Tanelorn.net

Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: fivebucks am 26.09.2025 | 14:23

Titel: Jenseits X-Card
Beitrag von: fivebucks am 26.09.2025 | 14:23
In meinem Vortrag Psyche im RPG möchte ich auf Sicherheitsmechanismen eingehen.

Selber gebraucht habe ich solche bislang noch nicht; es gab zu Beginn eine Sitzung 0, in der, neben Absprachen über SC und System auf Lines and Veils eingegangen wurde, und keine physische X-Card sondern nur die Bitte sich zu melden wenn man eine Spielunterbrechung braucht. Wie gesagt zum tragen kamen diese Mechanismen nicht.

Ich habe noch das ausführlliche eingehen auf den Spielfluss via Script Change: https://briebeau.com/thoughty/script-change/ gefunden.
Außerdem noch das hoch spannende Meta-Rollenspiel Power Kill.

Meine Bitte: Schreibt eure Meinungen und Erfahrungen zum Thema.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: ghoul am 26.09.2025 | 14:42
Was ist das Thema?
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Metamorphose am 26.09.2025 | 14:48
In meinem Vortrag Psyche im RPG möchte ich auf Sicherheitsmechanismen eingehen.
Sicherheitsmechanismen in Pen & Paper Rollenspielen
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Megavolt am 26.09.2025 | 14:52
Meine Meinung ist, dass zum Herstellen eines spielerischen Wohlgefühls, wenn überhaupt, dann individuelle und situative Lösungen erforderlich sind.

Der Einsatz der X-Card ist meiner Erfahrung nach so selten, dass man in der Öffentlichkeit (z.B. auf Cons) gezielt danach suchen muss und selbst dann praktisch nicht fündig wird. Sie dient in meiner persönlichen Wahrnehmung in erster Linie der Selbstmarkierung desjenigen, der sie einsetzt, und sie hat einen sehr starken politischen Einschlag. Aus diesem Grund polarisiert sie, was bei einem konsensorientierten und kommunikativen Hobby ein bedenkenswerter Faktor ist. Eine Diskussion im Tanelorn hatte zum Ergebnis, dass der Einsatz der Karte nicht unproblematisch ist und Risiken birgt. 
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: unicum am 26.09.2025 | 14:58
Ich hatte bisher nur einmal eine Szene die mir persönlich unangenehm war.

Wir hatten einige Gefangene gemacht und ein Spieler beschrieb dann wie seine figur anfängt die zu Foltern und auch nicht damit aufhörte nachdem wir die Antwort eigentlich erhalten hatten die wir brauchten, er meinte nur das der mit der ersten Antwort ja gelogen haben könnte,... (und das war das was mich eigentlich dann wirklich gestört hat - es machte auf mich den eindruck das es nicht mehr die Suche nach der Warheit die Triebferder ist sondern - Sadismus)

Seitdem weiß ich das ich zu empatisch bin für so einen Scheiß. Im fraglichen Ding hab ich das dann aber leider versucht ingame zu klären (also meine Figur ist dazwischen gegangen) was aber nur temporär geholfen hat. Schlussendlich bin ich dann, wegen diesem Spieler, aus der Gruppe raus.

Ich würde deswegen Spielern in der Session 0 genau so etwas komuinizieren. Du willst Foltern? meintwegen aber nimm die Spielmechanismen des Spiels und nicht theater of the mind mit expliziten beschreibungen was du nun alles genau mit welchem Werkzeug machst.

Das dahingehend wirksamste Element ist tatsächlich "Gruppenvertrag in der Session 0" die X-Card, sind wir doch mal ehrlich - die X-Card ist dafür da wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Ich halt nicht viel von der. Das element was ich in dem falle benutzen wäre ist abstimmung mit den Füßen. Ob ich jezt die X-Card ziehe oder einfach mein Zeug packe und rausgehe. Die Runde ist erstmal in einem Harten Break und die Immersion ist erstmal weg (zum Glück wohl also zumindest für die betroffene Person) und eine Diskussion kann man dann später mal fürhen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Maarzan am 26.09.2025 | 15:03
Es ging ja scheinbar um weitere Werkzeuge statt nur um die X-Card.

Mir sind in dem verlinkten Artikel etwas zu viele Schlagworte und zu wenig Erklärung, um da ein verlässlicheres Gefühl zu entwickeln um was es da alles spezifisch gehen soll und wo das dann auch verbindlich über "lass uns da mal drüber reden" hinaus gehen soll und es scheinen auch Werkzeuge dazu gekommen zu seimn, die mit Sicherheit etc nicht zu tun haben, sondern mit dem Erreichen von storyspezifischen Spielinhalten.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Eleazar am 26.09.2025 | 15:08
Ich muss sagen, dass ich mit der X-Card nicht sonderlich viel anfangen kann und dass mich die Diskussionen darüber und das Hypen der Card echt nur noch anstrengen. Für mich scheint die Karte vor allem eine Selbstauskunft zu sein, die man sich als Ausweis eine bestimmten Geisteshaltung ans Revers heften kann. Ich sehe da niur die große Geste, der praktische Nutzen hingegen erscheint mir gegen Null zu gehen.

Allgemein denke ich, dass Rollenspiel ein harmloser, netter Zeitvertreib ist und kein Augenthalt in einer Gefahrenzone.

Natürlich ist es gut, in seiner Gruppe vorab einen Rahmen abzustecken, was gewünscht und unerwünscht ist.

Dann aber muss vor allem geredet werden: In meiner alten Wochenendgruppe machen wir nach jedem Spiel ein ausgiebiges Feedback. Das betrifft dann ganz viele Aspekte des Spiels und des Miteinanders, aus dem Spielleitung und SpielerInnen eine Menge Honig saugen können. Vor allem bekommt man qualitative Informationen und Zwischentöne mit. Und die fließen kontinuierlich ins weitere Spiel ein. Wenn so ein Austausch etabliert ist, dann ist es ein leichtes, im Falle eines Falles auf die Notbremse zu treten und eine Störung oder ein Problem auch gleich zu besprechen. Da muss niemand eine Karte zücken, die an sich ja noch nicht mal erklärt, worum es konkret geht.

Aufgrund der Feedbacks haben wir in den letzten Jahrzehnten viele Konflikte schon im Voraus entschärft und uns insgesamt sehr viel besser kennengelernt.

Und nichtsdestotrotz: Rollenspiel ist ein soziales und kooperatives Spiel. Ich halte die Gefahr, in einem ansonsten munteren Gespräch am Sofatisch jemandem vors Schienbein zu treten oder ein unpassendes, schmerzliches Thema anzusprechen, für größer als im Rollenspiel.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: fivebucks am 26.09.2025 | 15:15
@Megavolt Hast du einen Link?
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: unicum am 26.09.2025 | 15:41
Mein Punkt ist der - wenn ich solche Techniken anwenden will welche in dem Script Change vorgeschlagen werden, dann ist ja schon etwas passiert. Jemand wurde getriggert und fühlt sich richtig mies.

Ich würde sehr viel mehr Wert darauf legen das solche Situationen erst garnicht entstehen. Sicher - und das wird ja auch geschrieben - manchmal weis man nicht das man auf etwas reagiert und Menschen ändern sich auch und dann triggert etwas das früher vieleicht kein Problem war.

Also: Im Vorfeld miteinander reden. Da ist es auch schon richtig wie: "Establishing boundaries early makes it easier to maintain them during play."

"In addition to content & boundaries, Script Change can help manage tone and roleplay during scenes. If the tone has gone too comedic or too dramatic, call for a Rewind. You can also Rewind if someone is pulling punches and not making the game as intense or dramatic as you want! If you feel like a scene has gone on long, you can call for a Fast-Forward. Best of all, you can always use Pause when you need a break. To return to play at any time, say Resume."

Da sehe ich halt viele Probleme drin - Rewind, also eine Szene nochmal spielen oder Fast-Forward dinge überspringen - ich würde da als Spieler gerne ein potentielles Veto dagegen haben. Gerade auch das Pause/Resume,... ich glaub das ist alles recht hart wenn die Imersion eh schon weg ist.

Wir wissen ja das es verschiedene Spieler Typen gibt. Wir sind uns vieleicht im Detail nicht genau einig aber ich kenne kaum jemanden der das Konzept kompett ablehnt. Aber wenn ich taktican bin und in einem kampf in dem ich voll immersiv drin bin der Storyteller sagt "fast forward" weil er mit dem Kampf garnix anfangen kann oder es lieber in theater of the Mind spielen würde,... dann hat man ein Problem.

Das muss man vorher kommunizieren so gut es eben geht und dann muss man den kleinsten gemeisamen Nenner finden.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Sternschnuppe am 26.09.2025 | 15:49
Ich verwende ein Ampelsystem bei der Session Zero bzw Ampelkarten im Spiel
Grün: Soll vorkommen / mehr davon
Gelb: Darf angespielt werden / es reicht, weiter geht's
Rot: Soll nicht vorkommen / Stopp, evtl eine kurze Pause, sonst nächste Szene

Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: unicum am 26.09.2025 | 16:18
Der Einsatz der X-Card ist meiner Erfahrung nach so selten, dass man in der Öffentlichkeit (z.B. auf Cons) gezielt danach suchen muss und selbst dann praktisch nicht fündig wird.

Ich weiß garnicht wie sehr die X-Card eigentlich allgemein bekannt ist ausserhalb der Blase von Leute welche sich mit "sowas" auseinandersetzt. Und ja, ich hab sie nie an einem Spieltisch geshenen ausser meinen eigenen wenn ich sie zufällig aus meiner Tasche gezogen habe und fragte "braucht das wer?" und eigentlich immer nur dann fragende Gesichter gesehen habe mit "Was ist das?".

Es ist aber eben auch so die "Session 0" ist auf Cons eben ziemlich krass kurz.

Ich würde auch eine Person die leicht zu triggern ist nicht raten "einfach so mal" auf einen RSP Con zu gehen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Quaint am 26.09.2025 | 16:51
Also ich spiele/leite eh keinen Hardcore Horror oder sowas. Ich gebe aber die Möglichkeit Lines und Veils zu etablieren sowie (wir spielen online) die Möglichkeit nen x in den chat zu schreiben und sich erstmal auszuklinken.
X hat noch nie jemand gemacht, Lines und Veils werden wenig genutzt, dann aber nach Möglichkeit beachtet.
Ich denke, das wichtigste ist, dass die Leute mich halt irgendwann kennen, mir dann Vertrauen, und das ich dieses Vertrauen auch nicht verletze.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: blackris am 26.09.2025 | 17:18
Solche Tools sind am wertvollsten für Runden, die sich nicht gut kennen. Das gibt sowohl Menschen, die sich in gewissen Situationen nicht wohl fühlen, etwas an die Hand, als auch mehr Sicherheit für die, die keine safety tools brauchen.

Ich selbst gehöre zur zweiten Sorte und freue mich, wenn so etwas zum Einsatz kommt. In unserer regelmäßigen Runde hatten wir länger das script change im Einsatz, haben es aber nicht regelmäßig genutzt. Leider, muss ich sagen. Gerade das kann ja auch neben dem safety Aspekt einen echten Mehrwert bieten – man muss sich nur dran gewöhnen es auch einzusetzen.

Keine Ahnung, warum safety tools hier auch schon als politisches Ausdrucksmittel geframed wurden. Seit wann ist Inklusion politisch oder gar problematisch? Eher habe ich den Eindruck, das Meckern darüber sei das Distinktionsmerkmal eines gewissen Milieus, von dem ich mich gerne fern halte. So gesehen ist vielleicht schon das einfache Sprechen über safety tools schon eine gute Methode, negative Erfahrungen am Tisch auszuschließen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Darius der Duellant am 26.09.2025 | 17:22
Ich gestehe jedem Mitspieler zu dass er den Spielfluss unterbrechen darf wenn ihm ernsthaft was unangenehm wird.
Ich erwarte dann aber auch eine Erklärung (zur Not unter vier Augen) WAS (nicht notwendigerweise WARUM, kommt auf die Situation an) das Problem war.
Das ganze ist immer noch eine Freizeitaktivität meinerseits und keine Dienstleistung für die ich bezahlt werde, entsprechend setze ich voraus dass Mitspieler den Mund aufmachen wenn sie ein Problem haben, statt mich potenziell Ratespielchen spielen zu lassen.
Davon ab gibts bei mir die Session 0 wo auch abgefragt wird ob es generell Dinge gibt die am Tisch ein Problem sein können.

Entsprechend gibt es genug Sicherheitspuffer dass ich den Mehrwert im Vergleich zum potenziellen Geschiss für mich nicht sehe.

Aus dem Link im Eingangsbeitrag:

Zitat
If the tone has gone too comedic or too dramatic, call for a Rewind. You can also Rewind if someone is pulling punches and not making the game as intense or dramatic as you want! If you feel like a scene has gone on long, you can call for a Fast-Forward. Best of all, you can always use Pause when you need a break.

Ganz ehrlich, mit so einem Schmarrn kann man mir gestohlen bleiben.
Ich bin als SL eine Person, kein DVD-Spieler mit Rewind und Pauseknopf.
Gerade den letzteren Part in seiner aktiven Formulierung empfinde ich schon als ziemlich frech.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: schneeland am 26.09.2025 | 17:33
@Megavolt Hast du einen Link?

Ich weiß nicht, welchen Thread Megavolt genau im Sinn hatte, aber wir hätten zwei längere Diskussionen zu dem Thema im Archiv:
1) Sicherheitstechniken im/fürs Rollenspiel (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,111112.0.html) (im Eingangsbeitrag findet sich auch der Versuch einer Zusammenfassung von mir)
2) Die X-Card und andere Sicherheitstechniken fürs Rollenspiel (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,105177.0.html)

Vielleicht findet sich in den Threads ja etwas, was Du für Deinen Vortrag gebrauchen kannst (Vorwarnung: das Thema wurde recht kontrovers diskutiert, insofern wurde es auch manchmal etwas ruppig).
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: tartex am 26.09.2025 | 17:38
Teilweise finde ich es bei Online-Runden, die ich beobachte verwunderlich, dass in manchen Session 0s von jedem Spieler aufgelistet, was nicht vorkommen soll, bzw. was man nicht verkraftet. Kann das nicht schon retraumatisierend sein?

Bei allen Runden, die ich in diesem Jahrtausend erlebte habe, kam z.B. sexuelle Gewalt nie vor. In diesen Session 0s werden genaus diesen Themen aber dann explizit erwähnt.

