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Medien & Phantastik => Sehen, Lesen, Hören => Lesen => Thema gestartet von: Weltengeist am 7.10.2023 | 08:03

Titel: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Weltengeist am 7.10.2023 | 08:03
Irgendwie stehe ich gerade ratlos vor meiner "Wall of Shame" und merke mal wieder, dass mich dieser Trend, möglichst fette Bücher schreiben zu müssen, einfach nur noch abturnt und demotiviert.

Warum zur Hölle ist es so eine Art Grundregel geworden, dass man unter 400 Seiten gar nicht mehr anfangen muss zu schreiben? Und bei Fantastik nicht unter 3 Bänden? Wenn ich ein Buch anfange, will ich nicht übernächsten Monat immer noch damit beschäftigt sein (oder im Falle von Bücherserien noch nächstes Jahr)!

Klar, es mag gelegentlich vorkommen, dass der eine oder andere wirklich so viel zu sagen hat, aber häufig ist das gar nicht der Fall. Bei Biografien und Belletristik mit Rechercheanteil fiel mir schon vor 20 Jahren auf, dass die Kunst des Weglassens völlig in Vergessenheit geraten ist und die Autoren alles, wirklich alles, was sie gefunden haben, auch irgendwo unterbringen müssen. Speziell bei amerikanischen Sachbüchern stößt mir immer wieder sauer auf, wie oft sie nach 100 Seiten ihr Pulver verschossen haben und sich dann einfach nur noch endlos wiederholen. Und in der fantastischen Belletristik hält sich ja ohnehin jeder für einen neuen Tolkien und meint, dass die 1250 Seiten des Herrn der Ringe für ein vernünftiges Worldbuilding doch etwas mickrig sind und man selbst deshalb unbedingt 2000 oder mehr Seiten braucht, weil in der eigenen Welt ja so viel mehr Tiefe steckt... ::)

Es hieß einmal, sich kurz zu fassen sei die höchste Form der Kommunikation. Scheint irgendwie in Vergessenheit geraten zu sein - die heutige höchste Form heißt scheinbar "Rumschwadronieren, bis der Arzt kommt". Und ist von einer gedanklichen Tiefe, dass die betreffenden Autoren davon jedes Jahr 1-2 Bücher raushauen können.

Ich bin's gerade wirklich müde. Ich stehe vor meinem Bücherregal, nehme ein Buch nach dem anderen aus dem Regal, schaue auf die Seitenzahl und stelle es wieder weg. Blöd.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 7.10.2023 | 09:13
Geht mir ähnlich. Das ist mein Rad der Zeit-Trauma. Ich will die Serie lesen, aber spätestens bei Band vier bin ich völlig demotiviert, wenn ich an die nächsten elf denke. Dann lese ich lieber einen Rüdiger Nehberg oder was von Rosemary Sutcliff oder eine spannende Biographie.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Grey am 7.10.2023 | 09:36
@Weltengeist: Du sprichst mir so aus der Seele! Als ich in den 80ern mit der Fantasy anfing, gab es haufenweise dünnes, schnelles Lesefutter: 200 Seiten rasantes Abenteuer, knackig erzählt, zack! Heute schlage ich eine dieser fetten Schwarten auf und finde auf 500 Seiten eine durch viel Blabla verdünnte 100-Seiten-Handlung vor, die meist noch nicht mal gut ist.

Mein Lesefutter hole ich mir inzwischen fast ausschließlich bei Selfpublishern. Den großen Verlagen gebe ich alle paar Jahre mal wieder eine Chance und bereue sie dann auch umgehend wieder. Keine Ahnung, ob diese fetten Schwarten der Lesegeschmack der jüngeren Generation sind oder die Leute den Kram einfach aus Verzweiflung kaufen, weil's nichts anderes mehr gibt.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Andropinis am 7.10.2023 | 10:04
Mir geht es bzgl. Wall of Shame ähnlich. Ich kaufe haufenweise Bücher aber zögere, dicke Wälzer oder Serien auch wirklich zu beginnen.

