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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: La Cipolla am 4.11.2013 | 22:27

Titel: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 4.11.2013 | 22:27
Eigentlich eine simple Frage:

Sollte ein Rollenspiel über Intrigen Regeln für Intrigen beinhalten?
Sollte ein Dungeon Crawler Dungeon-Crawl-Regeln umfassen?
etc etc.

Ich frage, weil ich bei vielen Spielen merke, dass ich das Setting oder die Story mag, die Regeln aber nicht - obwohl sie perfekt dazu passen. Dann nehme ich lieber ein generisches Rollenspiel, das viel schlechter passt, und wir haben trotzdem mehr Spaß dran. Insofern: Ist diese Herangehensweise, die wichtigsten Aspekte eines Rollenspiels mit Regeln zu versehen, vielleicht bloß ein Trend? Auch als Gegenbewegung, weil sich so viele Spiele in der Vergangenheit nicht darum geschert haben, ob die Regeln passen? Ist es wirklich ineffektiv, verwerflich oder sonst irgendwie fragwürdig, mit den D&D-Regeln ein Intrigen-lastiges Rollenspiel zu spielen? Ist es verwerflich, ein Spiel zu entwerfen, dessen Regeln nichts mit dem Setting zu tun haben (aber einwandfrei funktionieren)?
Ich merke halt, dass sich bei mir auch so ein Reflex eingebürgert hat, aufzuschreien, wenn jemand meint, dass die WoD ja so besonders gut für Intrigenspiel/Charakterspiel geeignet wäre, oder wenn ein Rollenspiel, das einen ganz anderen Fokus als D&D hat, trotz allem auf dieselbe Regelmatrix zurückgreift. Aber eigentlich funktioniert das ja alles einwandfrei (tendenziell).

(Ich weiß, ist etwas provokant geschrieben; nehmt nicht alles wörtlich, der Punkt sollte klar werden.)
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: YY am 4.11.2013 | 22:43
Ist es wirklich ineffektiv, verwerflich oder sonst irgendwie fragwürdig, mit den D&D-Regeln ein Intrigen-lastiges Rollenspiel zu spielen?

Nicht, wenn man keinen großen Wert auf Regeln legt.


Persönlich finde ich es aber eher widersinnig, ein Regelwerk zu nutzen, das gerade in den oft vorkommenden Bereichen spürbar weniger Regeln bietet als in anderen.
Da stellt sich doch umgekehrt die Frage, warum gerade Bereiche, die nicht verstärkt vorkommen, feiner geregelt sind.
"Das Regelwerk gefällt uns so, wie es ist" mag da noch eine brauchbare Antwort sein.
Aber ansonsten würde es sich doch eher anbieten, ein überall leichte(re)s Regelwerk zu nutzen.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Sid am 4.11.2013 | 22:49
"Sollte" :)

Im Sinne, dass ich in einem Piratensetting regeln für Schiffskampf erwarte. Definitiv. :)

Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 4.11.2013 | 22:55
Zitat
Da stellt sich doch umgekehrt die Frage, warum gerade Bereiche, die nicht verstärkt vorkommen, feiner geregelt sind.

Guter Punkt, hab ich gar nicht dran gedacht. Mir ging es tatsächlich eher um die Bereiche mit zu wenig Reglementierung bzw. "unpassender" Reglementierung, aber zu viel Reglementierung in einem Randbereich kann als Kollateralschaden natürlich ernsthaft stören. Wir haben früher auch in so einigen Spielen die Feinheiten der Kampfsysteme weggelassen, weil das einfach nicht im Fokus stand.

Zitat
Nicht, wenn man keinen großen Wert auf Regeln legt.

Persönlich finde ich es aber eher widersinnig, ein Regelwerk zu nutzen, das gerade in den oft vorkommenden Bereichen spürbar weniger Regeln bietet als in anderen.
[...]

Das ist die Frage. Vielleicht funktionieren die entsprechenden Bereiche ja besser ohne große Regeln, oder mit "unpassenden" Regeln, zumindest für ein bestimmtes erwünschtes Feeling. Es geht also nicht nur um den Vergleich ("Welcher Bereich hat die meisten Regeln?"), sondern auch darum, welche Bereiche man überhaupt wie stark verreglementieren sollte - und ob das zwangsweise mit dem Fokus des Spiels zusammenhängt!
Nebenfrage: Kann "Wert auf die Regeln legen" auch heißen, die Regeln in einem wichtigen Bereich zu minimieren oder auszulassen?

Gutes Beispiel wäre Monopoly: Es gibt kaum Handelsregeln (außer vielleicht die Frage "wann darf ich handeln"), obwohl das ein sehr zentrales Element des Spiels ist. Die Bewegung auf dem Spielbrett ist viel zentraler, ebenso wie die Mieten. Als negativ würde ich das aber nicht einschätzen.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 4.11.2013 | 22:58
@Sid: Auch ein gutes Beispiel! Die Frage hier ist ja, ob Schiffsregeln Szenen mit Schiffen tatsächlich immer zwangsweise besser machen. Und wenn ja, wie detailliert müssen die Regeln sein? Reichen ein paar Richtlinien, oder will man ein Subsystem bzw. eine ganze Simulation? Und wenn die Antwort darauf nicht klar ist, inwiefern ist "wir brauchen Regeln dafür" deutlicher?

Letztendlich also die Frage, ob "treffende" Regeln ein Spiel unbedingt besser machen oder doch nur eine Herangehensweise sind, die gerade im Trend liegt. (Entschuldigt den provozierend-leitenden Gesprächsstil, ey ... ;D)
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: YY am 4.11.2013 | 23:14
[/b]Nebenfrage: Kann "Wert auf die Regeln legen" auch heißen, die Regeln in einem wichtigen Bereich zu minimieren oder auszulassen?

