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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 10:03

Titel: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 10:03
Also, hier der Diskussionsthread zu diesem Ansatz (http://tanelorn.net/index.php/topic,54631.msg1093957.html#msg1093957). Freue mich auf konstruktive Diskussionen!
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Horatio am 23.04.2010 | 10:14
Klingt sehr spannend, ich freue mich auf weitere Ausführungen.

Wünschst du eine Reflexion zu den von dir aufgeworfenen Punkten oder willst du erst selbst einen Ansatz schaffen, der dann weiter diskutiert und entwickelt werden soll?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 10:16
Nein, nein, nur zu. Bin dankbar für Einwürfe bereits jetzt! Sitze zwar gerade bei der "richtigen" Arbeit und werde mich ausführlicher erst wieder in zwei Stunden hiermit auseinandersetzen können, aber wenn Du Ideen hast: nur zu! Spitze!
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Scylla am 23.04.2010 | 10:17
Was besagt die Theorie denn genau? Inwiefern Entscheidungen der Spieler tatsächlich Einfluss auf das Spiel haben bzw. nicht? Dann wird das Stichwort "railroading" wieder eine wichtige Rolle spielen, habe ich recht?

Korrigiert mich, wenn ich den Punkt verfehlt habe...
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 10:21
Was besagt die Theorie denn genau? Inwiefern Entscheidungen der Spieler tatsächlich Einfluss auf das Spiel haben bzw. nicht? Dann wird das Stichwort "railroading" wieder eine wichtige Rolle spielen, habe ich recht?

Korrigiert mich, wenn ich den Punkt verfehlt habe...
Naja, das Thema Railroading wird sicherlich eine Rolle spielen. Allerdings versuche ich ja gerade, die Begrifflichkeiten der Forge durch einen systematischeren Ansatz zu ersetzen. Idealerweise wird man im Resultat die Begrifflichkeiten der Forge einsortieren können, muss sich aber nicht mehr länger mit kleinteiligen Diskussionen herumquälen.

Aber klar: das Thema brennt mir auf den Nägeln. Ich halte es für einen der wesentlichen Kristallisationspunkte von Diskussionen über Rollenspiele und vermisse bislang eine systematische Auseinandersetzun damit.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Scylla am 23.04.2010 | 10:23
Ok, ich werde mich ein wenig in deine Theorie einlesen, darüber nachdenken, und dann was dazu posten.

Please wait...
Imagawa is loading...
...
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 10:36
Da ich mich mit Verhaltenstheorie nicht auskenne, werde ich erstmal abwarten, was der gute TAFKAKB als Vorlage zusammenschustert. Ich bin gespannt!  :)

Grundsätzlich zum Ansatz und dem Vorhaben:  :d

@Imagawa:
Wie ich es verstanden habe, will TAFKAKB damit vor allem mal eine möglichst eindeutige und systematische Eingrenzung der Phänomene vornehmen, damit nicht ständig neue Definitionskriege ausgelöst werden. "Railroading" wird dann zwar vorkommen, aber eben nicht zwingend als Einzelbegriff neu definiert, sondern vermutlich eher als sowas wie "umfasst Phänomen 2, 3 und 5 der TAFKAKB-Liste und hat die-und-die Konnotation". Im Idealfall kann man dann auch endlich mal diverse Übergangsformen oder Abwandlungen erfassen, damit die Diskussionen "ist es denn (schon) Railroading, wenn" auch nicht mehr sein müssen. Das würde auch ermöglichen zu sagen "Ja, Moment, ist Railroading nicht eigentlich Phänomen 2, 3, 5 anstelle von 2, 3, 6?" oder "die Konnotation "glönf" sehe ich bei Pixelbitching eigentlich überhaupt nicht!"

Juhu, ein Theoriebaukasten!  ~;D
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 10:40
Da ich mich mit Verhaltenstheorie nicht auskenne, werde ich erstmal abwarten, was der gute TAFKAKB als Vorlage zusammenschustert. Ich bin gespannt!  :)
Die Verhaltenstheorie sagt in diesem Falle erst einmal nur: eine Theorie umfasst Beschreibung, Erklärung und Vorhersage - und zwar genau in dieser Reihenfolge. Der Rest dreht sich um Rollenspiele  ;D

Juhu, ein Theoriebaukasten!  ~;D
Ja, genau das ist angedacht. Aber wie gesagt: so wahnsinnig wissenschaftlich wird das nicht. Nur die Systematik soll halt ein bisschen professioneller sein als das, was momentan so angeboten wird. Mal sehen, wie das so klappt.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 10:47
Ich seh schon Koordinatensysteme mit den Achsen "Spielereinfluss - SL-Einfluss" und "ergebnissoffen - nicht ergebnisoffen" vor mir, in die dann die Forgebegriffe eingeordnet werden...  ;D

So es denn klappen sollte, die Phänomene eindeutig herauszuarbeiten: Ist es Ziel, Begriffe für häufige (oder häufig angenommene) Kombinationen zu finden? Also das man hinterher tatsächlich wieder sowas wie "Railroading" hat, nur halt eben eindeutig definiert? Oder soll das davon komplett losgelöst sein?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: ErikErikson am 23.04.2010 | 10:49
Hoffen wir das es klappt und es nicht wieder versandet. Das geht nur, wenn alle mal etwas guten Willen zeigen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Achamanian am 23.04.2010 | 10:52
Könnte mir jedenfalls vorstellen, dass man für den Anfang zwei Ebenen auseinanderklamüsern müsste:

Die Frage, ob ein Spieler einem bestimmten Spielstil (z.B. durch den SL gescriptete Geschichte) bewusst zustimmt bzw. ihn bewusst ablehnt - betrifft die Aushandlung der Bedingungen für das gemeinsame Spiel.

Die Frage, ob die Handlungen, die ein Spieler seinen Charakter im Spiel durchführen lässt, die Spielwelt in relevanter und zielgerichteter Weise beeinflussen können oder nicht.

Das geht aber sicher noch irgendwie konziser. Vor allem meine ich damit, dass man den Einwand honorieren muss, dass mancher Spieler sich vielleicht entscheidet, dass er nicht will, dass die Handlungen seines Charakters relevanten Einfluss auf die Spielwelt haben, weil es ihm lieber ist, das planmäßig ablaufende (und damit idealerweise zu einem befriedigenden Schluss kommende) Script des SL nicht zu stören.

Vielleicht bin ich damit auch auf der völlig falschen Fährte, ist aber mein erster Gedanke ...
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 10:55
Ja klar, Carthinius. Wenn wir ein wirklich gutes Modell hinbekommen, lassen sich die Forgebegriffe da selbstverständlich integrieren. Ich habe im Hinterkopf, dass man Eingriffe eventuell nach den drei Kategorien Offenheit: offen/verdeckt, Akteur: SL/Spieler und Legitimität: legal/illegal klassifizieren könnte und im Anschluss dann Umstände findet, die diese Kategorien und deren Auftreten beeinflussen (sogenannte Moderatoren). Aber dazu später mehr, wenn es um die Beschreibung geht.

Danach kümmern wir uns dann unter anderem um die Fragen, die Achamanian aufwirft, nämlich WARUM man solche Eingriffe vornimmt. Abschließend würden wir dann dazu überzugehen, wie man ZUKÜNFTIG anders agieren kann und welche Auswirkungen das hätte.

@ Erik: Hoffen wir das beste. Aber der Anfang sieht doch schon mal sehr positiv aus. Danke an alle!
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 11:05
Die Kategorien finde ich schon einmal gut. Mal überlegen, ob (mir) da noch etwas fehlt. Worauf würdest du die Legitimität fußen lassen? Auf dem ominösen Gruppenvertrag? Oder soll der auch konkreter werden?

Die Motivation (das Warum) ist vermutlich schwierig herauszuklamüsern - immerhin gehen ja viele Phänomene auf eine Motivation zurück, würden dardurch aber zu verschiedenen Kategorieeinteilungen führen; z.B. "SC sollen nicht sterben." würde zu "verdeckt/SL/legal" führen oder zu "offen/SL/legal" oder auch zu "verdeckt/SL/illegal", je nachdem, ob das eine Agenda ist, die sich alle auf die Fahne geschrieben haben oder nur einzelne. Oder zäume ich gerade das Pferd von hinten auf?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Markus am 23.04.2010 | 11:13
Also ehrlicherweise, die Kategorien würde ich mir sparen. offen/verdeckt ist wenig hilfreich, weil das Ganze ja meist in dem Graubereich dazwischen abläuft und auch sehr davon abhängt, wie clever und interessiert die Spieler sind. Bei den Akteueren reicht IMO der SL, weil es einfach zu üblich ist, dass der SL für Spieler-Spieler Eingriffe den Schiedsrichter macht. Legal/illegal handelt uns den kompletten Gruppenvertrag an, das würde ich ungern machen.

Ich würde dementsprechend einfach bei den Spielerentscheidungen anfangen. Systematisiert nach Charakter, Regelanwendung, soziale Interaktion und dann eben die Elemente des SIS die dir wichtig erscheinen. Also Spielwelt, Plot, NSCs whatever.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 11:20
Naja, "offen/verdeckt" würde ja letztlich nur die Intention betreffen, die Umsetzung ist damit noch lange nicht gemeint. Aber z.B. würde Illusionismus bisher definitiv unter "verdeckt" laufen, Partizipationismus eher unter "offen" (um mal ein paar der bösen Forgewörter zu nutzen). Das ist ja sozusagen schon elementarer Teil der Absicht hinter dem Phänomen und betrifft damit auch die Situation am Tisch: Auf Sachen, von denen ich weiß ("offen), kann ich reagieren, weiß ich von ihnen nicht ("verdeckt"), geht das nicht. Gut, das geht dann schon wieder in die Legitimation hinein ("Hey, du bescheißt ja!" -> verdeckt/illegal, "Argh! Ich bin tot!" - "Echt? Oh, dann zieh dir mal nur die Punkte ab, die bis auf 1HP gehen" -> offen/legal). Aber relevant finde ich es deswegen schon.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: 6 am 23.04.2010 | 11:37
Bitte nicht die Entwertungen von SL-Entscheidungen vergessen. Der ist schliesslich auch ein Spieler.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 11:40
Die Kategorien finde ich schon einmal gut. Mal überlegen, ob (mir) da noch etwas fehlt. Worauf würdest du die Legitimität fußen lassen? Auf dem ominösen Gruppenvertrag? Oder soll der auch konkreter werden?
Konkreter als ein impliziter oder expliziter Gruppenvertrag wird es kaum werden können. Aber das wäre dann doch schon mal ein gutes Instrument für die Vorhersage nach dem Motto: "Wenn Du Dich vom SL drangsaliert fühlst und den Eindruck hast, dass bisweilen Deine Entscheidungen entwertet werden: haste mal gefragt, ob Ihr vielleicht ein unterschiedliches Verständnis habt? Sprich das doch mal an." Das ist nun wahrlich keine raketenscharfe Erkenntnis und für die meisten Aktiven hier im Forum ein ziemlich schaler Tip. Aber wenn wir eine systematische Liste solcher Dinge erabeiten könnten, die zudem noch auf einer ebenso systematischen Beschreibung und Erklärung des Phänomens beruhen, hätten wir nach meinem Dafürhalten eine ganze Menge geschafft. Dass all das schon mal irgendwo diskutiert wurde: klar. Aber eine systematische Sortierung im genannten Sinne ist mir nicht bekannt. Darin sehe ich den Fortschritt.

Die Motivation (das Warum) ist vermutlich schwierig herauszuklamüsern - immerhin gehen ja viele Phänomene auf eine Motivation zurück, würden dardurch aber zu verschiedenen Kategorieeinteilungen führen; z.B. "SC sollen nicht sterben."
Genau diese Motivationen interessieren mich aber, denn genau darum geht es doch. Spielerentscheidungen werden entwertet. Das ist schlecht. Also: warum macht man das trotzdem? Wenn man es macht bzw. nicht macht, welche Alternativen bieten sich mit welchen Konsequenzen?

würde zu "verdeckt/SL/legal" führen oder zu "offen/SL/legal" oder auch zu "verdeckt/SL/illegal", je nachdem, ob das eine Agenda ist, die sich alle auf die Fahne geschrieben haben oder nur einzelne. Oder zäume ich gerade das Pferd von hinten auf?
Damit wäre ich vorsichtig, denn ich bin mir nicht sicher, was wir damit gewinnen würden. Außerdem erscheint mir das schwer darstellbar.

Den Einwand von Markus finde ich gut. Allerdings würde ich eher versuchen, die genannten Probleme mit den Kategorien zu lösen als das ganze aus Spielersicht aufzuzäumen. Zur Begründung siehe Carthinius.

@ 6: Kannst Du mal ein Beispiel geben, wann und wie eine SL-Entscheidung entwertet werden kann?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Horatio am 23.04.2010 | 11:51
Ich kann leider auch nur Brocken liefern und hoffe, dass das nicht dazu führt, dass sich die Diskussion in Details verliert. Hier ein paar Gedanken zu Punkt 1.

Zitat
1. Beschreibung des Phänomens: Was ist eine Entwertung von Spielerentscheidungen und unter welchen Umständen tritt sie auf?

Das erste was man sich wohl klar machen muss ist was der Spieler überhaupt entscheiden darf. Das ist sicherlich von System zu System und insbesondere von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich.

Oft wird der Charakter als der Bereich des freien Entscheidens gesehen. Meines Erachtens stimmt das bereits nur zum Teil. Es besteht bspw. meines Erachtens eine Pflicht auch mitzuspielen oder zumindest nicht aktiv zu stören. Entscheidungen die dem entgegenstehen, gehören einfach nicht in den Bereich der freien Spielerentscheidung.
Hier muss man sich klar machen, dass das was der Spieler will nicht immer deckungsgleich ist, mit dem was der Charakter will. Wenn die Aussage ist: „Mein Charakter würde das nicht tun“, dann muss ein Weg gefunden werden, wie der Charakter das tut, was einem Spieler, der die Motivationen seinen Charakters nicht nur kennt sondern auch steuert nicht schwer fallen sollte. Möglicherweise besteht eine solche Lösung auch durch das Einwirken der anderen SCs; wenn der Charakter Angst vorm Fliegen hat und ein Flug unvermeidlich ist, kann er unwillentlich betäubt werden oder ähnliches und wenn er spielsüchtig ist und gerade Gruppeneingentum verzocken will müssen die anderen SCs eingreifen. Auch Aktionen in denen sich SCs gegenüberstehen, müssen auf der Spielerebene immer noch zusammen gelöst werden; dann sind sie auch eine wirkliche Bereicherung der Runde. Eine Aktion die nur stören will, kann nicht im Rahmen der Spielerentscheidung liegen.

Lineare Abenteuer sehe ich nebenbei nicht als Entwertung von Spielerentscheidung. Nur weil die sinnvollen Optionen durch das Szenario begrenzt sind oder der Weg dorthin keine Abzweigungen kennt, werden Entscheidung dadurch nicht entwertet; die Gelegenheiten für solche sind einfach weniger gegeben. Das mag nicht wünschenswert sein, ist allerdings eine andere Problematik.

Ebenso, wenn man eine Spielerentscheidung nicht entwerten will, muss man zusehen, dass die Intention des Spielers mit aufgegriffen und verstanden wird. Seine Entscheidung muss also nicht nur irgendeine relevante Auswirkung haben können, sondern eine von der der Spieler will, dass sie Eintritt. Wenn die hysterische Prinzessin, die nur beruhigt werden sollte, sich wegen eines extrem guten Wurfes in den SC verliebt, dann ist das sicherlich eine spielrelevante Auswirkung, allerdings nicht in der Form, wie der Spieler sie gewollt hat. Sollte es unterschiedliche Vorstellungen geben, was den nun überhaupt möglich ist, muss das im Vorfeld geklärt werden.

Sogar Würfeldrehen muss keine Entwertung einer Entscheidung darstellen, solange sie im Sinne des Spielers ist. Wenn dieser zu Erkennen gegeben hat, dass er scheitern möchte, da dies die spannendere Szene/Verwicklung bringt und dies wird ihm durch Würfeldrehen gewährt, ist das keine Entwertung der Spielerentscheidung. Ebenso wenn nach einem grandiosen Plan, auf den die Spieler ihre ganzen Hoffnungen setzten der unglückliche Wurf so nach gebessert wird, dass es doch noch zum Erfolg wird.

Problematisch ist hier allerdings in der Praxis, das oft der SL es „gut meint“ und selbst entscheidet welche Szene die schönere ist und somit die Spieler bevormundet oder eben keine Kommunikation darüber herrscht, was der Spieler im Einzelfall denn möchte.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: 6 am 23.04.2010 | 12:00
Da kann ich eine Annekdote erzählen:
Ein Kumpel hatte eine Idee einer Endzeitkampagne. Wir Spieler wurden dabei aus der heutigen Zeit in eine nahe Zukunft versetzt, bei dem es einen Atomschlag gab. Wir standen also alle nach der Zeitversetzung in einem angeschossenen Bunker, als wir von draussen Motorengeräusch hörten. Wir also nach oben und sahen in der Ferne ein gepanzertes Fahrzeug mit mehreren scheinbar Zivilisten die sich schnell in unsere Richtung bewegten. Zusätzlich hörten wir im weiten Hintergrund Atillerielärm.
Einer der Mitspieler hatte im Bunker ein paar Waffen mit Munition gefunden. Als er die Leute sah, war seine erste Reaktion auf diese mit Wutgeheul zu schiessen. Ich glaube dabei ist auch eine Granate geflogen. Auf die Frage, was das soll, meinte er, dass sein Charakter ein alter Vietnamveteran sei und daraus noch ein Trauma hätte. Und er sah es nicht ein, anders zu reagieren weil [INSERT STANDARDANTWORT1]. Der SL hat seine Unterlagen zugeklappt und fragte, was wir jetzt spielen wollen. Er hatte es eigentlich so geplant, dass wir die Flüchtlinge unter unsere Fittiche nehmen und damit den Focus der Kampagne auf einen Basisbau richten. Seine Entscheidung wurde von den Spielern (in dem Fall von dem Spieler) entwertet.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 12:03
Gute Punkte, danke Horatio. Und unerwartet dazu. Muss das erst einmal verdauen.

Für den ersten, von Dir genannten Bereich fiel mir spontan das A-Team ein. Wenn eine Gruppe eine ähnliche Konstellation wie in der Fernsehserie hat, dann muss der Spieler des BA Barracus (oder wie auch immer der nun genau hieß/geschrieben wurde) sich bei Flugreisen einerseits selbst beschränken und andererseits massive Eingriffe der anderen Spieler sowie des SL zulassen. Schließlich fliegt das A-Team alle Nase lang und BA Barracus fliegt IMMER mit und es kommt NIE zu Handgreiflichkeiten oder sowas. Und ebendiese Eingriffe mögen einer Runde tierischen Spaß machen, OBWOHL keinerlei Ergebnisoffenheit besteht. Aber der WEG zum Ergebnis sollte möglichst kreativ sein. Und in Ausnahmefällen kann man das auch einmal konterkarieren und BA Barracus den Flug doch verhindern lassen. Aus dramatischen Gründen wohlgemerkt. Hm, guter Punkt, Horatio. Gehört für mein Gefühl eher in den Bereich der Erklärungen. Muss da aber noch drüber meditieren, denn noch kann ich das nicht so richtig einsortieren.

@ 6: Hm, ich sehe da eher Inkompetenz beim SL. Offensichtlich gab es nur einen einzigen Weg, der vorgegeben war. Es hat also nicht der Spieler die Entscheidung des SL eingeschränkt, sondern umgekehrt existierte nur eine Handlungsoption für die Spieler.

EDIT: Durch Horatios Einwurf habe ich nun übrigens den Titel der Theorie verändert. Ich hatte ursprünglich "Entwertung" gewählt, aber "Eingriffe" erscheint mir geeigneter. Mit dem negativen Begriff der "Entwertung" wollte ich direkt zu Beginn eine negative Konnotation in das Thema bringen. Aber, wie mir am Beispiel des A-Teams und BA Barracus bei Flugreisen klar wurde, kann das dem Spielerlebnis auch extrem förderlich sein.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 12:04
Bezüglich "Gruppenvertrag": Ich denke auch, dass das Hauptproblem hier ist, dass von allen Seiten zuviel implizit im Raum steht, ohne wirklich angesprochen zu werden (siehe dazu das Diary von Jörg.D zu seinem DSA-Spiel). Daher finde ich die Formulierung "Vertrag" auch so unglücklich, weil es genau sowas - also eine Absprache im Vorfeld - ja oft genug nicht gibt.

Genau diese Motivationen interessieren mich aber, denn genau darum geht es doch. Spielerentscheidungen werden entwertet. Das ist schlecht. Also: warum macht man das trotzdem? Wenn man es macht bzw. nicht macht, welche Alternativen bieten sich mit welchen Konsequenzen?
Ist nicht die Annahme, dass Spielerentscheidungen zu entwerten schlecht ist, schon einen Schritt zu weit, weil es wertet? Oder ist das einfach ein Gebot für das Miteinander im Spiel, das du voraussetzt? Immerhin könnte man das ja auch als eigenes Phänomen definieren!
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 12:08
Ist nicht die Annahme, dass Spielerentscheidungen zu entwerten schlecht ist, schon einen Schritt zu weit, weil es wertet? Oder ist das einfach ein Gebot für das Miteinander im Spiel, das du voraussetzt? Immerhin könnte man das ja auch als eigenes Phänomen definieren!

Ja, exakt das ging mir auch gerade durch den Kopf. Siehe Edit meines Beitrags oben.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Scylla am 23.04.2010 | 12:11
Ich denke, es gibt grob gesagt zwei [EDIT: Kategorien] von Spielerentscheidungen: Gestaltungs-Spielerentscheidung und Lösungsspielerentscheidungen. Gestaltungsentscheidungen sind Entscheidungen der Spieler, die in erster Linie dazu dienen, ihren Charakter genauer auszugestalten. Das sind, um ein Beispiel zu nennen, Entscheidungen wie: a, trinkt mein Zwergenkrieger lieber Bier, Schnaps, oder Wasser? b, Schlafe ich, auch wenn ich es mir leisten kann, lieber im Stall, weil ich geizig oder sparsam bin, oder gar aus religiösen Gründen? Usw. Diesen Entscheidungen ist gemein, dass sie insgesamt nicht darauf abzielen, Lösungen zu vorhandenen Problemen oder Questen zu liefern.
Die Lösungsspielerentscheidungen sind Entscheidungen, die getroffen werden, um wie der Name schon sagt, vom SL vorgegebene bzw. selbst konstruierte Probleme und Missionen zu bewältigen. In diese Kategorie fallen: a, Gehen wir auf dem Weg in das Herz des Schwarzen Tempels rechts oder links? b, kämpfen wir uns durch oder schleichen wir? c, überreden, bedrohen oder bestechen wir die Goblinwachen?

Der Wert der Gestaltungs SE ist die Ausgestaltung seines Charakters und die Schaffung einer guten Atmosphäre, wenn alle Spieler ihren Teil dazu beitragen. Der Wert einer Lösungs SE ist das Erreichen eines vorgegebenen oder selbst gesteckten Zieles.

Nun also zur Entwertung: Eine Entwertung einer SE tritt dann ein, wenn die Entscheidung ihr Ziel nicht erreicht, also sozusagen wertlos ist. Das heißt, anders ausgedrückt, dass die Gestaltungs SE den Charakter nicht wirklich gestaltet und/oder keine wirkliche Atmosphäre aufbaut, bzw. die Lösungs SE nicht dazu beiträgt, das gesteckte Ziel (die Queste, die Mission…) zu erreichen.  

Ich denke, dass durchaus auch Spieler eine Entwertung bewirken können. Das passiert zum Beispiel, wenn GSE von anderen Spielern mit Absicht ignoriert, oder in nicht angemessenem Maße kritisiert werden. Beispiel: Charakter A und seine Kameraden gehen in die Taverne. CH A wählt aus dem Menü nicht, wie üblich, sein Bier (denn es ist ein heiliger Tag für ihn), sondern lediglich Wasser/Milch o.ä. Wenn die anderen Spieler ein wenig darauf eingehen (nach dem Grund fragen, es ihm nachtun, ihn damit ein wenig aufziehen usw.) hat man ein Stück Rollenspiel geschaffen. Andere Chars konnten sich einbringen, und Rolle des Charakters A ist etwas dichter geworden. Wenn aber keiner darauf eingeht, und das Ereignis einfach übergangen wird, ist das GSE (aus der Sicht Spieler A) ohne Wert gewesen. Er hätte es überhaupt nicht ausspielen brauchen, und weder Atmosphäre noch Rolle ist irgendwie dichter geworden. Die Frage ist nun, warum das so sein kann. Ich glaube, dass liegt in diesem Fall daran, dass ab einem gewissen Stadiums eines Abenteuers/der Rundendauer GSE in den Schatten von Lösungs SE treten; die Charaktere kennen sich bereits, man ist bekannt untereinander, und es gibt dringender Dinge zu besprechen als die Trinkgewohnheiten des Kameraden, beispielsweise wie man in den nächsten vier Stunden noch lebend die Stadt verlassen könnte oder etwas ähnliches.  Also können die Ursachen einer [EDIT: Entwertung einer SE] durch Spieler eine sich in der Gruppe ausbreitende Routine (man ist sich nicht mehr so interessant) oder eine Überschattung durch ein gewichtigeres Problem sein.

