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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Pyromancer am 16.08.2011 | 18:15

Titel: Mittelalterbild
Beitrag von: Pyromancer am 16.08.2011 | 18:15
Was sind das für Zeiten, wo jemand bei Wikipedia nachschlagen muss, um zu erfahren, dass es zu Zeiten der Ritter noch keine Kanonen gab?

Hat man euch nicht die Geschichte vom Reichsritter Götz von Berlichingen erzählt, dem im Gefecht eine Kanonenkugel die Hand zerschmetter hat?

Hat die "deutsche Jugend" heutzutage ihr Mittelalterbild wirklich aus amerikanischen Fantasy-Romanen und Hollywood-Schinken?
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Ein am 16.08.2011 | 18:18
Deine Aussage ist falsch und durch den deutschen Romantismus geprägt. Ritter gab es bis ins 13./14. Jahrhundert, Geschütze belegt ab dem 13. Jhr.

Ansonsten: Ja, klar, woher sonst? Ritter-Literatur wurde doch in den 70ern als kriegsverherrlichend und nationalsozialistisch-gefärbt geahndet.

Nachtrag: Und warum sollte das schlimm sein?
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 16.08.2011 | 18:35
Ich habe mein Ritterbild aus den Werken der Blütezeit des höfischen Romans. Mein altfranzösisch ist allerdings nicht so prickelnd, deshalb habe ich mich auf die mittelhochdeutschen Werke beschränkt. Die großen Ritterromane eben von Wolfram, Gottfried (meine Lieblinge), Hartmann, Heinrich von Veldeke, bis zum Stricker usw.

Und was den Götz angeht: Geboren 1480, gestorben 1562 -- ähm, da war in Italien die Rennaissance ja fast schon vorbei (ist übertrieben, ich weiß). Da kannst Du Dein Ritterbild auch an Mick Jagger festmachen, wenn er von der Queen zum Ritter geschlagen wird .... will heißen: Ritter ist eben auch ein Titel, aber Grundlegendes, Theoretisches zum Rittertum wurde eben im Übergang vom 12. zum 13. Jahrhundert zusammenfabuliert, und das hat sich als Bild (sehr viel mehr war es auch nicht) eben nicht mehr verändert. Übrigens gibt es auch in der Manessischen Handschrift keine Kanonen, so weit ich weiß, zumindest nicht in den ikonischen Bildern. Und die spiegelt eben sehr gut, wie im 14. Jahrhundert und später das Rittertum der Romane gesehen wurde.

Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Ghostrider am 16.08.2011 | 18:36
Was sind das für Zeiten, wo jemand bei Wikipedia nachschlagen muss, um zu erfahren, dass es zu Zeiten der Ritter noch keine Kanonen gab?

Hat man euch nicht die Geschichte vom Reichsritter Götz von Berlichingen erzählt, dem im Gefecht eine Kanonenkugel die Hand zerschmetter hat?

Hat die "deutsche Jugend" heutzutage ihr Mittelalterbild wirklich aus amerikanischen Fantasy-Romanen und Hollywood-Schinken?

Im Geschichtsunterricht ab der Mittelstufe gibts es nur noch "Nazis uber alles", Hitler all the way, Mauerbau, etc.
Aber keine Ritter.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: aminte am 16.08.2011 | 18:40
Im Geschichtsunterricht ab der Mittelstufe gibts es nur noch "Nazis uber alles", Hitler all the way, Mauerbau, etc.
So ein Unsinn!
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: LöwenHerz am 16.08.2011 | 18:45
Ich teile nicht die Wortwahl Ghostriders, aber außer Jom Kippur haben wir von Klasse 8 bis Klasse 13 nichts anderes, als 3. Reich, Weimarer Republik, 3. Reich, Erster Weltkrieg, 3. Reich und achja... 3. Reich an Themen vorgesetzt bekommen. Ziemlich scheiße, aber das ist halt der Hamburger Lehrplan gewesen. Dafür kenne ich mich in neuer deutscher Geschichte verdammt gut (und differenziert) aus :D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Samael am 16.08.2011 | 18:46
So ein Unsinn!

Als ehemaliger Geschichts-Lk'ler kann ich zumindest bestätigen, dass kein MA mehr gemacht wird. Wir hatten in der Oberstufe "europäische Revolutionen" (Frankreich 1789, Deutschland 1848, Russland 1918) Weimar, Nazizeit, Kalter Krieg. Hängt aber natürlich vom Lehrplan (Ländersache)  ab.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 16.08.2011 | 18:46
Dabei wäre Mittelalter gerade für Rollenspieler so wichtig!!
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Stonewall am 16.08.2011 | 18:47
So ein Unsinn!

Naja, etwas überspitzt. Aber der schulische Geschichtsunterricht ist meiner Erfahrung nach vA in der Oberstufe schon durch ein (nachvollziehbares) Übergewicht der Neuen und Neuesten Geschichte geprägt.

Das wird sich vielleicht auch je nach Bundesland und Motivation des einzelnen Lehrers etwas unterscheiden.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Seth am 16.08.2011 | 18:47
Als ehemaliger Geschichts-Lk'ler kann ich zumindest bestätigen, dass kein MA mehr gemacht wird. Wir hatten in der Oberstufe "europäische Revolutionen" (Frankreich 1789, Deutschland 1848, Russland 1918) Weimar, Nazizeit, Kalter Krieg. Hängt aber natürlich vom Lehrplan (Ländersache)  ab.

Same here. Merkantilismus und Absolutismus war das Äußerste in Richtung Vergangenheit.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: ErikErikson am 16.08.2011 | 18:47
Ich hab mein Mittelalterbild aus Medieval Total War 2 und weiss daher, das ab der vierten Entwicklungsstufe zugleich gute Kanonen und schwere Ritter auftreten.

Desweiteren weiss ich, das Ritter 1040 Goldstücke kosten.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: גליטצער am 16.08.2011 | 18:47
Nix Unsinn, is so. Vor der Franzöischen Revolution kommt da nix mehr im Stoff dran, und der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Deutschland nachher, wobei die meiste Zeit mit dem 20sten Jahrhundert verplempert wird.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Deep One am 16.08.2011 | 18:49
Hat die "deutsche Jugend" heutzutage ihr Mittelalterbild wirklich aus amerikanischen Fantasy-Romanen und Hollywood-Schinken?

Joah, das is' ganz schrecklich mit denen ... wir damals, wir sind ja noch jeden Morgen 10 km zur Schule gelaufen, durch den Schnee, BARFUSS, bergauf, und zwar in beide Richtungen, um die Ottonen auswendig zu lernen ... und wir MOCHTEN ES ... und DANKBAR waren wir ... und ...
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: LöwenHerz am 16.08.2011 | 18:49
@Topic: ich hatte über viele Jahre mein Mittelalterbild aus den eingängigen Ritterfilmen der 50er, 60er und 70er Jahre. Später erst kam (ntürlich dem Rollenspiel geschuldet) mehr Interesse zu dem Thema, aber mehr als eine handvoll Bücher wurden es dann auch nicht. Die bösen Frauen haben mich davon abgehalten, völlig in diesen Lektüren zu versinken... verbrennt sie!  :korvin:
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: El God am 16.08.2011 | 18:50
Nachtrag: Und warum sollte das schlimm sein?

Ich verstehe das auch grad nicht ganz. Halbwissen ist doch überall unterwegs... warum ist das gerade im Mittelalter schlimm? Weil die armen Rollenspieler dann gar nicht mehr historisch korrekt spielen können? Warum dann eigentlich nicht die Antike ausführlicher behandeln? Oder die Germanen? Immerhin galten Germanen eine Zeitlang als seeeehr identitätsstifend für das toitsche Folck.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: LöwenHerz am 16.08.2011 | 18:51
Ich verstehe das auch grad nicht ganz. Halbwissen ist doch überall unterwegs... warum ist das gerade im Mittelalter schlimm? Weil die armen Rollenspieler dann gar nicht mehr historisch korrekt spielen können? Warum dann eigentlich nicht die Antike ausführlicher behandeln? Oder die Germanen? Immerhin galten Germanen eine Zeitlang als seeeehr identitätsstifend für das toitsche Folck.

Damit ein Bibabesserspieler, bibabesserspielen kann  ~;D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Ranor am 16.08.2011 | 18:51
O tempora, o mores!

 ::)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: YY am 16.08.2011 | 18:52
Dabei wäre Mittelalter gerade für Rollenspieler so wichtig!!

Auch nicht wichtiger als z.B. die Antike...

Davon mal abgesehen, dass da für rollenspielerische Zwecke stets die Schwerpunkte falsch gesetzt werden ~;D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: aminte am 16.08.2011 | 18:52
Ich kann jetzt nur für NRW sprechen, von daher mögen hier vielleicht auch andere Erfahrungen existieren.

Kernlehrplan Geschichte (http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/kernlehrplaene-sek-i/gymnasium-g8/geschichte-g8/kernlehrplan-geschichte/stufen-der-anforderungen/) - Kompetenzerwartungen und zentrale Inhalte in den Jahrgangsstufen 7 bis 9
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Bad Horse am 16.08.2011 | 18:53
Sei doch froh! Wir hatten... hm... Römer und so, dann wurd`s kurz dunkel. Erwacht sind wir zur Zeit der französischen Revolution, die wir ein ganzes Jahr durchgenommen haben. Und im nächsten Jahr wurde dann - weil das so wichtig ist - nochmal über die französische Revolution gesprochen. Als nächstes haben wir uns dann aber endlich die französische Revolution vorgenommen... (hat sich jedenfalls so angefühlt).

Mein Mittelalterbild habe ich aus diversen amerikanischen Schinken (allerdings mit dem Wissen, dass das abgebildete eben Hollywood-Mittelalter ist; trotzdem haben sich sicherlich einige Dinge im Unterbewußtsein festgefräst, die daher stammen), von Mittelaltermärkten und aus diversen Geschichtsbüchern und Seminaren zum Thema "Mittlere Geschichte".

Und wie bei den meisten Sachen, die man genau betrachtet, stellt man irgendwann fest, dass es sich nicht um ein fixes, von anderen klar abgetrenntes Ding handelt, sondern um viele Sachen, die typisch sind, viele Sachen, die nicht so typisch sind, und etliche Sachen, die man so gar nicht erwartet hätte.

Außerdem geht es mir auf den Geist, dass - wenn man übers Mittelalter spricht - man eigentlich immer und überall nur über das europäische Mittelalter redet. Als wäre sonst nirgends was passiert.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Glgnfz am 16.08.2011 | 18:54
Hier das ganze für RLP (Bis Stufe 10)

http://lehrplaene.bildung-rp.de/lehrplaene-nach-faechern.html?tx_abdownloads_pi1[action]=getviewcatalog&tx_abdownloads_pi1[category_uid]=97&tx_abdownloads_pi1[cid]=5786&cHash=f279290dc787bc698caa1c260dbd7698
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Seth am 16.08.2011 | 18:54
Ich kann jetzt nur für NRW sprechen

Dito. Gabs trotzdem nicht.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: LöwenHerz am 16.08.2011 | 18:54
Hey Doc, viele von uns haben ihr Abi (sonstwas) in den 80ern und 90ern gemacht. Da gab es diese ausdifferenzierten Lehrpläne noch nicht ;)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Ranor am 16.08.2011 | 18:54
Dabei wäre Mittelalter gerade für Rollenspieler so wichtig!!
Auf jeden Fall! Da muss ich direkt bis zur Shadowrun-Runde am Freitag noch mal was nachlesen.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: El God am 16.08.2011 | 18:58
Am Ende steckt da sogar ein großer Plan dahinter... man will den Schülern v.a. die Teile der Geschichte nahebringen, die sich prägend auch auf ihr eigenes Leben auswirken. Aber hahaha... dabei weiß doch jeder, dass man in der Schule nur völlig unsinniges Faktenwissen lernt, bei dem immer sofort klar ist, wofür mans braucht. Und wer nicht weiß, dass die Ritter keine Kanonen hatten (oder doch.. oder wann das Mittelalter überhaupt war), der bekommt auch keinen Arbeitsplatz bzw. darf später mal nicht Chef werden. Soistdas.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: aminte am 16.08.2011 | 19:00
Hey Doc, viele von uns haben ihr Abi (sonstwas) in den 80ern und 90ern gemacht. Da gab es diese ausdifferenzierten Lehrpläne noch nicht ;)
Ich hab mein Abi auch in den 90ern gemacht, und in Geschichte gab es ab der Mittelstufe nicht nur 3. Reich.

Dito. Gabs trotzdem nicht.
Du hast nie das lange 19. Jahrhundert gemacht? Nie französische/russische Revolution? Nie Imperialismus/Kolonialismus? Auch bei dir im Geschichtsunterricht ab der Mittelstufe nur noch "Nazis uber alles"? Erzähl.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Darkling ["beurlaubt"] am 16.08.2011 | 19:02
Als jemand aus NRW:
Wir hatten auch mal "Geschichte des Dritten Reiches" und das wars dann.. Mehr gab es irgendwie nicht vor meiner Zeit, wenn man dem Unterricht glauben darf.

Übrigens an der Stelle mal ein Zitat meiner Geschichtslehrerin, dass sich echt eingebrannt hat:
Zitat
Wir bekommen die Untaten der Nazis doch bis zur Vergasung vorgehalten.
`nuff said.  :bang:

Auch ich frage mich übrigens, warum Halbwissen so schlecht sein soll.
Gut, die genannten Quellen aus Film und Fernsehen sind vielleicht nicht historisch akkurat, aber immerhin sorgen sie wohl mehr oder weniger gut für einen gemeinsamen Vorstellungsraum. Für eine gelungene Rollenspielrunde ist das wie ich finde nicht die mieseste Grundlage.. ;)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Teylen am 16.08.2011 | 19:04
Ha :D Nun weiß ich wieder wieso ich Fantasy & Mittelalter Settings idR. nicht mag :D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 16.08.2011 | 19:04
Auf jeden Fall! Da muss ich direkt bis zur Shadowrun-Runde am Freitag noch mal was nachlesen.

Ich empfehle Dir eine Monografie zum Investiturstreit. Oder, je nach Run auch sehr hilfreich, zur Gründung des Zisterzienserordens!
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Ranor am 16.08.2011 | 19:05
Ich empfehle Dir eine Monografie zum Investiturstreit.
Da habe ich im Rahmen meines Studiums tatsächlich mehrere gelesen  ;D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Skele-Surtur am 16.08.2011 | 19:06
Da habe ich im Rahmen meines Studiums tatsächlich mehrere gelesen  ;D
Dann bist du ja auf jeden Run bestens vorbereitet.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Belchion am 16.08.2011 | 19:10
Mein Mittelalterbild bezog sich größtenteils aus Historienfilmen der 1950-80er Jahre, Was-ist-Was-Büchern und historischen Jugendromanen (wo ich jetzt Nibelungen, König Artus und Robin Hood einbeziehe). Dort waren Kanonen allesamt eher unüblich. Im Geschichtsunterricht gab es zwar ein 1/4 Jahr Mittelalter, aber da wurde nur kurz angeschnitten, dass es Ritter, Kleriker und Bauern gab. Und dass es da dunkel war, weil die Sonne erst in der Renaissance unter Ludwig XIV wieder aufging (deshalb: Sonnenkönig).

