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Pen & Paper - Spielsysteme => Savage Worlds => Savage Worlds Regelsystem => Thema gestartet von: Schalter am 17.06.2025 | 22:19
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Hallo Ihr!
Ich denke seit längerem auf einer Hausregel herum, mit der ich für meine Savage-Worlds-Projekte ein kleines Luxusproblem lösen möchte. Folgendes Problem ist das: So großartig das Baukastensystem mit den Kräften bei SWADE ist, an zwei Stellen hinkt die Logik meines Erachtens nach. Dies sind
- Beschränkungen der Anwendungsmöglichkeiten von Kräften (in der deutschen Übersetzung 'Mächte' genannt), um der gewählten Narrative zu entsprechen
- Erhältlichkeit höherrangiger Kräfte auf niedrigeren Character Ranks.
Je nach Narrative und Art der Magie können dieselben Kräfte ja bei Savage Worlds anders eingesetzt werden. Dies ist mit Regeln für Trappings und Limitations geregelt (SWADE S. 150).
Wenn ich beispielsweise einen verrückten Erfinder spiele, der eine Lampe konstruieren möchte, ist die Auswahl der Kraft dafür einfach: Das geht mit der Kraft Light/Darkness. Hier kriege ich automatisch den gewünschten Spieleffekt, und obendrein den gegenteiligen Spieleffekt, zum Preis von einem. Für einen Magier recht stimmig. Mein verrückter Erfinder will aber ja nur eine Lampe bauen. (Könnte ich natürlich narrativ so erklären, dass es ein obskures Gerät ist, das einerseits Licht machen kann, aber andererseits auf Knopfdruck dunklen Nebel ausspuckt.) Aber wenn ich wirklich nur eine Lampe will, gibt das Grundregelwerk mir folgende Option (S. 150): Ich darf den Umfang der eigentlichen Kraft beschränken, um meiner gewählten Narrative (‚Erfinder baut Lampe‘) zu entsprechen. Dafür baue ich die Limitations namens Personal und Aspect in die Kraft ein: Dies bedeutet, dass nur mein SC selber die Lampe tragen kann, und sie deswegen nicht innerhalb der Range der Kraft erscheinen kann wie ein magisches Licht es könnte (mit der Limitation namens Personal), und außerdem nur der Spieleffekt von Light erzeugt werden kann, nicht der von Darkness (mit der Limitation namens Aspect). Das ist schön und gut, und senkt laut Regel für Limitations meine Powerpunkt-Kosten um zwei. Und zwar bei jeder einzelnen Anwendung der Kraft. Da die Kosten bei der Kraft Light/Darkness eh nur zwei sind, und sie sinnigerweise nicht unter eins fallen können, bekomme ich laut Spielregel stattdessen einen +1-Bonus auf Würfe zum Aktivieren der Lampe.
Bei diesem Beispiel ganz okay, aber: Die gewählten Limititationen ändern ja gar nichts im Gameplay selber, weil ich die Lampe ja sowieso nicht für die Spieleffekte eingesetzt hätte, die ich ‚gratis obendrauf bekommen‘ hätte (Darkness).
Logischerweise müssten sich meiner Ansicht nach diese Punkte also stattdessen in den Anschaffungskosten der Kraft niederschlagen, nicht auf die einzelnen Anwendungen im Spiel!
Alles in allem kommt mir dieses System eben nicht ganz zu Ende gedacht vor — was ich tatsächlich sehr schade finde, weil die Grundidee der personalisierbaren Kräfte mir total charmant vorkommt. (Im Super Powers Companion von SWADE funktioniert diese Logik schließlich auch sehr gut.)
Eine Lösung für mich wäre, einfach den Super Powers Companion zu verwenden, um alle Magieformen der Spielwelt darzustellen. Das würde höchstwahrscheinlich gut klappen in einem Setting, wo alle Zauberkundigen sich sehr individuellen Zaubersprüchen bedienen. Aber für viele Kampagnen will ich durchaus gern die Kräfte aus dem Grundregelwerk verwenden, die quasi ‚von der Stange‘ sind, welche der Übersichtlichkeit halber nur bedingte Variationsmöglichkeiten bieten. Gerade für neuere Spieler ist das vorteilhaft, weil eingängiger.