 :think:

Mir kommt das so vor, als würde nur ein Konsens vorgespielt wird, dass man auf keinen Fall pervers sei. Ansonsten wirkt es für mich nicht soooo hilfreich.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Eismann am 26.09.2025 | 18:54
So bringt Rollenspiel die Perversion in Verruf.

Ich kenn zwar X-Card und Co., aber ich habe noch nie in einer Runde mitgespielt, wo das ein Thema war. Ich vermute auch, dass die Verbreitung weit geringer ist, als die Diskussion darum vermuten ließe.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: fivebucks am 26.09.2025 | 19:35
Danke für Feedback.

X-Card hat Nachteile?
Ja kann ich nachvollziehen.

Aber gerade Wraith: The Oblivion und der Shadow spielen ja sehr stark in Richtung Konfrontation mit den Abgründen der Seele.
Und da ich traumatisierte Personen im Publikum erwarte, halte ich es für sinnvoll (kurz) auf die Sicherheitstechniken einzugehen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Saffron am 26.09.2025 | 19:36
Ich bin auf mehreren Discord-Servern aktiv, bei denen Sicherheitsmechanismen standardmäßig verwendet werden. Ich bin ein großer Fan davon und nutze sie inzwischen in fast allen meinen Runden, insbesondere, wenn Spieler dabei sind, die ich nicht kenne.

Die Anwendung der X-Karte habe ich zweimal erlebt und fand es beide Male völlig unproblematisch. Es waren nicht einmal sehr grausame oder gruselige Szenen. Die schlimmen Themen werden ja auch im Vorhinein durch Linien und Schleier ausgeklammert worden. Trotzdem kann einer Person etwas sehr unangenehm sein, das vorher nicht unbedingt absehbar war, und dafür ist die X-Karte da.

Situation 1:

Es war eine Runde Dragonbane, in der die Gruppe einen Serienkiller gesucht hat, der in einer Großstadt Kinder entführte und für ein Ritual umbrachte. Also schon ein fieses Thema, bei dem wir vorher besprochen hatten, wie weit es gehen darf und welche Themen ausgeklammert werden sollten. Was aber dann eine Spielerin veranlasste, die X-Karte zu ziehen, war etwas Unerwartetes: Am Rande einer recht chaotischen Szene wurde ein Tier verletzt. Als der SL das beschrieb, war ihm nicht bewusst, dass das irgendwie problematisch sein könnte. Als die Spielerin Bescheid gab, hatte niemand ein Problem damit, dass die Szene kurz geändert wurde. Alles war gut, niemand hat sich drüber aufgeregt oder die Spielerin schief angeschaut. 

Situation 2:

Ich war SL, beschrieb als NSC eine Stammkundin in einem Friseurladen, eine ältere Dame namens Soundso. Total harmlos also. Aber ein Spieler zog die X-Karte und bat mich, einen anderen Namen zu verwenden. Ob vielleicht gerade seine Oma gestorben war, die diesen Vornamen trug oder irgendetwas anderes der Grund war, habe ich nicht gefragt. Denn es ist Teil der Vereinbarung, dass niemand sich rechtfertigen oder eine X-Karte begründen muss. Ich hab einfach den Namen geändert, und das Spiel ging weiter.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 26.09.2025 | 20:11
Danke für Feedback.

X-Card hat Nachteile?
Ja kann ich nachvollziehen.

Aber gerade Wraith: The Oblivion und der Shadow spielen ja sehr stark in Richtung Konfrontation mit den Abgründen der Seele.
Und da ich traumatisierte Personen im Publikum erwarte, halte ich es für sinnvoll (kurz) auf die Sicherheitstechniken einzugehen.

Traumatisierte Personen müssen selbst die Verantwortung tragen, wenn sie bei sowas mitspielen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: blackris am 26.09.2025 | 20:23
Traumatisierte Personen müssen selbst die Verantwortung tragen, wenn sie bei sowas mitspielen.

Klar. Safety tools unterstützen sie dabei. Ist doch klasse
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Schalter am 26.09.2025 | 20:33
Ich muss sagen, dass ich mit der X-Card nicht sonderlich viel anfangen kann und dass mich die Diskussionen darüber und das Hypen der Card echt nur noch anstrengen. Für mich scheint die Karte vor allem eine Selbstauskunft zu sein, die man sich als Ausweis eine bestimmten Geisteshaltung ans Revers heften kann. Ich sehe da niur die große Geste, der praktische Nutzen hingegen erscheint mir gegen Null zu gehen.

Allgemein denke ich, dass Rollenspiel ein harmloser, netter Zeitvertreib ist und kein Augenthalt in einer Gefahrenzone.

Natürlich ist es gut, in seiner Gruppe vorab einen Rahmen abzustecken, was gewünscht und unerwünscht ist.

Genau das, danke. +1.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: General Kong am 26.09.2025 | 20:40
+2
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Selis am 26.09.2025 | 20:49
Meine Bitte: Schreibt eure Meinungen und Erfahrungen zum Thema.

Den Gebrauch der X-Card habe ich selbst noch nicht erlebt, ausgelegt war sie ein paarmal.
Ich hatte es einmal in einer Runde, daß ein Spieler eine Szene ausgesetzt hatte, weil er befürchtete, die könnte ihn aus der Bahn werfen. Danach war er wieder da.

Lines und Veils habe ich bislang in der Session0 besprochen aber einen echten Nutzen sehe ich nur in Ausnahmefällen. Meistens kommen nur dieselben Dinge, wie Sachen mit Kindern, sexualisierte Gewalt und meistens Body Horror. Nichts was ich bringen würde.
Und dann hatte ich einen Spieler, der Teddy Bären nannte.
Bei seinem nächsten Charakter sollte dieser einen Teddy Bären Rucksack haben, da fragte ich mich schon, ob der mich verarschen will. Ne ich fragte ihn direkt, ob er mich verarschen will.

Also da sehe ich in einer durchschnittlichen Runde auch keinen Sinn.
Ich möchte zwar auch, daß sich meine Spieler wohl am Tisch fühlen, wie ich mich auch wohl am Tisch fühlen möchte und ich habe auch meine Grenzen aber zu versuchen jeden möglichen und unmöglichen und vielleicht existenten Trigger zu vermeiden finde ich persönlich für übertrieben.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Darius der Duellant am 26.09.2025 | 21:31
Und dann hatte ich einen Spieler, der Teddy Bären nannte.
Bei seinem nächsten Charakter sollte dieser einen Teddy Bären Rucksack haben, da fragte ich mich schon, ob der mich verarschen will. Ne ich fragte ihn direkt, ob er mich verarschen will.

Und das sind genau die Vögel denen man mit Werkzeugen der Marke "Nachfragen nach Gründen ist nicht Erlaub" zu viel Freiraum einräumt.


Klar. Safety tools unterstützen sie dabei. Ist doch klasse

Klar, wenn man keine Runden findet weil sich kaum ein SL auf so ein Halligalli einlässt, kann man natürlich auch nicht mehr traumatisiert werden.
Ich frage mich wer sich sowas wie aus dem OP ERNSTHAFT als Spielleiter dauerhaft antut.
Vollkommen unabhängig von jedweden Sicherheitsgedanken glaube ich schlicht und ergreifend nicht, das ein Werkzeugsatz der beinhaltet dass jeder nach eigenem dafürhalten Szenen vor- und zurückdrehen kann, dauerhaft funktioniert. Das mag vielleicht für ein Videospiel angemessen sein, in einem Szenario wo da einer am sitzt der ggf. STUNDEN in das ausarbeiten einzelner Szenen investiert hat, ist das schon hart unverschämt den Tisch mit so Sperenzchen zu "beglücken" und alle anderen aus ihrer Immersion zu reissen weil "lol story, mach mal fast forward, will metzeln XD".
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Maarzan am 26.09.2025 | 21:47
Und das sind genau die Vögel denen man mit Werkzeugen der Marke "Nachfragen nach Gründen ist nicht Erlaub" zu viel Freiraum einräumt.

Die Diskussion um die X-Card ist meiner Erinnerung nach auch nicht an der Grundfunktion selbiger, sondern an der fundamentalistischen Umsetzung eben dieses "X-Card trumpft ohne Nachfrage und Widerspruchsmöglichkeit" eskaliert.

Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Hellcat am 26.09.2025 | 21:56
Ich nutze die x-Card regelmäßig auf Con-Runden, die Reaktion der Spieler war bisher allerdings immer ein "wofür brauchen wir denn das?" Somit hab ich mich auch nie mit weiteren Sicherheitsmechanismen auseinandergesetzt, denn der Bedarf daran scheint offenbar sehr gering zu sein.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: blackris am 26.09.2025 | 22:52
Klar, wenn man keine Runden findet weil sich kaum ein SL auf so ein Halligalli einlässt, kann man natürlich auch nicht mehr traumatisiert werden.

Allein in diesem Thread zeigt sich ja, dass das nicht stimmt.

Und das sind genau die Vögel denen man mit Werkzeugen der Marke "Nachfragen nach Gründen ist nicht Erlaub" zu viel Freiraum einräumt.

Ich frage mich wer sich sowas wie aus dem OP ERNSTHAFT als Spielleiter dauerhaft antut.
Vollkommen unabhängig von jedweden Sicherheitsgedanken glaube ich schlicht und ergreifend nicht, das ein Werkzeugsatz der beinhaltet dass jeder nach eigenem dafürhalten Szenen vor- und zurückdrehen kann, dauerhaft funktioniert. Das mag vielleicht für ein Videospiel angemessen sein, in einem Szenario wo da einer am sitzt der ggf. STUNDEN in das ausarbeiten einzelner Szenen investiert hat, ist das schon hart unverschämt den Tisch mit so Sperenzchen zu "beglücken" und alle anderen aus ihrer Immersion zu reissen weil "lol story, mach mal fast forward, will metzeln XD".

Gerade Script Change ist ein tool, was eine souveräne Spielleitung mit der Gruppe einsetzen kann, um das Spielerlebnis für alle zu verbessern. Das kann natürlich auch eingesetzt werden, um klare Regeln zu schaffen, wann z.B. dazwischengeredet wird.

In dem oben geschilderten hypothetischen Fall obliegt es der SL natürlich zu sagen: „Du missbrauchst das hier gerade, mach das noch mal und du kannst gehen“.  Ist das nicht offensichtlich?
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Darius der Duellant am 27.09.2025 | 01:30
Allein in diesem Thread zeigt sich ja, dass das nicht stimmt.

Wo denn?
Ich sehe hier nämlich nur Leute die davon berichten dass ihrer eigenen Erfahrung nach kaum Bedarf für eine NUTZUNG der x-Card besteht.
Über einen Erfahrungsbericht von jemandem der die Vorschläge aus dem OP-Link mal über ne Kampagne hinweg durchgezogen hat ohne sich verarscht zu fühlen warte ich noch.
Und vermutlich ewig, denn wie bereits erwähnt, ich glaube schlicht nicht dass irgend ein SL es dauerhaft mitmacht auf einen Videoabspieler reduziert zu werden.



Zitat



In dem oben geschilderten hypothetischen Fall obliegt es der SL natürlich zu sagen: „Du missbrauchst das hier gerade, mach das noch mal und du kannst gehen“.  Ist das nicht offensichtlich?

So überhaupt nicht.
Je nach verwendetem Sicherheitstool ist ja "keine Nachfragen erlaubt" teil des Mechanismus und dann verbietet sich eine solche Nachfrage.
Kann ja sein dass sich der Trigger des Spielers zwischen zwei Sitzungen verändert hat und falls ja (UND falls man diesen Kram für sinnvoll erachtet) ist eine entsprechende "warum" Frage dann im Bereich des unangebrachten.


Zitat
Gerade Script Change ist ein tool, was eine souveräne Spielleitung mit der Gruppe einsetzen kann, um das Spielerlebnis für alle zu verbessern. Das kann natürlich auch eingesetzt werden, um klare Regeln zu schaffen, wann z.B. dazwischengeredet wird.

Ich halte es für ein Werkzeug dass mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit den Gruppenmitgliedern auf den Zeiger geht im Vergleich zu denen wo es was bringen kann.
Ich halte aber auch ganz grundsätzlich nichts davon, mehrseitige Regeltraktate aufzusetzen, wenn sich die sinnvollen Teile davon auch mit "sei kein Arsch, mach den Mund auf wenn du ein Problem hast, hör zu wenn andere ein Problem haben" erreichen lassen.
Ein mehrseitiges Metaregelwerk dieser Art aufzusetzen kommt mir komplett absurd vor und für MICH PERSÖNLICH wäre das auch eine gewaltige rote Flagge wenn ein Spieler mit sowas ankommt.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Quaint am 27.09.2025 | 02:16
Also gegebenenfalls dieselbe Szene mehrfach spielen bis es allen passt reizt mich auch nicht sonderlich.
Ansonsten denke ich, wiewohl ich selbst ja bissle Safety Tools nutze, es gehört halt auch eine gewisse Robustheit zum Rollenspielen. Wer total labil ist und 1000 Sonderbedingungen braucht, der sollte das RPG *vielleicht* erstmal hintenan stellen. Denn so schön Lines und Veils sind, je komplexer die werden, desto höher ist die Chance, dass man mal was vergisst, und dann haste halt eventuell den Salat. Das ist dann meist weder für den Getriggerten schön, noch für denjenigen, der Line oder Veil verletzt hat.

Und klar, in einer idealen Welt müsste man da auch nicht drüber sprechen, sondern die entsprechende Rücksichtnahme wäre selbstverständlich. Aber gerade wenn man die Leute nicht kennt, lohnt es manchmal schon das eben 5 Minuten anzusprechen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Torsten (Donnerhaus) am 27.09.2025 | 02:50
Der Begriff "Sicherheitstechniken" ist ja erst einmal eine Behauptung. Ein Kampfbegriff.
Damit es Sicherheitstechniken geben kann, muss es aber Gefahren, Risiken, Unsicherheiten geben.

Gibt es die denn? Und wenn ja, wie sehen die aus? Und können "Sicherheitstechniken" diesen vermeintlichen Gefahren überhaupt entgegenwirken?

