diktatoren der realen Welt ähnlicher ist als Palpatine. Es geht nicht um hassenswert, es geht um vertraut.

Man kann in SF mutmaßlich sehr viel stärkere Assoziationen zur eigenen Lebenswelt haben - die verfremdete Gegenwartsallegorie ist ja eine beliebte literarische Funktion von SF - man muss aber nicht.

Äh, doch. Assoziationen sind unwillkürlich, und unterliegen nicht dem Willen eines Menschen. Man kann sie höchstens ignorieren; aber will man das beim Rollenspiel?

Ein Mecha-Pilot in einem Kampf gegen übermächtige Invasoren im Jahr 3020 z.B. ist mMn genau so weit von der hiesigen Lebenswelt entfernt wie ein typischer Fantasy-Charakter.

Keine Ahnung, mit Mechs kenn ich mich nicht aus. Aber werden die Dinger von Industriearbeitern in einer Fabrik hergestellt, oder von Leigeigenen zusammen gedengelt? Ich weiß es tatsächlich nicht.

Abgesehen vielleicht von bestimmten Oberflächlichkeiten, aber die sollten die Hürde eigentlich eher senken:
Man muss sich keine mittelaltertümelnde Sprache angewöhnen, um stilecht zu wirken, man kann von Hotels, Banken, Polizisten und Krankenhäusern sprechen, in der Regel braucht man sich kein Wissen über eine oder mehrere erfundene Religionen anzulesen usw.

Du hast Weltflucht nicht verstanden...  ::) ;)

Bei deiner Aufzählung fällt mir allerdings ein weiterer Aspekt auf: Die meisten SF-Settings sind recht speziell, oft ein aus Filmen oä bekannter Hintergrund. Reine RPG-"Kitchen Sink"-SF-Settings, mit denen man in einem Setting alle möglichen Geschichten spielen kann, sind wesentlich seltener (Traveller, inzwischen auch Star Wars, seit es auch andere Optionen als Rebellen gibt). Im Fantasy-Bereich waren die Standard, und dominieren in meiner Wahrnehmung immer noch.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Weltengeist am 29.09.2023 | 16:58
...gegen Milliarden von Oldschool-D&D-Klon-RPG-Fans  >;D

This. Und weil die Folge davon ist, dass man auch seltener Mitspieler findet, verlieren auch bei mir ein paar Dutzend Sitzungen Science Fiction gegen viele, viele hundert Sitzungen Fantasy.

Wobei ich zugeben muss, dass mein persönlicher Sweet Spot in Sachen SciFi auch eher "Fantasy in Space" ist - sowas wie Starfinder, Fading Suns, WH40K, Traveller, Coriolis usw. Für harte SciFi, Transhumanismus o.ä. kriegst du mich auch nicht begeistert.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: nobody@home am 29.09.2023 | 17:00
Wieso eigentlich dieser scheinbare Gegensatz?
Ich spiele gerade mit Genshin Impact ein Disney-Land-artige Fantasy-Welt mit heftigen kulturellen und SF-Themeneinschlag (also realweltlichen Kulturthemen), dass ich bereits für eine Runde aufbereite.
Ich denke gerade im JRPG-Bereich dürfte da einiges zu finden sein. Ich lese in dem Zusammenhang immer wieder den Ausdruck "Natural Roleplay".

Gute Frage. Immerhin ist die "strikte" Trennung zwischen SF und Fantasy aus meiner Sicht in erster Linie eine Erfindung des Buchhandels, damit auch ja alles in genau das "richtige" Regaltöpfchen kommt -- in der Praxis ist die Grenze zwischen ihnen dann aber doch sehr fließend und Elemente auch leicht miteinander kombinierbar.

Und gerade Fantasywelten sollten doch eigentlich, wenn überhaupt, eher noch abgefahrener sein können als selbst das eigenwilligste "Rein SF (tm)"-Setting. weil sie ja die ausdrückliche Erlaubnis haben, nicht irgendwie aus unserer Realität her ableitbar sein zu müssen. Nur will mir ein bißchen scheinen, daß sich das dann wieder auch kaum einer traut...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Skaeg am 29.09.2023 | 17:13
Nenn mir einen, der den Diktatoren der realen Welt ähnlicher ist als Palpatine.
Helme Haffax. Ansonsten...

Zitat
Äh, doch. Assoziationen sind unwillkürlich, und unterliegen nicht dem Willen eines Menschen. Man kann sie höchstens ignorieren; aber will man das beim Rollenspiel?

Zitat
Du hast Weltflucht nicht verstanden...  ::) ;)
... möchte ich auf so etwas nicht so gerne einsteigen.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Weltengeist am 29.09.2023 | 17:21
Ich lese in dem Zusammenhang immer wieder den Ausdruck "Natural Roleplay".

Hab ich noch nie gehört, und DuckDuckGo liefert da auch auf Anhieb keine gute Erklärung. Was also ist das?
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: 6 am 29.09.2023 | 18:03
Hab ich noch nie gehört, und DuckDuckGo liefert da auch auf Anhieb keine gute Erklärung. Was also ist das?
Okay. Gerade nochmal nachgeschaut. Natural Fantasy oder Natural Fantasy Roleplaying ist der richtige Begriff.
Allerdings im Nachhinein betrachtet beschreibt das nur den Disneyland-Stil der Formel. Sozusagen den "Zuckerguss" auf den komplexeren SF-Themen.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: schneeland am 29.09.2023 | 21:47
Wobei ich zugeben muss, dass mein persönlicher Sweet Spot in Sachen SciFi auch eher "Fantasy in Space" ist - sowas wie Starfinder, Fading Suns, WH40K, Traveller, Coriolis usw. Für harte SciFi, Transhumanismus o.ä. kriegst du mich auch nicht begeistert.

Ich würde das etwas abschwächen zu: ich spiele gern SciFi mit fantastischen Elementen. Egal, ob jetzt Mystizismus wie bei Coriolis ist, ein Haufen wildes Viehzeugs wie bei Star Wars (Jedi mal außen vor gelassen, weil die meisten meiner Abenteuer ohnehin im Outer Rim spielten) oder Cyberware, fliegende Autos oder echte KI in Cyberpunk-Settings - diese nicht ganz wissenschaftlichen Elemente tragen für mich schon nochmal zum Abenteuergefühl bei und unterstützt den rollenspielerischen Eskapismus. In der Tat gewinnt das aber auch bei mir gegenüber den weniger fantastischen SciFi-Varianten.

