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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielleiterthemen => Thema gestartet von: alexandro am 30.06.2008 | 17:19

Titel: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: alexandro am 30.06.2008 | 17:19
Abend.
Irgendwie habe ich in letzter Zeit das Gefühl, dass ich anders als die meißten anderen Rollenspieler (oder zumindest anders als der im I-Net lautwerdende Teil derselben) an neue Systeme herangehe. Lange Zeit konnte ich dieses Gefühl an keinen konkreten Punkten festmachen, aber kürzlich (im Zuge des Nachdenkens über ein paar Diskussionen mit Bezug auf D&D4 und V:tM) konnte ich mich dem Problem zumindest annähern.

Die Sache sieht so aus: wenn ich ein Rollenspielgrundregelwerk aufschlage und durchlese und mir schlägt dann eine Menge Fluff entgegen, dann ist das (trotz einiger LAUTER Nörgler) erstmal kein Grund für mich das Buch wegzulegen. Ich lese den "Scheiß" sogar recht gerne und bekomme dadurch ein besseres Gefühl für die Spielwelt, als durch seitenweise trockene Abhandlungen wie diese denn nun beschaffen ist (am Besten noch über Statblocks oder Zufallstabellen *kotz*). Das jedoch ist ein persönliches ästhetisches Empfinden und soll daher nicht Gegenstand dieser Diskussion sein.

Worum es mir geht ist vielmehr ein bestimmtes Extrem des Fluff-Fetischismus, der über das hinaus geht und diesen mit grundlegenden Spielinhalten zu verbinden versucht.

z.B. wenn der Fluff eines bestimmten dt. Endzeit-Rollenspiels deprimierte Charaktere beschreibt, die in einer trostlosen Zukunft melancholisch verenden.
Sofort setzt sich dann offenbar die Auffasung durch, in diesem Setting könnte man nur Depri-Spiel machen und auf keinen Fall Spaß haben.
Sagen die Regeln das? Nö. Sagt das Setting das? Nope.
Einzig die "Momentaufnahmen" durch den Fluff, das Verhalten von für die SC vollkommen irrelevanten noch-nicht-einmal-NSCs verführt zu dieser Ansicht.

Das ist etwas, was ich nicht verstehen kann. Ich persönlich schenke diesen "Vignetten" aus der Spielwelt nicht mehr Gewicht als einem Spieler, welcher mir auf einer Con von seinem Charakter erzählt. Es interessiert mich schon, schafft es doch neue Perspektiven, aber ich betrachte es nicht als Anleitung "so spiele ich dieses Spiel richtig(TM)".

Ein anderes (verwandtes) Thema wäre die Forderung, dass etwas nur im Fluff zu proklamieren, ohne es mit crunch zu unterfüttern die größte Sünde für einen Rollenspieldesigner sei. Ein beliebtes Beispiel dafür ist V:tM, welches keine Regeln für die inneren Konflikte der Charaktere bietet. Eine Zeit lang habe ich sogar selbst dies als "Mangel" angesehen und versucht es zu beheben.
Ein "Augenöffner" in dieser Hinsicht war (teilweise) Solomon Kane: nach einer Weile des Spielens dachte ich "Wird dieses Spiel Howards' Geschichten eigentlich gerecht? Die Charaktere werden zwar 'Wanderers' genannt, aber es gibt nicht im Spiel, welches die Idee des 'rechtschaffenen Kriegers gegen das Böse' adequat umsetzt. Einige scheinen dies sogar zu behindern (ein SC mit dem Noble-Edge, der lieber eine Armee aufbaut, und diese gegen die Insel der Kultisten führt, statt sich persönlich dorthin zu begeben und den Kultistenführer im Zweikampf zu besiegen erschien mir doch sehr un-Solomon Kane mäßig). Allerdings dachte ich dann "Würde ich wirklich in einer Kampagne spielen wollen, wo alle SC zwingend einsame Wanderer sind, die landlos und unzusammenhängend gegen das Böse streiten, ohne jemals etwas auf größerer Skala zu erreichen?"- eher nicht.
Der Fluff (bzw. Howards' Geschichten) ist zwar stimmungsbildend, aber nicht maßgeblich dafür, wie das Spiel tatsächlich gespielt wird. Was passiert (core-Story), das ist entscheidend.
DASS sind die core-stories dieser Spiele.