Später gab es dann noch kurz Merkantilismus und französischer Absolutismus, Französische Revolution, Deutscher Imperialismus und deutsche Kolonien, Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg, Der Weg vom Deutschen Imperialismus zu Hitler, sowie Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg.  Das war es dann auch zur Geschichte, insgesamt alles sehr oberflächlich und mit sehr viel ausgefallenem Unterricht.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Xemides am 16.08.2011 | 19:16
Pyromancer, da du anscheinend ja mich angreift:

1. Ich bin keine Jugend mehr, bin 40 Jahre alt.

2. Ich habe mittlere Reife, kein Abitur, demnach ist mein Geschichtsunterricht 23 Jahre her. Und das war der Schulabschluß.

3. Das Kapitel MA nochmal einige Jahre mehr.

4. Mittlerweile dürfte sich einiges Wissen von damals überholt haben.

5. Selbst wenn ich einiges über das MA noch weiß, so doch keine Details und erst recht nicht über Kriegs- und Waffengeschiuchte, die mich nie interessierte. Also nutze ich Nachschlagewerke und WIkipedia.

Vor allem, wenn es um eine Diskussion geht, bei der ich mich nicht so gut auskenne und nicht mit Fakten geschlagen werden will. Lieber Lieber suche ich die Fakten vorher raus.

Für mich ist die klassische Ritterzeit um von 1100 bis 1300, halb mit Vollplatte, Morgenstern und Schwert und Lanze. Schußwaffen haben in meinem klassischen Ritterbild nichts zu suchen.

Einer der Ritterfilme die ich kenne ist zum Beispiel Flesh and Blood, oder der Arthusmythos in der christlichen Fassung. Oder Robin Hodd meinetwegen.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Samael am 16.08.2011 | 19:24
Für mich ist die klassische Ritterzeit um von 1100 bis 1300, halb mit Vollplatte, Morgenstern und Schwert und Lanze. Schußwaffen haben in meinem klassischen Ritterbild nichts zu suchen.

Vollplatte gabs frühestens ab 1400. Einzelne Plattenteile etwa 100 Jahre früher. Der Zeitraum, den du angibts war Kettenpanzer all the way.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Teylen am 16.08.2011 | 19:27
Meine Lego-Ritter hatten keine Handfeuerwaffen und auf der Burg gab's keine Kanonen, nur Katapulte..

(Auf dieser (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/archive/8/8d/20050901132513!Lego_Ritterburg.jpg) dann allerdings schon)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: lunatic_Angel am 16.08.2011 | 19:33
Also bei uns war alles was sich aufs Mittelalter bezog nur Herrschaftssysteme. Vom "Leben damals" war bei uns nie die Rede gewesen. Das wurde einzig und allein während der Industrialisierung beleuchtet. Also keine Ritterbilder für uns.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Xemides am 16.08.2011 | 19:34
Vollplatte gabs frühestens ab 1400. Einzelne Plattenteile etwa 100 Jahre früher. Der Zeitraum, den du angibts war Kettenpanzer all the way.

Mag sein, da haben Film, Fernsehen und Romane das irige dazu begetragen, die Zeitalter zu vermischen.

Dann kamen die erst auf, als die Hochzeit des Rittertums schon wieder vorbei war.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: El God am 16.08.2011 | 19:35
Man müsste ja erstmal bestimmen, von wann bis wann das Mittelalter dauerte. Ich persönlich sehe den Beginn bei Bosparans Fall und das Ende beim zweiten Orkensturm. Viel genauer kann man das nicht datieren. Und Kanonen gibts eh nicht. Die heißen ja Rotzen.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 16.08.2011 | 19:35
Für mich ist die klassische Ritterzeit um von 1100 bis 1300, halb mit Vollplatte, Morgenstern und Schwert und Lanze. Schußwaffen haben in meinem klassischen Ritterbild nichts zu suchen.

Das mit der Vollplatte ist tatsächlich falsch, wie Samael schon bemerkte. Ansonsten ist es aber goldrichtig! Vor allem, weil du "klassisch" meinst. Dieser Zeitraum ist die Blütezeit, in der das mit mit dem Rittertum entwickelt, propagiert, erträumt wurde. Die allerwichtigsten Quellen zur Ritteridee stammen aus dieser Zeit, die großen Feste, auf denen diese Ideen aufkamen, fallen in diese Zeit nebst den wichtigsten Kreuzzügen. So rein kunsthistorisch, oder besser gesagt literarisch (und auch philosophisch) ist das die Klassik des Mittelalters. Als die dann später tatsächlich mit Vollplatte auf Turnieren rumgeeiert sind, ging's gar nicht mehr so sehr um Rittertum, sondern nur noch um Geld.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Bad Horse am 16.08.2011 | 19:38
Ach ja, die Minne!  :D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Ein am 16.08.2011 | 19:40
Gute Minne zum bösen Spiel?
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Xemides am 16.08.2011 | 19:45
Nein, die ist gemeint:

http://www.comedix.de/grafik/figuren/gutemine.jpg (http://www.comedix.de/grafik/figuren/gutemine.jpg)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Wyrδ am 16.08.2011 | 19:49
@ Doc Spotello

Ich bin Jahrgang 72 und ebenfalls aus NRW, kann die Aussagen einiger anderer User aber bestätigen. Egal ob Religion, Politik, Geschichte oder sogar Deutsch: Das 3. Reich war ab Schuljahr 8 omnipräsent, da stets in einem der besagten Fächer behandelt. Das Ergebnis war dann, dass man bestenfalls genervt war oder im schlechteren Fall noch Witze darüber riss.

@ Topic

Ich beschäftige mich viel mit dem Mittelalter aufgrund meines Hobbys #1 (nein, eben nicht Rollenspiel). Aber damit ist noch lange nicht gesagt, dass sich das zwangsweise im Rollenspiel niederschlagen muss. Es kommt darauf an, wie das Setting aussehen soll. Fantasy und Mittelalter passen in meinen Augen nur sehr bedingt zusammen, ich finde sogar, sie stehen eher konträr zueinander, denn wenn ich mich an vergangenen Realitäten orientiere, dann ist das eben nicht Fantasy. Die Frage ist also: Wie nah will ich mich überhaupt am Mittelalter orientieren? Ein "Muss" besteht keineswegs.

Allerdings stelle ich seither fest, dass die meisten Kampfsysteme völlig unbrauchbar sind, nachdem ich ein paar Jahre lang selbst mit Schwert und Schild "herumgedengelt" habe. Solange die irdische Physik gilt, sind die meisten Systeme sehr realitätsfern. Aber das führt zu einer ganz anderen Frage, nämlich: wie realistisch soll es denn sein?
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Bad Horse am 16.08.2011 | 19:50
Ach, ihr seid doch alle Mittelalterbanausen! (http://www.smileygarden.de/smilie/Fantasy/61.gif)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Noir am 16.08.2011 | 19:58
Sei doch froh! Wir hatten... hm... Römer und so, dann wurd`s kurz dunkel. Erwacht sind wir zur Zeit der französischen Revolution, die wir ein ganzes Jahr durchgenommen haben. Und im nächsten Jahr wurde dann - weil das so wichtig ist - nochmal über die französische Revolution gesprochen. Als nächstes haben wir uns dann aber endlich die französische Revolution vorgenommen... (hat sich jedenfalls so angefühlt).

*lach* Bei uns ist das ganz ähnlich abgelaufen! Nur ging es nicht um die französische Revolution, sondern um den Mauerbau und den Kalten Krieg. 3 mal hintereinander. Und immer wieder von vorne :D Kein Witz! Das lag an Lehrerwechseln und die hatten sich einfach nicht abgesprochen :D Trotz unseres Einwandes, wurde es immer wieder durchgezogen XDDDD
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 16.08.2011 | 19:59
Ich schau mir immer wieder gerne Dokumentationen an. Empfehlen kann ich

Kampftechniken des griechischen Altertums (http://www.youtube.com/watch?v=ATLENbBgkJg&feature=related)

Bardenkunst (http://www.youtube.com/watch?v=SLX9mJ-lq-4&feature=related) Und grosse Bardenwettbewerbe (http://www.youtube.com/watch?v=714xRl7FxYA&feature=related)

Anfänge der Emanzipation (http://www.youtube.com/watch?v=GGe_yR6LIwI&feature=related)

Mittelalterliche Feldzüge (http://www.youtube.com/watch?v=lfGpVcdqeS0)

Wikinger (http://www.youtube.com/watch?v=1wcD8RW6Leo&feature=related)

Korrekte Turnierausrüstung im 12. Jahrhundert (http://www.youtube.com/watch?v=Nw60rlm1VJ0)

Ritter des 6. oder 7. Jahrhunderts (http://www.youtube.com/watch?v=XExcPSq80HM&feature=related)

Und die Mongolen (http://www.youtube.com/watch?v=U8U1LVNjJx0)

Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: aminte am 16.08.2011 | 20:00
@Geoffrey
Das es früher mal so gewesen sein mag, bestreite ich nicht. Seit Mitte der 90er sieht das zumindest in NRW anders aus.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Skele-Surtur am 16.08.2011 | 20:07
*lach* Bei uns ist das ganz ähnlich abgelaufen! Nur ging es nicht um die französische Revolution, sondern um den Mauerbau und den Kalten Krieg. 3 mal hintereinander. Und immer wieder von vorne :D Kein Witz! Das lag an Lehrerwechseln und die hatten sich einfach nicht abgesprochen :D Trotz unseres Einwandes, wurde es immer wieder durchgezogen XDDDD
Darum bin ich so für formative Leistungsmessung. Da macht man am Anfang einen Test, sieht, die Kids ham das alles schoma gehört und macht halt was anderes.

Wenn sich die Kids natürlich nach dreimaligem durchnehmen immer noch nichts gemerkt haben, dann dürfen sie sich auch nicht beschweren, wenn es so oft durchgenommen wird.  ;D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: K3rb3r0s am 16.08.2011 | 20:12
Also als alter Nrwler Jahrgang 1980 kann ich nur bestätigen dass uns in Geschichte, Politik und DEUTSCH dauernd das dritte Reich beschäftigt hat.  ::)

Über Sinn und Unsinn davon mag ich mich nicht mehr aufregen.

Aber wenn selbst die Mittelalterreenactor sich eine Romantikversion zusammenträumen dann darf ich als Rpgler das erst recht.  >;D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 16.08.2011 | 20:15
Darum bin ich so für formative Leistungsmessung. Da macht man am Anfang einen Test, sieht, die Kids ham das alles schoma gehört und macht halt was anderes.

Wenn sich die Kids natürlich nach dreimaligem durchnehmen immer noch nichts gemerkt haben, dann dürfen sie sich auch nicht beschweren, wenn es so oft durchgenommen wird.  ;D

War für die Geburtsjahrgänge um 1968 herum leider nicht so. Mit der 11.1 wurde "weimar und 3. Reich" Pflichtprogram wo immer es die "Pädagogen" reinquetschen konnten. Und dann idR. auch noch "schlecht" gemacht ohne wirklich auf die Gründe für 33-45 einzugehen, mit solchem Quatsch wie "Machtergreifung" und den allseits beliebten "bösen, bösen Deutschen"

Die einzigen Fächer die Verschont blieben waren Mathe, Chemie und Physik. Wobei ich mich bei einigen jüngeren Le(e|h)rern nicht gewundert hätte wenn sie auch da noch was untergebracht hätten. Selbst in "Mathe/Physik" (bzw. Informatik) wurde 3. Reich eingebaut (Hollerit-Maschinen)

Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Seth am 16.08.2011 | 20:17
Du hast nie das lange 19. Jahrhundert gemacht? Nie französische/russische Revolution? Nie Imperialismus/Kolonialismus? Auch bei dir im Geschichtsunterricht ab der Mittelstufe nur noch "Nazis uber alles"? Erzähl.

Ging es hier nicht um Mittelalter? Und ja, der Fokus lag ziemlich eindeutig auf dem Dritten Reich. Bin ich jetzt ein Lügner?


Am Ende steckt da sogar ein großer Plan dahinter... man will den Schülern v.a. die Teile der Geschichte nahebringen, die sich prägend auch auf ihr eigenes Leben auswirken. Aber hahaha... dabei weiß doch jeder, dass man in der Schule nur völlig unsinniges Faktenwissen lernt, bei dem immer sofort klar ist, wofür mans braucht. Und wer nicht weiß, dass die Ritter keine Kanonen hatten (oder doch.. oder wann das Mittelalter überhaupt war), der bekommt auch keinen Arbeitsplatz bzw. darf später mal nicht Chef werden. Soistdas.

Genau, alles vor der Französischen Revolution ist so gut wie irrelevant für das heutige Leben. Was interessiert uns schon Vorgestern? Die waren doch eh alle ungebildet und dumm. Im Gegensatz zu uns. Wir sind ja aufgeklärt.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Grey am 16.08.2011 | 20:20
Das es früher mal so gewesen sein mag, bestreite ich nicht. Seit Mitte der 90er sieht das zumindest in NRW anders aus.
Dann nimm du bitte den "Unsinn" zurück. Hat man dir in Geschichte nicht beigebracht, daß man früher in Geschichte nur das Dritte Reich durchgenommen hat? ;)

Ernsthaft, ich kann diese Erfahrung auch nur bestätigen: Baujahr 1972, Abi-Jahrgang 1991, und wir hatten in Geschichte das Dritte Reich zweimal, während das Mittelalter irgendwo unter den Tisch gefallen ist. Hätte ich mich nicht damals schon hobby-mäßig nebenher damit befaßt, ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt wüßte, daß es ein Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation gegeben hat. In Geschichte hätte ich es jedenfalls nicht gelernt.

Noch viel mehr als in Geschichte hatten wir das Dritte Reich in Deutsch. In Reli kam es auch dran. Und als es sogar in Mathe(!) durchgenommen wurde, habe ich innerlich den Rest der Stunde damit verbracht, die Stirn auf den Tisch zu hämmern.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: K3rb3r0s am 16.08.2011 | 20:47
Gerade die ersten sollten das nicht tun, denn dann läuft es dem eigentlichen Sinn und Zweck des "Reenactment" zuwider. Was soll das "re" in dem Wort, wenn man sich nicht an historische Vorlagen hält?  ;) Das nennt man dann GroMi (Grob-Mittelalter) oder eben LARP.