Das hieße für mich "Wert auf keine Regeln legen" (in Abgrenzung von "keinen Wert auf Regeln legen")  :korvin:

Aber so gesehen: Man legt Wert auf die Regeln, sobald man eine bestimmte Regelform/-dichte aus irgendwelchen Gründen bevorzugt.
Das würde ich mir als Sonderform meiner vorherigen Aussage noch unterschieben lassen  :)

Vielleicht funktionieren die entsprechenden Bereiche ja besser ohne große Regeln, oder mit "unpassenden" Regeln, zumindest für ein bestimmtes erwünschtes Feeling.

Daran liegts wohl, ja.

Das entsprechende Handeln bei Monopoly, Siedler von Catan oder Munchkin (wo sogar explizit noch mal auf die verschiedenen Betrugsmöglichkeiten hingewiesen wird...) wäre mit mehr und/oder strengeren Regeln wohl spürbar weniger interessant.

Liegt wohl zu großen Teilen daran, dass beim Handel zwischen zwei Personen sowieso ein von allen Seiten akzeptiertes Ergebnis zustande kommt.
Das ist bei Intrigen (inbesondere solche ohne große Meta-Aspekte), Kämpfen oder anderen stark von den Charakterfähigkeiten abhängigen Sachen nicht gegeben - und dann kommt es letztlich darauf an, was man wie spielen will.

Taktisch fordernde, ergebnisoffene Kämpfe passen für mich nicht mit Regellosigkeit zusammen - und auch nicht mit abstrakten oder leichten Regeln.
"Nur" interessant erzählte Kämpfe dagegen...da ist das relativ egal. 
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 4.11.2013 | 23:20
Jo! Eine Frage, die dann daraus folgt, ist, ob es "Kopplungen" aus Bereich und Regelkonzept gibt, die a) GAR nicht gehen, oder b) ein Natural Fit sind.

Du hast heute bspw. SEHR oft Regeln, um den Charakter in der Welt zu verankern oder ihn näher zu beschreiben (Fate-Aspekte, Connection-Regeln, Virtues/Vices etc). Es stellt sich die Frage: Ist das für charakterorientiertes Spiel wirklich besser als es komplett freeform zu lassen? Oder ist das einfach eine Frage von Stil und Vorlieben?

Mir drängt sich inzwischen die Vermutung auf, dass eigentlich ALLES geht, solang man es vernünftig begründen kann.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Gorilla am 4.11.2013 | 23:22
Ich sehe es auch so, dass es nicht um den Umfang der Regeln für den fokussierten Bereich geht.
Passen sollten die Regeln allerdings schon und zumindest regelseitige Lösungen für den Fokus des jeweiligen Settings anbieten. Sollten diese Lösungen (aka Regeln) fehlen, wäre das für mich schon ein bisschen Themaverfehlung.
Ob und wie eine konkrete Gruppe welches Regelwerk für welches Setting nutzt, steht wieder auf einem anderen Blatt, aber ein Rollenspiel mit einem konkreten Fokus, den es sich auf die Fahne schreibt, sollte dem eigenen Anspruch auch regelseitig gerecht werden können. Setzt das Spiel regeltechnisch einen anderen Fokus als das Setting, liegt nahe, dass es tendenziell zu Diskrepanzen kommt.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 4.11.2013 | 23:25
Gedankenspiel: Ich will ein Swashbuckler-Ding, in dem es um athletische Abenteuer-Action, taktische Kämpfe und soziale Interaktionen geht, also sozusagen drei Fokuspunkte.

1. Die Kämpfe setze ich ganz klassisch um. Zwar bietet sich auch eine erzählerisch-epische Herangehensweise an, aber ich will lieber die Taktik des Fechtens etc. umsetzen (die Frage, wie GENAU das passiert, sei mal außen vor gelassen). Könnte also Schere, Stein, Papier oder sowas sein, oder D&D, oder 7thSea/L5R ohne Stunt-Boni.
2. Die athletischen Einlagen dagegen mache ich erzählerisch, mit ein paar leichten Regeln, vielleicht in Richtung Wushu. Das soll einfach cool aussehen und den Spieler für seine Coolness belohnen.
3. Die sozialen Sachen mache ich komplett ohne Regeln, obwohl auch sie im Zentrum stehen. Hier gilt "Spieler > Charakter", hier wird sozusagen frei von Regeln intrigiert und geflirtet. Man soll nicht auf das Charakterblatt gucken, während man miteinander redet.

Die Frage: Ist das jetzt ein schlechtes Konzept oder geht es klar, weil es durchdacht ist? (Qualität sei mal außen vor gelassen - gehen wir einfach hypothetisch davon aus, dass es sogar gut durchdacht ist. ;D)
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Gorilla am 4.11.2013 | 23:35
Jein. Es klingt zwar grundsätzlich ganz nett, aber das ist wohl eher etwas, das in der Praxis schwer umzusetzen ist.
Ich stehe auf solche Regelwust-Dinger überhaupt nicht, wo Kampf, Action, soziale Interaktion, Magie, Hacking und wasweißichnoch jeweils einen eigenen völlig anderen Regelblock bekommt. Das hilft imho niemanden und macht die Dinge nur unnötig kompliziert.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Blechpirat am 4.11.2013 | 23:36
Ich denke hingegen, dass es funktionieren könnte. Aber du beantwortest deine Frage damit natürlich: Du hast ja Regeln gewählt, die Story/Setting widerspiegeln.

