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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielleiterthemen => Thema gestartet von: Lord Verminaard am 6.02.2012 | 15:09

Titel: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 6.02.2012 | 15:09
Man hat es ja heute als SL nicht leicht. Früher hatte man immer Recht, heute ist man an allem Schuld. Man soll nicht so ein Tyrann sein, will man ja vielleicht auch gar nicht mehr, weil man auf die Idee gekommen ist, wenn die Spieler einem einen Teil der Verantwortung für das Gelingen der Spielsitzung abnehmen, trägt man leichter daran. Also fing man einfach an, weniger zu machen, und erwartete irgendwie, dass die Spieler ganz von selbst das entstehende Vakuum füllen würden. Machten sie aber nicht, stattdessen herrschte Vakuum allenthalben.

Dann ging man los und informierte sich. Zum Glück gibt es ja einen Ort, wo jeder auf alles eine Antwort hat. Also hörte man sich eine Menge Unsinn im Internet an und vielleicht auch ein paar interessante Ideen. Dann stieß man auf Modelle für reaktives ergebnisoffenes Spielleiten. Vielleicht eines namens Bass Playing, oder heutzutage wahrscheinlicher eines namens Sandboxing. Der Witz dabei bestand darin, alles über Ausgangssituation und nichts über geplanten Handlungsverlauf zu machen. Den Spieler das Heft des Handelns in die Hand zu drücken und dann die Spielwelt einfach nur auf sie reagieren zu lassen.

Das machte man eine Weile, und wartete auf den großen Aha-Effekt. Auf dieses Heureka, das sich doch einstellen musste, wenn man den anderen glauben durfte. Das gelobte Land des modernen (bzw. altmodischen) Rollenspiels. Nur fragte man sich irgendwie, warum man sich als SL oft so untätig und hilflos vorkam. Warum man diese dramatischen, temporeichen Ereignisse so vermisste, die man den Spielern in den düsteren Tagen der Tyrannei aufgezwungen hatte, und die Spieler selbst ebenso ratlos schienen. Irgendwie spielte die Gruppe, aber nichts vergleichbar Spannendes passierte. „Das ist dann eben so“, sagten die Experten. „Das ist ein Feature, kein Bug.“ Aha, na dann. Aber irgendwie guckten sich am Spieltisch alle an und fragten sich, wann es denn jetzt mal richtig losgeht.

Eine universelle Wahrheit lautet ja: alles kommt wieder. Sogar (z.B. unter dem Stichwort „Story Before“ derzeit auf der Schmiede diskutiert) der wohlmeinende SL-Tyrann. Nur mit demokratischer Legitimation. Er darf wieder einen Plot vorbereiten, aber er soll flexibel sein (was er vielleicht auch vorher schon war). Er darf wieder Sachen zurechtbiegen, aber es soll transparent zugehen (was es vielleicht vorher schon tat). Er soll die Spieler nicht zu sehr einengen, sondern ihnen Freiräume lasen (was er vielleicht vorher schon gemacht hat). Und jetzt kriegt er auch noch eine Analogie aufs Auge gedrückt, nur so, damit er auch eine hat: Er lenkt ein Tandem. Der Spieler muss mit in die Pedale treten, damit es flutscht, aber der SL hat den Lenker in der Hand. Nur: Wo man hin will, darüber sollte trotzdem Einigkeit bestehen, sonst hört der Spieler auf zu treten, und das war es dann vielleicht auch, was den SL ursprünglich mal in die Ödnis der Sandkiste hinaus getrieben hat. Wenn nämlich der Typ hinten auf dem Tandem die Beine hochlegt, wird’s für den vorne ziemlich anstrengend.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 6.02.2012 | 15:14
Heureka!
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 6.02.2012 | 15:19
Dieser "moderne SL" heisst nicht zufaellig Frank und ist ein "guter Freund von dir"? ::)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Darius am 6.02.2012 | 15:26
Sehe ich ähnlich wie du Vermi!

Sandboxing kann super sein, wenn der rote Faden im Spiel bleibt und sich das Sandboxing nicht in 1000 Stränge verliert, bei denen dann die Spannung auf der Strecke bleibt, weil den Spielern dadurch auch zu viele Optionen ermöglicht werden. Manchmal ist 1 spannender Aufhänger besser, als 20 freie, gesandboxte Aufhänger, bei denen unklar bleibt, wohin es eigentlich gehen soll. Klar sollten die Spieler das füllen, aber wenn sie es nicht können?

Manchmal liebe ich das lineare Abenteuer, bei denen allen klar ist, um was es geht und bei dem dann auch Fahrt und Actin rein kommt.

Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 6.02.2012 | 15:30
Aussagen:
Langweiliges Rollenspiel ist langweilig.
Für den Spielerfolg sind alle am Tisch verantwortlich, wobei dem SL eine gewisse Sonderrolle zukommt.

Tädä.  ::)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 6.02.2012 | 15:34
Aussagen:
Langweiliges Rollenspiel ist langweilig.
Für den Spielerfolg sind alle am Tisch verantwortlich, wobei dem SL eine gewisse Sonderrolle zukommt.

Tädä.  ::)

Falsch.

Aussage: Reine Ergebnisoffenheit ist nicht das goldene Kalb, um das die Leute herumtanzen müssen. Vielmehr existiert stattdessen ein Kontinuum mit unterschiedlichen Freiheits- und Gestaltungsgraden für Spieler, dessen Idealpunkt jede Gruppe für sich selbst finden muss.

Noch vor wenigen Jahren ist man (ich beispielsweise) mit dieser These niedergebrüllt worden. Nun sehen die Leute langsam wieder klarer. Gut so.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Grimnir am 6.02.2012 | 15:34
Ja, alles kommt wieder. Das Pendel schwingt vor und zurück. Aber ist das verkehrt? Der moderne SL-Tyrann und seine Spieler sind sich nach ihrer Reise nach Sandboxanien und wieder zurück bewusster darüber, was sie tun. Wahrscheinlich auch ehrlicher, zu sich selbst und zu ihren Mitspielern. Sie können Probleme sachlicher angehen und ziehen sich nicht einfach ernüchtert vom Rollenspiel zurück. Die Reise hat beide verändert, und ich denke, zum Guten.

Auch ich habe in meiner augenblicklichen Hauptgruppe Bass-Playing versucht, mit eher ernüchterndem Ergebnis. Jetzt lenke ich den Plot wieder stärker, und meine Spieler sind einerseits viel mehr bereit, ihm zu folgen, andererseits aber auch ehrlicher und bewusster, was ihre Wünsche für den Verlauf der Kampagne anbelangt.

Oder, um es anders zu formulieren: Wenn jetzt der Spieler aufhört zu treten, dann spricht man mit ihm. Früher ist man eher frustriert vom Tandem gestiegen und hat geglaubt, Tandemfahren sei nichts für einen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Darius am 6.02.2012 | 15:37
Falsch.

Aussage: Reine Ergebnisoffenheit ist nicht das goldene Kalb, um das die Leute herumtanzen müssen. Vielmehr existiert stattdessen ein Kontinuum mit unterschiedlichen Freiheits- und Gestaltungsgraden für Spieler, dessen Idealpunkt jede Gruppe für sich selbst finden muss.

Das kann ich nur unterschreiben. Es gab schon Diskussionen hier, da wurde man als reaktionärer Hirnie abgetan, nur weil man auch erwähnte, dass ein gewisses Maß an railroading und linearer Abenteuerstruktur genial spaßig sein kann. ;)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Glgnfz am 6.02.2012 | 15:40
Du sagst es, du reaktionärer Hirnie! >;D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: El God am 6.02.2012 | 15:41
Falsch.

Aussage: Reine Ergebnisoffenheit ist nicht das goldene Kalb, um das die Leute herumtanzen müssen. Vielmehr existiert stattdessen ein Kontinuum mit unterschiedlichen Freiheits- und Gestaltungsgraden für Spieler, dessen Idealpunkt jede Gruppe für sich selbst finden muss.

Noch vor wenigen Jahren ist man (ich beispielsweise) mit dieser These niedergebrüllt worden. Nun sehen die Leute langsam wieder klarer. Gut so.

Zumindest hat die Diskussion dazu geführt, dass eine gewisse Ehrlichkeit im Umgang mit der Beschneidung der Spielerkompetenzen Einzug gehalten hat. Ich hoffe, man fällt nicht noch darauf zurück, dass der SL heimlich lenkt und den Spielern vorgaukeln muss, sie hätten Einfluss.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Cú Chulainn am 6.02.2012 | 15:44
Für mich schwingt da im Anfangsposting auch eine ganze Menge Erkenntnis darüber mit, wie unsinnig es ist, den eigenen Spielstil vollkommen an den Erfahrungen anderer oder, noch besser, an deren theoretischen Ergüssen zu orientieren und irgendwie sein eigenes Ziel aus den Augen zu verlieren. Kann aber auch nur ein Gefühl sein.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 6.02.2012 | 15:46
Doch, schon. :)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Übermutter am 6.02.2012 | 15:46
Dieser Thread.
Diese drei ersten Posts.

MyFacewhenIhavenoface.jpg
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: El God am 6.02.2012 | 15:48
Wie bitte?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Cú Chulainn am 6.02.2012 | 16:07
Doch, schon. :)

Erinnert mich an Theater & Film. Da muss alle Welt auch erstmal Trends mitmachen, weil irgendwelche "Experten" sie vorgeben, nur um dann nach Monaten (wenns gut läuft) oder Jahren (wenn nicht) draufzukommen, dass es doch irgendwie besser ist, sein eigenes Ding zu machen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 6.02.2012 | 16:10
Naja, der wohlmeinende SL-Tyrann ist natürlich auch nicht unbedingt ein "eigenes Ding". ;)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Cú Chulainn am 6.02.2012 | 16:12
Naja, der wohlmeinende SL-Tyrann ist natürlich auch nicht unbedingt ein "eigenes Ding". ;)

Das ist er, solange man ihn nicht in Berührung mit anderen Dingern kommen lässt. Dass dieses "eigene Ding" durch Erkenntnisse von außen verbesserbar ist, steht außer Frage. Die Gefahr aber, sich zu assimilieren, anstatt anzupassen und wichtige Dinge beim Aussortieren wegzuwerfen, die man lieber behalten hätte, ist ungleich größer.

Solange man gewisse Prinzipien bewahrt, auf sein Gefühl und vor allem auf seine Mitspieler hört, fahren Theorien und Theoretiker Achterbahn, während man selbst Spaß hat. Behaupte ich einfach mal :)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 6.02.2012 | 16:14
Sowas in der Art gabs 2007 hier im Forum an Diskussion auch schon mal. Hier (http://tanelorn.net/index.php/topic,38749.0.html) ein Link. Die entscheidenden Passagen habe ich aufbereitet und in einen Spoiler gepackt.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 6.02.2012 | 16:21
Noch vor wenigen Jahren ist man (ich beispielsweise) mit dieser These niedergebrüllt worden. Nun sehen die Leute langsam wieder klarer. Gut so.

Sowas in der Art gabs 2007 hier im Forum an Diskussion auch schon mal. Hier (http://tanelorn.net/index.php/topic,38749.0.html) ein Link.

Hattest du wirklich das Gefühl, im verlinkten Thread niedergebrüllt worden zu sein?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 6.02.2012 | 16:30
Ach naja, man muss ja keine Kontroverse herbeireden, wo es keine gibt. Participationism ist ja längst anerkannt, dazu wollte ich eigentlich nur die Tandem-Analogie beisteuern. Und sagen: Beim Sandboxing passieren oft antiklimatische oder unspektakuläre Dinge und der SL kann nix daran machen. Manche finden das gerade gut, ich ("man" ;)) nicht.

Edit: Außerdem, wer heute wirklich hipp sein will, muss Tandem fahren. Sandboxing ist sowas von 2010. ;D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 6.02.2012 | 16:34
Participationism ist ja längst anerkannt, dazu wollte ich eigentlich nur die Tandem-Analogie beisteuern. Und sagen: Beim Sandboxing passieren oft antiklimatische oder unspektakuläre Dinge und der SL kann nix daran machen. Manche finden das gerade gut, ich ("man" ;)) nicht.
Jau. Andererseits ist diese Idee des Kontinuums doch etwas neuer, denn Partizipationismus suggeriert begrifflich wie inhaltlich eine Binarität, die kaum zu rechtfertigen ist. Insofern halte ich das schon für einen großen Schritt.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder) am 6.02.2012 | 16:37
Großes Lob für das Ausgangspost von Vermi und Dank für die Erkenntnis, daß jeder neue, vielleicht sogar gute Gedanke zur Fessel wird und nicht zur Befreiung beiträgt, sobald er vom Vorschlag zur Vorschrift oder zum Dogma wird. Hier im Tanelorn wurde man für dieses Sperren gegen neue Heilslehren ja oft genug angegriffen.

Ich leite eigentlich noch immer so wie vor bald dreißig Jahren mit EINEM Unterschied: Viele der Entwicklungen, Gedankenspiele und Einsichten der letzten Jahre (gerade auch hier im Board) haben mir geholfen zu verstehen, WARUM ich das tue und warum es funktioniert. Dazu konnte ich mir die eine oder andere weiterführende Technik aneignen. Aber umkrempeln lassen habe ich mich nie. Daher kam bei uns auch nie diese seltsame, fade Ernüchterung, die Vermi im OP beschreibt.

Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 6.02.2012 | 16:38
Und sagen: Beim Sandboxing passieren oft antiklimatische oder unspektakuläre Dinge und der SL kann nix daran machen.

Beim Railroading/Partizipionismus passieren auch oft antikimatische oder unspektakultäre Dinge (Stichwort: DSA-Hartwurst, oder der immer im letzten Moment entkommende Oberbösewicht), und die Spieler können nix daran machen.
Ich sagte ja: Langweiliges Rollenspiel ist langweilig. Tädä.  ;)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 6.02.2012 | 16:46
@ Hróðvitnir: Naja, ich fand es schon lehrreich, einige Dinge ausprobiert zu haben. Siehe dazu auch den Post von Grimnir. Und letztendlich war das auch wichtig, um dann jetzt mit besseren Techniken und Spielregeln das Spielerlebnis von damals ohne die ganzen Klötze am Bein wiederzuholen.

@ TACKFACK: Ja, das ist ein Forge-Ding, die Forge sieht es vom Dogma her dichotomisch, weicht es dann aber über die Betrachtung/Bewertung des Spielerlebnisses auf, indem gefragt wird, ob das „Wesentliche“ frei erspielt oder eben vom SL gescriptet war. Nur dass man vorher vielleicht noch gar nicht wusste, was wesentlich sein würde. Nur dass der SL vielleicht sein Script auf halbem Weg in der Sitzung über den Haufen geworfen und sich ein neues ausgedacht hat. Naja.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 6.02.2012 | 16:50
Beim Railroading/Partizipionismus passieren auch oft antikimatische oder unspektakultäre Dinge (Stichwort: DSA-Hartwurst, oder der immer im letzten Moment entkommende Oberbösewicht), und die Spieler können nix daran machen.
Ich sagte ja: Langweiliges Rollenspiel ist langweilig. Tädä.  ;)

Willst du damit sagen, wenn beim Sandboxing antiklimatische oder unspektakuläre Dinge passieren, liegt der Fehler bei den Spielern bzw. es ist schlechtes Sandboxing? (So wie die DSA-Hartwurst schlechter Partizidingens ist bzw. der Fehler beim SL liegt?)

In diesem Falle verweise ich dich gerne an die Sandbox-Fraktion, um dort bis in alle Ewigkeit darüber zu diskutieren, ob oder ob nicht es schon der Anfang allen Übels ist, immer zu wollen, dass etwas klimatisches oder spektakuläres passiere. 8)

Andernfalls vergleichst du Äpfel mit Birnen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Joerg.D am 6.02.2012 | 16:57
Ich warte ja immer noch darauf, dass TAFKAKB mir mal genauer erklärt wie ich eigentlich leite. Die letzte Erklärung war ja, nach den Regeln, mit viel Drama und fiesen kämpfen, Äh Prost!


Zum Ausgangspost:
Wunderschön getroffen und vor allem unterhaltsam geschrieben, wie so Mancher einem flüchtigen Ideal hinterherhetzt. Ich habe irgendwann erkannt, das ich Country und Western mag und mich nicht mehr dafür interessiere, was gerade Èn Vougè ist. Die Abkoppelung von momentanen Strömungen und das schlichte oder einfache ich spiele halt wie es mir gerade in den Sinn passt, wird mir immer wichtiger.

Weniger Kopf, mehr Tisch.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Cú Chulainn am 6.02.2012 | 17:05
Zum Ausgangspost:
Wunderschön getroffen und vor allem unterhaltsam geschrieben, wie so Mancher einem flüchtigen Ideal hinterherhetzt. Ich habe irgendwann erkannt, das ich Country und Western mag und mich nicht mehr dafür interessiere, was gerade Èn Vougè ist. Die Abkoppelung von momentanen Strömungen und das schlichte oder einfache ich spiele halt wie es mir gerade in den Sinn passt, wird mir immer wichtiger.

Weniger Kopf, mehr Tisch.

Die letzte Aussage hat einen bildlichen Unterhaltungswert :D

Ich glaube ja generell, dass mit der Bindung an öffentliche Meinungen sofort eine Begrenzung stattfindet, die unnötig ist. Inspiration ist löblich und ein Ort wie  :T: ist wohl prädestiniert dafür, Diskussion und Debatte sind unverzichtbar für Fortschritt, aber den eigenen Prinzipien treu zu bleiben und "nach Gefühl" zu leiten ist wohl das Wichtigste.

Andererseits hat dieser Zyklus, neue Erkenntnisse zu Dogmen zu erheben und sie schließlich wieder zu Verwerfen und erst aus dem, was dabei übrig bleibt, die eigentliche Erkenntnis zu gewinnen, ja schon anthropologische Qualitäten.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Herr der Nacht am 6.02.2012 | 17:10
Falsch.

Aussage: Reine Ergebnisoffenheit ist nicht das goldene Kalb, um das die Leute herumtanzen müssen. Vielmehr existiert stattdessen ein Kontinuum mit unterschiedlichen Freiheits- und Gestaltungsgraden für Spieler, dessen Idealpunkt jede Gruppe für sich selbst finden muss.

Noch vor wenigen Jahren ist man (ich beispielsweise) mit dieser These niedergebrüllt worden. Nun sehen die Leute langsam wieder klarer. Gut so.

Naja, Schubladen sind halt einfacher gerade im Netz. Da wird dann im Netz schnell eine Lagerdiskussion welches goldene Kalb jetzt besser sei, das Ergebnisoffene oder das Plotorientierte

Und jede Gruppe findet ihren Weg irgendwo in der Mitte, manche mehr auf der einen, manche mehr auf der anderen Seite.


Ich hab mich z.B. trotz Beschäftigung mit Sandbox&Co nie ganz von den Plots wegbewegt. Wie sollte ich auch. Ich möchte ja auch Spaß sowohl beim Vorbereiten, als auch beim Spiel haben als SL. Und dazu gehört auch das Kopfkino vorher, die "Wie werden die Spieler wohl auf die Handlung des NSCs reagieren"-Fragen, etc...

Und ich habe schon langweilige Sandbox gespielt, als auch langweilige Plotabenteuer. Ging auch irgendwie. Mein Ziel ist es einfach nur, nie sowas selbst zu leiten  ;D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder) am 6.02.2012 | 17:10
@ Hróðvitnir: Naja, ich fand es schon lehrreich, einige Dinge ausprobiert zu haben. Siehe dazu auch den Post von Grimnir. Und letztendlich war das auch wichtig, um dann jetzt mit besseren Techniken und Spielregeln das Spielerlebnis von damals ohne die ganzen Klötze am Bein wiederzuholen.

Klar, das meinte ich mit "die eine oder andere Technik aneignen". Auch ist gut zu verstehen, warum was klappt.

Weniger Kopf, mehr Tisch.

Ich unterschreibe das.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: BobMorane am 6.02.2012 | 17:35
"Weniger Kopf, mehr Tisch." Großartig!!!

Danke für den Eingangspost.

Ich vergleiche Rollenspiel eigentlich immer mit einem guten Film. Der Plot soll mich fesseln und mitreissen. Je nachangestrebten Tempo des Abenteuers ist es dann mehr oder weniger gradlinig. Bruce Willis ist in Die Hard ja auch nicht 20 Minuten durch den Film gerannt auf der Suche nach dem Plot.

So jetz muss ich mich mal bilden und Vokabelfragen stellen. Was ist eine DSA Hartwurst und was verstehe ich unter Bass playing?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Joerg.D am 6.02.2012 | 17:40
Vermi erklärt Bass Playing (http://tanelorn.net/index.php?topic=41491.0)
Was genau ist Hartwurst? (http://tanelorn.net/index.php/topic,27279.0.html)

Ich hoffe, das hilft Dir.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 6.02.2012 | 18:12
Pah! Auch wenn die Erzählspieler jetzt wieder aus ihren löchern gekrochen kommen, ich hab 1980 gegen sie gekämpft und werd das auch wieder tun. Sollen sie doch kommen mit ihrem partizipionismus, ihren Hartwürsten und vorgegebenen Plots. Aber an mir, an mir kommt ihr nicht vorbei. Das freie Spiel ist das einzig wahre.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: El God am 6.02.2012 | 18:14
Erik, du magst dich vielleicht besonders lustig oder ironisch finden, aber wenn nicht ab und an mal ein substantieller Beitrag kommt, bleibt nur eine alte Nervensäge.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 6.02.2012 | 18:15
besser negative aufmerksamkeit als gar keine. Ausserdem sorgst du doch als Initiator des DSA-NSC Wettbewerbs schon für ausreichend Substanz.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Übermutter am 6.02.2012 | 18:18
Erik, du magst dich vielleicht besonders lustig oder ironisch finden, aber wenn nicht ab und an mal ein substantieller Beitrag kommt, bleibt nur eine alte Nervensäge.

