Und dabei hat sich gezeigt, dass die meisten Leute, die von Story beim Rollenspiel reden, nicht meinen: “Lasst uns mit absurd hohem Invest die verdammt beste Story erzählen, die wir überhaupt in einem komprimierten One-Take gemeinsam rollenspielerisch erzählen können.” Sondern die meisten meinen: “Lasst uns einfach modernes D&D spielen, wo die Abenteuer sich wie ein Film oder Roman anfühlen, aber gefälligst ohne Schummeln bei den Kämpfen.” Und von denen, die danach noch übrig sind, meinen die meisten: “Lasst uns frei drauflos erzählen und schauen, wo uns das hinführt. Lasst uns improvisieren und nicht alles so eng sehen.”
Ich muss gestehen ich habe keine Ahnung wie oder was man auf solch einen Text antworten sollte. Ich bin mir auch nicht sicher worauf du hinaus willst (trotz des Absatzes der mit "Worauf will ich hinaus" beginnt). Ich weiss auch nicht ob da überhaupt etwas zur Diskussion im Raum steht. Ich muss gestehen das ich auch nach dem Durchlesen nicht sicher bin wie sicher euer Spielstil z.B. von dem Critical-Role Stil unterscheidet. Vielleicht kannst du ja mal ein Beispiel geben ?
Alles was ich sagen kann: Wenn eure Gruppe einen Spielstil gefunden hat den ihr gemeinsam abfeiert, dann ist das super. Mehr kann man doch gar nicht verlangen im Rollenspiel !
Als das Tanelorn noch GroFaFo hieß und noch niemand was von Forge oder OSR gehört hatte, traf ich hier auf eine kleine Gruppe von Leuten, die beim Rollenspiel genauso tickten wie ich, und das war für mich ein echter Glücksfall. Heute, 20 Jahre :o später, sind wir noch immer eine kleine Gruppe von Leuten. Klar fühlen sich viele von uns auch in pbtA und/oder D&D5 wohl. Doch der für uns prägende Stil, tja, der hat sich nicht auf breiter Linie durchgesetzt.
Ich muss gestehen das ich auch nach dem Durchlesen nicht sicher bin wie sicher euer Spielstil z.B. von dem Critical-Role Stil unterscheidet. Vielleicht kannst du ja mal ein Beispiel geben ?
@Grey: Ich erinnere mich an das Gespräch, wenn auch nicht an den Inhalt. Das muss auch noch während meiner (späten) Forge-Phase gewesen sein, glaube ich. Nichts für ungut!:d Schön, dass wir das abhaken konnten!
Es gab einmal eine Zeit, da dachte ich, die Forger könnten in ihrem Labor ein Rezept zusammengekocht haben, wie man den Pay-off, den ich suchte, ohne den absurden Invest bekommen könnte. Inzwischen verstehe ich, dass es den Forgern um diesen Pay-off nie ging, sondern um Impro-Spiel mit seinem ganz eigenen Pay-off, der für mich nur in den seltensten Fällen funktioniert hat.
Mal eine Frage zu folgender Passage:
Glaubst du, dies könnte an einer Überlegung wie "Der Invest ist Teil des Payoffs" liegen?
Ich hab eine Runde die seit einigen Jahren läuft, gar nicht mal so viele. Aber inzwischen füllt sie sechs Bücher voller "was ist geschehen" und eigentlich gibt es oft Wochen in denen ich so an vier bis fünf Tagen in der Woche über die Runde gequatscht habe. Einzelne NPC und ihre Beziehung zueinander, aber auch "was könnte mit dem Charakter dort passieren, wie hängt XYZ zusammen" und so weiter.
Und gefühlt ist der damit betriebene Aufwand, die Tiefe in der man sich in die Geschichte versenkt und die Mühe die sich gemacht wird alles stimmig zusammen passen zu lassen Teil dessen was ich so an der Runde schätze.
@Orko: Ich widerspreche dir nicht und bin auch nicht sicher, ob du mir widersprichst?