Da bin ich ganz meiner deiner Meinung.

Sie (also die Reenactor) tun es aber leider Trotzdem zu einem sehr großen Teil.  :-\
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: 6 am 16.08.2011 | 21:00
Um mal ein anderes Bundesland als NRW reinzubringen:
RLP: Baujahr 1971. Abi 1990.
Ich kann mich noch relativ genau erinnern, was wir in der Mittelstufe und später im LK in Geschichte durchgenommen haben (Ja, ich war einer der verlachten und verhassten Streberschüler gewesen):
Zuerst hatten wir die Antike mit den Schwerpunkten Griechenland und Rom. Danach kam das Mittelalter mit samt Investiturstreit (Gang nach Canossa usw.) und Unterschiede zwischen der deutschen und der französischen Lehenwesens (Ritter waren im HrRdN nur direkt ihrem Lehensherr zur Treue verpflichtet, während in Frankreich alle Ritter gleichzeitig dem König zur Treue verpflichtet waren). Danach kam die französische Revolution, Imperalismus und die Einheitsbewegung in Deutschland (Bismarck! Ganz wichtig!!1!). Danach war Weimar sehr wichtig und dann noch das 3. Reich ("Machtergreifung" und die Folgen für die Juden) mit relativ wenig 2. Weltkrieg.
Im LK kam dann wieder die Antike (Studienreise war Austauschprogramm mit einer griechischen Schule). Dann war die französische Revolution ganz wichtig. Dann natürlich wieder die Einheitsbewegung in Deutschland und wie es dann zur Einheit kam. Danach begannen wir wieder mit Weimar und das war es dann.  
Das Dritte Reich und der Weltkrieg war noch in Religion ein Thema (Unser Relilehrer hatte einen Sympathisanten der weißen Rose dazu gebracht, mal bei uns vorbeizuschauen). In Deutsch war Brecht ein Thema. Das dritte Reich und der 2. Weltkrieg dafür nicht. Dafür kenne ich Reich Ranicki aus der Gruppe 47 und war mit dem Thema Mittelhochdeutsch im mündlichen Abitur. In Sozialkunde kam überhaupt kein 3. Reich vor.
Also erstens, ja Mittelalter war ein relativ wichtiges Thema in Geschichte gewesen und zweitens nein das dritte Reich war bei uns nicht im Mindesten alles beherrschendes Thema.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Ghostrider am 16.08.2011 | 21:24
Ich kann jetzt nur für NRW sprechen, von daher mögen hier vielleicht auch andere Erfahrungen existieren.

Kernlehrplan Geschichte (http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/kernlehrplaene-sek-i/gymnasium-g8/geschichte-g8/kernlehrplan-geschichte/stufen-der-anforderungen/) - Kompetenzerwartungen und zentrale Inhalte in den Jahrgangsstufen 7 bis 9
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)


Und wo ist da das MA?
 
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Bad Horse am 16.08.2011 | 21:32
Ich hab die ganze "Hat das Wissen über Geschichte denn überhaupt noch Relevanz heutzutage"-Diskussion abgetrennt und in die Speaker´s Corner  (http://tanelorn.net/index.php/topic,69466.0.html)verschoben.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Auribiel am 16.08.2011 | 22:15
@6:

RLP, Baujahr 1977, Mittelalter kam so um die 8. Klasse dran, danach ging's erstmal strebsam weiter bis zum zweiten Weltkrieg.
Dann LK Geschichte: Da wurde zwar nochmal alles aufgerollt vom alten Ägypten bis zum Mauerfall, aber da kam das Mittelalter auch sehr kurz weg. UND: Herrschaftssysteme (in Deutsch dann noch Mittelhochdeutsch und Dichtkunst im Mittelalter). Aber von Schusswaffen hat uns da keiner was erzählt. *schimpf*

Von daher: Prinz Eisenherz (nicht der neue Film aus den 90ern!), Ivanhoe der schwarze Ritter, Robin Hood - Konig der Vagabunden, etc. ;)

Und ich war ganz baff als Kid, dass die Musketiere mit den Schusswaffen rumrennen durften, wo sie doch so schicke Säbel Degen hatten! :D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Stonewall am 16.08.2011 | 22:19
Das mit der Vollplatte ist tatsächlich falsch, wie Samael schon bemerkte. Ansonsten ist es aber goldrichtig! Vor allem, weil du "klassisch" meinst. Dieser Zeitraum ist die Blütezeit, in der das mit mit dem Rittertum entwickelt, propagiert, erträumt wurde. Die allerwichtigsten Quellen zur Ritteridee stammen aus dieser Zeit, die großen Feste, auf denen diese Ideen aufkamen, fallen in diese Zeit nebst den wichtigsten Kreuzzügen. So rein kunsthistorisch, oder besser gesagt literarisch (und auch philosophisch) ist das die Klassik des Mittelalters. Als die dann später tatsächlich mit Vollplatte auf Turnieren rumgeeiert sind, ging's gar nicht mehr so sehr um Rittertum, sondern nur noch um Geld.

Um zum Ausgangsthema zurückzukehren: Für Rollenspielzwecke ist mir der Götz als rüstungtragender Burgbewohner ritterhaft genug.

"Klassisch" impliziert doch auch ein "nachklassisches" Rittertum? Die ganze Zeit liegt vor meinem fachlichen Schwerpunkt, aber ich bin skeptisch, was die reinliche zeitliche Abgrenzung des "idealen Rittertums" angeht. War das nicht eigentlich eine Leitidee mit zivilisatorischem Impetus, der die realen Umstände nicht unbedingt so recht entsprachen? Als Richard Löwenherz Herzog Leopolds Banner von den Mauern Akkons riß, gings ihm wohl auch um den Anspruch auf die Beute. Andererseits haben die Ideale ja auch bis in die Spätausläufer hinein weitergewirkt (Maximilian I. et al.).
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Skele-Surtur am 16.08.2011 | 22:20
Ich hab die ganze "Hat das Wissen über Geschichte denn überhaupt noch Relevanz heutzutage"-Diskussion abgetrennt und in die Speaker´s Corner  (http://tanelorn.net/index.php/topic,69466.0.html)verschoben.
Und da isse dicht gemacht worden. Schade eigentlich, ich hätte gerne noch was dazu gesagt.


Nun gut. Ich bin ja schon seit jeher sehr interessiert an Geschichte gewesen und hab mein Bild vom Mittelalter im Jugendalter über die für Kinder und Jugendliche konzipierte populärwissenschaftliche Literatur gebildet und informiere mich inzwischen primär übers I-Net weiter. Nachdem "Mittelalter" aber einen Zeitraum von rund 900 Jahren abdeckt, eine Zeit, in der die Menschen weltweit z.T. enorme gesellschaftliche Entwicklungen durchgemacht haben, ist mein Bild vom Mittelalter bestenfalls ambivalent und ziemlich uneinheitlich. Genau wie das Mittelalter.

In der Schule kann ich mich nicht daran erinnern, dass das Mittelalter groß durchgenommen worden wäre.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Seth am 16.08.2011 | 23:35
Ich habe mein Ritterbild aus den Werken der Blütezeit des höfischen Romans. Mein altfranzösisch ist allerdings nicht so prickelnd, deshalb habe ich mich auf die mittelhochdeutschen Werke beschränkt. Die großen Ritterromane eben von Wolfram, Gottfried (meine Lieblinge), Hartmann, Heinrich von Veldeke, bis zum Stricker usw.

 :d (zufällig neben Musik auch noch Mediävistik studiert? ;) - ich kann "Der Rote Ritter" von Adolf Muschg in dem Zusammenhang empfehlen, falls du den nicht eh schon kennst)

Mein "Mittelalterbild" wurde ebenfalls dadurch und früher durch die hier auch erwähnte Populärkultur gebildet. Gerade im Rollenspielbereich habe ich ohnehin nichts gegen ein romantisiertes Mittelalter.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: aminte am 16.08.2011 | 23:52
Ging es hier nicht um Mittelalter? Und ja, der Fokus lag ziemlich eindeutig auf dem Dritten Reich. Bin ich jetzt ein Lügner?
Nein. Mir ging es um die These, dass an deutschen Schulen ab der Mittelstufe Im Geschichtsunterricht ausschließlich gehitlert wird. Und die halte ich für Unsinn. Genau das hab ich ja auch geschrieben. Da regt man sich einmal auf, schon regen sich allen andern auf. Verdammt.  ;)

Und wo ist da das MA?
Wenn man dem Link folgt, kann man mit ein wenig Mühe erkennen, dass in den Jahrgangsstufen 5&6 das Thema Mittelalter behandelt wird.

4.1 Kompetenzerwartungen und zentrale Inhalte in den Jahrgangsstufen 5/6
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Seth am 17.08.2011 | 00:01
Nein. Mir ging es um die These, dass an deutschen Schulen ab der Mittelstufe Im Geschichtsunterricht ausschließlich gehitlert wird. Und die halte ich für Unsinn. Genau das hab ich ja auch geschrieben. Da regt man sich einmal auf, schon regen sich allen andern auf. Verdammt.  ;)

Ja, stimmt schon ;) - der Eindruck scheint sich allerdings bei einigen verhärtet zu haben, dass es etwas zu viel des Guten war. Wenn es auch wieder andere geben mag, die sagen würden "davon kann es nie zu viel geben". Ich glaube wir können uns aber darauf einigen, dass trotz alledem recht wenig Mittelalter oder generell "Zeit vor der Französischen Renaissance" behandelt wird. Warum das so ist und ob das gut ist, hat ja bereits zu einem anderen Thema geführt, das etwas in die Hose gegangen ist.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 17.08.2011 | 00:05
Was sind das für Zeiten, wo jemand bei Wikipedia nachschlagen muss, um zu erfahren, dass es zu Zeiten der Ritter noch keine Kanonen gab?

Pisa


Zitat
Hat man euch nicht die Geschichte vom Reichsritter Götz von Berlichingen erzählt, dem im Gefecht eine Kanonenkugel die Hand zerschmetter hat?
Nein, dafür gab es den Funken, Scott und Rittersagen
Zitat
Hat die "deutsche Jugend" heutzutage ihr Mittelalterbild wirklich aus amerikanischen Fantasy-Romanen und Hollywood-Schinken?
im Schwarzer Prinz mit Flynn ist ne Kanone zu sehen
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Stonewall am 17.08.2011 | 00:33
Nein. Mir ging es um die These, dass an deutschen Schulen ab der Mittelstufe Im Geschichtsunterricht ausschließlich gehitlert wird. Und die halte ich für Unsinn. Genau das hab ich ja auch geschrieben. Da regt man sich einmal auf, schon regen sich allen andern auf. Verdammt.  ;)

Natürlich. Aber Übertreibung ist ein anerkanntes Stilmittel.  ;)

Und das (IMHO nachvollziehbare) Übergewicht der Neuen Geschichte im Unterricht scheint nach den allgemeinen Aussagen hier doch weithin üblich zu sein.

Wobei das Spezialgebiet, welches das Thema "Ritter mit Kanonen" betrifft, nämlich Militärgeschichte einschließlich Geschichte der Waffentechnik, in Deutschland mWn sowieso auch im akademischen Bereich lange ein eher randständiges Gebiet war. Das ändert sich AFAIK seit den 1990ern, aber bis neue Forschungstrends und Erkenntnisse (falls überhaupt) in den Schulbüchern und Lehrplänen ankommen...
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Zauberelefant am 17.08.2011 | 00:57
Aber jeder weiß doch: In der Schule erzählt man den Kindern Märchen, bzw. Realität light. Das zieht sich von den Naturwissenschaften in die Human- und Sozialwissenschaften durch.
Gelehrt wird eben, was man später verwenden kann, Mathe, Lesen und Schreiben, eine Fremdsprache sowie (prinzipiell) eine Allgemeinbildung, die jeden möglichen Werdegang vorbereiten soll.
Dass das Mittelalter (das ja im übrigen alles andere als "dunkel", "statisch" oder, verglichen mit der Moderne "grausam" war) dann eher unter bestimmten Aspekten wie "damals wars so und heute ist es besser" kurz abklamüsert wird, ebenso wie die Wurzeln der modernen Zivilisationen oder auch nur außereuropäische Geschichte unter den Tisch fallen, weil Geschichte eben höchstens zwei Wochenstunden lang für maximal 9 Jahre gelehrt wird (überschlagen keine 800 Schulstunden, mithin 600 Zeitstunden - ohne Krankheit, Wiederholung, Ausfall!) - Grundausbildung beim Bund dauert da länger, und niemand würde einen Gefreiten nach GA einen professionellen Soldaten nennen. Geschweige denn die Absolventen unserer Schulen Geschichtsexperten.
Also ja, angesichts der Erfordernisse des Schulsystems ist MA mal sowas von irrelevant. Aber die permanente Wiederholung des Dritten Reiches (3x bis Abi 2001) unter immer denselben Gesichtspunkten war halt auch redundant. Da wäre mal Kritische Theorie angebracht gewesen, oder Weltwirtschaftskrise, oder Kalter Krieg, oder Afrika nach der "Entkolonialisierung" oder sowas. Nur mal fürs 20. Jahrhundert. Es war ja nicht immer nur der Hitler, aber ich habe rückblickend auch nie den Eindruck gehabt, daß die Realität des Geschichtsunterrichts ein zusammenhängendes Geschichtsbild ermöglicht.
Und was hat das mit dem Thema zu tun? Der Geschichtsunterricht hat für die Freizeitgestaltung Rollenspiel wenig gebracht. Bei einem mittelalterlichen Setting spiele ich nicht korrekt, sondern im "kulturellen Konsens" - Ritter reiten, tragen Metall, haben Lanzen und dienen dem König. Wer das Hobby Mittelalter mit Rollenspiel verknüpfen kann, darf das gerne machen, aber ich hätte mangels solidem Wissen dadurch nicht mehr Spaß.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Mike am 17.08.2011 | 01:36
Das ist schon richtig. Ich hatte in der Schule den Eindruck, dass viel im Geschichtsunterricht auch vom Lehrer ab hing. Und die meisten Lehrer fanden das 3. Reich extrem wichtig, da sie fürchteten wenn wir nicht genügend darüber wüssten, würden wir auf ähnliche Ideen kommen. Dabei vergessen sie meiner Meinung nach, dass man ebenso etwas darüber wissen sollte, wie es zur Aufklärung gekommen ist und welche Zustände zuvor herrschten. Gesellschaften können in diese unmoralischen Zustände viel leichter zurück fallen als man gemeinhin annimmt.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Stonewall am 17.08.2011 | 01:37
Es war ja nicht immer nur der Hitler, aber ich habe rückblickend auch nie den Eindruck gehabt, daß die Realität des Geschichtsunterrichts ein zusammenhängendes Geschichtsbild ermöglicht.