Auf der anderen Seite gehören viele von meinen Lieblingsbüchern zur Kategorie Telefonbuch, ist daher schwer, eine pauschale Aussage zur Qualität zu treffen.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Feuersänger am 7.10.2023 | 10:08
Full ack.
Okay, Bios oder sowas lese ich nicht.
Witzig dass du das über amerikanische Sachbücher sagst -- dasselbe war mir schon vor Urzeiten bei Zeitungsartikeln aufgefallen. Sie sagen, was sie zu sagen haben, in ungefähr 1 Absatz, aber weil sie nach Worten bezahlt werden wiederholt sich das dann 3 bis 5 mal. ZUM! KOTZEN!

Ich lese auch leider fast keine Fantasy, eben weil 95% der Veröffentlichungen auf "Unendlichologie" ausgelegt sind und dann auch meistens die Handlung erst auf den letzten der ca 600 Seiten des 1. Bandes in Gang kommt.

Wie neulich schon im Lesen-Thread gemosert höre ich trotzdem gerade Mistborn 1 von Sanderson weil der Autor so hoch gelobt wird, aber ich bin echt versucht das Teil zurückzugeben. Bin jetzt bei 10 von 26 Stunden. Das ist dicker als "Die Gefährten" und vom Handlungsfortschritt her sind sie gerade auf dem Weg nach Bree.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Niniane am 7.10.2023 | 10:10
Die Sache ist ja die, dass die Bücher zwar immer dicker werden, aber der Inhalt nicht unbedingt die Dicke hergibt. Die ist oft dem Satzspiegel geschuldet.
Nehmt euch mal ein Buch aus den 80ern und schaut euch an, wie eng bedruckt die Seiten sind. "Der Name der Rose" beispielsweise ist in der heutigen Ausgabe 1/3 dicker als in der vor 40 Jahren.
So kann ich dann auch ein 700 Seiten-Buch ohne Probleme an einem Tag durchlesen.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: KhornedBeef am 7.10.2023 | 10:41
700 Seiten? Das schaffe ich höchsten beim Bilderbuch, da können die normalen Bücher satzspiegeln wie sie wollen  ;D
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Sashael am 7.10.2023 | 10:53
Jop, und wenn der Autor merkt, dass er mit dem Schwafeln nicht mehr aufhören kann und sein "Roman" bald 1.000 Seiten umfasst, dann macht man eben eine Serie draus und den Schwafelwasserfall sind endgültig keine Grenzen mehr gesetzt.

Ich freu mich ja über jedes Buch, dass aus diesem Muster ausbricht.

Magie & Milchschaum hat 309 Seiten Geschichte in recht großzügigem Druck (könnte man wahrscheinlich ohne Probleme auf 200 Seiten verkleinern) und die Story ist danach auch ohne lose Enden durch.

Dagegen kommen dann andere Bücher mit nem interessant klingenden Pitch und dann lese ich auf dem Buchrücken "Der Beginn der neuen Saga von Autor Schwafelhannes".
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Grey am 7.10.2023 | 10:56
Dagegen kommen dann andere Bücher mit nem interessant klingenden Pitch und dann lese ich auf dem Buchrücken "Der Beginn der neuen Saga von Autor Schwafelhannes".
Oder, noch besser: "Band X der bahnbrechenden Saga von Autor Schwafelhannes" ... und du hast die vorherigen Bände nie im Laden liegen gesehen.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 7.10.2023 | 11:07
Ich lese auch leider fast keine Fantasy, eben weil 95% der Veröffentlichungen auf "Unendlichologie" ausgelegt sind und dann auch meistens die Handlung erst auf den letzten der ca 600 Seiten des 1. Bandes in Gang kommt.

Das ist ein wirklich großes Problem, vor allem weil die Handlung dann meistens gehetzt und unbefriedigend abgeschlossen wird.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: BBB am 7.10.2023 | 11:20
Ich hab mir mittlerweile angewöhnt Bücher nur noch dann zu Kaufen, wenn sie unter 400 Seiten haben. Deswegen habe ich schon viel Geld gespart :D

Einzige Ausnahme ist, wenn ich wirklich ganz ganz sicher bin, dass ich das Buch mögen werde, entweder weil ich wirklich ausnahmslos positives dazu gelesen habe, den Autor schon kenne und sehr mag, oder es andere objektive Gründe gibt (beispielsweise Fachbücher).