Ich denke, dass Entwertungen durch den SL meistens bei den [Edit: Lösungs SE] vorkommen. Das könnte zum Beispiel sein, dass der SL, um seine Geschichte zu erzählen, die Charaktere unbedingt gefangen nehmen lassen will (railroader-SL). Also wird er alles tun, um sie in diese Situation zu bringen. Zum Beispiel kann Dominatrix (der Name des SLs) das Lager der Gruppe des Nächtens von einer Übermacht umstellen lassen. Da er sich in den Kopf gesetzt hat, die Spiele unbedingt gefangen zu sehen, hat er sie in der Hand. Jede LSE der Spieler, die darauf abzielt, zu entkommen, wird von vornherein entwertet: Die Gegner sind zu viele und/oder zu stark, um sie zu besiegen, also wird eine Entscheidung zum Kampf entwertet: sie ist von vornherein nicht durchführbar. Dasselbe gilt für fliehende Charaktere; überall in den Büschen liegen Gegner versteckt, die noch dazu Netze, Fangseile und andere Fallen ausgelegt haben; sogar magische Fluchtmöglichkeiten sind von vornherein ausgeschaltet, ein Zauberer mit einem entsprechenden Gegenzauber verhindert solche Maßnahmen; egal was die Spieler tun: die Entscheidung zur Flucht wird entwertet, sie kann ihr Ziel nicht erreichen. Naja, was ich da beschrieben habe, ist die übliche Railroading tour, das ist mir schon klar, aber dieses Phänomen kann man wohl schlecht aus der Diskussion raushalten...

Möglicherweise entwertet ein SL Entscheidungen der Spieler auf, um sie zu beschützen, indem er im geheimen einige, für die Spieler uneinsichtige Gegebenheiten der Umgebung ändert. Ob das nun eine Entwertung oder Hilfestellung ist, um die Gruppe nicht zu killen, kann ich nicht sagen. EIne helfende Entwertung eventuell.


Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Scylla am 23.04.2010 | 12:20
Also nun Eingriff anstatt Entwertung? Dann passt mein Beitrag leider nicht mehr dazu, sorry. Ein Eingriff besteht ja vor allem darin, dass man ganz aktiv etwas verändert oder zu einer Situation beiträgt, eine Entwertung kann eine einfache Nicht-in-Bezugnahme/Ignorieren auf ein Ergebnis darstellen...
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Achamanian am 23.04.2010 | 12:23

Nun also zur Entwertung: Eine Entwertung einer SE tritt dann ein, wenn die Entscheidung ihr Ziel nicht erreicht, also sozusagen wertlos ist. Das heißt, anders ausgedrückt, dass die Gestaltungs SE den Charakter nicht wirklich gestaltet und/oder keine wirkliche Atmosphäre aufbaut, bzw. die Lösungs SE nicht dazu beiträgt, das gesteckte Ziel (die Queste, die Mission…) zu erreichen.  


Ich glaube, die Verknüpfung mit der Frage nach dem Erfolg einer Lösungs-Spielerentscheidung ist nicht so günstig. Es geht doch eher darum, dass zielgerichtete Entscheidungen überhaupt Konsequenzen haben, nicht unbedingt darum, dass sie konkret zielführende Konsequenzen haben. Die Korrelation kann ja auch negativ sein.
Deshalb denke ich auch, dass Entwertung von Spielerentscheidungen eben nur schwer am Einzelencounter festgemacht werden kann. Das Scheitern am Öffnen einer verschlossenen Tür ist an sich noch keine Entwertung der Entscheidung, die Tür zu öffnen. Entwertung tritt dann ein, wenn der SL von vornehrein beschlossen hat, dass keine Strategie dazu in der Lage sein wird, die Tür zu öffnen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 12:26
Also nun Eingriff anstatt Entwertung? Dann passt mein Beitrag leider nicht mehr dazu, sorry.
Oh nein, das tut mir leid! Aber aus den genannten Gründen sowie vor dem Hintergrund von Spielen wie DitV oder Polaris, wo gerade die Eingriffe in Spielerentscheidungen (oder vielleicht besser: Eingriffe in Handlungsoptionen des Spielers?, naja, lasse ich für den Moment mal offen) den Reiz der Spiele ausmachen und die insofern natürlich zu berücksichtigen sind, erschien mir der Begriff der Entwertung nicht länger sinnvoll. Oder?

Ich schließe mich inhaltlich aber auch Achamanian an:
Deshalb denke ich auch, dass Entwertung von Spielerentscheidungen eben nur schwer am Einzelencounter festgemacht werden kann. Das Scheitern am Öffnen einer verschlossenen Tür ist an sich noch keine Entwertung der Entscheidung, die Tür zu öffnen. Entwertung tritt dann ein, wenn der SL von vornehrein beschlossen hat, dass keine Strategie dazu in der Lage sein wird, die Tür zu öffnen.
Allerdings würde ich etwas korinthenkackerisch korrigieren in:
Zitat
Entwertung tritt dann ein, wenn der SL von vornehrein beschlossen hat, dass nur eine künstlich und absichtsvoll reduzierte Zahl an Strategien dazu in der Lage sein wird, die Tür zu öffnen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 12:28
Sorry für den Doppelpost. Wollte nur kurz meine Begeisterung dafür zum Ausdruck zu bringen, wie konstruktiv und nah am Punkt hier diskutiert wird. Kein Spam, keine kleinteiligen Definitionskriege, kein Gezicke. DANKE!!!
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: ErikErikson am 23.04.2010 | 12:30
Sorry wenns grade nicht ums Thema geht, nur was mir grade so eingefallen ist.

Was ic hmir überlegt habe (bzw. was ich oft gesehen habe):

So ne Dimension: Wahrscheinlichkeit, das was Interessantes passiert.

Bsp.Grundsituation Spieler geht in Turm und sieht sich um:

Es passiert definitiv nix (außer staubige Bücher).
Wenn der SC gut würfelt, findet er das Geheimfach. (Mit zwischenschritten, je nachdem wie schwer der Würfelwurf is)
Der SC findet das Geheimfach auf jeden Fall.  

Ich finde, so ne Dimension sollte drin sein, weil das will ich als SC wissen, wenn ich in ne Gruppe komm. Ich kenne viele Gruppen da würd ich einschlafen, weil der WDWP- (warscheinlichkeit das was passiert) Wert zu niedrig ist.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Scylla am 23.04.2010 | 12:31
Deshalb denke ich auch, dass Entwertung von Spielerentscheidungen eben nur schwer am Einzelencounter festgemacht werden kann. Das Scheitern am Öffnen einer verschlossenen Tür ist an sich noch keine Entwertung der Entscheidung, die Tür zu öffnen. Entwertung tritt dann ein, wenn der SL von vornehrein beschlossen hat, dass keine Strategie dazu in der Lage sein wird, die Tür zu öffnen.
Ja, klar, da hast du natürlich recht. So war das auch gemeint, habe ich aber leider etwas blöd ausgedrückt.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 12:35
Ich finde, so ne Dimension sollte drin sein, weil das will ich als SC wissen, wenn ich in ne Gruppe komm. Ich kenne viele Gruppen da würd ich einschlafen, weil der WDWP- (warscheinlichkeit das was passiert) Wert zu niedrig ist.
Auf alle Fälle. Das ist eine und vermutlich sogar die häufigste Erklärung, weshalb man als SL in Spielerentscheidungen eingreift: Dramaturgische Erwägungen.

Allerdings ist so etwas in viele Fällen schlicht eine Konsequenz schlechten Abenteuerdesigns. Idealerweise sollte der SL solche Situationen wie die von Dir beschriebene nämlich umgehen. Die Frage ist, ob und wie sich das konstant vermeiden lässt. Dieser Punkt wird ja gerade in einem anderen Thread (irgendwas mit Wissensmanagement und Railroading) ziemlich kontrovers diskutiert. Mehr hier (http://tanelorn.net/index.php/topic,54588.msg1092555.html#msg1092555). Auch der Thread versandet aber wieder im Nirvana, weil es eben an einem robusten theoretischen Modell mangelt, welche die Phänomene systematisch beschreibt, erklärt und vorhersagt. Deshalb der Quatsch hier  :D
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 12:55
Kein Spam, keine kleinteiligen Definitionskriege, kein Gezicke. DANKE!!!
Man tut, was man kann!  :D

@Imagawa: Ich denke, du beschreibst teilweise das, was auch schon bei den DSA-Diskussionen im Raum stand, allerdings bei dir deutlich weniger wertend (wenn ich mich recht entsinne, war bei DSA die Aussage, dass Spieler sich auf Charakter- und Solospiel zurückziehen bzw. sich damit begnügen, weil sie wissen/ahnen, dass sie zur Lösung des Abenteuers nichts oder nur wenig beitragen können). So gesehen ist das natürlich eine interessante Idee, weil es auch verschiedene Spielarten offenbart: Ich würde das wieder mit dem plot- oder charaktergetragenen Spiel gleichsetzen; plotgerichtet (sei es nun erzählte Geschichte oder zu lösende Herausforderungen, die sozusagen extern vom SL kommen) erfordert Lösungen, spielt man eher charakterbezogen (also Ereignisse aus den Spielercharakteren heraus, die die Geschichte bestimmen, z.B. Intrigen, Soapspiel etc.), dann gibt es gar keine richtigen Lösungsentscheidungen (und die wären auch für das Spiel überhaupt nicht zielführend). Hängt daher sehr am Spiel (und Spielstil) und wäre vermutlich im Rahmen einer allgemeinen Systematik schwierig zu fassen.
Hinzu kommt, was Achamanian gesagt hat: Das Problem ist, ob der SL gewisse Dinge von vonherein ausgeschlossen hat.

So ne Dimension: Wahrscheinlichkeit, das was Interessantes passiert.
Siehe TAFKAKB. Aber: Ich würde das nicht nur an das Abenteuerdesign hängen - schließlich spielt dahinein auch der SL (bzw. der Spieler, der das entscheidet), seine Improvisationsfähigkeit und das bevorzugte Spiel. Leerstellen im Abenteuer lassen sich ja durchaus spannend/sinnvoll füllen, und sei es nur, dass sich der SL im Vorfeld was überlegt. Weiterer Punkt ist auch die Relevanz für das Spiel: Ein plotorientiertes Spiel sieht vermutlich fest vor, dass es da ein Buch gibt, wenn es relevant ist (wenn nicht, sagt es vielleicht noch, dass da was ist, vielleicht aber auch nicht -> Leerstelle), der Sandkasten würde es vermutlich rein zufällig bestimmen (da es ja sowas wie "Plotrelevanz" von vornherein kaum gibt), und wird gar nichts über den Turm gesagt, muss es der SL halt spontan entscheiden. Inwieweit dann wieder legitim ist, dass der SL sagen kann "Hört mal, da ist nix, das können wir auch auslassen" oder ob er das "zwingend" ausspielen muss, auch wenn da nichts ist, hängt dann auch wieder am Spielstil.
Tja, wie kann man das dann einsortieren? Also phänotypisch? Hm.

EDIT:
@TAFKAKB: Magst du vielleicht jedesmal, wenn du im Thread nebenan etwas editierst, eine Edit-History anlegen bzw. anmerken, was du geändert hast? Wär vielleicht ganz sinnvoll, wenn das jetzt häufiger vorkommt!  :)
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: ErikErikson am 23.04.2010 | 12:58
Ich würde sagen, es interessiert mich primär, ob was Interessantes passiert oder nicht. Warum, weshalb, das ist (erstmal) zweitrangig.
Wenn der SL in einem Satz sagt, das is nix, dann würde das für diese Frage schlicht nicht als Szene gelten.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Scylla am 23.04.2010 | 12:58
Oh nein, das tut mir leid! Aber aus den genannten Gründen sowie vor dem Hintergrund von Spielen wie DitV oder Polaris, wo gerade die Eingriffe in Spielerentscheidungen (oder vielleicht besser: Eingriffe in Handlungsoptionen des Spielers?, naja, lasse ich für den Moment mal offen) den Reiz der Spiele ausmachen und die insofern natürlich zu berücksichtigen sind, erschien mir der Begriff der Entwertung nicht länger sinnvoll. Oder?
Macht ja nix. Es passiert im Laufe von Diskussionen oft, dass Fragestellungen umgearbeitet werden müssen. Hat durchaus Sinn, wenn die Sache sich weiterentwickelt, und man merkt, dass man die Sache neu aufziehen muss.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Horatio am 23.04.2010 | 12:59
@ TAFKAB
Hm ich glaube „Entwertung“ kann / sollte beibehalten werden.
Wenn der BA Spieler gerade möchte, dass er ausgetrickst wird, was letztendlich eine zusätzliche Herausforderung für die anderen Spieler und ein kleines Spotlight für ihn darstellt, dann ist da ja gerade keine Entwertung einer Spielerentscheidung, denn seine Intention war ja gerade diese Situation zu schaffen, ganz unabhängig davon was sein Charakter möchte.
Erst wenn er als Spieler sich gegen jeden Ansatz wehrt, der ihn plausibel ins Flugzeug bringen könnte und man zwingt seinen Charakter dennoch an Bord, wird seine Entscheidung entwertet. Hier ist meine momentane Vorstellung allerdings, dass eine Entscheidung nicht entwertet wurde, weil ihm hier gar keine Entscheidungsfreiheit zustand, da er das Spiel nicht unmöglich machen oder behindern darf.

Eingriff klingt außerdem so, als wäre es eine rein aktive Geschichte. Oft wird eine Spielerentscheidung gerade dadurch entwertet, das ihre Konsequenzen einfach nicht in den weiteren Verlauf einbezogen werden oder sie sogar schlichtweg ignoriert wird.

Mag aber sein, dass ich mich hier in Details verliere :P.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: DasTaschentuch am 23.04.2010 | 13:19
Meine 2 Cents (wenns am Thema vorbeigehen sollte dann darfs ignoriert werden)

Betrachtet wird ein Spielsystem in dem ein oder mehrere Spieler und ein (selten mehr) Spielleiter mitspielen. Spieler haben nur einen geringen Einfluß auf die Spielwelt und müssen sich an die Spielregeln halten. Der Spielleiter hat (fast) unbegrenzet Macht/Einfluß über die Spielwelt und kann (eventuell) Regeln ignorieren (in den meisten Spielleiterbüchern steht,daß ein GM eine Regel die ihm nicht passt ignorieren soll). Es besteht auf jeden Fall ein gewaltiger Unterschied in der Macht der beteiligten. Spieler spielen Charaktere die teil der Spielwelt des Spielleiters sind.

Spieler können Innenleben (Gefühle,Wünsche), Aktionen und  Aussehen (Kleidung) ihrer Charaktere beschreiben. Mehr im allgemeinen jedoch nicht.

Ein Eingriff in dieses Beschreibungsrecht durch den Spielleiter erfolgt wenn:

1) Die Beschreibung gegen die Spielregeln des Systems verstößt (Dein Chara is ein Magier,laut Regelwerk kann der nicht mit einem Turmschild umgehen)

2) Die Beschreibung ist im Wiederspruch zu der Spielwelt (Dein Chara hat kein Dynamit,es gibt in der Spielwelt kein Dynamit)

3) Die Beschreibung erzeugt einen Konflikt auf der Metaebene (Wenn dein Chara das Dynamit zündet seid ihr alle Tod uns das Abenteuer ist vorbei)

4) Die Beschreibung steht im Konflikt mit dem Plot des Spielleiters.

Punkt 4 ist noch in Unterpunkte zu unterteilen. Meiner Meinung nach stellen 1) bis 3) legitime Eingriffe in das Entscheidungsrecht des Spielers da
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Markus am 23.04.2010 | 13:21
Eingriff klingt außerdem so, als wäre es eine rein aktive Geschichte. Oft wird eine Spielerentscheidung gerade dadurch entwertet, das ihre Konsequenzen einfach nicht in den weiteren Verlauf einbezogen werden oder sie sogar schlichtweg ignoriert wird.
Da bekommen wir aber dann ein Problem mit dem Entwertungs-Begriff. Der ist wertend, und ich vermag beim besten Willen nicht zu sehen, wie irgendwer einen Anspruch hat, dass auf alle seine Beiträge "angemessen" reagiert wird.
Wenn ich eine Idee, sei es der SL oder der Mitspieler (Individualisierung durch Getränkewahl) blöd finde kann es schlecht sein, dass ich verpflichtet bin, trotzdem darauf einzugehen. Bzw. diese Verpflichtung ergibt sich wenn dann aus Reziprozität und ist nicht grundsätzlicher Natur.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Scylla am 23.04.2010 | 13:22
@ TAFKAB
Hm ich glaube „Entwertung“ kann / sollte beibehalten werden.
...
Erst wenn er als Spieler sich gegen jeden Ansatz wehrt, der ihn plausibel ins Flugzeug bringen könnte und man zwingt seinen Charakter dennoch an Bord, wird seine Entscheidung entwertet. Hier ist meine momentane Vorstellung allerdings, dass eine Entscheidung nicht entwertet wurde, weil ihm hier gar keine Entscheidungsfreiheit zustand, da er das Spiel nicht unmöglich machen oder behindern darf.
Hier stellt sich die Frage, inwiefern ein Spieler verpflichtet ist, die Story weiterzutragen, wenn sie zu strikt gegen Prinzipien des Charakters oder gar der Gruppe läuft. Ich erinnere mich, dass einer meiner SLs unsere Gruppe mit Zwang (gefangen durch einen Drachen) durch Androhung des sofortigen Todes dazu bringen wollte, irgendwelche Verbrechen zu begehen. Unser Paladin-Spieler, dem durchaus bewusst war, dass das ein Story-Hook war (wenn auch ein stark aufgezwungener), ließ sich partout auch nicht zum scheinbaren Einlenken bewegen, hielt unbeirrbar an seine Kodex fest, der ihm verbat, sich auf den Handel/Erpressung einzulassen und wir waren in einer komischen Spiele-Sackgasse gelandet: Dem SL blieb eigentlich nur noch, die Gruppe zu töten, wenn er konsequent weitermachen wollte (Anmerkung irgendwoher wussten wir, dass der Drache uns töten würde, wenn wir nicht einwilligten, also kein Bluff). Er rettete sich etwas ungeschickt mit "ihr wacht auf und es war ein Traum", aber das war für mich sehr unbefriedigend: Mein Char hatte sich mit dem Paladin für den Tod entschieden, und ich mich damit bereits arrangiert. Plötzlich lebten wir aber, und irgendwie kam ich mir betrogen vor. Zwar betrogen um den Tod, aber immerhin betrogen... Ich fand den Eingriff entwertend betreffs meiner Entscheidung. Ich würde vorschlagen, sowohl Eingriff als auch Entwertung in den Titel aufzunehmen und keinen davon auszuklammern, da sich doch nah miteinander verwandt sind und gar nicht so getrennt betrachtet werden können wie man es möchte.

@carthinius: die DSA Beiträge habe ich nicht gelesen, aber ich bin froh, dass es verständlich war, was ich da zusammengeschrieben habe. Daher meine neu eingeführten, etwas verworrenen Begriffe. "Plotorientiert" und "charakterbezogen" trifft es allerdings sehr gut. Aber eine rein charakterbezogenes Runde habe ich noch nie gespielt, ein Spiel ohne Zielentscheidungen kann ich mir kaum vorstellen! Vielleicht bin ich da etwas vernagelt, zugegeben...
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 13:29
@carthinius: die DSA Beiträge habe ich nicht gelesen, aber ich bin froh, dass es verständlich war, was ich da zusammengeschrieben habe. Daher meine neu eingeführten, etwas verworrenen Begriffe. "Plotorientiert" und "charakterbezogen" trifft es allerdings sehr gut. Aber eine rein charakterbezogenes Runde habe ich noch nie gespielt, ein Spiel ohne Zielentscheidungen kann ich mir kaum vorstellen! Vielleicht bin ich da etwas vernagelt, zugegeben...
Ich denke, als Reinform werden beide schwierig. Nimm sie als Extrempunkte (ob auf der gleichen Achse, müsste noch geklärt werden, aber könnte durchaus so sein), die mit hoher Wahrscheinlichkeit beide ihren Anteil im Spiel haben werden, aber mit unterschiedlicher Gewichtung (und vielleicht sogar auf unterschiedlichen Ebenen - bei DSA würde z.B. die plotorientierte Handlung ja nahezu ohne Berührungspunkte mit der charakterbezogenen Ebene ablaufen (müssen), weil die ja im (Kauf-)Abenteuer überhaupt nicht vorgesehen sein kann).
Als Arbeitsbegriffe sind sie aber sicherlich zu gebrauchen.
(Und die "verpassten" DSA-Diskussionen sind nun wahrlich kein Beinbruch ;) ).
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Horatio am 23.04.2010 | 13:50
Da bekommen wir aber dann ein Problem mit dem Entwertungs-Begriff. Der ist wertend, und ich vermag beim besten Willen nicht zu sehen, wie irgendwer einen Anspruch hat, dass auf alle seine Beiträge "angemessen" reagiert wird.

Hm gut, mag sein, dass Entwertung negativ besetzt ist, allerdings finde ich Eingriff auch nicht so richtig griffig. Bisher scheint mir der Begriff Entwertung den Vorgang am besten zu beschreiben, aber mag sein, dass sich das im Verlauf der Diskussion noch ändert :).

Abgesehen davon denke ich, das du gerade eine Kernfragen formuliert hast^^:
Habe ich als Spieler einen Anspruch darauf, dass alle meine Beiträge angemessen berücksichtigt werden und wo beginnt in diesem Zusammenhang die Entwertung?

Zitat
Wenn ich eine Idee, sei es der SL oder der Mitspieler (Individualisierung durch Getränkewahl) blöd finde kann es schlecht sein, dass ich verpflichtet bin, trotzdem darauf einzugehen. Bzw. diese Verpflichtung ergibt sich wenn dann aus Reziprozität und ist nicht grundsätzlicher Natur.
Hm.. also ich sehe nicht wie das Ablehnen dieser Idee das Spiel an sich beeinträchtigt. Wenn es natürlich das Thema des Spiels ist und absolut notwendig für den weiteren Verlauf, dass dein Charakter hier eine Entscheidung trifft, dann würde ich das als Pflicht ansehen und nicht von deiner spielerischen Entscheidungsfreiheit umfasst.

@ Imagawa Yoshimoto
Hm.. Ich denk mal über dein Beispiel nach. Extremsituationen zeigen oft die gedanklichen Fehler in eigenen Ideen^^.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Scylla am 23.04.2010 | 13:54
Spieler haben nur einen geringen Einfluß auf die Spielwelt und müssen sich an die Spielregeln halten. Der Spielleiter hat (fast) unbegrenzet Macht/Einfluß über die Spielwelt und kann (eventuell) Regeln ignorieren (in den meisten Spielleiterbüchern steht,daß ein GM eine Regel die ihm nicht passt ignorieren soll). Es besteht auf jeden Fall ein gewaltiger Unterschied in der Macht der beteiligten. Spieler spielen Charaktere die teil der Spielwelt des Spielleiters sind.

Spieler können Innenleben (Gefühle,Wünsche), Aktionen und  Aussehen (Kleidung) ihrer Charaktere beschreiben. Mehr im allgemeinen jedoch nicht.

Ein Eingriff in dieses Beschreibungsrecht durch den Spielleiter erfolgt wenn:

1) Die Beschreibung gegen die Spielregeln des Systems verstößt (Dein Chara is ein Magier,laut Regelwerk kann der nicht mit einem Turmschild umgehen)

2) Die Beschreibung ist im Wiederspruch zu der Spielwelt (Dein Chara hat kein Dynamit,es gibt in der Spielwelt kein Dynamit)

3) Die Beschreibung erzeugt einen Konflikt auf der Metaebene (Wenn dein Chara das Dynamit zündet seid ihr alle Tod uns das Abenteuer ist vorbei)

4) Die Beschreibung steht im Konflikt mit dem Plot des Spielleiters.
Die Beschreibung deiner vier Punkte halte ich für sehr sinnvoll und versprechend. So ungefähr stelle ich mir das auch vor. Auch dein Ansatz, dass die Spieler ein Teil der Spielewelt des Leiters sind, und somit zum größten Teil in seiner Macht stehen. Allerdings: wenn der Leiter seine Macht zu direkt kommuniziert, indem er beispielsweise Argumente von Spielern, die meinen, dass das sein Einspruchsrecht nicht auf  auf einen konkreten Punkt in ihrer Beschreibung/Entscheidung zutrifft, nur mit einem "Punkt. Kuchen spricht, Krümel schweigt" abfertigt, oder wenn der Leiter Regeln zu stark und zu offensichtlich abändert, verliert er in gleichem Maße seine Macht am Spieltisch. Damit meine ich, dass der SL zwar auf Spieleben eine besonderen Status genießt, aber dass ein Rollenspiel nicht nur auf dieser Ebene stattfindet. Dem SL gegenüber sitzen reale Menschen. Und unter realen Menschen bestehen gewisse Verhaltensregeln, die nicht durch die Regeln am Spieltisch außer Kraft gesetzt werden können. Ich meine daher auch, dass Spielregeln den Spieler auch zu einem gewissen Grad vor dem SL schützen sollen, und dieser sie nicht nach Willkür ändern darf. Das heißt, wenn der SL seine Gruppe nicht verlieren will, muss er sich auch bis zu einem bestimmten Grad selbst die Regeln, die das Gefüge "Spiel" zusammen halten, beachten. Er sollte, kurz gesagt, seine Eingriffe (um endlich wieder zum Thema zu kommen) gut dosieren. Tut er das nicht, aus welchem Grund auch immer, entwertet er Entscheidungen der Spieler immens.  Ich halte es für das Beste, Eingriffe, wenn überhaupt, für die Spieler als sinnvoll nachvollziehbar einzubringen oder so, dass es kaum wahrnehmbar ist.