Das ist einer meiner Kritikpunkte am Geschichtsunterricht, wie ich ihn erlebt habe: Durch die Konzentration auf ausgewählte Themen entsteht IMHO kaum Verständnis der "langen Geschichte". Nach der athenischen Demokratie wird gleich Cäsar ermordet und von Augustus der Prinzipat etabliert und dann setzt auch schon die Völkerwanderung ein. Nach dem Sonnenkönig bricht sofort die Revolution aus. Die positivistische Fortschrittserzählung des 19. Jahrhunderts muß ich auch nicht unbedingt wiederhaben, und das Auswendiglernen von Krönungsdaten* und preußischen Schlachten braucht auch niemand in der Schule. Aber eine Vermittlung der großen, langen Zusammenhänge könnte doch irgendwie machbar sein.
Aber wie gesagt, begrenzte Stundenzahl, Unterrichtsausfall, unmotivierte Lehrer auf dem Wissensstand der Zeit ihres Staatsexamens, Schulbücher mit Forschungsstand von vor (bestenfalls) zehn Jahren etc... etc...

*Obwohl, meine ich, die Herrscherlisten zumindest unterbewußt die Geschichte als langen Ablauf verdeutlicht und eine mögliche Strukturierung geboten haben. Es galt in Frankreich noch vor nicht allzu langer Zeit auch in erzrepublikanisch gesinnten Kreisen als wertvolles Bildungsgut, die französischen Könige von Hugues Capet bis Louis Philippe zu kennen. Aber da kommen wir auch wieder in den Bereich der Geschichte als gemeinsamer, identitätsstiftender nationaler Erzählung, was heute wohl in Deutschland (aber nicht nur hier) einigermaßen anrüchig scheint... (auch nicht völlig ohne Grund)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: LöwenHerz am 17.08.2011 | 07:46
Nein. Mir ging es um die These, dass an deutschen Schulen ab der Mittelstufe Im Geschichtsunterricht ausschließlich gehitlert wird. Und die halte ich für Unsinn. Genau das hab ich ja auch geschrieben. Da regt man sich einmal auf, schon regen sich allen andern auf. Verdammt.  ;)

Habe ich auch nicht behauptet ;)
Nur, dass es bei uns einen deutlich spürbaren Schwerpunkt hatte. Negativ sehe ich das gar nicht, da wir das Thema sehr differenziert und vielseitig betrachtet haben (u.A. wg 4 unterschiedlichen Geschichtslehrern in dieser Zeit) und es mir Spaß gemacht hat, jedes Jahr wieder sehr gute Noten nach Hause zu bringen. Einmal richtig aufgepasst und der Rest war... äh...  Geschichte!  ~;D

Achja: BJ '78, Hamburger Jung, Abi '98 (jaja, mit 7 eingeschult  ;D ) und ähm... was ist noch wichtig? Schuhgröße 44 1/2
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 17.08.2011 | 08:22
Um zum Ausgangsthema zurückzukehren: Für Rollenspielzwecke ist mir der Götz als rüstungtragender Burgbewohner ritterhaft genug.

"Klassisch" impliziert doch auch ein "nachklassisches" Rittertum? Die ganze Zeit liegt vor meinem fachlichen Schwerpunkt, aber ich bin skeptisch, was die reinliche zeitliche Abgrenzung des "idealen Rittertums" angeht. War das nicht eigentlich eine Leitidee mit zivilisatorischem Impetus, der die realen Umstände nicht unbedingt so recht entsprachen? Als Richard Löwenherz Herzog Leopolds Banner von den Mauern Akkons riß, gings ihm wohl auch um den Anspruch auf die Beute. Andererseits haben die Ideale ja auch bis in die Spätausläufer hinein weitergewirkt (Maximilian I. et al.).

Deshalb schrieb ich ja auch, dass das Bild des Ritters auch nie viel mehr als ein bloßes Bild war. Sicher hat man sich bei der Schaffung dieses Bildes auch bei Realitäten wie den (für damalige Verhältnisse) prächtigen Hoffesten und Jagdmoden Inspiration geholt, aber vor allem war das Rittertum ein Konstrukt des höfischen Romans, genauso wie die Minne ein Konstrukt des Minnesangs war (wie es heute Millionäre gibt, die noch immer den Blues singen, so dürften wohl die allermeisten "Minnesänger" in der Praxis nicht viel von hoher Minne gehalten haben, aber dem Publikum, das in der Praxis bestimmt auch nicht sehr hoch geminnt war, hat das halt irre gefallen).

Natürlich gab es auch nach der klassischen Zeit Ritter. Aber die Werke aus der nachklassischen Zeit sind meist nur noch mehr oder weniger reine Abenteuerromane und haben das Bild nicht mehr geändert, und vor allem haben sie dem Ritter keine Arkebuse in die Hand gedrückt, auch wenn es die da schon lange gab.

:d (zufällig neben Musik auch noch Mediävistik studiert? ;)

Jepp!  :d
Beziehungsweise davor.

- ich kann "Der Rote Ritter" von Adolf Muschg in dem Zusammenhang empfehlen, falls du den nicht eh schon kennst)

Ein unglaublich tolles Buch!!
Allerdings ist das "Original", also der Wolframsche Parzival nicht minder toll.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: MadMalik am 17.08.2011 | 08:26
Ich mag Kanonen, Gonnen, Hakenbüchsen und Mittelalter. Das schliesst sich alles gemeinsam nicht aus...
in dem schulischen Unterricht hat sich trotzdem irgendwann nur noch alles im Kreis von Weimarer Republik zu drittem Reich gedreht. Darum bin ich nicht böse wenn andere da nix drüber wissen... mein Gott ich bin nichtmal böse wenn Leute nix über den zweiten Weltkrieg wissen, weil auch wenn bei uns tausendmal plattgeredet wurde wie die Nazis an die Macht gekommen sind und das sie (scheinbar in der Schulversion ganz alleine) Polen überfallen haben so gab's info über Frankreich Feldzug nur im Nebensatz zwischen der kurzen Info, dass wohl Hitler sich auch nochmal mit Stalin gehauen hat bevor das Schuljahr zu ende war un es wieder Zeit wurde für die Weimarer Republik.  :-X
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 17.08.2011 | 09:02
Ich mag Kanonen, Gonnen, Hakenbüchsen und Mittelalter. Das schliesst sich alles gemeinsam nicht aus...

Das ist vollkommen richtig. Allerdings ist Mittelalterbild nicht gleich Ritterbild. Der klassische Ritter, von dem auch noch der sinnreiche Junker aus der Mancha geschwärmt hat (und den es so nicht so ganz wirklich gegeben hat), rennt halt mit Schwert, Schild und Lanze rum.

Den Götz noch mit dem Mittelalterbild zusammenzubringen, fällt mir ungeheuer schwer, weil in fast allen Bereichen (Wirtschaft, Stadtkultur und vor allem sämtlichen Facetten der Kunst) da bereits schon die Renaissance aber so was von im Gange war.  Mal abgesehen davon, dass die erzkonservativen Deutschen auch noch um 1500 der Meinung waren, man müsste gotische Kirchen bauen. Aber vor allem in Italien ist das 15. Jahrhundert halt schon so demaßen nachmittelalterlich, dass ich den Götz da eigentlich nicht mehr reinkriege.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Zauberelefant am 17.08.2011 | 09:29
Aber der Götz ist doch auch gar nicht als so ein klassischer Ritter angelegt. Das ist doch kein deutscher Don Quichote, der ist halt bloß konservativ und standesbewußt.
Und das Raubrittertum als Symptom eines Bedeutungsverfalls des Rittertums ist ja nur ein Spiegel des Götz, so wie in Michael Kohlhas der Junker von Zaschnitz einer wäre (der nebenbei ja auch fast Zeitgenosse des Götz ist).
Der Götz will zurück zur "guten alten Zeit", weil er die Alternative fürchtet - Aufkommen der Massenheere, endgültiger Niedergang des Ritteradels, etc pp. Die Umformung des Landadels zum preußischen Offizierskorps wird ja noch zweieinhalb Jahrhunderte dauern...
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Samael am 17.08.2011 | 09:34
Mal abgesehen davon, dass die erzkonservativen Deutschen auch noch um 1500 der Meinung waren, man müsste gotische Kirchen bauen.

Warum auch nicht? Sind doch die schönsten.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 17.08.2011 | 09:50
Warum auch nicht?

Weil es schon genug gab.

Sind doch die schönsten.

Nicht die Spätgotischen. Oder zumindest in den seltensten Fällen.

Und: Geschmackssache.
Das mit dem Konservatismus war aber nicht nur eine deutsche Sache. Auch das kulturell abartig hochstehende Venedig hat die Revolutionen aus Rom und Florenz nur sehr zögerlich übernommen. Einige der berühmtesten und gelungensten gotischen Palazzi stammen aus der Zeit, als man in Italien eigentlich gar keine Gotik mehr gebaut hat (allerdings zeigen diese spätgotischen Meisterwerke, wie zum Beispiel die Ca' Foscari schon ganz überdeutliche Renaissance-Einflüsse). Gotische Kirchen wurden aber meines Wissens nach 1470 auch dort nicht mehr gebaut (allerdings hat man zuvor begonnene Kirchen auch danach noch eine Weile gotisch fertig gebaut).
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Xemides am 17.08.2011 | 10:04
Pisa

Wie gesagt, mein Schulbesuch auf einer Realschule war lange vor Pisa, und um mich geht es dabei.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Yehodan ben Dracon am 17.08.2011 | 10:07
Ach, wieder ein Faden, bei dessen überfliegen ich bereits konstatieren muss, dass ich einfach zu ungebildet bin, um mitzureden  ;)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Pyromancer am 17.08.2011 | 10:11
Die Primärquellen stehen um uns rum. Wollt ihr mir allesamt ernsthaft erzählen, dass ihr in eurer Kindheit nie eine Burg von Innen gesehen habt?
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Xemides am 17.08.2011 | 10:12
Die Primärquellen stehen um uns rum. Wollt ihr mir allesamt ernsthaft erzählen, dass ihr in eurer Kindheit nie eine Burg von Innen gesehen habt?

Ja, will ich. Denn hier in Schleswig-Holstein stehen relativ wenig davon rum.

Wohl aber das wesentlich später erbaute Holstentor und gotische Kirchen in Lübeck. Lübeck war immer eine bürgerliche Stadt.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Teylen am 17.08.2011 | 10:14
Auf den Burgen auf denen ich war, waren keine Kanonen, soweit ich mich erinnern kann.

Wobei ich mich spontan nur an die Burgruine vor dem Eifeldorf erinnre und die Genovevaburg das heisst auf der Genovevaburg war ich wohl auch, aber da war noch eine andere, an der Mosel, wo wir durch die Fuchsgaenge gestiegen sind (wenig erlaubter weise) ^^; [Wenn ich mich richtig erinnere muesste es Ehrenfels bei St. Goar gewesen sein] Beziehungsweise die Festung Ehrenbreitstein zaehle ich nicht dazu.

[Allerdings gab es da zumeist Schiessschaechte, iirc]

Nun und in Belgien hat man zu meist (mehr oder weniger) gotische Kirchen gebaut. Unmassen davon.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Ahlaunalana am 17.08.2011 | 10:17
Ich würde sagen, mein Ritterbild ist durchaus auch durch die alten Filme geprägt. Mein Vater steht total auf diese alten Dinger, ich bin also quasi damit aufgewachsen. Später kam dann durch mein Interesse am Lesen die Artussagen, Parzival, Götz etc. dazu. :)

Zu der Schuldiskussion muss ich aber auch sagen (ich bin Baujahr 81) dass das 3. Reich wirklich einen riesegen Schwerpunkt im Lehrplan dargestellt hat. Möglicherweise liegt das auch mit am Lehrer...Ich hatte bis zur Oberstufe nur kurz die Römer (5 Klasse), wir haben uns noch nicht mal mit der Geschichte von Bielefeld beschäftigt (wäre naheliegend gewesen, da wir hier die Sparrenburg haben die im Besitz der Grafen von Ravensberg war). An sonsten zwei mal die NS-Zeit und damit zusammenhängend die Verfolgung der Juden in der deutschen Geschichte(immerhin!) und kurz die französische Revolution. Ich war auf einer Gesamtschule, richtigen Geschichtsunterricht hatten wir bis zur Oberstufe also nicht. das Fach hieß Gesellschaftslehre und da ist alles drin von Geschichte über Politik bis hin zu Geographie.
In der Oberstufe (ich hatte Geschichts LK). Selbst da haben wir erst bei Bismark angefangen und sind dann über den ersten Weltkrieg zum 3. Reich bis zum Mauerbau.
Aus heutiger Sicht muss ich aber sagen, dass jedes Thema wirklich nur angerissen wurde. Ich schaue viel DMAX und N24. Bei den ganzen Dokus fällt mir immer wieder auf, wie viel ich in der Schule gar nicht gelernt habe. Z.B. war ich neulich ganz erstaunt was denn bitte China mit dem 2 Weltkrieg zu tun hatte... :o
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: גליטצער am 17.08.2011 | 10:21
Die Primärquellen stehen um uns rum. Wollt ihr mir allesamt ernsthaft erzählen, dass ihr in eurer Kindheit nie eine Burg von Innen gesehen habt?
Und wer sagt Dir, dass die Kanonen nicht erst später dahingestellt wurden? Also danach würd' ich jetzt ja nicht unbedingt gehen...
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: El God am 17.08.2011 | 10:25
Die Primärquellen stehen um uns rum. Wollt ihr mir allesamt ernsthaft erzählen, dass ihr in eurer Kindheit nie eine Burg von Innen gesehen habt?

Die Burgen, an die ich mich erinnern kann, in denen es tatsächlich Kanonen gegeben hat oder noch gibt (z.B. Königstein) oder die Spuren von Kanonenbeschuss zeigen (in einigen steckt ja noch die eine oder andere Kugel, iirc z.B. Frauenstein) stammen allesamt nicht aus dem Mittelalter bzw. da stammen die Spuren des Beschusses nicht aus dem Mittelalter. In der Dresdener Rüstkammer gibt es zwar jede Menge Schusswaffen - aber keine aus dem Mittelalter. Also nein. Ich bringe Kanonen wirklich auch eher nicht mit dem klassischen Ritter in Verbindung, viel eher mit einer Zeit, wo dieser schon fast obsolet war, verdrängt von Söldnerheeren etc.