Also will ich hier mal eine Mischung aus beiden Systemen ausprobieren. Dann vielleicht folgendermaßen:
Aneignungskosten
Alle Powers aus dem Grundregelwerk haben für Wild Cards eigene Punktekosten um sie sich erstmalig anzueignen. (Dies ist vergleichbar mit der Logik der ‚Super Power Points’ im Super Powers Companion, die auch nicht temporär immer neu ausgegeben werden wie die Powerpunkte im Grundregelwerk, sondern stattdessen als einmaliges Punkte-Budget verwendet werden.)
Aneignungspool
Alle Wild Cards mit einem Arcane Background haben einen eigenen sogenannten Aneignungspool, für die Aneignung von Kräften. Dieser gibt seine derzeitigen unerschlossenen Potenziale zum Erlernen oder Manifestieren neuer Kräfte wieder. Von diesen Punkten werden neue Powers bezahlt, bei Charaktererschaffung, und auch im Spielverlauf.
In dem Moment, an dem eine Wild Card ihren Arcane Background-Vorteil erhält (also meistens bei Charaktererschaffung), erhält sie Aneignungspunkte in ihren Pool für ihre ersten Kräfte. Die Zahl der Startpunkte hängt vom Arcane Background ab (und zwar die Menge der gelisteten Starting Powers x2, plus ihr derzeitiger Character Rank):
Gifted: 2 + Character Rank
Magic: 6 + Character Rank
Miracles: 6 + Character Rank
Weird Science: 4 + Character Rank
Psionics: 6 + Character Rank.
In dem Moment, wo der SC den Arcane Background erhält und jedes Mal, dass er einen Advance für den Vorteil New Powers ausgibt, erhält er Aneignungspunkte hinzu. Alle Aneignungspunkte, die noch nicht für Kräfte ausgegeben wurden, bleiben hierbei im Pool! Spieler halten ihren Aneignungspool also entsprechend in ihren Notizen fest. Punkte im Aneignungspool können direkt bei Erhalt ausgegeben werden, oder bis zu beliebigem späteren Zeitpunkt gespart. (Manchmal macht die Narrative auch letzteres notwendig, weil der Heldengruppe nun mal gerade keine magische Bibliothek, klerikaler Tempel, oder Erfinderlabor zur Verfügung stehen.)
Es liegt wie bei SWADE üblich beim GM, der Art des jeweiligen Arcane Background, und der Narrative, in welchem Rahmen dies geschehen darf: Ist der SC ein Magiekundiger, benötigt er möglicherweise Stunden oder Tage des Studiums und Ausprobierens, vielleicht unter einem Mentor; ist er ein verrückter Erfinder, entwirft und konstruiert er seinen neuesten Prototypen, möglicherweise mit Materialkosten; ist er ein Hexer oder Psioniker, manifestiert er neue Kräfte möglicherweise sogar spontan und ungeplant.
Basiskosten
Neue Kräfte kosten bei der Aneignung jeweils ihren Rank, plus ihre Power Point Cost (siehe unten). Diese werden der Beschreibung der jeweiligen Kraft im Grundregelwerk entnommen.
Limitations
Wenn nun also Limitationen in neu angeeignete Kräfte eingebaut werden (Range, Personal, oder Aspect; SWADE S. 150), reduziert dies nun ihre Aneignungskosten, nicht wie im Grundregelwerk angegeben ihre Powerpunktkosten im Spiel! Alle drei laut Grundregelwerk verfügbaren Limitations reduzieren die Aneignungskosten um eins.
Limitationen werden einmalig festgelegt beim Erlernen der betreffenden Kraft. Sie gelten für jeden Einsatz dieser Kraft durch diesen Charakter. Sie sind nicht zu verwechseln mit Power Modifiers (SWADE S. 151) welche ja bei jedem Auslösen der Kraft immer neu festgelegt werden können.
Flawed Powers
Um noch mehr Variationsmöglichkeiten zu haben, können außerdem optional Negativmerkmale (Negative Racial Traits, SWADE S. 20) in Kräfte eingebaut werden, um ihre Aneignungskosten noch weiter zu senken. Punktwerte der Negative Racial Traits bleiben hierbei unverändert, und werden in die Aneignungskosten eingerechnet. Sie funktionieren genau so wie beschrieben, allerdings nur im Moment des Aussprechens der betreffenden Kraft, und während deren Wirkungsdauer.