Gegenbeispiel wäre für mich, ein Superheldenspiel mit DSA 4.1 zu bespielen. Das geht einfach nicht, weil Regeln und Genre sich beißen.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Gorilla am 4.11.2013 | 23:44
Ich sehe die Option schon auch, dass so etwas in einer konkreten Gruppe funktionieren kann. Es ist ja z.B. tatsächlich nicht ganz unüblich, dass das tatsächlich gesprochen Wort oftmals mehr über den Ausgang sozialer Interaktion bestimmt, als die Werte der beteiligten Charaktere. Vor allem DSAis stehen darauf meiner Erfahrung nach und wollen trotzdem ihren "taktischen Kampf" und handeln "Über-Mauer-Springen" mit ein, zwei Würfen ab.
Für eine Gruppe, die sich darauf einigt, sehe ich auch wenig Probleme.
Für ein Regelwerk, dass einer größeren Anzahl an Rollenspielern zugänglich gemacht wird, sehe ich vor allem eine Hürde: i.d.R. lässt sich soziale Interaktion, Action und Kampf ja nicht so einfach trennen. Wie wird es also gehandhabt, wenn ein SC im Kampf einen Vorteil daraus ziehen will, dass er einen Gegner provoziert oder einschüchtert? Wie werden "Action-Einlagen" in diesem taktischen Kampfsystem gehandhabt? Was, wenn ein SC gerade redet und der andere einen Taschendiebstahl versucht oder sich an dem belaberten SC vorbeischleichen will.
Die einzelnen Bereiche lassen sich ohne sehr strenges Regelgeflecht imho nur sehr schwer trennscharf darstellen und deshalb bevorzuge ich eigentlich immer ein Regelsystem, dass allem seinen Raum lässt und rundum alle Situationen möglichst gleich(wertig) behandelt.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 4.11.2013 | 23:50
@La Cipolla:

Es gibt hier zwei Dinge, die man getrennt betrachten muss.
Zum einem, wie wurde man mit RSP sozialisiert, was erwartet man, was ist deswegen gefühlt "Gutes Rollenspiel".
Zum anderen darf man den Vergleich mit fokussierten Indies nicht scheuen und kann auf der Basis Spiel, Spielidee und Regeln in Einklang bringen.

Zwischen diesen kann erst mal ein Bruch sein.

Est ist halt leider so, das viele Leute auf dem Stand ihrer Sozialisierung hängenbleiben. Denen kann man bieten was man will, es passt nicht. Somit kann hier ein gezieltes Design Setting - Story - System einfach nicht aufgehen, da kann man machen, was man will.
Die Frage ist, da man diese Leute eh nie für sich gewinnen können wird, außer man macht den Xten Klon von etwas, warum sollte man dann auf sie hören?
Manchmal erscheint es mir da besser, einfach mal ohne diese Leute im Hinterkopf an das design zu gehen, und eine "pure" Version abzuliefern.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 5.11.2013 | 00:54
Ja, ist sicher ein sehr wichtiger Gedanke bei dem Thema (an den ich so auch gar nicht gedacht habe, stimmt), aber in meinen Augen nicht der einzige Grund für diese Diskrepanz. Deshalb lass ich das jetzt auch einfach mal so stehen, ohne groß drauf einzugehen. Mir geht es in diesem Thread also sozusagen um den nächsten Schritt: Wie bringt man denn Spiel, Spielidee und Regeln in Einklang? Ist die eine Variante, die gerade en vogue ist, tatsächlich am besten, oder können die "Altlasten" durchaus einen pragmatischen Kern haben? ... und dann die Fragen im ersten Post.

Ich will übrigens auch nicht die aktuellen Entwicklungen und Trends dissen oder so. Ich finde es nur sehr deutlich, wie stark momentan alles durch diese Linse betrachtet wird, und ich überlege eben, wie spezifisch oder umfassend die Linse tatsächlich ist.

Zitat
Ich stehe auf solche Regelwust-Dinger überhaupt nicht, wo Kampf, Action, soziale Interaktion, Magie, Hacking und wasweißichnoch jeweils einen eigenen völlig anderen Regelblock bekommt. Das hilft imho niemanden und macht die Dinge nur unnötig kompliziert.

Okay. Liegt das dann am spezifischen Beispiel? Stört es dich bspw. auch, wenn Fertigkeiten und Kämpfe andere Regeln haben, wie bei D&D, der WoD und dem Großteil des Mainstreams, oder darf es nur nicht ZU viel Mischmasch werden?

Wobei ich glaube, dass dieser Kritikpunkt sich nicht unbedingt mit meiner Grundaussage beißt. Die funktioniert tatsächlich besonders gut, wenn alle Bereiche nur einem einzigen Core-Mechanismus folgen. Beispiel: Kann ein Spiel, dass soziale Interaktion in den totalen Mittelpunkt stellt, aber die gleichen Regeln für einfach ALLES benutzt (bspw. ein Attributs/Skill-System), gut designed sein und einwandfrei funktionieren, obwohl es keine spezifischen Regeln für seinen "Fokus" hat?
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: 1of3 am 5.11.2013 | 02:00
Ein Regelwerk sollte seine Spielinhalte regeln. Diese Regelung kann darin bestehen, etwas nicht zu regeln.

Klingt paradox? Ist es vielleicht auch.

lumpley nennt das Fruitful Void, also der Umstand, dass der eigentliche Kern des Spiels nicht geregelt oder näher beschrieben ist. Kern bedeutet in diesem Sinne, dass die vorhandenen Regeln sich um diesen Kern gleichsam herum drehen. Bei DnD gibt es z.B. - auch wenn man Abenteurer spielt - keine Regeln für Abenteuer. Es gibt Regeln wie man Monster bekämpft, Schätze findet, Fallen entschärft, Dungeons erkundet, aber nirgendwo wird gesagt, was ein Abenteuer ist oder was einen Abenteurer ausmacht.

Die vorgestellten Elemente dienen dazu die Gruppe immer wieder in Richtung Abenteuer zu führen. Sie erschließen den Umfang von "Abenteuer" daher indirekt.

Beachtet auch, dass Regeln nicht aus Zahlen bestehen müssen. Das besagte Piratenspiel könnte z.B. den berühmten Piratenkodex beinhalten und echte Priaten verpflichten Parlay zu gewähren. Das hätte dann z.B. einen echten Bezug zu den Kampfregeln: Ich kann jeden Kampf hinauszügen, indem ich Parlay fordere. ... Zumindest theoretisch, denn es sich ja eher Richtlinien.