Sind die wenigen "Sicherheitstechniken", die zu funktionieren scheinen, nicht einfach nur überpinselte Neubeschriftungen für Dinge, die mit der behaupteten Problematik gar nichts zu tun haben? Session Zero ist beispielsweise keine "Sicherheitstechnik". Das ist vorausschauendes Planen und miteinander Reden. Das haben wir schon in den 90ern gemacht, lange bevor irgendwer glaubte, es gäbe Gefahren, vor denen man sich schützen müsste. Sofern man nicht eine an die Wand gefahrene Kampagne als "Unsicherheit" bezeichnen will, die es zu vermeiden gilt.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Quaint am 27.09.2025 | 03:02
Naja, erstochen wird man als Spieler nicht so leicht. Aber das dir Spielinhalte mitunter erstmal den Tag versauen (und ggf. zu Drama unter Spielern und auseinanderfallenden Runden führen), das sehe ich schon. Wurde ja teils auch schon geschildert hier im Thread. Und würde ich als Risiko einstufen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Eleazar am 27.09.2025 | 10:12
Naja, erstochen wird man als Spieler nicht so leicht. Aber das dir Spielinhalte mitunter erstmal den Tag versauen (und ggf. zu Drama unter Spielern und auseinanderfallenden Runden führen), das sehe ich schon. Wurde ja teils auch schon geschildert hier im Thread. Und würde ich als Risiko einstufen.
Es gibt aber eine ganze Menge, was dir in regelmäßigen Runden den Tag versauen oder was Ärger mit den Mitspielern verursachen kann: Unpünktlichkeit, anderen die Chips wegfressen, mangelnde Aufmerksamkeit, sich ins Rampenlicht drängen, Taschenlampen fallen lassen, anderen den Spielstil aufdrängen, dumme Bemerkungen, Konflikte/Streite im Spiel und echten Leben vermischen ... ich  noch ewig so weitermachen.

Alle diese Faktoren "gefährden*" das Erlebnis eines netten, harmonischen Spielabends. Und nach meiner Erfahrung treten allein die genannten Faktoren öfter auf und wirken auf die Gruppe schwerer als das Risiko, durch einen Spielinhalt "getriggert" oder (re-)traumatisiert zu werden. - Ich setze getriggert mal in "...", weil der Begriff inzwischen umgangssprachlich so gern inflationär und im Prinzip verharmlosend oder übertrieben für einfache, negative Reaktionen auslösende Erlebnisse verwendet wird. (* Gefahr ist nun wirklich etwas anderes, als was einem im Kontext von PnP realistischerweise drohen kann. Ohne Licht mit dem Rad zum Rollenspiel zu fahren, wäre gefährlich)

Warum habe ich für den Rest denn dann keine Karten quer durchs Alphabet? Warum brauche ich ein "Sicherheitstool", wenn sich ja scheinbar landauf, landab so gut wie nie jemand im Rollenspiel unsicher fühlt? Warum mache ich eine Sache - Drama, Drama - kompliziert, die im Falle eines Falles ganz einfach mit einem "Stopp" und dann einer kurzen Erklärung - nicht Rechtfertigung - hervorragend bearbeitet und aus der Welt geschaffen werden kann?

Für mich ist das Ausdruck einer Geisteshaltung, in der ein unausgelastetes, aber hoch ausgeprägtes Problembewusstsein sich seine Sorgen und Nöte selber schafft, statt mal den Ball flach zu halten.

Natürlich gibt es potentiell Spielinhalte, die widerlich und belastend sein können. Deshalb suche ich mir die Leute aus, mit denen ich spielen will. Und wir trainieren uns und wir reflektieren, damit alle zu ihrem Recht kommen und wir uns mit unserem Spiel in einer habitablen Zone bewegen. Dabei hilft mir aber keine X-Karte und ein banger Blick, ob der Griff zur Karte oder doch nur wieder zu meinen, meinen, meinen Chips geht.

 
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Quaint am 27.09.2025 | 10:37
Na ich weiß nicht. Wenn es mehr als ein Problem gibt, kann man eins der Probleme halt doch angehen. Finde ich jetzt. Sowas wie Lines und Veils schadet ja nicht. Und die x Card wird vielleicht selten gebraucht, aber für den Fall der Fälle nen Rettungsanker zu haben schadet ja nicht, das ist so wie ich persönlich noch nie nen Notarzt hab rufen müssen, aber deswegen würde ich Notärzte nicht wegrationalisieren wollen.
Und Ball flach halten wird ja an sich auch gemacht. Safety tools sind so 5 minuten bei einem Rekrutierungsgespräch, neben ganz ganz viel anderem Zeug. Zumindest bei mir ist das nicht im Vordergrund. Ich mein hier im Thread schon, weil es da halt darum geht, aber in meinen Sessions ist das nicht prominent.

Aber klar, man kann sich sicherlich auch anders behelfen und mal besser, mal schlechter die Runde zusammenhalten. Ich find es aber etwas schade, dass sich da so aufgeregt wird.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 10:56
Aus meiner Sicht ist die mit Abstand wichtigste Sicherheitstechnik die Session 0, bei der man die Spieler kennenlernt und über Spielinhalte redet inkl. dessen, was nicht vorkommt. Prävention ist sowieso immer besser.
Weiterhin sind Feedback-Runden auch wichtig. Wir setzen auf Stars and Wishes, was sehr gut funktioniert.

Die X-Card halte ich für sehr überbewertet und für mich untauglich, weil ja gerade nicht klar ist, was sie ausgelöst hat. Da halte ich es wie Darius: Wenn einem was nicht schmeckt, mach den Mund auf.

Und wie Quaint sagt, Szenen zu spielen, bis es allen passt, wird bei mir auch nicht stattfinden.

Allerdings spiele ich Tischrunden mit bekannten Gesichtern.
Wie die Dynamik bei Online-Runden ist, kann ich nicht sagen. Es sind halt komplett andere Spielweisen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Boba Fett am 27.09.2025 | 11:02
Ich habe zwei einhalb Spielrunden mit einer eher konstanten Besetzung (also viele Überschneidungen) und wir haben eigentlich immer eine ewige Lines and Veils Liste, die auch recht konstant bleibt. Ich hab mal die X-Card angesprochen, aber der Konsens war, dass das nicht gebraucht wird.
Nun kennen sich die Spieler*Innen alle gut, sind befreundet und würden sich auch gegenseitig "stützen", wenn irgendwas triggert.

Eine Spielerin hat in den letzten 2-3 Jahren in kurzer Abfolge Mutter und Bruder verloren, inklusive stetig schlechter werdende Krankheitssituation und natürlich ist das für den Spielleiter irgendwo ein NoGo, dass man sowas dann nicht als Schicksal für den SC oder nahestehenden NSC aussucht.
Und bevor jetzt die Frage kommt, wo sowas vorkommen kann:
In der Kampagne "Fluch des Scharlachroten Thrones" kommt eine Stadt in eine Epidemie, wo viele dahinsiechen und sterben. Und das "Vampir sucht nachts einen Angehörigen heim, dessen Gesundheitszustand dann immer schlechter wird, bis der NSC verstirbt (und selbst Vampir wird)" ist auch so ein klassisches Klischee, was seit Dracula immer wieder aufgewärmt wird. Und auch das kann einen dann mächtig fertig machen.

Also, keine X Card aber Lines & Veils aus dem langen Freundschaftsverhältnis heraus. Und empathische Umgang mit den Dingen, die die Leute am Tisch in letzter Zeit berührt haben.

Ich würde die X-Card aber nicht abtun - auf Cons oder Treffen, wo sich die Leute nicht kennen, aber auch nicht genug Zeit ist, um alle wenns und abers zu besprechen (und man vielleicht auch nicht sofort alle Dinge publizieren möchte, die einen emotional triggern können) halte ich das für ein gutes Werkzeug.
Insbesondere, weil es Rollenspiele gibt, die sich wirklich grenzwertigen Themen widmen. KULT möchte ich da mal nennen, oder Unknown Armies. Und wie oben schon beschrieben, muss es gar nicht gleich das "wir loten mal die Abgründe der Seele Rollenspiel aus" sein. Selbst heroic Fantasy wie Pathfinder kann in einem Abenteuerpfad die Leute unversehens triggern.
Im übrigen hat man die Ursachen für solche lauernden Trigger manchmal auch verdrängt und vergessen - was nicht bedeutet, dass der Trigger nicht trotzdem ausgelöst werden kann. Auch deswegen sollte man nicht nur seine Grenzen absprechen, sondern eben auch wahrnehmen, ob es allen im gemeinsamen Spiel gut geht. 

Rollenspiel ist ein Spiel und soll unterhalten - das Spielen entbindet aber nicht von Verantwortungen gegenüber den Mitspielenden...

Und Lebenssituationen ändern sich - so wie oben beschrieben.
Folter (im Spiel beschrieben oder von SC ausgeübt), Gewalt gegen Schwache/Wehrlose haben mich wären für mich immer schon ein NoGo gewesen. Und da gab es in den letzten 40 Jahren auch immer mal Spielsituationen, wo Spieler auf ein "du kannst doch nicht..." in völligem Unverständnis mit "...wieso?" geantwortet haben. Das hat meistens die Spielsitzung beendet, weil entweder Leute anfingen zu streiten oder Charaktere PvP starteten. Auch deswegen: Grenzen sollte man vorher absprechen!

Seit dem ich Vater bin, ist die Empfindlichkeit bzgl. Gewalt gegen Kinder (und Frauen) noch mal ganz extrem gestiegen - und das auch mehr, als ich mir selbst diagnostiziert hätte.
In der TV Serie Hill House gibt es eine Szene, wo ein Kind im Bett liegt, Angst hat und ein "Monster" hinter dem Rücken lauert. Das ist ganz am Anfang der Serie (erste Folge?) und das hat dann dazu geführt, dass ich den Rest dieser Serie niemals weiter gucken werde. Im Vorfeld hätte ich das aber niemals erwartet und mit "Quatsch!" abgetan - und früher hätte es mich auch nicht getriggert. Mir hat es gezeigt, dass es eben sehr wohl unvorhersehbar von "wohlig schauernd" ganz schnell zu "unerträglich" gehen kann (und "unangenehm" überspringt) - da reicht ein einzelnes Bild im eigenen Kopfkino.

Und deswegen ein klares JA zu solchen Sicherheitswerkzeugen und auch zu entsprechender Sensibilität (aller) am Spieltisch.
Und sucht Euch Leute, die Lust zu dem Content haben, und sich sicher sind, dass sie die gesteckten Grenzen aushalten, wenn der Inhalt grenzwertig sein kann.
besser is das!
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: unicum am 27.09.2025 | 11:11
Der Begriff "Sicherheitstechniken" ist ja erst einmal eine Behauptung. Ein Kampfbegriff.
Damit es Sicherheitstechniken geben kann, muss es aber Gefahren, Risiken, Unsicherheiten geben.

Gibt es die denn? Und wenn ja, wie sehen die aus? Und können "Sicherheitstechniken" diesen vermeintlichen Gefahren überhaupt entgegenwirken?

Sind die wenigen "Sicherheitstechniken", die zu funktionieren scheinen, nicht einfach nur überpinselte Neubeschriftungen für Dinge, die mit der behaupteten Problematik gar nichts zu tun haben? Session Zero ist beispielsweise keine "Sicherheitstechnik". Das ist vorausschauendes Planen und miteinander Reden. Das haben wir schon in den 90ern gemacht, lange bevor irgendwer glaubte, es gäbe Gefahren, vor denen man sich schützen müsste. Sofern man nicht eine an die Wand gefahrene Kampagne als "Unsicherheit" bezeichnen will, die es zu vermeiden gilt.

Ich sehe darin nun nicht unbedingt ein kampfbegriff. Ich mein ich kenne den auch aus der Arbeitswelt.

Gefahren und Risiken gibt es auch schon irgendwie. Ich kenne mitlerweile einige die psycische Probleme haben und eben auch Rollenspiel machen - alles kein Problem ausser,... unsere Arachnophobikerin (zumindes vor ihrer desensibilisiering). Die ging scho aus dem Zimmer wenn der SL spinnenweben erwähnte.

Ja das ganze hier ist schon irgendwie "alter Wein in neuen Schläuchen" aber Session Zero war eben auch schon immer irgendwie sowas - also auch im lezten Jarhrtausend wo das noch nicht mal Session Zero hies sondern "Wir treffen uns und machen für die nächsten kampange Spielfiguren zusammen,...."

Liegt vieleicht auch daran das es mittlerweile sehr viel mehr Rollenspieler gibt als zu den Anfangszeiten. Dann gibt es eben auch mehr mit psycischen Problemen - da ist dann vieleicht die Frage ob es gut für solchen Menschen ist - oder nicht, das sollten die aber mit einer professionellen Beratung ausmachen, und nicht die Verantwortung auf einen Laien wie SLs sie oft genug sind (okay ich kenn auch einen Psycologen der SL macht,...) abdrückt.

Und ja ich kenn zwei aus dem Rollenspielbereich die selbstmord begangen haben (Ich hab hier den ältesten Rollenspielverein in der nähe, mein bekanntenkreis ist also dementsprechen groß). Zieht unser Hobby solche Leute an? denn wenn ich meinen Bekanntenkreis ausserhalb des Rollenspielbereiches sehe ist es nur eine Person. Aber ja ich bin da sicherlich in einer Blase, das ist mir schon bewusst.

Mag aus sein das in Zeiten der Wokeness (das sehe ich durchaus eher als Kampfbegriff) es mehr eingefordert wird rücksicht (Rücksicht ist hingegen kein Kampfbegriff) zu nehmen. Aber auch hier sage ich mir das es Grenzen gibt in der Art und Weise wie Rücksicht eingefordert (etwas einfordern kann beigeordnet zu einem Kampfbegriff sein) wird. Das kann eben auch mal dazu fürhen das man, so man gewisse Probleme hat, eben in einer Gruppe besser nicht mitspielt. Die entscheidung dazu liegt bei der jeweiligen Person, aber sie muss eben auch das komunizieren wo sie probleme sieht und eben ggf. Fragen und dann eben auch akzeptieren das es vieleicht nicht passt. Wenn ich dann aber wieder komme und sage "Ihr schliesst mich aus!" sind wir bei wirklichen Kämpfen. Denn ja, es ist ein Ausschluss, klar - aber auf der anderen Stelle wenn man damit verhindert das andere Spass haben sehe ich das ... sehr skeptisch.

An der Stelle sei gesagt das ich auch schon aus gruppen ausgestiegen bin und es auch schon leuten nahelegte zu gehen, lange bevor es Begriffe wie Wokeness gab. Es klappt eben nicht immer mit Spielern. Ich denke das ist etwas das man immer wissen sollte. kennt ihr noch den Spruch "Spiel nicht mit Arschlöchern?"
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Smoothie am 27.09.2025 | 12:06
Ich finde diese "Wer Rollenspiel spielt, muss schon hart sein und was aushalten" Attitüde hier im allgemeinen ein bisschen lustig...

