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Medien & Phantastik => Feder & Pinsel => Die Schreibwerkstatt => Thema gestartet von: AlexW am 6.02.2006 | 19:33

Titel: Hessenstein-Texte
Beitrag von: AlexW am 6.02.2006 | 19:33
Heya, am besten posten die Hessensteiner-Schreiberlinge ihre Texte (überarbeitet oder roh) hier, dann schauen wir uns das ganze nochmal an, wenn weiterer Bedarf besteht. Die Aufgabe stelle ich hier auch noch rein, muss nur den inneren Schweinehund überwinden, dann können auch die Verpasser die Aufgabe angehen... :)


Titel: Re: Hessenstein-Texte
Beitrag von: DeadOperator am 6.02.2006 | 21:54
Dank Dir Alex für die gute Zeit und die Tipps!  :d

Mit einem satten Schmatzen gräbt sich die Schaufel in die feuchte Erde. Ein heftiger Fußtritt rammt sie weiter  in den Hügel. „Der Frost geht schnell in diesem Jahr. Der alte Tom wird wohl bald das Saatgut verteilen.“ Wieder das Pochen, auch wenn es diesmal schwächer war. „Eigentlich eine Schande. So schönes Wetter und kein Mensch wagt5 sich vor die Tür“. Das Wimmern wird leiser und leiser. Frank zieht kräftig den Rotz hoch, fährt sich mit dem Handrücken über die feuchte Wange. „Ach Marie, wenn Du doch endlich still sein wolltest“. Mit lautem Krachen stürzen die schwarzen Brocken auf die Kiste. Wieder ein erstickter Schrei. Frank zuckt zusammen wie ein getretener Hund. „Warum Marie? Warum hast Du nicht den Johansen Balg geschickt? Du warst schon immer zu gutmütig. Der Herrgott wird dich gleich zu sich nehmen“. Mit aller Kraft rammt er die Schaufel in die Erde, als wollte er sie strafen, nicht sich selbst. „Pater Marn sagt, dass der Herr Gefallen an Dir gefunden hat und Du direkt ins Paradies kommst. Fast wie der Christ opferst Du dich, nur halt nicht freiwillig“.
Langsam verstummt die Kiste. Marie war endlich still. „Wenn ich mit Dir tauschen könnte, ich würd´s tun Marie. Nie wieder werde ich friedlich schlafen“. Wieder hebt er die Schaufel. Der Rücken zerrt und kneift. „Aber ich bin es nicht wert! Verdammt, wann war ich zum letzten mal in der Kirche. Der Herrgott würde mich nicht haben wollen“. Langsam verschwindet die Kiste im schwarzen Schoß der Erde. In der kühlen Luft weht ein Hauch von frisch gebackenem Brot. „Ich werde Dich vermissen Marie“ Frank streckt noch einmal sein Kreuz und lässt das frische Grab hinter sich. Mit beherzten Schritten geht er auf das Dorf zu, die Schaufel in der Hand, dankbar…
Titel: Re: Hessenstein-Texte
Beitrag von: Bad Horse am 8.02.2006 | 13:57
Irgendwie wirkt die Geschichte jetzt ganz anders... ich glaube, als du sie vorgelesen hast, hast du so einen lockeren, zynischen Tonfall angeschlagen, der nicht so ganz gepasst hat...  ;)

Ich poste mein Teil noch, aber das will ich wirklich überarbeiten... kann ja beide Dinger posten.
Titel: Re: Hessenstein-Texte
Beitrag von: AlexW am 9.02.2006 | 12:19
Dank Dir Alex für die gute Zeit und die Tipps!  :d

Danke euch. :) Ich war Schreib-Mentor-technisch etwas ausgebrannt, aber das hat sich jetzt wieder geändert, und mich daran erinnert, wieverflucht gern ich sowas mache...

Aber noch ein Detail zu deinem Text: Das "Du" wird in der Anrede ("Wenn Du doch endlich still sein woltest") klein geschrieben. Anders verhält es sich mit Respektsanreden ("Sie, Ihr, Euer, Ihnen").