Kernproblem sehe ich in der schwammigen Definition des Begriffes Mittelalter (meine liebste Eingrenzung: 800 (Karl der Große) bis 1492 (Amerika wieder mal entdeckt)) und Ritter (gibts ja quasi heute noch...) und vor allem im Bezug auf DSA (da kam das Thema ja her, oder), das mit Mittelalter nur stellenweise zu tun hat, sonst (v.a. dort, wo es vom Setting her sinnvoll Kanonen etc. geben könnte) aber schon in der Renaissance ist (wobei mir auch da begrifflich graust... DSA ist ein wilder sinnloser Mischmasch aller möglicher Epochen betrachtet durch die Brille des Hobbyhistorikers mit Romanattitüde).
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Seth am 17.08.2011 | 10:37
Ein unglaublich tolles Buch!!
Allerdings ist das "Original", also der Wolframsche Parzival nicht minder toll.

Auf jeden Fall, allerdings reicht mein Mittelhochdeutsch dafür nicht aus, da muss meine bessere Hälfte ran und mir helfen  ;D

Was den Ritter im Spätmittelalter betrifft: Zumindest der "idealisierte Ritter", der, wie du schon gesagt hast, quasi nur in der hohen Minne konstruiert wurde, kann doch zu dem Zeitpunkt nicht mehr wirklich existiert haben, oder? Zumindest ich hab' das beim Lesen der höfischen Romane so wahrgenommen. Wenn beim Roten Ritter Parzival das Rittertum als Solches bereits wegen der Armbrust im Untergang begriffen sieht, da elitäre Künste und Fähigkeiten damit nicht mehr gebraucht werden (weil auch jeder Laie eine Armbrust bedienen kann), dann muss das mit der Arkebuse doch umso "schlimmer" sein.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: LöwenHerz am 17.08.2011 | 10:39
Ach, wieder ein Faden, bei dessen überfliegen ich bereits konstatieren muss, dass ich einfach zu ungebildet bin, um mitzureden  ;)

Ja, beizeiten hat man das Gefühl, von einigen aus Diskussionen wegen weniger Fachwissens ausgeschlossen zu werden... oder wegen inkompatiblen Meinungen. Aber hier hält sich das doch wirklich in Grenzen ;)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Pyromancer am 17.08.2011 | 10:46
Und wer sagt Dir, dass die Kanonen nicht erst später dahingestellt wurden? Also danach würd' ich jetzt ja nicht unbedingt gehen...

Wie es wirklich war kann man ja im Geschichtsbuch nachlesen, und die Entwicklung der Waffentechnologie ist so gut dokumentiert, dass es da meines Wissens nach keine größeren Streitpunkte gibt.

Ich finde es nur interessant, dass mein persönliches Mittelalterbild wohl sehr stark vom Spätmittelalter / der Frührenaissance geprägt ist (Ritter in Ritterrüstungen, Kanonen, Raubritter, in meinem Kopf zählen sogar die Bauernkriege noch halb zum Mittelalter), und in meinen frühkindlichen Erinnerungen stehen auf jeder Burg Kanonen herum.

Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Zauberelefant am 17.08.2011 | 10:49
Zitat
Was den Ritter im Spätmittelalter betrifft: Zumindest der "idealisierte Ritter", der, wie du schon gesagt hast, quasi nur in der hohen Minne konstruiert wurde, kann doch zu dem Zeitpunkt nicht mehr wirklich existiert haben, oder?
Natürlich nicht. Da haben sich Leute eine Vergangenheit zurechtsgestrickt, die sie den Zeitgenossen als Spiegel vorhalten konnten. Vergleiche hierzu: Geschichte im Faschismus, Deutsche Romantik (Wagner!), Konservative Weltsicht im Allgemeinen.
Eigentlich hat ja so ziemlich jeder historische Wurzeln, die ein Stück weit seine gegenwärtige Weltsicht prägen...oder umgekehrt?  ;)
Den Effekt gibts ja auch nochmal umgekehrt: Schlimme Dinge sind singuläre Ereignisse, die ÜBERHAUPT NICHTS mit davor und danach zu tun haben. Hitler? Eintagsfliege, davor und danach waren wir alle Demokraten. Solche Verkürzungen (in beide Richtungen) dienen immer einem bestimmten Zweck, und sollten deshalb mißtrauisch beäugt werden.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Ein am 17.08.2011 | 10:51
Die Primärquellen stehen um uns rum. Wollt ihr mir allesamt ernsthaft erzählen, dass ihr in eurer Kindheit nie eine Burg von Innen gesehen habt?
Auf Schloss Burg gibt es keine Kanonen und auch keine Kanonenschäden, da im Bergischen Land außer kleineren Scharmützeln gegen die Sachsen im 10. Jhr. nie gekämpft wurde. Bei der Auseinandersetzung zwischen den Berg und dem Erzbischof von Köln hat man sich in Worringen zur Schlacht (1288?) getroffen.

Die Lage des Schlosses hätte den Einsatz von Artillerie aber vermutlich eh verhindert, wenn die Berg nicht eh um 1340 ihre Residenz nach Düsseldorf verlegt hätten.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 17.08.2011 | 10:52
Ich erinnere mich da mit Freuden an den Vollharnisch des Erbauers der Ottonischen Kirche oder den Zweihänder der Merseburger Heinrich des Voglers im Museum.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: MadMalik am 17.08.2011 | 11:07
Meine Kopfkino Ritter tragen meist Kette und Großhelm, aber meine Kopfkino-Ritter schlachten auch auf Einladung meist ungläubige slaven in Polen-Litauen und stehen auf moralisch sehr dünnem Eis... im Hochsommer... Sonnenschein... und jemand zündet gerade Lagerfeuer auf dem Moral-Eis an.  :gasmaskerly:
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 17.08.2011 | 11:14
Wie es wirklich war kann man ja im Geschichtsbuch nachlesen, und die Entwicklung der Waffentechnologie ist so gut dokumentiert, dass es da meines Wissens nach keine größeren Streitpunkte gibt.

Ich finde es nur interessant, dass mein persönliches Mittelalterbild wohl sehr stark vom Spätmittelalter / der Frührenaissance geprägt ist (Ritter in Ritterrüstungen, Kanonen, Raubritter, in meinem Kopf zählen sogar die Bauernkriege noch halb zum Mittelalter), und in meinen frühkindlichen Erinnerungen stehen auf jeder Burg Kanonen herum.

Ich denke, das Problem ist, dass von "klassischen" Ritterburgen zum beispiel aus der Stauferzeit meist erbärmlich wenig übrig ist. Warum? Weil es später Kanonen gab, mit denen diese Anlagen zerstört wurden, oder weil so obsolet wurden, aufgegeben und abgetragen wurden. Viele Burgen, die noch überlebt haben, sind aus der Zeit, als man bereits mächtigere Mauern gegen Kanonenbeschuss errichtet hat (oder auch die Bastionen, die erst zu Kanonenzeiten aufkamen). Oder sie wurden in dieser Zeit zusätzlich befestigt. Ich weiß jedenfalls aus meiner Kindheit, das ich von alten Burgen immer nur Steinhäufen gesehen habe, während es sich bei den Exemplaren, wo noch richtig was zu sehen war, meist um "Festungen" aus dem Spätmittelalter oder der frühen Neuzeit gehandelt hat.

Das allermeiste, was wir als mittelalterliche Städte bezeichnen (Fachwerk), stammt ja ebenfalls aus Renaissance und Barock. Oftmals sind nur Kirchen, Stadtmauern und die Straßenführung noch wirklich mittelalterlich.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 17.08.2011 | 11:31
Die Primärquellen stehen um uns rum. Wollt ihr mir allesamt ernsthaft erzählen, dass ihr in eurer Kindheit nie eine Burg von Innen gesehen habt?

Ja. Das was hier rumsteht ist bewohnt und nicht öffentlich oder nur noch ein Steinhaufen. Nicht jeder hat das Rheintal vor der Haustür und viele Stadtburgen/Schlösser haben den Krieg nicht überstanden. In D hab ich vor meinem 18. Lebensjahr eigentlich nur die Ludwig I Sachen gesehen (H-Chiemsee, N-Stein) und die Festungen alter/neuer preussischer Art (EB-Stein, W-Stein). Und eben Dinge aus der Backstein-Gothik sowie diverse Kirchen/Klöster

Die ersten (halbwegs) intakten Burgen habe ich in den 2000ern von innen gesehen, in GB. Und da sind ja dank langer Verwendung Schußwaffen z.T. durchaus "korrekt" für die Burg im Ist-Zustand.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 17.08.2011 | 11:40
Meine Kopfkino Ritter tragen meist Kette und Großhelm, aber meine Kopfkino-Ritter schlachten auch auf Einladung meist ungläubige slaven in Polen-Litauen und stehen auf moralisch sehr dünnem Eis... im Hochsommer... Sonnenschein... und jemand zündet gerade Lagerfeuer auf dem Moral-Eis an.  :gasmaskerly:

Da empfehle ich die Lektüre einer neutral-nichtwertenden Studie zum Thema "Deutscher Orden in Polen":

Die Kreuzritter von Henryk Sienkiewicz

Das setzt das Bild dann gerade  :Ironie:
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Oberkampf am 17.08.2011 | 12:12
wir haben uns noch nicht mal mit der Geschichte von Bielefeld beschäftigt

Ein absolut unerlässliches Thema für jedes Conspiracy-Rollenspiel (http://www.youtube.com/watch?v=KWoJDcXvD1g&feature=related).
Hat die deutsche Rollenspielerjugend ihr Bielefeldbild nur noch aus dem Internet und den X-Files?

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Stonewall am 17.08.2011 | 12:29
Da empfehle ich die Lektüre einer neutral-nichtwertenden Studie zum Thema "Deutscher Orden in Polen":

Die Kreuzritter von Henryk Sienkiewicz

Das setzt das Bild dann gerade  :Ironie:

Nicht zu vergessen Sergej Eisensteins Filmdokumentation "Alexander Newski":

Wenn dem Deutschordensritter zu wohl ist, geht er aufs Eis kämpfen... (http://www.youtube.com/watch?v=jxlLbKspcQQ)  ~;D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 17.08.2011 | 12:40
Nicht zu vergessen Sergej Eisensteins Filmdokumentation "Alexander Newski":

Wenn dem Deutschordensritter zu wohl ist, geht er aufs Eis kämpfen... (http://www.youtube.com/watch?v=jxlLbKspcQQ)  ~;D

Aber die Musik! Die Musik!  :d
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: MadMalik am 17.08.2011 | 12:49
Den Film hab ich noch nie geschaut, muss ich wohl nachholen. Für die genutzte Technick extrem episch.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 17.08.2011 | 12:55
Den Film hab ich noch nie geschaut, muss ich wohl nachholen. Für die genutzte Technick extrem episch.

Eisenstein ist "klassisches Propagandakino" aus Stalin-Zeiten. VIIIL Pathos aber z.T. halt auch "bombastische" Musik.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: MadMalik am 17.08.2011 | 12:56
Ich mag Propagandakino, das ist meist das beste Kino.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: 6 am 17.08.2011 | 13:02
Die Primärquellen stehen um uns rum. Wollt ihr mir allesamt ernsthaft erzählen, dass ihr in eurer Kindheit nie eine Burg von Innen gesehen habt?
So weit ich mich erinnere, stehen weder auf der Burg Trifels noch auf der Burg Berwartstein (das waren die zwei Burgen, die wir schultechnisch ein paar mal angesteuert sind. Im Senckenbergmuseum waren wir allerdings häufiger... warum auch immer...) Kanonen.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 17.08.2011 | 13:24
Was man auf Trifels sieht, ist ja auch zum allergrößten Teil 19. Jahrhundert, oder?
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: 6 am 17.08.2011 | 13:29
Da der Großteil der zur Schau gestellten Sachen eh nur Repliken sind, könnte das hinkommen.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 17.08.2011 | 13:31
Oft ist das verwendete Mittelalterbild doch auch eine Frage von

+ Was will die Gruppe
+ Was ist in der Gruppe

Viele "Wissen" was real abgelaufen ist und finden dieses MA Bild für Rollenspiel langweilig (GURPS mit seinen Seuchentabellen und Infektionsregeln kann hier "Spass" bringen). Also verwenden wir ein Alternatives MA Bild das wir aus den "klassischen" Filmen der 1940er-1960er haben. Charlton Heston als Normanne, Kirk Douglas als Wikinger etc. Das ist viel zu "sauber" und "seuchenfrei" aber es kann genau das sein was wir wollen.

Und je nach dem was "dazu gehört" sind dann halt auch noch frühe Kanonen und Gewehre (Türken vor Wien) mit im "Mittelalter" wenn es denn in das Szenario passt (IIRC waren bei Tannenberg schon Steinbüchsen dabei UND klassische Ritter)


Wenn die Gruppe einen Stitch-Nazi hat kann jede Abweichung von "DER GESCHICHTE" in Dauerdiskussionen enden.

Wenn die Gruppe das locker sieht gibt es halt ne "König Artus" Variante im Stil von "Knights of the Round Table" (Mel Ferrer, Ava Gardner, Robert Taylor) weil das "dem Bild entspricht" (bzw. man zur Einführung den Film sieht, dazu vieleicht noch "The Court Jester"). Oder eine "Renegaten-Kampagne" basierend auf "König der Diebe" und "König der Vagabunden"


Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Belan am 17.08.2011 | 14:56
Ich bin beeindruckt wieviel ihr von eurer Schulzeit noch wisst.

Ich hab mein Mittelalterbild tatsächlich auch eher aus Filmen, Excalibur ist da das erste was mir einfällt.
Kanonen verbinde ich mit einer viel späteren Zeit. So 16. Jhd. Warum kann ich nicht mal konkret sagen.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Skele-Surtur am 17.08.2011 | 15:16
Eisenstein ist "klassisches Propagandakino" aus Stalin-Zeiten.
Darum hat der Priester der Deutschordensritter in diesem Film ja auch ein Hakenkreutz auf der Mithra.  ;)

http://www.youtube.com/watch?v=KoPMkIveWaw&feature=related (http://www.youtube.com/watch?v=KoPMkIveWaw&feature=related)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Stonewall am 17.08.2011 | 18:31
Darum hat der Priester der Deutschordensritter in diesem Film ja auch ein Hakenkreutz auf der Mithra.  ;)

http://www.youtube.com/watch?v=KoPMkIveWaw&feature=related (http://www.youtube.com/watch?v=KoPMkIveWaw&feature=related)

Nicht nur das. Man beachte zB bei 0:20 und 0:56 den Ritter mit der erhobenen Hand als Helmzier oder ab 0:59 die Helmform der Fußknechte...
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 17.08.2011 | 19:08
Nicht nur das. Man beachte zB bei 0:20 und 0:56 den Ritter mit der erhobenen Hand als Helmzier oder ab 0:59 die Helmform der Fußknechte...