Grundsätzlich finde ich Sicherheitstechniken wichtig. Persönlich hab ich allerdings mehr Erinnerungen an Szenen, die schon lange her sind, wo ich mir im Nachhinein gewünscht hätte, dass wir damals schon Sicherheitstechniken gekannt hätten. Da gabs einfach blöde Sachen.
Heutzutage bin ich recht erwachsen und kann meine Grenzen meist! auch ohne formelle Regeln gut formulieren. Aber manchmal auch nicht.

Und deswegen spiele ich gerne mit Sicherheitstechniken, einfach weil schon das Einsetzen solcher mir zeigt, dass ich an einem Tisch spiele, der sich Gedanken um ein gutes Miteinander macht. Gilt andersrum auch, würde mit mir unbekannten SL nicht spielen, wenn sie das nicht ansprechen.

Dieses Spiel nicht mit Arschlöchern ist zwar völlig richtig, geht aber ein bisschen am Thema vorbei. Oftmals sind die unangenehmen Themen die aufkommen ja keine Absicht.
Klar gibt es Rassismus und Sexismus und und anderes, das kann man benennen und dann aber meist gehen/die Person rausschmeissen, siehe Spiel nicht mit Arschlöchern.

Manchmal sind es aber Sachen, die erst im persönlichen Kontext schlimm werden.
Einer meiner besten Freunde ist vor ein paar Jahren an einem Herzinfarkt gestorben und ich kam danach nicht gut auf Herzinfarkte/Herztode im Rollenspiel klar. Wobei das kein im allgemeinen zu bannendes Thema ist, aber im konkreten, hatte ich schlicht keinen Spass/musste dann manchmal heulen. Also nix was in einer Rollenspielsession wünschenswert wäre. Und da war in unbekannten Runden einfacher mit Tools. Dann mußte ich nix erklären, was auch einfach dazu geführt hätte, dass ich geheult hätte/die Session für mich vorbei gewesen wäre.

Oder eine Spur harmloser. Nachdem unser Hund eingeschläfert worden war (schwarzer Labrador Mischling), kam es in einer Vampiresession zu einer Szene, wo die SL beschrieb, wie mein SC in einer Frenzy einen Hund aussaugte und den toten leergesaugten Körper beschrieb.
Auch kein im allgemeinen zu bannendes Thema, aber ich wollte mir das jetzt auch nicht allzu dolle  vorstellen, wo ich die Bilder unserer sterbenden Hündin nach der Spritze noch sehr gut im Kopf hatte ich hab gesagt X-Card um klar zu machen, dass ich jetzt nicht ingame rede, sagte, können wir einfach vorspulen, und dann haben wir in einer anderen Szene weitergespielt.
Und hatten noch ne schöne Session.

Und für sowas sind Sicherheitstechniken wirklich toll und nein, das haben zumindest wir (in meinen schon auch vielen Gruppen) nicht immer schon so gemacht.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Boba Fett am 27.09.2025 | 12:26
@unicum:
Ich glaube nicht, dass es irgendwelchen Kampfbegriffen liegt, dass sich heute mehr mit Vor- und Rücksicht, die man nehmen kann und sollte, beschäftigt wird.
Das liegt einfach daran, dass wir heute 40+ Jahre Erfahrung im deutschsprachigen Rollenspiel haben und sich Leute einfach daran erinnern können, wie es blöd gelaufen ist.
Mitte der 80er waren alle unerfahrene Newbies, die meisten in einem Alter, wo man eine eher egozentrisches Wahrnehmung besaß, so dass Rücksicht weniger relevant war.
Dazu kam auch eine über lange Zeit anhaltender Missionierungsdrang des "das hier ist der heiße Scheiß und wenn du das nicht erkennst, hast Du keine Ahnung".
Sehr vieles davon ist heute einfach entspannter und gelassener und sehr viele Erlebnisse führen eben zu dem Schluss, dass man bestimmte Erlebnisse nicht wiederholen möchte und zu der Frage, welche Möglichkeiten es gibt, das zu erreichen.

Ich mag den Begriff "Sicherheitstechnik" im Rollenspiel nicht. Zum einen, weil dieser vorgaukelt, bestimmte Mechaniken würden Sicherheit vor etwas garantieren (und das stimmt einfach nicht. Shit happens trotzdem) und zum anderen, weil dieser vorgaukelt, Rollenspiel wäre eine stark risikobehaftete Tätigkeit. Und das stimmt ebenso wenig.
Wenn ich als Handwerker Holz mit einer Kreissäge säge, kann ich mir die Finger oder noch mehr absägen. Als Elektriker kann ich tödliche Stromstöße bekommen. Und auch das sind keine stark risikobehafteten Tätigkeiten - in solchen Fällen muss man natürlich wissen, was man macht, wo Gefahren lauern und wie da einem Unfall vorzubeugen ist.
Als Rollenspieler spiele ich vor allem erst einmal ein Spiel, möchte unterhalten werden und am Ende ein positives Erlebnis mitnehmen. Was hier "Sicherheitstechnik" benannt wird, ist ein Werkzeug, die das Risiko vermindern soll, dass jemand am Tisch am Ende des Spiels ein negatives Erlebnis mitnimmt. Es soll Frustration oder weitaus negativere Emotionen oder Spielerfahrungen vermeiden.

Warum störe ich mich an diesem Begriff? Weil in der aktuellen Moderne mit solchen Begriffen die Erwartungshaltung geweckt wird, dass man eine Garantie oder einen Anspruch auf eine 100%ige "Sicherheit" vor etwas hat. Und genau das ist nicht der Fall. Es führt aber sehr schnell zu einer Verdrehung der Verantwortlichkeiten - der Spielleitung hat die 100%ige Sicherheit zu gewährleisten, sonst ...
Und genau das sehe ich eben nicht. Ist eine gesunde Vorbereitung oder ein Vorabgespräch (Session 0) überflüssig? Natürlich nicht. Aber genau wie klar sein sollte, dass jeder am Tisch Verantwortungen übernimmt, muss klar sein, dass es eben keine Sicherheitsgarantien gibt. Auch heute noch sägen sich Leute in die Finger oder bekommen Stromstöße - und das trotz Unfallverhütungsvorschriften, die genau das eigentlich garantiert verhindern sollen - shit happens trotzdem!
Und genau wie in der "unerfahrenen" Zeit viel zu viele mögliche Risiken einfach ignoriert haben, mangels Erfahrung, mangels Verantwortungsbewusstsein oder schlicht aus Egoismen, müssen wir uns heute bewusst machen, dass es keine Garantien gibt.
Die Mechanismen sind deswegen nicht schlechter - nur packen Sie dich nicht in Watte. Die Bezeichnung der Mechanismen wecken aber viel zu oft die Vorstellung, dass sie das tun würden.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Haukrinn am 27.09.2025 | 12:48
Ich bin da echt zwiegespalten. Ich hab meist ne X-Card dabei und erkläre auch wie die funktioniert, im Einsatz gesehen habe ich aber erst einmal, obwohl das Ding jetzt auch gut 20 Jahre alt ist. (Und ich glaube nicht, dass das an der mangelnden Verbreitung liegt - Sicherheitsmechanismen werden mittlerweile vom Großteil neu erscheinender Spiele thematisiert, und das ist auch gut so).

Viel wichtiger finde ich die Kommunikation vorab. Einerseits in Session 0, wenn man denn in einer festen Gruppe spielt, aber auch in Rundenankündigungen und -einleitungen auf Cons und ähnlichem. Darüber zu reden, was wahrscheinlich vorkommen wird und wie man das behandeln soll, finde ich durchaus angebracht und weh tut das auch erst mal niemandem. (Nur bitte nennt das nicht Triggerwarnung, das ist wieder total drüber)

Am wichtigsten finde ich aber Empathie und Mitgefühl am Spieltisch. Mir (und ich bin Autist) ist das ein absolutes Rätsel, wie man nicht mitbekommen kann, wie es anderen am Spieltisch geht. Ja, manche Menschen sind nicht so empathisch, aber die können dann zwischendurch auch mal fragen. Wenn da etwas in die falsche Richtung läuft, dann sollte man das merken können. Und mit man meine ich alle Spielenden (oft wird sowas ja auch gerne der Spielleitung angehangen). Und da sehe ich auch das Problem mit der X-Card oder auch mit expliziten Äußerungen. Bis die Hürde überwunden ist, sowas zu nutzen, ist es meist schon zu spät.

Ich möchte, dass mein Spieltisch ein safe space für alle ist (erst recht wenn es um Spiele mit hartem Tobak geht), die daran sitzen. Und daran müssen alle arbeiten. Tools nehmen einem das nicht ab.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Zed am 27.09.2025 | 13:01
Mal kurz einen Schritt zurück:

Das Tanelorn hat auch Highlight-Diskussionen wie diese hier: differenziert, abwägend, konstruktiv.

Danke für den tollen Input.

(Weil häufig ja nur aufdie entgleisenden Diskussionen hingewiesen wird.)
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: flaschengeist am 27.09.2025 | 13:01
Oder eine Spur harmloser. Nachdem unser Hund eingeschläfert worden war (schwarzer Labrador Mischling), kam es in einer Vampiresession zu einer Szene, wo die SL beschrieb, wie mein SC in einer Frenzy einen Hund aussaugte und den toten leergesaugten Körper beschrieb.
Auch kein im allgemeinen zu bannendes Thema, aber ich wollte mir das jetzt auch nicht allzu dolle  vorstellen, wo ich die Bilder unserer sterbenden Hündin nach der Spritze noch sehr gut im Kopf hatte ich hab gesagt X-Card um klar zu machen, dass ich jetzt nicht ingame rede, sagte, können wir einfach vorspulen, und dann haben wir in einer anderen Szene weitergespielt.
Und hatten noch ne schöne Session.

Sehr anschaulich, danke für die konkreten Beispiele. Mir ging beim Lesen folgender Gedanke durch den Kopf:
Du Funktion der X-Card ist ja (auch), etwas aus dem Spiel zu nehmen ohne den Grund dafür nennen zu müssen. Gedacht ist das "nicht erklären müssen" als Schutz. Aber hat es nicht auch die Nebenwirkung, dass ich mich so der Erfahrung beraube, von meinen Mitspielern Zuwendung und Mitgefühl zu erfahren? Denn wenn wir Gründe kennen, fällt es vielen bei den meisten Gründen leicht genug, Empathie zu zeigen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Haukrinn am 27.09.2025 | 13:20
Sehr anschaulich, danke für die konkreten Beispiele. Mir ging beim Lesen folgender Gedanke durch den Kopf:
Du Funktion der X-Card ist ja (auch), etwas aus dem Spiel zu nehmen ohne den Grund dafür nennen zu müssen. Gedacht ist das "nicht erklären müssen" als Schutz. Aber hat es nicht auch die Nebenwirkung, dass ich mich so der Erfahrung beraube, von meinen Mitspielern Zuwendung und Mitgefühl zu erfahren? Denn wenn wir Gründe kennen, fällt es vielen bei den meisten Gründen leicht genug, Empathie zu zeigen.

Vielleicht willst du dich aber in deiner hart erkämpften Freizeit mit Freunden nicht auch noch mit deinen Traumata auseinander setzen müssen? Es steht doch auch beim Einsatz der X-Card jedem frei, sich zu äußern und vielleicht auch das Spiel zu unterbrechen. Das Ding ist doch eher die Notbremse, wenn genau das (auch welchen Gründen auch immer) nicht möglich ist.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Smoothie am 27.09.2025 | 13:29
genau. Klar hätte ich an der Stelle das auch erklären können und hab in einem Umfeld gespielt, wo Leute dann sicherlich nett und mitfühlend mit mir umgegangen wären.

Aber ich wollte halt eigentlich gerne Vampire spielen und Spass haben...
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Alexandro am 27.09.2025 | 14:16
Sehr anschaulich, danke für die konkreten Beispiele. Mir ging beim Lesen folgender Gedanke durch den Kopf:
Du Funktion der X-Card ist ja (auch), etwas aus dem Spiel zu nehmen ohne den Grund dafür nennen zu müssen. Gedacht ist das "nicht erklären müssen" als Schutz. Aber hat es nicht auch die Nebenwirkung, dass ich mich so der Erfahrung beraube, von meinen Mitspielern Zuwendung und Mitgefühl zu erfahren? Denn wenn wir Gründe kennen, fällt es vielen bei den meisten Gründen leicht genug, Empathie zu zeigen.

Ja, das setzt aber auch natürlich voraus, dass die Mitspielenden in der Lage sind Verständnis aufzubringen.
Ich hatte mal einen Fall, wo eine Mitspielerin gesagt hat, dass sie eine Szene nicht so gut fand, weil ein NSC "Mansplaining" betrieben hat, und sie sich damit auf der Arbeit schon genug auseinandersetzen muss, das wollte sie nicht auch noch im Rollenspiel. Daraufhin hat (bevor ich überhaupt antworten konnte) ein anderer Mitspieler angefangen ihr zu erklären, warum das ja gar kein Mansplaining wäre, weil... (hier mansplaining der Mansplaining-Definition einfügen).
War in dem Fall nach der Runde, und auf einer Con mit unbekannten Mitspielenden, wäre das in der Runde passiert, dann wäre das ein klarer Fall für "X-Card, und weiter im Text".

Generell finde ich Safety Tools gut, unabhängig wie sie beschaffen sind gut - zumindest sollte man sich darüber etwas Gedanken machen (nein, "Wir treffen uns zum Charakterbauen" ist nicht dasselbe wie "Session 0"), unabhängig davon ob man jetzt ein konkretes Tool für geeignet erachtet oder nicht.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Darius der Duellant am 27.09.2025 | 14:22
Ah, wieder ein Beispiel dafür warum ich keinen Bock auf xcard proponenten am Tisch haben mag.
Wenn sich die Nutzung auf Politikscheisse ausdehnt weiß ich schon wieder direkt warum ich sowas am Tisch nicht will.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: First Orko am 27.09.2025 | 14:30
"sei kein Arsch, mach den Mund auf wenn du ein Problem hast, hör zu wenn andere ein Problem haben"
Tja. Wenn zwischenmenschliche Situationen immer so schön klar eindeutig und eindimensional wären.
Die Realität sieht aber anders aus, und so ist man auch mal plötzlich der Arsch, wenn man eine Situation die ganz klar scheiße für ein Mitspieler war, anspricht - mir genauso passiert. Einer der Akteure war Partner der SL und hat mit Mitspieler einen dritten Mitspieler quasi ingame "gebullied" auf ner Weise, das der Betroffenen schon Tränen in den Augen standen. Habs zweimal 'durch die Blume' ingame versucht und dann ne klare Am Tisch-Ansage gemacht.
Boah war die Stimmung dann gut...
Da hättest die Luft schneiden können.
Brauchten locker 30 min Unterbrechung weil die zwei Divas mit der Ansage nicht umgehen konnten.