Ansonsten wurden die zwei wichtigen Faktoren ja m.E. schon genannt:
* Fantasy ist ein bisschen das, was im Metalbereich Iron Maiden ist - nicht jedermanns Favorit, aber ziemlich konsensfähig. Bei SciFi differenzieren sich die Präferenzen schneller aus (wobei Star Wars lange Zeit auch konsensfähig war, aber diesen Status in meinem direkten Umfeld zuerst systemseitig, mittlerweile auch inhaltlich eingebüßt hat)
* Gefühlt gibt es so ab den 80ern und 90ern einen Bruch durch Mobiltelefone und Internet, mittlerweile auch Social Media und Internetdatenbanken, der dem zwanglosen Abenteuern entgegensteht. Das ist kein kompletter Showstopper, aber als ich in der letzten Cyberpunk-Kampagne darüber nachdenken musste, wie die kontemporären Äquivalente von LinkedIn, Instagram und TikTok aussehen, hat mich das wieder daran erinnert, warum ich derlei Dinge eigentlich lieber nicht in meinen Rollenspielwelten habe (da hat es Retro-Cyberpunk schon wieder besser, wenn er einfach sagt: wir stöpseln uns hier Kabel ins Gehirn - so wie das schon unsere Väter taten!)
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: nobody@home am 29.09.2023 | 22:49
* Gefühlt gibt es so ab den 80ern und 90ern einen Bruch durch Mobiltelefone und Internet, mittlerweile auch Social Media und Internetdatenbanken, der dem zwanglosen Abenteuern entgegensteht. Das ist kein kompletter Showstopper, aber als ich in der letzten Cyberpunk-Kampagne darüber nachdenken musste, wie die kontemporären Äquivalente von LinkedIn, Instagram und TikTok aussehen, hat mich das wieder daran erinnert, warum ich derlei Dinge eigentlich lieber nicht in meinen Rollenspielwelten habe (da hat es Retro-Cyberpunk schon wieder besser, wenn er einfach sagt: wir stöpseln uns hier Kabel ins Gehirn - so wie das schon unsere Väter taten!)

Na ja, was heißt "zwangloses Abenteuern" in diesem Zusammenhang? Auch die Leute in einem Fantasysetting sollten ja normalerweise irgendwie in ihre jeweilige Gesellschaft eingebunden sein und also streng genommen Regeln folgen und Verpflichtungen haben, die es ihnen nicht so ohne weiteres erlauben, mal eben einfach so aus Jux und Dollerei auf Dungeonexpedition zu gehen und Monster wütend zu machen...und wenn wir uns darum schon aus reinem Eskapismus nicht kümmern wollen, warum sollten wir das dann in anderen Genres anders handhaben müssen? :)

Und dann gilt ja nebenbei auch noch: was in der Moderne und Science Fiction der technische Fortschritt ist, der die Welt verändert, ist in der Fantasy dann halt gerne mal die Magie. Das fängt doch schon mit dem einfachen Überwachungspotential von Dingen wie funktionierenden Kristallkugeln an...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: unicum am 30.09.2023 | 01:06
Wenn ich SF abseitz von den großen Francieses Spiele muss ich gegebenenfalls mehr erklären als wie wenn ich irgendwelches Fantasy spiele,...
Jedenfalls kommt es mir irgendwie so vor,...

Aber bezüglich des Topics sehe ich wirklich nicht "die große Zeit für SF"  nicht mal im Ansatz,...
Vieleicht wenn Elon Musk sein SF Rollenspiel "Race to the Mars" rausbringt,...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Kurna am 30.09.2023 | 01:11
Wenn ich SF abseitz von den großen Francieses Spiele muss ich gegebenenfalls mehr erklären als wie wenn ich irgendwelches Fantasy spiele,...
Jedenfalls kommt es mir irgendwie so vor,...

Aber bezüglich des Topics sehe ich wirklich nicht "die große Zeit für SF"  nicht mal im Ansatz,...
Vieleicht wenn Elon Musk sein SF Rollenspiel "Race to the Mars" rausbringt,...

Dann aber als Turnierspiel. Und die Sieger bekommen Plätze in seiner Rakete.  ;D
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Gambit am 30.09.2023 | 01:18
Hmmm, hat denn "Jetzt die Zeit für SF Spiele" nach dem ersten Dune Film so richtig los gelegt? Ich denke alles bleibt beim alten. Man muss sich damit abfinden das Fantasy der große Platzhirsch ist, aber die anderen Genres sind weiterhin vertreten :)
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: YY am 30.09.2023 | 02:22
Cyberpunk ist abgenutzt, weil die Realität in vielen Aspekten dieses Setting längst eingeholt hat.

Das kann ich immer noch nicht nachvollziehen.
Höchstens bewegen sich heutige Probleme in den gleichen Themenfeldern, die im Cyberpunk beackert werden, aber einge- oder überholt wurde da beim besten Willen nichts.
Die im CP angerissenen Probleme sind heute deutlich verändert noch da und haben sich nicht in Wohlgefallen aufgelöst - und letzteres scheint dann schon für die (mMn enorm steile) Interpretation zu reichen, dass es eingetreten bis noch viel schlimmer gekommen ist :think:


Und die wurden meistens in einer Zeit gespielt, die sich gegenüber heute wie "heile Welt" anfühlt und wo man mit solchen Schreckensgedanken spielend experimentieren konnte, ohne irgendeine Zukunftsangst zu triggern.

SF ist stets ein Spiegel ihrer Zeit, von daher war das auch damals ein spielerisches, überzeichnetes Weiterdenken aktueller Perspektiven und Strömungen in die Zukunft.
Und umgekehrt scheint dann heute manches in alter SF naiv bis hanebüchen, weil es nicht mehr den berühmten Zeitgeist trifft. Dabei vergisst man dann ganz gerne den Blick auf die damaligen Rahmenbedingungen und die Umstände der Entstehung. 

Etwa einem Twilight: 2000 lässt sich wohl kaum vorhalten, dass es in einer undenkbar dystopischen Zukunft spielt. Da ging es ja umgekehrt gerade darum, sich einer schwer negativen und entschieden möglichen Zukunft spielerisch zu nähern.
Möglich umfasste dabei aber nicht unbedingt die Frage nach der realen Eintrittswahrscheinlichkeit und da liegt dann der Unterschied zu heutigen Denkrichtungen, die teils in Richtung Weltuntergangskult gehen.
Dass das einigen die spielerische Beschäftigung mit einem Thema verhagelt - genehmigt, war bei Twilight: 2000 früher auch so.
Das ist dann aber kein strukturelles Problem der SF als Ganzes oder heutiger SF, sondern eines der persönlichen Perspektive. An der Stelle verlässt das Ganze aber auch den Rollenspielkontext, daher lasse ich es damit bewenden.

Natürlich fällt die gedankliche Flucht in einfachere Welten (romantisiertes Mittelalter) leicht

Nicht einfacher, sondern einfacher scheinend.
Das wird dadurch nicht weniger wirkmächtig, im Gegenteil ist das einer der großen Reize an Fantasy.

Ein Spiel auf niedrigerem Techlevel könnte ohne Weiteres auch anders aussehen, wird aber da, wo es das tatsächlich tut, genau dadurch wieder zur Randerscheinung. Eben weil die "Pull-Faktoren", die Fantasy üblicherweise hat, mehr oder weniger gezielt beseitigt wurden.