Könntest du bitte aufhören diesem wahren Sandboxpatrioten ins Wort zu fallen?

Danke!
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Glgnfz am 6.02.2012 | 18:29
Könntest du bitte aufhören diesem wahren Sandboxpatrioten ins Wort zu fallen?

Danke!

Sehr geil! Vielen Dank!
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 6.02.2012 | 18:41
Huch, Erikson, was ist das denn da in deiner Tasche? Ist das etwa eine Hartwurst? ;D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Übermutter am 6.02.2012 | 18:50
Huch, Erikson, was ist das denn da in deiner Tasche? Ist das etwa eine Hartwurst? ;D

Ihm die magere Hartwurst im Tornister übel zu nehmen, finde ich ungerecht. Immerhin trägt er so viele Entbehrungen für die Sandbox, von irgendetwas muss er sich doch ernähren.

Denn: Nur durch Zucht und Hunger wird die Sandbox wieder groß! Durch Zucht und Hunger oder garnicht!


Da bricht meine Vorliebe für kreuzbescheuerte Stammtischformeln wieder hervor. Argh!
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: SeelenJägerTee am 6.02.2012 | 18:54
Huch, Erikson, was ist das denn da in deiner Tasche? Ist das etwa eine Hartwurst? ;D
*präpubertär kicher*  ~;D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder) am 6.02.2012 | 18:54
ihren Hartwürsten und vorgegebenen Plots. Aber an mir, an mir kommt ihr nicht vorbei. Das freie Spiel ist das einzig wahre.

Bei allem Respekt (wie man das liest, ist Sache des Rezipienten) für diese Aussage: Du konstruierst hier einen Gegensatz von Sandbox / freiem Spiel und Hartwurst. Der existiert nicht. Sandboxen können SEHR hartwurstig laufen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Glgnfz am 6.02.2012 | 19:02
*präpubertär kicher*  ~;D


"Ist das eine Hartwurst oder freust du dich, mich zu sehen? ~;D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: BobMorane am 6.02.2012 | 19:11
Vermi erklärt Bass Playing (http://tanelorn.net/index.php?topic=41491.0)
Was genau ist Hartwurst? (http://tanelorn.net/index.php/topic,27279.0.html)

Ich hoffe, das hilft Dir.

Danke für die Info. Nun bin ich wieder etwas klüger.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Just_Flo am 6.02.2012 | 19:13
Zitat
"Ist das eine Hartwurst oder freust du dich, mich zu sehen?

NAtürlich beides :)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 6.02.2012 | 20:27
Aufgrund meiner Erfahrungen mit Sandboxen (heimliches Beobachten durchs fenster bei meiner Schwester) kann ich zweifelsfrei sagen, das die Sandbox eine unterentwickelte, gar verkümmerte Form des Spiels ist, mit der der wahre Avangard-Spieler nix zu tun hat. kein Wunder, das die hartwurst wieder auf dem Vormarsch ist, ihren harten Klang auf gutem deutschen Rollenspieltisch erklingen lässt, wenn solche Kindergärtnereien das Bild prägen.  

Tja, da wünscht man sich doch eine starke Hand, die mal aufräumt mit diesen verweichlichten Bussis auf die Wange zwischen rechts und Links, zwischen Schwarz und Weiss, zwischen hüben und drüben. Es wird keinen Kompromiss geben und auch keine dimensionale Klassifizierung! Dafür stehe ich, und meine Hartwurst.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: El God am 6.02.2012 | 20:33
Wäre es zu viel verlangt, zum Thema zurückzufinden? Eigentlich hatte ich gehofft, dass es zu einem ernsthaften Dialog kommt, weil ich selbst im Moment nicht so richtig weiß, wo ich stehe bzw. wie mein eigener Leitstil aussehen sollte.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 6.02.2012 | 20:41
Wäre es zu viel verlangt, zum Thema zurückzufinden?

Was ist denn das Thema? "Rollenspiel ist wie Tandem-Fahren" taugt ja als Diskussionsgrundlage eher wenig.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Gaming Cat am 6.02.2012 | 20:42
Ich habe mich irgendwann zur Überzeugung durchgearbeitet, dass totale Freiheit drastisch überschätzt wird und ein gewisses Maß an sanfter Lenkung und Vorstrukturierung deutlich mehr Sinn macht, als ein undurchsichtiges Vakuum von Optionen, die niemand einschätzen kann...ist nicht mein Fall. Freiheit ja, aber in Maßen und mit Feingefühl - und nichts braucht letztlich mehr (Selbst)Disziplin als Freiheit, ergo sollte man sich überlegen wo es klug ist mehr Freiheit einzufordern (und das sollte man evtl. durchaus) und angebotenen Gestaltungsraum dann auch konsequent nutzen. Freiheit ohne Ziel, ungefähren Plan und aktive Handlungsimpulse ist bestenfalls kreative Anarchie. Wäre nicht mein Spiel...aber jeder wie er will...
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Benjamin am 6.02.2012 | 21:07
Ich beantworte für ihn: Das ist keine Hartwurst in Eriksons Tasche. Und jetzt Finger weg, bevor Dich einer sieht.

Dolge, für mich war meine Antwort recht leicht zu finden. Ich musste mir nur klarmachen, was mich so richtig begeistert und was ich mir für eine Runde wünsche. Denn letztendlich ist es meine Begeisterung, die mich motiviert und deshalb zu einem reichhaltigen (oder überhaupt einem) Spiel führt. Das erfordert natürlich auch begeisterungsfähige Spieler bzw. ich muss darauf achten, was meine Spieler mögen und die ein Stück weit bedienen. Aber da das Rollenspiel in der Gruppe jedem erlaubt, sich selbst zu suchen, was ihm/ihr Spaß macht, kann ich den Wagen weitgehend ungelenkt rollen lassen. Einer kämpft gern, ein anderer recherchiert lieber, ein dritter spielt seinen Charakter ("Ich schleiche!") und ich mach die Welt dazu. Die Entscheidungen meiner Spieler sind tatsächlich ihre, so wie ich wollen würde, dass meine Entscheidungen als Spieler zählen. Die Kämpfe sind nicht gepfuscht, so wie ich das als Spieler haben wollen würde. Und so weiter.

Für mich ist das eher ein Gruppen-Ausflug mit MTB, Damenrad, BMX, Rennrad und Bonanza als ein Tandem.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 6.02.2012 | 21:16
Übrigens ist es ja beileibe nicht neu, aber seit Jahren gleichbleibend bescheuert, dass sich jemand befleißigt fühlt, in einem Thread, in dem schon diverse Leute etwas zum Thema geschrieben haben und sogar mehrere ausdrücklich das Thema gelobt haben, zu verkünden, dass das Thema belanglos sei und es nichts zu diskutieren gäbe. Was bitteschön ist dein Problem, Pyro? Wenn du es nicht raffst, lies es doch einfach noch mal, oder eröffne nen Thread im ORK, oder was weiß ich, aber nerv mich nicht.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 6.02.2012 | 21:19
Übrigens ist es ja beileibe nicht neu, aber seit Jahren gleichbleibend bescheuert, dass sich jemand befleißigt fühlt, in einem Thread, in dem schon diverse Leute etwas zum Thema geschrieben haben und sogar mehrere ausdrücklich das Thema gelobt haben, zu verkünden, dass das Thema belanglos sei und es nichts zu diskutieren gäbe. Was bitteschön ist dein Problem, Pyro? Wenn du es nicht raffst, lies es doch einfach noch mal, oder eröffne nen Thread im ORK, oder was weiß ich, aber nerv mich nicht.

Das thema ist bis zu einem gewissen Grad tatsächlich belanglos. Die richtige Mischung von Freiheit/Erzählonkelei wird zu 100% durch die spezifische Gruppenkonstellation bedingt, die wieder ergbit sich aus persönlichem geschmack. Es kann daher in einer Tanelorn-Diskussion nix praktisch verwertbares rumkommen. Was mich eher interessiert ist die idee von der bedienung mehrerer Spielstile in der gleichen gruppe, wie sie das neue D&D impliziert. Dazu sollte mal wer nen Thread aufmachen. 
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Deep One am 6.02.2012 | 22:05
Wäre es zu viel verlangt, zum Thema zurückzufinden? Eigentlich hatte ich gehofft, dass es zu einem ernsthaften Dialog kommt, weil ich selbst im Moment nicht so richtig weiß, wo ich stehe bzw. wie mein eigener Leitstil aussehen sollte.

Worauf haste denn Bock? :)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Grimnir am 6.02.2012 | 22:15
Das thema ist bis zu einem gewissen Grad tatsächlich belanglos. Die richtige Mischung von Freiheit/Erzählonkelei wird zu 100% durch die spezifische Gruppenkonstellation bedingt, die wieder ergbit sich aus persönlichem geschmack. Es kann daher in einer Tanelorn-Diskussion nix praktisch verwertbares rumkommen.

Diese Mischung oder besser der Leitstil allgemein ergibt sich ja zunächst nicht aus dem persönlichen Geschmack. Der muss erst noch erkannt werden. Und das ist ein langer und holpriger Weg bis dahin. Da gründet ein junger Rollenspieler als SL seine eigene Gruppe mit Rollenspielfrischlingen und weiß nicht, wie er leiten soll. Dann nutzt er den Stil, den er bei seinem SL gelernt hat. Oder er zieht die Spielleitertipps des einen Regelwerks zurate, das er kennt. Oder er interpretiert den Verlauf veröffentlichter Abenteuer, die er kauft, und versucht seine Abenteuer ähnlich zu gestalten. Ist das dann der perfekte, auf die Gruppe angepasste Stil? Mitnichten.

Man spielt ja nie in abgeschlossenen Räumen. Beeinflusst wird man immer. Und mal andere Ansätze auszuprobieren oder auch theoretischen Diskussionen zu lauschen ist da nicht der schlechteste Ratgeber. Einfach ausprobieren und akzeptieren, dass man Fehltritte macht und mal zu viel, mal zu wenig von außen übernommen hat. Dann kehrt man eben um und versucht was neues. Aber sich nach außen hin abschotten und den in der Gruppe praktizierten Leitstil nie zu hinterfragen ist bestimmt nicht der richtige Weg.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Bad Horse am 6.02.2012 | 22:17
Das Problem ist doch, dass du die Spielerbeteiligung in deiner Runde als SL nicht unbedingt steuern kannst. Du kannst diese Beteiligung zwar fördern oder behindern, aber wenn die Spieler keine allzu aktive Rolle jenseits des Charakterspielens übernehmen wollen, dann kannst du noch so sehr Bass in deiner Sandkiste spielen - es wird halt nix.

Der SL ist in seiner Funktion ja auch mit dem idealen Handwerkzeug ausgestattet, um die Handlung voranzutreiben. Insofern ist das Tandem gar nicht so schlecht gewählt - der SL ist halt derjenige, der in die Pedale stapfen muss, wenn der Rest gerade am Nachlassen ist. Normalerweise bringt das die restlichen Fahrer dann ja auch dazu, wieder kräftiger mitzustrampeln.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 6.02.2012 | 22:23
Der Dolge ist aber kein SL-Neuling.

Das Tanelorn hat viele gute Sachen zu sagen, die einem die Augen öffnen können, aber wenn man all diese Threads schon kennt dann wird man aus einem weiteren keinen Erkentnissgewinn mehr ziehen. Und ganz ehrlich: Wieviel Jung-SL lesen denn hier mit? Das soll jetzt nicht gemein sein, wenn nur einer irgendwann mitliest ist damit schon viel gewonnen.

Ich hab auch mal gedacht, es wäre das höchste des Rollenspiels, wenn man sich mit "Ihr" anspricht, jedes belanglose Gespräch ausspielt und seitenlange gedrechselte Beschreibungen vorliest. Das war zu der Zeit in. Teilweise gefällt mir das noch, teilweise nicht.   
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: dunklerschatten am 6.02.2012 | 22:58
Wenn ich solche Themen hier lese dann frage ich mich immer ob ich ein Spielverderber bin ....

Die hier skizzierten SL-Probleme sind doch hausgemachte Sorgen die man sich selber einbrockt !

Zitat
Man hat es ja heute als SL nicht leicht. Früher hatte man immer Recht, heute ist man an allem Schuld. Man soll nicht so ein Tyrann sein, will man ja vielleicht auch gar nicht mehr, weil man auf die Idee gekommen ist, wenn die Spieler einem einen Teil der Verantwortung für das Gelingen der Spielsitzung abnehmen, trägt man leichter daran. Also fing man einfach an, weniger zu machen, und erwartete irgendwie, dass die Spieler ganz von selbst das entstehende Vakuum füllen würden. Machten sie aber nicht, stattdessen herrschte Vakuum allenthalben.

Das ist doch "Geheule" auf extrem hohen Level !
Wer zwingt mich als SL denn irgendeinen x beliebigen RPG-Mindfuck zu folgen, rischtisch niemand außer mir selber.
Und es gab in meinen Augen nie eine Zeit wo man als SL immer Recht hatte und es wird auch nie eine Zeit geben wo man als SL an allem Schuld ist.

Das wichtige im Leben und im RPG ist doch folgendes:

1.)Kenne dich selber
2.)bleibe dir selber Treu
3.)habe einen offenen Geist
4.)verbiege dich aber nicht zwanghaft


Daher, die Leiden sind selbstverschuldet bzw. eingebildet letzlich läuft es beim Rollenspiel wie in fast allen "Künsten", die Formlosigkeit ist das höchste Ziel.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Blizzard am 7.02.2012 | 15:11
Man hat es ja heute als SL nicht leicht. Früher hatte man immer Recht, heute ist man an allem Schuld. Man soll nicht so ein Tyrann sein, will man ja vielleicht auch gar nicht mehr, weil man auf die Idee gekommen ist, wenn die Spieler einem einen Teil der Verantwortung für das Gelingen der Spielsitzung abnehmen, trägt man leichter daran. Also fing man einfach an, weniger zu machen, und erwartete irgendwie, dass die Spieler ganz von selbst das entstehende Vakuum füllen würden. Machten sie aber nicht, stattdessen herrschte Vakuum allenthalben.
Schön formuliert, Vermi. Ich denke, den "Wandel" den du hier beschreibst, ist ein Wandel, den das "moderne Rollenspiel" zwangsläufig mit sich gebracht hat. Seien wir doch mal ehrlich: Früher waren die Spieler froh, wenn der SL ein Machtwort am Tisch gesprochen hat, wenn Klärungsbedarf bestand. Da wurde dann ohne Gemurre weitergespielt. Heutzutage, in den Zeiten des modernen Rollenspiels, in denen die Spieler möglichst regelarm oder regelfrei spielen wollen und PlayerEmpowerment einen hohen Stellenwert geniesst, wird das Machtwort des SL viel eher als Beschneidung der Spielerfreiheit empfunden. Tja, so ändern sich die Zeiten. Dabei wäre es in diesen modernen Zeiten, in denen Regelarmut mehr oder minder eine Grundvoraussetzung für aktuelle Rollenspiele ist, nicht schlecht, sich ab und zu an die alten Tugenden und Werte des Rollenspiels zu erinnern. Ich will damit nicht sagen, dass früher alles besser war-denn das war es nicht. Es gibt einiges, was heute entschieden besser ist als damals anno'79. Aber: anstatt auf Teufel komm raus alles radikal neu zu machen, sollte man vielleicht in Erwägung ziehen, nur einen Teil neu zu machen, und einen Teil des Alten zu behalten oder zu übernehmen. Ich hab in den letzten Jahren diese Entwicklung festgestellt-an mir selbst als SL und auch in einigen von meinen Runden. Früher habe ich eher oldschool-orientiert geleitet, bin davon aber immer mehr abgekommen bis hin zu solchen Systemen, die keine Würfel verwenden oder gar ohne SL auskommen. Das hat sich auch bei der Abenteuerplanung so durchgezogen: Am Anfang nur Kaufabenteuer oder zumindest Abenteuer die teils recht exzessiv vorbereitet waren und den Spielern immer wieder Plothooks vorgesetzt. Dass Spieler das Abenteuer machen/gestalten, wäre mir nie in den Sinn gekommen und PlayerEmpowerment war für mich ein Fremdwort. Später dann nur noch wenig bis gar keine Vorbereitung der Abenteuer, viel Improvisation, und die Spieler einfach machen lassen. War aber letzten Endes dann auch nicht ganz so meins, und so habe ich versucht, einen Mittelweg zu finden: Vorbereitung? Ja-aber nicht mehr so intensiv. Improvisation während des Abenteuers: Ja, nach wie vor; aber eben nicht mehr nur Improvisieren-obwohl ich gerne improvisere. Spielerfreiheit/PlayerEmpowerment: Ja, bis zu einem gewissen Grad (frei nach dem Motto: " So frei wie möglich, so eng wie nötig"). Kurzum: Ich habe versucht, einen Leitstil (für mich) zu finden, der die Tugenden des Alten mit denen des modernen Rollenspiels vermischt. Heraus gekommen ist ein Leitstil, den ich als "traditionell modern" oder "traditionell fortschrittlich" bezeichnen würde,und der imho ein guter Kompromiss ist-sowohl für Oldschooler als für "moderne" Rollenspieler.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: YY am 7.02.2012 | 15:56
Heutzutage, in den Zeiten des modernen Rollenspiels, in denen die Spieler möglichst regelarm oder regelfrei spielen wollen und PlayerEmpowerment einen hohen Stellenwert geniesst

Fürs Protokoll:

Dieses "moderne Rollenspiel" ist in meinem Umfeld zum Teil nie richtig angekommen und zum Teil schon längst wieder ausgestorben...

In der Praxis war das bei uns nie mehr als eine Randerscheinung, die nur einen Vorteil mit sich brachte:
Man hat angesichts der neumodischen Ansätze viel klarer erkennen können, was einem an den alten gefällt und was nicht.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 7.02.2012 | 16:31
Klar, das sogenannte Player Empowerment war eine andere Heilslehre (bis hin zur totalen Abschaffung des SL), mit ihren eigenen Tücken, auch die hat "man" ausprobiert, mit gemischtem Erfolg. Conflict Resolution, Agressive Scene Framing, Distributed Authoring, End Games, Personality Traits, und manchmal hat "man" sich auch da gefragt, wann es denn jetzt richtig losgeht. Aber das sind ja alles alte Hüte. Ich dachte, ich nehme zur Abwechslung mal das Sandboxing aufs Korn, weil das ja offensichtlich gerade die Modeerscheinung der Stunde ist und jeder es macht. ;)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Bad Horse am 7.02.2012 | 18:57
Beides hakt ja letzten Endes auch am selben Problem: Weder Player Empowerment noch Sandbox funktionieren, wenn die Spieler sich nicht intensiv mit dem Spiel auseinandersetzen. Ohne Arbeit und Hirnschmalz seitens der Spieler läuft beides nicht, und - große Überraschung - viele Spieler haben darauf überhaupt keine Lust!  ;)

Da könnten sie ja gleich leiten, oder so.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Tim Finnegan am 7.02.2012 | 18:58
Beides hakt ja letzten Endes auch am selben Problem: Weder Player Empowerment noch Sandbox funktionieren, wenn die Spieler sich nicht intensiv mit dem Spiel auseinandersetzen. Ohne Arbeit und Hirnschmalz seitens der Spieler läuft beides nicht, und - große Überraschung - viele Spieler haben darauf überhaupt keine Lust!  ;)

Da könnten sie ja gleich leiten, oder so.

Amen und so.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 7.02.2012 | 19:13
Ja gut, das stimmt natürlich, darum ging's mir aber nicht primär. Sondern darum, dass "man" sich als SL, selbst wenn die Spieler keine faulen Säcke (tm) sind und machen, was sie sollen, in der deutlich passiveren/reaktiveren Rolle nicht unbedingt wohlfühlen muss. Dass sowohl Player Empowerment, als auch Sandboxing, ganz andere Dinge abliefern, als Tandemfahren. Dass, wenn man grundsätzlich die Dinge, die erfolgreiches Tandemfahren abliefert, sehen möchte, Sandboxing oder Player Empowerment ggf. gar keine gute Wahl sind. Dass die Vorstellung, mit diesen Techniken die gleichen Spaßfaktoren wie früher beim Tandem bedient zu finden, nur mit weniger Aufwand für den SL, fehlgeleitet ist.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Bad Horse am 7.02.2012 | 19:48
Vielleicht kranken Sandbox und PE auch ein bißchen daran, dass sie bei einem der aktivsten Spieler am Tisch sagen: So, und du hältst dich jetzt zurück.

Das versucht man dann vielleicht auch, aber letzten Endes will man ja am Tisch auch irgendwas machen, und nicht nur Würfel rumschieben und reagieren.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Chrischie am 8.02.2012 | 08:30
Vielleicht kranken Sandbox und PE auch ein bißchen daran, dass sie bei einem der aktivsten Spieler am Tisch sagen: So, und du hältst dich jetzt zurück.

[...]