UNTERSTÜTZT (nicht erzwungen) werden diese durch Stimmungen, welche SL und Spieler dazu anregen, sich in gewisser Weise mit dem Setting zu beschäftigen:

Das sind drei Beispiele dafür, wie Stimmung und Fluff zum Spiel beitragen können, ohne dass man sie regeltechnisch unterfüttert werden müssten. Wichtig ist hier das "können"- wenn diese Elemente ignoriert werden (weil SL und Spieler den Fluff anders interpretieren), dann hat man immer noch ein vollständiges Spiel, welches dann eben in eine etwas andere Richtung driftet, z.B.:
oder meinetwegen auch
usw. Keine diese Auffasungen ist grundsätzlich der anderen vorzuztiehen, solange die Gruppe in der Lage ist, daraus ein interessantes Spiel zu machen, statt nur eine begrenzte Zahl von Fluff-Klischees "nachzuspielen" (gibt es das wirklich, oder ist das nur eine Erfindung der Degenesis-basher?)

War das einigermaßen verständlich?
Könnt ihr nachvollziehen, worauf ich hinauswill?
Waren eure Erfahrungen ähnlich?

Für Fragen stehe ich im Zweifelsfall zur Verfügung. Ich danke erstmal für die Aufmerksamkeit.
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Ein am 30.06.2008 | 18:04
Ist es nicht erst einmal der Sinn eines Spiels, dass es so gespielt wird, wie es der Designer es sich gedacht hat? Wenn ich ein Spiel schreibe und die Leute spielen es ganz anders als ich es mir gedacht habe, dann würde ich mich schon über mich selbst wundern und würde es als Anlass nehmen zurück zum Reissbrett zu gehen. Sofern natürlich nicht in Wirklichkeit manche Slogans (zB Innere Konflikt) einfach nur Tricks meiner Marketingabteilung sind.
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Lord Verminaard am 30.06.2008 | 18:44
War das einigermaßen verständlich?
Könnt ihr nachvollziehen, worauf ich hinauswill?
Waren eure Erfahrungen ähnlich?

Ja. :)
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Ein am 30.06.2008 | 18:58
@twheel
Jedes Rollenspiel ist wandelbar, dass hast du selbst festgestellt. Heißt das also, dass es kein schlechtes Design geben kann?
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: alexandro am 30.06.2008 | 18:59
Ist es nicht erst einmal der Sinn eines Spiels, dass es so gespielt wird, wie es der Designer es sich gedacht hat?
Ja.
Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen "Das Spiel so spielen, wie der Designer es sich gedacht hat" (sprich: Regeln, Settingelemente etc. so wie im Buch beschrieben verwenden) und "Die Kampagne des Spieledesigners nachspielen" (sprich: genau dieselben Inhalte, Stimmungen und- auf die Interessen seiner Spieler zugeschnittene- Bangs einzubauen).

Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: alexandro am 30.06.2008 | 19:04
Um das nochmal klarzustellen: es geht hier nicht um Rollenspielentwicklung (da ist es weiterhin von Vorteil, wenn man eine konkrete Idee hat, wie das Spiel gespielt werden sollte), sondern um die Art wie das fertige Regelwerk durch einen SL benutzt wird (da ist es imo gewinnbringender die durch das Spiel gegebenen Bausteine zu nehmen und zu schauen was man damit spielen kann, statt mit vorgefassten Erwartungen an das Spiel heran zu gehen).

Daher steht dieser Thread auch im SL-Forum und nicht in der Rollenspieltheorie.
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 30.06.2008 | 19:19
@ Alexandro: Auch von mir nen dreifaches Ja auf Deine Fragen. Teile die Auffassung.
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Lord Verminaard am 1.07.2008 | 10:07
Ist es nicht erst einmal der Sinn eines Spiels, dass es so gespielt wird, wie es der Designer es sich gedacht hat? Wenn ich ein Spiel schreibe und die Leute spielen es ganz anders als ich es mir gedacht habe, dann würde ich mich schon über mich selbst wundern und würde es als Anlass nehmen zurück zum Reissbrett zu gehen.

Die Frage ist ja auch immer, wie viele Freiräume zur Interpretation man ganz bewusst lässt.
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Ein am 1.07.2008 | 10:19
Ja, gut, das wäre dann ja Teil eines Designziels. Aber wenn man sich jetzt ein ernsthaftes Spiel vorgestellt hat, und alle Runden, von denen man als Designer hört, albern damit nur rum, dann sollte man schon mal noch über das Designziel reflektieren.