Beispiel: Die Lampe meines verrückten Erfinders ist seit Aneignung in seinen coolen Steampunk-Anzug eingebaut, der ab jetzt Leuchtapplikationen an Brust, Rücken, und Handflächen hat. Das Ding hat allerdings elektrische Verkabelung und reagiert sehr empfindlich auf Feuchtigkeit, wann immer eingeschaltet. Ich baue daher Environmental Weakness (Water) in die Kraft ein, und spare einen weiteren Aneignungspunkt.
Die ausgewählten Negative Racial Traits müssen natürlich spielrelevant sein, und müssen zusammen mit dem GM ausgearbeitet werden.
Durch Limitations und Negative Racial Traits können die Aneignungskosten einer Kraft nicht auf 0 sinken, das Minimum ist immer 1 (überschüssige Negativpunkte verfallen).
Kräfte höheren Ranges
Noch eine zweite Sache hat mich bisher etwas an den Magieregeln gestört: Ich kann keinen unerfahrenen SC auf dem Novice Rank spielen, der höherrangige Kräfte hat. Sagen wir mal beispielsweise unkontrollierte, prophetische Visionen (weil die Kraft Divination nun mal erst auf dem Heroic Rank erhältlich ist, vorher nicht). Oder eine Hexe auf einem fliegenden Besen (weil‘s die Fly-Kraft erst ab dem Veteran Rank gibt).
Wenn die Spielleitung möchte, kann sie mit diesem System nun folgendes erlauben: Wild Cards dürfen Kräfte von höheren Rängen erhalten als ihr eigener Character Rank, wenn sie deren Aneignungskosten zahlen. Sie müssen dadurch nur mit in Kauf nehmen, insgesamt weniger Kräfte zu haben, weil höherrangige Kräfte eben teuer in der Aneignung sind.
Zusätzliche Trappings
Anstelle der Regel auf S. 150 zu verwenden, kann diese Hausregel ebenfalls Kräfte mit variierenden Trappings darstellen. Die Aneignungskosten einer Kraft steigen um +2 pro zusätzlich dafür ausgewähltem Trapping. Zusätzliche Trappings können auch nach ursprünglicher Aneignung einer Kraft auf diese Weise eingebaut werden, mit Punkten aus dem Aneignungspool des Charakters.
Dies ist kompatibel mit dem Vorteil Wizard (SCs mit diesem Vorteil dürfen Trappings je nach Einzelanwendung variieren).
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Erneuern des Aneignungspools
Jedes Mal wenn im Spielverlauf ein Advance dafür ausgegeben wird, wandern neue Punkte in den Aneignungspool des SCs. Dies entspricht dem Kaufen des Vorteils New Powers (muss aber nicht bei den Vorteilen des SCs notiert werden). Die durch einen dafür ausgegebenen Advance erhaltenen Punkte variieren je nach dem derzeitigen Character Rank des SCs:
Novice = jeweils +4
Seasoned = jeweils +5
Veteran = jeweils +6
Heroic = jeweils +7
Legendary = jeweils +8.
Diese Punktzahl hängt nur vom derzeitigen Character Rank des SCs ab und nicht vom gewählten Arcane Background.