Jup und deshalb habe ich versucht eine Sandbox zu leiten und es auch wieder aufgegeben. Meine Spieler sind bis auf eine Ausnahme auch nicht aktiv genug dafür. Ich habe die Zügel etwas angezogen und auf einmal haben alle wieder Spaß.  ;)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 10:37
(…) aber letzten Endes will man ja am Tisch auch irgendwas machen, und nicht nur Würfel rumschieben und reagieren.

Bezogen auf Sandboxing: Das ist die eine Seite der Medaille, wobei natürlich NSCs und Monster auch agieren können, aber eben nur aus ihrer inneren Motivation heraus agieren sollen, und nicht aus einer übergeordnete Agenda des SL wie etwa den Spielabend spannend zu gestalten.

Und die andere Seite der Medaille ist, dass „man“ vielleicht auch als Spieler eher genervt reagiert, wenn man zwar aktiv ist, eigene Ziele verfolgt und den Gerüchten, die interessant klingen, nachgeht, sich aber die Dinge eben oft eher undramatisch und/oder unzusammenhängend entwickeln. Mangels Hintergrundwissen kann (und soll) man als Spieler beim Sandboxing ja nicht für einen „roten Faden“ sorgen, und der SL tut es auch nicht, bzw. der rote Faden sind eben die Charaktere und sonst nichts.

Ich persönlich glaube, der gegenwärtige Sandboxing-Hype hat auch viel damit zu tun, dass viele sich einfach vom fiktionalen Inhalt angesprochen fühlen. Etwas zu erforschen, sich etwas aufzubauen, an Macht und Einfluss zu gewinnen, das sind ja durchaus interessante Motive (mit oder ohne Elmore-Nostalgie). Ob aber für eine gegebene Gruppe Sandboxing im engeren Sinne, als Spielstil, die beste Wahl ist, um einen solchen fiktionalen Inhalt am Tisch umzusetzen, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 8.02.2012 | 10:40
Es gibt jetzt zwei "Sandbox"-Diaries, an die ich mich erinnere. Eines baut auf dem PF-Adventurepath auf, der keine Sandbox ist, und es wurde eine Abkehr von den sanboxigeren Aspekten von dne Spielern gewünscht. Damit bleibt eine Sandbox. Woran wird denn der Sandbox-Hype festgemacht?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Chrischie am 8.02.2012 | 10:51

[...]

Ich persönlich glaube, der gegenwärtige Sandboxing-Hype hat auch viel damit zu tun, dass viele sich einfach vom fiktionalen Inhalt angesprochen fühlen. Etwas zu erforschen, sich etwas aufzubauen, an Macht und Einfluss zu gewinnen, das sind ja durchaus interessante Motive (mit oder ohne Elmore-Nostalgie). Ob aber für eine gegebene Gruppe Sandboxing im engeren Sinne, als Spielstil, die beste Wahl ist, um einen solchen fiktionalen Inhalt am Tisch umzusetzen, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Zustimmung. Ich finde es aber wichtig, dass dieser Aufbau durch das Regelsystem gefördert und abgedeckt wird.

@Erik Erikson

Der Hype zieht sich eher durch die Blogs als zwangsläufig hier im Forum.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 11:24
Bezogen auf Sandboxing: Das ist die eine Seite der Medaille, wobei natürlich NSCs und Monster auch agieren können, aber eben nur aus ihrer inneren Motivation heraus agieren sollen, und nicht aus einer übergeordnete Agenda des SL wie etwa den Spielabend spannend zu gestalten.
Das ist halt der Unterschied zwischen orthodoxer und reformierter Sandbox. Ich persönlich seh das ja, wie ich es auch als Spieler sehe: Wenn mein Charakter zwei Handlungsalternativen hat, die beide irgendwie logisch und nachvollziehbar sind, und die eine führt absehbar in gähnende Langeweile, und die andere könnte in eine Situation münden, die den Spieltisch rockt, dann überlege ich nicht lange, sondern wähle die zweite.

Zitat
Und die andere Seite der Medaille ist, dass „man“ vielleicht auch als Spieler eher genervt reagiert, wenn man zwar aktiv ist, eigene Ziele verfolgt und den Gerüchten, die interessant klingen, nachgeht, sich aber die Dinge eben oft eher undramatisch und/oder unzusammenhängend entwickeln. Mangels Hintergrundwissen kann (und soll) man als Spieler beim Sandboxing ja nicht für einen „roten Faden“ sorgen, und der SL tut es auch nicht, bzw. der rote Faden sind eben die Charaktere und sonst nichts.
Wenn man will, dann kann man auch in einer Sandbox mit rotem Faden spielen. Man muss halt die Sandbox, NSCs und SCs entsprechend "impfen".
Wobei mir nicht ganz klar ist, ob es vielleicht doch einen Unterschied gibt zwischen "Sandkasten" und "Plot-Kampagne, in der zwar Start- und Zielpunkt festgelegt sind, sich die Ereignisse aber einzig von den Aktionen und Reaktionen der SCs und NSCs getrieben entwickeln".
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 8.02.2012 | 11:31
Vielleicht kranken Sandbox und PE auch ein bißchen daran, dass sie bei einem der aktivsten Spieler am Tisch sagen: So, und du hältst dich jetzt zurück.

Das versucht man dann vielleicht auch, aber letzten Endes will man ja am Tisch auch irgendwas machen, und nicht nur Würfel rumschieben und reagieren.


Ich persönlich frage mich schon länger, warum Bass-Playing manchmal als rein reaktiv dargestellt wird. (Die Diskussion deckt sich übrigens mit keiner mir berichteten, konkreten Spielerfahrung.) Mag das daran liegen, dass das Impossible-Thing-Before-Breakfast schon beim Einkaufen der Brötchen gar nicht so unmöglich war?

Genauer: die Erkenntnis, dass Handlung in Erzählung aus der Handlung des/der Helden entsteht, diese von den Spielern geleitet wird und die Spieler damit Erzähler sind, ist ja richtig (und wichtig). Aber daraus zu schließen, dass Spielleiten als Erzählen unmöglich ist, unterstellt Handlungen die im luftleeren Raum entstehen - sprich: die nur aus der Entscheidungsfreiheit der Spieler erwachsen.
Handlung ist aber (in Realität und Spiel) kein einseitiges Konzept, sondern sie entsteht an Umständen, Herausforderungen und situativen Handlungsräumen (alles SL Hoheiten). Tatsächlich ist Kreativität ein Instrument der Problemlösung und der Creative Constraint ist wirksamer als das weiße Blatt.
Somit sind Spieler und Esel gemeinsam Schöpfer, Erzähler und Publikum der gleichen Geschichte. (Oder von n Geschichten mit n = Spielerzahl + 1). Das Possible-Thing-Before-Brunch. Das ist weder aufregend noch neu, sondern Spielrealität seit gefühlter Jung-Steinzeit.

Aber: Mein Bassplaying (so ich denn die Frechheit habe, es trotz Infragestellung der Grundannahme so zu bezeichnen), fühlt sich für mich genau SO an. Pro- und Reaktiv, mal zurückhaltend und mal solierend, immer aber auch strukturgebend. (Übrigens im RSP wie auch in der Musik.) Ich glaube unzähligen anderen SL geht es genau so, egal ob sie das Tiefton-Gleichnis verwenden oder nicht.

Ergänzt wird der Freiheitswillen vom "Ja-Sagen", dass Keith Johnstone für's Improtheater prägte - und das meines Wissens von dort übernommen wurde. Allerdings galt es für Improvisierer ohne Spielleiter.
Der Hintergedanke des Ja-Sagens ist das Vermeiden einer Entwertung von Handlungen. Statt "Ja-Aber" genügt häufig ein "...-Aber", dass klar macht, dass die Handlung der SC Konsequenzen hat. Es ist eben kein Freibrief zum Fakten schaffen.

Ich glaube also: Spielerunfreiheit ist erlaubt und sogar wünschenswert. Dazu muss sie allerdings, als unverschuldete Unfreiheit, den SC Raum zur Reaktion bieten. Will heißen die Unfreiheit besteht in der Fiktion, ist den SC bewusst und unterstellt ihnen keine vorangegangene Handlung, die die Spieler nicht beschrieben haben. So bietet die Unfreiheit genau den Funken, an dem sich die Handlung (der Helden und der Erzählung) entzünden kann.

(Ich weiß übrigens, dass dies nicht meine Entdeckung oder gar mein erfundener Stil ist.)

Mein großes ABER TROTZDEM:
Ich verdanke dem Umfeld der Theorie verschiedenste praktische Methoden. (Offenes Aussprechen von Flags, klares Strukturieren von Bangs, C-/R-Maps, niedrigeren Erwartungsdruck.) Diese sind für mich konkret nutzbar - und sie helfen mir nicht nur bei der Vorbereitung, sondern sie sind einsetzbar um die ergebnisoffene Geschichte strukturgebend wachsen zu lassen. Alle Spieler sind improvisierende Dramatiker (naja, zumindest fast), der SL setzt sich durch die Aufgabe des improvisierenden Dramaturgen davon ab.

HAFTUNGSAUSSCHLUSS
Angesichts der Menge an Worten, der Kürze der Zeit und des Grades an Schlafmangel, möchte ich jede Verantwortung für Formulierung oder gar Orthographie von mir weisen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Tim Finnegan am 8.02.2012 | 11:38
Ich persönlich glaube, der gegenwärtige Sandboxing-Hype hat auch viel damit zu tun, dass viele sich einfach vom fiktionalen Inhalt angesprochen fühlen. Etwas zu erforschen, sich etwas aufzubauen, an Macht und Einfluss zu gewinnen, das sind ja durchaus interessante Motive (mit oder ohne Elmore-Nostalgie). Ob aber für eine gegebene Gruppe Sandboxing im engeren Sinne, als Spielstil, die beste Wahl ist, um einen solchen fiktionalen Inhalt am Tisch umzusetzen, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Ich meine auch dass es das so ziemlich trifft. Der Ansatz eine Bandbreite von Optionen zu haben und mehrere Facetten auszuleuchten hat seinen Reiz.
Natürlich kann man das auch anders machen, mit anderen Spielstilen, etc., nur hier ist hallt ein Tried & True am laufen.

@Pyromancer:

Naja, Setting und Roter Faden gehen oft nahtlos ineinander über. Siehe etwa das Third Empire für Traveller.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 11:54
@ Nørdmännchen: Okay, gut, dass du den Haftungsausschluss drunter geschrieben hast, ich konnte dir nämlich nicht ganz folgen. ;) Richtig ist, dass es einen großen Unterschied zwischen Bass Playing und Sandboxing gibt, der im Wesentlichen darin besteht, dass der SL beim Bass Playing die Spieler und Charaktere ganz gezielt anspielt. D.h. in der Tat war es nicht ganz sauber von mir, Bass Playing als passiv-reaktiven Leitstil zu bezeichnen.

Ich ganz persönlich habe mich in verschiedenen Konstellationen an Bass Playing versucht, viel dazu gelesen und auch geschrieben, und mir sehr viel davon versprochen. Letztlich fühlte ich mich als SL aber oft hilflos, wenn ich merkte, dass das Spiel irgendwie stockte, in eine Sackgasse lief, zerfaserte, da hatte ich als Tandemfahrer ein erprobtes und zuverlässiges Repertoir, um schnell gegenzusteuern, aber als Bassspieler kam ich dann irgendwann selbst aus dem Rhythmus und konnte nicht wirklich was dagegen machen (was wohl dann, solange noch Handlungen und Konsequenzen stattfanden, von mir auch nicht erwartet wurde). Hinzu kommt beim Bass Playing die Problematik des fehlenden Gruppenspiels, die mir oft nur unbefriedigend gelöst schien.

Die Freiräume, das Ja-Sagen, solche Techniken verwendet selbstverständlich auch der moderne Tandemfahrer reichlich.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: oliof am 8.02.2012 | 12:15
Bezogen auf Sandboxing: Das ist die eine Seite der Medaille, wobei natürlich NSCs und Monster auch agieren können, aber eben nur aus ihrer inneren Motivation heraus agieren sollen, und nicht aus einer übergeordnete Agenda des SL wie etwa den Spielabend spannend zu gestalten.

Und die andere Seite der Medaille ist, dass „man“ vielleicht auch als Spieler eher genervt reagiert, wenn man zwar aktiv ist, eigene Ziele verfolgt und den Gerüchten, die interessant klingen, nachgeht, sich aber die Dinge eben oft eher undramatisch und/oder unzusammenhängend entwickeln. Mangels Hintergrundwissen kann (und soll) man als Spieler beim Sandboxing ja nicht für einen „roten Faden“ sorgen, und der SL tut es auch nicht, bzw. der rote Faden sind eben die Charaktere und sonst nichts.

Genau wie die forgigen Heilslehren eine gewisse Grundfertigkeit und Lernwilligkeit voraussetz(t)en und auch hier die Anwendung der Regeln allein nicht zum Totalen Spielerlebnis führt(e oder führen konnte), gilt auch für die Sandbox, dass sie sich nicht selbst spielt.   Sandbox ist erstmal für sich weder gut noch schlecht; wie du weiter ausführst, kann sie für eine gewisse Art von Spielinhalt und Gruppe genau richtig sein.

Ich habe in den letzten vier Jahren eine "gefälschte" (in Wahrheit doch geskriptete) und eine "echte" (ungeskriptet, aber … wie hiess es … reformierte, also nicht simulationistisch-kleinkarierte sondern "was immer du tust, etwas spannendes passiert") Sandbox kennengelernt; die letztere macht weiterhin viel Spass. Aber auch hier ist "tandemfahren" angesagt – der SL muss eine gute Vorstellung davon haben, was die Spieler wollen, und die Spieler müssen natürlich auf die Geschehnisse im Spiel anspringen. Aber ist das nicht die Binsenweisheit vom "miteinander spielen"?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 12:40
Die reformierte Sandbox klingt für mich irgendwie nach Roads to Rome.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: oliof am 8.02.2012 | 12:57
Wie meinen?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 8.02.2012 | 13:02
"Roads to Rome" steht für einen halboffenen Spielstil bei dem der Weg zwar frei steht, aber, unabhängig davon was passiert immer zum selben vorher festeglegten Ende führt. Abgeleitet von "alle Strassen führen nach Rom".
Was oliof meinte ist aber nicht dasselbe. Eher "alle Strassen führen zu irgendeinem spannenden Ort in Italien" wenn ich es recht verstanden habe...
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: oliof am 8.02.2012 | 13:08
Definition von Roads to Rome gefunden (http://www.indie-rpgs.com/articles/7/).

Nein, Roads to Rome war was ich die "gefälschte" Sandbox genannt habe. Was in der "echten" ein bißchen nach "Roads to Rome" riecht ist vielleicht, dass wir uns mittlerweile auf einen der Big Player eingeschossen haben und uns nun um den kümmern. Wir könnten aber wahrscheinlich auch ein Boot nehmen und woanders hinfahren; das Interesse am derzeitigen Geschehen ist aber gross genug, dass wir eben "mit in die Pedale treten", um hier einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Und natürlich suchen wir uns jetzt gezielt Dinge aus, die eben mit dem derzeitigen Geschehen zu tun haben und unsere Erfolgsaussichten zu verbessern …

EDIT: Ja, Ralf triffts auf den Punkt.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 13:12
Okay, meine Interpretation der reformierten Sandbox war jetzt: "Wenn die Charaktere nicht zum Dungeon kommen, muss der Dungeon eben zu den Charakteren", aber vielleicht ist es auch eher so: "Wenn die Gruppe in den Pfefferhandel einsteigen möchte, dann denk ich mir jetzt gezielt Probleme aus, mit denen sie dabei fertig werden müssen."

Da ist dann in der Tat der Übergang fließend, so was kann man dann ja mehr oder weniger Tandem-ig aufziehen, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Planbarkeit, Dramaturgie etc.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 14:12
Okay, meine Interpretation der reformierten Sandbox war jetzt: "Wenn die Charaktere nicht zum Dungeon kommen, muss der Dungeon eben zu den Charakteren", aber vielleicht ist es auch eher so: "Wenn die Gruppe in den Pfefferhandel einsteigen möchte, dann denk ich mir jetzt gezielt Probleme aus, mit denen sie dabei fertig werden müssen."
Das macht der orthodoxe Sandkastenleiter doch auch. Er nennt das vielleicht nicht "dann denk ich mir jetzt gezielt Probleme aus", sondern "dann modelliere ich dazu eine Handlungsmaschine mit Resourcen, Akteuren und Regelschleifen", im Endeffekt ist es aber genau das: Man macht das Thema im Fokus interessant. Wenn das irgend jemand nicht macht, dann verstehe ich auch, dass der Sandkasten öde und langweilig wirkt:
"Ihr steht in Hex1237. Da ist Wald. Und es gibt eine Siedlung mit 37 Einwohnern. Was wollt ihr tun?"

Was ich mit "reformierter Sandbox" meine ist aber etwas anderes, nämlich, dass man den Rahmen der neutralen Modellierung da verlassen darf, wo es weder die Grundprämissen der Modellierung verletzt noch Spielerentscheidungen entwertet.
Da läuft dann die Gruppe eben "zufällig" dem "interessanten NSC" über den Weg, ohne, dass das auf der Tabelle ausgewürfelt wird (der NSC hätte aber logischerweise da sein können und hat da auch einen in-game-Grund dazu, d.h. man bewegt sich noch innerhalb der Parameter der Modellierung). Und wenn der gegnerische Barde auf eine gefühlte Beleidigung durch einen SC logischerweise mit ignorieren, einer persönlichen Duellforderung oder dem späteren Anheuern eines Trupps Straßenschläger zwecks Abreibungs-Verpassung reagieren kann, dann würfle ich das nicht aus, sondern lasse ihn so reagieren, wie ich als Spielleiter gerade Lust habe oder wie ich meine, dass es der Dramaturgie dient. Und vielleicht hat dann einer der Straßenschläger (ebenfalls ganz zufällig) eine dieser seltsamen Tätowierungen auf dem Oberarm, denen die Gruppe schonmal begegnet ist und über die sie mehr herausfinden wollten. Das kann ich alles machen. Es sind schließlich mein NSCs.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 8.02.2012 | 14:21
Wobei ich jetzt wieder nicht den Unterschied verstehe den du zwischen
"Wenn die Gruppe in den Pfefferhandel einsteigen möchte, dann denk ich mir jetzt gezielt Probleme aus, mit denen sie dabei fertig werden müssen."
und
Und vielleicht hat dann einer der Straßenschläger (ebenfalls ganz zufällig) eine dieser seltsamen Tätowierungen auf dem Oberarm, denen die Gruppe schonmal begegnet ist und über die sie mehr herausfinden wollten.
zu machen scheinst.

Ist doch genau dasselbe, oder nicht?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 14:29
@ Pyro: Okay, und wie viel davon ist dann planbar? Wie oft hast du da als SL eine Tendenz, was du denkst, das die Spieler tun werden, und so geschieht es dann auch?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 14:36
OT:

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Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: oliof am 8.02.2012 | 14:40
Du hast zwar Pyro gefragt, aber ich kann Dir mal meine Spielersicht schildern: Diese reformierte Sandbox bespielt der SL schon seit Jahren, er hat also neben den Kurzbeschreibungen der Hexfelder eine mit verschiedenen Spielergruppen gemeinsam erspielte Historie und Erlebnisse, die eine Durchdringung des – ich nenne es mal "Genre" – mit sich bringt, dass die fliessenden Übergänge zwischen Geplanter Handlung und Auf-Die-Spieler-Eingehen für mich nicht spürbar sind.

Klar, wenn wir uns vornehmen, den Set-Priester und seinen Tempel auseinanderzunehmen, dann muss ein Set-Priester mit Werten versehen und ein Tempel im notwendigen Rahmen beschreibbar werden. Da greift unser SL aber auf vielerlei Quellen, hauptsächlich 1-Page-Dungeons und anderen frei verfügbaren Kram, zurück um das dann jeweils auszugestalten. Die Welt ist also nicht papiertrocken weil von der Zufallstabelle abgelesen, sondern steckt voller Persönlichkeiten – einige NSCs sind Spielercharaktere vergangener Runden und die haben auch schon "Geschichte geschrieben", andere sind "alte Feinde" nicht der Gruppe aber "der Sache", wieder andere kommen neu dazu …
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: oliof am 8.02.2012 | 14:42
OT:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

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Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 14:47
Wobei ich jetzt wieder nicht den Unterschied verstehe den du zwischenundzu machen scheinst.

Ist doch genau dasselbe, oder nicht?

Es läuft im Endeffekt darauf hinaus, was man mit "Probleme ausdenken" meint:
"Ich modelliere neutral die Zusammenhänge, dann werden die zu überwindenden Schwierigkeiten offensichtlich"
oder
"Ich denke mir dramaturgisch passende Herausforderungen aus."

Ein Sandkasten (auch ein reformierter) lebt aber davon, dass die großen, wichtigen Dinge modelliert sind und Ursache-Wirkungs-Gesetzen gehorchen, und nicht der "rule of cool". D.h. wenn ein Thema langfristig in den Fokus rückt, dann muss es auch modelliert werden. Das ist der Fall, wenn die SCs sich das Kampagnenziel setzen, die Pfefferkönige von Lübeck zu werden. Das ist nicht der Fall bei der Frage, welchen der 20 verfügbaren Straßenschläger ein NSC jetzt genau anheuert.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 14:57
Wobei ich auch als Tandem-SL ein großer Fan von Konsistenz und Plausibilität bin, insofern ist zwar mein Ziel nicht Modellierung, sondern nur Plausibilitäts-Check, aber das Ergebnis wird sich sehr oft gleichen. Ich weiß, dass andere da teilweise weniger Wert drauf legen, was ich noch nie verstehen konnte, aber das ist ein anderes Thema. ;)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 8.02.2012 | 15:07
Mal schauen ob ich es richtig verstanden habe.
Um mal im Beispiel zu bleiben:
Oldschool SB sagt "es gibt 100 anheuerbere Schläger davon haben 10 eine Spannende Tätowierung. In einer Gruppe von 20 Schlägern einen drin zu haben hat also eine Wahrscheinlichkeit von 2:1" *würfelt*

Reform SB sagt "Hm hier wärs plausibel und passt auch grad in den Kram."