Überleg einfach mal, du bringst irgendwann mal Barbaren raus und 90% deiner Leser verwenden es für Snuff-Porn-Powertrips voller Gore und Massenvergewaltigungen. Ich vermute, dass du damit nicht sehr glücklich wärst. (Wobei das jetzt natürlich ein extremes Beispiel ist.)
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Stahlfaust am 1.07.2008 | 10:46
Ich kann alexandro da nur zustimmen. Wir haben in unserer Star Wars Runde einen Spieler, der dies bezüglich den Star Wars Filmen macht. Immer wenn etwas im Spiel vorkommt, was es nicht in den Filmen gab, fängt er sofort an rumzumaulen "Das ist aber nicht Star-Wars-mäßig!"
Als ob wir Lust hätten die Filme 1:1 nachzuspielen  ::)
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: alexandro am 1.07.2008 | 18:50
Zitat
Ja, gut, das wäre dann ja Teil eines Designziels. Aber wenn man sich jetzt ein ernsthaftes Spiel vorgestellt hat, und alle Runden, von denen man als Designer hört, albern damit nur rum, dann sollte man schon mal noch über das Designziel reflektieren.
Viele Spiele haben in dieser Hinsicht aber nur seeehr unscharf umrissene Designziele.
Nehmen wir mal das frühe D&D: war das "Designziel" da jetzt dem Spieler komplexe Strategie zu ermöglichen (wie der Hofrat sagt) oder sich einfach nur mit tumben Mosterkloppen abzureagieren? Spielen die Runden, welche nur tumbes Monsterkloppen veranstalten das Spiel "falsch"?
Die Antwort darauf ist in diesem Fall (und bei vielen anderen old-school-Spielen) eher unklar und das ist (imo) ganz OK so (und auch Vampire ist in dieser Hinsicht ein Spiel der "alten Schule", wie ich weiter oben demonstriert habe).

Zitat
Überleg einfach mal, du bringst irgendwann mal Barbaren raus und 90% deiner Leser verwenden es für Snuff-Porn-Powertrips voller Gore und Massenvergewaltigungen. Ich vermute, dass du damit nicht sehr glücklich wärst.
Hier existieren sogar klare Regeln, um so etwas zu vermeiden (bei Barbaren vergewaltigt man höchstens einmal- und dann nie wieder :d). Natürlich kann man die Regeln umschreiben, aber das würde sich dann doch schon von "wie es sich der Designer gedacht hat" abweichen.
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 1.07.2008 | 19:53
Wenn ein Designer beim Schreiben seines von mir benutzten Rollenspiels Zielsetzungen hatte, denen ich mit meiner Art, das System zu nutzen, kein bißchen entspreche, so ist mir das schnurzpiepsegal.
Sollte der Designer davon hören und in eine Existenzkrise stürzen, so ist er eh zu zart besaitet für diese Welt und darf ruhig sich dem Suizid in seine kalten Arme werfen  :gasmaskerly:

Ganz im Ernst, eine Spielrunde kann für ein Rollenspiel Anwendungen finden, an die der Designer gar nicht gedacht hätte und die ihm vielleicht auch gar nicht gefallen würden. Und da wir noch nicht im Lande des Rollenspielfaschismus leben, ist das auch gut so.

Rollenspielanarchismus Forever !
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Ein am 1.07.2008 | 20:05
Natürlich, ein lässiger Designer stellt sich hin und zuckt mit den Schultern. Das ist so wie religöse Fanatiker, die Rollenspiele verbrennen. Die müssen sie auch erst kaufen. Wenn aber andererseits nicht nur ein Designer, sondern ein legendärer Rollenspieldesigngott werden will, muss man das schon etwas ernster angehen und so wie Gary Gygax in den frühen 80ern Leute von D&D Cons verweisen, weil sie Hausregeln einsetzen (und damit kein D&D spielen). ;)
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 1.07.2008 | 20:13
Jetzt wo du es sagst - stimmt, ICH als RPG-Designer würde auch keine Ketzerei dulden  , wo kämen wir denn da hin ? Sodom und Gomorrah !!!! |:((