Grundsätzlich hast du recht oft den Namen der Person in dem gesprochenen Teil. ("Marie ..."); das würde ich unter normalen Umständen ankreiden, weil die Namensnennung immer eine sehr starke Wirkung hat (im realen Leben sprechen wir uns sehr selten mit dem Namen an) - in diesem Fall hat es aber was, und könnte einerseits etwas Selbstquälerei sein (mit dem Namen erscheint auch das Bild einer Person im Geiste, Erinnerungen), andererseits hat es was Gebethaftes, was Beschwörendes, was in den Kontext der Story super passt.

Probier mal ne Ich-Perspektive. Mich würde interessieren, wie sich die Wirkung des Textes dann ändert. :)

Titel: Re: Hessenstein-Texte
Beitrag von: . am 26.02.2006 | 17:00


Auch von meiner Seite noch mal Danke für die schöne und aufregende Zeit beim Workshop.

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„Und die Pest zog an dem Dorf vorrüber...“
...Ich werde da hingegen wohl nicht so viel „Glück“ haben, dass die Pest des Lampenfiebers einfach so an mir vorrüber zieht. Selbst wenn ich dieses Blatt Papier hier vollgeschrieben haben sollte; es also quasi geopfert habe, weil es eben nun mal das erste auf diesem Block gewesen war, als ich ihn aufklappte, dann wird mir erst so richtig krank bei dem Gedanken, jemand könnte lesen, was ich hier geschrieben und gedacht habe. Dabei ist ja alles, was Menschen betrifft wortförmiger Gedanke und sind es Gedanken, die mit Menschen und  menschlichen Gefühlen zu tun haben (meist) auch  interessante Gedanken.
Was konnte zum Beispiel das Mädchen gedacht haben, als sie sagte: `Und die Pest zog an dem Dorf vorrüber.`? Für sie war der Tod ja sicher. Im Grunde war es Mord.
Hat sie also versucht sich im letzten Augenblick zu retten, indem sie den offensichtlich abergläubischen Dorfältesten divinatorischen Fähigkeiten zu offenbaren versuchte? Dann hätte sie auf jeden Fall das Wörtchen „wird“ benutzen sollen. „Die Pest w i r d  an dem Dorf vorrüberziehen.!“ Aber sie sagte nur : `Und die Pest zog an dem Dorf vorrüber.` Fast könnte man meinen, sie bezog ihre Information aus ganz irdischen Quellen. Und, die Dorfältesten, viel zu beschäftigt mit Ältestenrathalten und Ausklügeln finsterer Opferungspläne, hatten einfach den Moritatensänger, der -quicklebendig und wohl auf- diese Botschaft letzten Abend noch überbrachte nicht gehört. Wenn da nicht dieses Wörtchen „und“ währe, könnte man fast zufrieden sein. Aber warum sollte die Pest einen Bogen um diese mittelalterliche Bazillenbrühtstätte machen, vorallem, wenn man vom heutigem Standpunkt aus betrachtet nur für einen weiteren Krankheitsherd gesorgt hatte... ? (indem man dieses Mädchen opferte)       
Ich denke, dass am Ende Wirklichkeit wurde, was die Leute sich erhofft haben und wofür sie bereit waren den Erstbesten unter sich zu töten, genau das ist, was sie auch verdient haben. Ich könnte mir vorstellen, dass das Mädchen diesen Männern -den ältesten und weisesten der Gemeinde- die für das Wohl ihrer Leute zu sorgen gelobten, in die Augen sah und ihr Schicksal erst bemerkte, als ihr Mund noch lachte. Die alten Greisen, die Würde und Mut unter dem Deckmantel der Verantwortung am Boden hielten und mit gesenkten Blicken Erde in dieses Loch schaufelten, mussten jene Worte wie ein  Fluch getroffen haben, mit dem sie  länger leben mussten, als ihnen wohl lieb gewesen sein durfte.
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(  ~;D )
Titel: Re: Hessenstein-Texte
Beitrag von: Bad Horse am 20.03.2006 | 16:22
So, ich hab´s jetzt auch abgetippt, wenn auch noch nicht neu geschrieben... mal schauen, ob ich das noch schaffe...  ;)