Das wär für mich nur ein Unterschied darin, woher ich meine Legitimation von "Plausibel" bekomme. Also kein echter Unterschied.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: El God am 8.02.2012 | 15:12
Ja, irgendwie ist der Unterschied imho eher akademisch. Zumal auch der Oldschool SB-SL eine willkürliche Festlegung vornimmt, indem er nämlich überhaupt eine Wahrscheinlichkeit für spannende Tattoos einführt.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Jiba am 8.02.2012 | 15:14
Ja, irgendwie ist der Unterschied imho eher akademisch. Zumal auch der Oldschool SB-SL eine willkürliche Festlegung vornimmt, indem er nämlich überhaupt eine Wahrscheinlichkeit für spannende Tattoos einführt.

Danke! Vollkommen ohne Willkür geht es eben nicht! Der Unterschied ist meiner Meinung nach eher der Grad an Transparenz.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: El God am 8.02.2012 | 15:22
Es gibt natürlich noch den kleinen Grad des Unterschiedes, wann diese Willkür zum Tragen kommt: Beim Vorbereiten von Szenarien und Settings hat das ein ganz anderes Gewicht als während des Spieles. Beim Vorbereiten kommt man nicht ohne aus, beim Spielen halte ich das in einem gewissen Rahmen sogar für möglich. Aber aus v.a. von Vermi bereits angeführten Argumenten ist das für mich nicht erstrebenswert.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Taschenschieber am 8.02.2012 | 15:25
Wenn ich Sachen vor dem Spiel festlege, kann ich sie zumindest nicht so an das Handeln der Spieler anpassen, dass das in meinen Augen Richtige passiert (Palette Shifting oder so). Wenn ich sie erst im Spiel festlege, kann ich das sehr wohl.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Jiba am 8.02.2012 | 15:27
Das meinte ich mit Willkür ja auch nicht.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Tim Finnegan am 8.02.2012 | 15:40
Mal schauen ob ich es richtig verstanden habe.
Um mal im Beispiel zu bleiben:
Oldschool SB sagt "es gibt 100 anheuerbere Schläger davon haben 10 eine Spannende Tätowierung. In einer Gruppe von 20 Schlägern einen drin zu haben hat also eine Wahrscheinlichkeit von 2:1" *würfelt*

Reform SB sagt "Hm hier wärs plausibel und passt auch grad in den Kram."

Das wär für mich nur ein Unterschied darin, woher ich meine Legitimation von "Plausibel" bekomme. Also kein echter Unterschied.

Jain, würde ich sagen.

Es kommt drauf an wie man zu der Entscheidung gelangt dass es diese Tätowierungen gibt.
Konsequent durchexerziert hätte ich z.B. eine Tabelle mit "Besonderen Eigenschaften" für Diebesgilde, Kulte, etc. Wenn ich diese Fraktion erschaffe und die besonderen Merkmale auswürfle, kommt vielleicht die Tätowierung dabei heraus und dann wird das in die nächste Tabelle "Welcher Fraktion gehören die Schläger an" mit integriert.
Das ist dann das Spiel mit der internen Konsistenz.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 15:54
Jain, würde ich sagen.

Es kommt drauf an wie man zu der Entscheidung gelangt dass es diese Tätowierungen gibt.
Konsequent durchexerziert hätte ich z.B. eine Tabelle mit "Besonderen Eigenschaften" für Diebesgilde...

Ganz konsequent hätte man jeden NSC ausgearbeitet und würde ihn "spielen", wüsste also, wo er sich befindet, ob er sich für so eine Schlägeraktion anheuern lässt, und natürlich auch, ob er so eine Tätowierung hat oder nicht. Der Würfel ist in der Sandbox ja nur dazu da, die Dinge, die man nicht modelliert hat, plausibel abzufangen.

Der Bruch zwischen orthodoxer und reformierter Lehre verläuft eben genau da: Wie werden diese Dinge abgefangen. Der orthodoxe Sandkastenleiter hat nicht zu wollen und ist nur dazu da, die Welt zu modellieren, er darf sich also nicht aus drama- oder sonstigen Überlegungen dazu hinreißen lassen, eine mögliche Option einer anderen ungebührlich vorzuziehen: Deshalb würfelt er.
Der reformierte Sandkastenleiter darf, wenn er mag, in diesen Fällen eine Entscheidung nach eigener Präferenz oder dramatischen Gesichtspunkten treffen.

(Der Bruch zwischen orthodoxem und katholischem Sandkasten verläuft hingegen bei der Frage, wie genau die NSCs ausgespielt werden dürfen. Der katholische Sandkastenleiter darf seine NSCs so spielen, wie er für richtig hält, während der orthodoxe auch hier exakte Modellierung oder NSC-Reaktionstabellen bemühen muss).
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 8.02.2012 | 16:02
(Der Bruch zwischen orthodoxem und katholischem Sandkasten verläuft hingegen bei der Frage, wie genau die NSCs ausgespielt werden dürfen. Der katholische Sandkastenleiter darf seine NSCs so spielen, wie er für richtig hält, während der orthodoxe auch hier exakte Modellierung oder NSC-Reaktionstabellen bemühen muss).
An diesem Punkt hast du mich verloren. Siehe oben.
Die Unterscheidung zwischen "pausibel ausgewürfelt" und "plausibel ausgewählt" halte ich für künstlich und oberflächlich, da eine total-Modellierung wie du sie hier beschreibst weder möglich noch wünschenswert ist.
Die Wahrheit am Tisch muss irgendwo dazwischen liegen. Damit finde ich die Teilung hinfällig.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 16:04
An diesem Punkt hast du mich verloren. Siehe oben.
Die Unterscheidung zwischen "pausibel ausgewürfelt" und "plausibel ausgewählt" halte ich für künstlich und oberflächlich,
Ich halte sie für fundamental und offensichtlich.

Zitat
da eine total-Modellierung wie du sie hier beschreibst weder möglich noch wünschenswert ist.
Hier sind wir wieder auf einem Nenner. :)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 8.02.2012 | 16:10
Dann erklär mir warum wir über etwas, das wir beide für nicht existent halten diskutieren müssen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: sir_paul am 8.02.2012 | 16:12
Ach, wer zwingt dich denn zu diskutieren ;)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 8.02.2012 | 16:14
Ja das stimmt. ;D

"Even if you win,..."
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 16:16
Dann erklär mir warum wir über etwas, das wir beide für nicht existent halten diskutieren müssen.

Die Totalmodellierung stand doch hier nie zur Debatte, oder?  wtf?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 16:20
Ich halte die Abbildung komplexer Systeme auf einfache Modelle, die mit einigen wenigen Größen plus Zufall arbeiten und glaubhafte, "realistische" Ergebnisse liefern, und mit denen man spielen kann sogar für einen Hauptreiz des orthodoxen Sandkastens. Ganz egal, was ich weiter oben geschrieben habe.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 8.02.2012 | 16:22
Die Totalmodellierung stand doch hier nie zur Debatte, oder?  wtf?
Doch, weil ja die "orthodoxe Sandbox" scheinbar tatsächlich nur mit Totalmodellierung möglich ist.
Es geht mir darum, dass jede real existierene Sandbox automatisch eine reformierte ist und somit der Gedanke der orthodoxen SB hinfällig.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 8.02.2012 | 16:26
Ein Sandkasten (auch ein reformierter) lebt aber davon, dass die großen, wichtigen Dinge modelliert sind und Ursache-Wirkungs-Gesetzen gehorchen, und nicht der "rule of cool". D.h. wenn ein Thema langfristig in den Fokus rückt, dann muss es auch modelliert werden.
Und eben da sitzt der Hase im Pfeffer. Diese Deine Annahme ist nicht nur wackelig, sondern nicht belegbar. Ich kenne zumindest genügend Gegenbeispiele und kann Dir da nicht folgen. Die Geisteshaltung, die hinter der Summe der SL-Fragen hinsichtlich einer reinen Modellierung bzw. alternativ einer - womöglich dramaturgisch motivierten - Setzung steckt, ist spielrundenübergreifend im Gegensatz zu Deiner Darstellung und gemäß des Ausgangsposts von Herrn Hartholzharnisch eben keine binäre Entscheidung, sondern auf einem Kontinuum mit den Polen Offenheit und, meinetwegen, Strukturierung anzusiedeln. Dieses krampfhafte Festhalten an rein binären Denkmustern ist doch gerade der Punkt, über dessen Unsinnigkeit sich die Leute allmählich klar werden. Klar: Du führst da quasi als Rückzugsgefecht bereits die Einschränkung der "großen, wichtigen Dinge" ein. Aber das kann nach meiner Ansicht problemlos generalisiert werden.

Die Totalmodellierung stand doch hier nie zur Debatte, oder?  wtf?
Nein? Ich habe Dich so verstanden. Aber wenn dem nicht so ist: wunderbar. Diese Propaganda der Marke "Sobald der SL dramaturgisch motiviert bzw. im Sinne der Rule of Cool eingreift, entwertet er/sie das komplette Spiel." ist als Kern schlichtweg Unfug, wenn man den Gedanken eines Kontinuums verstanden hat. Meinetwegen kann man das Ergebnis dann die Forderung nach einem Tandem nennen. Eigentlich finde ich aber, dass es mit dem Begriff des Partizipationismus hinreichend beschrieben wird - wenn man begreift, dass es diesbezüglich eben nicht nur schwarz und weiß gibt.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: sir_paul am 8.02.2012 | 16:30
Ich denke allerdings das man durch die Beschränkung einer Diskussion auf real existierende Phänomene sich künstlich beschneidet. Einige "rein theoretische" Betrachtungen haben zumindest mich weiter gebracht als die Diskussion mit den Worten "Gibt es doch gar nicht, müssen wir nicht drüber reden!" abzubrechen...

Was nicht heißt das ich hier und jetzt über die orthodoxe Sandbox diskutieren möchte ;)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 8.02.2012 | 16:35
Haste recht. Ich bestehe aber im Weiteren auf den Begriff "nur in theoretischer Form als Denkmodell mögliche sogenannte orthodoxe Sandbox".
NitFaDmsoS würde ich auch noch akzeptieren. ;D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Tim Finnegan am 8.02.2012 | 16:37
Haste recht. Ich bestehe aber im Weiteren auf den Begriff "nur in theoretischer Form als Denkmodell mögliche sogenannte orthodoxe Sandbox".
NitFaDmsoS würde ich auch noch akzeptieren. ;D

Mich verwundert es gerade dass du darauf bestehst dass eine orthodoxe Sandbox nur theoretisch machbar ist.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 16:39
Und eben da sitzt der Hase im Pfeffer. Diese Deine Annahme ist nicht nur wackelig, sondern nicht belegbar.
Es ist eine (gängige, möchte ich meinen) Definition von Sandkasten. Natürlich ist das nicht belegbar, es ist eine Definition. Und natürlich ist es nicht die einzig wahre Art zu spielen. Vielleicht ist es dir nicht klar geworden (oder mir ist nicht klar geworden, was du meinst), aber ich rede hier von einigen möglichen Spielstil, nicht von der einzig möglichen Art, zu spielen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 8.02.2012 | 16:42
Mich verwundert es gerade dass du darauf bestehst dass eine orthodoxe Sandbox nur theoretisch machbar ist.
Wie soll denn das in der Realität aussehen? Niemals und zu keinem Zeitpunkt willkürlich in die Welt einzugreifen? Erscheint mir nicht machbar.
Spätestens, wenn du mehr oder weniger willkürlich eine Zufallstabelle erstellst hast du eingegriffen, indem du Sachen für plausibler (wahrscheinlicher) erklärst als andere (weniger wahrscheinlich).
Und Bäm fliegst du raus aus der NitFaDmsoS weil du hast ja formend eingegriffen.

Edit: genauer ausgeführt
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: 6 am 8.02.2012 | 16:55
@Ralf:
Die orthodoxe Sandbox ist ein Ideal (ein nicht Erreichbares, aber dennoch ein Ideal) einer Spielart. Wir reden hier also von dem was eine Gruppe erreichen will, an dem sich die praktische Spielweise dieser Gruppe orientiert.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Ralf am 8.02.2012 | 17:01
Ah und da haben wirs glaube ich.
Können wir uns drauf einegen, dass es "orthodoxe Sandboxen" nicht gibt, "orthodoxistisch spielende Gruppen" aber schon?

Wenn übrigens jemand bessere Begriffe hat, her damit.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 17:05
Wie soll denn das in der Realität aussehen? Niemals und zu keinem Zeitpunkt willkürlich in die Welt einzugreifen? Erscheint mir nicht machbar.
Spätestens, wenn du mehr oder weniger willkürlich eine Zufallstabelle erstellst hast du eingegriffen, indem du Sachen für plausibler (wahrscheinlicher) erklärst als andere (weniger wahrscheinlich).
Und Bäm fliegst du raus aus der NitFaDmsoS weil du hast ja formend eingegriffen.

Weltenbau (und nichts anderes ist die Erstellung einer Zufallstabelle) ist genau das eine große Ding, in dem sich der orthodoxe Sandkastenleiter austoben darf. Es geht auch nicht darum, ob der SL willkürliche Entscheidungen trifft. Natürlich trifft er die. Es geht darum, ob er diese Entscheidungen trifft, weil er die Welt simulieren will, oder weil er einen dramatisch oder ästhetisch ansprechenden Fortgang der Geschichte forcieren will.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Dr.Boomslang am 8.02.2012 | 17:10
Vermi, deine entwicklungshistorischen Betrachtungen sind immer sehr nett, aber ich frage mich ob sie was anderes bedeuten als, dass du immer wieder zurück kommst zu dem Stil den du schon immer wolltest, nur eben etwas schlauer (mehr Bewusstsein, bessere Techniken). Das interessiert mich wirklich, vor allem weil in meinem Spiel sehr ähnliche Wurzeln habe wie du, und ich auch immer zu dem Stil zurück komme, wenn mir nichts besseres einfällt.

Meine Frage ist also: Bist du wirklich nur einfach zurück beim Illusionismus den man jetzt Partizipationismus nennen darf, weil man sich ja dessen bewusst ist (mehr oder weniger), oder macht du tatsächlich heute was prinzipiell anders? Haben dir Entwicklung und deine Fehler also was gebracht, was man irgendwie konkret festmachen kann?

Ich denke nämlich es kommt immer noch aufs System an. Man muss sich zwingen Sachen anders zu machen. Wenn ich spiele wie vor 20 Jahren dann kommt auf lange Sicht auch immer das gleiche raus wie vor 20 Jahren (was zum größten Teil auch gar nicht schlecht war). Ich muss mich schon bemühen was anders zu machen, System matters und so.

Bei deiner Darstellung sehe ich nämlich die Gefahr, dass Leute die nicht den gleichen Überblick haben wie du, sich jetzt bestätigt sehen, weil du ihnen sagst dass sie schon immer alles richtig gemacht haben.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 8.02.2012 | 17:14
@ Pyromancer: Wir scheinen da aneinander vorbeizureden. Lies Dir mal Deine eigenen Beitrag durch. Ich werde daraus nicht schlau. Zunächste (kursive Hervorhebung durch mich):

Was ich mit "reformierter Sandbox" meine ist aber etwas anderes, nämlich, dass man den Rahmen der neutralen Modellierung da verlassen darf, wo es weder die Grundprämissen der Modellierung verletzt noch Spielerentscheidungen entwertet.
Da läuft dann die Gruppe eben "zufällig" dem "interessanten NSC" über den Weg, ohne, dass das auf der Tabelle ausgewürfelt wird (der NSC hätte aber logischerweise da sein können und hat da auch einen in-game-Grund dazu, d.h. man bewegt sich noch innerhalb der Parameter der Modellierung).

Und dann schreibst Du:

Ein Sandkasten (auch ein reformierter) lebt aber davon, dass die großen, wichtigen Dinge modelliert sind und Ursache-Wirkungs-Gesetzen gehorchen, und nicht der "rule of cool".

Die Gruppe jedoch einem "zufällig de interessanten NSC" über den Weg laufen lassen, ist für mich nichts anderes als eine Anwendung der Rule of Cool. Später schreibst Du dann wieder:

Weltenbau (und nichts anderes ist die Erstellung einer Zufallstabelle) ist genau das eine große Ding, in dem sich der orthodoxe Sandkastenleiter austoben darf. Es geht auch nicht darum, ob der SL willkürliche Entscheidungen trifft. Natürlich trifft er die. Es geht darum, ob er diese Entscheidungen trifft, weil er die Welt simulieren will, oder weil er einen dramatisch oder ästhetisch ansprechenden Fortgang der Geschichte forcieren will.

Für mich passt das alles nicht zusammen. Was ich da sehe: der SL modelliert teilweise und teilweise tauchen dramaturgisch motiviert Dinge gemäß der Rule of Cool auf. In verschiedenen Gruppen bestehen unterschiedliche Mischungen dieser beiden Bestandteile. Daraus entsteht insgesamt ein Kontinuum aus Offenheit und Struktur, auf dem sich die Gruppe dann ansiedelt.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 17:37
Meine Frage ist also: Bist du wirklich nur einfach zurück beim Illusionismus den man jetzt Partizipationismus nennen darf, weil man sich ja dessen bewusst ist (mehr oder weniger), oder macht du tatsächlich heute was prinzipiell anders? Haben dir Entwicklung und deine Fehler also was gebracht, was man irgendwie konkret festmachen kann?
 

Am Spieltisch? Die Gewissheit, dass ich mich wirklich besser aufgehoben fühle, wenn ich als SL einen groben Plan und genug innerfiktionale Stellschrauben habe, mit denen ich das Geschehen ausbalancieren kann. Gleichzeitig aber auch das Ablegen des Gedankens, die Spieler beaufsichtigen oder bevormunden zu müssen, damit sie nicht „falsch“ spielen, und die Erkenntnis, dass eine asymmetrische Aufgabenverteilung nicht zugleich auch ein hierarchisches Verhältnis begründet. Zu verstehen, wie die Spielbeiträge aller Beteiligten ineinander greifen, und in der Konsequenz viel weniger Einbahnstraßenspiel als vorher.

Das ist eigentlich der Kern der Sache. Man hatte irgendwann erkannt, dass Einbahnstraßenspiel doof war. Aber man dachte, man müsste die SL-Rolle viel grundlegender abwandeln, als es eigentlich nötig war, um von der Einbahnstraße weg zu kommen.

Und beim System-Design? Oh, das ist ein eigener Thread. Aber Danger Zone (a.k.a. „das System aus Space Adventures“) kennst du ja, da hast du an sich schon deine Antwort.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Herr der Nacht am 8.02.2012 | 17:38
Bezüglich des Rückkehrens: Ist das nicht einfach ein natürliches Bedürfnis des Spielleiters, hin und wieder auch eine aktivere, gestalterische Rolle einzunehmen?

So kann ich das nämlich an mir selbst beobachten. Es ist schön und gut, NSCs reagieren zu lassen und dort Kulisse aufzubauen, wo die SCs hingehen. Aber manchmal möchte man es aber eben auch direkt haben. Ich schreibe einen geilen NSC mit einem mMn spannenden Plothook und dann versuche ich eben auch alles am Spieltisch, dass die Spieler anbeißen. Dabei mache ich mir dann keine Gedanken um Wahrscheinlichkeiten (ist es wahrscheinlich dass der verschollene Bruder des SCs genau in dieser Stadt an diesem Ort auftaucht?) und auch keine darum, ob ich da vielleicht ein bisschen den Zaunpfahl winke.

Dass bemerke ich bei mir und vielleicht manchmal die Unlust, einfach überall breite Pinselstriche zu machen und erstmal keinen zu favorisieren. Das geht halt auch nicht so leicht. Wenn ich mir 5 Plothooks überlege, dann habe ich auf einen davon halt auch besonders Bock.

Für mich ist die "unechte" Sandbox ein bisschen wie die GTA-Computerspiele. Man kann zwar überall herumdüsen und kleine Dinge erleben, aber es gibt dennoch feste Orte an denen Plots warten und feste NSCs die eingehender behandelt werden.

Und die funktioniert für mich doch besser als eine oldschoolige Hexkarte  ;D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Oberkampf am 8.02.2012 | 17:40
Die Unterscheidung orthodox und reformiert scheint mir (meine Vermutung) deswegen etwas schwierig, weil das eine (orthodoxe Sandbox) ein reines Modell ist, das andere (reformierte Sandbox) aber in der Spielrealität vorkommt. (Nur ein Einwurf von jemandem, der sich dem Thema Sandbox als interessierter Laie nähert.)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 8.02.2012 | 17:46
Am Spieltisch? Die Gewissheit, dass ich mich wirklich besser aufgehoben fühle, wenn ich als SL einen groben Plan und genug innerfiktionale Stellschrauben habe, mit denen ich das Geschehen ausbalancieren kann. Gleichzeitig aber auch das Ablegen des Gedankens, die Spieler beaufsichtigen oder bevormunden zu müssen, damit sie nicht „falsch“ spielen, und die Erkenntnis, dass eine asymmetrische Aufgabenverteilung nicht zugleich auch ein hierarchisches Verhältnis begründet. Zu verstehen, wie die Spielbeiträge aller Beteiligten ineinander greifen, und in der Konsequenz viel weniger Einbahnstraßenspiel als vorher.