Wobei ich bei den Rollenspielen, die mich bis heute fesseln, am Anfang vom postulierten Umfeld und Aktionsrahmen schwer eingenommen war, und das Ausbrechen aus diesen war auch ohne grosse Systemvergewaltigung möglich. Bestes Beispiel war Star Wars D6 , das anfangs nur für Rebellen gedacht war, aber dann die Gruppe der unabhängigen Rumtreiber bediente ( Schmuggler , Kopfgeldjäger etc. ) und sogar irgendwann auch Imperiale vorsah... wobei letztere Gruppe schon sehr früh von den Spielern ausprobiert wurde, was bei dem flexiblen System auch leicht war. Und die Designer haben quasi durch die Spieler realisiert "He, das wäre ja auch cool, machen wir das doch offiziell...". 
Ist für mich noch heute eine Glanzleistung ders Rollenspieldesigns.
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Boba Fett am 1.07.2008 | 20:25
War das einigermaßen verständlich?
Könnt ihr nachvollziehen, worauf ich hinauswill?
Waren eure Erfahrungen ähnlich?
Ja, war verständlich und auch nachvollziehbar.
Und ich kann die These sogar stützen:

...
Das sind drei Beispiele dafür, wie Stimmung und Fluff zum Spiel beitragen können, ohne dass man sie regeltechnisch unterfüttert werden müssten. Wichtig ist hier das "können"- wenn diese Elemente ignoriert werden (weil SL und Spieler den Fluff anders interpretieren), dann hat man immer noch ein vollständiges Spiel, welches dann eben in eine etwas andere Richtung driftet,...
Meine Rollenspieler sind stinkmadig faul, was das "sich ums Rollenspiel kümmern" angeht.
Dementsprechend wird niemals irgendeiner der Spieler sich ein Regelwerk oder eine Settingbeschreibung angucken.
Alle Informationen die die Spieler bekommen, stammen verbal vom Spielleiter. Nicht, weil "nicht dürfen" sondern weil "zu faul".
Ich stelle immer wieder fest, dass es genau an dem von Dir beschriebenen hapert:
Dadurch, dass die Spieler den Fluff nicht wahrnehmen, entsteht ein völlig anderes Spiel als das, was demjenigen (Spielleiter) vorschwebt, der durch den Fluffkonsum natürlich geprägt ist. Viele Rollenspiel-Kampagnen verlaufen dadurch sogar sehr stereotyp - weil die Spieler keine Vorlagen durch den Fluff bekommen, verhalten sich ihre Charaktere immer gleich - dadurch verlaufen die Kampagnen immer sehr stereotyp - aber nicht stereotyp durch den Fluff, sondern Gruppen-stereotyp.
Du hast mir grad die Augen geöffnet, woran das liegt.

Danke! :d
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Ein am 1.07.2008 | 20:35
Daran dass du deine Spieler mal zum Nachsitzen verdonnern solltest. ;)
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Boba Fett am 1.07.2008 | 20:37
Ja, oder einfach nicht mehr darauf bauen solltest, die flufftypischen Flair-Inhalte als Ziel fürs Spielerlebnis einzubauen.
Wie traurig... Wird wohl auf "Einheitsbrei" hinauslaufen. Essen wie im Knast...
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Blizzard am 1.07.2008 | 21:00
@Alexandro: Yupp. Ist klar geworden, worauf du hinaus willst und worum es Dir geht. Und ich (unter)stütze deine These ebenfalls: Für Fluff und Stimmung braucht man nicht zwingend irgendwelche Mechaniken, die diese Dinge regeln. Ganz besonders für Letzters nicht.

Wobei man da natürlich auch wieder sagen muss, dass jede Runde das gespielte System eben anders für sich umsetzt. Die einen spielen eher "by the book", also orientieren sich näher oder stärker daran, wie es von den Autoren ursprünglich gedacht war, das System zu spielen. Und andere wiederum legen da nicht ganz so viel Wert drauf und spielen eben freier. Und so hat jede Runde letzen Endes ihre persönliche Stimmung, die sie durch ihren persönlichen Spielstil eben hat.

Wenn man sich mit anderen Rollenspielern über ein System oder gewisse Aspekt des Systems unterhält, dann hört man durchaus mal solche Sachen wie: " Dann spielt ihr das halt falsch!" Was solche Leute nicht begreifen: Es gibt beim Rollenspiel kein falsch oder richtig. Es gibt nur "macht Spaß" oder aber "macht mir keinen Spaß". Oder, wie TW schon zutreffend erkannt hat:
Das perfekte Rollenspiel existiert nicht. J