Na ja, man weiss ja nie, wann man den Deutschen den Krieg erklären will. Ggf. kann man dan vorher noch mal national-antideutsche Gefühle wecken, ein paar Schulkinder aus Pskov in die Luft jagen und dann versuchen die BRD zu überfallen (http://en.wikipedia.org/wiki/Red_Storm_Rising)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: MadMalik am 17.08.2011 | 19:10
Der war schon gezielt als Anti-3te Reichspropaganda geplant, was halt schon irgendwo Banane ist wenn man gleichzeitig das dritte Reich im eigenen Land Panzer testen lässt, damit die Westmächte nicht mitbekommen, das die deitschen doch verbotene Kriegswaffen besitzen und dann auch noch mit selben 'Feind' sich an einen Tisch setzt und fröhlich Polen untereinander aufteilt. :D
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Stonewall am 17.08.2011 | 19:15
Aber die Musik! Die Musik!  :d

Prokofieff ist ja einer der Komponisten, von dessen Arbeiten heute noch Heerscharen von Filmmusikkomponisten zehren.

Am Sonntag hat der BR aus London die Konzertfassung der Filmmusik, die "Alexander-Newski-Kantate" übertragen. Meine CD-Wunschliste wird auch nicht kleiner...
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Wyrδ am 17.08.2011 | 19:42
Die Primärquellen stehen um uns rum. Wollt ihr mir allesamt ernsthaft erzählen, dass ihr in eurer Kindheit nie eine Burg von Innen gesehen habt?

Burgen taugen aber noch lange nicht automatisch als Primärquelle, da viele in späteren Jahrhunderten umgebaut worden sind und absolut nicht mehr ihrem Zustand während des Mittelalters entsprechen. Auch die Ausstattung ist oftmals nicht mehr so, wie während des Mittelalters. Burg Linn in Krefeld und Schloss Burg in Solingen sind die Burgen, die ich am häufigsten besucht habe und Paradebeispiele für den oben genannten Sachverhalt. Burg Kanzach aus dem 14. Jahrhundert eignet sich nach meinem Wissen wesentlich eher als Quelle.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Eismann am 17.08.2011 | 20:05
Um ein wenig klugzuscheißen sei gesagt, dass Schloss Burg nicht nur umgebaut, sondern am Ende des 19. Jahrhunderts mehr oder weniger komplett neu gebaut wurde. Der Historismus, grade nach der Reichsgründung, hat in das Mittelalterbild ziemlich reingeschlagen. Andererseits sollte man auch dankbar sein, denn der Romantik-Kitsch hält wenigstens das Interesse am Mittelalter halbwegs wach.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 17.08.2011 | 20:21
Burgen die halbwegs "korrekt" sind dürften die aus dem "Iron Ring" um Wales sein. Also Convy, Caernavon, Beuamarais, Harlech
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Eismann am 17.08.2011 | 20:36
Ich sach mal so:
"Historisch korrekt" ist wie immer relativ. Motten sehen anders aus als "Heinrichsburgen", die anders als staufische Höhenburgen und die anders als spätmittelalterliche Wasserburgen. Dass fast nur spätmittelalterliche Burgen in mehr oder weniger funktionsfähiger Form, und natürlich oftmals später um- und überbaut übrig sind, ist halt eine Sache der baulichen Evolution. Warum sollte sich jemand auch die Mühe machen eine karolingische Motte aus Holz über 1200 Jahre hinweg im Originalzustand zu halten?
Und ein Hügel oder ein paar schwach als solche zu erkennende Gräben irgendwo im Wald hauen halt kaum einen vom Hocker.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 17.08.2011 | 20:55
Die vier genannten sind ja aus der Zeit von "Edward I, Longshanks" (Das ist der aus Braveheart  >;D ) und wurden dann nicht mehr umgebaut/angepasst da Wales relativ schnell "friedlich" wurde. Anders als etwa der "Tower" den sie ja diverse Male umgebaut haben, zuletzt im 19. Jahrhundert. Und mehr als Schutthaufen sind sie auch. Conwy ist etwa so aufgeräumt wie ne Junggesellenwohnung, Caernavon etwas besser.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Captain am 24.08.2011 | 13:12
...damals, wir sind ja noch jeden Morgen 10 km zur Schule gelaufen, durch den Schnee, BARFUSS, bergauf, und zwar in beide Richtungen...
Oh ja, damals, als wir noch in Einsen und Nullen unseren Programmcode geschrieben haben und uns manchmal sogar die Einsen ausgingen...
Ich gratuliere zum interessanten Musikgeschmack. DAS Zeug kenn nun wirklich nicht jeder.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Falke359 am 31.08.2011 | 19:32
ohne die ganzen Beiträge jetzt gelesen zu haben:

Angesichts der Tatsache, dass mit "dem Mittelalter" eine etwa 1000jährige Epoche bezeichnet wird, ist es gar nicht so leicht, ein kohärentes Bild "des Mittelalters" zu erwarten.

Interessant finde ich immer noch den Irrglauben, im Mittelalter seine die Leute davon ausgegangen, die Erde sei eine Scheibe oder man habe in dieser "dunklen" Zeit die meisten Hexen verbrannt.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Phantagor am 31.08.2011 | 19:40
Ich finds lustig das hier alles als Mittelalterarchäologe (bzw Archäologie im Allgemeinen) und Mittelalter-Geschichtler zu lesen^^...

Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Falke359 am 31.08.2011 | 19:42
Ich finds lustig das hier alles als Mittelalterarchäologe (bzw Archäologie im Allgemeinen) und Mittelalter-Geschichtler zu lesen^^...

geht mir ähnlich  ;)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Skele-Surtur am 31.08.2011 | 20:26
Ich finds lustig das hier alles als Mittelalterarchäologe (bzw Archäologie im Allgemeinen) und Mittelalter-Geschichtler zu lesen^^...


Das geht mir schon als interessierter Laie nicht anders.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 1.09.2011 | 08:23
Interessant finde ich immer noch den Irrglauben, im Mittelalter seine die Leute davon ausgegangen, die Erde sei eine Scheibe oder man habe in dieser "dunklen" Zeit die meisten Hexen verbrannt.

Finde ich auch interessant, aber ich meine immerhin, dass das hier niemand behauptet hat, oder?

Ich finds lustig das hier alles als Mittelalterarchäologe (bzw Archäologie im Allgemeinen) und Mittelalter-Geschichtler zu lesen^^...

@Phantagor, Falke 359 und Surtur:
Anstatt zu lachen, fände ich es viel hilfreicher, wenn Ihr Euch die Mühe machen würdet, uns ahnungslose Witzfiguren aufzuklären! Oder sagt doch wenigstens, welche Aussagen hier in diesem Thread so amüsant sind.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: 8t88 am 1.09.2011 | 08:36
Deine Aussage ist falsch und durch den deutschen Romantismus geprägt. Ritter gab es bis ins 13./14. Jahrhundert, Geschütze belegt ab dem 13. Jhr.
Kugeln waren (AFAIK) der Grund warum Ritter irgendwann kein Kettenhemd mehr hatten sondern diese Vollrüstungen... bis man gemerkt hat dass solche Rüstungen nicht mehr Praktikabel sind...
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Terrorbeagle am 1.09.2011 | 09:56
Kugeln waren (AFAIK) der Grund warum Ritter irgendwann kein Kettenhemd mehr hatten sondern diese Vollrüstungen... bis man gemerkt hat dass solche Rüstungen nicht mehr Praktikabel sind...

Nun, schwerere Metallrüstungen und Feuerwaffen coexistierten für eine lange, lange Zeit, locker 300 Jahre oder so, und wenn man Sonder- und Spezialfälle wie Kürassiere in der Napoleonischen Ära mit rein nimmt, auch weitaus länger.
Es ist immer fraglich, in wie fern man von einem oder dem Grund ausgehen kann, der zu einer Veränderung geführt haben soll. Im richtigen Leben ist Monokausalität verdammt selten, in aller Regel gibt es immer eine Vielzahl von Argumenten und EInflüssen, die eine Entwicklung bedingen oder beeinflussen.
In dem konkreten Beispiel kann ich zum Beispiel anführen, dass ein wichtiger Faktor war, dass Kettenhemdherstellung zwar keine besonders hohen Kenntnisse erforderte, aber sehr zeitintensiv war, sprich man sehr viele Personenstunden für die Fertigung eines Stücks benötigte. Das war so lange kein Problem, so lange Arbeitszeit, gerade von ungelrnten Arbeitskräften vergleichsweise billig war. Nachdem dann aber durch die verschiedenen Pestepidemien in Europa zu einem deutlichen Bevölkerungsschwund führte, wurde die vorher sehr billige Arbeitszeit durch schiere Verknappung an Arbeitskräften sehr viel teurer, was dazu führte, dass der große Vorteil von Kettenrüstungen, nämlich dass sie schlicht weserntlich billiger waren, deutlich weniger ins Gewicht fielen.
Es ist unwahrscheinlich, dass das der einzige Grund war, aber ich fand die Erklärung immer recht plausibel.   
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Phantagor am 1.09.2011 | 11:52
@Phantagor, Falke 359 und Surtur:
Anstatt zu lachen, fände ich es viel hilfreicher, wenn Ihr Euch die Mühe machen würdet, uns ahnungslose Witzfiguren aufzuklären! Oder sagt doch wenigstens, welche Aussagen hier in diesem Thread so amüsant sind.

*Hust* ich zumindest lache nicht über euch, zumindest scheint das aber bei dir angekommen zu sein....man muss nicht immer gleich alles persönlich nehmen^^...oder versuchen offensiv zu werden^^.

Lustig is eher, das es auch in der wissenschaft keinen absolut einheitlichen stand gibt. und amüsiert hat mich nur, das sovieles was wir hier erforschen und machen, da draußen garnicht ankommt. so gesehen war das von mir sehr selbstironisch, weil es zeigt, das irgendwie das was ich mache, garnicht so sehr von der öffentlichkeit aufgenommen wird.

aber davon abgesehen: lösst (lößt?) euch auf jeden fall vom bild los, das das mittelalter dunkel, dumm etc war...gestunken hat es sicherlich (ich hab hier gerade nen bericht über lübeck rumliegen, ne ausgrabung im fleischhauermarkt....da is der gesamte markt mit einer 50cm! hohen schicht aus fett (natürlich nur die verfärbung im boden ist übrig bzw die phosphatüberreste) und knochen durchsiebt...daneben gibt es schriftliche quellen, die berichten, das schweine da jeden tag durchgetrieben wurden...man darf sich also vorstellen, das die fleischhauer da jeden tag ihre abfälle auf den boden geworfen haben und die schweine sich daran gemästet haben...das das stinkt, is sicherlich nachvollziehbar...


was btw die reinlichkeit angeht, so gibts da zig quellen, die alle unterschiedliches sagen...alleine die regula benedicti und ihre auslegung in melk sind so unterschiedlich, was das waschen angeht, das man hier wirklich keine gesicherten aussagen treffen kann...

ansonsten: hermann der lahme is wohl eines der coolsten beispiele für mittelalterliche wissenschaft...er ist schließlich derjenige, auf den unsere einteilung von stunden in 60minuten zurückgeht....oder der die mondphasen berechnet hat und bereits wusste, das der mond vom licht der sonne leuchtet....

es gibt nur zwei arten wie man das mittelalter fürs rollenspiel hernehmen kann: 1) hardcore und realistisch, dann kann man aber alles einpacken, was der laie vom mittelalter vermeint zu wissen und kann fast alles aus dsa und dnd in die tone treten, weil die "möglicherweise" sich vllt mal eingelesen haben, aber nen forschungsstand von vor 20jahren haben....oder 2) so wie man es aus film, fernsehn etc kennt...was auch net schlecht ist....nur bitte net beides vermischen...

auf jeden fall ist das mittelalter was politik, wissen und aberglaube angeht, verdammt kompliziert und eigentlich garnicht so weit weg von uns...im dem sinne, das sie nicht blöder oder dümmer oder dunkler waren als wir...man muss eben nur vorsichtig sein, wie weit man geht.


Oh und nochwas wichtiges: niemals vom rezenten beispiel ausgehen..das haben forscher im 19. und noch anfang des 20. jhs. gemacht...und sind damit dick auf die schnauze gefallen...es gibt/gab fibel formen, die sich z.b. in ihrer aufwendigen herstellungs und verzierrungsweise unterscheiden...anfangs ging man davon aus, das die fibeln die einfacher gehalten sind, älter sind...mittlerweile weiß man, das das nicht unbedingt der fall ist...deswegen niemals versuchen etwas von damals mit unserer heutigen sicht erklären zu wollen
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Eismann am 1.09.2011 | 11:56
In dem konkreten Beispiel kann ich zum Beispiel anführen, dass ein wichtiger Faktor war, dass Kettenhemdherstellung zwar keine besonders hohen Kenntnisse erforderte, aber sehr zeitintensiv war, sprich man sehr viele Personenstunden für die Fertigung eines Stücks benötigte. Das war so lange kein Problem, so lange Arbeitszeit, gerade von ungelrnten Arbeitskräften vergleichsweise billig war. Nachdem dann aber durch die verschiedenen Pestepidemien in Europa zu einem deutlichen Bevölkerungsschwund führte, wurde die vorher sehr billige Arbeitszeit durch schiere Verknappung an Arbeitskräften sehr viel teurer, was dazu führte, dass der große Vorteil von Kettenrüstungen, nämlich dass sie schlicht weserntlich billiger waren, deutlich weniger ins Gewicht fielen.
Es ist unwahrscheinlich, dass das der einzige Grund war, aber ich fand die Erklärung immer recht plausibel.   

Außerdem nimmt die verwendbare Metallmenge mit den Jahrhunderten zu. Eisen wird billiger, die Verarbeitung von Stahl üblicher, entsprechend wird es auch vom Material her billiger einen Harnisch herzustellen. Die ganze Sache kippt dann mehr oder weniger durch die wirtschaftliche und politische Entwertung des Rittertums und die deutlich billigeren Mietheere aus Landsknechten.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Sir Markfest am 1.09.2011 | 11:57
....nur bitte net beides vermischen...

Warum nicht?
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Oberkampf am 1.09.2011 | 12:08
reinlichkeit angeht, so gibts da zig quellen, die alle unterschiedliches sagen...alleine die regula
es gibt nur zwei arten wie man das mittelalter fürs rollenspiel hernehmen kann: 1) hardcore und realistisch, dann kann man aber alles einpacken, was der laie vom mittelalter vermeint zu wissen und kann fast alles aus dsa und dnd in die tone treten, weil die "möglicherweise" sich vllt mal eingelesen haben, aber nen forschungsstand von vor 20jahren haben....oder 2) so wie man es aus film, fernsehn etc kennt...was auch net schlecht ist....nur bitte net beides vermischen...

