In Bezug auf Kampffertigkeiten geht der Weapon Master schon sehr in diese Richtung, wobei er aber mehr schon deutlich umfasst als ein "normales" Talent: Zusatzschaden, halbierte Mali auf Rapid Strike und die Freigabe von Cinematic Skills und Techniques. Außerdem steigert der Weapon Master die Defaults nicht bloß um einen Punkt, sondern um satte 3 (z. B. DX/Easy Default DX-4 --> DX/Easy Default -1). Ein Talent hingegen steigert nur den Default um 1 und gibt einen kleinen Reaktionsbonus. So gesehen hat der Weapon Master eigentlich ein ziemlich gutes "Preis-Leistungs-Verhältnis".
Für gewisse Charakterkonzepte könnte ein Talent mit Kampftalenten im Sinne von "Born Fighter", "Talented Brawler" o. Ä. daher durchaus Sinn machen, finde ich, da es in eine etwas andere Richtung geht als der Weapon Master. Auch der Reaktionsbonus gegenüber anderen Kämpfern o. Ä. würde auf diese Weise durchaus Sinn machen. Wobei ich dein Argument gut verstehe, dass dadurch die Spielbalance eventuell kippen könnte - Absprache mit dem SL wäre ein Muss.
DSA kennt übrigens ebenfalls den Unterschied zwischen "Begabung: Kampftalente" (die in GURPS mMn einem Talent entspricht) und der SF Waffenmeisterschaft (die am ehesten "Weapon Master" entsprechen würde).
Ich finde jedenfalls, dass die explizite Beschränkung auf im
wortwörtlichen Sinn
angeborene Begabungen die Sache zu eng fasst, weil ich nicht davon ausgehe, dass Talente und Begabungen wirklich so angeboren sind, wie man allgemein denkt (ich will jetzt mal nicht gar zu weit ausschweifen, aber gerade in der Bildungsdebatte hört man ja beispielsweise alle Tage, wie sehr soziale Faktoren o. Ä. Begabungen prägen können). Ich würde mal behaupten: die Erziehung, Jugend, Lebensgeschichte o. Ä. eines Charakters bestimmt seine Begabungen mehr als seine Geburt allein.
Auch das "offizielle" GURPS nimmt das nicht so eng, kommt mir Vor - GURPS Banestorm kennt beispielsweise den "Born War-Leader", GURPS Space kennt "Cyberneticist" und "Hot Pilot" (übrigens mit Boni auf den "Gunner"-Skill). Ich kann mir schwer vorstellen, dass man zum General, zum "Computerfreak" oder zum Kampfpiloten im wortwörtlichen Sinn "geboren" wird. Die "inborn aptitude" ist mMn eher
metaphorisch zu verstehen - "er/sie kann es als wäre er zu nichts anderem geboren".
Um also auf dein Beispiel mit dem "Diebestalent" zurückzukommen: Wenn ein Kind seine ganze Kindheit auf den Straßen Al'Anfas verbringt, könnte ein "Talent: auf der Straße aufgewachsen" mit entsprechenden Boni auf Taschendiebstahl o. Ä. durchaus sinn- und stimmungsvoll sein.
Stimmig finde ich auch die Idee vom Lachenden Mann, Talente für spezielle Ausbildungen zu vergeben, z. B. "Akademische Ausbildung: Krieger" oder "Akademische Ausbildung: Gelehrter". Auch für andere intensive, professionelle Ausbildungen wäre das mMn passend, z. B. Handwerker. "Dieb" o. Ä. wäre in diesem Sinne kein passendes Berufstalent (dafür eben z. B. "auf der Straße aufgewachsen"), dafür aber eventuell "Gelernter Schmied" o. Ä.
Und Kampf ist halt nun mal keine Nische sondern Standard in fast allen Kampagnen
Also ich hab das schon immer so verstanden, dass Kampf die Nische der "professionellen Kämpfer-Charaktere" ist, in der diese besonders brillieren können. Dass die anderen Charaktere genauso in Kämpfe verwickelt werden und diese überstehen müssen, ist eine andere Sache - bloß besonders glänzen werden sie dabei vermutlich nicht. genauso wie auch Kämpfercharaktere auch mal Wildnis- oder Gesellschaftsabenteuer durchstehen müssen, ohne dabei das "Spotlight" zu haben.
Du musst z.B. nach Gefühl entscheiden wieviel Talentstufen jeweils überhaupt zugelassen werden weil +4 bei Custom-Talents richtig krass sind usw. usf.
Bei ungewöhnlich hohen Talent-Leveln (z. B. über Level 2) könnte man verlangen, dass der Spieler einen Unusual Background erwirbt; das beschränkt den Kauf höherer Levels recht effektiv. Oder ein Charakter darf höchstens 1/10 seiner CP in Talente investieren, und muss, wenn er mehr will, einen U. B. kaufen. Da gäbe es genug Wege, "Missbrauch" zu verhindern, wenn man das will.
Wenn man Talente beschränken will, könnte man für sie überhaupt Unusual Backgrounds verlangen. Ich finde es aber eigentlich stimmig, wenn jeder Charakter zumindest ein passendes Kultur- und/ober "Lebenslauf-Talent" hat, und würde einen U. B. höchstens bei Talenten im Sinne "außergewöhnlicher Begabungen" verlangen. Berufs-Talente durch eine entsprechende "professionelle" Ausbildung können, aber müssen nicht dazu kommen, je nach Charakterkonzept, wären aber bestimmt kein U. B.
"Talent: aufgewachsen auf den Straßen Al'Anfas" wäre in diesem Sinne ein "Lebenslauf-Talent", "Talent: Born Thief" wäre in diesem Sinne eine "außergewöhnliche Begabung" (genauso wie mMn aber auch die "offiziellen" Born War-Leader, Hot Gunner o. Ä.); ein Berufs-Talent hätte der Charakter vermutlich keines, da er nie eine professionelle Ausbildung genossen hat.
"Garethischer Großbürgerssohn" wäre ein Lebenslauf-Talent, "Adersin-Schwertgeselle" wäre ein Berufs-Talent, "Born Fighter" wäre eine "außerbewöhnliche Begabung". Eventuell könne der Charakter später zusätzlich durch langjährige Erfahrung zum "Weapon Master" werden, aber das ist wieder etwas anderes.
Einige interessante Ideen für Talente gibt es übrigens HIER (http://www.4shared.com/document/XkPlMgvP/GURPS_4th_New_Talents.html) - ich finde nicht alle davon stimmig, aber manche passen mMn ganz gut.