@Boba:
Meine Rollenspieler sind stinkmadig faul, was das "sich ums Rollenspiel kümmern" angeht.
Dementsprechend wird niemals irgendeiner der Spieler sich ein Regelwerk oder eine Settingbeschreibung angucken.
Alle Informationen die die Spieler bekommen, stammen verbal vom Spielleiter. Nicht, weil "nicht dürfen" sondern weil "zu faul".
Ich stelle immer wieder fest, dass es genau an dem von Dir beschriebenen hapert:
Dadurch, dass die Spieler den Fluff nicht wahrnehmen, entsteht ein völlig anderes Spiel als das, was demjenigen (Spielleiter) vorschwebt, der durch den Fluffkonsum natürlich geprägt ist. Viele Rollenspiel-Kampagnen verlaufen dadurch sogar sehr stereotyp - weil die Spieler keine Vorlagen durch den Fluff bekommen, verhalten sich ihre Charaktere immer gleich - dadurch verlaufen die Kampagnen immer sehr stereotyp - aber nicht stereotyp durch den Fluff, sondern Gruppen-stereotyp.
das kommt mir sehr bekannt vor, und ich kann und muss dem leider zustimmen. ::)

Zitat
Du hast mir grad die Augen geöffnet, woran das liegt.

Nun, ich weiss schon länger woran das liegt. Aber was tun als SL? Man kann ja seine Spieler schlecht zwingen, die Bücher durchzulesen. ;) 
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Ein am 1.07.2008 | 21:03
Zitat
Man kann ja seine Spieler schlecht zwingen, die Bücher durchzulesen.
Klar, XP gibt es nur für das Rezitieren von Fluff. So wie im Geographieunterricht. ~;D
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Blizzard am 1.07.2008 | 21:11
Klar, XP gibt es nur für das Rezitieren von Fluff. So wie im Geographieunterricht. ~;D
Ach, als SL muss man teilweise doch schon froh sein, wenn...
- die Spieler noch wissen, was in der letzten Sitzung passiert ist
- alle ihre Würfel, und/oder Charakterbögen dabei haben
- alle pünktlich da sind
- die Spieler sich die Basisregeln des Systems merken konnten
.
.
.

da kannst du doch von ihnen nicht auch noch verlangen, dass sie irgendwelche Seiten in irgendwelchen Büchern lesen. ::) ~;D
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: alexandro am 1.07.2008 | 21:13
Wenn sie die Bücher nicht lesen, dann kann der SL den Fluff immer noch anekdotenhaft verwenden z.B. macht das unser Feng Shui SL so (bei Feng Shui sind ein Großteil der Bücher OOP und stehen damit meißtens nicht für die Spieler zur Verfügung).
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Ein am 1.07.2008 | 21:16
Gut, dass ist dann wirklich wie Geographie oder vielleicht sogar eher noch wie Heimatkunde. ;D
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Blizzard am 1.07.2008 | 21:35
Wenn sie die Bücher nicht lesen, dann kann der SL den Fluff immer noch anekdotenhaft verwenden
was verstehst du denn unter anekdotenhaft?
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Funktionalist am 1.07.2008 | 22:13
ein dreifaches JA auch von mir!

allerdings kann es passieren, dass das Regelsystem den FLuff einfach wegspült: Beispiel Werewolf die Apokalypse.
hier kann man richtig coole Umbraabenteuer und Shamanististische GEschichten spielen....aber was wir deinem nahegelegt: gafflings und fomorer....ein bisschen HnS ein bisschen Ökoterrorismus.
Da wäre ein passendreres System hilfreich, dass man nicht den roten Faden verliert.

Ich bin ein Verfechter der These, dass "Systeme den Fluff unterstützen sollten". Man spart sich einfach Arbeit und Nerven so.

neidische Grüße, dass das bei dir anscheinend so klappt,
Alex
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: alexandro am 1.07.2008 | 23:33
was verstehst du denn unter anekdotenhaft?
Die "Vignetten" der Spielwelt werden mit den Abenteuer verwoben.
Zugegeben: das ist nicht immer einfach, oft eher grenzwertig. Bei Feng Shui ist das recht elegant gelöst (wenn man da dem Prof oder Furious George begegnet, dann ist das ein Erlebnis, weil sie wichtig für die Spielwelt sind und die Spieler abhängig davon wie sie sich ihnen gegenüber verhalten zusätzliche Optionen "freischalten").
Ein Gegenbeispiel wären überpowerte NSCs wie Elminster, Lucita oder Erin Tarn, welche den SCs einfach nur die Show stehlen und sie sich vom Hintergrund distanzieren lassen, statt sie einzubinden.