Das ist eigentlich der Kern der Sache. Man hatte irgendwann erkannt, dass Einbahnstraßenspiel doof war. Aber man dachte, man müsste die SL-Rolle viel grundlegender abwandeln, als es eigentlich nötig war, um von der Einbahnstraße weg zu kommen.

Genau. Das halte ich wirklich für einen ganz wesentlichen Erkenntnisfortschritt. Es ist also keineswegs so, dass wir heute wieder genau da stehen würden, wo wir einmal diskursiv gestartet sind. Zwar hat sich dabei die jeweilige Rollenwahrnehmung  im Ergebnis kaum geändert (wohl aber im Prozess, wo vieles ausprobiert wurde). Dennoch scheint mir die Fähigkeit zur Reflektion des eigenen Handelns erheblich gestiegen zu sein. Und das ist doch ein wunderbares Ergebnis all der Überlegungen, finde ich. Da sage noch mal einer, dass Theorie zu nix führt  ;)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Tim Finnegan am 8.02.2012 | 17:47
Es wäre ja fast einen Versuch wert um zu testen wie Nah man an eine pure, orthodox Sandbox herankommen kann.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 17:49
@ Pyromancer: Wir scheinen da aneinander vorbeizureden. Lies Dir mal Deine eigenen Beitrag durch. Ich werde daraus nicht schlau. Zunächste (kursive Hervorhebung durch mich):

Und dann schreibst Du:

Die Gruppe jedoch einem "zufällig de interessanten NSC" über den Weg laufen lassen, ist für mich nichts anderes als eine Anwendung der Rule of Cool. Später schreibst Du dann wieder:

Für mich passt das alles nicht zusammen. Was ich da sehe: der SL modelliert teilweise und teilweise tauchen dramaturgisch motiviert Dinge gemäß der Rule of Cool auf. In verschiedenen Gruppen bestehen unterschiedliche Mischungen dieser beiden Bestandteile. Daraus entsteht insgesamt ein Kontinuum aus Offenheit und Struktur, auf dem sich die Gruppe dann ansiedelt.

Ja, das ist ein Kontinuum, das sieht irgendwie so aus (ganz grob):

Orthodoxe Sandbox: Alles wird modelliert und rein unter simulatorischen Gesichtspunkten und nach Ursache-Wirkungs-Prinzipien entschieden. Dinge passieren, weil sie sich logisch so ergeben, nicht, weil sie dem Spielleiter ins Konzept passen.

Reformierte Sandbox: Die großen, zentralen Spielinhalte werden modelliert und rein unter simulatorischen Gesichtspunken und nach Ursache-Wirkungs-Prinzipien entschieden, im Kleinen entscheidet der Spielleiter nach Gutdünken. Dinge passieren, weil sie sich logisch so ergeben oder dem Spielleiter ins Konzept passen und sich zumindest logisch so ergeben könnten.

Und weiter:

Plausibles Plotspiel: Der Spielleiter entscheidet nach Gutdünken, versucht aber, im großen und ganzen plausibel zu bleiben und Ursache-Wirkungs-Beziehungen im Auge zu behalten. Dinge passieren, weil sie dem Spielleiter in den Plot passen und der Logik nicht sofort widersprechen.

Drama-Orgie: Der Spielleiter entscheidet nach Gutdünken, passt schon irgendwie. Dinge passieren, weil sie dramatisch sind.

Persönlich leite ich momentan irgendwo zwischen plausiblem Plotspiel und reformierter Sandbox.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 8.02.2012 | 17:49
Ich leite so, das die Spieler in Entscheidungssituationen gedrängt werden. Das ist sicher keine Sandbox, sondern ich dränge den Spielern die freiheit regelrecht auf. Sie haben quasi die volle freiheit, nur eben eines nicht, Entscheidungssituationen zu vermeiden.

Das ähnelt manchmal einer Sandbox, weil man ja auch beziehungsnetz und so braucht, um selber die konsequenzen von Entscheidungen absehen zu können und den Spielern zu zeigen, was zu was führt. früher hätt ich das auch für ne Sandbox gehalten. aber anscheinend gibt es ja eine simulationistische Sandbox, wo man Dinge anhand vordefinierter Ausgangsparameter einfach laufen lässt. Sowas find ich weniger lustig, das kann schnell langweilig werden, wenn die SC beispielsweise viel pech haben oder unfähig sind und dann andauernd nur auf die Schnauze fallen.

beispiel: Wenn die SC da sind, dann finden alle wichtigen Abstimmungen im rat der 12 statt. Auch wenn es unlogisch ist, das die nicht eher übers jahr mal das eine mal das andere abstimmen. Rein meta damit, das die SC mit abstimmen und die Ergebnisse beeinflussen können.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 17:50
Ist das nicht einfach ein natürliches Bedürfnis des Spielleiters, hin und wieder auch eine aktivere, gestalterische Rolle einzunehmen?

Ich weiß nicht. Andere Spielleiter berichten hier im Forum, dass sie erst durch die OSR und Hexcrawl/Dungeoncrawl die Freude am Rollenspiel zurück gewonnen haben. Und nicht zu vergessen sind dabei ja auch die Spieler. Was wollen die von ihrem Spielleiter? Wenn die Gruppe ganz leicht Erfolg hat, oder draufgeht, gucken die dann ihren Spielleiter an und sagen, hey, haste gepennt oder was? Oder wollen die es gerade genauso haben, je nachdem, ob sie sich eben geschickt oder blöd angestellt haben?

Ich kann für mich sagen, dass ich auch als Spieler lieber einen SL habe, der lenkend eingreift. Allerdings verwechseln leider viele SLs das mit „den Spielern sagen, was sie zu tun haben“, was aber absolut nicht das gleiche ist.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Herr der Nacht am 8.02.2012 | 17:59
Ich weiß nicht. Andere Spielleiter berichten hier im Forum, dass sie erst durch die OSR und Hexcrawl/Dungeoncrawl die Freude am Rollenspiel zurück gewonnen haben. Und nicht zu vergessen sind dabei ja auch die Spieler. Was wollen die von ihrem Spielleiter? Wenn die Gruppe ganz leicht Erfolg hat, oder draufgeht, gucken die dann ihren Spielleiter an und sagen, hey, haste gepennt oder was? Oder wollen die es gerade genauso haben, je nachdem, ob sie sich eben geschickt oder blöd angestellt haben?

Ich kann für mich sagen, dass ich auch als Spieler lieber einen SL habe, der lenkend eingreift. Allerdings verwechseln leider viele SLs das mit „den Spielern sagen, was sie zu tun haben“, was aber absolut nicht das gleiche ist.


Hmmm, da ich in den letzten Monaten wieder ausschließlich als SL tätig war, habe ich da vielleicht auch die SL-Brille auf. Ich denke, der eigene Anspruch ans Leiten lässt sich auch nicht pauschal auf den eigenen Anspruch als Spieler übersetzen.


Ich erinnere mich da an unsere momentan pausierende WoD-Runde mit wechselnden SLs.
Der eine ist ein Plotlenker vor dem Herrn, was stellenweise schon zu kritischen Szenen am Spieltisch führte. Und definitiv zu schlechter Stimmung nach dem Spielabend. Ein anderer macht sich null Notizen und legt sich auch überhaupt nicht fest. Dabei fehlt dann wieder der rote Faden, der bei seinem Kollegen einfach zu drastisch ausfällt. Das mündete schon in Spielabenden wo ich anfing, die Punkte an der Tapete zu zählen, so spannend war das  ;D

Persönlich leite ich daher irgendwo in der Mitte und versuche es so umzusetzen, dass ich bei mir selbst als Spieler Spaß hätte :)

Aber eigentlich hat das ja gar nichts mehr mit der Frage zu tun, wo man jetzt steht, in der Sandbox um Landschaften zu bauen oder im Zugabteil um die Tickets abzustempeln.  ;D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 8.02.2012 | 18:01
@ Pyromancer: okay, genau. Danke für die Erläuterung. Ich teile Deine Position.

Es wäre ja fast einen Versuch wert um zu testen wie Nah man an eine pure, orthodox Sandbox herankommen kann.
Auch die Extremform in absoluter Orthodoxie kann man relativ leicht aufziehen (wenn man unbewusste Verzerrungen und nicht zu verhindernde Willkür bei der Wahl des Material etc. mal ausblendet). Hier im Forum können und machen sowas nach meinem Eindruck ziemlich viele Leute in hoher Qualität. Woozle, 6, Don Kamillo, Glgnfz fallen mir da beispielsweise auf Anhieb ein (hoffe, das ist so einigermaßen korrekt). Noch viel mehr solcher Leute findest Du im Ork. Möglich ist das schon - aber halt ein durchaus anderes Spielgefühl mit seinen ganz eigenen Stärken & Schwächen.

@ Hartholzhose: Ich glaube, dass es sich dabei um eine Wahrnehmungsfrage handelt. Die Leute, die die Sandboxes so laut propagiert haben, waren schlicht salienter als die interessiert lauschende Mehrheit.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 18:04
Ich denke, der eigene Anspruch ans Leiten lässt sich auch nicht pauschal auf den eigenen Anspruch als Spieler übersetzen.

Ich paraphrasiere mal böswillig: „Bei mir selbst würde ich nicht Spieler sein wollen.“ >;D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Herr der Nacht am 8.02.2012 | 18:35
@ Hartholzhose: Ich glaube, dass es sich dabei um eine Wahrnehmungsfrage handelt. Die Leute, die die Sandboxes so laut propagiert haben, waren schlicht salienter als die interessiert lauschende Mehrheit.

Ich kann da nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen: Teilweise war es auch notwendig, dass laut zu propagieren. Wenn ich an Alveran-DSA-Zeiten zurückdenke, dann war es da bis vor ein paar Jahren noch Standart, dass Spielleiter-Spielhilfen in Form von Drehbuch/Roman-Schreibe-Tipps veröffentlicht und verbreitet wurden. Abenteuer waren selbstverständlich in einer festen Struktur die dem Drama-Prinzip entspricht, was man so im Deutsch.Unterricht mal aufgeschnappt hat.

Hinweise, ob es denn nicht auch mal passabel wäre, sich da anders zu strukturieren, ja es zumindestens mal auszuprobieren wurden gerne mit Ignoranz ode sogar Arroganz niedergemacht.

Also schrieb man mit Engelsgeduld, verlinkte Threads und Quellen mit Alternativvorschlägen (gerne von mir damals verlinkt: Vermis Bass-Playing) und versuchte ohne absoluten Anspruch zu erläutern, dass es mitnichten unmöglich sei, ohne fest geplanten Plot zu spielen. Je länger man schrieb, desto ungeduldiger und vielleicht auch irgendwann lauter wurde man. Um sich Gehör zu verschaffen.

Dann hat sich eine Entwicklung ergeben, Autoren probierten auch neue Dinge aus, parallel auch DSA-Fans in eigenen Runden. Und so änderte sich dann auch das Bewusstsein,  dass es noch mehr als die klassische Particionism-Schiene gibt. Irgendwann wurde aus diesem Bewusstsein dann eben eine dicke RR-Kampfkeule, die dann als Kraftausdruck für wirklich alles verwendet wurde, was einem an einem Abenteuer/Szenario nicht gefiel.

Und daraus ergab sich dann ein unnötiges Lager-Denken, als ob man entweder NUR Particionism-orientiert ODER Sandbox-orientiert spielen könnte. Als ob es da keine Zwischenstufen gäbe.

Ich würde manchen Text den ich damals geschrieben habe mittlerweile auch etwas weniger hart formulieren.

Ich paraphrasiere mal böswillig: „Bei mir selbst würde ich nicht Spieler sein wollen.“ >;D
Echt? Ich wäre total gerne bei mir selbst Spieler aktuell  :)

Die Aussage war eher in die Richtung gemeint: Ich kann genauso viel Spaß bei einem SL als Spieler haben, der ganz anders leitet, als ich selbst.  :)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 18:40
Echt? Ich wäre total gerne bei mir selbst Spieler aktuell  :)

Du weißt schon, was paraphrasieren heißt, oder? ;)

Also kann man nicht pauschal, wohl aber in deinem Falle den eigenen Anspruch ans Leiten auf den eigenen Anspruch als Spieler übersetzen? Weil, du siehst das Problem, nicht? Wenn jemand darauf besteht, so zu leiten, wei er selbst es aber bei anderen SLs doof findet, dann läuft ja irgendwie etwas schief.

Edit: Ah, Ninja-Edit! Ja okay, so rum wird ein Schuh draus.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Blizzard am 8.02.2012 | 18:58
Vollkommen ohne Willkür geht es eben nicht!
Stimmt auffallend. Aber Willkür ist doch soooooo ein böses Wort...es muss doch auch ohne Willkür gehen!!!
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Wenn ich Sachen vor dem Spiel festlege, kann ich sie zumindest nicht so an das Handeln der Spieler anpassen, dass das in meinen Augen Richtige passiert (Palette Shifting oder so).
Warum nicht? Wo ist das Problem?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Taschenschieber am 8.02.2012 | 19:00
Die Fakten sind von vorneherein festgelegt - wenn ich mich also an meine Setzung halte, kann ich damit weder bewusst noch unbewusst die Umgebung an die Handlungen der SCs (die erst stattfinden, nachdem ich die Festlegung getroffen habe) anpassen.

Wenn ich die Fakten hingegen erst im Spiel festlege, dann kann ich das sehr wohl.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 8.02.2012 | 19:29
Und daraus ergab sich dann ein unnötiges Lager-Denken, als ob man entweder NUR Particionism-orientiert ODER Sandbox-orientiert spielen könnte. Als ob es da keine Zwischenstufen gäbe.

Ein dreifaches Danke; viel mehr wollte ich heute morgen auch nicht zum Besten geben.  Bei all den Polaritäten wird oft übersehen, dass viele entwickelte Techniken sinnvoll verwendet werden können, ohne dass die Spielleitung entweder absolut freiheitlich oder nur gängelnd ist.
Mit meinem Geblubber wollte ich nur andeuten, dass das Impossible-Thing... und das Ja-Sagen implizieren können, die Spieler müssten völlig frei von Vorgaben bleiben. Im Sinne der Kreativität passiert dann aber meistens gar nix und die im Eingangspost beschriebene Langeweile tritt ein.

Ich persönlich versuche mich an einer erweiterten Form des Bassplayings. (Scheint ja veraltet zu sein... aber was solls?!  :korvin:)

Erklärungsversuch: Der SL improvisiert andauernd, aber er bereitet nicht nur vor und reagiert dann. Vielmehr nimmt er in verschiedenen Situationen Einfluss, um dem Spiel eine Struktur zu geben.

Dieser Einfluss bedeutet eine Unfreiheit für die Spieler - aber nicht für ihre Reaktionsmöglichkeiten. Ein erweiterter Bang; mit anderen Worten:

Bezogen auf den Illusionismus:
Es ist nicht statthaft, wenn die Handlungen der SC entwertet werden. Wenn ihnen also die Art und Weise der Problemlösung vom SL diktiert wird.
Es ist statthaft, die SC zum Handeln zu zwingen. Sie also per SL-Entscheid mit einem Problem zu konfrontieren.
Zudem darf der SL motivieren und prüfen und auch dafür Spielwirklichkeit on-the-fly konstruieren.

Es geht darum, dass aus dem Konflikt (den der SL initiiert) eine Handlung entsteht. Diese wird frei improvisiert, bis der Konflikt in seiner bisherigen Form aufgelöst wird.
Dann greift der SL lenkend ein, indem er den Konflikt erweitert oder auf einen neuen Konflikt verweisen lässt. (Es geschieht das, was einen Plotpoint auszeichnet.)
Aus dieser Wandlung des Konflikts entsteht die Struktur der Erzählung.

Ich bin dazu übergegangen, einen Konflikt einzuführen und dann meine Spieler zu analysieren. Wenn sie sich ein festes Ziel fassen, dann weiß ich, wo ich den nächsten Plotpoint vermuten darf. Den Weg dahin können sie sich selbst gestalten. Ich belohne dieses explizite "Fassen-Eines-Zieles" sogar, indem ich eine Art Fanmail-Pool aufstocke. Wir sprechen untereinander vom Fixpunkt und es geschieht fast immer völlig In-Time als Planung der SC.

Wer noch ein Beispiel aus einem anderen Bereich haben möchte und Keith Johnstones "Theaterspiele" zur Hand hat, der lese die "Reise ohne Karte" (in meinem Exemplar: S.112).
Johnstones Sohn soll eine Geschichte schreiben, der Auftrag der Lehrerin ist der vorherige Entwurf einer Karte. Johnstone ermutigt seinen Sohn zur Improvisation und macht nur Eingaben, wenn die Sache ins Stocken gerät: "Fang mit etwas Gewöhnlichem an, lass etwas Ungewöhnliches passieren, bring den Held in Schwierigkeiten, befreie ihn indem Du den Anfang aufgreifst."
Hier verwendet Johnstone die elementarste dramaturgische Form: Exposition-Konflikt-Auflösung unter Bezug auf die Exposition. Er wird zu dem, was ich einen improvisierenden Dramaturgen nennen würde. (Sein Sohn ist der improvisierende Dramatiker.)

Viele Grüße,
Henning
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Blizzard am 8.02.2012 | 19:36
Die Fakten sind von vorneherein festgelegt - wenn ich mich also an meine Setzung halte, kann ich damit weder bewusst noch unbewusst die Umgebung an die Handlungen der SCs (die erst stattfinden, nachdem ich die Festlegung getroffen habe) anpassen.
Vorher festgelegte Fakten an die Spielwelt bzw. an die Charaktere anpassen ist eine Form der Improvisation.Ich sehe also nicht, warum das nicht gehen sollte. Es sei denn, du willst nicht improvisieren und beharrst stur auf deinen vorab festgelegten Fakten.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 8.02.2012 | 19:43
Vorher festgelegte Fakten an die Spielwelt bzw. an die Charaktere anpassen ist eine Form der Improvisation.Ich sehe also nicht, warum das nicht gehen sollte. Es sei denn, du willst nicht improvisieren und beharrst stur auf deinen vorab festgelegten Fakten.

Ich denke, wir sind längst über den Punkt hinaus, an dem "etwas nicht geht". Natürlich geht's. Die Frage ist doch: Welchen Einfluß hat es auf das Spiel, wenn man im Nachhinein Fakten verändert? Und gibt es vielleicht gute Gründe dafür, es nicht zu tun.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 19:46
@ Nørdmännchen: Ja, ein Spielstil kann zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Verhandlungsmethoden und Autoritäten beinhalten, sodass die Ausgänge unterschiedlicher Situationen nicht immer zwingend nach der gleichen Maxime bestimmt werden. Man kann z.B. ein Abenteuer mit mehreren "Flaschenhälsen" haben, dazwischen aber völlig freies Spiel ohne "SL-Zwang", vielleicht auch Kämpfe mit offenem Ausgang aber ohne dass Charaktere sterben können. Man kann in manchen Szenen ganz viel Handwedeln und in anderen Szenen akribisch die Regeln anwenden.

Das alles funktioniert am besten, wenn es transparent abläuft und auch jederzeit klar ist, wie darüber entschieden wird, von einer Form in die nächste zu wechseln. In Danger Zone habe ich versucht, diese Transparenz im Regelgerüst zu verankern.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 8.02.2012 | 20:15
@ Nørdmännchen: Ja, ein Spielstil kann zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Verhandlungsmethoden und Autoritäten beinhalten, sodass die Ausgänge unterschiedlicher Situationen nicht immer zwingend nach der gleichen Maxime bestimmt werden. Man kann z.B. ein Abenteuer mit mehreren "Flaschenhälsen" haben, dazwischen aber völlig freies Spiel ohne "SL-Zwang", vielleicht auch Kämpfe mit offenem Ausgang aber ohne dass Charaktere sterben können. Man kann in manchen Szenen ganz viel Handwedeln und in anderen Szenen akribisch die Regeln anwenden.

OK, so könnte man es vielleicht sehen. Ich habe aber nicht das Gefühl, die Verhandlungsmethode, den Grad an Autorität, die Stringenz der Regelanwendung oder der SL-Hoheit zu variieren. Ich fühle mich permanent aktiv und konsequent in der Methodik (beim Fällen von Entscheidungen). Manchmal muss ich nur mehr Inhalt in die Geschichte einbringen (sobald sich Konflikte ergeben oder wandeln) während ich an anderer Stelle nur auf Handlungen reagiere und Regeln anwende. Meine Maxime bleibt (meinem persönlichen Eindruck nach) unangetastet.
Ich varriere also den Grad meiner Aktivität, nicht den meiner Methode. Das Brechen mit dem Spielstil wäre mMn nur dann erforderlich, wenn ich davon ausgehen würde, dass zu einer gegebenen Zeit nur der SL oder nur die Spieler Erzähler (besser: Urheber) sein können. Ich glaube aber: wir sind alle gemeinsam und gleichzeitig schöpferisch. Oder habe ich einfach nur eine völlig andere (vielleicht auch krude) Auffassung?

Ich würde das wirklich gerne nachvollziehen. Denn diese (künstliche?) Trennung der Urheber-Funktion ist das Hauptproblem, das ich mit vielerlei SL-Theorie habe.