Die lustige Geschichte (erster Ansatz vom Schreibworkshop)
(ja, okay, das ist ein blöder Titel, ich weiß)

“In einem deutschen Wald kann man sich nicht verlaufen.”
Arndts Worte klangen mir immer noch in den Ohren. “Geh einfach immer bergab, irgendwann kommt schon eine Straße...”
Das hatte am Mittwoch abend in der Kneipe noch vernünftig geklungen. Jetzt stand ich irgendwo mitten im dunklen Wald, es ging weder bergauf noch bergab, und ich hatte den vagen Verdacht, daß ich schon einmal an dem kleinen Nadelwäldchen vorbeigelaufen war. Oder auch nicht  - für mich sieht ohnehin ein Buam aus wie der andere.

Warum hatte ich mich nur auf diese blöde Wette eingelassen? Zuviel Bier, klar, und dann noch Arndts und Timos dumme Sprüche über Frauen und ihr mangelndes Durchhaltevermögen. Also beschloß ich, zu Fuß von N. nach B. zu laufen - ein echter Marathonmarsch. Das Lachen der Kerle stachelte mich nur an.
Und hier war ich nun. Langsam dämmerte mir, daß eine verlorene Wette nicht mein größtes Problem sein könnte. Ich hatte mich verlaufen. Vollkommen die Orientierung verloren. Meine Karte war nutzlos, mein Handy hatte einen leeren Akku, es war dunkel, und irgendwo knackten irgendwelche Zweige. Ein Vogel, sagte ich mir, oder der Wind. Was sollte es auch sonst sein? Ein Triebtäter, der im einsamen Wald auf Rotkäppchen wartet? Oder vielleicht - huhu - ein Gespenst???

Entschlossen straffte ich meine Schultern und verbannte meine Nervosität. Ich würde mich nicht anstellen wie ein Mädchen. Irgendwo in dieser Gegend mußte sich doch Freyheim befinden. Wenn ich die Karte nicht vollkommen falsch gelesen hatte... Keine Zweifel, ermahnte ich mich. Geh einfach weiter, irgendwohin wirst du schon kommen.

Eine Richtung war so gut wie die andere, also ging ich auf das Nadelwäldchen zu. Hier führte immerhin so etwas wie ein Weg entlang.
Ich war müde nach dem tagelangen Marsch, sonst hätte ich sie früher gesehen. Sie stand unter einem einzelnen Laubbaum zwischen all den Tannen, ein junges Mädchen mit langen hellen Haaren und einem dunklen, schattigen Kleid.
“Hallo?”, sagte ich vorsichtig. Was machte die hier, so allein?
“Seid gegrüßt”, erwiderte sie. Ihre Stimme klang rauh, ihr Dialekt eigentümlich. Bisher hatte ich Arndts Geschichten über die seltsamen Bewohner Freyheims wenig Glauben geschenkt, aber dieses Mädel war eindeutig nicht ganz normal. Sie schien kein bißchen überrascht zu sein, mich hier mitten in der Nacht zu treffen.
“Sucht Ihr eine Ruhestatt?”
Seltsame Formulierung, aber ich war todmüde und mir taten die Füße weh, also nickte ich und folgte ihr. Immerhin schien sie zu wissen, wo sie hinging.

Wir gingen - ich weiß nicht, wie lange. Träumte ich? Der Wald war so irreal. Aber die Ruhestatt sah bequem aus, und ich war so müde. So müde. Und die Erde war warm, nicht kalt, wie ich gedacht hätte, und voller Leben...
Titel: Re: Hessenstein-Texte
Beitrag von: critikus am 20.03.2006 | 16:35
@ Leonie

Ihh, wie böse.
Titel: Re: Hessenstein-Texte
Beitrag von: Bad Horse am 20.03.2006 | 16:54
Die nächste Version ist noch ein bißchen böser...  >;D Wenn ich sie geschrieben kriege...
Titel: Re: Hessenstein-Texte
Beitrag von: AlexW am 21.04.2006 | 14:56
Die nächste Version ist noch ein bißchen böser...  >;D Wenn ich sie geschrieben kriege...

Na dann mal los. :)