@DK:
ja, ich sehe das Problem. Das Setting vonW:tA bietet viele Gründe, warum man sich mit Fomori prügeln sollte, aber wenig Gründe, um Umbraabenteuer und Schamanismus zu betreiben. Wenn der SL es doch macht, dann weil er unabhängig vom Fluff auf die Idee gekommen ist, dass das Setting so etwas auch hergeben würde.
Oder anders: wenn man Fomori bekämpft hat man einen Fokus, wenn man ins Umbra geht dann... hmm... könnte eigentlich alles passieren, also passiert... nichts...??? ::)
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Boba Fett am 2.07.2008 | 21:55
Wenn sie die Bücher nicht lesen, dann kann der SL den Fluff immer noch anekdotenhaft verwenden ...
Ja, aber mit der Gefahr, dass sie die Bedeutung vieler Inhalte gar nicht verstehen.
Stereotypen werden nicht als solche erfasst, genretypisches nicht als solches erkannt.

Natürlich kann der Spielleiter die Informationen um diese Dinge im Spiel selbst transportieren.
Imho sogar die Aufgabe des Spielleiters (Bei Systemvorstellungs-OneShots [zB auf Cons] ist dieser Transport ja sogar der Hauptinhalt des Spiels).
Aber das ist nicht einfach, da ja meist noch ganz andere Dinge während dessen transportiert werden UND ablaufen.
Der Spielleiter hat genug anderes zu tun. Und es besteht eben oft genug das Risiko, dass der Transport gar nicht oder zu spät ankommt. Denn während des Spiels geht sehr viel Information über die Kommunikation verloren oder wird fehlinterpretiert.
Im Setting-Vorstell-OneShot auf einem Con bereitet man sich darauf sogar gezielt vor und überlegt, welche typischen Elemente man einbaut, um etwas vorzustellen, dass das System repräsentiert. Aber in den normalen Kampagnen macht man das oft eben nicht bewusst. Und die Spieler nehmen es auch nicht bewusst als solches wahr.

Wie dem auch sei, mir ist klar geworden, wo bestimmte Sachen immer wieder bei uns scheitern und warum sie scheitern müssen.
Und das deswegen bestimmte Spielelemente eben nicht oder nur schwer funktionieren können.
Und zwar, dass alles, was nicht im Spielwissen der Spieler bereits integriert ist, entweder extra erläutert werden muss, oder als nicht gegeben hingenommen werden muss.
Das macht das Spielleitern schwerer und bei einigen Dingen würde ich nicht mehr bereit sein, sie auszuprobieren.
Die Genres, für die Interesse besteht / bestand sind bekannt und da kann man eben drauf zurückgreifen (zB tolieneske Fantasy, Cyberpunk, SciFi) und die stereotypen Bestandteile werden verstanden. In anderen Bereichen (viktorianisches Zeitalter zum Beispiel) brauche ich gar nicht erst was investieren, da müsste ich zu viel transportieren - das würde keinem Spaß machen, auch mir nicht.
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Funktionalist am 2.07.2008 | 22:46
das Problem sehe ich auch bei THS zum Beispiel, das mir so in den Fingern juckt.

Erst dachte ich das Problem ließe sich dadurch lösen, dass man Erzählrechte verteilt, aber das klappt genau nicht.
man muss erstmal eine gemeinsame Vorstellungswelt aufbauen...ein Prelude wäre da gar nicht schlecht...
Habe die ersten paar Stunden FS ziemlich stark gerailroaded und nachher auch sehr stark Stationen vorgegeben, aber da das eh als Rundtour angekündigt war und die Chars untereinander eine Menge Zündstoff boten ging das.
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Ein am 2.07.2008 | 23:05
Also womit ich immer recht gut gefahren bin (gerade bei L5R mit seinen verqueren Gesellschaftsvorstellungen): Die Scs in einen typischen knietiefen Konflikt hineinwerfen und dann den Spielern beim Herausfinden als Ratgeber zur Seite stehen. Also iG Survivaltraining fürs RPG.
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Friedensbringer am 3.07.2008 | 09:12
guter thread, gute punkte im startpost. sehr interessant. gibt mir vor allem in bezug auf meine eigenen aktuellen runden einiges zu denken...
Titel: Re: [fluff-lastige GRWs] Das Pferd von hinten aufzäumen?
Beitrag von: Funktionalist am 3.07.2008 | 11:57
Das Lustige ist, man merkt meist selbst nicht, dass man in seiner Gruppe so verschiedene Vorstellungen von ein und der gleichen Welt hat. Flufftexte können dann dabei helfen, dass man Arbeit auf mehrere Schultern verteilen kann, da sie die Spieler mehr auf ein Ziel ausrichten.