Vielen Dank für Erhellung  :), Grüße,
Henning
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 8.02.2012 | 20:42
Okay, das führt jetzt relativ weit, aber was soll’s:

Ich varriere also den Grad meiner Aktivität, nicht den meiner Methode. Das Brechen mit dem Spielstil wäre mMn nur dann erforderlich, wenn ich davon ausgehen würde, dass zu einer gegebenen Zeit nur der SL oder nur die Spieler Erzähler (besser: Urheber) sein können. Ich glaube aber: wir sind alle gemeinsam und gleichzeitig schöpferisch.

Gleichzeitig und arbeitsteilig, das ist doch der Punkt. Von einem Brechen des Spielstils würde ich auch nicht sprechen, es ist ein einheitlicher Spielstil, wenn erfolgreich praktiziert. Es kommen aber ggf. zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Techniken zum Einsatz (weiß nicht, ob du das mit „Methode“ meinst oder nicht).

Beispiel: Die SCs jagen einen Kleinkriminellen durch die Stadt, und die Stadtwachen sind auch hinter ihm her. Will ich die Szene erzählerisch und mit etwas Handwedeln abhandeln, oder will ich es exakt nach den Regeln auswürfeln? Oder lasse ich vielleicht jeden mal einen Wurf machen, wie gut er sich schlägt, und gehe dann zum Handwedeln über? Von den drei verschiedenen Ausgängen (die SCs kriegen ihn, die Stadtwachen kriegen ihn, er entkommt), sind mir alle recht bzw. finde ich alle interessant? Oder will ich aus dramaturgischen Gründen einen davon erzwingen, brauche ihn vielleicht sogar, damit mein Abenteuer funktioniert? Möchte ich ein Aufeinandertreffen von SCs und Stadtwachen provozieren oder lieber vermeiden, oder bin ich da indifferent?

Feststellungen dazu:

1) Je nachdem, was ich als SL aus dieser Szene will, wähle ich die Techniken, die zum Einsatz kommen. SL-Zwang ja oder nein, ggf. statt dessen Zufallselemente/Modellierung nach Regeln, Handwedeln ja oder nein, etc.

2) Egal wie ich mich entscheide, diese Entscheidung und die daraus folgenden Handlungen sind mein schöpferischer Beitrag und die Entscheidungen und Handlungen der Spieler sind ihr schöpferischer Beitrag, die sich in der Narrative gegenseitig ergänzen. Ob allerdings die Entscheidungen und Handlungen der Spieler einen Einfluss auf den Ausgang der Situation haben, ist eine andere Frage, das liegt in meiner Hand als SL.

3) Eine mögliche Quelle von Frustration sind Missverständnisse darüber, wann die Spieler auf einen Ausgang Einfluss haben und wann nicht, oder wann Dinge Gehandwedelt und wann sie strikt nach den Regeln abgehandelt werden. Um solche Missverständnisse zu vermeiden, habe ich früher als SL im Wesentlichen einfach verbale Ansagen gemacht. Als Design-Ziel versuche ich heute, diese Differenzierungen klarer greifbar und kommunizierbar zu machen.

4) Selbst wenn feststeht, dass die Stadtwachen ihn kriegen, ist es nicht egal, wie gut sich die Spieler schlagen, im Gegenteil kann es u.U. den Spielern großen Spaß machen, alle Register bei der Verfolgung zu ziehen und mich echt ins Schwitzen zu bringen, wie ich es jetzt plausibel hinkriege, mein Ziel zu erzwingen. Sicherlich wird dies auch auf die spätere Reaktion der Stadtwachen und des Kleinkriminellen bei einem Wiedersehen mit den Charakteren Einfluss haben. Und wer weiß, vielleicht sind sie sogar so gut, dass ich am Ende meinen Plan über den Haufen werfe.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 8.02.2012 | 23:27
Ja, das kann ich so einsehen. Eine Technik ist eine Vorgehensweise im Sinne: Wie entscheide ich darüber, was die Konsequenzen einer Handlung sind. (Oder wie oben: Was definiert den Ausgang einer Situation?)

Dann habe ich mich vielleicht nicht klar genügend ausgedrückt. Es geht um folgenden Satz:
Zitat
Es ist nicht statthaft, wenn die Handlungen der SC entwertet werden. Wenn ihnen also die Art und Weise der Problemlösung vom SL diktiert wird.

Damit wollte ich sagen: ich persönlich will immer, dass der Ausgang der Situation ergebnisoffen ist und vom Spielgeschehen (bzw. nach den verwendeten Techniken) festgelegt wird. Also nicht (auch nicht manchmal) durch SL-Willkür beschlossen wird. Als SL ist es dann meine Aufgabe jedes eintretende Ergebnis als Fortschreiten der Handlung zu verstehen und zu ermöglichen. (Das ist auch in meinem Sinne von Bassplaying.) Soweit also meine Einheitlichkeit der Technik.

Ich plädiere nur für Folgendes:
Die Macht des SL besteht im laufenden Spiel in dem (Mit-)Erzeugen neuer Situationen. Auch der SL handelt (durch die SLC), was ebenso wenig zu entwerten ist wie die SC-Handlung. Der SL ist schlicht und ergreifend ebenso Teil des Prozesses wie die Spieler und steht nicht daneben. Er muß sich nicht entscheiden zwischen: "Ich will alles bestimmen," oder: "Ich lege nur die Handlungen der SC aus." Stattdessen sagt er: "Ich lege die Handlungen nach den geltenden Techniken aus, aber ich handle auch selbst."
Sowohl Spieler als auch SL haben dann lenkenden Einfluss - wo es endet steht nicht fest. Ein Bang ist ein gutes Beispiel hierfür, da er von Natur aus keinen Handlungsverlauf vorgeben soll, aber doch stark die Handlung prägt (er ist Index für einen Konflikt). Wenn man diese "Impulse" nicht nur als Beginn einer Spielsitzung sieht, sondern sie auch im Verlauf gezielt einsetzt, können sie ein Spielerlebnis ohne (oder mit wenig) Langeweile fördern. Trotzdem wird völlig ergebnisoffen gespielt. Wenn das Bassplaying zur Eintönigkeit führt: öfter mal neue "Anfänge" (eigentlich sind es Wendepunkte bzw. Plotpoints) in den Abend werfen.

Das ist meiner Auffassung nach etwas anderes als das erwähnte Tandem, oder? Denn im Grunde wollte ich mich nur dafür aussprechen, dass Bassplaying nicht zur Langeweile führen muss.

Aber danke für die Geduld und Klarstellung  :)
Grüße, Henning

EDIT: Natürlich müssen die erwähnten Impulse logisch aus den spontan ermittelten Ausgängen der vorherigen Situationen folgen. Fest geplante Bangs bergen die große Gefahr, dass sie nicht zum Einsatz kommen können. Aber es müssen eben auch keine perfekten Bangs sein...
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Benjamin am 9.02.2012 | 06:48
Das ist mein Problem mit Plots: Sie machen mich als SL unflexibel, am Ende spiele ich sogar gegen die Spieler, um ihn durchzuziehen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: 1of3 am 9.02.2012 | 08:16
[...] am Ende spiele ich sogar gegen die Spieler, um ihn durchzuziehen.
[/quote]

Per se nicht schlimm. Solange die Spieler solide Möglichkeiten haben, um gegenzuhalten.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: El God am 9.02.2012 | 08:17
Vorsicht. Noch einen Schritt weiterdenken und wir sind beim Player Empowerment! RollenspielKOMMUNISTEN!
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 9.02.2012 | 10:48
Moin Henning! :)

Zustimmung in zweierlei Hinsicht: Erstens, ja, in meinem bevorzugten Spielstil verstehe ich es ebenfalls als Aufgabe des SL, durch die kleinen Wendungen und Details, das Spiel der NSCs und der Spielwelt, einen kreativen Beitrag zur Fiktion zu leisten. Dieser Beitrag ist für den Spielspaß wahrscheinlich viel entscheidender als z.B. die Frage, ob der SL hier und da den Ausgang einer Situation durch Zwang vorgibt, oder nicht. Es findet also, sowohl beim Tandemfahren als auch beim Bassspielen, ein „Sich-gegenseitig-die-Bälle-zuspielen“ statt, bei dem jeder, Spieler oder SL, die kreativen Beiträge der anderen aufgreift und durch seine eigenen Beiträge fortführt. Um noch weiter mit Buzzwörtern um sich zu schmeißen, könnte man sagen, Tandemfahren und Bassspielen gehören beide zur großen Erzählspielfamilie. ;)

Zweitens, ja, was du beschreibst ist klassisches Bass Playing und der Unterschied zum Participationism (Tandemfahren) liegt genau da, wo du ihn ausgemacht hast: Eben bei der Ergebnisoffenheit. Wobei das nicht binär zu sehen ist, der Tandemfahrer-SL kann durchaus viele Szenen auch ergebnisoffen laufen lassen und seine Planung fortlaufend an die veränderte Situation anpassen. Wenn jede einzelne Situation im Spiel, bis ins kleinste Detail hinein, in ihrem Ausgang vom SL bestimmt wird, entsteht eben das bereits erwähnte Einbahnstraßenspiel, das leider ein nicht so einfach loszuwerdendes Gespenst ist. 

Aber es ist halt nicht so, dass komplett ergebnisoffenes Spiel der einzige Weg wäre, vom Einbahnstraßenspiel wegzukommen. Und der höhere Grad der Planbarkeit und Beherrschbarkeit beim Participationism macht es mir persönlich als SL leichter, den Spielern interessante Inhalte anzubieten, die Spieler gezielt zu fordern und ihnen gute Bälle zuzuspielen. Ich bin halt so strukturiert, dass ich die Dinge gerne vorher durchdenke. Manchmal habe ich auch direkt am Spieltisch Geistesblitze, aber oft kommen mir gute Ideen erst, nachdem ich länger über etwas nachgedacht habe. (Und ja, ich weiß, dass man auch Bass Playing vorbereiten kann und soll, aber es hat halt für mich meistens einfach nicht so gut funktioniert.) 

Gruß Frank
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 9.02.2012 | 11:15
Cool, dann sind wir uns glaube ich einig.

Natürlich glaube ich:
Alle Ansätze und Überlegungen haben ihre Berechtigung und schärfen die eigene Wahrnehmung. Was es erleichtert den eigenen Stil/Geschmack zu finden, zu definieren und ins Besondere seinen Mitspielern zu kommunizieren. Dementsprechend danke für den Austausch (Klarheit ist was Schönes).

(Ich bin ein verdammter Harmonie-Suchtbolzen.)

Grüße,
Henning
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Bad Horse am 9.02.2012 | 22:09
(Ich bin ein verdammter Harmonie-Suchtbolzen.)


Stimmt. :D
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Maarzan am 10.02.2012 | 14:54
Ein bisschen Ergebnisfreiheit während des Spiels gibt es nicht. Was zählt ist, wenn es zum Konflikt zwischen den Vorstellungen kommt. Genausowenig wäre ein Storyteller ja befriedigt, wenn er sich halt an der szenischen Beschreibung der durchreisten Landschaft abseits des Weges austoben dürfte, aber sonst nichts.
Wol das gewünschet Maß liegt, mag ja bei jedem etwas anders sein, aber wo auch immer das dann ist, ist das vor dem Spiel festzulegen.
Wobei auch eine Planung einer Sandbox ja nicht umfassend sein kann, genauso wie kein Regelsystem wirklich komplett ist. Wo es Unterschiede gibt, ist in der Art und Weise wie und mit welchem Ziel diese Freiräume dann gefüllt werden (von regelbrechenden Übergriffen ganz zu schweigen).

Entsprechend sehe ich den SL auch nicht generell berechtigt, Konflikte spontan zu erzwingen. Auch die Aussage diesen Konflikt nicht zu führen ist eine Entscheidung des Spielers - soweit er eben nicht vor dem Start entsprechend qualifiziert gebrieft worden ist und dass dann mit seinem bewußten Einsteigen in die Runde abgenickt hat. Dann wäre es seine Pflicht entsprechend verabredungsgemäß zum Spiel beizutragen. Umgekehrt können so auch ganze Konflikte unzulässig sein - z.B. wenn eine Hofkampagne versprochen worden ist und das Spiel quasi damit beginnt, dass alle an eine ferne Front in der Barbarei als Soldaten zwangsverpflichtet worden sind.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 10.02.2012 | 15:10
Klar, wenn die Spieler was anderes erwarten, als der SL macht, haut es nicht hin. Wenn dann auch noch Täuschung dazu kommt, hast du halt das Illusionismus-Problem / Impossible Thing Before Breakfast. Deswegen plädiere ich für Transparenz in den Abläufen. Das genaue Maß findet sich denke ich eher während des Spiels, sowas abstrakt vorher diskutieren und festlegen zu wollen, klappt m.E. nicht. So was muss sich bei einer Gruppe einfach "einspielen" (bzw. manchmal klappt es auch auf Anhieb, wenn man Spieler hat, die sehr gut zusammen passen). Das gilt ja auch für andere Dinge am Spieltisch.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: oliof am 12.02.2012 | 01:02
I'd +1 that.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Dr.Boomslang am 12.02.2012 | 14:06
Nur noch mal eine Nuance die ich noch nicht so ganz verstehe: Kann man diesen Stil wirklich Partizipationismus nennen, also ist es wirklich das gleiche dem SL die Story zu überlassen und ihn "fahren" zu lassen während man als Charakter-Spieler mit "tritt", als wenn man sich vom SL bewusst völlige Handlungsfreiheit vortäuschen lässt.

Ich finde Partizipationismus nämlich so einen schwer haltbaren (sweet ?) Spot. Es ist ja gerade nicht explizit dass der SL die Story macht und man einfach dazu beiträgt, sondern es bleibt implizit. Der SL ist dafür verantwortlich die Story zu machen, aber für die Illusion von Handlungsfreiheit selbst zu sorgen. Die Spieler beschränken sich dahingehend nie selbst, haben nie die Story oder ihre Beschränkungen im Blick.
Ich würde sagen da ist noch ein ziemlich entscheidender Unterschied.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 12.02.2012 | 14:39
Entsprechend sehe ich den SL auch nicht generell berechtigt, Konflikte spontan zu erzwingen. Auch die Aussage diesen Konflikt nicht zu führen ist eine Entscheidung des Spielers - soweit er eben nicht vor dem Start entsprechend qualifiziert gebrieft worden ist und dass dann mit seinem bewußten Einsteigen in die Runde abgenickt hat.

Grundsätzlich stimme ich Dir da voll zu. Ich will Dir mit diesem Post auch nicht widersprechen, aber dennoch in meinem Sinne ergänzen bzw. kommentieren:
Ich spreche nicht vom Erzwingen einer Konfrontation, sondern vom Initiieren eines Konflikts. Wenn die Spieler auf einen Konflikt nicht eingehen, ok. Ein zweites Ausweichen (auch Spieler haben Angst, Veränderungen zuzulassen) - meinetwegen. Spätestens das dritte Mal deutet jedoch auf ein Problem hin. Entweder die Spieler oder der SL halten sich nicht an die geltende Agenda.
An dieser Stelle bietet die Freiheit ("dann macht doch was Ihr wollt") nur bedingt mehr Spannung. Geschichten brauchen Konflikte (zumindest jene Geschichten die ich spielen möchte).
Besser ist eine Klärung: "Welche Art Konflikte wollen wir? Warum scheuen wir welche Konfrontationen?" usw.

Zum Zwang:
Ich finde Zwänge in der Spielwirklichkeit, wie oben dargestellt, durchaus legitim. Z.B.: "Natürlich müsst Ihr Eure Unschuld nicht beweisen, aber dann werdet Ihr Euch wohl mit der Polizei auseinander setzen müssen." Es muss ein Zwang sein, eine Handlung zu wählen, nicht der Zwang zu einer spezifischen Handlung (die der SL gewählt hat).
Für mich ist dies bereits ein Konflikt: "Wie entscheide ich mich?" Wenn auch noch nicht im Sinne einer zwingenden Konfrontation mit Gegenspieler XY. Im Sinne der Ergebnisoffenheit und Klarheit können wir es auch die "Aufforderung zur Wahl des Konflikts" nennen.
Ich glaube wir brauchen eine Begrenztheit der Möglichkeit, um frei handeln zu können. (Ist eher ein philosophischer Standpunkt.) Außerdem sind Grenzen meiner Erfahrung nach förderlich für die Kreativität.

Deswegen sage ich: Wenn wir annehmen, dass die Spieler mit ihren Mitteln Erzählung schaffen können ohne dabei in den Verdacht von Railroading zu geraten, dann kann das auch der SL und zwar zur gleichen Zeit. Die Idee die mancherorts mitschwingt (leider auch in Erklärungen des Impossible Things...) sagt: "Wenn die Spieler die Erzähler sind, kann es der SL nicht sein." Damit wäre ich nicht einverstanden.

Zitat von: http://ptgptb.org/0027/theory101-02.html
The story is presumably about what the main characters did. If the character players have full control over what the characters do, then the referee cannot have control of the story; conversely, if the referee has full control of the story, then the players don't really have any control over what the characters do.
(Hervorhebung von mir, vielleicht anders gemeint - dann aber mißverständlich.)

Und um mit dem Verminator zu sprechen: alle Theorie ist grau, im Spiel funktioniert es mit etwas eingrooven gut (um mal beim Baßspielen zu bleiben).

Liebe Grüße,
Henning

PS: Ich wäre ebenfalls stark an einer Antwort auf Dr.Boomslangs letzte Frage interessiert. Ein +1 von mir.

EDIT: Minor Zeichensetzung...
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 12.02.2012 | 15:40
Ich möchte noch ergänzen: Wenn die Spieler mit den "Zwängen zur Konfliktwahl" unzufrieden sind, dann sollte dies außerhalb des Spiels geklärt werden. Eben weil die gemeinsame Agenda verlassen wurde und Geschichten gespielt werden, auf die nicht alle Bock haben. Mit einem Mangel an Ergebnisoffenheit hat dies allerdings meiner Meinung nach nichts zu tun, da der SL innerhalb seines Hoheitsgebiets improvisiert (so lang er nicht in die Handlungen der SC eingreift).
OK, wir könnten über den Fall diskutieren, dass immer wenn die SC einen Weg gehen, der dem SL nicht passt, eine neue Einschränkung auf den Plan tritt. Aber das ist meines Erachtens ein Problem der Praxis. Der SL sollte offen sein für die Lösungsansätze der Spieler, nachdem sie sich einen Konfrontation gewählt haben und sie nicht sofort mit einer weiteren Einschränkung belästigen.

In diesem Sinne: nach Spielbeginn existiert nie mehr völlige Ergebnisoffenheit. Sobald irgendein Mitspieler (inkl. des SL) irgendetwas beschreibt ist die Möglichkeit dessen was noch passieren kann eingeschränkt. Vielleicht ist es hilfreich, sich den Prozess der Improvisation als ein fortschreitendes, kooperatives Einschränken der Ergebnisoffenheit vorzustellen. Am Ende steht dann das Finale und schließlich der Abspann. (Im Rückblick ist die Geschichte gleichsam in Stein gemeißelt.)

Zu guter Letzt: Auch eine Sandbox ist doch eine Einschränkung der möglichen Ergebnisse, oder wieso habe ich es sonst noch nie geschafft Darth Vader unter die Mittelerde zu bringen?

Blabla - entschuldigt meinen Redefluß, liebe Grüße,
Henning
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 12.02.2012 | 16:03
In diesem Sinne: nach Spielbeginn existiert nie mehr völlige Ergebnisoffenheit. Sobald irgendein Mitspieler (inkl. des SL) irgendetwas beschreibt ist die Möglichkeit dessen was noch passieren kann eingeschränkt.
Das ist ja das, was man vor dem Spiel "sich einigen, was man spielen will" nennt, und während des Spiels "Handlungen und Konsequenzen bzw. Ursache und Wirkung".

Zitat
Zu guter Letzt: Auch eine Sandbox ist doch eine Einschränkung der möglichen Ergebnisse, oder wieso habe ich es sonst noch nie geschafft Darth Vader unter die Mittelerde zu bringen?
Dieses Argument wird ja in ähnlicher Form immer wieder gebracht, wird dadurch aber nicht stichhaltiger. Es gibt einen grundsätzlichen Unterschied zwischen
1) der Einschränkung der Ergebnismenge, weil die Grundregeln der Welt, auf die man sich vor Spielbeginn geeinigt hat, eben gewisse Ergebnisse nicht hergeben ("Wir spielen 1315n.Chr., da gibt's kein Penicillin." - "Spielleiterwillkür!") und
2) der Einschränkung der Ergebnismenge, weil der SL die Grundregeln der Welt aushebelt ("Der Oberschurke entkommt auf jeden Fall, egal, was ihr tut und vorher vorbereitet habt." - "Spielleiterwillkür!").
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 12.02.2012 | 16:09
Natürlich ist das Argument stichhaltig, wenn man nur die Form der Einschränkung (bei Dir 1) mit einschließt. (Und ich glaube genau das habe ich, wenn auch etwas wortreich, getan.)
Ich sehe das alles genau so, aber mir wird bei der Forderung nach Ergebnisoffenheit zu oft die Unterscheidung der Einschränkungen unterlassen (oder sie wird unscharf).
Logische Beschränkungen in der Spielwelt - ja. Entwertung der SC-Handlung - nein.