- am Ende ist es doch nicht so wichtig, wie man ein Hobby genau betreibt - sondern mit wem (gilt sicherlich auch für andere... Aktivitäten ;D)
- unser soziales Hobby ist effektiv eine andauernde Verhandlung mit Anderen, die idealerweise in eine Gruppe von Leuten mündet, die ausreichend ähnlich aber noch verschieden genug tickt, um gemeinsam immer neue Impulse reinzuholen
Vielleicht auch beides, also wie und mit wem.Sicherlich! Nur die Forge und RPG-Theorie hat auf mich(!) immer so gewirkt, als würde man beweisen wollen, dass das wie deutlich wichtiger sei. Mittlerweile würde ich persönlich dem widersprechen, weil sich das nicht mit meinen Erfahrungen deckt - das heißt aber natürlich nicht, dass es sich für Andere anders anfühlen kann!
Ich glaube, dass (soziale) Diversität maßlos überschätzt wird und dass Homogenität für viele Leute erheblich bessere Ergebnisse bringt.Für kurzfristige Erfolge würde ich dir rechtgeben. Einer langfristigen Spielrunde/Kampagne es aber vielleicht gut, wenn es ein paar persönliche Unterschiede (Vorlieben, Wissen, Erfahrungen, ...) gibt, an denen man sich hin und wieder möglichst konstruktiv reiben kann - ansonsten droht der Trott ;)
Hallo Tanelorn.
Sicherlich! Nur die Forge und RPG-Theorie hat auf mich(!) immer so gewirkt, als würde man beweisen wollen, dass das wie deutlich wichtiger sei. Mittlerweile würde ich persönlich dem widersprechen, weil sich das nicht mit meinen Erfahrungen deckt - das heißt aber natürlich nicht, dass es sich für Andere anders anfühlen kann!
@1of3: Willst du etwa sagen, ich habe ein paar sinnvolle grobe Kategorien aufgemacht, und dann eine überflüssige eigene Kategorie für einen sehr spezifischen Stil erfunden, der zufällig mein Lieblingsstil ist? Wer würde denn so etwas tun? ~;D
Vielleicht so: (Fast) keine Kämpfe, keine Dungeons, kein D&D, keine lange Kampagne. Themen, Charaktere und Tempo eher wie bei den pbtA-Spielen. Aber eben ohne die wilden Swings und das fast-and-lose von Impro-Spiel, statt dessen mit dem voll ausgearbeiteten Hintergrund, der Planung, dem Orchestrieren, und dem Fokus auf In-Character-Spiel eher wie bei Critical Role (minus das Voice Acting).
Spannend, ich habe das jetzt zum ersten Mal richtig verstanden.
Statt "play to find out" "plan to play", quasi. Oder auch nicht.
Glaubst du, dies könnte an einer Überlegung wie "Der Invest ist Teil des Payoffs" liegen?
Vielleicht auch beides, also wie und mit wem.
Vielleicht "play with a plan"? Catchy. Gefällt mir. :) (Microscope habe ich nie gespielt, kann dazu also leider nichts sagen.)Spielen andere Spielstile, zum Beispiel die vorbereitungsintensive Weltmodulation, nicht irgendwo auch mit einem Plan? :think:
Ich habe oft sehr viel Freude an der Vorarbeit, aber es gab halt auch einen Grund, warum ich mich mal auf die Suche nach dem vorbereitungsarmen Drama-Spiel gemacht habe. Denn oft war es eben so, dass dann doch Zeit und Muße fehlte, dass Runden nicht so gut vorbereitet waren, wie ich es eigentlich gewollt hätte, und deshalb auch am Spieltisch hinter den Erwartungen zurück blieben. Insofern ein klares Jein. ;)
Der eigentliche Pay-off ist für mich immer am Spieltisch, es ist eben dieses Gefühl, wenn sich alles fügt, alles einen Sinn ergibt, alle Fäden zusammengeführt werden. Der Invest schafft die Voraussetzungen dafür, und vielleicht ist auch so ein Element des "Lohn der Mühen" dabei, weil die ganze Arbeit sich bezahlt gemacht hat.
Die ganze Mühe beim Drama-Spiel dient letztlich ja dazu, eine Erzählung zu ermöglichen, die bestimmten Kriterien genügt.
Sei nicht so ominös, bitte. Nenne die Kriterien.