Jedenfalls ist das ein Beispiel, wie Regelelemente in einander greifen. Man bewegt sich auf gewissen Bahnen von einem Regelkern zum nächsten. Das Thema bleibt dabei Piraten. Ein Aufschlüsselung des Themas und der Core Story kann sein, welche Regelkerne und Abläufe es gibt. Dies ist jedoch noch keine Information, wie diese ausgestaltet werden sollen. Dazu sind andere Bestandteile des Spielstils gefragt.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Gorilla am 5.11.2013 | 02:41
Wichtig wäre mir persönlich (um einfach mal direkt auf deine Frage zu antworten, La Cipolla) ein eingängiger Core-Mechanismus wie du ihn benannt hast. Von diesem sollten dann die Detailregeln möglichst wenig abweichen.
Natürlich greifen viele Systeme dann je nach konkreter Situation auf unterschiedliche Detailgewichtung zurück. Häufig ist vor allem der Kampf besonders feinkörnig behandelt. Das ist für mich kein allzu großes Problem, auch wenn es für mich nicht wirklich den Idealzustand darstellt.
Die Antwort wäre also, ja es stört mich, aber bis zu einem gewissen Grad kann ich es durchaus akzeptieren (und es fällt mir vielleicht während des Spielens gar nicht störend auf). Zu viel Mischmasch ist für mich schwierig und sorgt für mich nur dafür, dass sich das System als unnötig "kompliziert", "sperrig" oder "unintuitiv" anfühlt.

Ein Problem bei deutlich unterschiedlicher Behandlung der einzelnen Spielsituationen sehe ich noch darin, dass dies eigentlich schon eine gewisse Spielinterpretation impliziert.
An deinem Beispiel mit den drei Bereichen "Kampf", "Action", "Intrige" kann sich die Spielgruppe genötigt fühlen, dies auch gleich als Priorisierung aufzufassen, d.h. Otto Normalspieler geht evtl. davon aus, dass "Kampf" aufgrund der hohen Regeltiefe eines der wichtigsten Spielelemente ist und wegen der fehlenden Regeln zu "Intrige", eben dieses kaum eine Rolle spielen soll.
Das liegt natürlich sicher an der Sozialisation eben dieser Spieler, aber klingt auch unabhängig davon grundsätzlich "logisch".
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: 1of3 am 5.11.2013 | 07:27
Wichtig wäre mir persönlich (um einfach mal direkt auf deine Frage zu antworten, La Cipolla) ein eingängiger Core-Mechanismus wie du ihn benannt hast. Von diesem sollten dann die Detailregeln möglichst wenig abweichen.

Diese Ansicht scheint mir halb richtig. Es ist akzeptabel, zwei Dinge völlig gleich zu behandeln. Es kann aber auch vernünftig sein, zwei Dinge völlig unterschiedlich zu regeln. Letzteres hat folgende Vorteile:

+ Es gibt deutliche Hinweise, was man gerade macht.
+ Variation erfreut.

Die Nachteile sind offensichtlich.

Was schlecht ist, sind minimale Änderungen. Die prägen sich schlecht ein. Es macht z.B. keinen Sinn einmal Erfolgsproben mit W100 und einmal mit W6-Pool zu beackern. Vermutlich ist das auch, was die meisten mit einem Kernmechanismus meinen. Das ist aber Kinderkacke. Ich kann an bestimmten Bereichen sagen, dass nur eine Person dran ist. (Ups! Machen ja die meisten Spiele!) Ich kann an bestimmten Stellen Fähigkeitswürfe im freien Spiele, an der nächsten Fähigkeitswürfe in Kampfrunden, an anderen Stake Resolution benutzen und schließlich irgendwo Ritual Discourse.

Meiner Erfahrung nach, wird sich über alles beschwert, aber nicht darüber, denn man bekommt diese Dinge nicht durcheinander. (Und wahrscheinlich haben viele solche Späße noch nie gesehen und daher auch keine Vergleichsmöglichkeit.)
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Blechpirat am 5.11.2013 | 07:29
An Cyberpunk 2020 z.B. habe ich sehr gemocht, dass (wegen des explodierenden w10 und der 1=Patzer Regel) ein sehr punkiges Gefühl aufkam, weil man recht unabhängig von der Kompetenz des Charakters spielte...
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 5.11.2013 | 09:58
Gerade in Bezug auf die Core-Mechanik greife ich (mal wieder) L5R auf, weil hier etwas verdeutlicht wird, das bisher noch nicht erwähnt wurde. Hier macht es die Mechanik möglich, alle Bereiche die im Spiel vorkommen ungefähr auf die gleiche Art und im gleichen Tempo abzuhandeln. Die Mechanik ist aber nur der "Kern", auf den man immer zurückfallen kann, drum herum gibt es noch eine weitere Schicht, die dann enger mit Setting und System verknüpft sind, nämlich die "Schulen" und was sie so bringen. Hier sind dann ganz gezielte, Story-lastige Optionen untergebracht.

Wie erkläre ich das am besten? Es gibt Fähigkeiten für Schwertkampf, Intrige und Duelle. Die kann jeder Charakter lernen und benutzen, sie sind Core. darauf baut die zweite Schicht auf, die Story und Setting Verzahnung. Ein Scorpion Coutier könnte eine längere Szene starten, in der er den Ruf eines anderen Courtier durch Gerüchte und Anschuldigungen ruiniert, ein Dragon Samurai duelliert einfach anders, als die anderen, ein Crab Samurai kämpft anders als die anderen und nutzt Schwertkampf anders.

Wenn es nur einen Regel-Kern gibt und der generisch für alles verwendet wird, ohne die zweite Schicht, dann habe ich oft das typische "Disconnect"-Gefühl. Meine Erzählung ist erst mal die zweite Schicht und die muss ich mit den gewürfelten Ergebnissen in Einklang bringen.
Baue ich dagegen "Story" als zweite Schicht ein und ergänze das durch meine Erzählung als dritte Schicht, können qualitativ andere Ergebnisse dabei entstehen.