In diesem Kontext:
Wer kennt die Komplexitäten einer mittelalterlichen Zunftordnung, eines Lehensvertrages oder der schon erwähnten Leibeigenschaft? Weil wir alle keine Ahnung haben, kommt man relativ problemlos mit Klischees, History Channel und "gesundem Menschenverstand" durch. Den Luxus hat ein modernes Setting nicht. Dazu kennen wir genug Fallstricke aus eigener Anschauung.

Die Transferleistung, dass es solche Komplexitäten früher genau so gegeben hat, kann man vom angesprochenen GMV eigentlich schon erwarten.
Nur bleibt an der Stelle oft gerade so unterbewusst, dass man das Ganze explizit zu Spielzwecken großteils außen vor lässt.
Herausfinden oder selbst setzen könnte man das, nur wäre das dem Spiel deutlich abträglich.

Ähnlich:
aber als ich in der letzten Cyberpunk-Kampagne darüber nachdenken musste, wie die kontemporären Äquivalente von LinkedIn, Instagram und TikTok aussehen, hat mich das wieder daran erinnert, warum ich derlei Dinge eigentlich lieber nicht in meinen Rollenspielwelten habe

Da ist die zu vermeidende Denkfalle die, dass es funktionale Äquivalente geben müsste.

Ein Corporation oder ein Cities Without Number wischen einige gefühlte "Pflichveranstaltungen" wie totale Überwachung oder Wireless-/IoT-Gedöns in wenigen Sätzen gekonnt beiseite.
Das geht grundsätzlich mit allem und ist mMn einer der großen Reize an solchem Worldbuilding - also der Versuch, eine historisch oder futuristisch plausible Alternative zu finden.

Leider stehen sich hier genau wie bei der oben angesprochenen negativen Zukunftsperspektive viele Spieler selbst im Weg. Man will irgendwie SF spielen, aber dann soll doch bitte alles genau so sein wie man es kennt :P
Und wenn schon anders, dann in genau einer Variante...da ist es kein Wunder, dass die einfacher scheinenden Fantasy-Welten unreflektiert akzeptiert werden und SF angeblich irgendwelche inhärenten Probleme hat - als ob man die selben Vereinfachungsmechanismen dort nicht anwenden könnte.

Klar, für bestimmte Spielzwecke kann man das wirklich nicht. Aber wer zu so einem Spiel antritt, für den wäre 08/15-Fantasy doch auch keine gangbare Alternative :think:
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Aedin Madasohn am 30.09.2023 | 07:15
was in der Moderne und Science Fiction der technische Fortschritt ist, der die Welt verändert, ist in der Fantasy dann halt gerne mal die Magie

bei SF kommt dann aber der Plausibilitätsporno und dann schütteln alle den Kopf wegen der No-Brainer.

irgendein verschrobener Haufen alter Zauberhansel fuhrwerkelt in ihrer Magierakademie vor sich hin und der geile neue Zauberlehrling findet in der verstaubten, unsortierten Bibliothek das "Buch zu den gottgleichen Zauberschnipp-Formeln", welches dann noch für den Autodiktaten funktioniert.

zu

für viele Milliarden Dollar durfte Daniel Düsentrieb für General Kapitalismus and TTI Controll eine supergeile Powerrangersuite bauen, die dann schlicht vergessen wurde und von einem Herumstreuner in einer lost-places Forschungseinrichtung voll funktionsfähig und ohne lästiges Aufladen (ja, bei Astralenergie gibt es diesen Plausibilitätsporn nicht)
zum Abholen bereitsteht.
warum konnte Daniel Düsentrieb diese von einem ahnungslosen Kind voll overpowered zu führende Suite nicht Investoren vorführen?
warum hat General Kapitalisums nicht nachgehakt, was aus den Milliarden wurde? da haben mehr als nur der DD dran gearbeitet.

Konkurs von General Kapitalismus? aber dann würde der Konkursverwalter alles doch noch zu Geld machen wollen, es wenn es der Materialwert des Titan-Silur-Gigantinites Endoskelettplatten wären...

oder

lost Projects nach einem echt schlimmen Computercrash (hahaha, Postapokalyptisch abgebogen....), wo die Plünderheinis sich an supergeilen Prototypen bedienen können?

oder

Elon Musk Marsmisson scheiterte und Bauernjunge Luke Indaho stoplert mit 10 Minuten Vorsprung vor dem Bergekommando in den Absturzkrater, um dann die unzerstörberbare Musk X Suite in sprichtwörtlicher Intaktheit schnell mal anzuziehen...

ist das noch SF oder schon generisches Superhelden-Iron-Man?  >;D

kurzum, mit Magie habe ich weniger Fragen. Braucht euer Magier Ersatzteile und einen zertifizierten Techniker der Herstellerfirma, um seine Auflademodule für Mana/Astralenergie/Zauberslots betriebsbereit zu halten?
sobald du dir gleich zu Anfang Astrale Regeneration II im Build gekauft hast, ist das für dich gegessen.

in SF darfst du Brennstäbe, Lithium, Helium oder Hyperraumzapferspulen nachordern. Und wenn du die kaufen kannst, können das alle anderen auch.
"erwählter" Magier mit Astrale Regeneration Unlimited wird im Build gekauft und keine weiteren Fragen (oder erörtert ihr, wann in eurem Universum der Astralenergiebrennstoff des Settings ausgezehrt ist?)
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Weltengeist am 30.09.2023 | 07:49
Vieleicht wenn Elon Musk sein SF Rollenspiel "Race to the Mars" rausbringt,...

Laaaangweilig... :yawn:
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: nobody@home am 30.09.2023 | 09:49
kurzum, mit Magie habe ich weniger Fragen. Braucht euer Magier Ersatzteile und einen zertifizierten Techniker der Herstellerfirma, um seine Auflademodule für Mana/Astralenergie/Zauberslots betriebsbereit zu halten?

Keine Ahnung, hängt vom Setting ab. Das ist dann halt an der Magie der Knackpunkt -- weil's die real nicht gibt, kann ich mich höchstens an fiktiven Vorbildern orientieren, und von denen gibt's dann gleich wieder viele, von denen keine zwei genau gleich funktionieren. (Selbst zwischen so was wie verschiedenen (A)D&D-Welten, die ja eigentlich alle auf den gleichen Grundzauberregeln aufsetzen, hat's da traditionell noch Unterschiede im Detail.)

Also habe ich beim Stichwort "Magie" meinerseits leicht eher mehr Fragen als weniger. Kann mein Magier beispielsweise aus dem Stand auf den Rücken eines vorbeigaloppierenden Pferdes teleportieren, und wenn ja, landet er da dank magischem Rundum-Sorglos-Paket gleich in perfekter Reithaltung und mit angepaßter Geschwindigkeit (und was sagt mir das dann wieder über andere Situationen?) oder doch eher immer noch im Stand mit den Füßen auf dem Sattel und in Ruhe relativ zum Boden, so daß er gleich wieder 'runterfliegt und sich womöglich den Hals bricht? Das Schlagwort mit dem großen M alleine hilft mir da ohne genaueres Nachhaken auch nicht wirklich weiter, will mir scheinen.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Eleazar am 30.09.2023 | 13:22
Ich glaube, jeder Fantasy-Film und jeder Fantasy-Roman generiert eine Bühne. Und diese Bühne kann ich ohne große Probleme danach mit anderen Storys oder Abenteuern bespielen. Auch beim Herrn der Ringe oder bei Game of Thrones kann ich mit meiner Abenteuergruppe quer durch die Welt laufen und dann im Prinzip vor dem Hintergrundrauschen mein eigenes Ding machen.