EDIT: Zu vor dem Spiel: einigen; und während des Spiels: Ursache und Wirkung.
Ja, genau das ist es. Mit der Betonung, dass logische Einschränkungen auch während des Spiels stattfinden. Immer als Ursache-Wirkung, nur sind die SC und deren Handlungen nicht die einzige in Frage kommende Ursache. Wobei SLC-Handlungen logisch bleiben sollen und ebenso den Regeln unterliegen wie SC-Handlungen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 12.02.2012 | 21:36
Kann man diesen Stil wirklich Partizipationismus nennen, also ist es wirklich das gleiche dem SL die Story zu überlassen und ihn "fahren" zu lassen während man als Charakter-Spieler mit "tritt", als wenn man sich vom SL bewusst völlige Handlungsfreiheit vortäuschen lässt.

Ich finde Partizipationismus nämlich so einen schwer haltbaren (sweet ?) Spot. Es ist ja gerade nicht explizit dass der SL die Story macht und man einfach dazu beiträgt, sondern es bleibt implizit. Der SL ist dafür verantwortlich die Story zu machen, aber für die Illusion von Handlungsfreiheit selbst zu sorgen.

Das ist nicht mein Verständnis von Participationism, und ich glaube das ist auch nicht die offizielle Lesart auf der Schmiede. Was du beschreibst, ist doch letztendlich Illusionism, nur dass die Spieler, na ja, einen Verdacht haben und sich dann blind stellen? Nein, ich glaube wirklich nicht, dass P so definiert ist. Wenn dem so wäre, dann wäre Tandemfahren nicht P und Danger Zone nicht das neue beste System für P. ;)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Pyromancer am 12.02.2012 | 22:30
Natürlich ist das Argument stichhaltig, wenn man nur die Form der Einschränkung (bei Dir 1) mit einschließt. (Und ich glaube genau das habe ich, wenn auch etwas wortreich, getan.)
Ich sehe das alles genau so, aber mir wird bei der Forderung nach Ergebnisoffenheit zu oft die Unterscheidung der Einschränkungen unterlassen (oder sie wird unscharf).
Logische Beschränkungen in der Spielwelt - ja. Entwertung der SC-Handlung - nein.

Ich glaube, dann meinen wir genau das selbe. Der aus den Kehlen tausender gepeinigter Railroading-Spieler trotzig Widerspruch verkündende Protestruf der "Spielleiter-Willkür!" geht am Kern des Problems meilenweit vorbei. Willkür ist genau die Kehrseite der Ergebnisoffenheit; kein Gegenteil, sondern die andere Seite der Medaille, untrennbar damit verknüpft. Ohne Willkür (im weitesten Sinne) ist Rollenspiel bedeutungslos.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 13.02.2012 | 01:17
Ich glaube, dann meinen wir genau das selbe.

Das glaube ich auch.

Leider sind bei all den Theorien viele Streitigkeiten entstanden, die es eigentlich nicht geben müsste. Auch diese Diskussion ist ja mal wieder ein Beleg für den Klärungsbedarf. Ich weiß z.B. nicht, wie ich die Tandem-Partizionismus-Illusionismus Begriffe auslegen soll. (Zumindest wenn ich verschiedene Quellen lese, wie z.B. die oben zitierte (http://ptgptb.org/0027/theory101-02.html) zu Partizionismus.) Meinetwegen entsteht diese Diskrepanz aufgrund all der tiefschürfenden Ergründungen und Definitionen. Ehrlich gesagt hört mein Intresse auch auf, wenn ich weiß was jemand konkret im Spiel möchte (egal ob die Bezeichnung Kanon ist oder nicht).

Wenn ich dagegen den Eingangspost lese (und den Post zwei weiter oben) habe ich zumindest ein Vorstellung davon, welchen Spielstil der Autor (und sein Regelsystem) will. Das fertige System wird dies wahrscheinlich noch mehr untermauern.
Genau nach praktischer Anwendbarkeit suche ich. Ich bin ein Freund davon, aus der Theorie-Schmiede die brauchbaren Elemente der Best Practice (und das sind nicht wenige) heraus zu suchen und die Theorie-Reste zu vergessen. Deswegen gebrauche ich gerne Begriffe wie Agenda, Flags, Bangs usw. Ich mag auch das Bild des Baßspielens, obwohl ich das Impossible-Thing kritisch sehe.
Aber auch das Phänomen Ergebnisoffenheit-Weißes Blatt-Langeweile ist mir in der Praxis begegnet. Ebenso wie der von Pyromancer genannte Protestschrei (dank der allgegenwärtigen Debatten). Vielleicht bin ich ein gebranntes Kind.
Auch wenn ich vermute, das meine Antwort* darauf anders aussieht als die von "Danger Zone", ist doch jeder Ansatz statthaft, so er nur sagt was er will.

@Hartholzharnisch: Verstehe ich Dich wie folgt richtig? Tandem beinhaltet:
1.) Lenken durch den SL ist möglich, wird dann aber immer offen kommuniziert.
2.) Es kann freiheitliche Phasen für den Spieler geben; aber der SL behält die Verantwortung für die Geschichte im Bewußtsein.
3.) Der SL ist auf den Antrieb der Spieler angewiesen, wenn ihnen seine Richtung nicht passt, entziehen sie ihre "Partizipation" und auch er kann nicht mehr weiter. Tandem fähren wäre also gewissermassen "Notwendigkeit des Partizipierens", bei optionalem, zeitweiligem Bassplaying?
...und das ist dann der Spielstil, den Danger Zone mit Regelmechanik bewirkt?

Klänge für mich interessant, ich müsste es testspielen, um zu sehen, ob ich so spielen wollen würde.

*Das wäre eher eine Art "strukturgebende Improvisation".
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Xemides am 13.02.2012 | 08:17
Moin,

ich habe da mal ne Frage, und weils grad passt werde ich sie hier ein statt was neues zu starten:

Sind eure Sandboxen statisch, also passiert nur was, wenn die SCs aktiv werden ?

Oder bewegt sich die Welt weiter, auch wenn die SCs inaktiv sind und wo die SC nicht sind ?

Die klassische Sandbox scheint ja dem ersten Weg zu folgen. Ich weiß nicht so rcht, was ich davon halten soll, ob das nicht zu langweilig wäre.

Bei meiner eigenen Planung würde ich wohl zu einer Mischform neigen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Glgnfz am 13.02.2012 | 08:30
Ich würde das je nach Machtstufe der Charaktere sehen.

Sind sie die klassischen kleinen Bauernölpel, die zuerst ohnehin nur in einem recht beschränkten Raum agieren, dann reicht es, wenn du global vielleicht ein oder zwei Sachen im Auge behältst und dir überlegst.

Herrschen sie über Reiche, Festungen oder Dörfer, so kann die Politik um sie herum ruhig etwas genauer geplant sein, da ja auch eine Chance besteht, dass sie dort hineingezogen werden.


... ich würde da ohnehin Zufallstabellen vorschlagen (die du natürlich auf das Setting und die Situaion anpasst).
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Xemides am 13.02.2012 | 08:32
Moritz, wenn ich mich ans planen mache, müssen wir eh mal chatten. Danke für die Antwort.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Maarzan am 13.02.2012 | 13:02
Ich glaube, dann meinen wir genau das selbe. Der aus den Kehlen tausender gepeinigter Railroading-Spieler trotzig Widerspruch verkündende Protestruf der "Spielleiter-Willkür!" geht am Kern des Problems meilenweit vorbei. Willkür ist genau die Kehrseite der Ergebnisoffenheit; kein Gegenteil, sondern die andere Seite der Medaille, untrennbar damit verknüpft. Ohne Willkür (im weitesten Sinne) ist Rollenspiel bedeutungslos.

Ich denke das ist falsch. Klar kann man Willkür so weit fassen, das auch alle gewünschten bis notwendigen Eingriffe und Entscheidungen darunter fallen. Das Problem liegt aber eben in den unnötigen und das Maß sprengenden Willkürmaßnahmen, welche nicht im Sinne der Sandboxintentionen und den für diese Form teilnehmenden Spielern getroffen werden, sondern wegen eben anderer hier unerwünschter Ziele.

Sind eure Sandboxen statisch, also passiert nur was, wenn die SCs aktiv werden ?

Oder bewegt sich die Welt weiter, auch wenn die SCs inaktiv sind und wo die SC nicht sind ?

Eine gute Sandbox sehe ich als aufgezogenes, aber nicht überdrehtes Uhrwerk oder Klingelspiel. Sobald es gestartet wird, läuft es ab und je nachdem wo die Spieler rumlaufen, verändern sie es ohne selbst erwürgt zu werden oder bei einer falschen ungeplanten Bewegung das System kaputt zu machen.
In der Hinsicht gibt es zahlreiche Konflikte und Interessensparteien, wie sie eben aus der Weltbeschriebung auch zu erwarten wären. Wenn es kein gezielt angesprochenes Thema gibt, sind diese Konflikte aber nicht so hoch und instabil angesiedelt, dass sie zwangsläufig das Geschehen an sich reißen, z.B. nicht die üblichen Rettet-die-Welt oder auch Weltkriegs Szenarios. Aber ansonsten bewegt sich die Welt schon nach den ursprünglich gesetzten Gestzmäßigkeiten weiter, wenn kein weiterer Input im Spiel die Lage verändert.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Benjamin am 15.02.2012 | 05:06
Moin,

ich habe da mal ne Frage, (...)

Ich hab in meiner Kampagnenwelt erstmal nur das Startgebiet der SC genauer ausgearbeitet. Jetzt schon fremde Nationen, Kontinente, Planeten, Dimensionen und Ebenen mitzuplanen braucht zu lange. Ich habe in diesem Startgebiet Abenteuer platziert, also hier liegt Dungeon A, dort bricht Krankheit B aus. Wenn diese Dinge mal angeschoben sind, laufen sie weiter bzw. die NSC dieser Abenteuer verselbständigen sich. Zum Beispiel der Hobgoblin-General, der jetzt gegen eine Siedlung zieht ...

Ich habe auch einen größeren Hintergrund, bei dem es um die Götter geht, welche bestimmte Spielfiguren nutzen, um ihre Interessen durchzuziehen, aber das dämmert noch eher vor sich hin. Ich baue noch die NSC auf, welche involviert sein werden.

Demnächst werden einige Städte der Elfen rebellieren, um ihr altes Territorium zurückzuerlangen. Dafür muss ich alle Truppen der Elfen sowie der umliegenden menschlichen Siedlungen kennen, ich brauche verschiedene Strategien und ein gewaltiges Beziehungsnetz.

Ich plane nicht alles von Anfang an, das schaffe ich vom Umfang gar nicht und ich will nicht erst in einigen Jahren spielen. Daher wächst meine Kampagnenwelt nun eben mit dem Spiel.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Blechpirat am 15.02.2012 | 17:27
Kann mir einmal den Ursprung des Tandembegriffs verlinken? Danke!
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Bad Horse am 15.02.2012 | 18:39
Ich habe die Diskussion über Nachteile mal hierhin (http://tanelorn.net/index.php/topic,73046.html) ausgelagert.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Lord Verminaard am 15.02.2012 | 20:53
Kann mir einmal den Ursprung des Tandembegriffs verlinken? Danke!

Nö. Kann keiner. Die Tandem-Analogie hat Ron Edwards mal in einem RL-Gespräch erwähnt und ich hab sie übernommen. Mehr ist da nicht.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Bad Horse am 15.02.2012 | 22:08
Ich weiß gar nicht, ob das hierher passt, aber es ging mir gerade so durch den Kopf:

Railroading besteht ja häufig daraus, dass der SL Hindernisse aufbaut, sobald die Gruppe vom gewünschten Weg abweicht.
Jetzt stelle ich fest, dass ich keine so großen Probleme habe, wenn die Hindernisse plausibel sind - nur bei unplausiblen Hindernissen rollen sich meine Zehennägel hoch.

Wenn wir also im Dungeon durch eine Wand brechen wollen und davon abgehalten werden, weil der dabei entstehende Lärm Monster anlockt - fein. Wenn das schwierig wird, weil unser Zwerg meint, dass das eine tragende Wand wäre - auch fein (außer das ist strukturell ausgemachter Blödsinn, aber das ist ja meistens schwer festzustellen).
Wenn das aber nicht geht, weil hinter der Steinwand plötzlich eine undurchdringliche Adamantiumschicht ist... dann wird's komisch.

Zirkelschluß zum Tandem: Ein Tandem braucht halt auch eine halbwegs vernünftige Straße und kann nicht einfach quer durch den Busch fahren. Allerdings ist es mit dem Straßennetz flexibler als eine Eisenbahn...
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Taschenschieber am 15.02.2012 | 22:12
Naja, der Unterschied ist der:

Wenn der SL Barrieren aufbaut, um zu verhindern, dass die SCs vom Pfad abweichen, ist das Railroading.
Wenn der SL Barrieren aufbaut, wo diese sich aus dem Setting logisch ergeben, ist das natürlich kein Railroading, sondern lediglich in gewissem Rahmen Simulationismus.

Wenn natürlich bei allem, was vom Pfad abweicht, irgendeine Barriere auftaucht, kann diese noch so plausibel sein, irgendwann stinkt es zum Himmel.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 15.02.2012 | 22:17
Naja, der Unterschied ist der:

Wenn der SL Barrieren aufbaut, um zu verhindern, dass die SCs vom Pfad abweichen, ist das Railroading.
Wenn der SL Barrieren aufbaut, wo diese sich aus dem Setting logisch ergeben, ist das natürlich kein Railroading, sondern lediglich in gewissem Rahmen Simulationismus.

Wenn natürlich bei allem, was vom Pfad abweicht, irgendeine Barriere auftaucht, kann diese noch so plausibel sein, irgendwann stinkt es zum Himmel.

Deshalb muss man den pfad so bauen, das alle Abzweigungen unplausibel sind. Sagen wir, die SC reisen durch die Gegend. Dann ist links eben ein Sumpf und rechts ist auch ein Sumpf, und schon bleiben sie auf der Straße. Wenn die gegend nunmal allgemein sumpfig ist, ist das nicht unplausibel.
Im sozialen bereich geht das noch einfacher. Wenn ein mächtiger Herrscher die SC um etwas bittet, wäre es dumm, die Vorteile aus so einem Auftrag auszuschlagen und den Zorn des Herrschers zu riskieren. ich mache dann auch immer gern deutlich, das der Herrscher Assassinen und Spione in allen Ländern hat-was durchaus plausibel ist-und die SC am Arsch bekommt, wenn sie ihn hintergehen. Mit solchen Sachen kann man es meist vermeiden, das die SC überhaupt vom pfad abweichen.
 
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Tim Finnegan am 15.02.2012 | 22:18
Ich weiß gar nicht, ob das hierher passt, aber es ging mir gerade so durch den Kopf:

Railroading besteht ja häufig daraus, dass der SL Hindernisse aufbaut, sobald die Gruppe vom gewünschten Weg abweicht.
Jetzt stelle ich fest, dass ich keine so großen Probleme habe, wenn die Hindernisse plausibel sind - nur bei unplausiblen Hindernissen rollen sich meine Zehennägel hoch.

Wenn wir also im Dungeon durch eine Wand brechen wollen und davon abgehalten werden, weil der dabei entstehende Lärm Monster anlockt - fein. Wenn das schwierig wird, weil unser Zwerg meint, dass das eine tragende Wand wäre - auch fein (außer das ist strukturell ausgemachter Blödsinn, aber das ist ja meistens schwer festzustellen).
Wenn das aber nicht geht, weil hinter der Steinwand plötzlich eine undurchdringliche Adamantiumschicht ist... dann wird's komisch.

Zirkelschluß zum Tandem: Ein Tandem braucht halt auch eine halbwegs vernünftige Straße und kann nicht einfach quer durch den Busch fahren. Allerdings ist es mit dem Straßennetz flexibler als eine Eisenbahn...

Bedenke aber mal die Unterschied zwischen Hindernis, Barriere und Roadblock. Grad letzteres ist ja so ein RR-Kretrium: Nur wenn Kondition A erfüllt ist, wird Weg B frei.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Bad Horse am 15.02.2012 | 22:23
Coldwyn: Ist aber egal, solange das alles halbwegs Sinn macht. Dann muss ich eben erst zum Orakel von Delphi fahren und die drei Prüfungen bestehen, um herauszufinden, wo Nyx ihre Kästchen untergebracht hat und kann das nicht einfach aus ihren Priestern herausprügeln.
Nur wenn dann plötzlich 87 Stürme auftauchen, die uns nach Delphi wehen, und jeder NSC (egal welcher) erwähnt, wie toll doch das Orakel ist, und dann noch mein Vater, der Consul, mir befiehlt, da unbedingt hinzugehen, kommt mir das komisch vor.

Wobei ich allerdings auch nicht zu den Spielern gehöre, die auf Teufel-komm-raus ausprobieren müssen, ob sie nicht vom Weg abweichen können. Es gibt allerdings welche, und es ist echt nervig, die alle im Sumpf zu ertränken.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Benjamin am 16.02.2012 | 08:46
Deshalb muss man den pfad so bauen, das alle Abzweigungen unplausibel sind.
Man muss einen Scheißdreck. Man kann als SL die Spieler auch einfach machen lassen, anstatt ihnen den vorgezeichneten Weg zu diktieren. Diese Assassinen-Sumpf-Katastrophe ist so plump und dumm, dass ich mich als Spieler ernsthaft verarscht fühlen und die Runde verlassen würde. Das einzige Topping ist dann noch, zu meinen Gunsten Würfel zu drehen.

Ich empfehle dringend, mal bei einem guten, ergebnisoffen leitenden SL zu spielen. Es wird die Schuppen von den Augen fetzen.

@ Bad Horse, warum sollte der SL Dich denn überhaupt lenken wollen dürfen? Sobald ich merke, dass der SL Hindernisse einsetzt, um mich von einem Vorhaben abzubringen (anstatt weil es eben plausibel und in der Welt vorhanden ist), dann bin ich raus aus der Nummer. Ich habe wirklich kein Problem mit den Assassinen des Königs, wenn ich den König beleidigt habe oder aus anderen politischen Gründen weg muss. Aber wenn man mir die Assassinen droht, damit ich sagenwirmal die Tochter des Königs rette und es deutlich wird, dass nicht etwa der König ein Spinner ist, sondern der SL seinen Plot durchziehen muss, weil er sonst nichts drauf hat, dann ist er schief gewickelt. So eine dummdreiste Anmaßung.

Aber ja, das ist dann wirklich Tandem. Ein grauenhaftes Bild, wie die Sklavenzüge, mit Ketten am Vordermann befestigt.

Mir muss immer noch jemand erklären, warum es ein Problem ist, dass Spieler vom Weg abweichen. Habt ihr nicht genug Abenteuer? Keine Karte gezeichnet? Keine interessanten Begegnungstabellen? Lasst die Leute sich austoben, durch den Sumpf streichen (ich hab hier zwei Sumpfabenteuer und Tabellen für bis in alle Ewigkeit), ein paar ertrinken vielleicht und ein paar finden vielleicht einen Schatz in einer Trollhöhle. Super, Abenteuer! Oder auch nicht, alles langweilig, man kehrt zur Straße zurück. Und all die miserablen Story-SLs versagen ihren Spielern diesen Spaß, weil sie an ihrem bescheuerten Plot hängen.

Der SL hat bezüglich der SC nichts zu wollen, bums aus. Klar hoffe ich insgeheim, dass man in jene Falle tappt oder diesen Abzweig nicht nimmt, weil dort das unglaubliche Monster wartet und ein TPK auch für mich keine helle Freude ist, aber das ist letztendlich nicht meine Entscheidung. Und darum geht es doch: "Was macht ihr als nächstes?"
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 16.02.2012 | 08:52
Ich empfehle dringend, mal bei einem guten, ergebnisoffen leitenden SL zu spielen. Es wird die Schuppen von den Augen fetzen.

Und da ist sie wieder: die Mär vom Primat der ergebnisoffenen Besserspieler. Hatte diesen Überlegenheitsdünkel schon fast vermisst :D

Irgendwie erinnert mich das an diesen Altherrentip an Lesben: "Ey Baby, wenns Dir nur mal jemand richtig besorgt, wirste nie wieder was mit Weibern anfangen wollen!"
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Benjamin am 16.02.2012 | 09:01
Dass Du wieder nichts außer arroganter Gehässigkeit beizutragen hast, verwundert mich nicht im geringsten.

Add: Dass ich immer auf diesen Troll hereinfalle ... ::)
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 16.02.2012 | 10:01
Dass Du wieder nichts außer arroganter Gehässigkeit beizutragen hast, verwundert mich nicht im geringsten.

Nur gespiegelt. Lies Dir Deinen eigenen Beitrag durch und Du weißt, woher der Wind weht. Wald, herausschallen und so. Meine inhaltlichen Beiträge findest Du früher im Thread - ganz sachlich, wie sich das unter zivilisierten Leuten gehört.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: bobibob bobsen am 16.02.2012 | 10:23
Zitat
Railroading besteht ja häufig daraus, dass der SL Hindernisse aufbaut, sobald die Gruppe vom gewünschten Weg abweicht.
Jetzt stelle ich fest, dass ich keine so großen Probleme habe, wenn die Hindernisse plausibel sind - nur bei unplausiblen Hindernissen rollen sich meine Zehennägel hoch.