[Nachtrag] Ich muss das nochmals stärker in Bezug auf die Eingangsfrage stellen: Das Vorhandensein von Regeln für etwas kann sowohl eine Art "Anker" als auch eine "Handlungsanweisung" für alle Beteiligten sein. Es ist die Bestätigung das etwas geht und in welchem Rahmen es geht. Zudem haben regeln eine gewisse "Schutzfunktion" für das Spiel und die Beteiligten und stellen, bei bedarf, auch eine gemeinsame Kommunikationsbasis dar.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 5.11.2013 | 10:36
Ich finde halt die Implikationen des Themas irgendwo interessant.

Wenn jemand sagt "Hey, ich will ein Rollenspiel mit einem Fokus auf soziale Szenen", kann es je nach gewünschtem Stil, Geschmack etc. total unpassend sein, Spiele zu empfehlen, die bestimmte - oder auch nur IRGENDWELCHE - Regeln für soziale Szenen enthalten. Was natürlich nicht heißt, dass man solche Spiele nicht trotzdem empfehlen sollte; sofern der Fragende nicht genauer spezifiziert, was er mag oder gern hätte, ist man mit dem Hinweis bestimmt ganz gut dabei. Noch besser wäre es aber vielleicht, wenn man erst mal die persönlichen Vorlieben und Aversionen aus dem Fragenden rausholt.

Auf der anderen Seite muss man sehr genau aufpassen, wie man Regeln und Nicht-Regeln bewertet, um nicht in diese übliche Logik zu rutschen. Das hast du bspw. a) einmal bei Leuten, die Spiele mit erzählerischem Kampfsystem ganz klassisch dafür kritisieren, nicht eindeutig und klar genug zu sein, umgedreht aber b) auch bei Leuten, die ein Spiel mit einem Fokus auf Story und Erzählen dafür kritisieren, keine Regeln für den Storyverlauf oder das Erzählen zu haben. Während (a) klar sein dürfte, würde ich einfach mal die WoD als ganz typisches Beispiel für (b) nennen: Die wird sehr gern dafür kritisiert, kein Erzählspiel oder ein schlechtes Erzählspiel zu sein, obwohl ich glaube, dass ihr Mangel an Regeln einen entsprechenden Spielstil ähnlich gut unterstützt wie "richtig" gute, passende Regeln (bitte keine rhetorischen Diskussionen an der Stelle; dass keine Regeln auch Regeln sind, ist klar, und hilft hier nicht unbedingt weiter). Was man lieber mag, dürfte eher davon abhängen, welches Feeling man beim Spielen möchte - den gewissen Brettspielfaktor durch Regeln oder lieber Freeform-Theather-Kram?

Um das auf eine persönliche Schlussfolgerung runterzubrechen: Ich denke, je nach gewünschtem Effekt und Feeling können Regeln, die nicht stören oder gar nicht erst vorhanden sind, genau so gut funktionieren wie Regeln, die ein Gebiet passend beschreiben. Manchmal können sie auch besser sein. Als Konsequenz sollte man auch vorsichtig damit sein, einen Mangel oder ein Ungleichgewicht an Regeln zu kritisieren bzw. diese Kritik unbedingt besser begründen als mit einem routinierten "Es geht doch DARUM, also warum gibt es DAFÜR keine Regeln?"; das ist in meinen Augen nicht weit genug gedacht.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Gorilla am 5.11.2013 | 11:11
[...] "Es geht doch DARUM, also warum gibt es DAFÜR keine Regeln?"; das ist in meinen Augen nicht weit genug gedacht.
Das meinte ich mit meiner o.g. Teilaussage bzgl. der individuellen Gruppe und der Gesamtheit aller Spieler, die sich mit dem besagten Spiel beschäftigen. In einer ganz speziellen Gruppe ist es (falls die Spieler alle mitziehen) überhaupt kein Problem, zu sagen: "Leute, wir machen Soziales voll Freeform; ohne Regeln, ohne Stats."
Wenn das in ein Regelwerk Einfluss finden soll und dieses System dann auch noch soziale Konflikte und Entwicklungen im Fokus haben soll, dann müsste dies im Regelwerk auch entsprechend erläutert und begründet werden, damit überhaupt die Chance besteht, dass das System so verstanden wird, wie es vom Entwickler gedacht ist. Andernfalls besteht meiner Einschätzung nach einfach eine große Chance, dass sich alle Spieler an dem festhalten, was in den Regeln explizit enthalten ist und somit die eigentlich Idee des Systems nicht umgesetzt wird. Siehe das von dir erwähnte WhiteWolf-WoD, das in vielen Runden genau unter dieser Schwäche leidet.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 5.11.2013 | 12:57
@La Cipolla:

Jetzt bist du genau in die Denkweise verfallen, die ich Oben erwähnt habe. Ich nehme an, als du den Beitrag geschrieben hast, hattest du genau im Hinterkopf "was Regeln sind (Eine Einschränkung)" und "was Gutes Rollenspiel ist".

Du übersiehst dabei aber das Potential, das Regeln mit sich bringen können und ich meine dabei jetzt nicht "Regeln zum konkreten darstellen einer Handlung" sondern Regeln, die weit tiefer ins Spielgeschehen eingreifen, wie etwa in Pendragon zu finden.

Regeln können viele Formen und Funktionen haben und erfüllen. Bisher wurde nur von 1of3 darauf eingegangen, das es nicht nur "Spielregeln" sondern auch "Spiel"-Regeln gibt. Das ist eine sehr wichtige Unterscheidung, denn bei deinem Fazit hast du nur eine Verschiebung von "Spielregeln" zu ungeschriebenen "Spiel"-Regeln.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Blechpirat am 5.11.2013 | 13:00
Du übersiehst dabei aber das Potential, das Regeln mit sich bringen können

!!!Thread-Highjack!!!!