+1

Das entspricht ziemlich genau meiner eigenen Ansicht - und ich habe mich bei allen historischen genres bewusst für Weg 2 entschieden.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Phantagor am 1.09.2011 | 12:10
Warum nicht?

hab vergessen anzufügen: ...und für ein realistisches mittelalterbild halten...


also: bitte nicht beides zusammenmischen und dann glauben, so sah es wirklich aus^^...aber gut, wer macht das schon^^ (außer galileo mystery^^)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Rabenstein am 1.09.2011 | 13:46
Danke für deinen sehr guten Beitrag!  :d

Wie du richtig schreibst, sollte man wissenschaftliche Fakten und Erfundenes nicht mischen und dann für real halten. Die Vermischung ansich finde ich im Sinne des Rollenspiels nicht grundsätzlich schlecht.
Wenn man eine Fantasywelt in Anlehnung ans reale Mittelalter baut, muß man nun mal Fakten schaffen. Wenn die Wissenschaft zu einer bestimmten Frage keine eindeutige Antwort geben kann, weil die Quellenlage z.B. nicht klar ist, muß ich mich als SL auf zumindest eine Lehrmeinung festlegen. Oder eben etwas erfinden. Als Rollenspieler darf man das, als Wissenschaftler natürlich nicht. ;)

Auf jeden Fall ein spannendes Thema, da ich zur Zeit selbst Stück für Stück am Entwurf einer spätmittelalterlich orientierten Welt arbeite. Und ich bin mir selbst noch nicht ganz klar, wo ich die Grenze zwischen historischen Tatsachen und Fantasy ziehe.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Skele-Surtur am 1.09.2011 | 14:08
@Phantagor, Falke 359 und Surtur:
Anstatt zu lachen, fände ich es viel hilfreicher, wenn Ihr Euch die Mühe machen würdet, uns ahnungslose Witzfiguren aufzuklären! Oder sagt doch wenigstens, welche Aussagen hier in diesem Thread so amüsant sind.
Sry. Das war vielleicht etwas patzig. Worum es mir geht: Das überhaupt von "dem Mittelalter" gesprochen wird. Die Aussage "Im Mittelalter war das so und die Leute haben jenes gedacht" kann garnicht richtig sein, weil das Mittelalter eine lange Epoche ist in der sich viele Dinge entwickelt haben und was wie war und wer was gedacht hat ist erstens Regional (selbst wenn wir in Europa bleiben) und zweitens massiv von der sozialen Schicht abhängig. Hygiene, Weltbild, Denkweise... da gibt es nicht das Mittelalter.

Edit: Ich glaube übrigens, dass die meisten hier im Thread das schon wissen. Aber wenn man "Mittelalter" hört, dann hat man als Laie eben ein bestimmtes Bild im Kopp, ich zum Beispiel die Zeit um die ersten Kreuzzüge. Und das ist für einen dann halt "das Mittelalter" von dem man aus argumentiert. Eigentlich ist einfach nur der Begriff reichlich unpräzise.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Phantagor am 1.09.2011 | 17:04
Sry. Das war vielleicht etwas patzig. Worum es mir geht: Das überhaupt von "dem Mittelalter" gesprochen wird. Die Aussage "Im Mittelalter war das so und die Leute haben jenes gedacht" kann garnicht richtig sein, weil das Mittelalter eine lange Epoche ist in der sich viele Dinge entwickelt haben und was wie war und wer was gedacht hat ist erstens Regional (selbst wenn wir in Europa bleiben) und zweitens massiv von der sozialen Schicht abhängig. Hygiene, Weltbild, Denkweise... da gibt es nicht das Mittelalter.

Edit: Ich glaube übrigens, dass die meisten hier im Thread das schon wissen. Aber wenn man "Mittelalter" hört, dann hat man als Laie eben ein bestimmtes Bild im Kopp, ich zum Beispiel die Zeit um die ersten Kreuzzüge. Und das ist für einen dann halt "das Mittelalter" von dem man aus argumentiert. Eigentlich ist einfach nur der Begriff reichlich unpräzise.

Und hier sind wir dann auch gleich wieder in: Es gibt nicht DIE Kreuzzüge und es gibt nicht DEN grund für kreuzzüge...im prinzip kann man das ewig weiterverfolgen...ich hab z.b. in erinnerung das es knappe 5 faktoren (oder 7) gab, die zum ersten kreuzzug geführt haben...vom begriff des milites sancti petri bis über zum hilferuf alexios II. etc. is das immer recht weit gefächert und nicht so einfach abzuhacken, was da alles mit reinspielt...

wie gesagt: ich spiele auch rollenspiel und ich studier so nen schmarn auch noch...und ich mag beides...solange man nicht rumwurstelt und das dann für echt verkauft...das problem is eher, wenn ich anfangen will, einen rollenspiel welt dem mittelalter nachzubauen, bist du bald am arsch, weil du dir so enorm viel gedanken allein zur wirtschaft machen musst, das es verrückt wird...allein was man für die eisengewinnung für wirtschaftliche stände braucht (und nicht vergessen, im mittelalter ist alles spezialisiert...da gibts nicht den tischler, der fässer, tische und werkzeug herstellt...das sind alle drei verschiedene berufe...)....und wenn wir uns dann noch die zisterzenser anschauen, die master in sache wirtschaftlichkeit waren (die haben gewissermassen die ersten kolchosen gegründet), dann wird verdammt schnell klar, das im mittelalter verdammt viel brain hinter allem steckte...

und ich könnte noch ewig weiter erzählen^^....vom mythos des locus desertus der kloster, vom wegesystem, von der wichtigkeit von flüssen, etc...von immunitäten und steuern und ARGH^^...ich verliere mich^^
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Rabenstein am 1.09.2011 | 17:27
Deshalb kann eine Fantasy-Welt bestenfalls grob am Spätmittelalter orientiert, aber kaum eine Simulation sein. Also eher ein Spiel im spätmittelalterlichen Ambiente, wo man wohl nur an der Oberfläche kratzt und bestenfalls bei Einzelheiten ins Detail geht.
Wobei wir dann wieder bei der Diskussion sind, wieviel Realismus braucht die Fantasy-Welt und was davon soll ausgespielt werden. Mir macht es Spaß, in der Erschaffung der Welt mehr real-mittelalterliches reinzubringen und viele Hollywood-Klischees draußen zu lassen. Wie weit ich gehen werde und wie weit es meinen Spielern gefällt, werde ich noch herausfinden. Letztendlich ist es eine eigene Welt und keine Kopie von Europa im Spätherbst 1472. ;)

Ein ähnliches Problem haben wir ja auch im Reenactment. Ich kann als Darsteller noch so exakt nach Quellen meine Kleidung und Ausrüstung erarbeiten – es wird letztlich nur eine Momentaufnahme einer Person sein. Ein belebter Bildbeleg als Ideal sozusagen. Das Umfeld, die Gedanken und Persönlichkeit der Person ist schlecht bis garnicht darstellbar. Wobei natürlich auch hier die Frage ist, wie weit man geht will.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Falke359 am 1.09.2011 | 19:27
Ich wollte hier auch niemanden als dummen, unwissenden Laien darstellen, bitte nicht falsch verstehen.

Es ist ja klar, dass jemand über ein Hobby für gewöhnlich niemals auch nur annähernd den Blick für eine Sache entwickelt wie jemand, der das beruflich macht. Und wenn man sich anschaut, wie platt sogar Wissenssendungen in den Öffentlich-Rechtlichen oft darüber berichten, wird das auch nicht besser. Und wie Phantagor richtig ausführt, gibt es da ja nicht einmal in den entsprechenden Wissenschaften ein einheitliches Bild.

Für mich wird die Differenz zwischen einem romantisch-verklärten und historisch vernünftigen Blick auf diese Epochen am deutlichsten auf Mittelalter-Märkten. Da mag zwar manches authentisch sein, aber es wird zu einem Bild zusammengerührt, das nur noch albern wirkt. Interessant wird es dann wieder zu fragen, woher diese Sehnsucht nach der vormodernen Zeit kommt, aber das ist ein anderes Thema.

Am schwierigsten finde ich übrigens nicht die Frage, welche Technologien zu welcher Zeit verfügbar waren, sondern in die Gedankenwelt einzutauchen. Wenn wir sehen, wie sehr z.B. demokratische Strukturen, das Prinzip der Subjektivität oder bestimmte Welt- und moralische Wertvorstellungen in unserem Denken verankert sind, ist z.B. die Auswirkung des Ordo-Denkens (welchen Stand der Einzelne in der Welt hat) auf das Handeln und Denken der Menschen dieser Zeit wohl überhaupt nicht nachvollziebar.
Umso schwerer ist es dann, sich da hineinversetzen zu wollen.

Ob das für´s Rollenspiel wünschenswert ist, ist die Frage, ich persönlich finde es aber viel spannender, das auszuloten, als nur einen Haufen im Prinzip moderner Söldner in mittelalterlicher Umgebung zu spielen.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Grubentroll am 5.09.2011 | 15:47
Ich bin ganz dankbar, dass wir hier in München sehr viel Stadtgeschichte in der Grundschule hatten. Und zwar im Fach "Heimat und Sachkunde". Da lernte man dann viel über die Pest, die Schäffler, den Basilisk im Brunnen, und ähnliches.

Ich denke, das hat mein Mittelalterbild am meisten geprägt.

Aber Mittelstufe dann auch bei mir gefühlte 90% 3. Reich und Hitlerscheiss. Gähn.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 5.09.2011 | 16:21
@Falke359, Surtur und Phantagor:
Danke, dass Ihr das etwas ausführlicher dargestellt habt. Vor allem, was Falke359 angesprochen hat, treibt mich bei der Betrachtung des Mittelalters und der Mittelalterrezeption immer um: Die Fremdheit des Weltbilds und der Weltanschauung. Denn daraus resultiert wohl oft die Fehlinterpretation vom düsteren und dummen Mittelalter, weil man sich heute in sehr viele Vorstellungen einfach nicht mehr hineinversetzen kann und sie einem deswegen vielleicht grob, dumm oder kindisch vorkommen.

In dem Bereich, den ich vom Mittelalter vielleicht am besten kenne, mittelhochdeutsche Lyrik und Romane, kann man das auch schon ablesen: Wenn man so einen ständig sich zu Wort meldenden, sich oft blöd stellenden Wolfram als Romanerzähler vor sich hat (und dazu die uns heute teilweise hölzern anmutenden Geschichten, die er erzählt) und ihn einem Jonathan Lethem gegenüberstellt, dann kann man, wenn man nicht gut genug informiert ist, leicht zu dem Schluss kommen, der Wolfram hätt's halt nicht besser gekonnt und gewusst. Sich vorzustellen, dass Wolfram einen Lethem wahrscheinlich total belanglos gefunden hätte, fällt aus heutiger Sicht ungleich schwerer.

Ein ähnlicher Punkt ist die oft primitv anmutende bildliche Darstellung von Jesus, Heiligen und Stiftern, bei denen -- alles vor Goldgrund -- die Proportionen und Perspektiven nicht stimmen. Aus heutiger Sicht wird oft gesagt, dass die armen unwissenden Mittelalter-Maler die Perspektive halt noch nicht kannten. Wenn man sich im Mittelalter mal so umsieht (siehe Stände-Ordnung) drängt sich mir dagegen der Eindruck auf, dass die eine perspektivisch richtige Darstellung völlig irrelevant gefunden hätten. Schließlich sieht man ja mit den eigenen Augen perspektivisch richtig, aber wenn man (religiöse) Kunst schafft, will man ja etwas zeigen, was man nicht jeden Morgen sieht, wenn man den Nachttopf rausträgt.

Vor Jahren hatte ich mal einen historischen Krimi in der Hand, der irgendwann zwischen 1000 und 1300 in Frankfurt spielte. Der Klappentext verriet, dass jemand ermordet wurde, aber niemand dem Fall nachgeht, bis die Magd im Hause beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen. Da können die Straßennamen etc. noch so gut recherchiert sein, da wird trotzdem im Leben kein Mittelalter draus.

Übrigens habe ich mich nicht beleidigt gefühlt oder so. Ich fand das verbale Gekicher nur unbefriedigend, weil ich in dieser Hinsicht furchtbar neugierig bin. Und vielleicht sammeln sich in diesem Thread ja auch noch ein par weitere Erkenntnisse.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Phantagor am 15.09.2011 | 00:32
Ein ähnlicher Punkt ist die oft primitv anmutende bildliche Darstellung von Jesus, Heiligen und Stiftern, bei denen -- alles vor Goldgrund -- die Proportionen und Perspektiven nicht stimmen. Aus heutiger Sicht wird oft gesagt, dass die armen unwissenden Mittelalter-Maler die Perspektive halt noch nicht kannten. Wenn man sich im Mittelalter mal so umsieht (siehe Stände-Ordnung) drängt sich mir dagegen der Eindruck auf, dass die eine perspektivisch richtige Darstellung völlig irrelevant gefunden hätten. Schließlich sieht man ja mit den eigenen Augen perspektivisch richtig, aber wenn man (religiöse) Kunst schafft, will man ja etwas zeigen, was man nicht jeden Morgen sieht, wenn man den Nachttopf rausträgt.

Gibt es eine recht einfache erklärung: Größe und Position innerhalb eines bildes entsprechen auch position und machtverhätlnissen im echten leben oder sollen es...der papst wird meist eher weiter oben dargestellt...gott näher als der rest...in stifterbildern werden stifter meist recht groß dargestellt um ihre wichtigkeit auszudrücken...in altarbildern werden die bösen immer mit hässlichen gesichtern und fratzen dargestellt..

GANZ WICHTIG: im mittelalter ist das BILD unglaublich wichtig...es herrscht eine bildhaftigkeit, das einem schlecht wird...ein Bischof ohne mitra und krummstab ist KEIN Bischof...da kann er sagen was er will...das nimmt das volk ihm nicht ab....genauso ein kaiser und ein könig und ein ritter...immer die selben dinge werden abgezeichnet...das is wie ne art personalausweiß...

ein kaiser wird mit einem vergoldeten holzschwert bestattet, weil der kaiser ein goldschwert hat...aus und fertig...er is auch nach dem tode noch ein kaiser also braucht er auch weiter sein goldschwert...hat er das nicht, ist er kein kaiser...punkt...
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: ArneBab am 15.09.2011 | 08:05
Ich teile nicht die Wortwahl Ghostriders, aber außer Jom Kippur haben wir von Klasse 8 bis Klasse 13 nichts anderes, als 3. Reich, Weimarer Republik, 3. Reich, Erster Weltkrieg, 3. Reich und achja... 3. Reich an Themen vorgesetzt bekommen. Ziemlich scheiße, aber das ist halt der Hamburger Lehrplan gewesen. Dafür kenne ich mich in neuer deutscher Geschichte verdammt gut (und differenziert) aus :D

Bei meiner Frau war das auch so (BW, Bodensee) - und das war von den Lehrern verdammt dumm. Beim dritten mal hatte nämlich keiner mehr Lust, was davon zu hören, und gerade bei uns finde ich das gefährlich: Geschichtsverdrossenheit. Wir verspielen dadurch Chancen, wirklich aus der Geschichte zu lernen.