Hätte mir da sehe ne X-Card gewünscht, rückblickend. Und wenn nur, um solche Knalltüten rauszufiltern durch die Vorstellung der XCard.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Darius der Duellant am 27.09.2025 | 14:34
Als ob bei solchen Leute irgendwas anderes als ne Klare Ansage helfen würde...
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Alexandro am 27.09.2025 | 14:37
Zitat
Ah, wieder ein Beispiel dafür warum ich keinen Bock auf xcard proponenten am Tisch haben mag.
Wenn sich die Nutzung auf Politikscheisse ausdehnt weiß ich schon wieder direkt warum ich sowas am Tisch nicht will.

Um es klarzustellen: die Spielerin hat die X-Card nicht benutzt (auch wenn es durchaus angemessen gewesen wäre: der NSC hat definitiv aggressives Mansplaining betrieben, und das war von mir auch beabsichtigt, um ihn im Spiel als Antagonisten zu charakterisieren), sie hat es lediglich hinterher angesprochen, dass sie es (aus verständlichen Gründen) etwas genervt hat.
Das rauszunehmen wäre kein Problem gewesen, egal was der "ich erklär dir jetzt mal Mansplaining"-Dummdödel gesagt hätte.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: ComStar am 27.09.2025 | 14:37
Ah, wieder ein Beispiel dafür warum ich keinen Bock auf xcard proponenten am Tisch haben mag.
Wenn sich die Nutzung auf Politikscheisse ausdehnt weiß ich schon wieder direkt warum ich sowas am Tisch nicht will.

Von Mansplaining genervt zu sein ist politisch? 🤯
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: flaschengeist am 27.09.2025 | 14:50
genau. Klar hätte ich an der Stelle das auch erklären können und hab in einem Umfeld gespielt, wo Leute dann sicherlich nett und mitfühlend mit mir umgegangen wären.

Aber ich wollte halt eigentlich gerne Vampire spielen und Spass haben...

Sehr nachvollziehbar aber meine These wäre hier, dass jemand nach authentischer Zuwendung viel schneller wieder auf Spaß umschalten kann. "Wegedrückte" Emotionen regulieren sich relativ zu geglückter interpersoneller Regulation schlechter. Muss natürlich dann auch glücken.

Ansonsten rate ich sehr, den Traumabegriff mit Vorsicht zu verwenden. Eine traumawertige Situation hat eng definiert zwei notwendige Bedingungen:
1. Lebensgefahr
2. Hilflosigkeit

Was sonst im Volksmund heute gerne als Trauma bezeichnet wird, sind verletzende Erfahrungen jeglicher Art. Verletzende Erfahrungen tun nicht gut aber traumawertige Situationen haben eben spezielle Qualitäten.
Weder für die therapeutische Praxis noch für die Theorie halte ich eine Begriffsdiffusion für hilfreich.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 14:54
@First Orko
Ich sehe solche Sachen ein bisschen wie Darius.
Wenn einen etwas stört, sollte man das ansprechen.
Dazu gehört bei mir auch, wenn man merkt, dass es einem Mitspieler schlecht geht.

Immerhin ist man eine Gruppe und man spielt zusammen.

@flaschengeist
Find ich sehr sinnvoll. Solche Begriffe sollten von Leuten des Fachs verwendet werden.
Wenn ich höre, dass jemand aufgrund von Rollenspiel traumatisiert werden könnte, habe ich den Eindruck, dass nach einer misslungenen Runde die Person eine Therapie benötigt.
Dabei hatte die Person bloß keinen Spass.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: HEXer am 27.09.2025 | 15:07
Also für mich genügt Regel Null.

Alle Probleme führen letztendlich wieder darauf zurück.

Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: schneeland am 27.09.2025 | 15:24
Ansonsten rate ich sehr, den Traumabegriff mit Vorsicht zu verwenden.
...
Was sonst im Volksmund heute gerne als Trauma bezeichnet wird, sind verletzende Erfahrungen jeglicher Art.

Im Prinzip gebe ich Dir recht, und ich bin der Meinung, dass die Sicherheitstechniken auch besser als Kommunikationstechniken bzw. -werkzeuge bezeichnet würden, aber ich fürchte, das Kind ist schon ein bisschen in den Brunnen gefallen.
Und selbiges gilt, fürchte ich, auch für die X-Card (sieht man ja auch ein wenig an der Diskussion hier). Speziell die Anweisung, das "Xen" nicht zu hinterfragen ist m.E. erklärungsbedürftiger als die Autoren das vorausgesehen haben. Wohlwollend gelesen heißt das für mich: es braucht eine kurze Erklärung, welche Inhalte als problematisch empfunden werden, aber keine Erläuterung/Rechtfertigung, warum diese als problematisch empfunden werden.
Es hilft m.E. auch ein bisschen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die X-Card - zumindest wenn ich mich richtig erinnere - von Leuten aus der Forge/Story Gaming-Ecke kommt, die 1) auch persönlichere Themen bespielt wollten, 2) häufiger mit verteiltem Erzählrecht arbeiten, und 3) häufiger auf Cons gespielt haben. Und gerade unter dieser Prämisse ergibt es m.M.n. schon Sinn, Kommunikationswerkzeuge zu haben, die einen Spielverlauf unterstützen, bei dem sich alle wohlfühlen und auch alle Spaß haben.
Ich glaube, dass das Konzept der X-Card auch über solche Fälle hinaus nützlich sein kann - Smoothie hat ja zwei gute Beispiele für Dinge genannt, bei denen so ein Werkzeug zum Tragen kommen könnte. Jetzt ist es natürlich so, dass die Relevanz innerhalb einer Gruppe von Freunden, die zusammen spielen, wahrscheinlich geringer ist. Aber auch da gibt es ja vielleicht Themen, die man nicht groß ausbreiten möchte. Oder man spielt eben einfach zusammen, und ist ansonsten nicht so dick.
Für eine breitere Akzeptanz müsste man das Ganze aber vermutlich nochmal neu aufziehen und vielleicht auch anders nennen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Maarzan am 27.09.2025 | 15:32
Man stelle sich vor die Spielerin aus Alexandros Beispiel hätte sich IC wegen Mansplaining beachwert und diese Einwürfe wären dann von dem Mitspieler wegeXt worden ...

X-Karte als "Stop, wir unterbrechen und reden drüber, ggf unter 4 Augen mit dem SL und versuchen da eine Lösung zu finden" - Anspruch ist denke ich völlig OK, aber den Automatikanspruch auf beliebige Vetorechte sehe ich sehr kritisch.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Haukrinn am 27.09.2025 | 15:50
Tja. Wenn zwischenmenschliche Situationen immer so schön klar eindeutig und eindimensional wären.
Die Realität sieht aber anders aus, und so ist man auch mal plötzlich der Arsch, wenn man eine Situation die ganz klar scheiße für ein Mitspieler war, anspricht - mir genauso passiert. Einer der Akteure war Partner der SL und hat mit Mitspieler einen dritten Mitspieler quasi ingame "gebullied" auf ner Weise, das der Betroffenen schon Tränen in den Augen standen. Habs zweimal 'durch die Blume' ingame versucht und dann ne klare Am Tisch-Ansage gemacht.
Boah war die Stimmung dann gut...
Da hättest die Luft schneiden können.
Brauchten locker 30 min Unterbrechung weil die zwei Divas mit der Ansage nicht umgehen konnten.

Hätte mir da sehe ne X-Card gewünscht, rückblickend. Und wenn nur, um solche Knalltüten rauszufiltern durch die Vorstellung der XCard.

Ich sehe nicht wie eine X-Card hier geholfen hätte, die klare Ansage war da meiner Meinung nach die einzig richtige Lösung. Wenn Leute sich daneben benehmen, dann ist ignorieren (und das wäre die X-Card in diesem Fall) nicht wirklich ne Lösung. Dann geht das nämlich bei nächster Gelegenheit einfach weiter.

Ich gehe bei solchen Situationen, sobald ich sie bemerke, dazwischen. Egal ob ich jetzt SL oder Spieler bin. Und is mir dann auch schietegal ob andere gerade tief in der Szene drin sind oder nicht (Probleme am Spieltisch löst man nicht In-game). Sobald psychische Gewalt gegen Charaktere (die kann ja je nach Spiel durchaus gewollt sein, in Monsterhearts beispielsweise) droht zu psychischer Gewalt gegen Spieler:innen zu werden, ist Schluss.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: ComStar am 27.09.2025 | 16:01
Ich sehe nicht wie eine X-Card hier geholfen hätte, die klare Ansage war da meiner Meinung nach die einzig richtige Lösung. Wenn Leute sich daneben benehmen, dann ist ignorieren (und das wäre die X-Card in diesem Fall) nicht wirklich ne Lösung. Dann geht das nämlich bei nächster Gelegenheit einfach weiter.[...]

Ich glaube die Idee wäre gewesen, das Mansplaining das NSCs weg-zu-Xen.
Damit wäre der Mitspieler gar nicht in die Gelegenheit gekommen zu mansplainen, dass das gar kein Mansplaining war.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Zed am 27.09.2025 | 16:06
Wenn einen etwas stört, sollte man das ansprechen.

Und könnte die betroffene Person es auch nonverbal "ansprechen", wenn Ihr das lieber ist?
Zum Beispiel, indem sie eine entsprechende Karte auf den Tisch legt?
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 16:11
Und könnte die betroffene Person es auch nonverbal "ansprechen", wenn Ihr das lieber ist?
Zum Beispiel, indem sie eine entsprechende Karte auf den Tisch legt?

Tatsächlich finde ich das nicht gut, weil der SL im Dunkeln gelassen wird, was nun stört. Das halte ich für unfair, zumal der SL die mit Abstand aufwändigste Rolle mit der grössten Arbeitsbelastung am Tisch hat.
Wir reden hier über eine Art ad hoc-Feedback, was der SL erhält. Und man stelle sich eine Feedback-Runde vor, bei der ein Spieler nur sagt "Fand die Runde doof".
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Haukrinn am 27.09.2025 | 16:16
Nur ist die SL bei sowas oft gar nicht das Problem. Wenn die Person mit der X-Karte das später (ob der Gruppe oder unter vier Augen) erklären möchte, ist und sollte ja auch ihr überlassen sein.

Zumal, wie ja hier diskutiert, das in der Praxis eh nur sehr selten vorkommt.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 16:23
Die Frage ist aus meiner Sicht nicht, wer das Problem ist, sondern wer ein Problem hat.
Und das ist offensichtlich die Person, die die X-Card aktiviert hat und auch der SL, der dafür sorgen muss, dass es weitergeht.
Damit der SL dies optimal erledigen kann, ist die Information, was zur Aktivierung der X-Card führte, wichtig und das nicht später, sondern in dem Moment.
Die X-Card ist (wie geschrieben) ein ad hoc-Feedback an die Runde, die diese im Spielfluss aktiv unterbricht und inhaltlich aber nur sagt "Mich stört hier etwas".
Und das finde ich Zuwenig.

Wie häufig sie benutzt wird, sehe ich als eher unwichtig.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Eleazar am 27.09.2025 | 16:31
Hinzu kommt:
Bei mir würde das Kopf-Kino losgehen: Was hat das Xen ausgelöst? Was genau? Bin ich schuld? Was darf jetzt nicht mehr geschehen, damit so was nicht wieder vorkommt? usw.

Für mich wäre nichts geklärt und der Spielabend gelaufen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Haukrinn am 27.09.2025 | 16:48
Ich bin hier ehrlich gesagt zusehends erschüttert darüber wie wenig Vertrauen und Empathie einige hier gegenüber ihren Mitspielern an den Tag legen (zumindest meiner Lesart nach).

Leute, versucht das doch mal nicht so verkopft anzugehen. Die ganzen Sicherheitsmechanismen bedeuten doch nicht automatisch dass jetzt alles nach „Trust the Process“ laufen muss. Das sind die Notbremsen und Leitplanken.

Da sitzen echte Menschen (meist eure Freund:innen) mit euch am Tisch, meint ihr nicht die sind zwischenmenschlich genauso weit wie ihr selbst?
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 16:59
@Haukrinn
Dann braucht man aber keine X-Card, denn dann kann ein betreffender Spieler ja auch unterbrechen und sagen, was stört.

Man könnte auch sagen, dass die X-Card ein Zeichen von Misstrauen ggü den Mitspielern ist.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Weltengeist am 27.09.2025 | 17:02
Ich gehe jetzt schon seit der Thread gestartet ist gedanklich die Situationen durch, in denen bei uns irgendwer getriggert worden ist, und frage mich, ob ein Konstrukt wie die X-Card geholfen hätte. Und eigentlich lautet meine Antwort immer: Nein.

Da waren zunächst die echt übergriffigen Sachen. Zückt ihr da echt eine X-Card, die Szene wird unterbrochen, und dann macht ihr einfach mit der Tagesordnung weiter? Glaube ich ernsthaft, dass ich den Typen, der da gerade einen sexuellen Übergriff ausgespielt oder seine sadistische Ader / sein postpubertäres Machtgehabe ausgelebt hat, mit einer X-Card umerziehe? Also bei mir waren das eigentlich immer "Mit dieser Person möchte ich nicht mehr an einem Tisch sitzen"-Momente. Und diese Konsequenz (Regel 0) habe ich jeweils auch daraus gezogen.

Übrigens waren das dort, wo ich selbst betroffen war, Situationen, in denen ich so verdattert war über den Übergriff, dass ich in dem Moment gar nicht zu einer Karte gegriffen hätte, weil ich noch bis zur nächsten Pause mit Verarbeiten beschäftigt war. Ich wollte gerade schreiben "Aber vielleicht geht das ja nur mir so", aber nach allem, was ich über realweltliche Übergriffe weiß, geht das eben keineswegs nur mir so. Die Leute, die da cool genug sind, sofort dagegenzuhalten, sind wahrscheinlich genau die, die auch keine X-Card brauchen.