Ich hab dazu bereits etwas geschrieben, zu dem ich gerne eure Anmerkungen hören würde (http://richtig.spielleiten.de/2013/10/11/theorie-regelanwendung-im-rollenspiel/).
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 5.11.2013 | 13:36
Ist es wirklich ineffektiv, verwerflich oder sonst irgendwie fragwürdig, mit den D&D-Regeln ein Intrigen-lastiges Rollenspiel zu spielen? I

Nö, wir spielen fast alles mit mehr oder weniger gleichen Regeln.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Zarkov am 5.11.2013 | 13:50
Bevor der Blechpirat den Thread kapert, wollte ich eigentlich noch ganz kurz auf den Einwurf von 1of3 eingehen.

Die ursprüngliche Fragestellung ist, wie die Diskussion ja schon ergeben hat, ein klein bißchen irreführend. Das Setting z.B. kann sich in den Regeln widerspiegeln, und das kann gut sein: Die Verwendung von Pokerkarten und -chips im alten Deadlands war z.B. sehr atmosphärisch. Das ist aber letzten Endes nur Staffage. Es ist nett, aber wirklich notwendig ist es nicht. (Ich werfe hier ganz kurz Regeln und greifbare Komponenten zusammen – mehr unten.)

Genau so wenig braucht DitV Regeln für Pferde, Gewaltritte, Lassowerfen und Indianersprachen. Das Setting bei DitV ist ja nicht entscheidend. Wie schon angesprochen, ist der Fokus des Spiels ein ganz anderer. Das Thema ist religiös fundierte Autorität, und der Fokus liegt auf dem Konflikt zwischen den unerfahrenen, religiös indoktrinierten und mit absoluter Autorität ausgestatteten Spielercharakteren und den problembelasteten Siedlungen und deren Bewohnern, die sie zu regulieren haben.

Und dafür braucht es meiner Meinung schon zugeschnittene Regeln. Das kann, wie erwähnt, auch darin bestehen, die Abhandlung auf die freie Interaktion zwischen den Spielern auszulagern, und nur bei Knackpunkten auf technische Mechanismen zurückzugreifen. Ur-D&D z.B. funktioniert ja genau nach diesem Prinzip, das von den Fans auch immer wieder glühend verteidigt wird. 

Dann gibt es noch die von 1of3 erwähnte „fruitful void“ – Vincent Bakers Begriff für das, was das eigentliche Herz des Spiels und des Spielerlebnisses ausmacht, was sich aber nicht regeln und nicht vorschreiben läß. Die Regeln können das Spiel nur in diese Richtung führen. Die fruitful void bei Apocalypse World z.B. ist nicht das Krabbeln im postapokalyptischen Schlamm, nicht Kämpfe und nicht knappe Ressourcen, sondern die Hoffnung auf ein besseres Morgen, die emotionale Bindung von Spielern an Charaktere und die schmerzlichen Entscheidungen, die sich beim Kampf um eine bessere Zukunft ergeben.

Bei DitV ist die fruitful void das Verhältnis des Spielers zu den Entscheidungen und Aktionen im Spiel durch seinen Charakter und das Hinterfragen eigener Annahmen und Handlungsweisen.

Also: Wenn es in einem Spiel darum gehen soll, in einen Charakter zu schlüpfen, der für das kämpfen muß, woran er glaubt, der sich durchbeißen und gegen Widrigkeiten durchsetzen muß, dann brauche ich schon Regeln dafür, sowohl für das Durchbeißen als auch für Widrigkeiten.

Wenn dieses Spiel dann in einem quasi-mittelalterlichen Fantasy-Setting angesiedelt ist, kann es durchaus atmosphärisch und sinnvoll sein, wenn die „colour“ auch bedient wird: Regeln für Rüstungen, Pferdelanzen, Armbrüste, Schwertkämpfe … Das ist aber eine Frage der Ausstaffierung und bei weitem kein Muß.

Das kann man auf der letzten, materiellen Ebene so weit treiben, Spielmarker in der Form von nachgemachten Silberpfennigen zu verwenden – es sollte offensichtlich sein, daß man das nicht braucht, aber daß es nett sein kann.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Beral am 5.11.2013 | 14:19
Eigentlich eine simple Frage:

Sollte ein Rollenspiel über Intrigen Regeln für Intrigen beinhalten?
Unbedingt.

Ich frage, weil ich bei vielen Spielen merke, dass ich das Setting oder die Story mag, die Regeln aber nicht - obwohl sie perfekt dazu passen. Dann nehme ich lieber ein generisches Rollenspiel, das viel schlechter passt, und wir haben trotzdem mehr Spaß dran.
Da fallen mir zwei Erklärungen ein.

1. Du magst Setting oder Story, aber du willst das in Wirklichkeit gar nicht spielen. Es reizen dich am Spiel andere Aspekte mehr, die durch die ersatzweise verwendeten Regeln besser abgedeckt werden.

2. Die Regeln scheinen nur perfekt zu passen, haben in Wirklichkeit aber gravierende Mängel. DSA scheint zum Beispiel realistisch, ist es aber nicht. Regeln können viele Mängel haben: zu knapp, zu ausführlich, mit falschem Schwerpunkt, am Thema vorbei, ...

Intrigenregeln werden nicht dadurch gut, dass sie ausnahmsweise in einem Regelwerk vorhanden sind.

Wie bringt man denn Spiel, Spielidee und Regeln in Einklang? Ist die eine Variante, die gerade en vogue ist, tatsächlich am besten, oder können die "Altlasten" durchaus einen pragmatischen Kern haben?
Aktualität ist kein Qualitätsmerkmal! Bei deiner Frage muss man nach Funktion und Effekten von Regeln fragen. Das hat mit Zeitgeist nichts zu tun. Richtig interessant wird es, wenn man anfängt, indirekte Effekte zu analysieren und richtig professionell wird es, wenn man indirekte Effekte gezielt berücksichtigen kann.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 5.11.2013 | 14:39
!!!Thread-Highjack!!!!