Für mich haben Lazy GM und play to find out eben nur selten funktioniert, ich kann da über die Inkonsistenzen nicht hinwegsehen und meine besten Einfälle habe ich meistens, nachdem ich länger über eine Sache nachgedacht habe.
Wobei der Lazy GM diesbezüglich ja eine Mogelpackung ist - er gibt ja selbst zu, dass er lange über seine Runden nachdenkt. Nur halt beim Spazierengehen o.ä. Und dann geht das Aufschreiben ganz schnell, weil die eigentliche Arbeit nämlich schon gemacht ist.
Naja, dieselben Kriterien halt, die in der Fachliteratur für professionelle Autoren diskutiert werden.
Dasselbe gilt für Character Arcs: Marty McFly hat keinen nennenswerten Character Arc. Trotzdem funktioniert "Back to the Future".
Also, wenn du willst, dass man den Dramastil versteht, musst du konkret sein: Was meinst du? Was sind die Kriterien, die dir wichtig sind?
Aber ich persönlich finde McKee schon sehr treffend in vielem.
Ich muss da jetzt doch nochmal drauf eingehen, auch wenn ich weiß, dass es nirgendwo hin führt. Ich frage mich echt, was du dir bei so einer Aussage denkst. Soll ich sagen, Character Arcs sind nicht wichtig? Oder Back to the Future ist doof? Und wenn ich beides nicht sagen will, ist dann mein Argument invalid und du hast mich erwischt? Weil ich mich schon festlegen "muss"? Ich unterstelle dir keine böse Absicht, aber ich weiß auch echt nicht, wie ich da drauf freundlich reagieren soll.Nein, ich will nicht, dass du dich da auf die eine oder andere Aussage festlegst. Das Beispiel diente zur Illustration dafür, dass du für fast jede Best Practice im Writing prominente Beispiele finden wirst, die sich eben an diese Kriterien nicht halten – und trotzdem funktionieren. Deswegen bin ich auch so interessiert daran, zu erfahren, welche Gesetze und Must-Haves du in einer Dramarunde mit dem schwarzen Drachengürtel so haben willst.
Ich frage mich daher auch, wie das bei euch am Tisch läuft: Habt ihr ein Wiki, in das jeder reinschreibt? Liegen Zusammenfassungen wichtiger Tropes, Hooks und Character Arcs für alle sichtbar auf dem Tisch? Hat jemand die Relationship Map auf A2 ausgedruckt und ihr kritzelt darauf herum? Spielt ihr Szenen neu, mit denen jemand nachträglich Bauchschmerzen hat, qua Sicherheitstechniken? Gibt es Cheat Sheets für Dramaturgie?
Ich muss ein bisschen Schmunzeln, Jiba, wenn ich mir vorstelle, dass du Robert McKee in die Finger bekämst, und ihn ins Verhör nehmen würdest, was genau er denn nun eigentlich mit all diesen Sachen in seinem Buch gemeint hat und wie im Einzelnen das jetzt, Schritt für Schritt, gemacht wird.Naja, ich wünschte mir natürlich es würde so ablaufen. (https://youtu.be/ATQV9VLcLss?si=WB-XxDbYn20CmpK5&t=14)
Ein Drama-Spieler mit einem intuitiveren Prozess würde es vielleicht in andere Worte fassen (wenn er mein Mitteilungsbedürfnis besäße), und hätte vielleicht McKee und Vogler noch nicht mal gelesen. Es käme aber intuitiv trotzdem etwas heraus, was ich wiederum durch meine Brille betrachtet und mit meinen Werkzeugen als "gute Story" einordnen würde. Wohlgemerkt, Rollenspiel ist ja kein Drehbuch und kein Roman. Es ist, wie gesagt, eine kollaborative One-Take-Erzählform, dem muss man natürlich Rechnung tragen, wenn man überlegt, wie eine "gute Story" aussieht.Da wollte ich eigentlich drauf hinaus: Gutes Dramarollenspiel kann aus einer Position des "Sich einfühlens" heraus entstehen. Das ist, was ich zuvor mit "Verletzlichkeit" meinte. Diese grundsätzliche Bereitschaft geht, wenn ich an Dramarollenspiel denke, allem anderen voraus, sowie der Wille zur Kooperation und zum Zurückstecken vor den Bedürfnissen der Mitspieler, wenn es nicht um den eigenen Charakter geht (steht ja auch in deinem Drama-Fu-Writeup). Insofern schon einmal danke, das setzt das, was du zuvor schriebst, für mich deutlicher in Perspektive.