Bis auf wenige Ausnahmen generieren Science-Fiction-Filme oder Romane genau eine Story, die dann mit dem Film oder dem Roman aber auch schon auserzählt ist. Es gibt einen Twist, eine Grundidee, ein Geheimnis, eine Pointe, die danach auch ziemlich verbraucht ist. Danach oder drumherum gibt es für Abenteurer nicht mehr viel zu tun. Und Bühne ist nicht viel da, bzw. wird viel zu schnell durchlaufen. Star Trek wäre da eine Ausnahme, weil es in jeder Folge auf jedem Planeten wieder eine neue Story geben kann. Aber ehrlich gesagt, spielen da ja weder die Bühne, noch die Story die Hauptrolle, sondern die Protagonisten. Deshalb ist der Zauber ohne Spock und Kirk oder meinetwegen Worf und Data und Picard (und deren spezifische Art der Interaktion) der Zauber schnell verpufft.

Shadowrun bietet ne Bühne, die was taugt, weil der SciFi-Anteil nicht soooo bedeutsam ist oder zumindest nicht alleine steht. Ja und die Zombieapokalypse bietet eine Bühne für eine bestimmte Zeit, aber irgendwann hat sich das Wegrennen vor Zombies doch überlebt.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Boba Fett am 30.09.2023 | 13:55
Ich glaube, jeder Fantasy-Film und jeder Fantasy-Roman generiert eine Bühne.

Das stimme ich zu.
Im Unterschied zu den klassischen Konsum-Medien hast Du beim Rollenspiel aber Protagonisten, die durch die Mitspielenden kontrolliert werden.
Rollenspiel entsteht schließlich durch gemeinsame Gestaltungsrechte.
Und die Mitspielenden müssen eine Vorstellung davon haben, was in ihrer Welt (meinetwegen auch Bühne) möglich, plausibel und authentisch ist.
Bei Fantasy ist das einfach, denn abgesehen von Magie - die in den Spielregeln meist genau definiert ist, beruft sich die Spielwelt auf "so wie im Mittelalter, nur ohne den ganzen unschönen Kram wie Armut, Pest und Leibeigenschaft".
Da hat jeder eine Vorstellung von und kennt sich jeder ein bisschen aus. Jeder weiß was ein Schwert ist, hat schon mal ein Pferd gesehen, etc.

Bei SF ist das etwas anders.
Bei den gängigen durch Filme und Serien geprägten Settings finden sich viele Nerds zu Recht. Aber auch da hatte ich schon einmal eine Spielerin, die zwar Star Wars irgendwann mal gesehen hatte, die aber keine Vorstellung hatte, was ein X-Wing war.
In anderen Spielwelten wird es noch schwieriger, weil der Status Quo meistens unbekannt ist. "Durch die Bühne laufen und Dinge tun" ist natürlich möglich, aber zu verstehen, dass die Fremen niemanden beleidigen, wenn sie auf den Tisch spucken - dazu gehört eben mehr als "naja es gibt Raumschiffe und Schußwaffen".

Wenn die Spieler ihre Figuren die Bühne betreten lassen wollen, möchten Sie ein Gefühl der Sicherheit verspüren, dass sie verstehen, das da passiert und dass sie einschätzen können, in welchem Rahmen Dinge geschehen und Personen agieren (können). Oder zumindestens das Wissen, dass der Spielleiter sie nicht im Regen stehen lässt (so wie früher in den 80ern und 90ern) und im Notfall aufklärt.
Das (Settingvermittlung durch den SpL) ist Plan B - erfordert aber furchtbar viel Monolog in komplexen Settings. Und dazu haben eben auch viele (Spieler und Spielleiter) keine Lust (mehr).

Letzteres gilt übrigens nicht nur für SF - wenn eine DSA Hardcore Runde, die alle "Wege des" und Regionalbeschreibungen auswendig herunterbeten können, einen neuen Mitspieler bekommen, hilft es auch nicht, dass der das Selbe in Mittelerde kann. Auch da ist so viel Detailwissen vorhanden, dass es schwierig wird, jemanden einzubetten, wenn nicht alle bereit sind große Kompromisse einzugehen.

Im Rollenspiel ist es eben etwas anders als im Film oder im Buch.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: nobody@home am 30.09.2023 | 13:58
Ich glaube, jeder Fantasy-Film und jeder Fantasy-Roman generiert eine Bühne. Und diese Bühne kann ich ohne große Probleme danach mit anderen Storys oder Abenteuern bespielen. Auch beim Herrn der Ringe oder bei Game of Thrones kann ich mit meiner Abenteuergruppe quer durch die Welt laufen und dann im Prinzip vor dem Hintergrundrauschen mein eigenes Ding machen.

Bis auf wenige Ausnahmen generieren Science-Fiction-Filme oder Romane genau eine Story, die dann mit dem Film oder dem Roman aber auch schon auserzählt ist. Es gibt einen Twist, eine Grundidee, ein Geheimnis, eine Pointe, die danach auch ziemlich verbraucht ist. Danach oder drumherum gibt es für Abenteurer nicht mehr viel zu tun. Und Bühne ist nicht viel da, bzw. wird viel zu schnell durchlaufen. Star Trek wäre da eine Ausnahme, weil es in jeder Folge auf jedem Planeten wieder eine neue Story geben kann. Aber ehrlich gesagt, spielen da ja weder die Bühne, noch die Story die Hauptrolle, sondern die Protagonisten. Deshalb ist der Zauber ohne Spock und Kirk oder meinetwegen Worf und Data und Picard (und deren spezifische Art der Interaktion) der Zauber schnell verpufft.

Shadowrun bietet ne Bühne, die was taugt, weil der SciFi-Anteil nicht soooo bedeutsam ist oder zumindest nicht alleine steht. Ja und die Zombieapokalypse bietet eine Bühne für eine bestimmte Zeit, aber irgendwann hat sich das Wegrennen vor Zombies doch überlebt.

Scheint mir mehr eine Format- als eine Genrefrage zu sein. Auch der Herr der Ringe erzählt ja nur die eine Geschichte, die eigentlichen Heldentaten vollbringen Kanon-NSC, und danach ist die Welt so verändert, daß man als Abenteurer dort nicht mehr viel zu tun hat...das hat also mit "Fantasy <-> SF" wirklich nicht das Geringste zu tun, sondern ist mehr der Gegensatz zwischen Roman und länger laufender Serie.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Weltengeist am 30.09.2023 | 14:03
Zustimmung, mir leuchtet diese Trennung auch nicht ein. Normalerweise tun doch beide Genres beides - eine Bühne bauen und eine Geschichte erzählen. Star Wars erzählt auch erstmal nur die Geschichte vom Kampf gegen das böse Imperium. Das ist zunächst mal auch nicht anders als der Kampf gegen Sauron im Herrn der Ringe. Trotzdem ist es ja bei beiden Settings (und Genres) möglich, auch andere Geschichten vor dem Hintergrund zu erzählen (sieht man ja aktuell an den Serien).