Im Idealfall merkst du als Spieler die plausiblen Hindernisse gar nicht, weil sie einfach in die Scene passen. So was wie ein Sumpf würde meine Neugier eher noch anregen, dann doch lieber langweiliges Weideland mit ein paar Schafen und Rindern.
Wenn die Spieler vom vorgezeichneten Plot abweichen empfinde ich das als Spielleiter eher als interessant und lasse sie mal machen, wer weiß wohin das wohl führt.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Bad Horse am 16.02.2012 | 15:14
Ich lass meine Spieler auch machen. Aber der Punkt ist doch, dass viele Spieler gar nicht vom Weg abweichen wollen. Die wollen nicht den Sumpf erkunden, wenn sie die Straße zu (Plotelement X) nehmen können, und sind vielleicht auch ganz dankbar, wenn man ihnen ein paar Anhaltspunkte gibt, wo es denn hier weiter geht.

Als Spieler will ich durchaus den Plot des SLs / des Abenteuers spielen, solange er nicht völlig dämlich ist. Ich hab auch kein Problem damit, wenn ich sanft in eine Richtung geschubst werde, solange diese Richtung plausibel ist; oder wenn manche Dinge, die ich toll fände, nicht passieren können - solange der Grund, warum das nicht geht, plausibel ist.
Ein ergebnisoffenes Spiel ist mir zwar lieber, sowie ein SL, der sich eher Gründe überlegt, warum mein Plan vielleicht funktionieren könnte, aber ich hab auch nichts dagegen, gemeinsam mit SL und Gruppe in dieselbe Richtung zu radeln.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Benjamin am 16.02.2012 | 15:39
Ja und nein. Klar kann viel Langeweile abseits der Wege dafür sorgen, dass die Spieler in eine bestimmte Richtung gehen. Aber auch hier ist für mich die Absicht des SL entscheidend: Wenn es dort langweilig ist, weil es im Flachland von Nordamerika im Jahr 2012 nunmal langweilig ist, bitte. Wenn ich aber in einer Fantasyrunde spiele, in der zu erwarten ist, dass es in der Wildnis rundgeht, dann habe ich doch einen starken Verdacht, und dann bin ich angeödet. Wenn die Hinweise im Abenteuer nicht richtig verstanden werden und die Spieler deswegen in eine komische Richtung laufen, dann kann man als SL ja auch was sagen.

Mir scheint die These, dass die Plotsprenger ein Produkt der starren Plots sind (http://ghoultunnel.wordpress.com/2011/10/21/neue-erkenntnisse-uber-spielertypen/), ziemlich plausibel.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 16.02.2012 | 15:52
„Mein Zwergenberserker stürmt vor. Nein, ihr könnt mir keine taktischen Hinweise geben, mein Charakter bekommt das nicht mit.“

Die harsche Kritik an dieser Passage findest Du ernsthaft plausibel? Jetzt mal Butter bei die Fische: wieso sollte es nicht statthaft sein, als Zwergenbeserker zum eigenen Nachteil taktische Hinweise außer Acht zu lassen? Son Kappes. Das ist eine vollkommen legitime, dramaturgisch motivierte Intervention des Spielers, die in dessen alleinigen Entscheidungsbereich fällt. Wer so etwas nicht toleriert, beschneidet seinerseits vollkommen willkürlich die Entscheidungsfreiheit eines Mitspielers und agiert gerade nicht ergebnisoffen, sondern dogmatisch-verkniffen-restriktiv. Ne, echt nicht.

Aber an diesem Beispiel wird das Oberthema gut ersichtlich. Die eine Runde möchte halt so wie der Typ in dem Blog rein gamistisch spielen. Dann ist die Aktion des Zwergenbeserkers selbstredend total dämlich. Aber sobald man ein bisschen abrückt vom pur mechanischen Figürchenschubsen oder Simulationsanspruch und so etwas wie die Persönlichkeit, Einstellung, Ziele etc. des Charakters auszuspielen gedenkt, trifft man als Spieler für seinen Charakter auch mal taktisch suboptimale Entscheidungen. Für mich gehört das zu einem guten Rollenspielerlebnis in einer nicht rein gamistischen Runde zwingend dazu. Und eben deshalb finde ich Blogeinträge wie den verlinkten total dumm und ignorant, da der Blick über einen solchen Tellerrand offensichtlich nicht möglich oder nicht gewollt ist. Allein schon die Ansicht des Blogverfassers, dass nur Runden, die so laufen wie seine eigene, nicht langweilig oder schlecht sind, offenbart doch eigentlich schon alles über den Typen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Oberkampf am 16.02.2012 | 15:54
Mir scheint die These, dass die Plotsprenger ein Produkt der starren Plots sind (http://ghoultunnel.wordpress.com/2011/10/21/neue-erkenntnisse-uber-spielertypen/), ziemlich plausibel.

Meine persönliche These lautet, dass Tavernenrollenspiel die Folge von starren Plots ist, denn da gibt es endlich mal einen Freiraum, wo man als Spieler von selbst Dinge tun kann - die zwar irrelevant sind, aber wenigstens selbstbestimmte Charakteraktionen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 16.02.2012 | 15:55
Meine persönliche these lautet, dass Tavernenrollenspiel die Folge von starren Plots ist, denn da gibt es endlich mal einen Freiraum, wo man als Spieler von selbst Dinge tun kann - die zwar irrelevant sind, aber wenigstens selbstbestimmte Charakteraktionen.

Das klingt schon eher plausibel, finde ich. Vielleicht ist sogar das ganze Hartwursting bei DSA letztendlich so eine Art Trotzreaktion.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Bad Horse am 16.02.2012 | 16:04
Ich glaube, dem Blogger würde FATE mit dem Reizen-Mechanismus nicht gefallen - da kriegt der Spieler ja sogar Punkte dafür, wenn sich sein Charakter rollengerecht statt situationsoptimiert verhält.

Der Benny-Mechanismus von SaWo schlägt in dieselbe Kerbe. Kann also nicht alles nur aus schlechten Runden mit schlechten SLs kommen.  :)

Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 16.02.2012 | 16:10
„Mein Zwergenberserker stürmt vor. Nein, ihr könnt mir keine taktischen Hinweise geben, mein Charakter bekommt das nicht mit.“

Die harsche Kritik an dieser Passage findest Du ernsthaft plausibel? Jetzt mal Butter bei die Fische: wieso sollte es nicht statthaft sein, als Zwergenbeserker zum eigenen Nachteil taktische Hinweise außer Acht zu lassen? Son Kappes. Das ist eine vollkommen legitime, dramaturgisch motivierte Intervention des Spielers, die in dessen alleinigen Entscheidungsbereich fällt. Wer so etwas nicht toleriert, beschneidet seinerseits vollkommen willkürlich die Entscheidungsfreiheit eines Mitspielers und agiert gerade nicht ergebnisoffen, sondern dogmatisch-verkniffen-restriktiv. Ne, echt nicht.

Aber an diesem Beispiel wird das Oberthema gut ersichtlich. Die eine Runde möchte halt so wie der Typ in dem Blog rein gamistisch spielen. Dann ist die Aktion des Zwergenbeserkers selbstredend total dämlich. Aber sobald man ein bisschen abrückt vom pur mechanischen Figürchenschubsen oder Simulationsanspruch und so etwas wie die Persönlichkeit, Einstellung, Ziele etc. des Charakters auszuspielen gedenkt, trifft man als Spieler für seinen Charakter auch mal taktisch suboptimale Entscheidungen. Für mich gehört das zu einem guten Rollenspielerlebnis in einer nicht rein gamistischen Runde zwingend dazu. Und eben deshalb finde ich Blogeinträge wie den verlinkten total dumm und ignorant, da der Blick über einen solchen Tellerrand offensichtlich nicht möglich oder nicht gewollt ist. Allein schon die Ansicht des Blogverfassers, dass nur Runden, die so laufen wie seine eigene, nicht langweilig oder schlecht sind, offenbart doch eigentlich schon alles über den Typen.

ich swpiel ja auch gamistisch. Aber so ernst nehm ich das nicht. ich finde, jeder sollte selber so viel Simulationismus reinnehmen, wie er will. Solange man das als Spieler selber entscheiden kann, ist das ok. Ein guter Sl lässt einen nicht auflaufen, weil man mit seinem Char ne coole Aktion macht.

Das tavernenspiel hänht IMHO mit dem Erzählspiel insofern zusammen, das beide sehr entscheidungs- und konfliktarm sind. Wenn man von der Arbeitkommt und in so einem spezieleln Zustand ist, dann will man einfach nicht mehr entscheiden müssen. Dann sind solche Sachen sehr gut. 
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 16.02.2012 | 16:14
ich swpiel ja auch gamistisch. Aber so ernst nehm ich das nicht. ich finde, jeder sollte selber so viel Simulationismus reinnehmen, wie er will. Solange man das als Spieler selber entscheiden kann, ist das ok. Ein guter Sl lässt einen nicht auflaufen, weil man mit seinem Char ne coole Aktion macht.

Das tavernenspiel hänht IMHO mit dem Erzählspiel insofern zusammen, das beide sehr entscheidungs- und konfliktarm sind. Wenn man von der Arbeitkommt und in so einem spezieleln Zustand ist, dann will man einfach nicht mehr entscheiden müssen. Dann sind solche Sachen sehr gut.
Hm, wenn Du damit die DSA-typischen Eisenbahnfahrten meinst, könnte da was dran sein. Davon abgesehen ist das, was ich unter aufgeklärtem Erzählspiel verstehe, keineswegs entscheidungs- oder konfliktärmer als die Alternativen - im Gegenteil!
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Oberkampf am 16.02.2012 | 16:19
Hm, wenn Du damit die DSA-typischen Eisenbahnfahrten meinst, könnte da was dran sein. Davon abgesehen ist das, was ich unter aufgeklärtem Erzählspiel verstehe, keineswegs entscheidungs- oder konfliktärmer als die Alternativen - im Gegenteil!

Unter Erzählspiel werden einfach zu viele verschiedene Spielweisen verstanden. Der Mainstream scheinen wohl die DSA-Plotabenteuer in Deutschland zu sein, aber offene Spiele wie ptA sehen sich ja auch als Erzählspiele an, und damit hat man den Salat, weil jeder was anderes versteht und Pfingsten noch weit weg ist.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 16.02.2012 | 16:28
Ja, ich meine DSA-RR. Aber das darf man ja nicht mehr sagen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 16.02.2012 | 16:30
Unter Erzählspiel werden einfach zu viele verschiedene Spielweisen verstanden. Der Mainstream scheinen wohl die DSA-Plotabenteuer in Deutschland zu sein, aber offene Spiele wie ptA sehen sich ja auch als Erzählspiele an, und damit hat man den Salat, weil jeder was anderes versteht und Pfingsten noch weit weg ist.

Nach meiner Ansicht ist diese Verwirrung aber das Resultat einer unangebrachten Zweiteilung. Erzählspiele sind nach Definition beispielsweise von Florian Berger alle die Spiele, in denen kein absolut reiner Simulationismus betrieben wird. Damit fallen quasi 99,9% aller Rollenspielrunden in die Kategorie des Erzählspielers. Die Erkenntnis, dass aber zwischen der DSA-Hardcore-Railroading-Klamotte und einem aufgeklärten Erzählspiel tatsächlich Welten liegen, ist noch nicht sonderlich verbreitet. Da werden auch heute noch unzulässige Stereotype auf diffamierende und desinformierende Art in die Welt gefurzt. Siehe den verlinkten Blog.

Umgekehrt kommt heutzutage auch kaum jemand mehr auf die Idee, dass Dungeoncrawling unterlegenes oder wertloseres Spiel sei. Mehr Taktik, weniger Schauspiel meinetwegen. Oder wie auch immer. Der diesbezüglich notwendige Verständnisprozess hat offensichtlich funktioniert. Nun müssen wir nur noch auf die umgekehrte Richtung warten.

Will sagen: die Verwirrung, die Du da ansprichst, ist ja ziemlich direkt auch Thema dieses Threads, der mit dem Bild des Tandems weg will von der bislang vorherrschenden Ansicht einer binären Rollenspielausprägung.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: ErikErikson am 16.02.2012 | 16:32
Nach meiner Ansicht ist diese Verwirrung aber das Resultat einer unangebrachten Zweiteilung. Erzählspiele sind nach Definition beispielsweise von Florian Berger alle die Spiele, in denen kein absolut reiner Simulationismus betrieben wird. Damit fallen quasi 99,9% aller Rollenspielrunden in die Kategorie des Erzählspielers. Die Erkenntnis, dass aber zwischen der DSA-Hardcore-Railroading-Klamotte und einem aufgeklärten Erzählspiel tatsächlich Welten liegen, ist noch nicht sonderlich verbreitet. Da werden unzulässige Stereotype auf diffamierende und desinformierende Art verbreitet. Siehe den verlinkten Blog. Parallel kommt heutzutage auch kaum jemand mehr auf die Idee, dass Dungeoncrawling unterlegenes oder wertloseres Spiel sei. Mehr Taktik, weniger Schauspiel meinetwegen. Oder wie auch immer.

Will sagen: die Verwirrung, die Du da ansprichst, ist ja ziemlich direkt auch Thema dieses Threads, der mit dem Bild des Tandems weg will von der bislang vorherrschenden Ansicht einer binären Rollenspielausprägung.

Ich glaube jeder der Polaris oder Fate oder sowas kennt weiss schon, das es gutes Erzählspiel gibt.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Maarzan am 16.02.2012 | 16:45
Das Problem mit dem Zwerg ist, dass er eben auch die anderen Charaktere mit reinreitet. Das wäre selbst noch nicht einmal ein wirkliches Problem, aber eine weitere typische Tischsitte ist es eben nicht Charaktere direkt wieder nach deren Vorstellung aus der Runde zu kicken oder falls konfrontativ und stärker bei der nächsten Nachtwache zu killen.

Klar sollte man so etwas vorher regeln, aber erstaunlich viele Leute aus meiner Erfahrung sträuben sich vehement dagegen vorher ihre Chars auf Gruppenkompatibilität anzupassen.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Oberkampf am 16.02.2012 | 16:51

Umgekehrt kommt heutzutage auch kaum jemand mehr auf die Idee, dass Dungeoncrawling unterlegenes oder wertloseres Spiel sei. Mehr Taktik, weniger Schauspiel meinetwegen. Oder wie auch immer. Der diesbezüglich notwendige Verständnisprozess hat offensichtlich funktioniert. Nun müssen wir nur noch auf die umgekehrte Richtung warten.


TAFKAKB, das mit dem Dungeoncrawling siehst du, glaube ich, ein wenig zu sehr optimistisch. Hier im  :T: mag deine Beobachtung zutreffend sein, aber ich würde wetten, auf einem x-beliebigen Con sähe das ganz anders aus (und auf einem DSA-Spielertreffen erst recht).
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: 1of3 am 16.02.2012 | 16:53
Ich glaube, dem Blogger würde FATE mit dem Reizen-Mechanismus nicht gefallen - da kriegt der Spieler ja sogar Punkte dafür, wenn sich sein Charakter rollengerecht statt situationsoptimiert verhält.

Der Benny-Mechanismus von SaWo schlägt in dieselbe Kerbe. Kann also nicht alles nur aus schlechten Runden mit schlechten SLs kommen.  :)

Also jein. Diese Mechanismen lösen ja genau jenes empfundene Problem. Sie trennen nämlich Effektivität des Spielens von effiktivem Handeln des Charakters. Den Charakter ineffizient handeln zu lassen wird so zu effektivem Spiel. Die Forderung in dem Blogbeitrag ist, dass der Spieler sich effizient verhalten soll. Diese Forderung wird durch die Mechanismen gewahrt, indem Effizienz neu bewertet wird. Den Spielern, die effizient handeln wollen, wird so ein Anreiz geliefert.

Das heißt natürlich nicht, dass das Leute, die solche Anreize nicht benötigen irgendwie schlecht spielen. Problematisch wird es nur, wenn sie mit ansonsten effizienzorientierten Teilnehmern zusammentreffen. Dann muss man eine Lösung finden. Die genannten Mechanismen von Bennies, Compels etc. sind genau eine solche Lösung.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Humpty Dumpty am 16.02.2012 | 16:53
Jep, so ist das wohl, obwohl ich Dir ehrlich gesagt in der Art der Trennung von Effektivität und Effizienz noch nicht ganz folgen kann.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 16.02.2012 | 16:55
Will sagen: die Verwirrung, die Du da ansprichst, ist ja ziemlich direkt auch Thema dieses Threads, der mit dem Bild des Tandems weg will von der bislang vorherrschenden Ansicht einer binären Rollenspielausprägung.

Dem möchte ich voll zustimmen. Die Indie-Szene hat Begriffe geschaffen und geprägt, die bei der Findung, Definition und Kommunikation des eigenen Spielstils sehr hilfreich sein können. Darauf aufbauend wurden Mechaniken (im Sinne von Ursache-Wirkung, z.B. Regeln) und Techniken (im Sinne von spezifischen Vorgehensweisen der spielerischen Interaktion, eine weiter gefasste Kategorie als Mechaniken) entwickelt. Diese können eventuell zur Gestaltung einer kompletten Methode (im Sinne eines einheitlichen Ansatzes aller Vorgehensweisen) benutzt werden.
Den Eröffnungspost begreife ich als Vorstellung einer solchen Methode.

Daraus den Schluß zu ziehen, man hätte einen völlig neuen Spielstil erfunden ist meines Erachtens falsch. (Und vielleicht die Quelle vieler Grabenkämpfe.) Nur weil man Dingen plötzlich einen Namen geben kann, heißt das nicht, dass sie erst seitdem existieren. Unsere Sprache lockt uns in die Falle der ausgeschlossenen Mitte (http://en.wikipedia.org/wiki/Law_of_excluded_middle).

Liebe Grüße,
Henning
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Maarzan am 16.02.2012 | 17:02
Jep, so ist das wohl, obwohl ich Dir ehrlich gesagt in der Art der Trennung von Effektivität und Effizienz noch nicht ganz folgen kann.

Effizient im Spiel bedeutet den Charakter so zu führen, dass er nach der Spielweltlogik "gewinnt".

Mit der zusätzlichen Ressource auf Metaebene kann durch weltinterne Ineffizienz auf dieser Metaeben "Bumms" angesammelt werden, welcher durch ebenso metagsteuerten Rückfluss in der Spielwelt dann doch noch zum Gewinnen führen kann.
Es funktioniert da in der Gesamtbetrachtung in sich geschlossen, führt aber halt zur Notwendigkeit einer ganz anderen Sicht -und Herangehensweise und ist daher nicht unbedingt jedermanns Sache.
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Bad Horse am 16.02.2012 | 17:12
Das geht dann wieder in Richtung der Nachteilsdiskussion - da wird Spielern für bestimmte Vorteile ja ein nachteiliges Verhalten aufoktroyiert.

Gerade der Zwergenberserker spielt da ja eigentlich nur den Nachteil eines Berserkers aus - mit dem er sich ja auch die Vorteile erkauft hat. Trotzdem wird ihm eben dies vorgeworfen, vermutlich, weil es keine harten Regeln gibt, die ihn zu einem solchen Verhalten zwingen. Das tut nur seine Interpretation des Begriffs "Berserker".

Wobei das letzten Endes nicht so wahnsinnig viel mit dem Tandemspiel zu tun hat. Nur weil ein SL Tandem fährt, muss das nicht heißen, dass er SCs die Konsequenzen ihrer Aktionen nicht spüren lässt - wenn der Zwerg allein vorstürmt, kann es ihm auch beim Tandem-SL passieren, dass er als Kanonenfutter endet.
Die Art und Weise, wie das Ausspielen von Nachteilen gehandhabt wird, ist beim Tandemfahren als Spielstil nicht festgelegt. Oder seh ich das falsch?
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Nørdmännchen am 16.02.2012 | 17:59
Also jein. Diese Mechanismen lösen ja genau jenes empfundene Problem. Sie trennen nämlich Effektivität des Spielens von effiktivem Handeln des Charakters. Den Charakter ineffizient handeln zu lassen wird so zu effektivem Spiel. Die Forderung in dem Blogbeitrag ist, dass der Spieler sich effizient verhalten soll. Diese Forderung wird durch die Mechanismen gewahrt, indem Effizienz neu bewertet wird. Den Spielern, die effizient handeln wollen, wird so ein Anreiz geliefert.

Sehr treffend. Dies ist das eine wichtige Argument, ich sehe zudem noch ein weiteres (http://tanelorn.net/index.php/topic,73046.msg1482299.html#msg1482299).

@Bad Horse & Verminaard: Ich sehe auch noch keinen Bezug zum Thema, aber der Threadsteller hat sich ja offensichtlich Gedanken über Tandem-optimierte Regeln gemacht. Gibt es bezüglich des Abbildens von Nachteilen eine Erkenntnis, die in Danger Zone umgesetzt wurde?

Grüße
Titel: Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
Beitrag von: Laivindil am 17.02.2012 | 15:32
Also jein. Diese Mechanismen lösen ja genau jenes empfundene Problem. Sie trennen nämlich Effektivität des Spielens von effiktivem Handeln des Charakters. Den Charakter ineffizient handeln zu lassen wird so zu effektivem Spiel.
Speziell was die Bennie-Vergabe von Savage Worlds angeht, muss das nicht stimmen (FATE habe ich zuwenig geleitet um es beurteilen zu wollen). Das Ausspielen eines Nachteils resultiert nicht automatisch in einem Bennie. Von daher kann ein SL auch Bennies für hervorragendes taktisches Spiel ausgeben, denn grundsätzlich ist der Bennie bei SW ein Signalmittel des SLs an die Runde für die Aktionen, die er am Tisch sehen will.