Im Endeffekt kommt es ja auch auf Spielerkonstellationen an. Einige Spieler freuen sich, wenn der SL ein wenig nachhilft und einen gut gemeinten Eingriff für sie vornimmt. Einige andere kommen sich im gleichen Fall bevormundet oder gar betrogen vor ("der SL schummelt"). Ich würde mich nicht "für" oder "gegen" EIngriffe aussprechen, sondern für eine sinnvolle und sparsame Anwendung. Inwiefern hängt meiner bescheidenen Meinung nach vor allem von der Situation und den Spielern ab, die zusammen am Tisch sitzen.

ich hoffe, ich bin noch einigermaßen beim Thema geblieben. Für Abschweifungen entschuldige ich mich :D
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 13:57
Abgesehen davon denke ich, das du gerade eine Kernfragen formuliert hast^^:
Habe ich als Spieler einen Anspruch darauf, dass alle meine Beiträge angemessen berücksichtigt werden und wo beginnt in diesem Zusammenhang die Entwertung?
Ja, das glaube ich auch. Kommt allerdings nach meinem Verständnis eher beim Punkt "Erklärung" als bei der Beschreibung. Die Unterscheidung von "charakterorientiert" und "plotorientiert"erscheint mir ansonsten auch ziemlich wesentlich, allerdings spielt sie nach meinem Dafürhalten und unter der Maßgabe, alles richtig verstanden zu haben, in Bezug auf Eingriffe in Spielerentscheidungen nur eine untergeordnete Rolle.

@ Imagawa: Neinnein, das gehört absolut zum Thema, finde ich. Allerdings bewegen wir uns bei der von Taschentuch aufgeworfenen Frage ebenfalls schon bei der Erklärung und Deine Gedanken gehen noch einen Schritt weiter, nämlich in Richtung Vorhersage. Insofern erlaube ich mir einfach mal, diese Themen nach hinten zu schieben  8]
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Scylla am 23.04.2010 | 13:59
Ja, tu das  ;) War ich wohl wieder zu schnell  ;D
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: DasTaschentuch am 23.04.2010 | 14:13
Damit meine ich, dass der SL zwar auf Spieleben eine besonderen Status genießt, aber dass ein Rollenspiel nicht nur auf dieser Ebene stattfindet. Dem SL gegenüber sitzen reale Menschen. Und unter realen Menschen bestehen gewisse Verhaltensregeln, die nicht durch die Regeln am Spieltisch außer Kraft gesetzt werden können. Ich meine daher auch, dass Spielregeln den Spieler auch zu einem gewissen Grad vor dem SL schützen sollen, und dieser sie nicht nach Willkür ändern darf.

Das ist mir vollauf bewusst. Ich hab aber versucht möglichst aus der Ebene des Spiels heraus zu arbeiten und nicht so sehr aus der sozialen Ebene. Ich halte es nämlich für einen interessanten Schwachpunkt fast aller "großen" Systeme,daß man zwar dem Spielleiter eine fast göttliche Allmacht zugesteht,aber in den Spielregeln selber keine Möglichkeit einbaut, wie sich Speiler gegen diese Macht wehren können. Ausser eben aufzustehen und sich einen anderen Spielleiter zu suchen.

Eine grundlegende theoretische Diskussion über Spielleitereingriffe erübrigt sich bei dem Punkt,wo man sagen kann: der Spielleiter is eh ein Arsch. dann braucht man keine Theorie,nur einen anderen SL :-)
Ich betrachte sozusagen das ganze unter der Prämisse,daß alle anwesenden Teilnehmer ein gewisses Maß an sozialer Kompetenz haben. Oder auf gut deutsch: da die sozialen Probleme extrem stark von den jeweils beteiligten abhängen,wollt ich (andere können da sehr gerne nachbessern) diesen Aspekt erst mal hinten an stellen.

Nebenbei und Stoff für ein anderes Thema: eine willkürliche regeländerung muß nicht bedeuten,daß das Spiel unfair gegenüber den Spielern wird. Wenn ich als Meister Regeln ändere,dann meisten ums die Spielbalance zu verbessern.

Aber zum Thema Entscheidungsentwertung:
Kann man die 4 Punkte als solche akzeptieren,hab ich was wichtigesübersehen/vergessen? Kritik ist hochwilkommen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: sir_paul am 23.04.2010 | 14:28
Zitat
Definition:
Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) künstlich und absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen eines anderen Spielers einschränken.

Was verstehst du unter künstlich und absichtsvoll. Oder andersgefragt sind nicht alle eingriffe künstlich und absichtsvoll?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Scylla am 23.04.2010 | 14:30
1) Die Beschreibung gegen die Spielregeln des Systems verstößt (Dein Chara is ein Magier,laut Regelwerk kann der nicht mit einem Turmschild umgehen)
Versteht sich von selbst.

2) Die Beschreibung ist im Wiederspruch zu der Spielwelt (Dein Chara hat kein Dynamit,es gibt in der Spielwelt kein Dynamit)
Eine situationsabhängige Frage. z.B.: Ist der Charakter ein Alchemist? Wenn ja: Darf er, wenn es noch keines gibt, Dymamit erfinden? Wenn nein, warum nicht? Weil es zu mächtig wäre? Weil es nicht in die Welt passt?
Ansonsten: Der SL erschafft die Welt, und sagt was es gibt und was nicht, außer es gibt logische Mängel in der ARgumentation. Blödes Beispiel: Wagen erfunden, aber noch kein Rad. Wie kommt das? Nicht ganz so blödes Beispiel: Es gibt in der Welt keine Schilde, obwohl die Technologie und Schmiedekunst es theoretisch hervorbringen könnte. warum also gibt es keines?

3) Die Beschreibung erzeugt einen Konflikt auf der Metaebene (Wenn dein Chara das Dynamit zündet seid ihr alle Tod uns das Abenteuer ist vorbei)
Sowas darf der SL zwar gerne anmerken (als Stimme des gesunden Menschenverstandes, sozusagen) aber wenn es der Wille der Spieler ist, trotz dieses Wissens diesen Schritt zu tun, dann ist das eben so. Die Zeit anzuhalten, eine ominöse Kapuzengestalt erscheinen, und das Dynamit wegnehmen zu lassen (ihr werdet lachen: schon mal vorgekommen ::)) darf er aber nicht.

4) Die Beschreibung steht im Konflikt mit dem Plot des Spielleiters.
Das ist der kritischste Punkt, bei dem sich der SL gut überlegen sollte, wie stark er hier eingreift/eingreifen darf. Wie du es selbst sagst, bedarf es hier eventuell einer Untergliederung von Unterpunkten.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 14:31
Was verstehst du unter künstlich und absichtsvoll. Oder andersgefragt sind nicht alle eingriffe künstlich und absichtsvoll?
Vielleicht. Ich wollte damit betonen, dass es beispielsweise noch kein Eingriff ist, wenn der SL einfach zu wenige Ideen hat und nur imstande ist, eine einzige Handlungsoption zu präsentieren. Außerdem betont das noch mal, dass es sich um einen bewussten Vorgang handelt. Ist vermutlich redundant, Du hast wohl recht. Aber die Betonung finde ich trotzdem ganz okay.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: sir_paul am 23.04.2010 | 14:36
Vielleicht. Ich wollte damit betonen, dass es beispielsweise noch kein Eingriff ist, wenn der SL einfach zu wenige Ideen hat und nur imstande ist, eine einzige Handlungsoption zu präsentieren.

Aber was der SL presentiert ist eher zweitrangig! Wichtig ist meiner Erachtens auch das man auf Lösungswege welche die Spieler entwickeln eingegangen wird, egal ob der SL daran gedacht hat oder nicht!

Des weiteren habe ich noch eine Anmerkung. Nach deiner Definition des Eingriffes ist schon die Weltmodellierung ein Engriff! Muss nicht schlecht sein, er beißt sich aber mit deiner Einordnung von "Partizipationismus = legitimer Eingriff". Denn nur weil wir auf einer definierten Welt spielen betreiben wir keinen Partizipationismus!
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 14:38
Aber was der SL presentiert ist eher zweitrangig! Wichtig ist meiner Erachtens auch das man auf Lösungswege welche die Spieler entwickeln eingegangen wird, egal ob der SL daran gedacht hat oder nicht!

Des weiteren habe ich noch eine Anmerkung. Nach deiner Definition des Eingriffes ist schon die Weltmodellierung ein Engriff! Muss nicht schlecht sein, er beißt sich aber mit deiner Einordnung von "Partizipationismus = legitimer Eingriff". Denn nur weil wir auf einer definierten Welt spielen betreiben wir keinen Partizipationismus!

Ganz kurz: bitte die Kritik immer mit konkreten Verbesserungsvorschlägen. Also: Wie sollen wir umformulieren?

EDIT: Deshalb hatte ich übrigens die Worte "künstlich" und "absichtsvoll" mit reingenommen. Die Welt muss definiert werden. Das ist für mich eine natürliche Grundlage des Rollenspiels. Und wenn die Charaktere sich in einer unendlich tiefen Schlucht bewegen und kein Fortbewegungsmittel außer ihren Füßen haben, dann schränkt das ebenfalls die Handlungsoptionen ein, ist aber eben nicht absichtsvoll im Sinne der Volition. Und schließlich werden ja auch nur dann Spielerentscheidungen entwertet, wenn der SL Dinge einschränkt, welche nicht im Gruppenvertrag geregelt sind. Ich würde aber davon ausgehen, dass die Weltenerschaffung durchaus eine legitime, da im Gruppenvertrag geregelte, Einschränkung ist. [Quatsch gelöscht]. Insofern richtet sich die Kritik mehr gegen den Begriff der Forge als die hier präsentierte Definition. Daher noch eine Bitte: Definitionen über die Forge bitte NICHT hier im Thread führen!
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: sir_paul am 23.04.2010 | 14:42
OK, auch ganz kurz:

Nimm die Einordnung von Partizipationismus aus dem Posting raus, denn aus den oben genannten Gründen passt das so nicht.

Dann möchte ich bevor ich Umformuliere erstmal wissen, ist es gewollt das z.B. die Weltmodellierung schon unter die Def. von Eingriff fällt. Denn falls es gewollt ist muss ich mir keine weiteren Gedanken zu einer neuen Formulierung machen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: sir_paul am 23.04.2010 | 15:06
Deshalb hatte ich übrigens die Worte "künstlich" und "absichtsvoll" mit reingenommen. Die Welt muss definiert werden. Das ist für mich eine natürliche Grundlage des Rollenspiels. Und wenn die Charaktere sich in einer unendlich tiefen Schlucht bewegen und kein Fortbewegungsmittel außer ihren Füßen haben, dann schränkt das ebenfalls die Handlungsoptionen ein, ist aber eben nicht absichtsvoll im Sinne der Volition.

OK, dann sollte deine Definition eventuell eher so aussehen:

Definition:
Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) künstlich und absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen eines anderen Spielers während des Spielens einschränken.

Ausdrücken wollte ich das die Vorbereitungen des SL's vor dem Spiel in diesem Zusammenhang nicht als Eingriff in die Spielerentscheidungen gelten. Eventuell fällt jemanden eine bessere Formulierung ein.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 15:13
Ich wollte damit betonen, dass es beispielsweise noch kein Eingriff ist, wenn der SL einfach zu wenige Ideen hat und nur imstande ist, eine einzige Handlungsoption zu präsentieren. Außerdem betont das noch mal, dass es sich um einen bewussten Vorgang handelt. Ist vermutlich redundant, Du hast wohl recht. Aber die Betonung finde ich trotzdem ganz okay.
Also meinst du den bewussten, auf ein Ziel hinarbeitenden Eingriff, der eine ganz bestimmte Option präferiert? Oder ist das auch schon zu weit?
Immerhin wäre ein "Nö, da ist kein Schiff!" nur zwingend so zu deuten, dass der SL die SC zur Brücke 2 Meilen östlich schubsen will, wenn er sich das vorher überlegt hat.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 15:39
OK, auch ganz kurz:

Nimm die Einordnung von Partizipationismus aus dem Posting raus, denn aus den oben genannten Gründen passt das so nicht.

Dann möchte ich bevor ich Umformuliere erstmal wissen, ist es gewollt das z.B. die Weltmodellierung schon unter die Def. von Eingriff fällt. Denn falls es gewollt ist muss ich mir keine weiteren Gedanken zu einer neuen Formulierung machen.
Habe gerade erst einmal durchgeschnauft und dann nachgedacht. Sorry, wenn meine Antwort etwas scharf klang. Ich witterte da wohl mehr als gemeint war.

Aber noch mal von anderer Seite aufgezäumt: wenn man bereits den Weltenbau mit einschließt, dann handelt wohl mehr oder weniger selbstverständlich jede Gruppe partizipationistisch im beschriebenen Sinne und die Frage bleibt dann nur, in welchem Ausmaß das geschieht. Guter Punkt, sir_paul. Dieses Paradoxon war schon mehrfach besonders in Diskussionen um Entscheidungsfreiheit aufgetaucht und ich habe den Eindruck, dass es mit diesem Ansatz gelöst werden kann.

Die Antwort lautet dann nämlich: es gibt keine absolute Entscheidungsfreiheit im Rollenspiel. Es ist vielmehr für jede Gruppe zu bewerten, welche Eingriffe im Gruppenvertrag abgedeckt werden und welche nicht. Insofern spielt jede Gruppe bis zu einem gewissen Grad partizipationistisch und existiert so eine Art Achse, auf der der Partizipationismus von Gruppen abgetragen werden kann. Die (demnach nicht existierende) totale Entscheidungsfreiheit bildet dann den einen Pol, der (vermutlich ebenfalls nicht existierende) reine SL-Roman den anderen. Cool.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 15:43
Ich seh schon Koordinatensysteme mit den Achsen "Spielereinfluss - SL-Einfluss" und "ergebnissoffen - nicht ergebnisoffen" vor mir, in die dann die Forgebegriffe eingeordnet werden...  ;D
;D

EDIT: Ich hoffe, dass wird jetzt nicht als Spam gewertet.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 15:44
Und dann fällt mir noch auf, dass auch die berüchtigte SL-Willkür ziemlich leicht erfassbar wird und laut dem entwickelten Modell (wenig überraschend) starke Überschneidungen zum Railroading aufweist.

Der Vorwurf der SL-Willkür besteht dann nämlich im von Spielern geäußerten Verdacht, dass der SL illegitime Eingriffe in Spielerentscheidungen vornimmt.

;D
Das war ziemlich prophetisch, keine Frage  ;D
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Markus am 23.04.2010 | 15:49
Achse Raum. Ebene.
Oder - ernsthafte Frage - willst du die Leute, die gemeinsam eine Welt erschaffen und dann SL-Plot spielen mit denjenigen in einen Topf werfen, bei denen der SL das Setting aussucht und dann frei gespielt wird?

Das Thema "Plot" ist ja nicht zuletzt deshalb so heikel, weil er eben am Schnittpunkt der traditionellen SL-Domäne Spielwelt und der traditionellen Spieler-Domäne Charakter stattfindet.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 16:17
Achse Raum. Ebene.
Oder - ernsthafte Frage - willst du die Leute, die gemeinsam eine Welt erschaffen und dann SL-Plot spielen mit denjenigen in einen Topf werfen, bei denen der SL das Setting aussucht und dann frei gespielt wird?
Nein, natürlich nicht! Der Grad an dem, was man Partizipationismus nennen kann, unterscheidet sich in beiden Fällen schließlich ganz fundamental. Nur sollte man sich der Tatsache bewusst sein, dass der SL in beiden Fällen in Spielerentscheidungen eingreift. Der Unterschied ist demnach zwar gewaltig, verläuft aber eben relativ klar entlang der Achse des Gruppenvertrages, insbesondere über die Qualität und Quantität der (legitimen) Eingriffe.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 16:30
Anders ausgedrückt: das Modell wird kaum imstande sein, den Zeitpunkt von Eingriffen gestaltbar zu machen. Zumindest wüsste ich nicht, wie man das berücksichtigen können sollte. Fällt Dir etwas ein?

Außerdem wird dem SL in nahezu allen mir bekannten Fällen bei der Welterschaffung weitgehend freie Hand gelassen. Man einigt sich in der Gruppe auf diverse Parameter (bei Fantasy sowas wie Magieniveau, Startlevel der Charaktere, Personen und Organisationen mit Bezug zu SCs, generelles Startsetting etc.), den Rest erledigt der SL. Danach wird dann mit verschiedenen Graden von Eingriffen gespielt.

Den Fall, dass die Spieler erst komplett gemeinsam eine Welt erschaffen, nur um sich dann durch einen Hardcore-Plot quälen zu müssen, halte ich hingegen für eine Ausnahme. Es mag sein, dass es Runden gibt, die erst mühsam und detailliert eine Welt gemeinsam generieren und wo der SL dann doch den Plot durchpeitscht (z.B. weil er keine Zeit zur Vorbereitung hatte oder sich doch nicht sonderlich sicher n der Welt fühlt). Aber das kommt doch nicht oft vor, oder? Zudem kann man doch beide Varianten prima im Modell abbilden oder nicht?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Markus am 23.04.2010 | 16:33
Eigentlich war das Beispiel so gedacht, dass der Partizipatzionismus in beiden Fällen gleich ausgeprägt ist. Also zumindest hinsichtlich der Quantität. Bei der Qualität ist die Frage, ob ein Eingriff in einen anderen Bereich legitimerweise als andere Qualität beschrieben werden kann.

Und zum Gruppenvertrag: Hinter meinem obigen Nachsatz stand die These, dass der Gruppenvertrag vielleicht garnicht so wichtig ist. Oder genauer, dass es relativ problemlose Bereiche gibt, in denen der Gruppenvertrag im Fall der Fälle klar gebrochen wird. Dass aber die eigentlich kritischen Bereiche die sind, in den der Gruppenvertrag undeutlich ist, weil eben ein Aspekt nicht klar zugeordnet ist und sich auch aus den klar zugeordneten Aspekten nicht eindeutig ergibt, wie dieser neue Bereich zu behandeln ist.
Konkretes Beispiel: http://tanelorn.net/index.php/topic,54626.0.html           Es geht um die Frage, ob der SL auf die Fähigkeiten der SCs eingehen soll. Das ist nicht "Plot" und auch nichts, was üblicherweise in Rollenspielgruppen so abgesprochen wird. Eben eine Grauzone.


Nachtrag: Der unwahrscheinliche Fall ist mir letzte Woche passiert: http://tanelorn.net/index.php/topic,54445.0.html
Kann sein, dass ich das (deshalb) überbewerte.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 16:55
Eigentlich war das Beispiel so gedacht, dass der Partizipatzionismus in beiden Fällen gleich ausgeprägt ist. Also zumindest hinsichtlich der Quantität. Bei der Qualität ist die Frage, ob ein Eingriff in einen anderen Bereich legitimerweise als andere Qualität beschrieben werden kann.
Ah, verstehe. Vielleicht gibt es da Unterschiede, vielleicht nicht. Das kann man später mal etwas genauer beleuchten, für den Moment aber erst einmal ruhen lassen. Ich finde das nicht weiter problematisch. Du?

Es geht um die Frage, ob der SL auf die Fähigkeiten der SCs eingehen soll. Das ist nicht "Plot" und auch nichts, was üblicherweise in Rollenspielgruppen so abgesprochen wird. Eben eine Grauzone.
Okay. Ich habe Tomaten auf den Augen und sehe den Bezug zum Modell nicht. Sorry!

Nachtrag: Der unwahrscheinliche Fall ist mir letzte Woche passiert: http://tanelorn.net/index.php/topic,54445.0.html
Kann sein, dass ich das (deshalb) überbewerte.
Ich sehe da vor allem was anderes. Ihr habt relativ frei die Charaktere gebaut und dann relativ frei gespielt. Anzahl reduzierter Handlungsoptionen extrem gering. So weit, so gut. Übersehe ich was?

Steht gerade etwas auf dem Schlauch und hege die Vermutung, dass wir aneinander vorbeireden. Muss nun auswärtig arbeiten und bin so in gut 3 Stunden wieder da. Vielleicht trifft mich die Erleuchtung dann oder Du hast es noch einmal erklärt. Ich habe den Eindruck, dass ich das verstehen sollte, allein der Geist ist schwach  ;D
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dab am 23.04.2010 | 17:07
Ich bin Simulationist. Im simulationistischen kann man Railroading beschreiben ohne dass man auf "Offenheit" oder "Legitimation" zurückgreifen muss.

Ein RPG ist eine Simulation einer anderen, oft fantastischen Welt. Die Regeln dienen zur Kommunikation und etablierung der Gesetze der Welt den Spielern gegenüber (SL eingeschlossen) aber konstituieren nicht an sich die Regeln der Welt selbst, denn es ist eine Simulation. Um aber ein befriedigendes Ergebnis am Spieltisch zu haben wird abstrahiert, d.h. es wird versucht, die Gesetze auf die wesentlichen Merkmale zu vereinfachen. Was das bedeutet ist dass die Regeln nicht fest sind. Warum ist das wichtig? Nehmen wir ein Beispiel DSA:

Eine Gruppe von SCs latscht einen Waldpfad entlang da sie einen Plotball zugeworfen gekriegt haben. Irgendwann treffen sie auf einen Streuner. Dieser Streuner ist, ohne dass das die SCs ahnen, der überraschte Späher einer Räubertruppe (er hat noch nicht so viel Ahnung von Wildnisleben und liess sich deswegen überraschen) den Spielern gegenüber gibt er sich als Wandersmann auf dem Weg in eine nahegelegene Stadt aus. Er empfiehlt den Spielern eine weitere Reiseroute, bei der er fast garantieren kann dass sie in einen Hinterhalt seiner Räubertruppe geraten.

Soweit, so gut - simulationistisch ist alles in Ordnung. Jetzt aber entscheidet sich der SC-Magier dazu, die Gedanken des Streuners zu lesen. Das lineare AB ist aber so strukturiert dass die SCs in diesen Hinterhalt geraten sollen. Was tut der SL nun?

1. Er sagt, es geht nicht. Einfach so.
2. Er sagt, es geht, aber die Hellsichtsmagie sagt nichts besonderes aus.
3. Er sagt, es geht nicht, es ist ein Antimagisches Feld da, welches Hellsichtsmagie blockiert.

1. Ist erstmal eine scheinbare verletzung des Simulationistischen Prinzips. Denn es wurde die Regel aufgestellt: Es gibt Hellsichtsmagie und sie funktioniert zuverlässig, abgesehen von besonderen Umständen (siehe 2.) Da die Spieler aber aufmerksam werden wenn etwas nicht funktioniert, was funktionieren sollte, werden die Spieler Verdacht schöpfen. Diese Option geht also nicht.

2. Das AB kann weiterlaufen ohne dass die Spieler verdacht schöpfen, die SCs tappen in die Falle und soweit sie den Streuner nicht bei der Räuberbande wieder antreffen, werden sie nie bemerken dass der SL sie hier gerailroadet hat. Dies ist möglicherweise eine verletzung des simulationistischen Prinzips. Es ist möglich für den SL, zu retconnen, dass der Streuner wirklich nur ein Wandersmann war (er ist Schrödingers Räuber) um das fehlschlagen des Hellsichtszaubers zu legitimieren, damit ist es kein Railroading, solange keine anderen innerweltlichen Unstimmigkeiten auftreten würden, Beispielsweise: Was für einen Grund hätte ein Wandersmann, den SCs eine Route zu empfehlen, auf der sie mit hoher wahrscheinlichkeit überfallen werden? Wäre er nicht selbst gerade von dort her gekommen und überfallen worden? Etc. Nachträgliche Änderungen sind im Simulationistischen grundsätzlich möglich, aber erzeugen schnell Regelbrüche oder enorme Unwahrscheinlichkeiten.

Enorme Unwahrscheinlichkeiten die per SL-Fiat entschieden werden, stellen ebenfalls Regelbrüche dar. Mittels Würfeln hat man problemlose Möglichkeiten jede noch so grosse Unwahrscheinlichkeit abzubilden. Für den Fall weswegen die SCs in so viele unwahrscheinliche Abenteuer verstrickt werden, zählt das zwar als "Acceptable Break from Reality" allerdings wird praktisch universal die "enorme unwahrscheinlichkeit" als Mittel zur Auflösung des Abenteuers als Deus Ex Machina // Ass Pull wahrgenommen und damit im simulationistischen als Unglaubwürdig / Regelbruch abgelehnt.