Dann gibt es die harmloseren "Konnte ja keiner wissen"-Situationen. Ich versuche (wie viele andere hier auch), so etwas schon in der Session 0 abzufangen. Aber wenn dann doch mal was durchrutscht, halte ich (auch hier: wie viele andere auch) "kurz was sagen" für die richtige Vorgehensweise. Warum man ein künstliches Protokoll schaffen muss, damit man das zwischen den meisten Menschen völlig gängige Alltagsprotokoll nicht benutzen muss, erschließt sich mir nur begrenzt. In Gruppen, die einander kennen, eigentlich gar nicht.

Bleibt also eigentlich nur die Situation von Cons, Online-Spontanrunden o.ä., wo man mit mehr oder minder fremden Leuten spielt. Da kann ich mir so etwas noch am ehesten vorstellen, aber letztlich weniger für den tatsächlichen Einsatz (da ist das Kind nämlich schon in den Brunnen gefallen, und ein unbeschwertes "Weiter so" wird es für die getriggerte Person kaum geben). Sondern eher als Vorab-Signal, dass man in der Runde rücksichtsvoll und wertschätzend miteinander umgeht. Dass manche die Erfahrung gemacht haben, dass dieses Signal explizit notwendig ist, finde ich zwar frustrierend, aber das Hobby hat ja tatsächlich den einen oder anderen merkwürdigen Zeitgenossen zu bieten. Es bleibt also eigentlich nur die Hoffnung, dass die Verwendung einer X-Card diese Leute vom Tisch fernhält - aber gerade diejenigen, an die ich hier denke, haben oft gar nicht genug Selbstreflexion, um überhaupt zu bemerken, dass ihr Verhalten für andere problematisch ist...

tl;dr: Für mich selbst sehe ich die Verwendung der X-Card nicht wirklich. Ich setze lieber auf Vorbesprechungen und darauf, eine Atmosphäre zu schaffen, in der wir einander vertrauen und uns trauen, den Mund aufzumachen, wenn etwas blöd läuft. Und sorry, ja: Wenn dann jemand sagt: "Nö, du hast da zwar scheinbar ein Problem, aber wir machen das trotzdem nicht!" - dann sitze ich mit den falschen Leuten am Tisch.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Haukrinn am 27.09.2025 | 17:09
@Haukrinn
Dann braucht man aber keine X-Card, denn dann kann ein betreffender Spieler ja auch unterbrechen und sagen, was stört.

Man könnte auch sagen, dass die X-Card ein Zeichen von Misstrauen ggü den Mitspielern ist.


Keine Ahnung wie du das siehst aber für mich liegt zwischen einem Abend der mich unterhalten soll und einem bei dem von mir erwartet wird, dass ich Gefühle und Ängste teile, schon ein ziemlich weiter Unterschied.

Und ganz ehrlich, das als Misstrauen zu deuten ist schon ziemlich unterste Schublade.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 17:29
Du bist doch eh schon mit den Ängsten konfrontiert worden. Dann kann man auch (eventuell unter 4 Augen) kurz sagen, was es genau war, was störte. Es reicht ja schon die Nennung, was konkret störte.
Ist bloß bei der X-Card nicht erlaubt.

Und auch wenn Du es als unterste Schublade betrachtest, so ist die andere Perspektive doch die "Den stört was. Der reißt uns aus dem Spielfluss und wir dürfen raten, weil er uns nicht zutraut, damit umzugehen."
Kommunikation läuft halt immer in beide Richtungen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Haukrinn am 27.09.2025 | 17:45
"Den stört was. Der reißt uns aus dem Spielfluss und wir dürfen raten, weil er uns nicht zutraut, damit umzugehen."

Genauso ist möglich (und deutlich wahrscheinlicher), dass die Person sich in dieser konkreten Situation nicht zutraut, damit umzugehen. Deshalb hat sie ja die X-Card überhaupt erst gezogen. Das kann doch nicht so unoffensichtlich sein, oder?  wtf?

Zitat
Kommunikation läuft halt immer in beide Richtungen.

Ey, wenn man so ne Karte auf den Tisch legt, dann ist das schon Kommunikation. Wenn man die zieht; auch. Was willst du denn noch?  ::)

Ja, ich weiß: Nicht im dunkeln darüber gelassen werden, was da los ist. Klar. Ist dein gutes Recht.

Aber das dürfte was extrem unangenehmes sein, sonst wäre es nicht dazu gekommen. Denkst du nachbohren wäre da in irgendeiner Form konstruktiv oder hilfreich? Wenn ja, in welcher?
Wie soll das bitte einer Person, die etwas hätte sagen können, sich aber (wahrscheinlich aus guten und für dich nicht nachvollziehbaren Gründen, Gefühle sind nun mal nicht rational) bewusst dagegen entschieden hat, helfen?
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 17:56
Wenn es etwas derart Unangenehmes ist, dass man nicht darüber sprechen kann und noch nicht einmal den Teil der Szene benennen kann, der einen stört, so ist doch die Wahrscheinlichkeit sehr gross, dass einen die Szene eh einen Teil des Abends versaut hat und man etwas Zeit benötigt, sich davon zu erholen.
Kurzum: Die Runde ist gelaufen.

Und ich stimme zu: Wenn ein SL die X-Card auf den Tisch legt, kommuniziert dieser, dass er damit umgehen kann. Spieler, die selber die X-Card als Tool zur Verfügung haben wollen, sind dann glücklich und fühlen sich willkommen.

Ich nutze dieses Tool aus bereits genannten Gründen nicht und Spieler, die darauf bestehen, so ein Tool zur Verfügung zu haben, sind in meinen Runden dann auch nicht willkommen.

Ganz einfach!
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Alexandro am 27.09.2025 | 18:00
Zitat
Ist bloß bei der X-Card nicht erlaubt.

Klar ist das erlaubt. Wenn die Spielende Person sich genauer äußern möchte (entweder gleich, oder unter 4Augen nach der Runde, wenn sie Zeit hatte das Ganze ein wenig sacken zu lassen), dann gibt es nichts an der X-Card, was das verbietet. Ich sage meinen Spielenden auch immer recht deutlich "Ihr müsst nicht sagen, was genau euch gestört hat, manchmal ist das in der Situation nicht so einfach... aber ich freue mich natürlich, wenn ihr es trotzdem tut."

Letztendlich ist die X-Card ein Werkzeug, welches als Ergänzung/Erleichterung zur Regel 0 verwendet werden sollte, nicht um die Regel 0 zu ersetzen.

Man stelle sich vor die Spielerin aus Alexandros Beispiel hätte sich IC wegen Mansplaining beachwert und diese Einwürfe wären dann von dem Mitspieler wegeXt worden ...

Nun, wenn der Spieler einfach nur auf die X-Card zeigt, ohne sich zu erklären, dann würde er die ganze Szene wegXen (also sowohl das Mansplaining, als auch die Reaktion darauf).
Wenn er sich konkret dahingehend äußert "Nein, Mansplaining ist schon OK, ich möchte nur nicht, dass sich Frauen dagegen zur Wehr setzen", dann wäre dieser Spieler vermutlich ein Fall für Regel 0.

Trotzdem wäre das Zeigen auf die X-Card in diesem Fall besser als die Alternative, nämllich dass dieser DebateBro die Chance bekommen hätte, eine Diskussion über Mansplaining, und warum er (als Mann) es gar nicht so schlimm findet, loszutreten, und das Spiel komplett zum Entgleisen zu bringen.
Letztendlich läuft alles auf Regel 0 hinaus, die X-Card ist nur ein (möglicher) Weg, wie man da hinkommt, welcher es den Spielenden nicht erlaubt sich hinter Scheinargumenten wie "das ist aber realistisch", "das würde mein Charakter aber nicht tun" oder "aber ich sehe kein Problem darin" zu verstecken.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 18:07
@Alexandro
Das Einfordern ist nicht erlaubt.
Ich hätte mich da klarer ausdrücken sollen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Eleazar am 27.09.2025 | 18:26
Überzeugt mich alles nicht. Für mich ist die X-Karte eine Demonstration einer guten Haltung, kein Werkzeug mit praktischem Nutzen.
Und das Zeigen darauf erklärt genau nichts. Erst recht nicht, wenn jemand tatsächlich getriggert werden sollte.

Ich weiß nicht, ob es der konkrete Inhalt der Spielsituation ist.
Ob es die Wortwahl ist.
Ob es Ton oder Lautstärke waren.
Ob es eine gewisse Geste war.
Ob es eine bestimmte Person war, mit der es eine Geschichte gibt.
Ob es irgendwas davon war, was an sich überhaupt nicht schlimm ist, aber durch eine bestimmte Person wird an eine andere Situation erinnert.
usw.

Je nachdem, was es tatsächlich war, darf ich munter raten, spekulieren und eventuell sogar verdächtigen, was oder wer dahinter steckt. Nur sicher kann ich nicht sein. So gesehen, weiß ich ja nicht mal, was ich an der Situation überspringen soll. Dürfen in dem Szenario jetzt keine Leichen mehr gefunden werden oder ist nur auf eine Beschreibung zu verzichten usw.

Andererseits erwartet doch niemand, dass die von irgendwas betroffene Person gleich ihr ganzes Seelenleben auspackt. Aber ein: "Bitte sprich nicht in so einem lauten, aggressiven Tonfall. Das ist mir unangenehm" ist doch möglich und kann verarbeitet werden. Und in der Kaffeepause gibt es entweder eine weitergehende Erklärung oder nicht.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Maarzan am 27.09.2025 | 18:36
...

Nun, wenn der Spieler einfach nur auf die X-Card zeigt, ohne sich zu erklären, dann würde er die ganze Szene wegXen (also sowohl das Mansplaining, als auch die Reaktion darauf).
Wenn er sich konkret dahingehend äußert "Nein, Mansplaining ist schon OK, ich möchte nur nicht, dass sich Frauen dagegen zur Wehr setzen", dann wäre dieser Spieler vermutlich ein Fall für Regel 0.

So weit ich das weiß bezieht sich die X-Card nicht zwingend auf die gesamte Szene. Ich meine es hätte auch ein Beispiel irgendwo gegeben, wo die problematischen Spinnen in einer angemahnten Szene dann durch Ratten ersetzt worden sind.

Wer dann ggf. letztendlich die Runde verlässt, wäre dann entsprechend der  Meinungsbildung in der Gruppe eine Frage der politischen Anteile/Beliebtheit unter den Spielern, kann er sein, kann aber auch sie sein. 

Trotzdem wäre das Zeigen auf die X-Card in diesem Fall besser als die Alternative, nämllich dass dieser DebateBro die Chance bekommen hätte, eine Diskussion über Mansplaining, und warum er (als Mann) es gar nicht so schlimm findet, loszutreten, und das Spiel komplett zum Entgleisen zu bringen.
Letztendlich läuft alles auf Regel 0 hinaus, die X-Card ist nur ein (möglicher) Weg, wie man da hinkommt, welcher es den Spielenden nicht erlaubt sich hinter Scheinargumenten wie "das ist aber realistisch", "das würde mein Charakter aber nicht tun" oder "aber ich sehe kein Problem darin" zu verstecken.

Mit der X-Card in der Hart-Version bekommt sie keine Gelegenheit ihre Position zu vertreten, X-Karte gezogen -> weg damit, hast du IG nicht gesagt und lass das demnächst.

Letztlich sehe ich nur zwei Alternativen: Entweder gilt die X-Card ohne Stellungnahme und Abwägung -> dann "gewinnt" automatisch der Einsetzende für was auch immer
oder der Einsetzende muss sich zumindest mit dem SL auseinander setzen - und der muss seine Entscheidung dann wiederum dem Rest der Gruppe verkaufen können. Dann kann die X-Karte aber auch nach hinten los gehen und ist keine uneingeschränkte "Sicherheit" mehr.
Letzteres sehe ich wegen der dann stattfindenden Abwägung aber als einzige Möglichkeit die Belange aller Beteiligten berücksichtigen zu können.

Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Haukrinn am 27.09.2025 | 18:48
Hmm, also das klingt fast schon mehr wie ne harte Spielregel als wie ein echtes Hilfsmittel. Kann man so sehen, habe ich so praktisch in der Handhabung aber noch nie erlebt, dass das so kommuniziert worden ist. Und mir fiele jetzt auch kein Regelwerk ein, in dem das so steht.

Ich empfehle da auch mal einen Blick auf die originäre Beschreibung von Stavropoulos.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Alexandro am 27.09.2025 | 19:11
So weit ich das weiß bezieht sich die X-Card nicht zwingend auf die gesamte Szene. Ich meine es hätte auch ein Beispiel irgendwo gegeben, wo die problematischen Spinnen in einer angemahnten Szene dann durch Ratten ersetzt worden sind.

Das wäre ein Fall, wo die Spielende Person konkret benennt, was sie wegXt. Wenn die SL keine Ahnung hat was jetzt mit dem X gemeint ist, dann wird halt die Szene weggelassen, um sicherzugehen.

Zitat
Wer dann ggf. letztendlich die Runde verlässt, wäre dann entsprechend der  Meinungsbildung in der Gruppe eine Frage der politischen Anteile/Beliebtheit unter den Spielern, kann er sein, kann aber auch sie sein.

Oder es kann auch die SL sein, wenn diese merkt, dass die Gruppe sich zwar einig ist, aber man als SL nicht in einer solchen Gruppe spielen möchte.
In jedem Fall hat man Regel 0 befolgt (nicht mit Idioten zu spielen... ob das jetzt dadurch passiert, dass der Person nahegelegt wird die Runde zu verlassen, oder man selbst die Runde verlässt, ist letztendlich egal - hauptsache man spielt nicht mehr mit dieser Person zusammen).

Zitat
Mit der X-Card in der Hart-Version bekommt sie keine Gelegenheit ihre Position zu vertreten, X-Karte gezogen -> weg damit, hast du IG nicht gesagt und lass das demnächst.

Wie schon von Haukrinn gesagt: das ist eine Extremposition, welche den GMV und ein Großteil des Intents der X-Card (welcher durchaus ausformuliert ist) ignoriert und nicht immer Gültigkeit hat.
Aber selbst wenn man es so extrem auslegt, dann wäre diese Situation eine der (wenigen) Situationen, wo das ist (in dem Fall) gut so ist (weil eine Äußerung der Person in diesem Fall nichts besser, und sehr viel schlechter, machen würde).

Zitat
Letztlich sehe ich nur zwei Alternativen: Entweder gilt die X-Card ohne Stellungnahme und Abwägung -> dann "gewinnt" automatisch der Einsetzende für was auch immer

Das ist eine seltsame Definition von "Gewinnen" ("Juchhu, ich habe das letzte Wort (weil alle den Raum verlassen haben und nicht mehr mit mir diskutieren wollen) So much win!").