Aber gerade heute wieder: Bin über ein Buch von Richard K. Morgen gestolpert, dessen Inhaltsangabe sich spannend las. 700 Seiten. No way gebe ich dafür Geld aus. Das landet nach ca. 100 gelesenen Seiten unter garantie in irgendeiner Ecke und wird vergessen. Die Zeit hab ich einfach nicht mehr...
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Feuersänger am 7.10.2023 | 11:31
Das ist ein wirklich großes Problem, vor allem weil die Handlung dann meistens gehetzt und unbefriedigend abgeschlossen wird.

Sie wird ja in dem Band überhaupt nicht abgeschlossen -- das war alles nur die Exposition für Band 2-7.
Bin da leider schon mehrmals drauf reingefallen, weil das Buch im Laden nett aussah und es am Einband nicht auf den ersten Blick ersichtlich war, dass es
"Der Beginn der neuen Saga von Autor Schwafelhannes".
ist.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: First Orko am 7.10.2023 | 11:51


Ich hab mir mittlerweile angewöhnt Bücher nur noch dann zu Kaufen, wenn sie unter 400 Seiten haben. Deswegen habe ich schon viel Geld gespart :D

Ist schon komisch, dass "einfach nicht kaufen" heutzutage unter #lifehack fällt [emoji57]

Bei mir ist es noch niedrigschwelliger: Bei "Teil 1 von... " ist ein Buch mit ziemlicher Sicherheit schon raus. Das begrenzt den PoS schon enorm.
Kann ich sehr empfehlen!
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Mithras am 7.10.2023 | 12:25
Ein Hoch auf mein Appendix N Lesevorhaben, lauter Kurzgeschichten oder kurze Romane. Ebenso Clark Ashton Smith oder die Sachen von Moorcock, wobei der insgesamt ja auch etliche Tausend Seiten geschrieben hat. Aber ich kann das nachvollziehen mit den fetzen Schinken als Romane. Da habe ich auch keinen Bock drauf.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Kaskantor am 7.10.2023 | 12:53
Ich muss sagen, dass mich lange Bände und auch Serien tatsächlich nicht stören.

Fairerweise muss ich aber zugeben, dass ich nicht mehr lese, sondern nur noch höre.

Arbeitsbedingt habe ich lange Fahrten und habe auch den Vorteil bei Sport und Hausarbeit usw. erkannt.

Dadurch, dass ich somit meist 2 Dinge kombinieren kann, bekomme ich so sehr viel mehr Bände durch, als durch immer Abends ein paar Seiten im Bett zu lesen.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: BBB am 7.10.2023 | 13:43
Ist schon komisch, dass "einfach nicht kaufen" heutzutage unter #lifehack fällt [emoji57]

Das ist kein Lifehack, das ist Selbstschutz ;)
Mein Lifehack in dem Bereich ist, Bücher, die mir zu dick erscheinen, ähnlich wie Kaskanator, einfach als Hörbuch zu besorgen und dann beim Sport zu hören. Allerdings sind das dann meist merh so previews oder Youtube Fan reads oder so, bei denen ich teste, ob mir der Inhalt gefällt oder nicht - und danach entscheide ich dann, ob ich es wirklich kaufe oder die Finger davon lasse.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: YY am 7.10.2023 | 13:44
Den großen Verlagen gebe ich alle paar Jahre mal wieder eine Chance und bereue sie dann auch umgehend wieder. Keine Ahnung, ob diese fetten Schwarten der Lesegeschmack der jüngeren Generation sind oder die Leute den Kram einfach aus Verzweiflung kaufen, weil's nichts anderes mehr gibt.

So gehts mir mittlerweile auch abseits von Büchern quasi mit aller passiven Unterhaltung (wobei ich Lesen aus dieser Zuteilung ein bisschen ausklammern würde).

Andererseits gibts genug Klassiker und hier und da tatsächlich mal einen brauchbaren Autor*, dass ich damit bedient bin. Ist ja nicht verboten, Bücher mehrmals zu lesen :)


*Wenn man nicht mehr so intensiv schaut, was es alles gibt, hat der dann auch schon ein bisschen was geschrieben, bis ich merke, dass es ihn überhaupt gibt... ;D

Auf der anderen Seite gehören viele von meinen Lieblingsbüchern zur Kategorie Telefonbuch, ist daher schwer, eine pauschale Aussage zur Qualität zu treffen.