3. Ein Antimagisches Feld irgendwo im Wald? Hier gibt es wiederum mehrere Submöglichkeiten:
3a) Das Antimagische Feld ist einfach da und hat keine Erklärung. Aber es wird auf das etablieren einer neuen Regel verzichtet - das ist Metagaming, denn es wird hier nicht simulationistisch gearbeitet. Die Spieler schöpfen Verdacht, die Charaktere sind erstaunt ob des unwahrscheinlichen Phänomens. Ähnlich option 1.
3b) Das Antimagische Feld ist einfach da. Es hat keine Erklärung. Worauf das hinausläuft ist die Etablierung einer neuen Regel: Manchmal, wenn die Sterne so und so stehen oder der Boden besonders reich an bestimmten Mineralien ist, funktionieren gewisse Magiesorten einfach so nicht. Das ist simulationistisch grundsätzlich völlig in Ordnung, solange es gesetzmässigkeiten gibt, die bestimmen wo so ein antimagisches Feld ist und wo nicht. Beispiel: Der SL würfelt an jeder Location einen W20 und bei einer 20 ist halt alles in einem Umkreis von 10 Kilometern antimagisch. Simulationistisch in Ordnung. Simulationistisch müsste aber diese Regel natürlich lange vor dieser Situation kommuniziert worden sein, und auch nach dieser Instanz angewendet werden.
3c) Das Antimagische Feld ist da und eine kreative (nichtmagische / quasimagische) Untersuchung zeigt dass sich der Ursprung  sich auf einen Punkt etwa 700m Nordöstlich zentriert. Bei einer weitere untersuchung des Antimagischen Feldes stellt sich heraus, dass dort eine verfallene Burgruine befindet, in deren Keller ein einzigartiger, mächtiger Dämon seit Tausenden von Jahren festgehalten wird. Ein Magier hat das Magische Feld aufgebaut, um zu verhindern dass andere Dämonen diesen einzigartigen Dämon befreien können. Simulationistisch ist das in ordnung, denn es wird nach den Regeln gearbeitet - Antimagische Felder können regeltechnisch erzeugt werden, und ihr Ursprung gefunden werden, wenn es auch schwierig ist, diese zu erzeugen. Natürlich ist nun dieser Plot hook wohl wesentlich interessanter als der vorherige.

Was heisst das ganze: Es ist nicht wichtig ob die Spielerhandlung eingeschränkt wird, oder ob dies verdeckt geschieht. Wichtig ist dass der simulationismus gewahrt bleibt, d.h. alles gesetzmässig begründbar ist und notfalls mit Regeln abgebildet werden kann.

Werden Spielerhandlungen eingeschränkt ohne dass es dafür eine regeltechnische Grundlage gibt, ist das im simulationistischen Verständnis Railroading. Der ökonomie halber können Regeln zwar erst an der Stelle etabliert werden, wo sie zur Anwendung kommen, idealerweise werden aber Regeln vorher kommuniziert - Charakterverhalten geführt durch die Spieler hängt ja im Simulationistischen auch davon ab, dass ein Charakter wenigstens grundsätzlich die Regeln der Welt versteht.

Es benötigt keine Intention. Die ist natürlich meistens "Plot Durchdrücken" da es kaum eine andere Begründung gibt für einen SL, die Regeln zu brechen, aber das ist schlussendlich irrelevant.

Das Bedeutet, Railroading lässt sich im Simulationistischen zufriedenstellend Definieren (Regelbruch seitens des SLs) ohne dass dabei Gummikriterien wie "Offenheit" oder "Legitimation" relevant sind (Wobei TAK mit Legitimation hier die Akzeptanz der Spieler meint)

Das bedeutet auch dass der 08/15 Abenteuereinstieg in der Regel einen Regelbruch und damit Railroading darstellt, da er nicht simulationistisch erzeugt wurde, sondern weil der Plot das so will. Aber zählt zu den Acceptable Breaks from Reality.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Markus am 23.04.2010 | 17:12
Ah, verstehe. Vielleicht gibt es da Unterschiede, vielleicht nicht. Das kann man später mal etwas genauer beleuchten, für den Moment aber erst einmal ruhen lassen. Ich finde das nicht weiter problematisch. Du?
Insofern als ich die Idee der Achse für problematisch halte. Ich fürchte sie verwirrt mehr als sie überhaupt klären könnte.
Zitat
Okay. Ich habe Tomaten auf den Augen und sehe den Bezug zum Modell nicht. Sorry!
Legitmität ist nicht binär, es gibt Grauzonen. "Plot" ist die größte davon.
Selbst für Offen/Verdeckt wird es schwierig: die SL will vielleicht durchaus "heimlich" auf die SCs eingehen, ist sich aber garnicht bewußt, dass hier die Spieler anderer Meinung sein könnten und würde in _diesem Sinne_ nicht "heimlich" vorgehen wollen. Im Grunde geht es hier um den ganzen Bereich der implizierten/vermuteten Zustimmung.
Eventuell bräuchte man als dritten Begleitumstand sowas wie bewußt/unbewußt.

Zitat
Ich sehe da vor allem was anderes. Ihr habt relativ frei die Charaktere gebaut und dann relativ frei gespielt. Anzahl reduzierter Handlungsoptionen extrem gering. So weit, so gut. Übersehe ich was?
Das habe ich im Spielbericht nicht so ausgeführt, aber es stand sehr deutlich der Eindruck im Raum, dass es ohne die Auseinandersetzung mit diesen Schlägern kein AB gibt. Ich hab das deshalb nicht ausgeführt, weil ich der hier mitlesenden SL nicht auf die Füße treten wollte und weil es mir _in dieser Situation_ völlig nachvollziehbar war, dass er uns eben einen klassischen Plot hinwirft.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Eulenspiegel am 23.04.2010 | 17:23
Ich würde hauptsächlich die beiden folgenden Achsen nehmen:
SL-Einfluss <—> Spieler Einfluss
und
Spieler nehmen über SCs Einfluss <—> Spieler nehmen auf Meta-Ebene Einfluss

Die erste Achse bestimmt sozusagen die Menge an Spielereinfluss. (Wieviel Einfluss sie haben.)
Und die zweite Achse bestimmt dann die Art des Spielereinflusses.

Evtl. könnte man aus der ersten Ebene auch ein Dreieck machen, wobei die Eckpunkte sind:
SL-Einfluss, Spieler-Einfluss und Zufall

(Unter Zufall sind dann z.B. Zufallstabellen zu verstehen. Also wenn der Ausgang einer Handlung weder von SL noch vom Spieler beeinflusst wird, sondern eine reine Zufallsentscheidung ist. - Zum Beispiel ist die Plotgenerierung bei Inspectres weder eine Spieler noch eine SL-Entscheidung, sondern eine Zufallsentscheidung.)

Den Fall, dass die Spieler erst komplett gemeinsam eine Welt erschaffen, nur um sich dann durch einen Hardcore-Plot quälen zu müssen, halte ich hingegen für eine Ausnahme.
Aber gerade Ausnahmen sind es doch, die für einen Spiele-Designer von höchsten Interesse sind:
Denn ein Spiel-Designer will ja nicht den zigsten Klon irgendeines erfolgreichen Spieles publizieren, sondern er will eine Nische finden.

Für einen Rollenspieldesigner ist es daher hilfreich, seltene oder noch besser nicht vorhandene (aber theoretisch mögliche) Sachen zu finden. Dann ist auch die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Spiel eine Nische findet.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 17:40
Was heisst das ganze: Es ist nicht wichtig ob die Spielerhandlung eingeschränkt wird, oder ob dies verdeckt geschieht. Wichtig ist dass der simulationismus gewahrt bleibt, d.h. alles gesetzmässig begründbar ist und notfalls mit Regeln abgebildet werden kann.
Ich weiß nicht, ob uns wirklich geholfen ist, wenn wir hier mit den Begriffen aus der GNS jonglieren - genau sowas wollen wir doch gerade vermeiden!
Im übrigen meine ich, dass du da einiges zusammenschmeißt - das, was du beschreibst, klingt für mich nicht simulationistisch, sondern so, als ob sich der SL selbst in die Tasche lügt, dass er ja größtenteils Fairplay betreibe. Das hat weniger mit Simulation zu tun als mit Railroading, bei dem sich der SL einredet, dass es das ja eigentlich nicht ist, also sowas wie Illusionismus für den SL. Und damit bist du auch schon bei der Legitimation: Wäre legitim, was der SL macht, müsste er sich doch nicht in die Tasche lügen. Oder sehe ich da etwas falsch?

Werden Spielerhandlungen eingeschränkt ohne dass es dafür eine regeltechnische Grundlage gibt, ist das im simulationistischen Verständnis Railroading. Der ökonomie halber können Regeln zwar erst an der Stelle etabliert werden, wo sie zur Anwendung kommen, idealerweise werden aber Regeln vorher kommuniziert - Charakterverhalten geführt durch die Spieler hängt ja im Simulationistischen auch davon ab, dass ein Charakter wenigstens grundsätzlich die Regeln der Welt versteht.
Wie kommst du aus Regelanwendungen auf Railroading? Den Punkt konntest du schon bei der DSA-Diskussion (zumindest mir, aber auch einigen anderen) nicht sinnvoll darlegen, also würde ich dich bitten, solche "Kunstgriffe" erstmal außen vor zu lassen. Da hat zwar TAFKAKB das letzte Wort, aber ich denke, das ist so nicht zielführend in dem Sinn, den er als Threadstarter vor Augen hatte!

Es benötigt keine Intention. Die ist natürlich meistens "Plot Durchdrücken" da es kaum eine andere Begründung gibt für einen SL, die Regeln zu brechen, aber das ist schlussendlich irrelevant.
Ich weiß nicht. Wenn ich keinen fixen Plot habe (also nicht irgendwo mit einer fertigen Story ankommen will), aber trotzdem nicht will, dass meine SC sterben können, dann ist das nicht "Plot durchdrücken", und irrelevant ist das auch nicht; denn wenn es die Regeln so nicht vorsehen, man sich aber gemeinschaftlich darauf einigt, die Regeln über das Sterben auszusetzen (und sei es nur, weil keiner Bock hat, dann wieder zwei Stunden einen SC zu bauen), dann begeht man einvernehmlich und offen Regelbruch. Damit ist die Intention sowohl vorhanden als auch nicht irrelevant!
 
Das Bedeutet, Railroading lässt sich im Simulationistischen zufriedenstellend Definieren (Regelbruch seitens des SLs) ohne dass dabei Gummikriterien wie "Offenheit" oder "Legitimation" relevant sind (Wobei TAK mit Legitimation hier die Akzeptanz der Spieler meint)
Wenn es legitimen Regelbruch gäbe, müsste sich der SL das nicht selbst zurecht biegen. Demnach spielt Legitimation wohl doch eine Rolle!

Das bedeutet auch dass der 08/15 Abenteuereinstieg in der Regel einen Regelbruch und damit Railroading darstellt, da er nicht simulationistisch erzeugt wurde, sondern weil der Plot das so will. Aber zählt zu den Acceptable Breaks from Reality.
Und noch einmal: Nö! Wenn sich die Spieler auf einen Einstieg einigen und der z.B. noch direkt von einem der Spieler auf seinem Charakter aufbauend gewählt wird und er SL nicht weiß, wo es hingeht und auch kein Ziel definiert, ist das KEIN Railroading. Aber das ist eine Diskussion, die hier nicht schon wieder geführt werden sollte, weil sie erstmal keinen Nutzen für diesen Thread hat.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Eulenspiegel am 23.04.2010 | 17:49
@ Dab
Auf den Begriff "Railroading" würde ich in diesem Thread erstmal gerne verzichten, da dieser doch schon emotional sehr vorbelastet ist und jeder scheinbar etwas anderes darunter versteht.

Viel zielführender wäre es daher, wenn man erstmal die theoretischen Grundlagen bildet und dann anschließend nachdem das theoretische Modell steht, festlegt, welche Koordinate bzw. welches Gebiet im Vektorraum man dann als "Railroading" bezeichnet.

Ausgehend aus deinem Post könnte man daher folgende Achse entnehmen:
SL-Entscheidung sind nach Plausbilität motiviert <—> SL-Entscheidungen sind nach Plot/Sory orientiert.

oder etwas kürzer:
Realismus-motivierte Entscheidung <—> Plot-motivierte Entscheidung

Das wäre dann eine zusätzliche Achse, die man dem Modell hinzufügen könnte. Und man kann zusätzlich sagen, dass diese Achse für Simulationisten sehr wichtig ist.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: ErikErikson am 23.04.2010 | 17:56
Aber das sind keine Gegensätze, also würd ichs nicht auf eine Achse tun. Z.B. sind manchmal Sachen unplausibel und gleichzeitig der Story abträglich.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Eulenspiegel am 23.04.2010 | 18:03
Es geht nicht darum, was eine Sache ist, sondern warum man sich für diese Sache interessiert hat.

Nehmen wir mal ein Beispiel aus dem realen Leben:
1) Der Erste geht zu Fuß, weil er kein Geld fürs Benzin ausgeben möchte.
2) Der Zweite geht zu Fuß, weil er die Umwelt schonen möchte.
3) Der Dritte geht zu Fuß, weil er sportlich sein möchte.

Alle drei Leute tun genau das selbe. Aber trotzdem sind ihre Motivationen unterschiedlich. Um diese drei Leute auseinanderzuhalten, ist es irrelevant zu sehen, was sie tun. Es ist nur wichtig zu wissen, warum sie es tun. Und in dieser Hinsicht unterscheiden sich alle drei Leute.

Auch bei meinem letzten Post: Für diese Achse ist es nicht wichtig, was der SL tut, für diese Achse ist es nur wichtig, warum er es tut. (Ich habe nur die Existenz der Warum-Achse postuliert. Ob es auch eine Was-Achse gibt, darüber habe ich keine Aussage getroffen.)
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: ErikErikson am 23.04.2010 | 18:08
Achso, ok.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dab am 23.04.2010 | 18:50
Im übrigen meine ich, dass du da einiges zusammenschmeißt - das, was du beschreibst, klingt für mich nicht simulationistisch, sondern so, als ob sich der SL selbst in die Tasche lügt, dass er ja größtenteils Fairplay betreibe. Das hat weniger mit Simulation zu tun als mit Railroading, bei dem sich der SL einredet, dass es das ja eigentlich nicht ist, also sowas wie Illusionismus für den SL. Und damit bist du auch schon bei der Legitimation: Wäre legitim, was der SL macht, müsste er sich doch nicht in die Tasche lügen. Oder sehe ich da etwas falsch?
Ich verstehe dich nicht so ganz (ich vermute du mich auch nicht)

Wieso lügt sich der SL in die Tasche? Wobei?

@ Dab
Auf den Begriff "Railroading" würde ich in diesem Thread erstmal gerne verzichten, da dieser doch schon emotional sehr vorbelastet ist und jeder scheinbar etwas anderes darunter versteht.
Der Ganze Thread hier dreht sich nur um Railroading. Es geht um "Einschränkung / Eingriffe in die Spielerhandlung und ihre Legitimität", da nicht von Railroading zu sprechen ist, um den heissen Brei herumzutänzeln. Wenn Leute nicht mal geistig in der Lage sind, sich von emotionaler Vorbelastung des Begriffs zu lösen und sich mit unterschiedlichen Definitionsformen auseinanderzusetzen, sind sie auch sonstwie nicht fähig hier irgendwie produktiv beizutragen.

Realismus-motivierte Entscheidung <—> Plot-motivierte Entscheidung
Du kannst an der Stelle statt "Realismus" von "Simulationismus" sprechen. Die P&P-Welten sind nicht "realistisch", aber sie gehorchen dennoch gewissen Gesetzen. Wir haben Regeln, um diese Gesetze abzubilden. Z.B. mag auf Aventurien "Sumus Griff" (Die Gravitation) einer Beschleunigung von 9.81m/s² entsprechen (Gesetzmässigkeit) - das ist aber für die Simulation mehrheitlich weniger wichtig als dass ein SC ab einer Fallhöhe von 3 Metern eine um die Meteranzahl erschwerte Körperbeherrschungsprobe fällig wird um Anzahl(Meter) Schaden abzuwenden (Regel)

Es geht nicht darum, was eine Sache ist, sondern warum man sich für diese Sache interessiert hat.
Nach Motivationen zu rätselraten ist aber weniger fruchtbar als das zu analysieren, was schlussendlich in den SIS eindringt (quasi der "Fakt")
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 19:54
Ups, so viele Antworten, so wenig Zeit. Habe 10 Minuten und versuche mal, die bestmöglich zu nutzen. Mehr dann später.

Insofern als ich die Idee der Achse für problematisch halte. Ich fürchte sie verwirrt mehr als sie überhaupt klären könnte.
Mag sein. Ich habe das auch absichtlich noch nicht in den Theoriethread aufgenommen und betrachte das als work in progress  ;D

Selbst für Offen/Verdeckt wird es schwierig: die SL will vielleicht durchaus "heimlich" auf die SCs eingehen, ist sich aber garnicht bewußt, dass hier die Spieler anderer Meinung sein könnten und würde in _diesem Sinne_ nicht "heimlich" vorgehen wollen. Im Grunde geht es hier um den ganzen Bereich der implizierten/vermuteten Zustimmung.
Eventuell bräuchte man als dritten Begleitumstand sowas wie bewußt/unbewußt.
Ne, die Absicht steckt ja schon in der Definition drin und die Volition bei der Offenheit. Dem Argument wird damit aus meiner Sicht bereits hinreichend Rechnung getragen.

@ Dab: Siehe die mannigfaltigen Einwände auf Deinen Post. Ich teile deren Meinung. Insgesamt habe ich das Gefühl, dass entweder Du oder der Rest ein paar Dinge ganz gewaltig missverstehen. Dein Enthusiasmus und Dein Selbstvertrauen in allen Ehren, aber es liegen derartig viele Dinge zwischen Deiner und meiner Sicht verquer, dass ich eine Einigung von uns (auf was auch immer) für nahezu ausgeschlossen halte. Du kannst diesen Thread gerne weiter verfolgen, aber ich gehe nicht weiter auf Deine Beiträge ein. Bitte nimms mir nicht übel.

@ Markus/Eulenspiegel: Vielleicht sollten wir den Punkt der Legimität noch weiter aufdröseln, indem Elemente des Gruppenvertrags eine Ebene angehoben werden. Neben Legitimität und Offenheit tauchen dann deskriptiv auch noch Quantität, Qualität und/oder Zeitpunkt/Sujet des Eingriffs auf. Dann könnten wir SL-Eingriffe verorten auf die Settingentwicklung, die Regeln etc. Was meint Ihr? Damit würden ein paar Punkte, die insbesondere Markus, aber auch mir Bauchschmerzen bereiten, eliminiert.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 19:56
Ich verstehe dich nicht so ganz (ich vermute du mich auch nicht)

Wieso lügt sich der SL in die Tasche? Wobei?
Naja, er versucht bei deinem Beispiel, sich selbst die Sache plausibel zu machen, damit es für ihn wieder stimmt - die Spieler kriegen doch den größten Teil davon (gewollt) gar nicht mit. Er legt sich also etwas zurecht, um auf die theoretische Frage/Anschuldigung "Das ist doch total unplausibel!" antworten zu können: "gar nicht, weil...!" Der meiste Teil davon fußt auf Überlegungen, wie er einen Regelbruch kaschieren kann, damit es irgendwie halt doch keiner ist. Das ist nicht "simulationistisch", sondern Betrug - eben weil er weiß, dass es ein illegitimer Eingriff war aus den falschen Gründen.

Der Ganze Thread hier dreht sich nur um Railroading. Es geht um "Einschränkung / Eingriffe in die Spielerhandlung und ihre Legitimität", da nicht von Railroading zu sprechen ist, um den heissen Brei herumzutänzeln. Wenn Leute nicht mal geistig in der Lage sind, sich von emotionaler Vorbelastung des Begriffs zu lösen und sich mit unterschiedlichen Definitionsformen auseinanderzusetzen, sind sie auch sonstwie nicht fähig hier irgendwie produktiv beizutragen.
Vorsicht, beleidigend zu werden ist keine gute Idee, wenn man konstruktiv sein will!
Offensichtlich verstehst DU nicht, dass per Definition von Railroading es NICHT möglich ist, die "emotionale Vorbelastung" des Begriffs zu ignorieren, da der genau so definiert ist. Das ist mit einer der Gründe, warum wir das hier überhaupt machen. Also wirf hier mal besser nicht anderen intellektuelle Defizite vor, das ist der beste Weg, sich ins Abseits zu manövrieren!  >:(
Außerdem soll es hier nicht nur um "Railroading" gehen, sondern um eine ganze Latte an Phänomenen, die damit verknüpft sind.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 20:29
So, Tochter ist im Bett und es bleiben wieder ein paar Minuten bis zum Ausritt heute Abend. Zeit für Gedanken. Als ich gerade noch mal über einige Eurer Einwürfe gegrübelt habe, erinnerte ich mich an den ersten Kommentar von Markus:

Ich würde dementsprechend einfach bei den Spielerentscheidungen anfangen. Systematisiert nach Charakter, Regelanwendung, soziale Interaktion und dann eben die Elemente des SIS die dir wichtig erscheinen. Also Spielwelt, Plot, NSCs whatever.

Das Gebiet des Eingriffs könnte man vielleicht als dritten Aspekt neben Offenheit und Legitimation hinzunehmen:

Charakter - fasst zusammen, wie man den Charakter darzustellen hat
Regelanwendung - bildet den formal im System geregelten Kram ab#
Setting - meint alles vom Settingdesign bis zu Details, die am Spieltisch hinzugefügt werden
Soziale Interaktion - umfasst den Umgang der Spieler (!) miteinander

Was meint Ihr? Bestimmt habe ich etwas Wesentliches vergessen oder einen ziemlich dummen Fehler gemacht. Oder? Ich nehme das Zeug erst einmal in die Beschreibung auf. Ändern kann man ja immer noch.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 20:37
So, Update des Theoriethreads erledigt. Das Gebiet des Eingriffs wurde hinzugefügt  ;D

Übrigens: mit dem Ausdruck "Gebiet" bin ich noch nicht so richtig glücklich. Hat jemand was besseres? Auch fehlen beim Gebiet bestimmt noch wichtige Ausprägungen. Oder?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: carthinius am 23.04.2010 | 20:50
Bereich.
Wenn's geschwollener klingen soll, Sphäre.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 20:52
Bereich.
Wenn's geschwollener klingen soll, Sphäre.
Hm, Bereich und Gebiet tun sich nichts. Sphäre erinnert mich aber an Magie und ist sehr wohlklingend. So richtig geschwollen finde ich den Begriff im Rahmen einer Rollenspieldiskussion auch nicht, denn Sphären kommen da doch eigentlich andauernd vor. Also: Sphäre. Danke!
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Crimson King am 23.04.2010 | 21:19
Ein paar Anmerkungen:

Der SL schränkt kontinuierlich Handlungsmöglichkeiten ein bzw. entwertet sie, und zwar mindestens mal absichtsvoll. Ob künstlich, das lässt sich wohl nur klären, wenn der Begriff in diesem Kontext näher erläutert wird. Dieses Kriterium reicht aus meiner Sicht nicht aus. Die Beispiele Polaris und DitV zeigen das auch auf.

In dieser Hinsicht fiel mir der Begriff "künstlich" bereits beim ersten oberflächlichen Durchlesen auf. Der sagt leider sehr wenig aus. Bedeutet das, dass man die Regeln brechen muss, um zu railroaden? Dann betreiben viele Runden, in denen der SL per se alles darf, kein Railroading. Oder bedeutet es, dass Railroading auf Maßnahmen beruht, die die Plausibilität, quasi die "Natürlichkeit", des Spielgeschehens brechen?

Ich halte beides für gewagt.

Dagegen halte ich die Motivation des Mitspielers, der einschränkt, für sehr relevant. Das Ziel des Entwertenden ist es, seine Vorstellung vom weiteren Spielverlauf entgegen der durch die Entscheidungen seiner Mitspieler artikulierten Vorstellungen durchzusetzen. Gestaltet man die Situation so, dass von vorne herein nur eine einzige Entscheidung getroffen werden kann, handelt es sich um eine besondere Form der Entwertung.

Ein weiterer wichtiger Aspekt: können sich die Mitspieler im Rahmen der Spielregeln gegen die Einschränkung wehren? Auch da scheiden Polaris und DitV aus.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 21:22
Ein paar Anmerkungen:

Der SL schränkt kontinuierlich Handlungsmöglichkeiten ein bzw. entwertet sie, und zwar mindestens mal absichtsvoll. Ob künstlich, das lässt sich wohl nur klären, wenn der Begriff in diesem Kontext näher erläutert wird. Dieses Kriterium reicht aus meiner Sicht nicht aus. Die Beispiele Polaris und DitV zeigen das auch auf.

In dieser Hinsicht fiel mir der Begriff "künstlich" bereits beim ersten oberflächlichen Durchlesen auf. Der sagt leider sehr wenig aus. Bedeutet das, dass man die Regeln brechen muss, um zu railroaden? Dann betreiben viele Runden, in denen der SL per se alles darf, kein Railroading. Oder bedeutet es, dass Railroading auf Maßnahmen beruht, die die Plausibilität, quasi die "Natürlichkeit", des Spielgeschehens brechen?

Ich halte beides für gewagt.

Dagegen halte ich die Motivation des Mitspielers, der einschränkt, für sehr relevant. Das Ziel des Entwertenden ist es, seine Vorstellung vom weiteren Spielverlauf entgegen der durch die Entscheidungen seiner Mitspieler artikulierten Vorstellungen durchzusetzen. Gestaltet man die Situation so, dass von vorne herein nur eine einzige Entscheidung getroffen werden kann, handelt es sich um eine besondere Form der Entwertung.