(Und @Settembrini: Jetzt tu mal nicht so, als wäre dir diese Fragestellung völlig unbekannt. Es gibt die OSR-Fibel, es gibt eine endlose Reihe an Blogartikeln zum Richtigen modellieren der Spielwelt und zum Erstellen von Karten und es gibt die Handlungsmaschine – ich frage mich halt, ob es Ähnliches auch für das Dramarollenspiel geben kann...)
Meine Antwort hat zweierlei Gestalt:Dann glaub's halt nicht. Kann ich auch nichts dran ändern. Ich habe versucht das Missverständnis auszuräumen. Ich bin sehr bereit da tiefer in die Diskussion einzusteigen. Und ich schätze sehr, dass Verminaard sich hier so geöffnet hat, make no mistake.
a) Ich denke immernoch, daß Du, absichtlich, Verminaards Äußerungen qua extrapolatio ad absurdum führen wolltest
Nen Mud Run mit Team und halbem Jahr zusammen Vorbereitung ist geiler als Sonntags Spaziergang mit Bekannten, der gerade zufällig da ist.Gut. Ist aber eben ein Mud Run.
Naja, ich wünschte mir natürlich es würde so ablaufen. (https://youtu.be/ATQV9VLcLss?si=WB-XxDbYn20CmpK5&t=14)
Aber es würde wahrscheinlich doch eher so ablaufen (https://youtu.be/KQgHNnlmErg?si=4G2Zgqlwf7yS8ero&t=89). ;D
3) Im Namen der guten Geschichte hat sich in den 80er und 90er Jahren jedoch eine Philosophie etabliert, die allein dem Spielleiter die Zuständigkeit für die “gute Geschichte” zuschrieb - nennen wir sie Story-Absolutismus. Man unterstellte, wenn Spieler die Chance dazu bekämen, würden sie die Geschichte kaputt machen, weshalb man ihnen die Chance dazu nicht geben dürfte. Zu diesem Zweck wurde der Spielleiter mit umfassender Macht ausgestattet und von jeder Rechtfertigungspflicht entbunden. Die Railroader, Spielerkleinhalter, Täuscher und Egomanen, die unter dieser Flagge segelten, werden von leidtragenden Rollenspielern automatisch assoziiert, sobald jemand etwas über gute Geschichten im Rollenspiel sagt.
4) Der Gedanke, um den es mir geht, ist nun folgender: Ein Spielleiter mit einer Neigung zum Drama-Spiel, der für eine Runde von Casuals leitet, wird von diesen Casuals tatsächlich als sehr guter Spielleiter empfunden. Denn er serviert ihnen das Drama, einschließlich ihrer Rolle darin, auf einem Silbertablett. Es war in den 80ern und 90ern eine typische Konstellation, dass der Spielleiter der einzige Rollenspiel-Enthusiast in der Runde war. Die Spieler rekrutierte er aus seinem Freundeskreis und animierte sie zum Spielen, doch oft blieben sie eben Casual Gamers. Ich vermute, es war ursprünglich mit solchen Runden vor Augen, dass SL-Leitfäden geschrieben wurden, die ebendieses Modell zum Idealbild der Spielleitung erhoben. Doch dabei wurden die sehr spezifischen Voraussetzungen, unter denen das nur funktionierte, verkannt, denn:
a) Es gab viele Spielleiter und viele Spieler, die überhaupt keine erzählerische Neigung hatten und mit dem Konzept einer “guten Geschichte” insgesamt wenig anfangen konnten. Zeitweilig bekamen sie aber von so ziemlich jedem Regelwerk, das sie aufschlugen, gesagt, dass sie das müssten.
b) Selbst bei denjenigen Rollenspielern, die eine erzählerische Neigung hatten, war die gute Geschichte, im Sinne eines handwerklichen Qualitätsanspruchs, meistens keine Priorität. Nachdem der Story-Absolutismus inzwischen gründlich dekonstruiert worden ist, zeigt sich, dass vielmehr die meisten Rollenspieler mit erzählerischer Neigung sich grob in zwei Gruppen unterteilen lassen:
(i) Die größte Gruppe, nennen wir sie Team Critical Role, sieht die Geschichte als Rahmen für im Kern traditionelles Rollenspiel. Die Kampagne wird in Arcs und Seasons dramaturgisch durchdekliniert, doch Dungeons, Kämpfe, Schätze, XP und Levelaufstieg sind immer noch zentral. Taktik und Weltsimulation sind wesentliche Bestandteile des Spiels, mindestens gleichberechtigt mit dem Erzählen einer Geschichte.