"90% von allem sind Schrott" ;)
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Weltengeist am 7.10.2023 | 14:01
Bei mir ist es noch niedrigschwelliger: Bei "Teil 1 von... " ist ein Buch mit ziemlicher Sicherheit schon raus. Das begrenzt den PoS schon enorm.
Kann ich sehr empfehlen!

Wie der Feuersänger im Post direkt über dir schon sagte: Oft wird das ja gar nicht so richtig kenntlich gemacht. Ich mochte beispielsweise "Sternenschiff" von Rachel Bach sehr gerne, musste dann aber gegen Ende feststellen, dass sie das ja wohl nicht mehr zu Ende erzählt kriegt. Und erst dann ist mir aufgefallen, dass das nur Teil 1 der "Paradox-Saga" war - Band 2 erscheint dann in zwei Jahren...

(Ich persönlich verstehe ohnehin nicht, warum ich freiwillig anfangen sollte, eine Serie zu lesen, die noch gar nicht abgeschlossen ist - mein Gedächtnis reicht ja gar nicht, um mir alle relevanten Personen und Handlungsstränge zu merken, bis der nächste Band rauskommt. Aber das ist nochmal ein anderes Thema...)

Andererseits gibts genug Klassiker und hier und da tatsächlich mal einen brauchbaren Autor*, dass ich damit bedient bin. Ist ja nicht verboten, Bücher mehrmals zu lesen :)

Tatsächlich ertappe ich mich in letzter Zeit auch immer häufiger dabei, ein Buch aus dem Regal zu ziehen, das ich schon mal gelesen habe. Ich frage mich nur, ob das jetzt ein Zeichen einsetzender Weisheit oder schlicht ein Zeichen von "früher war alles besser" (aka "du wirst alt") ist. ~;D
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: YY am 7.10.2023 | 14:08
Ich persönlich verstehe ohnehin nicht, warum ich freiwillig anfangen sollte, eine Serie zu lesen, die noch gar nicht abgeschlossen ist

Ja, erstens sind da die Wartezeiten und zweitens auch noch so Fälle wie Das Rad der Zeit, wo der Autor vor Fertigstellung seines (dann wirklich im Wortsinne end(e)losen) Riesenwerkes verstirbt.

Der moderne Medienkonsument kennt das allerdings schon von Netflix & Co. nicht anders ;) ;D
Da fängt man sich ja auch besser nichts an, was nicht bereits abgeschlossen ist.

Ich frage mich nur, ob das jetzt ein Zeichen einsetzender Weisheit oder schlicht ein Zeichen von "früher war alles besser" (aka "du wirst alt") ist. ~;D

Mit fortschreitender Zeitlinie ist zwingend immer mehr vom guten Kram alt :P ;)
 
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: felixs am 7.10.2023 | 14:41
Grundsätzlich mag ich längere (bis zu wenige tausend normale Seiten lange) Geschichten. Wenn Sie denn gut gemacht sind. Der Herr der Ringe z.B. braucht für mich nicht kürzer sein. Der Drachenbeinthron (Dragon Bone Chair) hat auch eine gute Länge, der müsste aber nicht noch viel länger sein.

Die richtig langen Sachen habe ich nie angefangen.

Moorcock (Elric etc.) erzählt für meinen Geschmack schon fast zu knapp. Das dürfte ruhig etwas ausführlicher sein.