Ein weiterer wichtiger Aspekt: können sich die Mitspieler im Rahmen der Spielregeln gegen die Einschränkung wehren? Auch da scheiden Polaris und DitV aus.
Jaja, daran knacke ich auch noch. Habe lustiger Weise heute um 11:54 in einer Art Entwicklungsprotokoll getippt:

Zitat
Mir liegt da beispielsweise noch das Argument des doppelten Hendrik schwer im Magen, dass in Spielen wie Dogs oder Polaris explizit und regelkonform Spielerentscheidungen entwertet werden. Irgendwie muss das theoretisch darstellbar sein. Auch da bin ich für Anregungen dankbar!

Mehr gleich.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 23.04.2010 | 21:37
So, habe die Definition nun aktualisiert. Das klingt zwar nicht mehr so griffig, aber wir haben nach meinem Eindruck jetzt auch Dogs und Polaris mit im Boot und sind außerdem näher dran am eigentlichen Phänomen:

Definition:
Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) die Zahl der Handlungsoptionen eines anderen Spielers nicht regelkonform einschränken, um die eigenen Vorstellungen vom weiteren Spielverlauf durchzusetzen.


Zwei Dinge machen mir daran noch zu schaffen:

1. Die Definition ist nicht mehr elegant, sondern kompliziert. Hat jemand eine Idee, wie man das entzerren kann?

2. Mit "nicht regelkonform" meine ich ungefähr die Regeln by the book. Allerdings gibt es ja auch noch Hausregeln, Verhaltensregeln, Metaregeln und welchen Scheißdreck noch immer. Das ist in diesem Fall aber nicht gemeint. Wie kann man das umgehen?

3. Ich spiele mit dem Gedanken, Freakspiele wie Dogs und Polaris auszugrenzen. Die sind so weit weg von all den hier relevanten Phänomenen und erfordern gleichfalls so viele Verrenkungen für die Verallgemeinerung, dass eine Begrenzung des Wirkungsradius der Theorie sinnvoll sein könnte. Die nächste Frage ist dann natürlich, wie man die Begrenzung begründet.

4. Bei obiger Definition bietet sich fast wieder eine Rückkehr zu der Entwertung an. Ersetzt man oben Eingriff durch Entwertung, klingt das für meine Begriffe mit Ausnahme des "nicht regelkonform" ziemlich gut. Oder?

Generell: Dass eine solche Theorieentwicklung enorm schwierig ist, sollte jedem klar sein.
Auch: Das Formulieren von Kritik ist um Lichtjahre leichter als das Selbermachen.
Deshalb: Idealer Weise reicht Ihr bei Kritik direkt auch einen Vorschlag mit rein, wie das angesprochene Problem behoben werden könnte!
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dab am 23.04.2010 | 21:50
@ Dab: Siehe die mannigfaltigen Einwände auf Deinen Post. Ich teile deren Meinung. Insgesamt habe ich das Gefühl, dass entweder Du oder der Rest ein paar Dinge ganz gewaltig missverstehen. Dein Enthusiasmus und Dein Selbstvertrauen in allen Ehren, aber es liegen derartig viele Dinge zwischen Deiner und meiner Sicht verquer, dass ich eine Einigung von uns (auf was auch immer) für nahezu ausgeschlossen halte. Du kannst diesen Thread gerne weiter verfolgen, aber ich gehe nicht weiter auf Deine Beiträge ein. Bitte nimms mir nicht übel.
Mich zu ignorieren ist dein gutes Recht, ich behaupte ja auch nicht dass meine Meinung der Weisheit letzter schluss ist. Ich bedauere natürlich dass du so geringe Stücke auf meine Meinung hältst. Ich glaube aber, dass deine analytische Methodik fehlerhaft ist. Intention z.B. darf IMHO kein Kriterium bei der wertneutralen Klassifikation einer Handlung sein.

Edit: Wenn du jetzt von dieser neuen Definition noch den Absichtsteil entfernst, bist du schon fast bei meiner Definition vom R-Wort.

Vorsicht, beleidigend zu werden ist keine gute Idee, wenn man konstruktiv sein will!
Offensichtlich verstehst DU nicht, dass per Definition von Railroading es NICHT möglich ist, die "emotionale Vorbelastung" des Begriffs zu ignorieren, da der genau so definiert ist. Das ist mit einer der Gründe, warum wir das hier überhaupt machen. Also wirf hier mal besser nicht anderen intellektuelle Defizite vor, das ist der beste Weg, sich ins Abseits zu manövrieren!  >:(
Außerdem soll es hier nicht nur um "Railroading" gehen, sondern um eine ganze Latte an Phänomenen, die damit verknüpft sind.
Okok. Ich vermeide jetzt mal den Begriff.

Zitat
Naja, er versucht bei deinem Beispiel, sich selbst die Sache plausibel zu machen, damit es für ihn wieder stimmt - die Spieler kriegen doch den größten Teil davon (gewollt) gar nicht mit. Er legt sich also etwas zurecht, um auf die theoretische Frage/Anschuldigung "Das ist doch total unplausibel!" antworten zu können: "gar nicht, weil...!" Der meiste Teil davon fußt auf Überlegungen, wie er einen Regelbruch kaschieren kann, damit es irgendwie halt doch keiner ist. Das ist nicht "simulationistisch", sondern Betrug - eben weil er weiß, dass es ein illegitimer Eingriff war aus den falschen Gründen.
Du sprichst auf Situation 2 an wo aus "Schrödingers Räuber" halt ein Wandersmann wird. Für mich ist folgendes klar: Relevant kann schlussendlich nur der Fakt sein, keinesfalls die Motivation. Motivationen sind bescheuert zu analysieren, da schlussendlich der erwünschte Effekt und der eintretende Effekt keineswegs identisch sein müssen. Also kann nur der eintretende Effekt, also das was im SIS wirklich passiert sinnvoll analysiert werden. Das zuerst mal.

Aber jetzt Situation 2 - Ob es "Regelbruch" im simulationistischen Verständnis ist, hängt also einzig davon ab, was am ende im SIS eintritt. Wenn "Schrödingers Räuber" sinnig und stimmungsvoll eingebaut ist und es innerhalb des SIS keine unstimmigkeiten gibt, besteht da kein Regelbruch. Das Problem ist dass das eben in der Regel nicht zutrifft. Warum steht der typ da? Wie kam er an den Räubern vorbei? Wieso stellen die Räuber keine Späher auf? Und so weiter, das sind alles Unstimmigkeiten die die Simulation zerstören, und deswegen ist diese Form des Retconnings / der Rationalisierung auch nur begrenzt sinnvoll beim Simulationistischen. Forge würde das wohl als Illusionismus bezeichnen, aber was hier eigentlich passiert ist ja dass das vorbereitende Material, und das was am Ende in den SIS dringt, sich unterscheidet. Genau das ist aber praktisch zwangsläufig der Fall. Solange die interne Konsistenz und Kohärenz des SIS gewahrt bleibt, ist die Simulation intakt.

In keinem dieser Fälle jedoch "lügt sich der SL zwangsläufig in die Tasche" in meiner Meinung.

Natürlich kann es passieren dass ein Spieler ausruft "Aber das ist Unplausibel" z.b. im Fall 3c), können wir davon ausgehen dass der Dämonendungeon tatsächlich integraler Teil des Szenarios ist. Nur weil die Spieler behaupten das sei unplausibel weil sie nicht auf die Idee kommen, nach einer Quelle für den Antimagischen Effekt zu suchen, heisst das IMHO nicht, dass hier ein Regelbruch in den SIS eindringt. Wenn der SL sagt: "Nein, ist kein Regelbruch. Ist integraler Teil des Szenarios, ihr habt jetzt einfach die Stelle übersprungen wo ihr von den Räubern gefangengenommen werdet welche zufällig die Quelle des Antimagischen Effekts zu ihrem Lager gemacht haben. Findet raus woher das Antimagische Feld kommt. Das ist die Quest." - An der Stelle wäre das massives Metagaming seitens des SL, aber "Das ist Unplausibel / RR-Wort" konstituiert ja ebenfalls Metagaming seitens der Spieler. Metagaming muss man mit Metagaming begegnen, da sonst die Leute sich nicht mehr darüber einigen können, was im SIS ist.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: ErikErikson am 23.04.2010 | 21:52
Ich halts auch nicht so für die Hammer Idee, Motive des SL reinzubringen. Die kennt man ja nun nicht.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Crimson King am 23.04.2010 | 22:05
"Nicht regelkonform" heißt dann, dass Runden, in denen der SL Narrenfreiheit hat und dies durch den Gruppenvertrag implizit oder explizit gedeckt ist, nicht railroaden?

Ich persönlich bin der Meinung, dass Regelkonformität das Problem nicht trifft. Das Fehlen der Möglichkeit, sich innerhalb der Regeln gegen die Einschränkung zu wehren, trifft es meines Erachtens genauer.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Joerg.D am 23.04.2010 | 22:50
Ich glaube, das bei der Definition dieses Begriffes erst einmal zwischen der Entwertung von Spielerentscheidungen auf den verschiedenen Ebenen getrennt werden sollte.

Eine Entwertung von Entscheidungen durch den SL ist in der Regel etwas anderes als durch die Mitspieler. Der SL besitzt in der Regel unbegrenzte Ressourcen und eine den Spielern übergeordnete Entscheidungsgewalt.

Wenn der SL Entscheidungen von Spielern entwertet ist es etwas anderes als wenn es Mitspieler machen, die oft nur einen Charakter haben und noch vom SL gebremst werden können.

Der Ansatz mit den Regeln gefällt mir gut, doch als SL kann man Situationen in der Regeln so konstruieren, das eine Entwertung regelkonform ist. Das können Spieler nicht so einfach, die müssen auf die vorgegebene Situation reagieren und die Entwertung dann noch am eventuellen Widerstand des SL und den Regeln des Spieles scheitern könnte.

Zusätzlich denke ich, dass es nicht um die Einschränkung von Handlungsoptionen geht. Eine Entwertung im Rollenspiel entwertet eine bereits vollbrachte Entscheidung oder Tat, es ist egal, was der Spieler gemacht hat, weil der Wert der Aktion mit Absicht zerstört wird.

Die Entwertung hat aber bei Spielern und Spielleitern unterschiedliche Tragweiten, weil in der Regel einfach verschiedene Machtverhältnisse herrschen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Markus am 23.04.2010 | 23:07
Das war ursprünglich mal @carthinius, aber zum Thema "regelkonform"
Zitat
denn wenn es die Regeln so nicht vorsehen, man sich aber gemeinschaftlich darauf einigt, die Regeln über das Sterben auszusetzen (und sei es nur, weil keiner Bock hat, dann wieder zwei Stunden einen SC zu bauen), dann begeht man einvernehmlich und offen Regelbruch.
... ist es kein Regelbruch. Die Regel der Gruppe ist eben eine andere als die, die im Buch steht. Der Unterschied ist nur relevant, wenn wir Regelwerke RAW diskutieren, weil das dann eben nicht mehr RAW ist und die Effekte nicht mehr auf die RAW zurückgeführt werden können.
Wenn du diese Regel (den, natürlich ist es regelhaft, was da passiert) als Regelbruch beschreibst dann (a) ist jede Hausregel Regelbruch (viel Spaß bei dem Versuch Hausregeln neu zu definieren) (b) musst du jede Handlung am Spieltisch auf ihren RAW-Support abklopfen. Außer unnützen Exegese-Exzessen sehe ich da wenig Potential. (c) Musst du ein neues Wort für den tatsächlichen Bruch einer vorher eingeführten Regel finden und (d) wirst du feststellen, dass fast alle Gruppen "Regelbruch" begehen. Du handelst dir dann unter anderem so spannende Fragen ein wie "Wir spielen SR, lassen aber keine Decker zu. Regelbruch?".

Für die theoretische Diskussion hat die Begrenzung von "regelkonform" auf RAW noch den Nachteil, dass genau die Sachen im Graubereich (inklusive des Interpretationsspielraums der RAW) schwerer zu diskutieren werden. Insofern würde ich _für diesen Ansatz_ bei der Absicht des Eingreifenden bleiben und die Regeln draußen lassen wollen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen
Beitrag von: Beral am 24.04.2010 | 01:06
Ideen zum "Warum":

SL ist überfordert damit, eine Vielzahl von Parametern gleichzeitig zu verarbeiten und daraus in Echtzeit die Folgen zu ziehen. Deshalb hält er sich an dem Gedanken fest, der ihm zur Verfügung steht und passt die Umstände entsprechend an.
=> Ressourcenmangel beim SL, Eingriffe aus der Hilfslosigkeit heraus. Das sind "schlechte" Eingriffe (wobei das überhaupt kein Bashing der betroffenen SL sein soll, sondern als neutrale Problemanalyse zu verstehen ist!).

Die Eingriffe dienen einem übergeordneten Zweck, z.B. dem gemeinsamen Erschaffen einer Geschichte mit bestimmter dramaturgischer Struktur. Wenn die Würfel oder die Charaktere oder irgendwelche Zufälle oder Gruppendynamiken das Ausbrechen aus dem angestrebten Rahmen herbeisteuern, steuert der SL dagegen. Das kann sowohl akzeptiert als auch unlegitim sein. Das Ziel muss nicht einmal von allen geteilt werden. Der SL ist vielleicht der einzige, der die bestimmte Dramaturgieform anvisiert, während die Spieler ihre eigenen Wünsche einfach ungenügend zur Sprache bringen und die Ziele des SL einfach akzeptieren.
=> Eingriffe werden bewusst als Mittel für übergeordnete Zwecke eingesetzt. Das können sowohl "gute" als auch "schlechte" Eingriffe sein.

Dann fällt mir noch ein Aspekt ein: Die Akzeptanz/Schwere der Eingriffe lässt sich über die Sphären steuern. Der schwerwiegendste Eingriff ist wohl der in den Charakter. Damit wird der Spieler direkt beschnitten. Nicht ganz so bösartig ist ein Eingriff in das Setting. Beispiel: Die Gruppe will eine hohe Felswand erklimmen, soll das aber zum jetzigen Zeitpunkt aus dramaturgischen Gründen noch gar nicht tun. Der SL könnte sagen: "Ne, nach den Strapazen der letzten Tage traut sich dein Char auf jeden Fall nicht zu, diese Herausforderung anzunehmen". Er könnte auch sagen: "Während ihr euch für die Kletterei vorbereitet, ziehen Wolken auf. Ihr wisst, dass das Wetter in den Bergen extrem wechselhaft ist. Es scheint ein Sturm aufzuziehen". Beides sind Eingriffe vom SL, die zum gleichen Ziel führen - der Berg bleibt vorerst unerklommen. Bei den Spielern kann sich das aber ganz unterschiedlich anfühlen.

Und mir fällt noch etwas ein: Die Kategorie des eingebildeten Eingriffs. Das heißt der SL hat weder bewusst noch unbewusst einen Eingriff getätigt, die Spieler haben das aber so wahrgenommen. Der aufziehende Sturm war vielleicht wirklich zufällig. Vielleicht sollte er als Fluffelement die Spannung nur erhöhen und keinesfalls die Gruppe ausbremsen. Vielleicht wurde der Sturm schon in der Vorbereitung der Spielsitzung per Zufallstabelle als Ereignis um 22:15 Ortszeit festgelegt und die Spieler wissen einfach nichts von alldem und bekommen den subjektiven Eindruck, dass der SL ihnen willkürlich Steine in den Weg legt.

Zwischendurch war von Eingriffen des SL in Spielerentscheidungen die Rede. Für diesen Teil der Diskussion sollten wir klären, was denn überhaupt Spielerentscheidungen sind. Klassischerweise entscheidet der Spieler über seinen Charakter. Über den Rest entscheidet der SL. (Die Würfel als dritte Partei vermitteln, aber das sei mal außen vor gelassen.) Wenn der Spieler sagt: "Da steht ein Pferd auf der Wiese, ich gehe hin und zähme es", mag der SL erwidern: "Ähh... nein da steht kein Pferd, in dieser Gegend gibt es überhaupt keine Pferde". Der Eingriff erfolgt hier nicht vom SL, sondern vom Spieler. Wir sollten die Zuständigkeitsbereiche genau beachten.
Die Zuständigkeit ist natürlich nicht mit Willkür zu verwechseln. Nur weil der SL die gesamte Spielwelt simuliert, macht ihn das nicht völlig frei. Er muss sich an die Gesetzmäßigkeiten halten, die der Spielwelt zugrunde liegen. Genauso wie die Spieler angehalten sind, ihre Charaktere authentisch zu spielen und mit einem dummen Troll keine Philosophievorlesungen abzuhalten.

Oh, und Jörgs Beitrag bringt mich auf einen weiteren Gedanken: Der Eingriff kann etwas verändern/herbeiführen/verhindern, was noch gar nicht stattgefunden hat, oder der Eingriff kann etwas Stattgefundenes entwerten, indem die eigentliche Bedeutung ignoriert/reduziert/übertrieben/umgedeutet wird. Aber ob die Unterscheidung zwischen prospektiven und retrospektiven Eingriffen sinnvoll ist, weiss ich gerade auch noch nicht. Insgesamt ist mein ganzer Beitrag als Brainstorming zu interpretieren.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: DasTaschentuch am 24.04.2010 | 01:28


Definition:
Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) die Zahl der Handlungsoptionen eines anderen Spielers nicht regelkonform einschränken, um die eigenen Vorstellungen vom weiteren Spielverlauf durchzusetzen.


Zwei Dinge machen mir daran noch zu schaffen:

1. Die Definition ist nicht mehr elegant, sondern kompliziert. Hat jemand eine Idee, wie man das entzerren kann?


Kleine Anmerkung: ob eine definition kompliziert ist oder nicht ist vollkommen unerheblich.

Größere Anmerkung:  Können Mitspieler die nicht SL sind wirklich eine Spielerentscheidung entwerten? Diese Macht/Autorität hat nach meinem Empfinden nur der SL. Ausserdem würde ich Spieler und SL Einfluß gerne getrennt behandeln.
Ausserdem kann man doch Handlungsoptonen einschränken ohne Spielerentscheidungen zu entwerten,z.B. indem man Optionen einschränkt bevor der Spieler sich zu einer Entscheidung durchgerungen hat.
Drittens ist überhaupt nicht klar,was regelkonform heist. Wenn im Spielleiterhanbuch steht,daß man als SL eine Regel ignorieren darf wenn sie einem nicht passt kann von regelkonformität nur schwer gesprochen werden.
Und zu guter letzt ist per se nicht klar,was genau denn nun eine Spielerentscheidung ist. Zumindest sollte dieser Begriff erst definiert werden,bevor man ihn in einer anderen definition verwendet.

Versuch: Eine Spielerentscheidung ist eine laut oder gleichwertig öffentlich geäusserte Aussage über das Aussehen,Besitz,Verhalten oder Gefühlsleben des gespielten Charakters.

Ein Eingriff liegt dann vor,wenn die vom Spieler gemachte Aussage ganz oder teilweise negiert bzw abgelehnt wird.

Ein Eingriff ist nicht regelkonform,wenn der Eingriff nicht durch den Gruppenvertrag oder offizielle bekannte und geltende Spielregeln (Regelwerk) begründet werden kann.

Edit: Ein Eingriff heist starker Eingriff,wenn der Eingriff unmittelbar nach der Aussage des Spielers erfolgt,entweder auf der Metaebene durch eine verbales Veto des SL oder durch eine unmittelbare Reaktion in der Spielwelt auf die Spielerentscheidung.

Ich denke bei den meisten Eingriffen,die sem Spieler sauer aufstoßen handelt es sich um "starke Eingriffe",lässt sich der SL Zeit oder geht subtil vor kann er eine Spielerentscheidung negieren/aushebeln ohne daß der betroffene das im Extremfall merkt.
Extremes Beispiel wäre ein Zeitreiseabenteuer bei dem am Ende die Geburt des Spielercharas ungeschen gemacht wird,wodurch letzendlich sämtliche Spielerentscheidungen des betreffenden Spielers negiert werden.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dab am 24.04.2010 | 01:33
Was ist RAW?

Ich unterscheide an der Stelle "Regeln" und "Gesetze" - Die Bezeichnung ist schlussendlich irrelevant, aber ich finde es hilfreich zwischen den beiden Konzepten zu unterscheiden:

"Gesetze" sind die Mechanismen, die beschreiben wie die Dinge im SIS (eigentlich) ablaufen. Das sind so Sachen wie Gravitation, aber auch Charaktereigenschaften. Diese Gesetze kennen wir nicht, im Zweifelsfall kennen wir vielleicht gerademal ein paar unsere irdischen Gesetze.

"Regeln" sind die Mechanismen, mit denen eine Spielrunde Handlungen auf ihren Erfolg untersucht oder statistische Wahrscheinlichkeiten beschreibt. Also beispielsweise das, was in einem Regelbuch steht. Regeln beschreiben häufig Gesetze, wobei sie einen Kompromiss aus Aussagekraft und Benutzbarkeit darstellen.

Man stelle sich das hypothetische (aber vermutlich bereits erlebte) Szenario vor, in dem die Bewohner einer dieser fantastischen Welten Charakterbögen zücken und beginnen, Bankkaufmänner und Kosmetikfachverkäuferinnen in einer ihnen fremden Welt namens "Erde" zu spielen beginnen. Diese gespielten Charaktere hätten eine überschaubare Anzahl an Eigenschaften wie "Intelligenz" oder "Charisma" und würfeln auf der Randomereignistabelle, ob sie sich auf dem Weg zur Arbeit mit Kaffee verbrühen oder im Stau steckenbleiben oder der Zug verspätung hat. Aber gleichzeitig wissen wir aus eigener Erfahrung dass die Gesetze in der Realität "Erde" unglaublich viel komplizierter sind - So sehr, dass es uninteressant und schlichtweg unmöglich wäre sie in maximalem Detail (auf der Ebene der Sub-Subatomischen Partikel) mit stochachstischen Massnahmen zu beschreiben. Es gibt hier also eine Trennung zwischen "Gesetzen" einer fiktionalen Welt und den "Regeln", mit denen eine Spielrunde versucht, diese fiktionale Welt zu beschreiben, bzw. für sie womöglich interessante Ereignisse dieser fiktionalen Welt zu simulieren: Wird Kosmetikfachverkäuferin Tara den Mut aufbringen, den Jungen vom Gartenzubehörgeschäft nebenan bei ihrer 10-Uhr-Pause auf einen Kaffee einzuladen? (Sie schafft die Mutprobe, aber versaut die Charismaprobe. Schalten sie das nächste mal wieder ein, wenn NormalBoringLife gespielt wird!)

Regeln werden genauso wie Gesetze am Spieltisch ausgemacht. Regeln abstrahieren und beschreiben üblicherweise Gesetze. Aber: Regeln können Gesetze brechen, beispielsweise wenn gesagt wird "Ok, niemand hier hat Bock lustige, funktionierende Charaktere wegzuwerfen und 2h lang über Tabellen gebeugt neue auszuwürfeln. Wenn ihr sterben würdet, gibts göttliche Intervention und ihr verliert etwas permanente Lebensenergie" Das ist eine Regel die der Gesetzmässigkeit der Welt zwar widerspricht (Die Welt selbst funktioniert so nicht, tot ist tot, die götter interessieren sich nicht für irgendwelche Hanswurste oder machen prinzpiell gar nix) aber die zum besseren Spielerlebnis beitragen sollen. Damit wird zwar die Konsistenz und Kohärenz der Welt geschädigt, aber da die Simulation ja ohnehin rein der Unterhaltung dient, und die Nettounterhaltung grösser ist wenn "Sterben" nicht so schlimm ist, tut man das halt so und opfert etwas Welt-Gesetzmässige Kohärenz.

Da Regeln am Spieltisch ausgemacht werden, kann es Unstimmigkeiten in der Spielrunde geben. Beispielsweise mag jemand zum SL sagen: "Ich finde es nicht gut dass du meine Kosmetikfachverkäuferin Tara mit dem Erscheinen von 15 Feuerschwertbewaffneten Warhammer-Orks aus dem Gartenfachgeschäft gescheucht hast. Weder Feuerschwerter noch Orks sind Teil des Erde-Kreaturenkanons!" und der SL sagt "Natürlich nicht, aber du überziehst gerade deine Pause um 10 minuten und gleich wird Francesco in deinem Geschäft erscheinen, den du kennenlernen sollst" Stimmt die Spielerin von Tara dem zu, heisst das sie akzeptiert einen Bruch in der Gesetzmässigkeit der Welt zu zwecken des Plots. Ändert aber nichts daran dass es grundsätzlich einen Bruch der Gesetze gibt, welcher die Kohärenz der Welt schädigt. Aber: um die Kohärenz des SIS zu wahren, mag man so weit gehen, zu retconnen, so dass Tara halt freiwillig rausgeht und die Feuerschwertorks gar nie erschienen sind. Effektiv lässt sich die Spielerin also durch Meta-Aktionen (Die Orks) dreinreden, wie sich der Charakter verhält.

Alternativ wird das SC-Verhalten bzw. die Spielerentscheidung entwertet: Francesco begibt sich nun in das Gartenfachgeschäft, obwohl er eigentlich Parfüm für seine Frau kaufen wollte, denn seine Ehe liegt in den letzten Zügen wo er sie mit Geschenken überhäuft. Nun will er ihr einen Rosengarten verschaffen. Dieses Szenario stellt keinen wirksamen Bruch der Kohärenz der Welt dar, entwertet aber das Spielerverhalten welches eigentlich dazu geführt hätte dass Kosmetikfachverkäuferin Tara nicht auf Francesco gestossen wäre.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Eulenspiegel am 24.04.2010 | 01:44
@ TAFKAKB
Ich denke, Regelkonformität hilft nicht weiter.
Wenn jemand nicht regelkonform spielt, ist das immer schummeln. Und das ist immer schlecht.