Diese Gruppe stört am Story-Absolutismus vor allem das Schummeln und die Entwertung ihrer Leistung. Daher wurde im Story-Absolutismus oftmals versucht, durch faule Tricks über genau diese Entwertung hinweg zu täuschen, was für eine Weile auch gutgehen konnte.
Die Mehrzahl des Team Critical Role hat an Drama-Spiel kein Interesse, da entweder Action und Abenteuer fehlen, oder, wenn es Action und Abenteuer gibt, dabei die spielerische Herausforderung fehlt.
(ii) Die größte Gruppe danach, nennen wir sie Team pbtA, schreibt Geschichten weitgehend improvisiert. Alle Beteiligten sollen zu den Wendungen der Handlung beitragen und von ihnen überrascht werden (“play to find out”). Das Regelwerk soll keine Welt simulieren, sondern bestimmte Erzählmuster vorgeben. Das Augenmerk liegt auf der gerade gespielten Szene, der übergeordnete Handlungsbogen ist eher ein Nebenprodukt. Kausalitäten, Zusammenhänge und Hintergründe werden im Vorhinein wenig thematisiert und im Nachhinein wenig hinterfragt.
Diese Gruppe stört am Story-Absolutismus vor allem, dass die Spieler daran gehindert werden, selbst den Verlauf der Handlung mit zu bestimmen. Viele von ihnen wollten seinerzeit auch den vergleichsweise klassischen Regelwerken und Genres entkommen, die im Story-Absolutismus vorherrschten (dies haben sie mit Drama-Spielern gemeinsam).
Die Mehrzahl des Team pbtA hat an Drama-Spiel kein Interesse, da man einerseits die Planung und die ausgearbeitete Backstory als einschränkend empfindet, und sich andererseits, im Gegensatz zu Drama-Spielern, nicht so daran stört, wenn es mal widersprüchliche Referenzen auf die Backstory gibt, oder wenn die Gründe für überraschende Wendungen und Entscheidungen mal unklar bleiben.
Simulierende Regeln haben dennoch einen Wert für Drama-Spiel, da sie eine Verkörperung des Prinzips von Ursache und Wirkung darstellen. Und das Prinzip von Ursache und Wirkung zu respektieren, wird meistens als wesentliches Merkmal einer guten Geschichte angesehen.
6) Die seinerzeitige Dominanz der Idee, “gutes Rollenspiel” sei gleichbedeutend mit “gute Geschichte”, entsprach also nie den tatsächlichen Vorlieben der Mehrheit derer, die sich ernsthaft für Rollenspiel interessierten. Nicht einmal unter denjenigen mit erzählerischer Neigung. Drama-Spiel war nie als generelles Leitbild für erzählerisches Rollenspiel geeignet. Zwar mag Einbahnstraßen-Drama-Spiel durch den Spielleiter für Casual Gamers unterhaltsam sein. Doch es musste bei Spielern, die aktiv und mit eigener Agenda Rollenspiel spielen wollten, zwangsläufig auf Widerstand stoßen. Story-Absolutismus stellt den Versuch da, ebendiesen Widerstand zu brechen. (Hätte ich jetzt nicht unbedingt für den naheliegendsten Ansatz gehalten aber tja.)
7) Es gibt echte Drama-Spieler, und es gibt gutes, sogar sehr gutes Drama-Spiel, bei dem niemand zu irgendwas gezwungen wird und bei dem alle Beteiligten ihre erspielte Geschichte rückblickend wirklich als gute Geschichte bewerten. Doch dieser Spielstil teilt eine gemeinsame Historie und auch das Leitbild der “guten Geschichte” mit dem Story-Absolutismus. Daher begegnen ihm viele Rollenspieler, die negative Erfahrungen mit Story-Absolutismus gemacht haben, äußerst skeptisch.