Ich hab dazu bereits etwas geschrieben, zu dem ich gerne eure Anmerkungen hören würde (http://richtig.spielleiten.de/2013/10/11/theorie-regelanwendung-im-rollenspiel/).

Regeln sind vor allem jetzt erst mal eines: Eine beschreibende Sprache (Markup Language), die wir gemeinsam benutzen können um uns über komplexe Inhalte zu verständigen oder imaginäre Elemente greifbar zu machen. Egal wie unterschiedlich unserer persönliche Erfahrung oder Wahrnehmung von einem Element ist, sobald wir uns auf der Regel-Ebene darüber unterhalten, haben wir einen gemeinsamen Nenner und ein gemeinsames Bezugssystem.

In diesem Sinne kann eine Regel oder ein aus den Regeln entstandenes Regelelement uns auch die Art von Feedback liefern, die eigentlich aus der Art, wie wir Spielen, nicht möglich ist.
Ebenso kann es ein Spiegel oder ein Echo für unserer Handlungen am Spieltisch sein und diese in der Spielwelt fortführen.
Regeln und die daraus entstehenden Regel-Elemente helfen uns auch andere Realitäten fassbar und begreifbar zu machen.

Meine Kritik an deiner (und auch der von La Cipolla) an den Tag gelegte Denkweise besteht also darin:
Ihr beide betrachtet Regeln im Kontext dieser Diskussion (und des Blogs) als beschränkende Elemente, die man steuernd ("regelnd") einzusetzen hat. Das Beispiel mit dem Seil über die Lava ist hier gut. Die Regeln werden genutzt um etwas Abzubilden. Die Frage, die hier im Fokus steht, wurde ja schon von 1of3 etwas nichts-sagend mit "Wer entscheidet den Einsatz der Regel?" quittiert.

Wie Zarkov aber schon mit seinem DitV-Beitrag recht eindrücklich erklärt hat, können Regeln auch benutzt werden um zu Leiten, anstatt zu beschränken, eine imaginäre Situation für uns dadurch erfahr- und erfassbar zu machen, indem wir ein Gefühl für die Regeln dahinter entwickeln und somit Schlüsse ziehen können.
Ich hatte vorhin Spiegel und Echo erwähnt. Im gleichen Stil könnten wir über Pendragon reden, da hier die Regeln so ausgelegt sind, dass sie die Handlungen des Spielers innerhalb der Spielwelt sowohl reflektieren als auch als Echo wiedergeben.

[Nachtrag] ich hatte vor kurzem, im Sci-Fi bereich, eine Diskussion mit Rumpel, wie man das "Unfassbare" fassbar machen kann. Eine für mich z.B. spannende Option ist die teilweise oder komplette Übergabe der Handlungsfähigkeit an die Regeln um eben dies darstellen zu können.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 5.11.2013 | 19:01
@Blechpirat: Ist denk ich eine gute Ergänzung zu dem Thread. =) Ich kommentiere es aber mal nicht, weil es dann doch schon einen Schritt weitergeht als die Anfangsfrage (und mir persönlich ... zu theoretisch wird ^^'').

@Slayn: Ich packe meine Antwort mal ganz bewusst in einen Spoiler, weil du die Diskussion imho von einem anderen (konstruktiven) Standpunkt angehst, der Thread aber eigentlich so schon verschwurbelt genug ist.

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Das meinte ich mit meiner o.g. Teilaussage bzgl. der individuellen Gruppe und der Gesamtheit aller Spieler, die sich mit dem besagten Spiel beschäftigen. In einer ganz speziellen Gruppe ist es (falls die Spieler alle mitziehen) überhaupt kein Problem, zu sagen: "Leute, wir machen Soziales voll Freeform; ohne Regeln, ohne Stats."
Wenn das in ein Regelwerk Einfluss finden soll und dieses System dann auch noch soziale Konflikte und Entwicklungen im Fokus haben soll, dann müsste dies im Regelwerk auch entsprechend erläutert und begründet werden, damit überhaupt die Chance besteht, dass das System so verstanden wird, wie es vom Entwickler gedacht ist.

Zum ersten: Jo, aber mir geht es tatsächlich weniger um die individuelle Gruppe. Die macht ja erfahrungsgemäß eh, was sie will. ;D Die Frage kommt dementsprechend eher vom Standpunkt des Spieleentwicklers, und gerade auch vom Standpunkt des Spielekritikers.

Erläuterung und Begründung sind extrem gute Punkte! Wenn es keine Regeln für die Umsetzung eines bestimmten, wichtigen Aspekts gibt, könnte man als Autor direkt klarmachen, was Sache ist, sei es mit Richtlinien oder Beispielen. Wenn es also bspw. in einem politischen Spiel keine handfesten Regeln für Politik gibt, wäre es wohl angebracht, die Abhandlung der Politik eindeutig zu thematisieren und darüber zu reden, wie sie ablaufen könnte.

 :d

@Zarkov: Das ist eben die Frage. Nehmen wir mal Dogs in the Vineyard. Ich liebe die Regeln, aber sind sie wirklich inhärent besser, um das zu unterstützen, was das Spiel will? Könnten, jetzt mal ganz dumm-dreist-plakativ gesagt, drei Sätze zur Thematik und zu den Konflikten nicht denselben Effekt haben, oder sogar einen besseren? Ich kann mir viele Situationen vorstellen, in denen die DitV-Regeln dem Thema eher entgegenstehen, hab ich tatsächlich auch schon erlebt.
Ich sage, nur um das klarzumachen, NICHT, dass die Regeln unpassend sind. Die Frage ist nur, ob diese Herangehensweise zwangsweise die beste ist, oder eben nur EINE Herangehensweise von mehreren. Ich befürchte halt einfach, dass sich viel Entwickler und Kritiker so heftig auf diese Herangehensweise einschießen, dass sie alle anderen von vorn heraus ausschließen oder demonisieren würden.