The Worm Ouroboros ist mir z.B. etwas zu langatmig.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Andropinis am 7.10.2023 | 15:00
Hörbücher nebenher zu anderen Tätigkeiten funktionieren bei mir nicht, auch nicht lesen in der vollen S-Bahn. Ich will dabei möglichst alleine sein und meine Ruhe haben. Wenn ich "abkürzen" will, lese ich einen Comic. Da gibt es heutzutage ja viel qualitativ hochwertigen Stoff, wenn ich das mal mit den Löschpapier Comics von früher vergleiche.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Doc-Byte am 7.10.2023 | 15:13
Ich hab zwar leider schon ewig keinen Roman mehr gelesen, aber ich mag am liebsten Serien, die aus in sich abgeschlossenen Bänden bestehen. Das vereint die Vorteile wiederkehrender Protagonisten mit einer überschaubaren Länge. Im SF & F Genre ist das aber afaik nicht so verbreitet, wie in der Krimi und Thriller Ecke.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Ayou am 7.10.2023 | 15:51
Hörbücher funktionieren bei mir auch so gar nicht. Ich kann nebenbei nix anderes tun. Da nehme ich nix auf.

Aber mich nerven solche Riesenbücher mit 500+ Seiten auch. Ich werde damit gefühlt nie fertig. Das hat mir auch die Brandon Sanderson Romane verdorben. Das sind alle 1000 Seiten Schinken und viel zu viele Nebencharaktere und Nebenschauplätze die eigentlich keiner braucht.

Ich lese im Gegenzug aber sehr gerne abgeschlossene Bücher mit 300 oder 400 Seiten im Taschenbuchformat. Da komme ich angenehm schnell durch und habe eine fertige Geschichte. Lange Reihen über tausend Bände gehen mir dabei auch auf den Keks...
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: schneeland am 7.10.2023 | 16:21
So ganz grundsätzlich bin ich da auch dabei: mit 1000-Seiten-Romanen verhält es sich ähnlich wie mit Videospielen mit 100h Spielzeit - das schreckt eher ab als dass es ein Kaufanreiz ist. Unglücklicherweise scheint das gerade im Fantasy-Bereich genauso zum "Marktstandard" zu gehören wie die meinem Empfinden nach völlig belanglosen und nicht mal besonders hübschen Cover.
Ninianes Einwand ist aber m.E. schon korrekt: die Schriftgröße ist teilweise auch schon merklich gewachsen (nicht nur negativ - man wird ja auch nicht jünger  ;) ). Wenn ich z.B. die aktuelle deutsche Neuauflage von Dresden Files hernehme, dann habe ich da 5 Bücher a 300-400 Seiten innerhalb von 2 Wochen gelesen. Und ich lese jetzt nicht so wahnsinnig schnell.

Bei der Seriensache bin ich unschlüssig: grundsätzlich ist mir da ein 2- bis 4-Teiler lieber als das >1000 Buch, auch weil die Einteilung m.E. zumindest ein Anreiz ist, einen Zwischenhalt in der Erzählung einzulegen und vielleicht auch manche Nebenhandlungsbögen mal abzuschließen. Aber generell ist es dann schon so, dass ich a) eher warte bis ein Abschluss zumindest absehbar ist und b) eben auch genug Substanz da sein muss, um so viele Seiten zu füllen. Tolkien hat ja nicht unbeträchtliche Zeit damit verbracht, den Herrn der Ringe zu erarbeiten, und hatte zudem ein solides Fundament, was sprachliche Fragen angeht. Insofern sehe ich da eine größere Menge Autorenschweiß schon als Vorbedingung, damit am Ende etwas herauskommt, was die Zeit der Leser auch wert ist und in der Handlung nicht nur so dahinplätschert.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: JS am 7.10.2023 | 16:45
So ganz grundsätzlich bin ich da auch dabei: mit 1000-Seiten-Romanen verhält es sich ähnlich wie mit Videospielen mit 100h Spielzeit - das schreckt eher ab als dass es ein Kaufanreiz ist.

Mich nicht, im Gegenteil - wenn es GUTE Stunden sind. Bei Büchern ist es dasselbe: Gefällt mir ein Buch inhaltlich und stilistisch, darf es gerne 400, 500, 1000 Seiten haben. Alle anderen (die meisten) Bücher scheitern sehr schnell an meiner 50-Seiten-Grenze, weshalb es mir dann auch egal ist, ob das Buch 150, 400 oder mehr Seiten hat. Wer mir die ersten 50 Seiten lang nur Gekrakel, Stolpern, Schimpansisch und Langeweile bietet, hat keine Chance mehr.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: felixs am 7.10.2023 | 17:01
Ein (vielleicht sehr offensichtlicher) Punkt ist auch, dass sehr dicke Bücher sehr unbequem in der Handhabung sind. Mehr als 500 Seiten ist schon etwas nervig, oberhalb von 800 wird es dann wirklich unhandlich.