1) Es gibt einen Spielstil, den ich als Drama-Spiel bezeichnen möchte, bei dem es den Beteiligten wesentlich darum geht, durch das Rollenspiel eine gute Geschichte zu erzählen. Das setzt voraus, dass es Kriterien gibt, gute und schlechte Geschichten zu unterscheiden. Diese Kriterien mögen von Drama-Spielgruppe zu Drama-Spielgruppe etwas variieren, leiten sich aber prinzipiell von den Kriterien ab, die auch ein Redakteur an einen Roman oder ein Drehbuch anlegen könnte. [...]
2) Um am Spieltisch, im One-Take, kollaborativ mittels der Methode Rollenspiel, eine gute Geschichte erzählen zu können, muss man planen. “Play with a plan” (danke KhornedBeef :D ), denn Pläne sind nutzlos, aber Planung ist alles. Diese Planung erfordert von allen Beteiligten Arbeit im Vorfeld, und je nach persönlichem Prozess und Anspruch kann der geforderte Invest sehr hoch sein. Wenn man die Neigung dafür mitbringt, und Mitspieler mit gleicher Neigung und guter Chemie hat, die als Gruppe zusammenarbeiten, dann kann dies eine extrem intensive und begeisternde Form des Rollenspiels sein.
Kann es sein, Vermi, dass du immer nur Sitzung 1 gespielt hast?
Weitgehend, habe aber mal eine volle Season City of Mist gespielt. Sicherlich tue ich mich schwer damit, pbtA zu beschreiben, da ich es eben nicht mag. Ich bemühe mich um Fairness.
Soweit Zustimmung, bis auf den markierten Satz. Die meisten Spielenden haben entweder das Hobby verlassen oder sind zu einem anderen Spielendentypus abgedriftet: wirklich Casual sind imo die wenigsten von ihnen geblieben.
Ja, nun ist "City of Mist" auch nicht eben das "trvste" PbtA auf dem Planeten. ;)
Das ist zugleich eines mechanisch überbordendsten und SL-zentriertesten PbtAs, die es so gibt.
Ich wollte damit auch nicht aussagen, dass diese Spieler für alle Ewigkeit weiter als Casual Gamers Rollenspiel spielten. Sicherlich haben die meisten längst wieder aufgehört, oder spielen nur noch sehr sporadisch, wenn ihr alter SL noch mal einlädt. Worum es mir ging war, dass sie jedenfalls nicht anfingen, sich ernsthaft für Rollenspiel zu interessieren.
Zum Rest: Du gehörst zu den Leuten, die nicht glauben, dass es objektiv gute und objektiv schlechte Drehbücher gibt, und die es für reine Ansichtssache halten, ob eine bestimmte Entscheidung eines Charakters oder eine bestimmte Wendung der Geschichte glaubwürdig ist oder nicht.
Naja, dieselben Kriterien halt, die in der Fachliteratur für professionelle Autoren diskutiert werden.ist das operative Wort ja "diskutiert": selbst wenn man sich einig darüber ist, welche Kriterien einen signifikanten Einfluss darauf haben, ob ein Drehbuch "gut" oder "schlecht", besteht in den seltensten Fällen Einigkeit über deren Gewichtung.
Demnach siehst du auch keinen qualitativen Unterschied zwischen einer erwürfelten überraschenden Wendung, die spontan rückwirkend plausibilisiert wird, und einer sorgfältig vorbereiteten, fest in der Backstory verankerten und planvoll in eine Dramaturgie eingebettete Wendung.
Folgerichtig meinst du, dass meine gesamte Spielphilosophie auf Sand und Einbildung gebaut ist.
Aber ohne genauere Details bleibt das was du beschreibst halt nebulös und nicht reproduzierbar. Und damit für Außenstehende wertlos.
Aber, Vermi, wenn du deine Art zu spielen nicht lehren kannst, warum schreibst du denn überhaupt darüber? Ist das nicht völlig sinnlos? Ich weiß nicht. Hast du den Eindruck, niemand hat aus diesem Thread etwas mitgenommen?