Zitat
oder der Einsetzende muss sich zumindest mit dem SL auseinander setzen - und der muss seine Entscheidung dann wiederum dem Rest der Gruppe verkaufen können. Dann kann die X-Karte aber auch nach hinten los gehen und ist keine uneingeschränkte "Sicherheit" mehr.
Letzteres sehe ich wegen der dann stattfindenden Abwägung aber als einzige Möglichkeit die Belange aller Beteiligten berücksichtigen zu können.

Wie gesagt: es geht nicht darum, dass alle in der Runde einverstanden sind. Wenn sie feststellen "OK, offensichtlich haben wir da unterschiedliche Ansichten bezüglich dessen, was X-würdig ist, und kommen da im Leben nicht überein", dann kann das auch eine wertvolle Erkenntnis sein (und besser man erfährt das auf diese Weise, als in einer sich festfahrenden und immer mehr verschärfenden Diskussion).
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Saffron am 27.09.2025 | 19:35
Ihr sagt dauernd, dass beim Ziehen der X-Karte niemand genau weiß, was eigentlich das Problem ist. Meiner Ansicht nach ist das Quatsch. Wenn ich die X-arte ausspiele, sage ich natürlich, was mich gerade stört. Daher ist "Ich sag halt einfach, wenn mich etwas stört" und "Ich ziehe die X-Karte, wenn mich etwas stört", genau das gleiche. Es bedeutet nur, dass ich mich nicht rechtfertigen muss, warum mir etwas unangenehm ist.

Wenn also z.B. eine Höhle beschrieben wird, mit fauligem Geruch, herumliegenden abgenagten menschlichen Knochen und 3 Meter hohen Spinnweben, sage ich nicht: "Die Szene möchte ich nicht im Spiel haben", sondern sage konkret "Können wir die Spinnen weglassen?" Ich muss nur nicht erklären, ob ich vor Spinnen Angst habe, oder warum. Oder warum ich den angedeuteten Kannibalismus total okay finde, mich aber wegen ein paar Spinnen zimperlich anstelle.

Was bringt mir die X-Karte? Das vereinbarte Werkzeug bedeutet eine Akzeptanz für eventuelles Bescheid sagen. Denn früher als wir so etwas beim Rollenspiel noch nicht kannten, ist es manchmal vorgekommen, dass eine harte Szene für jemandem unangenehm war. Es bestand aber eine Hemmschwelle, das anzusprechen, denn scheinbar war das ja für alle anderen gerade okay, und man wollte nicht den Spielfluss stören oder als Spaßbremse gelten.






Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 19:39
@Saffron
Ok, das ist im Endeffekt das, was in meinen Runden läuft, bloß halt ohne X-Card.
Dafür ist die Runde 0 da, um solche Sachen im Vorfeld zu klären.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: 6 am 27.09.2025 | 19:55
@Saffron
Ok, das ist im Endeffekt das, was in meinen Runden läuft, bloß halt ohne X-Card.
Dafür ist die Runde 0 da, um solche Sachen im Vorfeld zu klären.
Bei unvorhersehbaren Situationen, die (zumindest meiner Meinung nach) zum Standardreportoir einer normalen Rollenspielrunde dazu gehört, bringt Dir die Session 0 leider nicht viel. (Ich hatte eine Runde in einer längeren Kampagne, bei der eine Spielerin sich selbst getriggert hatte, weil sie ihren Charakter zum ungeschützten Sex geführt hatte. Nein. Ich habe die X-Card dafür nicht benutzt, aber es hat einige Zeit gekostet, bis sie mir glaubte, dass ich nicht auswürfel, ob ihr Charakter ein Kind bekommt. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen bei einer Session 0 sowas anzusprechen).
Session 0 ist zwar sehr hilfreich, aber immer dran denken, dass die Session 0 niemals alles abdecken kann. Sie kann dann sogar zum Gegenteil führen ("War haben alles abgedeckt. Ab jetzt brauchen wir uns keine Gedanken mehr darum machen!")
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 20:00
@6
Du missverstehst etwas.
Bei Runde 0 (zumindest bei mir) wird nicht nur abgeklärt, was im Spiel nicht vorkommen sollte, sondern auch, dass man sich kurz mitteilen sollte, wenn einem im Spiel etwas stört.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: 6 am 27.09.2025 | 20:03
@6
Du missverstehst etwas.
Bei Runde 0 (zumindest bei mir) wird nicht nur abgeklärt, was im Spiel nicht vorkommen sollte, sondern auch, dass man sich kurz mitteilen sollte, wenn einem im Spiel etwas stört.
Also ne Quasi X-Card, die halt nicht so heisst. Okay.
EDIT: Okay okay. Deine Mitspieler sollen nicht auf ne Karte tippen. Rest ist gleich.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Maarzan am 27.09.2025 | 20:33
Hmm, also das klingt fast schon mehr wie ne harte Spielregel als wie ein echtes Hilfsmittel. Kann man so sehen, habe ich so praktisch in der Handhabung aber noch nie erlebt, dass das so kommuniziert worden ist. Und mir fiele jetzt auch kein Regelwerk ein, in dem das so steht.

Ich empfehle da auch mal einen Blick auf die originäre Beschreibung von Stavropoulos.

So wie die X-Card da steht -> ich nehme das als Referenz: https://docs.google.com/document/d/1SB0jsx34bWHZWbnNIVVuMjhDkrdFGo1_hSC2BWPlI3A/edit?tab=t.0 (https://docs.google.com/document/d/1SB0jsx34bWHZWbnNIVVuMjhDkrdFGo1_hSC2BWPlI3A/edit?tab=t.0) ist es  der Versuch die Existenzberechtigung von als triggernd wahrgenommene Elementen und auch ggf   Gespräche /Rückfragen über das Element des Anstoßes alleine in die Hand der X_Card_Benutzenden zu legen und ohne Moderation oder Abwägung den SL zur Eliminierung zu verpflichten.

Und dass öffnet alle mögliche Türen für neuen Ärger.

Was eine X-Card meines Erachtens maximal leisten kann ist was Safron schon benannt hat. Das Versprechen sich die Zeit zu einer Auszeit zu nehmen um ein mögliches Gespräch über ein Problem führen zu können und die Zusage die Bedenken ernst zu nehmen.
Aber eine "Sicherheit", dass das Problem durch den SL gelöst/eliminiert wird, kann es nicht geben, denn die Chance besteht, dass der X-Card-Zieher das Problem ist!




Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Darius der Duellant am 27.09.2025 | 20:52
Von Mansplaining genervt zu sein ist politisch? 🤯


"Mainsplaining" ist eine derartige pillepalle im Vergleich zu harte. Traumata dass es komplette Beliebigkeit für den Einsatz eröffnet.
Und für komplette Beliebigkeit akzeptiere ich kein "muss ohne Widerspruch und Nachfrage geschluckt werden" sondern allenfalls "mach den Mund auf und sag ganz konkret was dich gerade stört".
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Darius der Duellant am 27.09.2025 | 20:56
Und könnte die betroffene Person es auch nonverbal "ansprechen", wenn Ihr das lieber ist?
Zum Beispiel, indem sie eine entsprechende Karte auf den Tisch legt?

Nein, weil da die Informationen darüber fehlen was genau in der Szene jetzt das Problem war.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: ComStar am 27.09.2025 | 21:01

"Mainsplaining" ist eine derartige pillepalle im Vergleich zu harte. Traumata dass es komplette Beliebigkeit für den Einsatz eröffnet.
Und für komplette Beliebigkeit akzeptiere ich kein "muss ohne Widerspruch und Nachfrage geschluckt werden" sondern allenfalls "mach den Mund auf und sag ganz konkret was dich gerade stört".

Da stimme ich dir sogar prinzipiell zu. Aber politisch? Ernsthaft?
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 21:02
Also ne Quasi X-Card, die halt nicht so heisst. Okay.
EDIT: Okay okay. Deine Mitspieler sollen nicht auf ne Karte tippen. Rest ist gleich.

OK, einen Unterschied gibt es: SL und/oder Spieler können einfordern, dass mindestens genannt wird, was stört.
Und ja! Es gibt keine X-Card, sondern im Endeffekt ist es nichts weiter als das, was ich erwachsenes und reifes Verhalten nenne, worunter ich das Äussern von Dingen nenne, die einen stören.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Alexandro am 27.09.2025 | 21:05
"Mainsplaining" ist eine derartige pillepalle im Vergleich zu harte. Traumata dass es komplette Beliebigkeit für den Einsatz eröffnet.

Schön wenn es für dich, der du eher nicht davon betroffen bist, nicht wichtig ist. Das macht es aber nicht harmlos.

Mansplaining kann einem den Alltag und den Job so richtig schön versauen - und zwar deutlicher und nachhaltiger, als eine Spinnenphobie o.ä., welches als Beispiel für die X-Karte explizit genannt wurde. Daher kann ich verstehen, wenn man sich im Rollenspiel nicht damit auseinandersetzen will, und besonders keine ermüdenden Grundsatzdiskussionen mit irgendwelchen Volldeppen darüber führen möchte.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Maarzan am 27.09.2025 | 21:11
...mit irgendwelchen Volldeppen darüber führen möchte.
Volldepp*:Innen bitte schön ...  ~;D
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: 6 am 27.09.2025 | 21:12
OK, einen Unterschied gibt es: SL und/oder Spieler können einfordern, dass mindestens genannt wird, was stört.
Und ja! Es gibt keine X-Card, sondern im Endeffekt ist es nichts weiter als das, was ich erwachsenes und reifes Verhalten nenne, worunter ich das Äussern von Dingen nenne, die einen stören.
Perfekt. Dass ein SL so achtsam reagiert, ist die wichtigste Aufgabe (laut Erschaffer) der X-Card. :)

EDIT: Genau deshalb verstehe ich die Diskussion über die X-Card ehrlich gesagt immer weniger. Ich selber benutze die X-Card nicht. Aber ich sage vor einer Runde mit Fremden immer, dass sie sich melden sollen, wenn ich etwas rauslassen soll. Etwas dass ich besonders früher extrem selten in Runden als Spieler erlebt habe. Das hat sich nach meiner Erfahrung in den letzten Jahren wesentlich gebessert.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Darius der Duellant am 27.09.2025 | 21:16
Wenn du von Dingen auf dem Niveau von "mansplaining" so hart ausgelöst wirst dass es dir nicht möglich ist einen Satz der den Inhalt "dein mansplaining nervt, kannst du das bitte unterlassen?" klar transportiert zu formulieren, hast du mMn Probleme die über das hinausgehen was ich bei mir am Spieltisch haben möchte.
Ansonsten nehme ich Arachnophobie ernst, dafür gibt's nen ICD10, was für mansplaining nicht gilt.


Da stimme ich dir sogar prinzipiell zu. Aber politisch? Ernsthaft?

Ich habe den Begriff bisher in RL nur im Kontext von Leuten mit politischem Sendungsbewusstsein aus einer spezifischen Richtung gehört. Und das brauche ich am Tisch genausowenig wie irgendwelche Rants von der anderen Seite.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Ludovico am 27.09.2025 | 21:20
@6
Mich stört, dass sich die Betroffenen nicht äussern brauchen, was sie stört.
Und wenn das doch möglich ist, dann hab ich das Gefühl, dass es nur ein weiterer fancy Name ist für etwas, was ich als normales erwachsenes Verhalten betrachte.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: 6 am 27.09.2025 | 21:27
@6
Mich stört, dass sich die Betroffenen nicht äussern brauchen, was sie stört.
Und wenn das doch möglich ist, dann hab ich das Gefühl, dass es nur ein weiterer fancy Name ist für etwas, was ich als normales erwachsenes Verhalten betrachte.
Du bestimmst mit Deiner Gruppe zusammen die Regeln. Ich denke Ihr habt auch für andere Sachen Eure eigenen Hausregeln. :)
Das Problem dabei ist, dass es über lange Zeit hinweg eben nicht als "normales erwachsenes Verhalten" angesehen wurde. Zum Glück hat sich das mittlerweile geändert.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: schneeland am 27.09.2025 | 21:33
Volldepp*:Innen bitte schön ...  ~;D

Niemand wird hier verpflichtet zu Gendern, aber das Ganze zu veralbern ist nicht cool. Bitte lassen.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Alexandro am 27.09.2025 | 21:54
Wenn du von Dingen auf dem Niveau von "mansplaining" so hart ausgelöst wirst dass es dir nicht möglich ist einen Satz der den Inhalt "dein mansplaining nervt, kannst du das bitte unterlassen?" klar transportiert zu formulieren, hast du mMn Probleme die über das hinausgehen was ich bei mir am Spieltisch haben möchte.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Darius der Duellant am 27.09.2025 | 22:02
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Sind alles keine Entschuldigungen oder valide Ausreden dafür, nicht den Mund aufzumachen und klar zu kommunizieren was das Problem ist.
Die Leute am Tisch können nichts für deine/ihre Probleme, bring die nicht ungefragt an den Tisch.
Um mich zu wiederholen, das ist eine gemeinsame, freiwillige, unbezahlte Freizeitaktivität. Deine/ihre Mitspieler sind am Tisch um Rollenspiel zu spielen, nicht um als Blitzableiter für private Probleme Einzelner zu dienen.
Aber das braucht eine gewisse Fähigkeit sich mal nicht selbst als den konstanten Mittelpunkt der Welt zu sehen sondern zu raffen dass es keinen Anspruch darauf gibt, andere in ihrer Freizeit mit deinen persönlichen Problemen zu nerven.
Und wer ernsthaft an einer Anthropophobie leidet, ist in einer Rollorunde mit fremden vielleicht nicht in der idealen Freizeitbeschäftigung gelandet.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Alexandro am 27.09.2025 | 22:21
Sind alles keine Entschuldigungen oder valide Ausreden dafür, nicht den Mund aufzumachen und klar zu kommunizieren was das Problem ist.
Die Leute am Tisch können nichts für deine/ihre Probleme, bring die nicht ungefragt an den Tisch.
Um mich zu wiederholen, das ist eine gemeinsame, freiwillige, unbezahlte Freizeitaktivität. Deine/ihre Mitspieler sind am Tisch um Rollenspiel zu spielen, nicht um als Blitzableiter für private Probleme Einzelner zu dienen.

Es ist auch für die Person die unter Mansplaining zu leiden hat eine freiwillige, soziale Freizeitaktivität. Während der sie sicherlich nicht unbedingt mit solchem Scheißverhalten konfrontiert werden möchte (und jeder der halbwegs normal tickt, weiß genau was damit gemeint ist - da ist es weder notwendig noch wirklich sinnvoll ins Detail zu gehen, weil dann räumt man dem Thema welches die Person eigentlich vermeiden wollte ja viel zu viel Platz ein).