Aneignungskosten
Nach dieser Logik (Rank + Cost) haben also die Kräfte aus dem Grundregelwerk folgende Aneignungskosten:
Arcane Protection: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Banish: 6 (Rank 3 + Cost 3)
Barrier: 4 (Rank 2 + Cost 2)
Beast Friend: 2+ (Rank 1 + Cost 1+)
Blast: 5 (Rank 2 + Cost 3)
Blind: 3 (Rank 2 + Cost 1)
Bolt: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Boost/Lower Trait: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Burrow: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Burst: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Confusion: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Damage Field: 6 (Rank 2 + Cost 4)
Darksight: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Deflection: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Detect/Conceal Arcana: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Disguise: 4 (Rank 2 + Cost 2)
Dispel: 3 (Rank 2 + Cost 1)
Divination: 9 (Rank 4 + Cost 5)
Drain Power Points: 5 (Rank 3 + Cost 2)
Elemental Manipulation: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Empathy: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Entangle: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Environmental Protection: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Farsight: 4 (Rank 2 + Cost 2)
Fly: 6 (Rank 3 + Cost 3)
Growth/Shrink: 4 (Rank 2 + Cost 2)
Havoc: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Healing: 4 (Rank 1 + Cost 3)
Illusion: 4 (Rank 1 + Cost 3)
Intangibility: 9 (Rank 4 + Cost 5)
Invisibility: 7 (Rank 2 + Cost 5)
Light/Darkness: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Mind Link: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Mind Reading: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Mind Wipe: 6 (Rank 3 + Cost 3)
Object Reading: 4 (Rank 2 + Cost 4)
Protection: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Puppet: 6 (Rank 3 + Cost 3)
Relief: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Ressurrection: 34 (Rank 4 + Cost 30)
Shape Change: 4 (Rank 1 + Cost 3)
Sloth/Speed: 4 (Rank 2 + Cost 2)
Slumber: 4 (Rank 2 + Cost 2)
Smite: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Sound/Silence: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Speak Language: 2 (Rank 1 + Cost 1)
Stun: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Summon Ally: 2+ (Rank 1 + Cost 1+)
Telekinesis: 7 (Rank 2 + Cost 5)
Teleport: 4 (Rank 2 + Cost 2)
Wall Walker: 3 (Rank 1 + Cost 2)
Warrior‘s Gift: 6 (Rank 2 + Cost 4)
Zombie: 6 (Rank 3 + Cost 3)
Beispiel
Mein SC ist ein mystischer Bote, der die Kraft Sloth/Speed lernen möchte, und zwar unter Zuhilfenahme von magischen, geflügelten Sandalen, die er zu diesem Zweck künftig trägt. Sloth/Speed kostet ihn vier Punkte aus seinem Aneignungspool (Rank 2 + Cost 2). Ich schmeiße aber den Spieleffekt Sloth raus, die Sandalen können nämlich niemanden verlangsamen, sondern nur den derzeitigen Träger beschleunigen. Das geht mit der Limitation namens Aspect aus dem Grundbuch, und senkt die Aneignungskosten auf drei. Vielleicht bin ich außerdem knauserig mit meinen derzeitigen Aneignungspunkten, also baue ich obendrein den Negative Racial Modifier namens Skill Penalty mit ein, für einen weiteren Negativpunkt: Der Mystiker hat einen extremen Tunnelblick während er seine Speed-Kraft verwendet, und erhält deswegen -1 auf alle Notice-Würfe, während der Wirkungsdauer dieser Kraft. Dies senkt die Aneignungskosten auf zwei.
Ressurrection: Aus der obigen Liste sticht Ressurrection heraus, da diese Kraft als einzige exorbitante Powerpunkt-Kosten hat. Da die sich auf die Aneignungskosten niederschlagen, wird ein SC sehr lange sparen müssen, um diese Kraft zu lernen. Was mir selber in meinen Kampagnen total in den Kram passt; für manche Kampagnen (High Fantasy, etc.) könnten aber die Aneignungskosten von Ressurrection vom GM gesenkt werden.
Special: Einige Kräfte haben als Powerpunkte-Kosten Special angegeben (Beast Friend, Shape Change, Summon Ally). Diese können von Aneignungskosten gekauft werden als hätten sie Powerpunkt-Kosten von 1. So lange darf jedoch im Spiel maximal ein Powerpunkt ausgegeben werden bei ihrer Verwendung. Durch weitere (beispielsweise nachträglich investierte) Aneignungspunkte steigt das Limit der investierbaren Powerpunkte bei den Einzelanwendungen.
Beispiel: Mein SC hat Beast Friend für lumpige zwei Aneignungspunkte gekauft. Er kann nun für einen Powerpunkt Tiere mit Size 1 kontrollieren, wie Gorillas und Löwen, und nicht mehr als je eins davon. Später in der Kampagne gibt er aber einen Advance aus für neue Aneignungspunkte. Einen davon packt er in seine bestehende Beast Friend-Kraft. Von nun an kann er bis zu zwei Powerpunkte ausgeben für deren Anwendungen, und zwei Gorillas mit je Size 1 kontrollieren, oder zum Beispiel einen einzelnen Grizzlybären mit Size 2.
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Ich würde das gerne mal umfangreicher playtesten, um zu sehen, ob das ausgewogen ist. Habt Ihr Gedanken dazu? Denkt Ihr, das kommt rechnerisch hin? Ist es in Euren Augen sinnvoll? Vielleicht spart mir Input etwas Playtesting, das würde mich freuen!