Ich sehe jetzt wenig Sinn darin, nicht regelkonformes Verhalten nochmal weiter zu unterteilen:
- nicht regelkonformes Verhalten, das die Spielerentscheidungen einschränkt.
- nicht regelkonformes Verhalten, das die Spielerentscheidungen entwertet.
- nicht regelkonformes Verhalten, das eine Spielerentscheidung erzwingt.
- nicht regelkonformes Verhalten, das die Tödlichkeit verändert.
- nicht regelkonformes Verhalten, das den Schwierigkeitsgrad verändert
- etc.

Diese ganzen Unterteilungen sind imho sinnlos. Imho kann man all diese Sachen zusammenfassen zu "nicht regelkonformes Verhalten". Eine weitere Unterteilung bringt keinen Mehrwert.

Viel interessanter ist es also, sich das regelkonforme Verhalten anzuschauen und nachzuschauen, wo es regelkonforme Spielereinschränkungen gibt.
Falls daran Interesse besteht, kann ich das morgen weiter ausführen. Heute ist es dafür zu spät.

@ Dab
Das Problem ist, dass der entstandene Fakt wesentlich subjektiver als die Motivation des SLs ist:
1) Nehmen wir an, der SL beschreibt, wie der Kopf von einer Pistolenkugel total zerfetzt wurde.

Ein Spieler hält das für total plausibel.
Und ein anderer Spieler hält das für total unplausibel und meint, eine Pistolenkugel dürfte nur ein Eintritts- und ein Austrittsloch enthalten.

Ist die Beschreibung vom SL nun plausibel oder nicht? Das können wir nicht beantworten bzw. die Antwort ist subjektiv und hängt davon ab, wen wir fragen.
Was man aber objektiv feststellen kann, ist die SL Motivation. Man kann ganz einfach zum SL gehen und ihn fragen: "Warum hast du dich entschieden, dass der Kopf zerfetzt wurde und nicht einfach nur ein Loch enthält?"

2) Oder nehmen wir eine andere Situation: Der SL beschreibt eine Storywendung.
Einer findet diese Storywendung total genial, der andere total bescheuert.

Dient diese Wendung nun dazu, eine bessere Story zu erfüllen? Diese Frage lässt sich wieder nur subjektiv beantworten. Was man aber objektiv beantworten kann, ist, ob der SL die Wendung eingeführt hat, weil er eine bessere Story geplant hat.

Ob der SL eine Sache eingeführt hat, weil er sie für plausibel hält oder weil er sie positiv für die Story hält, lässt sich also objektiver beantworten als die Frage danach, ob diese Sache nun plausibel ist oder ob sie positiv für die Story ist.

PS:
bezüglich deines letzten Postes:
Schau dir mal das 3Ebenen Modell von Beral an. (Ist hier irgendwo im Forum unter Rollenspieltheorie zu finden.)
Der hat die Sachen, die du selber "Regel" und "Gesetze" nochmal übersichtlich aufgestellt und auch fein unterteilt. Der Artikel ist sehr lesenswert.

Nicht falsch verstehen: Ich stimme deinen Absätzen über Regeln und Gesetze zu. Aber Beral hat das ganze halt noch detaillierter aufgedröselt:
z.B.:
- Regeln, die sich auf die Outtime-Ebene auswirken
- Regeln, die sich auf den SIS auswirken und Gesetze beschreiben.
- Regeln, die sich auf den SIS auswirken und keine Gesetze beschreiben.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dab am 24.04.2010 | 02:24
@ Dab
Das Problem ist, dass der entstandene Fakt wesentlich subjektiver als die Motivation des SLs ist:
1) Nehmen wir an, der SL beschreibt, wie der Kopf von einer Pistolenkugel total zerfetzt wurde.

Ein Spieler hält das für total plausibel.
Und ein anderer Spieler hält das für total unplausibel und meint, eine Pistolenkugel dürfte nur ein Eintritts- und ein Austrittsloch enthalten.

Ist die Beschreibung vom SL nun plausibel oder nicht? Das können wir nicht beantworten bzw. die Antwort ist subjektiv und hängt davon ab, wen wir fragen.
Das ist auch gar nicht eine Frage die wir hier beantworten müssen. Das ist sogar komplett irrelevant, finde ich.

Der SL postuliert ein Gesetz (per meiner Definition) z.B. "Der verwendete Typ Kugeln aus einer Pistole des verwendeten Typs besitzt ausreichend Energie um einen Kopf vollständig zu zerfetzen" die anderen Spieler können nun dieses Gesetz zurückweisen. Es läuft auf Verhandlung zw. den Rundenteilnehmern hinaus, da über die Gesetze der Welt debattiert wird. Das hat aber nichts mit "Eingriffen in die Spielerentscheidungen" zu tun, sondern hängt davon ab in was für einer Welt die Teilnehmer spielen wollen. (Worüber sie sich ja einig sein müssen)

Zitat
Was man aber objektiv feststellen kann, ist die SL Motivation. Man kann ganz einfach zum SL gehen und ihn fragen: "Warum hast du dich entschieden, dass der Kopf zerfetzt wurde und nicht einfach nur ein Loch enthält?"
Das wiederum wäre Metagaming. Und der SL könnte lügen. Natürlich ist der Vorwuf implizit: "Der Kopf ist nur explodiert damit wir ihn nicht identifizieren können." Aber das ist Metagaming. Auch eine Diskussion über die Natur der Gesetzmässigkeiten ist an sich metagaming. Auch die Entscheidung, dass der Kopf explodiert, obwohl dies keineswegs als Gesetzmässig verteidigt werden kann, wäre Metagaming (konkreter: ein Gesetzesbruch der die Kohärenz des SIS schädigt)

Zitat
2) Oder nehmen wir eine andere Situation: Der SL beschreibt eine Storywendung.
Einer findet diese Storywendung total genial, der andere total bescheuert.
Sowas ist Geschmacksfrage. Damit setze ich mich an der Stelle (Definitionsfragen) nicht auseinander, aber ich will gleichzeitig auch nicht Geschmacksfragen oder Motivationsfragen oder Intentionsfragen oder postulierte Legitimität usw als Kriterium für eine Definition über die Eingriffe in die Spielerhandlungen aufnehmen.

Relevant ist ob sich die Teilnehmer auf einen Kohärenten SIS/Gesetzesraum einigen können. Das ist nämlich keine Geschmacksfrage. Sie stimmen sich überein oder nicht. Eine einfache Methode, einen kohärenten Gesetzesraum zu schaffen ist die Regel: "Der Meister hat immer Recht" - Dann kann es keine Unstimmigkeiten bzgl. der Kohärenz des SIS/Gesetzesraums geben. Die Frage ist dann halt ob das Spiel für die Spieler noch so zufriedenstellend ist dass sie weiterspielen wollen.

Zitat
Ob der SL eine Sache eingeführt hat, weil er sie für plausibel hält oder weil er sie positiv für die Story hält, lässt sich also objektiver beantworten als die Frage danach, ob diese Sache nun plausibel ist oder ob sie positiv für die Story ist.
Das bestreite ich. Und weiter bestreite ich die Relevanz der Motivation.

Zitat
3Ebenen Modell von Beral
Ich behaupte nicht dass meine Ideen originell sind oder ursprünglich von mir stammen, vielleicht habe ich Berals Post vor Jahren mal zufällig gelesen und es inkorporiert, aber durch das AttributionProblem vergessen, woher ich die Idee habe. Ich behaupte aber, dass die Idee an sich nützlich zur Analyse ist und das ist relevant.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Eulenspiegel am 24.04.2010 | 02:48
Der SL postuliert ein Gesetz (per meiner Definition) z.B. "Der verwendete Typ Kugeln aus einer Pistole des verwendeten Typs besitzt ausreichend Energie um einen Kopf vollständig zu zerfetzen" die anderen Spieler können nun dieses Gesetz zurückweisen. Es läuft auf Verhandlung zw. den Rundenteilnehmern hinaus, da über die Gesetze der Welt debattiert wird. Das hat aber nichts mit "Eingriffen in die Spielerentscheidungen" zu tun, sondern hängt davon ab in was für einer Welt die Teilnehmer spielen wollen. (Worüber sie sich ja einig sein müssen)
Das gleiche gilt doch aber auch bei deinem Beispiel:
Der SL stellt das Gesetz auf "Es können bewaffnete Warhammer Orks auf der Erde auftauchen."

Die Spieler können dieses Gesetz nun zurückweisen oder sie können das Gesetz akzeptieren.

Inwiefern unterscheidet sich dein Beispiel mit den Warhammer-Orks also von meinem Beispiel mit dem Kopfschuss, was den Eingriff in die Spielerentscheidung anbelangt? (Bei dir kann der SC nicht im Laden bleiben, bei mir kann der SC nicht das Gesicht des Opfers untersuchen.)

Zitat
Das wiederum wäre Metagaming. Und der SL könnte lügen.
Lügen kann man in jedem Spiel. Das bringt einem bei einer Analyse aber auch nicht vorwärts. Und was bringt einen Lügen weiter? (Ich gehe mal davon aus, dass der SL kein Arschloch ist, der nur RPG spielt, um die Spieler zu quälen. - Falls dem dennoch so ist, gilt Regel 0: "Spiele nicht mit Arschlöchern.")

Zitat
Natürlich ist der Vorwuf implizit: "Der Kopf ist nur explodiert damit wir ihn nicht identifizieren können."
Das kommt darauf an, was der Gruppenvertrag sagt:
Sagt der Gruppenvertrag, dass der SL simulationistisch-motiviert Ereignis fällen soll, dann hast du Recht.
Dann lautet der Vorwurf, dass er es nur gemacht hat, weil er die Story verfolgt. Und die Entschuldigung wäre, dass er es nur gemacht hat, weil er explodierende Köpfe für realistisch hält.

Sagt der Gruppenvertrag jedoch, dass der SL story-motiviert Ereignisse fällen soll, dann hast du Unrecht:
Dann lautet der Vorwurf, dass er es nur gemacht hat, weil er ein Realismus-Fanatiker ist und dass ihm die Story völlig egal sei. Und die Entschuldigung wäre, dass er es nur gemacht hat, weil er eine unidentifizierte Leiche für einen interessanten Story-Hook hält.

Was also der Vorwurf und was die Entschuldigung ist, hängt daher extrem vom Gruppenvertrag ab:
Hat man vereinbart, dass der SL simulationismus-motivierte Entscheidungen trifft oder hat man vereinbart, dass er story-motivierte Entscheidungen trifft?

Zitat
Aber das ist Metagaming. Auch eine Diskussion über die Natur der Gesetzmässigkeiten ist an sich metagaming. Auch die Entscheidung, dass der Kopf explodiert, obwohl dies keineswegs als Gesetzmässig verteidigt werden kann, wäre Metagaming (konkreter: ein Gesetzesbruch der die Kohärenz des SIS schädigt)
Ja, es wäre ein Gesetzesbruch, aber nicht zwangsläufig ein Regelbruch.

Vielleicht wäre es ja ein Regelbruch (in der speziellen Runde), wenn man die Gesetze als wichtiger als die Story erachtet.

(Ich benutze hiermal deine Definition von "Regel" und "Gesetz".)

Zitat
Sowas ist Geschmacksfrage. Damit setze ich mich an der Stelle (Definitionsfragen) nicht auseinander, aber ich will gleichzeitig auch nicht Geschmacksfragen oder Motivationsfragen oder Intentionsfragen usw als Kriterium für eine Definition über die Legitimität von Eingriffen in die Spielerhandlungen aufnehmen.
Wie gesagt:
Legitim ist alles, was erlaubt ist.
Illegitim ist alles,was verboten ist.

So einfach ist das.
Und was nun im Einzelfall erlaubt und was im Einzelfall verboten ist, ist nunmal extrem gruppenabhängig und letztendlich eine Geschmacksfrage.

Zitat
Relevant ist ob sich die Teilnehmer auf einen Kohärenten SIS/Gesetzesraum einigen können.
Das hat imho nichts mit den Eingriff in die Spielerentscheidungen zu tun, sondern allgemein damit, ob es überhaupt zum Spiel kommt oder nicht.

Wenn sich die Mitspieler nicht einigen können, dann wird entweder ohne klaren SIS weitergespielt oder das Spiel wird unterbrochen, bis Kohärenz wieder hergestellt wurde.

(In-)Kohärente SIS sind sicherlich auch interessant. Aber sie sind irrelevant, wenn es um Eingriffe in Spielerentscheidungen geht.

Zitat
Das bestreite ich. Und weiter bestreite ich die Relevanz der motivation.
Dann erkläre mir doch bitte, was dann an deinem Warhammer-Ork-Beispiel relevant wäre.

Ich dachte, bei deinem Warhammer-Ork-Beispiel wäre es relevant, dass dem SL die Story (SC trifft Francesco im Geschäft) wichtiger ist als die Plausibilität (auf der Erde gibt es keine Warhammer-Orks).

Falls das nicht der Punkt ist, wegen dem du das Beispiel gebracht hast, dann erläutere doch bitte, was an deinem Warhammer-Ork-Beispiel relevant ist.

Zitat
Ich behaupte aber, dass die Idee an sich nützlich zur Analyse ist und das ist relevant.
Dem habe ich nie widersprochen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dab am 24.04.2010 | 03:48
Inwiefern unterscheidet sich dein Beispiel mit den Warhammer-Orks also von meinem Beispiel mit dem Kopfschuss, was den Eingriff in die Spielerentscheidung anbelangt? (Bei dir kann der SC nicht im Laden bleiben, bei mir kann der SC nicht das Gesicht des Opfers untersuchen.)
Ich glaube ich verstehe. Ist mein Fehler, ich hätte das vorher deutlich machen sollen. Es gibt einen relevanten Unterschied zwischen dem Warhammer-Orks-auf-der-Erde Beispiel und dem Kopf-Explodiert-Wegen-Pistolenkugel-Beispiel.

Der SL der in NormalBoringLife(tm) auf der Erde Warhammer-Orks einführt, will zu keinem Zeitpunkt das plötzliche erscheinen von WarhammerOrks auf der Erde als Gesetzmässig erklären. Welche NormalBoringLife Gruppe würde denn bitte sowas schwachsinnigem zustimmen? Es ist ein bewusst so absurdes Beispiel, weil es soll zeigen dass scheinbare Interaktionen mit dem SIS tatsächlich Metagaming sind. Es ist ein (ungeschickter?) Wink mit dem Zaunpfahl des SL, dass die Kosmetikfachverkäuferin sich doch bitte in ihr Kosmetikfachgeschäft zurückbegeben soll, und den Gartenzubehörladenregalwiederauffüller Jonas nicht weiter zu stalken. Der SL will nicht das erscheinen von Warhammer-Orks in den Gesetzesraum SIS der NormalBoringLife-Runde einführen, das ist quasi ein Witz. Ich dachte, das sei klar.

Wenn jemand allerdings argumentiert dass Köpfe durch Pistolenschüsse explodieren können, dann kann das mehrere Erklärungen haben. Z.b. könnte man sich in einem Sci-Fi-setting befinden, in dem eine Pistolenkugel durchaus die notwendigen >20'000 Joule übertragen könnte, um einen bis zur Unidentifizierbarkeit explodierenden Kopf zu bewerkstelligen. Elektromagnetisch auf relativistische Geschwindigkeit beschleunigte Antimaterie-Explosivgeschosse oder wasweissich. Alternativ kann sich der SL auch schlichtweg irren, darüber was (in meiner Amateurballistikermeinung) eine normale 9mm Stahlmantel-Bleikugel (Standardgegenwartsgeschoss für Pistolen) mit einem menschlichen Schädel anrichtet.

Im Warhammerorkbeispiel wird nicht versucht, die Gesetzmässigkeit des geschehens zu verteidigen. Es ist nicht gesetzmässig. "Nein, die Orks sind nicht aufgetaucht, da war aber einfachwas in deinem Kaffee und du bist sofort zurück in deinen Laden gerannt um Francesco zu treffen" oder andere Rationalisierungen. Das könnte eine Regel sein: Das auftauchen von Orks in NBL(tm) tritt im SIS nicht wirklich ein, sondern soll als Meta-Ebene-Hinweis des SL dienen.

Was schlussendlich aber Gesetzmässig für ihren SIS ist, muss die Gruppe für sich entscheiden. Will eine Gruppe NBL(tm) spielen in dem Orks explodieren oder Pistolenschüsse Köpfe explodieren lassen, kann sie das tun.

(Man beachte den kleinen aber feinen Unterschied zwischen Gesetzmässigkeit einer SL-Aktion und dem Gesetz an sich.)

Sagt der Gruppenvertrag, dass der SL simulationistisch-motiviert Ereignis fällen soll, dann hast du Recht.
Dann lautet der Vorwurf, dass er es nur gemacht hat, weil er die Story verfolgt. Und die Entschuldigung wäre, dass er es nur gemacht hat, weil er explodierende Köpfe für realistisch hält.

Sagt der Gruppenvertrag jedoch, dass der SL story-motiviert Ereignisse fällen soll, dann hast du Unrecht:
Dann lautet der Vorwurf, dass er es nur gemacht hat, weil er ein Realismus-Fanatiker ist und dass ihm die Story völlig egal sei. Und die Entschuldigung wäre, dass er es nur gemacht hat, weil er eine unidentifizierte Leiche für einen interessanten Story-Hook hält.
Ich habe ehrlich keine Ahnung was "Story-Motiviert" heissen soll. Das ist nicht dein Fehler, "Narrativismus" verstehe ich auch nicht und ich glaube auch, niemand anderes auf dem Forum tut das. Ich habe mir schon längst vorgenommen bei der nächsten Con bei einer Runde mitzumachen, welche sich als Narrativistisch bezeichnet, um mehr darüber zu erfahren. Item.

Ja, das heisst ich kann wirklich nicht auf diesen Einwand eingehen, solange du dich nicht für fähig hältst, mir zu erklären was "Story-Motiviert" heissen soll, bzw. (wichtiger) Anti-Story-motiviert. Menschen spielen P&P, und Menschen stehen auf Story. Was die Leute idR ablehnen ist aber, wenn sich die (Natur)gesetze laufend ändern, um die Story voranzubringen. Das ist nicht P&P spezifisch, das ist was die Leute am Ass Pull (http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/AssPull) und der Deus Ex Machina (http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/DeusExMachina) bei traditionellen Medien wie Filmen, Büchern, Serien usw stören. Stories müssen in einer kohärenten Welt sein, d.h. sinnigen Gesetze befolgen. Stories können ungewöhnliche Gesetze einführen während der Exposition, aber nicht später. Ohne kohärentes Gesetze-befolgen hat man keine gute Story.

(Ich benutze hier Gesetze analog zu meiner Definition für P&P - Gesetze sind, was entscheidet, wie die fiktionale Welt intern abläuft)

Den "Gruppenvertrag" könnte man an der Stelle übrigens als die Summe von Gesetzen und Regeln (von mir aus auch mit der 3. Sache vom andern Typen) definieren, welche von keinem Mitglied bestritten wird. Neue Gesetze / Regeln werden vorgeschlagen und dann angenommen oder abgelehnt, im Konsensprinzip oder "der SL ist der klügste" oder wie auch immer (an sich nicht relevant)

(Edit)Übrigens: Gesetze genauso wie Regeln können "gut" oder "schlecht" sein. Nehmen wir das A-Team und machen daraus ein P&P-RPG. A-Team-Feuergefechts-Gesetz (http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/ATeamFiring): Obwohl alle rumballern, trifft niemals irgendwer irgendwen. Was tut der Murdoch-Spieler während des Feuergefechts also? Er rennt in Frauenkleidern mitten aufs Schlachtfeld und tanzt den Macarena. Nur um zu demonstrieren, wie bescheuert das Gesetz ist (Warum ballern die wenn sie nicht merken dass niemals jemand getroffen wird?) Schlechte Gesetze sind schlecht. Aber das ist für die Diskussion hier völlig unerheblich, denn schlussendlich kann die Spielrunde entscheiden was für Gesetze (und Regeln) gut bzw. schlecht sind, und sie benutzen wollen um damit Kühle Abenteuergeschichten zu erleben/schreiben.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 24.04.2010 | 08:02
Ich, für meinen Teil, bleibe bei dem Begriff Entwertung, und folgender Definition: 

Eine Entwertung eines Spiels liegt dann vor, wenn ich durch mein Handeln oder Unterlassen mich selbst oder einen anderen Spieler seiner Einflussmöglichkeiten und Konsequenzen beraube oder diese einschränke, weil ich meine Wünsche für den Spielverlauf gegenüber denen der anderen Spieler als höherwertig erachte. Und das ungeachtet der Methode, die ich anwende: Schummeln, Regelfuchserei, Eisenbahnschienen sind letztendlich alles Seiten einer Medaille.

 
 
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 24.04.2010 | 08:28
So, da ist ja wieder eine Menge zusammengekommen. Herzlichen Dank! Ich mache mich mal daran, das Gesagte einzubauen, wenns recht ist. Vermutlich bringen uns die Regeln tatsächlich nicht weiter. Das ist ein Fass ohne Boden. Hatte die Vermutung schon bei der Änderung und bin jetzt überzeugt davon.

Habe die Definition nun (hoffentlich final) geändert in:

Definition:

Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen eines anderen Spielers einschränken.


Und um den RAW Rechnung zu tragen, gibt es bei den Anmerkungen zum Gruppenvertrag nun folgende Erläuterung:
Zitat
Noch einige Worte im Hinblick auf den Gruppenvertrag: selbst in Gruppen, die sich übereinstimmend auf die Möglichkeit von Eingriffen in Spielerentscheidungen auch über Rules As Written (RAW) hinaus geeinigt haben, kann es vorkommen, dass Eingriffe dennoch nicht legitimiert sind. Das ist mutmaßlich besonders ausgeprägt bei impliziten Gruppenverträgen. Denn nicht nur die Existenz, sondern auch Quantität, Qualität und etwaige Einschränkungen der möglichen Eingriffe über RAW hinaus sind im Gruppenvertrag zu regeln. Dazu jeweils kurz: die Quantität entspricht der Zahl der Eingriffe in Spielerentscheidungen, die Qualität der Heftigkeit pro Eingriff in Spielerentscheidungen und unter Einschränkungen verstehe ich etwaige Ausnahmen im Gruppenvertrag, welche Spezialfälle regeln, in denen eingegriffen darf oder eben nicht (z.B. Regeleingriffe NICHT im Kampf und insbesondere kein Würfeldrehen bei kritischen Treffern). Ansonsten sind Hausregeln selbstverständlich Teil der RAW.


Damit bin ich nun vorerst einigermaßen zufrieden und glaube, dass wir uns die wenigsten Backpfeifen und Probleme einhandeln, gleichzeitig aber offen genug für weitere Differenzierungen und Betrachtungen sind. Man wird es selbstredend nie allen Beteiligten und Beitragenden recht machen können. Ich hoffe insofern, dass Ihr mir diese Setzung verzeiht, so Ihr sie nicht mittragen wollt oder könnt.

Ich persönlich bin der Meinung, dass Regelkonformität das Problem nicht trifft. Das Fehlen der Möglichkeit, sich innerhalb der Regeln gegen die Einschränkung zu wehren, trifft es meines Erachtens genauer.
Klingt nicht schlecht. Ich wüsste aber nicht, wie man das elegant einbauen könnte. Mach mal einen Vorschlag! Sonst musst Du mit meinem Quatsch leben  ;D

Eine Entwertung von Entscheidungen durch den SL ist in der Regel etwas anderes als durch die Mitspieler. Der SL besitzt in der Regel unbegrenzte Ressourcen und eine den Spielern übergeordnete Entscheidungsgewalt.
Die Unterscheidung hatte ich ursprünglich drin, habe dann aber darauf verzichtet, weil das Argument aufkam, dass SL-Eingriffe erstens erheblich häufiger vorkommen und zweitens üblicher Weise folgenreicher sind. Die wenigen Spielereingriffe kann man demgegenüber tendentiell ignorieren. Leuchtete mir ein.

Ich glaube aber, dass deine analytische Methodik fehlerhaft ist. Intention z.B. darf IMHO kein Kriterium bei der wertneutralen Klassifikation einer Handlung sein.
Erklär das mal einem Juristen. Schon mal was von Vorsatz gehört? Von Psychologen oder Literaturwissenschaftlern mal ganz zu schweigen.

Ideen zum "Warum":
Alles klar, danke! Ist vorgemerkt für den kommenden Bereich der Erklärungen  ;D

Kleine Anmerkung: ob eine definition kompliziert ist oder nicht ist vollkommen unerheblich.
Sparsamkeit war schon immer ein (pragmatisches) Kriterium wissenschaftlicher Theorien. Deinen Definitionsansatz finde ich ansonsten ziemlich gut. Allerdings beinhaltet der bereits einen Bruch des Gruppenvertrages und das würde ich aus diversen Gründen lieber draußen lassen.