Ich freue mich sehr auf Tad Williamsens neue Bücher und beginne dieser Tage mit der Witchwood Crown. Aber trotz dünnem Papier liegen die über 700 Seiten schon ungünstig in der Hand.
Gut ist aber, dass Tad Williams einen Nachschlageteil mit Personen angefügt hat, so dass man nachschlagen kann, falls man mal mit den vielen Figuren ins Durcheinander kommt.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: JS am 7.10.2023 | 17:16
Trotz aller Hetze gleich ... Für dieses Problem hat der Herr uns den Kindle Paperwhite und eine sehr gute Kindle-App vom Himmel fallen lassen. :D
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: schneeland am 7.10.2023 | 17:18
Mich nicht, im Gegenteil - wenn es GUTE Stunden sind.

Bei den Spielen, die Du spielst, ist man nach 100h vermutlich auch gerad' erst warmgespielt ;)

Aber das bringt mich noch auf den Nachtrag: bei mir sind 100-120h ja die Spielzeit für ein komplettes Jahr - und die fülle ich dann lieber mit 3-4 verschiedenen Titeln als mit einem großen. Analog ist es bei Büchern auch schon so, dass ich das jährliche Lesepensum (~20 Bücher) lieber breiter streue als es auf einzelne Serien oder Titel zu fokussieren. Möglicherweise ist das also also auch ein Zielgruppending und der durchschnittliche Fantasy-Leser hat einfach einen deutlich höheren "Durchsatz" als ich  :think:
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Feuersänger am 7.10.2023 | 17:30
Ab und zu habe ich lange Autofahrten zu absolvieren, da sind Hörbücher gerade richtig.
Ansonsten geht es mir auch so, dass ich neben einem Hörbuch nix anderes machen kann -- entweder vermassle ich dann das andere oder hab am Ende vom Hörbuch nix mitgekriegt.
Auch abends im Bett schwierig - entweder ich penn über dem Hörbuch ein, dann muss ich beim nächsten Mal wieder ewig zurückspulen bis ich wieder einsteig, oder der Timer läuft ab und ich bin noch blitzewach und will wissen wie's weitergeht.

In dem Zusammenhang: ich habe gerade aufgrund meiner Sanderson-Erfahrung festgestellt, dass eine gute Hörbuch-Länge für mich so ungefähr 10-15 Stunden ist. Länger als das bedeutet eigentlich immer, dass es in Schwafeln oder künstliches Auswalzen der Handlung ausartet. Wesentlich kürzer aber - 5 oder 6 Stunden etwa - ist mir den Audible-Credit wiederum nicht wert. (Das kommt halt davon wenn quasi _jedes_ Hörbuch 10€ kostet, egal ob es 180 oder 1800 Seiten hat).

Jetzt könn ich mit etwas Aufwand quer vergleichen, wievielen Seiten diese Länge dann als Roman entspricht, aber wie Niniane schon sagte ist das ja auch nicht mehr so straightforward.

Edit: Grammertick
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Oberkampf am 7.10.2023 | 19:21
eigentlich lese ich seit Jahren fast keine Fantasy mehr, sondern aus dem Bereich der Unterhaltungsliteratur nur noch Krimis. Die haben meistens eine überschaubare Anzahl von Seiten und sind in sich geschlossen. Selbst Serien sind eher wie klassische "old school" Rollenspielkampagnen aufgebaut, selbes Setting, selbe Protagonisten/Charaktere, aber keine inhaltliche Verbindung zwischen den einzelnen Büchern/Abenteuern.