Klar gibt es auch arg limitierte Settings, die gerade genug Substanz für die eine Geschichte haben, die sie erzählen wollen. Aber die gibt es auch auf beiden Seiten, oder?
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Isegrim am 30.09.2023 | 14:27
Für Fantasy-Rollenspiel ist man viel weniger auf Settings aus Filmen & Büchern mit ihrem oft engen Fokus angewiesen, weil es mehr breit aufgestellte Settings speziell fürs RPG gibt; zumindest große & bekannte, für die man nicht kilometertief in der Materie drin stecken muss, um sie zu kennen.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Eleazar am 30.09.2023 | 14:33
Ich glaube, es gibt schon einen wesentlichen Unterschied: Ich meine, dass die meisten Fantasy-Romane worldbuilding sind. Sicher hat das mit dem immensen Einfluss vom Herrn der Ringe auf die Stilbildung der Fantasy zu tun. Und klar gibt es bei Tolkien die Protagonisten und den Megaplot. Doch für meinen Teil das Entscheidende und Besondere ist, dass Tolkiens Welt im Roman von Anfang bis Ende so viel größer ist: Der Detailgrad ist wesentlich größer, als die Geschichte es erforderte, die historische Dimension ist weiter, die kulturelle, selbst die geographische.

In all diesen Dimensionen steckt so viel ungehobenes Potential.

Und dem wurde in der Fantasy in der Folge fast flächendeckend nachgeeifert. Kaum ein Autor, der es ohne Karte oder unter einer Trilogie machte. Kein Autor, der nicht unwahrscheinlich viel Energie in die Gestaltung der Bühne gesteckt hat, wovon die Geschichte dann Kraft und Energie gezogen hat.

Ich jedenfalls könnte Mittelerde weiter mit Geschichten und Abenteuern füllen, auch wenn der eine Ring längst geschmolzen ist. Und dafür brauche ich überhaupt keinen Frodo oder Gandalf. Mittelerde ist so eine perfekte Bühne, dass es doch praktisch geradezu überall weiterverwurstet wurde.

In der Science-Fiction sehe ich das Umfeld hingegen viel mehr der einen Idee in den Dienst gestellt, weswegen sich die Bühne viel schneller erschöpft. Star Wars kann da eine Ausnahme sein, wobei es da echt eher um ein Märchen / Fantasy als um Science Fiction geht.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: schneeland am 30.09.2023 | 14:34
Ähnlich:
Da ist die zu vermeidende Denkfalle die, dass es funktionale Äquivalente geben müsste.

Ein Corporation oder ein Cities Without Number wischen einige gefühlte "Pflichveranstaltungen" wie totale Überwachung oder Wireless-/IoT-Gedöns in wenigen Sätzen gekonnt beiseite.
Das geht grundsätzlich mit allem und ist mMn einer der großen Reize an solchem Worldbuilding - also der Versuch, eine historisch oder futuristisch plausible Alternative zu finden.

Ja und nein. Wenn man sich beim Worldbuilding damit beschäftigt, findet man schon Gründe, warum die Sachen keine Rolle (mehr) spielen - soweit stimme ich zu.
Aber zum Einen muss man dabei häufiger mal die technologischen Möglichkeiten angemessen "schrotten", damit es dazu kommt (in die Kategorie fallen m.E. Cities Without Number oder CP RED), und zum Anderen sind es halt Fragen, mit denen man sich beschäftigen muss, wenn man die Zeit nach vorn dreht, nicht aber wenn man sie zurückdreht. Das ist sicher bei Near Future-Sachen etwas prominenter als bei ganz fernen Sachen (zumindest hat sich bei Dune in meinem Umfeld noch niemand gefragt, ob man die Fremen auch auf Facebook findet ;) ), aber im Gegensatz zu mittelalterlichen Schwertern und Rüstungen sind die technischen Dinge halt im täglichen Leben relativ präsent (vielleicht nochmal mehr, wenn man mit einem Haufen Naturwissenschaftler und Ingenieure spielt).

Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: nobody@home am 30.09.2023 | 15:02
Letzten Endes würde ich mir, noch mal auf das Fadenthema insgesamt zurückkommend, sogar eher die Frage stellen, ob die Zeit für SF-Rollenspiel nicht im Moment eher schlecht ist...denn zumindest aus den achtziger Jahren scheine ich mich eigentlich eher an deutlich mehr SF-Rollenspielmaterial und insgesamt Genrevielfalt zu erinnern als heutzutage. Dabei mag natürlich hineinspielen, daß ich damals noch jünger und leichter zu beeindrucken und das Hobby als Ganzes neuer und vielleicht experimentierfreudiger war als heute -- aber selbst TSR hat ja seinerzeit eine Reihe von Nicht-Fantasy-Spielen veröffentlicht und war bei aller Beliebtheit von (A)D&D auch nicht der machtmächtige Quasi-Monopolist, als der WizBro heutzutage gerne mal auftritt...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Weltengeist am 30.09.2023 | 15:17
In der Science-Fiction sehe ich das Umfeld hingegen viel mehr der einen Idee in den Dienst gestellt, weswegen sich die Bühne viel schneller erschöpft. Star Wars kann da eine Ausnahme sein, wobei es da echt eher um ein Märchen / Fantasy als um Science Fiction geht.

Also mit Blick auf Rollenspiele habe ich da so meine Zweifel. Es ist ja nicht so, dass es keine SciFi-Settings gäbe, die opulente Bühnen mit haufenweise Material bieten würden (Star Wars, Star Trek, WH40K, Infinity, Traveller, Fading Suns und viele mehr). Da muss man sich jetzt gar nicht auf diejenigen versteifen, bei denen das nicht der Fall ist.

Ich glaube eher, dass die meisten Spieler - völlig unabhängig vom Genre - schlicht gar keine Lust haben, sich mit einem Setting (eben dieser Bühne) wirklich auseinanderzusetzen. Bei den Mainstream-Fantasysettings wird das Problem gelöst, indem man den Spielern dann sagt: Okay, du hast vielleicht keine Ahnung von Golarion und hast vielleicht noch nie was von Alkenstar gehört, aber denk einfach "Wilder Westen meets Pathfinder", dann passt das schon so ungefähr.