Eine Entwertung eines Spiels liegt dann vor, wenn ich durch mein Handeln oder Unterlassen mich selbst oder einen anderen Spieler seiner Einflussmöglichkeiten und Konsequenzen beraube oder diese einschränke, weil ich meine Wünsche für den Spielverlauf gegenüber denen der anderen Spieler als höherwertig erachte. Und das ungeachtet der Methode, die ich anwende: Schummeln, Regelfuchserei, Eisenbahnschienen sind letztendlich alles Seiten einer Medaille.
Danke! Finde den Hinweis, dass Schummeln und Regelfuchserei Seiten einer Medaille sind, ziemlich wertvoll. Hätte nicht gedacht, dass Du das so siehst. Nach Deiner Definition entwertet aber jeder vom SL nach RAW festgestellte Fehlschlag das Handeln des Spielers. Das müsste man für mein Empfinden noch korrigieren. Außerdem halte ich einen wertenden Begriff wie "Entwertung" direkt in der Definition momentan für verfrüht. Das mag sich aber abhängig vom Verlauf der Diskussion auch wieder ändern.

Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Beral am 24.04.2010 | 11:44
Definition:

Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen eines anderen Spielers einschränken.

Puh... wenn ich mit meinem Charakter den Charakter eines Spielers festhalte, damit irgendwer fliehen kann, ist es nach dieser Definition ein Eingriff. Um solche Sachen kann es aber eigentlich nicht gehen oder? Ich meine, wir schränken die Handlungsoptionen der Mitspieler mit jeder eigenen Handlung ein. Wenn wir vereinbaren, den Gegner einzukreisen und ich laufe schon mal links herum, hat mein Mitspieler nur noch rechts zur Auswahl... Eingriff! ;)

Die vorherige Definition hat mir besser gefallen. Wie seht ihr das?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Joerg.D am 24.04.2010 | 11:51
Definition:

Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen eines anderen Spielers einschränken.

Ich sehe in der Definition einen ganz gewaltigen Fehler:

Ein Eingriff zerstört einen bestehenden Wert, also im Falle einer Kinokarte wird diese entwertet oder im Sinne des Rollenspiel wird eine getroffene Entscheidung (sei es im Sinne des Charakters oder im Sinne eines Würfelwurfes) von jemanden ihres Wertes beraubt. Deine Definition geht aber in Richtung Zukunft, die Entscheidung wird entwertet werden oder es werden zukünftige Optionen eingeschränkt.

Eingriffe in Spielerentscheidungen sind etwas akutes und nichts, was in der Zukunft stattfindet (auch wenn die Auswirkung erst in der Zukunft greifen sollten). Wenn man durch Eingriffe in die Spielwelt mögliche Handlungsoptionen einschränkt ist es noch kein Railroading, solange sie sich innerhalb der Regeln (sein sie nun sozial oder mechanisch) bewegen.

Ich versuche mal einen Gegenvorschlag:

Zitat
1. Beschreibung des Phänomens: Was ist ein Eingriff in Spielerentscheidungen und unter welchen Umständen tritt er auf?

Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) absichtlich Entscheidungen eines anderen Spielers entwerten. Dabei ist es egal ob es Entscheidungen im Sinne des Charakters oder der Mechanik sind.

Zitat
2. Erklärung des Phänomens: Warum wird überhaupt in Spielerentscheidungen eingegriffen? Gibt es systematische Ursachen dafür? Wenn ja: welche der Ursachen stehen mit welchen Begleitumständen in welchem Verhältnis?

Gründe für das Eingreifen in Spielerentscheidungen sind meist die versuchte Manipulation der Handlungsmöglichkeiten oder Handlung im Sinnes eines gewünschten Plot. Der Eingriff findet in der Regel statt, weil die eingreifenden Spieler (inklusive SL) mit den sich abzeichnenden Folgehandlungen nicht einverstanden sind. Die Ursache für einen solchen Eingriff liegt in der Regel in einer Überbewertung des eigenen Wunsches nach einer bestimmten Handlung oder der Unfähigkeit sich mit neuen Situationen auseinander zu setzen und diese an die Entscheidungen der anderen Spieler anzupassen.

Zitat
3. Vorhersage und Veränderung des Phänomens: Abhängig von den Umständen und Ursachen der Eingriffe in Spielerentscheidungen sollen hier Ansätze und Strategien geliefert werden, welche eine Vorhersage/Veränderung des Verhaltens von Individuen und/oder Gruppen mit dem Ziel ermöglichen, das Rollenspielerlebnis in den Augen der Beteiligten zu verbessern.

Um eine nachhaltige Veränderung im Spielverhalten der eingreifenden Spieler (inklusive SL) zu erzeugen, müssen diese verstehen, das Veränderungen in möglichen Handlungsabläufen keine Entwertung ihres kreativen Prozesses oder ihrer Persönlichkeit sind, sondern ihnen die Möglichkeit geben zusammen mit ihren Mitspielern gemeinsam etwas zu erspielen/erschaffen. Wenn alle Spieler (inklusive SL) sich darauf einlassen, dass sie gemeinsam eine Geschichte gestalten, statt eine von einzelenen Spielern (inklusive SL) favorisierte Handlung nachzuspielen, entwickeln individuelle Entscheidungen das Potential ein kreatives Gemeinschaftserlebnis zu erschaffen.



Oder: Gemeinsam können alle mehr Spaß miteinander haben und tollere Geschichten erleben, die für alle Mitspieler (inklusive SL) einen überraschenden Ausgang haben.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: DasTaschentuch am 24.04.2010 | 12:05
Puh... wenn ich mit meinem Charakter den Charakter eines Spielers festhalte, damit irgendwer fliehen kann, ist es nach dieser Definition ein Eingriff. Um solche Sachen kann es aber eigentlich nicht gehen oder?

Eine Definition soll nur Begriffe für alle zweifelsfrei Festlegen. Was wir dann für Folgerungen und Aussagen daraus ableiten ist eine andere Sache.
Einen Chara festzuhalten ist nach Definition und auch nach meinem Verständnis ein Eingriff in dessen Entscheidungsbereich.
Und daß das Spiel an sich aus sehr vielen Eingriffen besteht is doch schonmal eine Erkentnis.
Jetzt kannst du dran gehen und SL Eingriffe, gewollte oder entshuldbare Eingriffe zu definieren etc. Oder zu analysieren wie Eingriffe zu Charakterinteraktion oder Story beitragen.

Ohne feste Definition der Begriffe reden alle nur aneinander vorbei wie das Reizwort Railroading ja schön zeigt. Dann haben wir hier 10 Seiten Diskussion über Eingriff und da jeder seine eigene Definition im Hinterkopf hat ist das Ergebnis dann zum großteil unbrauchbar.

Zumindest hab ich den OP so verstanden,daß hier ernsthaft über Grundlagen diskutiert werden soll. Da muß man erst mal kleine Brötchen backen. Hat man erstmal ein Fundament an wohldefinierten Wörten kann man mit der eigentlichen Diskussion anfangen.

Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: DasTaschentuch am 24.04.2010 | 12:15
Ich sehe in der Definition einen ganz gewaltigen Fehler:

Ein Eingriff zerstört einen bestehenden Wert, also im Falle einer Kinokarte wird diese entwertet oder im Sinne des Rollenspiel wird eine getroffene Entscheidung (sei es im Sinne des Charakters oder im Sinne eines Würfelwurfes) von jemanden ihres Wertes beraubt.

Deine Meinung. Für dich sind Eingriff und Entwertung gleichwertig,ich vermute du empfindest Eingriffe per se als negativ.
Für mich sind Eingriff und Entwertung 2 unterschiedliche Konzepte. Ein Eingriff kann entwertend sein muß aber nicht.

Man kann dem Spieler doch eien Option wegnehmen ohne daß er es als wertverlust empfindet.

Bsp:
SL: Die Stadt Al Anfa wird von einem Kometen zerstört (damit wird dem Spieler die Handlunsoption genommen in Al Anfa zu agieren)
Spieler: Juhu,konnte die Säcke da eh nie leiden und muß jetzt dem Sklavenhändler nicht mehr die Schulden bezahlen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Beral am 24.04.2010 | 12:41
Mir ist schon klar, dass wir hier an den Grundlagen arbeiten und ergebnisoffen an die Sache herantreten. Ich finde den Vorstoß auch super.

Aber mit der neuen Definition haben wir jede Handlung in die Definition aufgenommen. Prinzipiell spricht natürlich nichts dagegen, aber damit machen wir uns das Unterfangen sehr happig. Vielleicht macht es sogar Sinn, alle Handlungen grundlegend zu klassifizieren? Hm, am Ende läuft es auf das hinaus, was eigentlich vermieden werden sollte, nämlich die Einbeziehung des Gruppenvertrags und der expliziten und impliziten Regeln als seiner Komponenten.

Naja, ich warte mal ab, was TAFKAKB dazu sagt. Er hat momentan den besseren Überblick.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Fredi der Elch am 24.04.2010 | 13:45
Wollte nur kurz meine Begeisterung dafür zum Ausdruck zu bringen, wie konstruktiv und nah am Punkt hier diskutiert wird. Kein Spam, keine kleinteiligen Definitionskriege, kein Gezicke. DANKE!!!
Hm, dann ist es wohl an der Zeit für den Elch, hier mal etwas Schwung in die Diskussion zu bringen... ;D

Aber mal im Ernst: ich denke, dass der Großteil der Diskussion schon viel zu tief in irgendwelchen unreflektierten Grundannahmen feststeckt und deswegen in die völlig falsche Richtung führt. Ich werde mal versuchen, den Schritt zurück zu gehen, um die wirklichen Knackpunkte rauszuarbeiten, um die sich die Überlegungen hier kümmern sollten und ein paar der aus meiner Sicht guten Ansätze aus vorherigen Beiträgen aufzugreifen.

Erst mal die momentane Definition:
Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen eines anderen Spielers einschränken.
Hier gibt es ein großes Problem: jede Spielerentscheidung im Rollenspiel ist eine absichtsvolle Einschränkung der Handlungsoptionen der anderen Spieler.

Zur Erläuterung mal den Schritt zurück (und zur Forge): Rollenspielen ist ein kreativer Prozess, der darin besteht, dass die Spieler eigene Ideen in den SIS einbringen und sie dort (und auf dem Weg dahin) mit den Ideen der anderen Spieler interagieren lassen. Jeder kreative Input eines Spielers in den SIS verändert immer die Möglichkeiten, die den anderen Spielern für ihren kreativen Input in den SIS bleiben.

Beispiel: Wenn der SL sagt: "Vor euch öffnet sich ein Raum - leer bis auf eine Truhe in der Mitte", dann fallen alle Handlungsoptionen weg, die mit einem Gang, einem Wald und einem Raumschiff zu tun haben. Es bleiben den Spielern Optionen, die sich auf den Raum und die Truhe beziehen. Wenn jetzt ein Spieler sagt: "Ich zaubere einen Truhe-Öffnen-Zauber" und die Truhe sich dadurch öffnet, dann nimmt er ggf. einem anderen Spieler die Option, die Truhe per Diebeswerkzeug zu öffnen. Gleichzeitig sind nun Interaktionen mit der offenen Truhe möglich ("Ich schauen rein!").

Um diesen Fall kann es also nicht gehen (weswegen die Definition IMO nichts taugt). Worum es wirklich geht, ist doch folgendes Phänomen:
In sehr vielen Fällen wird der kreative Input eines Spielers nicht oder nur modifiziert in den SIS übernommen. Im Normalfall wird dies als natürliche Spielinteraktion wahrgenommen - der ganz normale Vorgang des "Rollenspielens" eben. Manchmal wird jetzt aber die Zurückweisung oder Modifikation des Inputs als unangemessen oder ungerechtfertigt wahrgenommen. Und die Frage ist nun: wann und wie kommt es dazu? Wenn man sich auf diese Frage konzentrieren würde, hätte man evtl. eine Chance, in diesem Thread auch weiterzukommen. Horatio hat das im Ansatz schon mal angesprochen:
Habe ich als Spieler einen Anspruch darauf, dass alle meine Beiträge angemessen berücksichtigt werden und wo beginnt in diesem Zusammenhang die Entwertung?
Aus meiner Sicht war das noch etwas ungenau.

Die Frage sollte also sein: Wann und warum wird die Zurückweisung oder Modifikation des kreativen Inputs eines Spielers als unangemessen wahrgenommen und wann nicht?

Dazu muss man mehrere Punkt berücksichtigen: Das System (und ich meine ganz explizit Lumpley!) ist dabei sicher das wichtigste. Hier sind im Thread schon einige Ansätze gekommen, aber leider nicht weiterverfolgt worden:
Ich kann leider auch nur Brocken liefern und hoffe, dass das nicht dazu führt, dass sich die Diskussion in Details verliert
Das erste was man sich wohl klar machen muss ist was der Spieler überhaupt entscheiden darf. Das ist sicherlich von System zu System und insbesondere von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich.
Hir wird explizit die "Systemfrage" gestellt, die die Basis für alle weiteren Überlegungen bildet (und "Spieler" schließt hier aus meiner Sicht auch den SL mit ein).

Erst wenn er als Spieler sich gegen jeden Ansatz wehrt, der ihn plausibel ins Flugzeug bringen könnte und man zwingt seinen Charakter dennoch an Bord, wird seine Entscheidung entwertet. Hier ist meine momentane Vorstellung allerdings, dass eine Entscheidung nicht entwertet wurde, weil ihm hier gar keine Entscheidungsfreiheit zustand, da er das Spiel nicht unmöglich machen oder behindern darf.
Auch hier wird das implizit die Frage gestellt, was der Spieler nach System überhaupt entscheiden darf.

Eingriff klingt außerdem so, als wäre es eine rein aktive Geschichte. Oft wird eine Spielerentscheidung gerade dadurch entwertet, das ihre Konsequenzen einfach nicht in den weiteren Verlauf einbezogen werden oder sie sogar schlichtweg ignoriert wird.
Auch die Frage ist wichtig, da auch das Nicht-Aufgreifen von kreativem Input (also seine Marginalisierung im SIS) einer De-Fakto-Zurückweisung entsprechen kann.


Das nur mal so als erste Idee, worum man sich bei dem Thema wirklich kümmern sollte. Der Schritt zurück ist aus meiner Sicht dringend nötig, sonst werdet ihr hier nicht wirklich weiter kommen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dab am 24.04.2010 | 18:21
Ich stimme Fredi zu. Ich glaube es ist möglich, zu argumentieren, dass ein jeder Eingriff in den SIS Einfluss hat auf die Handlungsoptionen der Spieler.

(auch: von "Zahl" zu sprechen, also "Anzahl der Handlungsoptionen" ist nicht sinnvoll, glaube ich)
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Joerg.D am 24.04.2010 | 18:32
Ich glaube das Problem ist, das sich TAFKAKB bewust von der Theorie im Sinne der Forge distanzieren will und dein Ansatz (egal für wie gut ich ihn auch halte) wenig Anklang finden wird.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Tele-Chinese am 24.04.2010 | 19:07
Es sei mal dahin gestellt wie sinnvoll/unsinnvoll das Forgevokabular ist. Fredis Rückschritt ist auf jedenfall ein guter Einwand. Ich denke auch, dass man sich dem Phänomen der Bewertung von Spielerentscheidungen eher vom SIS nähern sollte.
Darüber hinaus ist mir nicht klar wieso ein verhaltenswissenschaftlicher Ansatz gewählt wurde? Was ist der Vorteil dieses Vorgehens, was unterscheidet ihn von anderen Ansatzen? Welche Phänomene können damit beschrieben werden? Kurz: Wo ist der Mehrwert, der analytische Vorteil, wie die Reichweite dieses Vorgehens?

Momentan ist mir noch nicht ganz klar worauf Beatboys Ansatz hinauslaufen soll. Klar ist, es soll ein Vokabular zur Beschreibung von Phänomenen geschaffen werden, was sich löst von dem der Forge - und entsprechend weniger "aufgeladen" ist.
Erinnert ein wenig an Heideggers Sein und Zeit. Aber das hat der gute Mann ja auch nie zu Ende gebracht. Hoffen wir, dass der Beatboy nicht ebenso verfährt.

Was sich mir als Laien noch nicht erschließt, ist warum der Zugang über Eingriffe in Spielerentscheidungen gewählt wurde. Ok, der Thread heißt "Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen". Aber was bringt mir das genau? Dafür bewege ich mich nicht genug in der Materie (des Railroadens) und eventuell wäre da ein klärender Absatz in deinem Original Thread, Beatboy, angebracht. Was ich zumindest herausgelesen habe ist, dass wohl Threads über Railroading und das Unvermögen der Forge, dieses Phänomen (welches eigentlich genau?!) zu beschreiben der Anlass gewesen sind.
Trotzdem erschließt sich mir die roblematik des Phänomens noch nicht. Dankbar wäre ich für einen Link zu einem der Railroad-Threads oder einer Erklärung.
 
Manchmal ist ein Eingriff in eine Spielerentscheidung gut - sogar produktiv - wenn z. B. der SL in einem Detektivabenteuer die Spieler von einer falschen Spur abbringt. SL: "Nein das Blut stammt nicht von einem Menschen - es ist blau". S: "Ah, ok dann ist der fiese Mensch Hans-Wurst nicht der Mörder". Die Spieler sind der Lösung des Rätsel auf der Spur und einen Schritt weiter und verfolgen nicht mehr "Hans-Wurst" als möglichen Mörder.
In nem anderen Fall kann dieser Eingriff negativ bewertet werden. Aber wer bewertet das? Der SL? Der Spieler? Die Gruppe? Per Mehrheitsentscheid, oder doch eher aufgrund von... ja was genau eigentlich?

Auch kann ein Eingriff, der entgegen dem Gruppenvertrag geschieht, positiv bewertet werden, obwohl er "illegitim" ist. Eben weil er die Spieler z. B. weiterbringt (in der Geschichte, im subjektiv erlebten Spass, etc.)

Abschließend muss ich festhalten, dass mir hier die klärenden Grundlagen fehlen. Es erschließt sich einem "Nicht-Eingeweihten" nicht nach Lektüre des Original-Threads. Auch fehlt mir bisher die Transparenz warum dieses Vorgehen, mit genau diesem Zugang über Entwertungen der Spielerentscheidungen gewählt wurde. Und die Selbstverständlichkeit der Problematik, die ihr bereits angenommen abt, erschließt sich mir auch nicht. Bisher stehe ich etwas ratlos da, aber vielleicht hab ich auch einfach nur die falschen Threads gelesen (ich meide die Railroad-Threads immer).

Wäre schön, wenn ihr bzw. du Beatboy das berücksichtigen könntet. eht mich als fachfremden, der keine Ahnung hat und verstehen will. Die Hürden die ich oben versucht habe zu bechreiben könnn helfen, den Thread klarer auszugestalten.

Gruß
Toast
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Eulenspiegel am 24.04.2010 | 19:17
Die Frage sollte also sein: Wann und warum wird die Zurückweisung oder Modifikation des kreativen Inputs eines Spielers als unangemessen wahrgenommen und wann nicht?
Darauf gibt es imho vier Antworten:
1) Es kommt auf die Quantität an: Jede Stunde eine Zurückweisung, werden die wenigstens als unangemessen empfinden.
Alle paar Minuten eine Zurückweisung werden dagegen die meisten als unangemessen empfinden.

Wobei es halt auch darauf ankommt, wieviel kreativen Input ein Spieler liefert:
Wenn ein Spieler 20 kreative Inputs pro Minute liefert, wird er es nicht als besonders schlimm empfinden, wenn man 1 kreativen Input pro Minute zurückweist. (Das wäre quasi eine Zurückweisungsquote von 5%.)

Wenn man dagegen einen schüchternen Spieler hat oder die Struktur des ABs oder des Regelwerks es einem nur erlaubt, einen kreativen Input pro Stunde zu geben, dann würde man wahrscheinlich sogar eine Zurückweisung alle 2 Stunden als unangemessen empfinden. (Das wäre eine Rückweisungsquote von 50%.)

2) Es kommt darauf an, ob die Zurückweisung offen oder heimlich passiert.
Ein "Ja, tut mir Leid, dass ich deine Entscheidung zurückgewiesen habe." kommt zwar nicht unbedingt gut an, aber um Längen besser, als wenn der Zurückweisende die Zurückweisung leugnet.

3) Es kommt darauf an, warum die Zurückweisung passiert und ob der Zurückgewiesene den Grund nachvollziehen und auch für wichtig erachtet.
Zum Beispiel:
"Ich ziehe deinen kreativen Input zurück, weil ich ihn für unrealistisch halte." wird eher akzeptiert, wenn dem Zurückgewiesenen Realismus auch wichtig ist und er nach einer kurzen Erklärung einsieht, warum sein Input unrealistisch ist. Wenn ihm Realismus jedoch egal ist, wird er die Begründung für die Zurückweisung (und damit auch die Zurückweisung selber) nicht akzeptieren.

Oder:
"Ich ziehe deinen kreativen Input zurück, weil ich ihn für schädlich für die Story halte." wird eher akzeptiert, wenn dem Zurückgewiesenen die Story auch wichtig ist und er er nach einer kurzen Erklärung versteht, wieso sein kreativer Input der Story schadet.

4) Der Bereich, in dem zurückgewiesen wurde. Wenn vorher abgemacht wurde, dass Spieler 1 in Bereich A kreativen Input stecken darf und Spieler 2 dafür Bereich B die Hoheit hat, dann wird eine Zurückweisung eher akzeptiert, wenn man versucht hat, in einem fremden Bereich zu wildern. Dagegen wird die Zurückweisung überhaupt nicht akzeptiert, wenn man den kreativen Input im eigenen Bereich getätigt hat.

Beispiel:
Spieler 1: "Ich zeige deinem SC ein paar Bilder, so dass dieser vor Scham rot anläuft."
Spieler 2: "Ganz sicher nicht. Das ist mein SC und der läuft nicht so schnell rot an."
Spieler 1: "OK, es ist dein Char." *akzeptiert Zurückweisung*

Spieler 1: "Ich gehe dann alleine in den dunklen Wald."
Spieler 2: "Das glaube ich nciht. Der Wald ist düster und dein Char hätte Angst, alleine in einem so gefährlichen Wald zu sein."
Spieler 1: "Hey, das ist mein Char. Ich entscheide immer noch selber, wovor er Angst hat und wovor nicht." *akzeptiert Zurückweisung nicht*

Das sind imho die vier Gründe, warum Zurückweisungen als unangemessen empfunden werden.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dab am 24.04.2010 | 19:46
Spieler 1: "Ich gehe dann alleine in den dunklen Wald."
Spieler 2: "Das glaube ich nciht. Der Wald ist düster und dein Char hätte Angst, alleine in einem so gefährlichen Wald zu sein."
Spieler 1: "Hey, das ist mein Char. Ich entscheide immer noch selber, wovor er Angst hat und wovor nicht." *akzeptiert Zurückweisung nicht*
Hat hier nicht Spieler1 den kreativen Input von Spieler2 zurückgewiesen?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Crimson King am 24.04.2010 | 20:23
Ich habe jetzt nicht alles gelesen. Bei einigen stehen Aufwand und Nutzen der Posts in einem krassen Ungleichgewicht.

Definition:

Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen eines anderen Spielers einschränken.


Ich probiere mal, zwei mir wichtige Aspekte mit einzubauen. Dass die Definition, wie sie ist, nix taugt, weil sehr viele "gute" Aktionen absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen der Mitspieler einschränken, hat Fredi gut dargelegt.

Wenn man die Sache rum dreht und nicht versucht, vom Handelnden aus zu beschreiben, sondern vom Wahrnehmenden, kommt man der Sache vielleicht näher.


Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Mitspieler absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen einschränken, ohne dabei dem Eingeschränkten eine Möglichkeit zu geben, sich sinnvoll gegen die Einschränkung zur Wehr zu setzen. Es liegt kein Eingriff vor, wenn die Befugnis zur Einschränkung regelkonformes Resultat einer gewonnen Konfliktauflösung ist.


Damit deckt man auch so ziemlich jedes Forge-Spiel mit ab.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Fredi der Elch am 24.04.2010 | 21:34

Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Mitspieler absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen einschränken, ohne dabei dem Eingeschränkten eine Möglichkeit zu geben, sich sinnvoll gegen die Einschränkung zur Wehr zu setzen. Es liegt kein Eingriff vor, wenn die Befugnis zur Einschränkung regelkonformes Resultat einer gewonnen Konfliktauflösung ist.

Auch das schließt viele "normale" Aktionen mit ein. Wenn der SL beschreibt, dass eine Grube den Weg zur Schatztruhe blockiert, dann sind die Optionen des Spielers eingeschränkt, er kann sich nicht gegen die Einschränkung wehren und das Resultat eines gewonnenen Konflikts ist es auch nicht. Und dennoch wird die Beschreibung üblicherweise nicht für problematisch gehalten.

Was ich also eigentlich sagen wollte: der gesamt Ansatz, "Eingriffe in die Spielerentscheidungen" definieren zu wollen, ist völlig daneben. In der Richtung geht es nicht weiter. Die Einzige Möglichkeit ist es, das Phänomen zu untersuchen, warum das Nicht-Annehmen von Input manchmal zu "Bad Feelings" (z.B. dem Gefühl von Railroading) führt. Die Gesamten Definitionen setzen völlig an der falschen Stelle an.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Crimson King am 24.04.2010 | 21:37
Auch das schließt viele "normale" Aktionen mit ein. Wenn der SL beschreibt, dass eine Grube den Weg zur Schatztruhe blockiert, dann sind die Optionen des Spielers eingeschränkt, er kann sich nicht gegen die Einschränkung wehren

Wenn die Grube nicht unüberwindbar ist, schon.