Jetzt habe ich aber den Entschluss gefasst, mir doch nochmal das Rad der Zeit zuzumuten und diesmal die Serie abzuschließen, und da nervt die Überlänge gewaltig. Vor allem, weil vieles darum geht, wer wen heiraten soll (dafür gibts doch schon Jane Austen, mit mehr Sprachwitz), welche Frauen welche anderen Frauen demütigen (wiederholt sich sehr und nervt) und wer wem in der Kindheit den Hintern versohlt hat - all das wird breitgetreten und x-mal durchgekaut, nützliche Informationen, wie z.B. welche Verlorenen noch im Spiel sind und welche schon ausgeschieden sind, werden dagegen kaum wiederholt, was mir als älterem Leser mit begrenzter Aufmerksamkeitsspanne und schwindendem Erinnerungsvermögen nicht entgegen kommt.

 
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Andropinis am 7.10.2023 | 19:42
Aber das bringt mich noch auf den Nachtrag: bei mir sind 100-120h ja die Spielzeit für ein komplettes Jahr - und die fülle ich dann lieber mit 3-4 verschiedenen Titeln als mit einem großen. Analog ist es bei Büchern auch schon so, dass ich das jährliche Lesepensum (~20 Bücher) lieber breiter streue als es auf einzelne Serien oder Titel zu fokussieren. Möglicherweise ist das also also auch ein Zielgruppending und der durchschnittliche Fantasy-Leser hat einfach einen deutlich höheren "Durchsatz" als ich  :think:

Ich sehe das eigentlich recht einfach. Ich will sowohl durch Spiele als auch durch Bücher unterhalten werden und nicht viele oder wenige Titel, Seiten oder Zeit abarbeiten. Wenn ich durch ein dickes Buch unterhalten werde, ist alles gut, dann interessiert mich die Seitenanzahl nicht. Wenn das Buch Mist ist, ist auch ein dünnes Buch zuviel. Analog bei Spielen, wobei mir bei einem Spiel ein Abbruch deutlich leichter fällt.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 7.10.2023 | 23:08
Sie wird ja in dem Band überhaupt nicht abgeschlossen -- das war alles nur die Exposition für Band 2-7.
Bin da leider schon mehrmals drauf reingefallen, weil das Buch im Laden nett aussah und es am Einband nicht auf den ersten Blick ersichtlich war, dass es  ist.

Wobei auch viele dicke Einzelbücher am Ende durchhetzen und den Schluss dann schnell noch hinklatschen.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: klatschi am 8.10.2023 | 00:19
Ein (vielleicht sehr offensichtlicher) Punkt ist auch, dass sehr dicke Bücher sehr unbequem in der Handhabung sind. Mehr als 500 Seiten ist schon etwas nervig, oberhalb von 800 wird es dann wirklich unhandlich.

Ich freue mich sehr auf Tad Williamsens neue Bücher und beginne dieser Tage mit der Witchwood Crown. Aber trotz dünnem Papier liegen die über 700 Seiten schon ungünstig in der Hand.
Gut ist aber, dass Tad Williams einen Nachschlageteil mit Personen angefügt hat, so dass man nachschlagen kann, falls man mal mit den vielen Figuren ins Durcheinander kommt.

Tad Williams ist aber auch einfach in meinen Augen ein Paradebeispiel für gute Praxis: Ja, es sind dann immer vier fette Bücher, aber die erscheinen konsistent und in schneller Folge, haben den Nachschlageteil und sind auch noch gut zu lesen  :)
Ich bin auch sehr begeistert und voll Bewunderung von Sanderson, der zwar auch Schinken hinschmeißt, aber das in einer akribischen Planung und Konsistenz (https://www.brandonsanderson.com/state-of-the-sanderson-2022/) - das ist schon krass! Und dennoch: das muss man ja auch alles lesen! Hörbücher helfen, aber herrjemine!

Rothfuss und GRRM sind ja schon fast memetische Antithesen dazu.
Titel: Re: Mein Fette-Schwarten-Frust
Beitrag von: Weltengeist am 8.10.2023 | 08:14
Wobei auch viele dicke Einzelbücher am Ende durchhetzen und den Schluss dann schnell noch hinklatschen.

Das ist noch so ein Problem, ja. Wenn ich bei einem 600-Seiten-Schmöker ab Seite 500 zu merken beginne, dass er diese Handlungsfäden unmöglich noch zu einem vernünftigen Ende bringen kann, dann habe ich da meist schon einen Monat meiner begrenzten Lesezeit reingesteckt und bin entsprechend frustriert.