Genau das funktioniert aber in den meisten Science-Fiction-Hintergründen nicht. Hier muss man sich wirklich mit dem Setting, seiner Technologie, seinen Welten und seinen Kulturen beschäftigen, weil man nicht einfach eine allseits bekannte Blaupause aus Film und Fernsehen oder der wirklichen Welt heranziehen kann. Mangels Vorbilder ist es auch schwerer, sich da reinzudenken (so bin ich beispielsweise bei all dem Kram, den Infinity da auf den ersten 25 Seiten auf den Leser abfeuert, resigniert ausgestiegen, und bin auch bei den meisten transhumanistischen Settings raus, weil sie mein Vorstellungsvermögen überfordern). Und da denke ich schon nur an fantastische SciFi und nicht etwa an Hard SciFi, für die man tunlichst auch noch ein bisschen Ahnung von Physik haben sollte.

Und ja, hier kriege ich dann mal die Kurve zurück zum Ausgangsthema: Gefühlt ist gerade diese Bereitschaft, sich ernsthaft mit einer Welt auseinanderzusetzen, sogar gesunken. Was eher schlechte Karten für SciFi und gute Karten für 08/15-Fantasy bedeutet...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Arkam am 30.09.2023 | 15:32
Hallo zusammen,

ich habe keine gute Idee davon welcher SF Film so ein ein Trick Pony ist das er keine Bühne aufbaut. Selnst Terminator, Blade Runner und Alien die ja einen sehr engen Fokus haben bieten doch genügend Bühne um auch andere Geschichten zu erzählen.
Wer Probleme mit der Bühnengestaltung hat dem kann ich nur einen Blick auf andere Medien, ich habe beste Erfahrungen mit Comics gemacht, vorschlagen. Teilweise weiten auch die Roma zum Film die Bühne extrem auf, etwa bei Dune.

Ja die Feinheiten der Bühne zu vermitteln kann schon Mal schwieriger sein. Aber ich denke schon alleine das daran denken hilft Spielenden und Spielleitung weiter.
Ich spielleite gerade eine Paranoia Mission und an einer Stelle ist eine Teilmission wirklich nicht sauber. Ich befürchte da werde ich die Spielenden mit einem Wurf auf die passende Fertigkeit mit ein paar Verdachtsmomenten ausstatten müssen.
Ja am Anfang musste ich natürlich mehr Sachen erklären und hatte natürlich auch Fragen zum Hintergrund. Aber mit der Zeit ist das immer weiter zurück gegangen.
Zum Nachlesen füre eventuelle Neueinsteiger habe ich inzwischen auf 2 DIN A4 Seiten das wesentliche aufgeschrieben.

Ich denke bei ganz vielen Dingen in der SF benötigt es einfach einen klaren Regelansatz. Wenn eine Probe auf Hacken bei einem schwer gesicherten System mißlingt bekommt man 6W6 Schaden. und nicht wie bei Cyberpunk 2020.
Abwehrprogramme die einen Hacker töten sollen tun das per Stromstoß, so weit so genretypisch. Störend wirkt nur das die Matrix laut Flufftext aus einem Glasfasernetz besteht das dann eben nicht Strom sondern Licht leitet. Von Dingen wie einer Satelietenübertragung oder der Möglichkeit sich über eine einfache Sicherung zu schützen Mal abgesehen.
Auf diese Weise würde man sich viel Technikgeblubbere sparen und auch der Hintergrund wird einfacher zu vermitteln.

Gruß Jochen
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Doc-Byte am 30.09.2023 | 15:40
Da wären wir halt wieder bei dem Punkt, dass SciFi Settings sehr individuell sind, wärend Fantasy Settings gefühlt doch irgendwie sehr ähnlich sind (speziell wenn man die Mainstream Systeme anschaut). Bei der heutigen Zersplitterung des Rollenspielmarktes keine guten Bedingungen für SciFi Spiele. Ende der 90er / Anfang der 00er Jahre sahen Spielrundenaushänge auf Conventions noch so aus: Etwa 40/40 DSA und Shadowrun, dazu etwas WoD und wenige "Exoten". Heute ist nicht nur Shadowrun gefühlt tot (zählen wir das mal als SciFi, ist deren Anteil schon alleine darüber gesunken), man findet kaum noch zwei Spielrundenaushänge, die das selbe Setting - ja oft nicht mal Regelwerk - anbieten. Das Angebot an Rollenspielen af dem Markt ist generell einfach enorm groß geworden und ich finde es schon nachvollziehbar, dass sie viele dann einfach das vermeintlich vertraute herauspicken, was kein langes Einlesen/-arbeiten erfordert.

Die Bereitschaft oder vielleicht auch einfach nur Zeit, sich länger mit etwas zu beschäftigen nimmt halt gefühlt derzeit überall stetig ab. Das ist aber sicher auch eine Folge unserer durchtechnologisierten Gesellschaft. Wenn meine 3 TV Programme früher im Abendprogramm nur Mist gezeigt haben, fiel der Griff zum Buch halt leichter, weil es kaum Alternativen gab. Heute konkurieren Dutzende, vielleicht sogar hunderte, potentielle Beschäftigungen via Internet um die Zeit und Aufmerksamkeit einer Person, die davon aber nicht mehr - oft sogar weniger - zur Verfügugn hat als früher.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Aedin Madasohn am 30.09.2023 | 16:12
dass sie viele dann einfach das vermeintlich vertraute herauspicken, was kein langes Einlesen/-arbeiten erfordert.

hier muss man aber auch den RSP-lern zugestehen, dass die Regelschwergewichte am Tisch dann eh verhausregelt sind (und sei es durch blankes nicht zuendelesen der Schinken  ;D )
und diese verhausregelte "myKüchentisch-Regelengine Alpha" ist dann erstaunlich ausbaufähig, wenn plötzlich statt mit der Armbrust mit der Blasterpistole geschossen werden soll, statt eine Burgmauer die Hangar-Streppen emporgeklettert oder statt Queste(reise) durch die Manaebene gegen Dämonen ein Systemhack gegen BlackIce gefahren wird.

Würfel auf, gegen, mit
Boni auf, mit
Mali wegen, gegen

Attribute, Talente, ZfP*, Fähigkeiten, Talismane, Gear, Decks
bringen, kosten, (er)geben

brauche ich genau noch eine Nische, klaue ich genau diese Nische. Und wenn ich Edge und Gimmientenpunkte aka  - darfst noch mal Würfel, kauf dir einen Erfolgspunkt, sei noch nicht tot - dort einführe, wo sie nicht im GRW stehen oder umgekehrt rausschmeißen.

einmal ordentlich renoviert in einer Engine muss man nicht alternativlos auf den (geldschneidernden Selbstzweck)-Editionswechselzug aufspringen
dann kann auch eine aus einer Fantasy-Welt adaptierte Regelengine in SF funzen. Segelschifffahrt vs (Hyper)Raumflug nur als Beispiel.


Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Arkam am 1.10.2023 | 05:43
Hallo zusammen,

dieses Umwiedmen funktioniertgerade bei kleineren Engins mit wenigen Subsystemen wunderbar.
Da würde ich sogar sagen das sich eine einfache SF Engin noch besser zu einer Fantasy Engin umwiedmen lässt.
Früher habe ich allerdings auch lieber die dicken und sehr detaillierte Regelbücher gehabt Mich würde also echt interessieren ob meine Tendenz zu leichteren Engins eben dem Alter geschuldet ist das mit Arbeit und realem Leben mehr Zeit frisst als zu Schul- und Ausbildungszeiten oder ob der Trend eher generell ist.

Was die Zersplitterung des Rollenspiels angeht ist das aus meiner Sicht richtig was die Hintergründe angeht die aber durch eher wenige Engins Year Zero Engin (Coriolis, Mutant year zero, Blade Runner, Twilight 2000, Alien), 2D20 (Dune, Fallout, Star Trek), natürlich D&D 5. Edition und Basic Roleplaying Game (Cthulhu) angetrieben werden.

Gruß Jochen
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: YY am 1.10.2023 | 08:36
Mich würde also echt interessieren ob meine Tendenz zu leichteren Engins eben dem Alter geschuldet ist das mit Arbeit und realem Leben mehr Zeit frisst als zu Schul- und Ausbildungszeiten oder ob der Trend eher generell ist.

Das ist eher Selbstwahrnehmung/Einzelschicksal.
Neben D&D5 und seinen Ablegern ist alles Randerscheinung und D&D gaukelt aktuell Einfachheit vor, ist aber ein ziemlicher Brocken.

Und im Regelfall hören die Leute ganz auf, wenn sie nicht mehr genug Zeit haben (wollen).


Was die Engines angeht, stimmt es schon, dass es heute einige gibt, die eine Vielzahl an Settings abdecken - in der Form ist das eine einigermaßen neue Entwicklung, weil es sich nicht von Anfang an um dedizierte "Universalsysteme" oder einfach den Platzhirsch handelt.

Daneben gibt es aber immer noch die "klassische" Variante mit einer eigenen Engine für ein einzelnes Setting.
Effektiv reduziert hat sich die Masse an Regelwerken nicht.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Boba Fett am 1.10.2023 | 09:43
In der Science-Fiction sehe ich das Umfeld hingegen viel mehr der einen Idee in den Dienst gestellt, weswegen sich die Bühne viel schneller erschöpft.

Das sehe ich vollkommen anders. Nur fürs Protokoll.
Aber man muss nicht immer einer Meinung sein. :)
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Skaeg am 1.10.2023 | 10:01
In der Science-Fiction sehe ich das Umfeld hingegen viel mehr der einen Idee in den Dienst gestellt, weswegen sich die Bühne viel schneller erschöpft. Star Wars kann da eine Ausnahme sein, wobei es da echt eher um ein Märchen / Fantasy als um Science Fiction geht.
Das ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Worldbuilding ist in der SF-Literatur schon seit Jahrzehnten ein wichtiger Faktor (Lensman, Robot/Foundation, Psychotechnic League, Known Space...); ausgefeilte future history ist ein so verbreiteter Topos, dass mir deine Einschätzung recht abwegig erscheint.

Richtig ist allerdings, dass Film- und zur Zeit auch Serien-SF häufig eher in die Sparte high concept fällt. Die klassische "Was wäre, wenn X?" philosophische Funktion von SF.

Ich bin mir aber nicht so sicher, ob Film- und Serienfantasy im Worldbuilding so viel mehr bietet statt sich - und das ist wie gesagt der Knackpunkt - einfach auf die abrufbaren Vorstellungen von Standardfantasywelt im Gehirn des Zuschauers, die man mit ein paar Oberflächlichkeiten triggern kann, zu verlassen.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Boba Fett am 1.10.2023 | 10:52
Ich bin mir aber nicht so sicher, ob Film- und Serienfantasy im Worldbuilding so viel mehr bietet statt sich - und das ist wie gesagt der Knackpunkt - einfach auf die abrufbaren Vorstellungen von Standardfantasywelt im Gehirn des Zuschauers, die man mit ein paar Oberflächlichkeiten triggern kann, zu verlassen.

Naja...
Ohne jetzt Rollenspiel Fantasy Settings zu bashen, aber nicht wenige haben recht ähnliche Konzepte. "EDO Fäntelalter mit Evil Antatgonists"
Und hypothetisch könnte man jedes Konzept aus der Fantasy ins SF clonen (und natürlich auch nicht selten vice versa).

In der SF gibt es aber Konzepte, die nur schwer ins Fantasy zu übertragen sind. Transhumanismus und die Fragen, die sich damit stellen möchte ich da mal nur als ein Beispiel nennen.
Natürlich - wie oben beschrieben - lassen sich viele Konzepte auch in die Fantasy transformieren.
Meiner Tochter habe ich in früher Kindheit Star Wars - a new hope immer wieder als Fantasy Märchen erzählen dürfen. (und kommte jetzt bitte nicht mit "aber das ist doch kein SF")
Auch Star Trek ist kein Problem... Aber eben nicht alle - und wenn (it's magic), muss die Frage gestellt werden, ob das dann noch klassische Fantasy ist.

SF Rollenspiele sind nicht selten die typischen "Möglichst viele Tropes vereinen" Kitchen Sinks. Das macht ja auch Sinn, wenn man möglichst viele Spieler zusammenbringen möchte.
In der SF Literatur schnappt man sich hingegen oft ein Konzept und behandelt das in Geschichten.
Wer wissen möchte, wie vielfältig das aussehen kann, dem empfehle ich Richard Morgans Takeshi Kovacz Trilogie mal zu lesen (die hat nur ganz vage etwas mit der TV Serie zu tun).
Eigentlich beschäftigt sich diese Serie "nur" mit der Frage, wie es sich auf eine Gesellschaft auswirkt, wenn die Menschen den Tod besiegt haben und ihr Bewustsein von einem Körper in einen anderen transferieren können. In drei Romanen hat man dann Detektiv noir, Military SF, ein funktionierendes Shadowrunner Konzept, Revolutionäre, Kampf gegen das eigene jüngere ich, jede Menge Gesellschaftskritik (und Kapitalismuskritik) und sehr gelungene Unterhaltun. Gibt es auch als Hörbuch bei Audible.

In Summe mein Fazit: Fantasy kann nicht vielfältiger als SF sein, weil sich jedes Fantasy Konzept in SF abbilden lässt, anders herum gibt es aber Themen, wo das nicht oder nur sehr schwer funktionieren wird (und wo man sich dann fragen kann, ob das noch Fantasy ist). Letztendlich versuchen aber fast alle Settings (sofern sie nicht bestimmte Serien-, Roman- oder Filmwelten zu adaptieren) möglichst vielfältig zu sein, um eine möglichst große Kundschaft anzusprechen - oft endet das in Kitchen Sink (was aber nicht schlimm sein muss). Und das gilt für F & SF.
Mangelnde Vielfalt wird es daher nicht sein, was SF weniger erfolgreich sein lässt.

Ich glaube eher, dass die meisten Spieler - völlig unabhängig vom Genre - schlicht gar keine Lust haben, sich mit einem Setting (eben dieser Bühne) wirklich auseinanderzusetzen.

