- Kapitel VI –
- Unter der Oberfläche -
„Ein böser Geist lauert im Wasser“
Übermüdet ob der wenig erholsamen Nacht auf der Lichtung trottet ihr weiter durch den Wald dessen Stille schwerer als sonst auf euren Schultern lastet. Manchmal fragt ihr euch ob die Bäume euch beobachten, sich über euch unterhalten, sich fragen wie lange ihr wohl noch durchhaltet oder welches Schicksal ihr erleiden werdet in dem grausamen Spiel des Waldes. Seid ihr den alten Ritter erschlagen habt scheinen die Schatten im Wald tiefer geworden zu sein unmerklich rücken die Bäume dichter zusammen und der Weg ist beschwerlicher.
Ihr seid schon eine ganze Weile gegangen als ihr unvermittelt an das Ufer eines Gewässers stoßt. Vor euch liegt ein schmaler See, oder ein langsam dahinfließender Fluss. Bis ans andere Ufer sind es vielleicht zwanzig oder dreißig Schritte, doch nach rechts und links windet sich das Wasser durch den Wald, ohne dass ihr ein Ende erkennen könnte.
Die Uferböschung steht leicht über so dass lange Farne und Wurzeln in das schwarze dunkle Wasser hinabreichen. An den niedrigsten Stellen ist das Ufer vielleicht zwei bis drei Fuß hoch, an anderen Stellen wiederum überragt es die Wasseroberfläche deutlich.
Das Wasser ist fast schwarz und man kann kaum eine Handbreit unter die Oberfläche sehen, weder sind Wellen noch eine Strömung oder gar Fische zu erkennen.
Ihr haltet einen Augenblick inne und dann hört ihr von der anderen Seite des Wasser Stimmen in einer euch unbekannten Sprache. Leise, gedämpft aber sie sind da, nur eine Windung entfernt.
Während Oke euch zuhört könnt ihr das erste mal so etwas wie eine Regung in dem Gesicht des Zwerges erkennen. Erstaunen, Verwunderung darüber das Fremde so großzügig sind, vielleicht kennt er den Reim.
Seine Stimme als er antwortet ist weit weniger fest und gefasst als die Male davor.
„Wartet kurz, ich werde dies meinen Brüdern berichten!“
Es dauert nicht lange und das Getuschel der Zwerge ist diesmal etwas weniger Leise dann tritt er wieder an das Ufer des dunklen Wassers heran.
„Ich habt euch den Dank unserer Sippe bei weitem verdient. Erzählt jedem Zwerg den ihr trefft das ihr Oke und seiner Gefolgschaft geholfen habt ihren älteren Bruder und Thronerben Timil zu suchen. Wenn ihr könnt berichtet ihnen wo wir uns getroffen haben und unter welchen Umständen. Die Gastfreundschaft wird euch gewiss sein, aber…“ jetzt wird seine Stimme wieder härter „…nutzt diese Gunst nicht über die Maßen aus, Nachrichten verbreiten sich auch in Muspelheim, vergesst das nicht!“
Mit diesen Worten tritt Oke zurück und die Zwerge verschwinden zwischen den Bäumen des Waldes. Dunkel und still liegt das Wasser vor euch und es ist so als hätte es nie das Spiegelbild der Zwergenschafft gezeigt und als hättet ihr euch nie über seine Tiefen hinweg unterhalten oder Ratschläge ausgetauscht.
Ihr werft einen letzten Blick dahin wo die Zwerge im Wald verschwunden sind und entweder ist es Einbildung oder dort bewegt sich tatsächlich etwas im Wasser. Ein riesiger, langer, Schlangenartiger Körper der im dunklen Nass dahingleitet und dann schon wieder von der Schwärze verschluckt wird und nichts als ein leichtes Kräuseln an der Oberfläche zurücklässt.
Nicht sicher ob das was ihr gesehen habt Wirklichkeit oder eine Täuschung des Waldes war verschwindet auch ihr zwischen den Baumstämmen und folgt eurem unbekannten Weg.
Weiter geht’s im nächsten Kapitel (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,128779.0.html)