Zitat
Aber das braucht eine gewisse Fähigkeit sich mal nicht selbst als den konstanten Mittelpunkt der Welt zu sehen sondern zu raffen dass es keinen Anspruch darauf gibt, andere in ihrer Freizeit mit deinen persönlichen Problemen zu nerven.

Ich glaube ich habe noch nie einen Satz gelesen, der mehr von Narzissmus und Egozentrik triefte. "Wenn andere Leute Probleme haben und versuchen Bewältigungsstrategien für diese zu suchen, damit sie einem ausgleichenden Hobby nachgehen können, dann machen die da sicher nur, um ihre Mitmenschen damit zu ärgern." ist schon ein recht "spezielles" Menschenbild. :gaga:
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: unicum am 27.09.2025 | 22:37
Ich finde diese "Wer Rollenspiel spielt, muss schon hart sein und was aushalten" Attitüde hier im allgemeinen ein bisschen lustig...

Ist Attitüde ein Kampfbegriff für dich? Ich fühl mich nämlich gerade dadurch etwas angegriffen vor allem auch mit "ein bisschen lustig". Und ich hab nicht gesagt das man Im rollenspiel hart sein muss und etwas aushalten. Aber man muss erkennen können wenn es eben schon im Ansatz nicht funktioniert und das komunizieren. Also wenn du kein Blut sehen kannst und Medizin studierst solltest du Psycologoe werden und nicht Unfallcirog. Analog: Wenn du mit Gewalt nicht klarkommst und SL sagt wir spielen D&D Dungeoncrawl und mähen uns durch die Gegner oder er sagt "rechtnet damit das eure Figuren auch mal sterben" du aber ein Problem damit hast, ja dann gehts eben nicht und ja, das ist vieleicht hart und du bist ausgeschlossen.

Zugestanden diese Modernen Hilfsmittel mögen das etwas einfacher machen aber ich,... ja ich wüsste jezt nicht mal wo die eine XCard ist die ich habe.

Wenn jemand beim Spiel gleich als erstes eine XCard auf den Tisch legt würde ich mich aber auch fragen oh - warum? Denn ja es gibt sicherlich leute die sind härter, oder nennen wir es mal anderst vieleicht "weniger emphatisch"- aber die sind dann auch nicht unbedingt schlechtere Menschen. Vieleicht lassen sie lieber an einem NSC ihren Frust ab auf eine art und weise die sie sonst nicht machen würden. Vieleicht beschreibt ein SL einen NSC etwas grausamer damit man genau weis "das ist einer von den bösen" (da gibt es ""schöne"" Abhandlungen in der Soziologie bezüglich zeugenaussagen von Opfern und Tätern).

Ich hatte schon in den 90ern gelernt das ich als SL immer die Gruppe im Blick haben sollte. Zugestanden aus anderen Gründen, etwa "langweilt sich gerade jemand?'' aber wenn ich durch die Runde schaue und einem stürzt gerade das Gesicht ab, wird kreidebleich, etc dann ist die Frage "hast du gerade einen Schlaganfall?" - selbiges ist auf einem Con schon mal im Nachbarzimmer  passiert.

Es ist ein Soziales Spiel (naja für die meisten, ich hab gerade eine Conrunde für mich umorganisiert damit ich nicht mit jemadnen aus meiner schwarzen Liste spielen muss - da sind wir wieder bei Arschlöchern) und ich denke niemand sagt hier das man sich besonderst rücksichtslos verhalte sollte, aber - das muss ich halt auch sagen: Ich hab die X-Card in der anwendung noch nie erlebt, eher erlebt hab ich 'aufstehen und gehen' oder '"wenn du riesenarsch dich nicht benimmst erteil ich dir hier hausverbot"' und das war dan auf Cons.

Klar das mit dem Triggern kann exorbitant schnell gehen. Ich für mich sag mir dass es unter umständen schneller ist einfadch Stop zu sagen wie nach der X-Card zu kramen die irgendwo unter den Characterbögen und den Chips liegt.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Prisma am 27.09.2025 | 22:38
Savety Tools im Pen & Paper, wie insbesondere die X-Card, halte ich nicht nur für nutzlos, sondern auch für schädlich.

Die X-Card ist nutzlos, weil sie die Exposition mit dem Trigger nicht verhindern kann. Das kann nur ein klärendes Gespräch im Vorfeld erfüllen, welches mit allen Spielteilnehmer erfolgen muss. Denn wenn nur der SL informiert ist, kann ein Spieler den Trigger unwissend ins Spiel bringen. Nun kann die X-Card zwar die Fortführung des Triggers bremsen aber nicht verhindern, denn der Getriggerte kann die Exposition nicht aus seinem Gedächtnis löschen. Sie ist für ihn passiert und er bleibt mit allen Nachteilen getriggert. Auch wenn alle sagen "Ereignis X ist im Spiel nie passiert." ist es ja dennoch am Spieltisch geschehen.

Wenn die X-Card wenigstens unschädlich wäre, könnte man das noch als "es hilft zwar nicht, es schadet aber auch nicht..." Argument anbringen. Aber leider ist sie schädlich, weil derjenige der sie auslöst in diesem Moment unglaublich viel privates über sich preisgibt, oder wenigstens Spekulationen darüber auslöst. Diese Informationen sind hochprivat und man lässt schon innerhalb der Gruppe "die Hosen runter", doch sie können die Gruppe auch leicht verlassen und sich im Umfeld verbreiten. In einem Umfeld in dem die Leute immer wieder zusammenkommen (z.B. private Runde oder Rollenspielverein) kann das negative Folgen haben, wenn Menschen wissen, welche Knöpfe sie bei anderen drücken können. Auch beim Spiel mit wildfremden Leuten, typischerweise auf einer Con, kann sich das negativ auswirken, wenn jemand z.B. auf dem Flur von der Runde erzählt, wo "der und der" in der einen Runde zu diesem Ereignis die X-Card ausgelöst, "der" muss wohl "diese und diese" Probelme haben. Trigger sind wie gesagt hochprivat und bereits die Herstellung eines Eindruckes kann schnell schädlich werden, weil andere davon erfahren haben. Gefährlich wird es sogar wenn die falschen Personen davon erfahren. 

Gefährlich kann es auch werden, wenn die X-Card aufgezwungen wird. So gibt es Cons auf denen die X-Card verpflichtend auf dem Tisch liegt. "Es muss sie niemand auslösen", ist in meinen Augen kein valides Argument, weil es immer jemanden gibt, der sich der Risiken in dem Moment nicht bewußt ist und auf die Karte tippt. Da ist das Kind schon in den Brunnen gefallen. Selbst für den SL der über die Risiken zum Rundenbeginn aufklärt, kann sich das negativ auswirken, weil manche das als eine Handlung sehen, die sich "gegen den Willen der Con-Betreiber" richtet.

Mit Trigger umzugehen erfordert eine gewisse Eigenverantwortung desjenigen der sie hat. Darius hat schon recht, wenn er schreibt, dass persönliche Probleme nicht die Probleme der Gruppe sind, die bloß spielen will. Das ist hart, das verstehe ich, aber es stimmt. Wenn man mit erzählter Gewalt nicht zurecht kommt, ist das zwar okay, aber man sollte dann besser kein D&D spielen. Wenn einen erzählter Mißbrauch triggert, sollte man die Finger von Vampire lassen usw. Die X-Card wäre sowieso nutzlos, weil sie einen nicht vor der Exposition schützt. Die einzige Handlung die hilft, ist das klärende Gespräch im Vorfeld oder am Anfang. Doch auch damit gibt man seine Triggerthemen preis.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: Zed am 27.09.2025 | 22:45
Sprechen wir über das Gleiche?

Die meisten Leute, die Praxiserfahrung mit der X-Karte haben, sagen hier, dass auch sie die Session Null nutzen, um Grenzen zu klären.

Sollte im Laufe des Spielens bei jemandem Eingreifbedarf auftauchen, dann spricht die Person das an. Das kann mit dem Zeigen auf die X-Karte eingeleitet werden, muss aber nicht, und es kann auch direkt angesprochen werden.

Richtig so?

Und jetzt trennt sich die Community:

In den sehr seltenen Fällen, in denen die eine Person so sehr betroffen ist, dass ihr gerade die Worte fehlen, kann sie auf die Karte zeigen. Was dann geschieht, hängt von den Umständen ab.

Das scheint aber sehr selten zu passieren. Eher ist es wohl so, dass "die Karte zeigen" plus "Erklärung" der Standardfall ist, wie sie eingesetzt wird.

Die Leute, die die Vorteile der X-Karte sehen, finden gut, dass es außer "Rauslaufen" und "Zusammenbruch am Tisch" noch eine Voroption, den "Einsatz der Karte ohne sofortige Erklärung" gibt.

Sollte in meiner Runde jemals eine Person so tief betroffen gewesen sein, dass ihr die Worte gefehlt hätten, wären ich und die anderen enorm behutsam und als langjährige Rollenspielfreunde voll aktiviert, der betroffenen Person beizustehen.

Würden wir die X-Karte nutzen und würde sie jemand einsetzen, würden wir sie sicher als ebenso bedeutsam ansehen, als würde jemand am Tisch zusammenbrechen.

Das ist bei uns in 30 Jahren noch nie vorgekommen. Wir sprechen über sehr seltene Ereignisse, habe ich das schon hervorgehoben?

Diejenigen, die der Karte kritisch gegenüberstehen, scheinen die absolute Seltenheit solcher Ereignisse zu ignorieren und sich einzig auf das Potenzial des Missbrauchs zu fokussieren. Sie könnten ja fortwährend im Spielverlauf mit einem stummen Fingerzeig auf ihre "Grobheiten und Unsensibilitäten" hingewiesen werden und dürften sich nicht einmal verteidigen. Doch das ist ein Strohmann, der mehr über die eigene Unsicherheit aussagt als über die Realität.

Lasst uns doch lieber bei der Realität bleiben anstatt bei dem ausgedachten, befürchteten Missbrauch.
Titel: Re: Jenseits X-Card
Beitrag von: klatschi am 27.09.2025 | 23:17
Sprechen wir über das Gleiche?

Mal schauen, ich kann dir folgen bis hier:

Die Leute, die die Vorteile der X-Karte sehen, finden gut, dass es außer "Rauslaufen" und "Zusammenbruch am Tisch" noch eine Voroption, den "Einsatz der Karte ohne sofortige Erklärung" gibt.

Die Frage ist: Was passiert jetzt?

Die Gruppe ist in der Höhle mit den zuvor genannten Kadavern und Spinnen.
Spieler*in XYZ tippt auf die X-Karte. Die Szene soll übersprungen werden.

GM: "Ah, okay, dann seid ihr jetzt im Dungeon, das an die Höhle anschließt. Also ihr habt euch da durchgearbeitet, und den Zugang im Nest gefunden..."

Die Spielleitung hat nun aber vielleicht ein Dungeon eines alten Spinnenvolks geschrieben, oder das Dungeon eines verrückten Leichenfledderers. Was hat getriggert? Ohne Kontext und ohne Detaillierung brauch ich doch gar nicht weiterspielen, ich werde also sowieso unterbrechen müssen. Noch dazu: Danach kann ich doch sowieso nicht so tun, als sei nichts geschehen.

Dann hilft mir das Ding aber einfach nichts, ein Werkzeug, das etwas ersetzen will, was am Ende sowieso folgen muss. Die Person könnte auch während der Beschreibung kurz sagen: "Sorry, geht nicht", aufstehen und kurz den Raum verlassen.

Die X-Card erscheint mir wie ein Tool, das etwas erleichtern und ersetzen will, ohne dass es dies erleichtert oder ersetzt.

Und meine grundlegende Perspektive ist:
Ich freue mich für und über jede und jeden, die unser Hobby genießen. Wenn ich psychische Belastungen und echte Traumata (über die inflation des Begriffs wurde ja schon gesprochen) habe, dann muss ich das antizipieren, bevor ich an den Spieltisch gehe. Der Tisch hat ne Verantwortung mir gegenüber, aber ich hab auch ne Verantwortung gegenüber jedem anderen am Tisch (und vor allem: mir gegenüber). Wenn ich so panische Angst vor Spinnen habe, dass ich die Beschreibung nicht ertrage, dann muss ich das antizipieren (vor allem, wenn ich ein Fantasy-Rollenspiel spiele) und dem GM sagen: Bitte lass das raus. Proaktiv. Und wenn ich gesagt bekomme: "Oh boy, da ist der eine Story Arc, der war so geil spinnig geplant..." dann müssen nicht alle auf mich Rücksicht nehmen, sondern dann kann ich theoretisch auch anbieten, dass mein Char in dem Story Arc fehlt. Meine Bedürfnisse müssen nicht immer über denen der anderen stehen.

Überträgt sich meine Phobie auf alles vielgliedrige? Spinnen, Tausendfüßler, Riesenameisen, etc? Dann muss ich mich fragen, wie weit ich alle anderen einschränken will und ob mein Mitspielen bei einer D&D-Kampagne Sinn macht. Ja, ich bin dann eingeschränkt. Ich kann nicht alles machen, ich sollte dann vielleicht etwas anderes spielen.

Wenn ich gerade einen super schweren Schicksalsschlag habe, der mir den Boden unter den Füßen wegreißt, dann sollte ich zumindest etwas sagen wie: "Leute, mir geht's nicht gut, aber ich brauch den Eskapismus, kann sein, dass ich mal abhaue oder so." Denn mein Verhalten wird unter solchen Stressfaktoren sowieso anders sein, als normal und es ist in solchen Fällen nicht nur aus Respekt meinem Gegenüber, sondern auch als Selbstschutz sinnvoll, dies zumindest grob einzuordnen (weil es sonst Fragen geben könnte).

Mündigkeit, Kommunikation und Aufeinander Rücksicht nehmen (und nicht nur Rücksicht einfordern) sind eben auch Teil der Gleichung.



EDIT: Es kann natürlich sein, dass die x-Card nicht fr sowas gedacht ist, sondern so Szenen wie "Vergewaltigung einer SC durch einen Roboter", wie damals bei Adam Kolb (?), das wurde mal ziemlich diskutiert. Da saßen alle so flabberghastet da, ich bin mir sehr unsicher, ob die X-Card da gezogen worden wäre. Das waren Steamer, die für Geld in die Kamera reden, und sie konnten nicht reagieren.