Das schon eher, aber auch das würde nicht erkären, warum SF weniger Erfolg im Rollenspiel hatte, als die Spieler eben diese Lust und die notwendige Zeit noch hatten.
Ich glaube, Fantasy fühlt sich einfach kuscheliger an.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: nobody@home am 1.10.2023 | 11:13
Persönlich denke ich, Fantasy war im Rollenspiel einfach zuerst da, und die liebe Massenträgheit (plus die gängige Tendenz des Marktes, gerne mal unreflektiert auf Trends aufzuspringen) hat dann den Rest erledigt. Soll heißen: in den USA kam D&D heraus, entpuppte sich als neu und einigermaßen beliebt, und prompt gab's ein Dutzend Nachahmer alle im selben Genre, nur eben jeweils mit ihren eigenen Würfelsystemen. Oder die langjährige Marktdominanz von DSA in Deutschland...macht sich irgendwer wirklich die Illusion, die wäre zustande gekommen, wenn nicht Schmidt Spiele als schon länger etablierte "richtige" Firma dahinter gestanden und ihr Produkt in alle Spieleläden und Kaufhäuser gepusht hätte?

Über so was wie die "Spieltauglichkeit" verschiedener Genres sagt das alles nicht das Geringste aus. Fantasy ist einfach nur deswegen populär, weil sie uns schon seit Jahrzehnten als das Standardrollenspielprogramm schlechthin verkauft wird und wir uns daran schlicht gewöhnt haben.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Boba Fett am 1.10.2023 | 12:41
Fantasy ist einfach nur deswegen populär, weil sie uns schon seit Jahrzehnten als das Standardrollenspielprogramm schlechthin verkauft wird und wir uns daran schlicht gewöhnt haben.

Naja, sorry, aber...

Shadowrun und die Welt der Dunkelheit waren in den 90ern und frühen 2000er auch extrem Populär. Call of Cthulhu war es und ist es noch immer.
Damit hast Du drei Genres, die in diese Gleichung nicht passen...
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: Kaskantor am 1.10.2023 | 12:50
Und welches von deinen 3 genannten Spielen hat jetzt keinen Fantasyanstrich?  ~;D

Mal meine eigene Erfahrung.

Wenn ich so in meinen Bekanntenkreis reinfrage, wer Bock auf ein SiFi-Spiel hat, sagen mir ein paar Leutchens zu (wenn ich Glück) habe. Wenn ich aber nach Fantasy frage, bekomme ich wesentlich eher was auf die Beine gestellt.

Aber die Leute, die mir bei SiFi zusagen, sind auch bereit bei einer Fantasyrunde mitzumachen, wobei ich definitiv ein paar Spieler kenne, die ausschließlich bei Fantasy dabei wären.

Am ehesten bekomme ich noch Leute zusammen, wenn ich SiFa anbiete, wie zb. Shadowrun (statt Cyberpunk) oder Starfinder (statt the Expanse), oder eben Star Wars.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: nobody@home am 1.10.2023 | 13:42
Naja, sorry, aber...

Shadowrun und die Welt der Dunkelheit waren in den 90ern und frühen 2000er auch extrem Populär. Call of Cthulhu war es und ist es noch immer.
Damit hast Du drei Genres, die in diese Gleichung nicht passen...

Wenn ich großzügig bin, habe ich da zwei Genres, nämlich Horror und wahlweise "moderne Fantasy" (je nachdem, wie ausgeprägt sich das Horrorelement dann im Spiel tatsächlich darstellt).

Shadowrun ist einfach nur D&D in eine dystopische nahe Zukunft verpflanzt, komplett mit Standardmissionsprofil, Standardvölkern, Dungeoncrawls in wahlweise real oder virtuell, und natürlich dem ständigen Hunger nach "mehr" a la Stufenaufstieg -- mehr Power, tollere Decks und Knarren, und so weiter, und so fort. Das fällt also schon mal durch den Filter.

In der Welt der künstlichen Verdunkelung...schön, da spielt man halt Gruselmonster und Zauberer (!) in einer Mischung aus Anne Rice und den Verschwörungstheorien um geheime Strippenzieher von damals. Klassische Quasi-Mittelalterfantasy ist das nicht mehr (wenn man nicht gerade in die Vergangenheit zurückgeht), aber ohne die immer noch recht traditionellen fantastischen Elemente wie Vampire und Werwölfe gäb's das Setting andererseits auch gar nicht erst.

Bleibt Call of Cthulhu, und da ist insbesondere das Pulp-Quellmaterial eigentlich etwas älter als der Versuch, zunehmend strikte Trennlinien zwischen Fantasy, SF, und Horror zu ziehen (merkt man ihm ja auch an, und mit deswegen läßt sich das Material von Lovecraft & Co. auch so gut praktisch überall einbauen). Nichtsdestotrotz läßt sich CoC noch am ehesten als tatsächlich eigenes Genre einsortieren -- einfach, weil es mit seinen ganz eigenen Elementen daherkommt und keine klassischen Elfen, Gnome, und Gespenster auffährt.
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: BBB am 1.10.2023 | 15:43
Ich lass mal ein Abo da und wenn ich Glück hab schreibe ich heute abend etwas mit mehr Substanz  ;)
Titel: Re: Beginnt jetzt die Zeit für SF?
Beitrag von: YY am 1.10.2023 | 19:17
Zuvor übersehen:

Aber zum Einen muss man dabei häufiger mal die technologischen Möglichkeiten angemessen "schrotten", damit es dazu kommt (in die Kategorie fallen m.E. Cities Without Number oder CP RED)

Cities Without Number macht das mMn nicht, sondern stellt eher umgekehrt die nicht ganz unberechtigte Frage, wie bekloppt man eigentlich sein muss, möglichst viel kabellos und vernetzt zu machen.

Shadowrun 4+ hat sich bei dem Thema ja hoffnungslos verrannt, indem es verkannt hat, was eigentlich das Problem an der Deckerei der Vorgängereditionen war. Das Kabel war es nämlich nicht ;)
Da bietet CwN die klarere Perspektive.

Und Corporation macht es sogar genau andersrum, indem Technologie postuliert wird, die den ganzen Überwachungskram in Frage stellt. Dort ist quasi alles so fälsch- und manipulierbar, dass die Vorlage irgendwelcher Überwachungsergebnisse ohne saubere Beweismittelkette auf dem Level von "Also mein Schwager hat gehört, dass..." eingeordnet wird.


Zuletzt:
Ja, bei Near Future ist das natürlich viel präsenter, aber auch da muss ich sagen: man steht sich bei dem Thema vor allem selbst im Weg.
Da werden teils absurd große Umwälzungen als fantastisches Element akzeptiert, aber die Vorstellungskraft will dann nicht reichen, um sich eine Welt vorzustellen, in der einige zeitgenössische technisch-soziale Phänomene so schnell wieder verschwunden sind, wie sie aufgetaucht sind (!) oder schlicht nie zustande kamen.