Was wir hatten, weiß ich nicht mehr genau. Ich erinnere mich nur noch an einen Napoleon-Brief, und dass es eigentlich recht spannend war: Quellen lesen.

Ich hätte in Geschichte gerne mehr von Ägypten, Griechenland, den Bauernkriegen und wirklicher Urgeschichte gelernt. Und etwas mehr zu großen Zusammenhängen und sich wiederholenden Mustern.

Also vom Inhalt her einen Querschnitt, inklusive 3. Reich, Bauernkriege, Französische Revolution, Mittelalter (warum Stadt A katholisch ist und Stadt B Evangelisch?), Heidenmorden (alias Christianisierung), Römer und Griechen (woher haben wir unsere Wissenschaftsvorstellung?), Ägypten, Steinzeit, usw.

„Warum ist die Welt heute so, wie sie ist?“ fängt nicht erst beim dritten Reich an…
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 15.09.2011 | 08:13
Mittelalter (warum Stadt A katholisch ist und Stadt B Evangelisch?),

Da es im Mittelalter keine Protestanten gab, wäre diese Unterrichtseinheit extrem kurz ausgefallen ...  ;)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: ArneBab am 15.09.2011 | 09:40
Da es im Mittelalter keine Protestanten gab, wäre diese Unterrichtseinheit extrem kurz ausgefallen ...  ;)

Gut, etwas danach. Wie du siehst hatten wir das nicht (wäre halt Lutherzeit). Aber ich konnte mich eh nie an Daten erinnern :)

Auch interessant: Wie haben sich die großen Religionen entwickelt - inklusive chinesische und Indische Geschichte.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: ErikErikson am 15.09.2011 | 09:53
Das problem ist, irgendwann erkennst du, was sie in ihrer Blödheit mit der ständigen Wiederholung bezwecken, nämlich dir jegliches rechte Gedankengut auszutreiben. Das das so nicht funktioniert, sondern wenn überhaupt das gegenteil bewirkt, das sehen sie nicht ein. Das ist halt das problem mit Einrichtungen, denen es an Feedback mangelt.

Was ich gerne gehabt hätte:

Zweistromland, Ägypten, Rom, Bauernkriege, und wenigstens etwas Militärgeschichte.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: mattenwilly am 15.09.2011 | 11:13
Das problem ist, irgendwann erkennst du, was sie in ihrer Blödheit mit der ständigen Wiederholung bezwecken, nämlich dir jegliches rechte Gedankengut auszutreiben. Das das so nicht funktioniert, sondern wenn überhaupt das gegenteil bewirkt, das sehen sie nicht ein. Das ist halt das problem mit Einrichtungen, denen es an Feedback mangelt.

Was ich gerne gehabt hätte:

Zweistromland, Ägypten, Rom, Bauernkriege, und wenigstens etwas Militärgeschichte.

Für Militärgeschichte gibt es Monty. "A History of Warfare" ist bis inklusive 2. Weltkrieg ziemlich gut, auch auf dt. Verfügbar. Ggf. als zusatz noch von Manstein und Guderian.

"Für die Freiheit sterben" ist dann ein gutes Buch über den US-Bürgerkrieg und seine politischen Hinterrgründe. Liest sich flott.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Lord Verminaard am 15.09.2011 | 11:36
Hm, also wir hatten ordentlich Mittelalter in der Schule. Angefangen von Karl dem Großen, über Ständegesellschaft, Leben in der mittelalterlichen Stadt, Verhältnis von Papst und Kaiser (Canossa etc.) – aber selbstverständlich nichts Militärisches, das wäre doch pfuibäh gewesen! Im Gedächtnis geblieben ist mir allerdings folgender Dialog:

Lehrer: „Also, der Lehnsherr bot seinen Vasallen Schutz. Wovor denn eigentlich?“
Schüler: „Räuber? Feindliche Armeen?“
Lehrer: „Viel zu neuzeitlich gedacht.“
Schüler: „Ääääh… wilde Tiere?“
(Und ich denk so, ist der blöd? So ein Quatsch.)
Lehrer: „Bären und Wölfe! Ganz genau. Bären und Wölfe.“
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Rabenstein am 15.09.2011 | 11:42
Räuber und feindliche Armeen gabs ja bekanntlich erst in der Neuzeit. Hat der Columbus aus Amerika mitgebracht. :P
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Just_Flo am 15.09.2011 | 14:18
Hm, ich kann mich an Römer, Mittelalter, Ägypten, Antike, Bauernkriege (ja, die gehören eigentlich zur Reformation), Neuzeit (Amerika-Entdeckung und Co), Deutschen Bund, Bismark, Weimar, 1. WK, 2. WK und ein kleines bisschen Neuzeit im Schnelldurchlauf erinnern.

Was wenigstens in den HS Lehrplänen (Bayern, Förderschule und Hauptschule) steht ist:
Mittelalter, Römer, Neuzeit (Amerika-Entdeckung und Co), Reformation, ... (Des war jetzt aus 2 Jahrgangsstufen und aus dem Gedächtnis was ich in ihnen laut LP machen sollte und auch gamacht habe.)

Dann kommen viele Dinge Reformation, Ägypten/Zweistromland, (=Religion), Antike (=Deutsch bei den entsprechenden Prosa und Lyrikformen), Industrialisierung (Wirtschaft und Recht), ... auch noch mal in anderen Fächern mehr oder minder kurz/ausführlich vor.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: First Orko am 15.09.2011 | 14:49
Ich frage mich was hier einige für Anforderungen an die Institution "Schule" haben. Da wird sich drüber mokiert, dass in den Lehrplänen nicht die wichtigsten Militärstratgien des Mittelalters auftauchen und dass "die Jugend" generell keine Ahnung davon hat, wie es "wirklich" (lies: laut dem aktuellsten Stand der Forschung) war.

Und ein Teil dieser Kritik kommt offenbar von studierten Mediävisten (ich wusste bisher gar nicht, dass es das Fach gibt...) - einerseits wird zwar eingeräumt, dass man einen speziellen Detailgrad in der Schule nicht erwarten darf aber auf der anderen Seite steht die implizite Forderung, dass doch zumindest die "Grundlagen" bekannt sein dürften.

Aber bitte wie soll das denn gewährleistet sein? Und welche "Grundlagen" sind wichtig genug für den durchschnittlichen Menschen von heute? Wenn technischer Stand des Militär und mittelalterliche Sprache schon zu Grundlagen gezählt werden (mal überspitzt formuliert)- na dann gute nacht.
Dann können wir ja mal schauen, was in den anderen Wissenbereichen so an aktueller Forschung vernachlässigt wird, also neben Geschichte auch noch bitte neueste Erkenntnisse der Physik, Biologie, Chemie, Mathematik... und dann bitte auch zeitgenössische Kunst und Literatur (mehrsprachig). Und dann aber auch Grundlagen, also über die gesamte Menschheitsgeschichte verteilt. und dann aber auch gleichzeitig Mehtodik und Vorbereitung auf wissentschaftliches Arbeiten (denn das ist ja offenbar schon Vorraussetzung fürs Studium, statt Inhalt) und bitte nebenbei noch die übliche Erziehungsarbeit, die von der Schule ja mittlerweile auch gefordert wird.

Ist das nicht ein bißchen viel für 12 Jahre (beim G8-Modell, dass ja auch gern propagiert wird)?

Lehrpläne sind derzeit sowieso schon fernab der Realität mit ihren, von Ministerien ausgearbeiteten "Wissenskanon", der sowieso auf dem Stand von vor 10 Jahren ist (wegen den Schulbuch-Druckzeiten).

Vielleicht sollte man sich an den Gedanken gewöhnen, dass die nächsten Schülergenerationen bestimmte Dinge eben NICHT wissen - und es vielleicht auch nicht müssen. Wissen wird nicht weniger und so langsam kommen wir in eine Zeit, wo es einfach kein über alle Gesellschaften geltendes Allgemeinwissen mehr gibt.
Man kann jetzt drüber streiten, ob diese Erkenntnis die Jungend restlos verblöden wird oder ob die Jungend mal wieder viel zu verweichlicht ist. Aber Fakt ist: Wissen wird immer schneller immer komplexer und vernetzter - in den letzten 25 Jahren weit mehr als in den 50 / 100 jahren davor. Und in einer solchen Zeit einen "Bildungskanon" zu fordern ist ein Anachronismus.

Die Zeit hat vor kurzem einen sehr interessanten Artikel zum Thema "Lehrpläne" und Lernen  (http://www.zeit.de/2011/33/Lehrplaene-Bildung-Schule)heutzutage. Kann ich nur empfehlen.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: LöwenHerz am 15.09.2011 | 15:16
Ich frage mich was hier einige für Anforderungen an die Institution "Schule" haben. Da wird sich drüber mokiert, dass in den Lehrplänen nicht die wichtigsten Militärstratgien des Mittelalters auftauchen und dass "die Jugend" generell keine Ahnung davon hat, wie es "wirklich" (lies: laut dem aktuellsten Stand der Forschung) war.

Das ist so nicht ganz richtig. Vielmehr wurde (zu recht) kritisiert, dass außer dem 3. Reich viel zu wenig Stoff im Geschichtsunterricht behandelt wurde (und wird).
Dass das MA zu kurz kam ist dabei ja nur der Kollateralschaden ;)
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: ErikErikson am 15.09.2011 | 15:45
Joah. Für 3. reich hat der Platz allenthalben gelangt. Aber Militärgeschichte gabs auch vom dritten Reich nicht, also auch hier Mängel, Setzen, 6. Der Deutsch-unterricht war auch unzureichend, wie man an meiner Schreibe leicht erkennen kann.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: korknadel am 15.09.2011 | 15:52
Da ich in desem Thread, wenn ich mich recht erinnerte, mich auch an einer Stelle als Ex-Mediävist geoutet habe, möchte ich, da ich mich angesprochen fühle, eines klarstellen: Ich habe hier und auch an keiner anderen Stelle gemeckert, dass in der Schule zu viel Gewicht auf dem Dritten Reich liegt. Und ich habe auch nicht über die Schule gemeckert. Grund hierfür übrigens: Selbst wenn in der Schule viel Mittelalter oder Aztekenpolitik gemacht würde, bliebe trotzdem nicht viel hängen. Das ist bei Fächern wie Geschichte in der Schule einfach so. ich kann mich lebhaft erinnern, wie langweilig Investiturstreit, Canossa-Gang, Karl Martell und Karl der Große seinerzeit waren. Das kann mit Prinz Eisenherz über weite Strecken einfach nicht mithalten :). Nur dass man was in der Schule hatte, heißt ja noch lange nicht, dass man es hinterher auch gelernt hat ...
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Erdgeist am 15.09.2011 | 16:11
Das ist ein wichtiger Punkt. Bei mir war zwar z.B. Geschichte der Antike während einer gesamten Klassenstufe angesagt, aber es war so unzusammenhängend und stichpunktmäßig, dass nicht viel davon hängengeblieben ist. Die späteren Epochen bieten eben zunehmend den Vorteil der Lückenlosigkeit. Da kann man noch eher "drin" sein im historischen Geschehen und es besser nachvollziehen, ergo besser lernen.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Skele-Surtur am 15.09.2011 | 17:03
Natürlich muss man auch sehen, dass Lehrer sich bis zu einem gewissen Grad auch einfach an den amtlich vorgegebenen Lehrplan halten müssen. Wenn da nunmal nur in der 6ten Klasse "Mittelalter" auf dem Plan steht, dann kommt das maximal noch als Querverweis in anderen Themenblöcken dran. Und dabei ist das Mittelalter nunmal so verdammt komplex und uneinheitlich, dass selbst da nur eine Momentaufnahme einer oder maximal zweier Lehrmeinungen drin ist.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: YY am 15.09.2011 | 17:19
Bei mir war zwar z.B. Geschichte der Antike während einer gesamten Klassenstufe angesagt, aber es war so unzusammenhängend und stichpunktmäßig, dass nicht viel davon hängengeblieben ist.

Ja, da liegt der Hund begraben.

Ich erinnere mich an genau zwei Lehrer, die auch nur versucht haben, das Gesamtbild zu vermitteln.

Wenn man immer nur schlaglichtartig streng nach Lehrplan einzelne Sachen beleuchtet, ohne das jemals in einen großen Zusammenhang einzuordnen, bleibt auch nichts hängen.

Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Oberkampf am 15.09.2011 | 17:45
Nur dass man was in der Schule hatte, heißt ja noch lange nicht, dass man es hinterher auch gelernt hat ...

Exakt, das kann ich für Chemie und Französisch bestätigen. Geschichte in der Schule ist doch sowieso irgendwo ein Witz. Soll man in der mickrigen Stundenanzahl irgendwelche Zusammenhänge verstehen lernen? Nur weil ein bisschen Mittelalterkenntnis evtl. in einem Rollenspiel helfen könnte (was sie bei Fantasy nicht tut, da schadet sie nur), muss man daraus noch lange kein Schulfach machen.
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Pyromancer am 15.09.2011 | 17:49
"Wer nicht von dreitausend Jahren..."
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Zauberelefant am 15.09.2011 | 19:05
...sich nicht kann Rechenschaft geben -
der muß halt mit Wikipedia leben...
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: ArneBab am 16.09.2011 | 13:46
Exakt, das kann ich für Chemie und Französisch bestätigen. Geschichte in der Schule ist doch sowieso irgendwo ein Witz. Soll man in der mickrigen Stundenanzahl irgendwelche Zusammenhänge verstehen lernen? Nur weil ein bisschen Mittelalterkenntnis evtl. in einem Rollenspiel helfen könnte (was sie bei Fantasy nicht tut, da schadet sie nur), muss man daraus noch lange kein Schulfach machen.

Naja, sie könnten eine AG mit Mittelalterlichem Rollenspiel anbieten. 2 Stunden die Woche reichen da…
Titel: Re: Mittelalterbild
Beitrag von: Zauberelefant am 16.09.2011 | 18:28
Nur zwei Stunden? Das ist allein aus pädagogischer Sicht zu wenig.