Das ist der Punkt daran. Der SL darf den Spielern realistisch lösbare Aufgaben in den Weg stellen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Fredi der Elch am 24.04.2010 | 21:45
Wenn die Grube nicht unüberwindbar ist, schon.
Nein. Er kann nicht einfach den Gang runtergehen. Diese Handlungsoption ist ihm genommen und er kann sich nicht dagegen wehren. Natürlich kann er immer noch an die Truhe kommen. Das ändert aber nichts daran, dass die Handlungsoption "Gang runtergehen" weg ist und er nichts dagegen tun kann.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dab am 24.04.2010 | 21:59
Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Mitspieler absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen einschränken, ohne dabei dem Eingeschränkten eine Möglichkeit zu geben, sich sinnvoll gegen die Einschränkung zur Wehr zu setzen. Es liegt kein Eingriff vor, wenn die Befugnis zur Einschränkung regelkonformes Resultat einer gewonnen Konfliktauflösung ist.
Das ganze hängt daran, was eine "sinnvolle" methode sich zu wehren ist (Metagaming z.B.?)

Situation: Die Spieler wollen in einen Dungeon einbrechen.
Der SL entscheidet, dass die massive Eingangstüre verschlossen ist, während die betreffenden Spieler keine Schlossknackerfertigkeiten (oder Werkzeug) besitzen. (edit: Ditto Grube)

Absichtsvoll wird die "Zahl" der Handlungsoptionen eingeschränkt ("Türe erfolgreich öffnen" ist nicht mehr drin) und der/die Mitspieler kann sich nicht sinnvoll gegen diese Einschränkung nicht sinnvoll zur Wehr setzen. Wird argumentiert, dass es die sinnvolle Möglichkeit gibt, sich Hilfe zu holen, sprich, einen Schlossknacker / Werkzeug zu besorgen, beachte man folgende Situation:

Die Spieler haben die Türe mit hilfe eines Schlossknackers geöffnet. Der Besitzer des Dungeons ist ein 15 Meter grosser Drache, und befindet sich unmittelbar hinter der Türe. Die niedrigstufigen Helden haben nicht die Chance eines Schneeballs in der Hölle, den platt zu machen. Ist die Einschränkung, den Dungeon nicht zu erforschen, Resultat einer fiktiven (nicht im SIS stattfindenden) regeltechnischen Konfliktauflösung, nämlich der Fiktion des Kampfs mit dem Drachen?

Sagen wir ja, dann wäre der 15m Drache kein "Eingriff in die Spielerentscheidung".
Sagen wir nein, dann könnte der Drache sofort über die SCs herfallen und töten. Dann wäre die Einschränkung, Tot zu sein, ebenfalls kein "Eingriff", denn sie ist Resultat einer regeltechnischen Konfliktauflösung.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Eulenspiegel am 24.04.2010 | 22:06
Wenn es "nur" um eine Definition geht, warum dann nicht einfach ganz kurz und simpel:

Ein negativer Eingriff in die Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn gilt:
"Die Handlungsmöglichkeiten des Spielers wurden eingeschränkt und es stört den Spieler oder die Handlungen des Spielers haben keine weiteren Auswirkungen und es stört den Spieler."

So, Definition fertig!
Man könnte sich jetzt noch anschauen, wann welchen Spieler was stört. Aber das wäre nicht mehr Teil der Definition.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dab am 24.04.2010 | 22:17
"Eingriffe in die Spielerentscheidung" ist ein irreführender und unhandlicher Begriff. Darf ich stattdessen "Schblürpf" benutzen?

Jeder Eingriff (Eingabe) in den SIS verändert grundsätzlich die Dimension der Handlungsfreiheit der SCs im SIS. Also trifft die Definition auf "Jemand tut etwas, das jemand anderen stört" zu. "Keine weiteren Auswirkungen" ist übrigens auch Wieselig, eher: dass nicht die erwünschte oder erwartete Auswirkung eintritt.

Weiter: Ich mag (wie schon gesagt) keine Definitionen bei denen die Gefühlslage von irgendwem eine Rolle spielt. Wenn es den Spieler stört, dass da eine Fallgrube ist, oder dass da eine verschlossene Tür ist, dann ist das "Schblürpf" laut dieser Definition. Aber "Schblürpf" wird dann völlig überflüssig als Definition von einem Konzept, da "Sachen die jemanden stören" die Sachlage bereits ausreichend beschreibt und Schblürpf unnötig wird.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: ErikErikson am 24.04.2010 | 22:20
Wie wärs mit einem dimensionalen Ansatz? Also die Stärke des Eingriffes beachten?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 25.04.2010 | 00:39
Habe heute und morgen kaum Zeit. Montag wieder. Hier nur schnell ein Gedankenstrom.

Also: Fredis Idee finde ich auch ausgezeichnet. Den Mann müssen wir fürs weitere Vorgehen verhaften ;D Das da:
Erst mal die momentane Definition:Hier gibt es ein großes Problem: jede Spielerentscheidung im Rollenspiel ist eine absichtsvolle Einschränkung der Handlungsoptionen der anderen Spieler.
war mir zwar klar, aber ich wollte die entscheidende Frage, nämlich die nach der Unangemessenheit, auf die nachfolgende Ebene verschieben. Das erscheint mir mittlerweile auch als unsinnig. Die Betonung des Systems (bestehend aus genutzten Originalregeln, Hausregeln und spezifischen Interpretationen) ist vermutlich vielversprechender. Danke für den Hinweis! Hab da schon was im Kopf und hoffe, dass das bis Montag eher reift als vergessen wird.

@ Jörg: Mir geht es keineswegs darum, die Forge zu umgehen. Da hast Du was in den falschen Hals bekommen. Die Forge besteht ja auch keineswegs aus einem Haufen hirnverbrannter Idioten und auch ich habe die Wahrheit mit Sicherheit nicht mit Löffeln gefressen. Aber, und das beantwortet vielleicht auch die Frage von Toastbrot, drei Dinge gehen mir bei Rollenspieldiskussionen auf die Nerven und die hoffe ich, mit diesem Versuch ein bisschen besser in den Griff zu bekommen. Ob das gelingt, vermag ich natürlich nicht zu sagen. Aber ein paar Ideen in die Runde geben, um Feedback bitten, Antworten sammeln und kommentieren, Ergebnisse aktualisieren und langsam fortschreiten klappt nach meinem Eindruck in diesem Thread bislang ausgesprochen gut. Außerdem finde ich es ziemlich spannend zu sehen, wie die Leute so über Rollenspiele nachdenken. Das macht mir Spaß. Sollte es also nix Greifbares geben, war die Zeit aus meiner Sicht keineswegs vergeudet. Aber: es gibt diese drei Dinge, die mich umtreiben und nach einer Lösung schreien. Hier:

1. Die Forge halte ich wie gesagt für äußerst verdienstvoll. Allerdings wurden deren Ergebnisse nach meinem Eindruck nicht nur extrem unsystematisch zusammengetragen, sondern auch bescheuert kommuniziert. Es nervt mich jedes mal wieder, mich mit dem Wust aus Konzepten auseinandersetzen zu müssen, wenn ich über Rollenspiele diskutieren möchte. Selbstverständlich hat die Forge viele tolle Ideen verfolgt und Zusammenhänge herausgearbeitet. Nur eine übergeordnete Systematik fehlt in vielen zentralen Bereichen aus meiner Sicht nahezu vollständig. Und vielleicht können wir da in aller Bescheidenheit ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringen. Leider bin ich von meinem Ausbildungshintergrund nicht auf eine Theorieentwicklung im hier notwendigen Sinne spezialisiert. Ich mache sonst kaum so ein tendentielles Graswurzelzeug wie das hier und stoße schnell an meine Grenzen. Deshalb bin ich auch so sehr auf Euren Input angewiesen. Alleine werde ich fast sicher scheitern. Aber das mit dem Austausch hat ja bislang ziemlich gut geklappt, finde ich. Das wäre also der Punkt "Forge". Deren Konzepte will ich keineswegs meiden, nur vielleicht in einem kleinen Ausschnitt (s.u.) etwas systematischer angehen, übersichtlicher und konsequenter sortieren sowie mit klareren Begrifflichkeiten bezeichnen. Das wär doch schon was!

2. Es hat sich bei vielen Leuten der Eindruck verfestigt, dass "Taktikspiel" und "Erzählspiel" erstens zwei relevante Kategorien und zweitens miteinander inkompatibel sind. Ich entlehne die Begrifflichkeiten dem guten Florian Berger. Der hat nämlich in seinem Schisma (http://nebelland.drei-rollenspiel.de/schisma.pdf) genau das einmal niedergeschrieben und ludologisch (wusste übrigens vorher gar nicht, dass solche Ansätze existieren) nachzuweisen versucht. Nun finde ich Florians Text zwar sehr verdienstvoll und ich übernehme gerne (zumindest vorerst) seine Unterscheidung von Taktikspiel und Erzählspiel. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob diese Spiele tatsächlich so grundunterschiedlich sind. Mir erscheint das im Gegenteil sogar als ziemlich unwahrscheinlich. Parallel werden damit verwandte Begrifflichkeiten wie "Railroading", "freies Spiel" und "Sandboxing" immer wieder und auch hier im Forum heftig diskutiert, so dass bei mir der feste Eindruck entstanden ist, dass es sich bei diesem Thema seit Jahren um eines der Kernthemen der Rollenspieldiskussionen handelt. Komischer Weise liegt aber in diesem Bereich außer einem großen Haufen Propaganda, Polemik und verbrannter Erde keinerlei substantielles Modell vor. Auch die Forge ist in diesem Sinne höchst spärlich. Insofern würde ich erstens gerne genauer ergründen, wie sich Taktikspiel und Erzählspiel denn nun genau unterscheiden, auf diesem Weg zweitens Florians These der Unterschiedlichkeit prüfen und drittens idealer Weise ein brauchbares Erklärungsmodell liefern, weshalb Leute welche Präferenzen ausbilden und was daraus folgt. Wenn sich dabei dann irgendwann auch noch die Ideen und Begriffe der Forge integrieren lassen, wäre das zusätzlich cool.

3. Gibt es erst einmal eine brauchbare Beschreibung und Erklärung, dann kann man daraus auch Tips und Tricks für den Spieltisch ableiten. Aber soweit sind wir ja noch lange nicht.

Also: bis Montag! Freue mich schon auf weitere Ideen und mache mir selbst auch Gedanken  :D
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: DasTaschentuch am 25.04.2010 | 02:48
So TAFKAKB das war jetzt sehr viel Text und es ist spät,deswegen bitte in einem(!) Satz: um was geht es dir?

Mach notfalls einen neuen Thread auf  um was es dir im Kern geht. Wenn ich richtig Verstanden hab ist diese Eingriffsgeschichte für dich nur ein Nebenaspekt eines anderen Theoriekriegsschauplatzes?

Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 25.04.2010 | 10:50
So TAFKAKB das war jetzt sehr viel Text und es ist spät,deswegen bitte in einem(!) Satz: um was geht es dir?

Mach notfalls einen neuen Thread auf  um was es dir im Kern geht. Wenn ich richtig Verstanden hab ist diese Eingriffsgeschichte für dich nur ein Nebenaspekt eines anderen Theoriekriegsschauplatzes?
Sind wir bei der Inquisition? Ungeachtet des Tonfalls der gewünschte Satz:

Ich möchte verstehen, wie und warum Eingriffe in Spielerentscheidungen stattfinden, die damit verbundenen Konsequenzen klären und etwaige Handlungsempfehlungen ableiten.

Andere Theoriekriegsschauplätze gibt es nach meinem Eindruck nur deshalb, weil diese Fragen nahezu komplett unbeantwortet sind.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Fredi der Elch am 25.04.2010 | 11:31
Ich möchte verstehen, wie und warum Eingriffe in Spielerentscheidungen stattfinden, die damit verbundenen Konsequenzen klären und etwaige Handlungsempfehlungen ableiten.
Hm, ich dachte wir hätten das schon geklärt, dass es genau darum nicht gehen kann... Sie finden statt, weil das einfach "Rollenspielen" ist. Alles, was irgendwer im Rollenspiel tut, ist ein Eingriff in die Entscheidungen und Optionen der anderen Spieler.

Worum es aber wirklich geht, ist doch folgendes: Ein Spieler bringt kreativen Input in den SIS ein (im klassischen Fall ist es der SL), modifiziert damit die Optionen und Ergebnismöglichkeiten der anderen Spieler und plötzlich ruft jemand "Railroading!". Was ist da passiert? (Professor Bloom mit dem Kerzenleuchter im Salon? ;) ) Was hat zu der Reaktion geführt und wie unterscheidet sich die Situation von anderen, in denen eben kein Railroading erlebt wurde? Darum geht es bei dem beobachtbaren Phänomen und um nichts anderes. Alle anderen versuche "Eingriffe" im leeren Raum zu definieren, sind IMO zum Scheitern verurteilt (wie fast 4 Seiten Thread ohne erkennbaren Fortschritt ziemlich gut zeigen).
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 25.04.2010 | 11:49
Ja genau. Die Frage nach der Unangemessenheit der Eingriffe. Hatte ich doch bereits geschrieben. Dafür muss man aber erst einmal angemessene und unangemessene Eingriffe sinnvoll unterscheiden können. Das hat bislang noch niemand geleistet und ich wollte mich daran morgen versuchen. Vielleicht fällt Dir oder anderen Leuten ja auch vorher was ein. Fänd ich toll!
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dr.Boomslang am 25.04.2010 | 12:52
Dafür muss man aber erst einmal angemessene und unangemessene Eingriffe sinnvoll unterscheiden können.
Eingriff=Rollenspiel! Also unangemessener Eingriff=unangemessenes Rollenspiel. Das versucht dir Fredi gerade zu sagen, ich weiß nicht ob du schon drauf eingeschwenkt bist.

Wann findet ein Spieler das Spiel eines anderen unangemessen? Wenn man die rein ästhetischen und die Geschmacksfragen raus nimmt, die per Definition entweder vom Spiel selbst unabhängig sind oder persönlich bleiben müssen, dann kommt man z.B. zu so was wie Railroading. Dabei fühlt sich ein Spieler in der Ausübung seiner Rolle eingeschränkt, sieht also seinen Einfluss in der Interaktion gegenüber den anderen und gegenüber seiner Erwartung geschrumpft. Erst durch diese Fallhöhe in der Erwartung ergibt sich Unangemessenheit. Grund dafür ist eine "falsche" Erwartung, ohne dabei zu erstmal sagen wer dran Schuld ist.
Die Rolle ist nun aber wieder etwas das erst im Spiel, während des Spiels klar wird und zudem auf vielen vorhergehenden und ständig stattfindenden impliziten und expliziten Vereinbarungen beruht. Dieser Vorgang prägt die Erwartung des Spielers und der Mitspieler. "Angemessener Eingriff" ergibt daher als Begriff kaum Sinn, weil das nur "normales Spiel" ist. Soweit klar?
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 25.04.2010 | 13:13
Das habe ich durchaus verstanden, Boomslang. Ich bezog mich auf die Schnelle darauf:

Die Frage sollte also sein: Wann und warum wird die Zurückweisung oder Modifikation des kreativen Inputs eines Spielers als unangemessen wahrgenommen und wann nicht?

Wenn Du dafür einen konkreten Vorschlag hast: immer her damit. Ich bin sehr neugierig und freue mich über Input!

Ansonsten noch eine kurze tonale Anmerkung:
Eingriff=Rollenspiel! Also unangemessener Eingriff=unangemessenes Rollenspiel. Das versucht dir Fredi gerade zu sagen, ich weiß nicht ob du schon drauf eingeschwenkt bist.
Durch sowas fühle ich mich von Dir angepinkelt. Du suggerierst da für meine Begriffe, dass ich erstens begriffsstutzig ("versucht Dir zu sagen") und zweitens ignorant ("ob Du schon eingeschwenkt") bin. Auf solche Spielchen habe ich generell keine Lust, denn ich empfinde das weder als zielführend und konstruktiv noch als freundlich und angemessen. Vielleicht tue ich Dir gerade Unrecht, dann tut es mir leid. Sollten da aber von Deiner Seite solche persönlichen Angriffe mitgeschwungen sein, bitte ich Dich darum, das zukünftig zu unterlassen. Danke.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 25.04.2010 | 13:41
Ganz kurz noch: das Ding hieß ja ursprünglich "Eine Theorie der Entwertung von Spielerentscheidungen". Da war der Bezug zum unangemessenen Eingriff sehr viel deutlicher. Aus verschiedenen Gründen, siehe Diskussion in diesem Thread, habe ich dann den allgemeineren Ansatz gewählt mit dem Ziel, ein breiteres Feld erschlagen zu können. Das hat nicht geklappt und der SChritt zurück zur Unangemessenheit bzw. Entwertung klingt sinnvoll. Der Oger hat ja auch sowas angeregt. Mehr dann aber nun wirklich morgen oder heute spät.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Fredi der Elch am 25.04.2010 | 15:31
Die Frage nach der Unangemessenheit der Eingriffe. Hatte ich doch bereits geschrieben. Dafür muss man aber erst einmal angemessene und unangemessene Eingriffe sinnvoll unterscheiden können.
Ich sehe das ein bisschen wie Boomslang. Mein Hauptproblem ist hier mit dem Begriff "Eingriff". Der Begriff suggeriert etwas außergewöhnliches und auch etwas absichtsvoll auf die Beschneidung des anderen ausgelegtes. Jetzt habe ich schon kurz dargestellt (und mir haben einige andere schon zugestimmt), dass, um es mit Boomslang zu sagen: "Eingriff=Rollenspiel!" Denn dass ein Spieler Input in den SIS geben will, ist das normalste im Rollenspiel überhaupt (und nicht außergewöhnlich) und auch zunächst auf die Beförderung der eigenen kreativen Vision gerichtet (und nicht primär darauf, den anderen schön eine "reinzuwürgen").

Also wäre mein Vorschlag, den Begriff "Eingriff" nicht mehr zu verwenden, sondern uns wirklich am Phänomen zu orientieren. Der Versuch, zunächst legitime und illegitime "Eingriffe" zu definieren ist völlig verkehrt herum gedacht und kann zu keinem sinnvollen Ergebnis führen (wie gesagt: siehe fast 4 Seiten Thread...). Sinnvoll wäre das von mir vorgeschlagene Vorgehen: Man schaut sich kreativen Input in den SIS an, der das "Railroading-Gefühl" hervorruft und versucht zu identifizieren, wie es dazu kommt. Sinnvollerweise versucht man diese Situationen dazu von ähnlichen Situationen abzugrenzen, in denen es nicht zum "Railroading-Gefühl" kommt.

Das ist aus meiner Sicht auch der korrekte verhaltenswissenschaftliche Ansatz. Erst das Phänomen beschreiben (und zwar nah an der konkreten Situation), dann eine Erklärung versuchen und dann schauen, ob ich daraus ein übergeordnetes Theoriegebäude gebastelt bekomme. Mit irgendwelchen leeren Definitionen anzufangen ist nur "von hinten aufzäumen" und wird nichts bringen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Crimson King am 25.04.2010 | 18:58
In Boomslangs Post steht ein aus meiner Sicht interessanter Ansatz: Entwertung von Spielerentscheidungen entsteht dann, wenn die Erwartungen (mindestens) zweier Spieler über eine Situation, deren Verlauf sowie die erlaubten Mittel, um den Verlauf zu beeinflussen, kollidieren.

Folgt man dem Ansatz, liegt man wieder sehr nahe bei der Forge-Definition. Zu einer negativ zu bewertenden Entwertung kommt es erst dann, wenn der Eingeschränkte die Einschränkung als unangemessen ansieht. Wobei dann noch nicht geklärt wäre, wer den Fehler begeht: der Einschränkende oder derjenige, der die Einschränkung als unangemessen ansieht.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Beral am 25.04.2010 | 21:00
Ich sehe zwei Ansätze, die beide ausbaufähig erscheinen.

Der erste Ansatz war der vom Beginn. Ich habe die ursprüngliche Definition grad nicht zur Hand, aber die Regeln bzw. der Gruppenvertrag war ein Element davon und im Endeffekt reichte dieser Ansatz schon aus, um verschiedene Forge-Begriffe rund um gewollte und ungewollte Eingriffe einzuordnen. An diesem Punkt können wir ansetzen.

Der alternative Vorschlag setzt an den individuellen Erwartungen an. Werden sie gebrochen, bekomme man das Gefühl von Railroading. Damit kann man ebenfalls arbeiten. Aber die goldene Lösung ist das auch (noch) nicht. Meine Erwartungen als Spieler werden dauernd gebrochen, aber das führt nicht automatisch zu einer Wahrnehmung von Railroading. Auch bei diesem Ansatz besteht also großer Klärungsbedarf.

Der erste Ansatz, der über Regeln und Gruppenvertrag geht, scheint ein gruppendynamischer Ansatz zu sein. Das Erleben von Erwartungsbrüchen ist ein individualpsychologischer Ansatz. Das sind unterschiedliche Perspektiven. Vielleicht brauchen wir beide, um das Thema erschöpfend abzuhandeln.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Eulenspiegel am 25.04.2010 | 22:42
Der alternative Vorschlag setzt an den individuellen Erwartungen an. Werden sie gebrochen, bekomme man das Gefühl von Railroading. Damit kann man ebenfalls arbeiten. Aber die goldene Lösung ist das auch (noch) nicht. Meine Erwartungen als Spieler werden dauernd gebrochen, aber das führt nicht automatisch zu einer Wahrnehmung von Railroading. Auch bei diesem Ansatz besteht also großer Klärungsbedarf.
Kann natürlich sein, dass wir unterschiedliche Vorstellungen bei Railroading haben.

Aber zumindest bei mir hat Railroading nichts damit zu tun, ob irgendeine Erwartung gebrochen wird.

Es ist viel mehr ein Maß dafür, wieviel Einfluss ich auf den Plot habe:
Wenn ich viel Einfluss auf den Plot habe, existiert überhaupt kein Railroading.
Wenn ich wenig Einfluss auf den Plot habe, ist das etwas Railroading.
Und wenn ich überhaupt keinen Einfluss auf den Plot habe, dann ist das komplettes Railroading.

Deswegen war ich am Anfang des Threads auch dagegen, über Railroading zu sprechen. Weil in meiner Wahrnehmung "Eingriff in Spielerentscheidungen" und "Railroading" zwei verschiedene Sachen sind, die nicht zwangsläufig etwas miteinander zu tun haben.

Railroading ist es imho, wenn die Spieler wenig Einfluss auf den Plot haben. Ob die Spieler wenig Einfluss auf den Plot haben, weil der SL Einfluss auf ihre Entscheidungen nimmt, oder weil er verhindert, dass die Spieler Entscheidungen treffen können oder warum auch immer, ist egal.

Man sollte beim Railroading also nicht die Momente messen, wo der SL in die Spielerentscheidungen eingreift, sondern man sollte im Gegenteil die Momente messen, wo die Spieler Spielerentscheidungen treffen (und diese Entscheidungen einen Einfluss auf den Plot haben).
Und wenn diese Momente selten ausfallen, dann würde ich nach meinem Verständnis von Railroading sprechen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 25.04.2010 | 22:43
Bitte KEINE Railroadingdiskussionen. Danke!!!

Mehr dann morgen.
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Fredi der Elch am 26.04.2010 | 06:51
Bitte KEINE Railroadingdiskussionen. Danke!!!
Jetzt bin ich aber doch etwas verwirrt... Ich dachte, um dieses Thema ginge es (wenigstens im weitesten Sinne bzw. als "Backdrop") hier. Siehe der erste Absatz des Posts, über den wir hier diskutieren: "In diversen Threads zum Thema Railroading wird von vielen Beteiligten kritisiert, dass die Forge kein konsistentes System zur Beschreibung von Eingriffen in Spielerentscheidungen zur Verfügung stellt, sondern stattdessen gleich einem Flickenteppich einige wenige Situationen herauspickt und mit unplausiblen Begriffen überzieht. Das finde ich bedauerlich und will aber nicht nur meckern, sondern lieber konstruktiv etwas beizutragen versuchen."

Und:
Naja, das Thema Railroading wird sicherlich eine Rolle spielen. Allerdings versuche ich ja gerade, die Begrifflichkeiten der Forge durch einen systematischeren Ansatz zu ersetzen.

Naja, ich warte einfach mal ab, ob das Thema "Railroading" jetzt eine Rolle spielen soll oder worum es hier wirklich geht... ;)
Titel: Re: Diskussion zu: Eine Theorie der Eingriffe in Spielerentscheidungen
Beitrag von: Humpty Dumpty am 26.04.2010 | 07:20
Und:
Naja, ich warte einfach mal ab, ob das Thema "Railroading" jetzt eine Rolle spielen soll oder worum es hier wirklich geht... ;)
Ich versuche schlicht, die Postings möglichst nah am Thema zu halten. Du hast vielleicht die ganzen mehr oder minder zügellosen Railroadingdiskussionen der vergangenen Monate verpasst und bist deshalb verwirrt. Da kommen schnell 30 Seiten zusammen und wir sind noch weniger Schritte weiter als momentan. Ich habe ohnehin den Eindruck, dass Dein Vorschlag und der bisherige Weg so unterschiedlich wie Du glaubst gar nicht sind. Siehe Beral. Mehr später.