@Beral: Ich finde deine erste Begründung sehr interessant, gerade zwischen den Zeilen.
Zitat
1. Du magst Setting oder Story, aber du willst das in Wirklichkeit gar nicht spielen. Es reizen dich am Spiel andere Aspekte mehr, die durch die ersatzweise verwendeten Regeln besser abgedeckt werden.

Vielleicht will ich gerade Setting/Story/Thema spielen, aber eben nicht mit den gebotenen, passenden Regeln. Denkst du nicht, dass die eigene Ansicht, der eigene Geschmack da eine Rolle spielt, und zwar NICHT nur bei der Frage nach Setting/Story/Thema/Fokus, sondern auch ganz direkt nach den Regeln? Dass es Leute gibt, die Karten lieber als Würfel und Würfel lieber als Pokerchips haben? Dass vielleicht beim Weiterdenken auch gewissen Regel-Herangehensweise nicht für jedermann sind? Ich finde es zugegebenermaßen schon minimal vermessen, zu sagen: "Du willst dieses Spiel nicht spielen, wenn du die Regeln nicht magst, obwohl sie sehr gut darauf zugeschnitten sind."
Und dann bleibt natürlich die Frage, was zur Hölle los ist, wenn beide Begründungen nicht zutreffen. ^^ (Mit der musst du dich aber glücklicherweise nicht rumschlagen, wenn du alles auf diese zwei Optionen zurückführst.)


Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Beral am 5.11.2013 | 21:38
@Beral: Ich finde deine erste Begründung sehr interessant, gerade zwischen den Zeilen.
Da steht nichts zwischen den Zeilen. Mir sind zwei Möglichkeiten eingefallen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit), wie dein Befund zu erklären sein könnte. Damit wollte ich weder unterstellen, dass Punkt 1 auf dich zutrifft, noch dass Punkt 2 auf die Regelwerke zutrifft, auf die du dich beziehst.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 6.11.2013 | 06:46
Sorry, dann hab ich das bloß falsch verstanden.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 6.11.2013 | 09:18
@La Cipolla:

Ze Problem iz... Beispiele und Begründungen sind einfach nur Regeln in Prosa-Form anstatt einer Formelhaften Darstellung. Wenn du ein Spiel designest, hast du ja immer im Hinterkopf, wie es gespielt werden soll (die "Spiel"-Regeln) die Erklärungen für die Handlungsabläufe, die kommen sollen kannst du dann entweder ausformulieren oder als Prosa schreiben, dennoch sind sie da (die "Spielregeln").
Regeln können in dem Fall eine rein antizipatorische Sache sein, indem man Handlung A erwartet und somit eine Regel für A bereit stellt oder reaktiv geschehen, indem aus Handlung A dann Regelung für A entwächst.

Dein vorheriges "Swashbuckler"-Beispiel zeigt die ...hm... ich nenne es jetzt mal Problematik, ohne dabei werten zu wollen, auf:
Du antizipierst erst mal Drei getrennt voneinander existierende Spielinhalte. Dann antizipierst du die Abläufe der Spielinhalte, du willst ja etwas Abbilden. Ab dieser Stelle überlässt du es den Spielern bei Übergängen der Spielinhalte "Regelungen" für die jeweilige Situation zu treffen oder man läuft Gefahr, auf einen "Disconnect" zu stoßen. (Beispiel: Sozial: "Ich habe seine Mutter beleidigt, jetzt ist er in Rage und greift an" -> Kampf "Spielt es jetzt eine Rolle, ob er in Rage ist oder nicht?")
An den Übergängen der Spielinhallte entstehen dann entweder lauter Einmal-Regelungen oder feste Hausregeln als "Brücken" um glatte Übergänge zu gewährleisten.
An der Stelle kann man sich dann auch die Frage stellen: "Warum wurden diese Übergänge nicht antizipiert? Warum wurden da nicht im Vorfeld schon Regeln zur Verfügung gestellt, mit denen man hier arbeiten kann?".

Das ist eben typisches "klassisches Design", bei dem man Spielinhalte einzeln betrachtet und bewertet und "Spiel als ganzes" so nicht kennt, bzw. der Annahme ist, siehe "fruitful void", das sich das schon gut füllen wird. Die Übergangs und Schnittstellen-Problematik wird dann immer da sein und es wird immer zu seltsamen Momenten kommen, bei denen der Übergang so nicht klappt oder bei denen man sich dadurch wie in einer Zwangsjacke fühlt.

[Einwurf] Sorry, ich komme gerade aus dem Lachen nicht raus. Ich wollte schreiben "Das ist so, als wollte jemand alle drei Kuchen haben und sie auch noch essen!" und hatte die ganze Zeit ein Bild im Kopf, wie jemand versucht sich gleichzeitig eine Ein Kirsch-Sahne, einen Bienenstich und einen Käsekuchen reinzuwürgen.[/Einwurf]

Nüchtern betrachtet, mit dem Gedanken "eine passende Handhabung pro Spielinhalt" vor Augen, läuft es in eine Aneinanderreihung von Szenen hinaus, die man als "Fünf irgendwie Swashbucklige Dinge, die wir am Abend gespielt haben" zusammenfassen kann. Das eigene Gusto, also die Präferenz wie die einzelne Szene gestaltet und unterstützt zu sein hat, sorgt für diese Verhackstückelung.

Ich stelle jetzt mal ganz provokant die Gegenfrage: Wenn das Thema ist "Eine rumgeschwängerte Nacht in Tortuga", wie können dann die genutzen Regeln das nicht wiederspiegeln?
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 6.11.2013 | 12:12
Okay, mit diesen Disconnects als direktes Problem kann ich mehr anfangen, speziell auch als Verbindungsstück, das irgendwo am Übergang zwischen "feste Regeln" und "keine Regeln, macht mal!" notwendig wird, und dann Schwierigkeiten mit sich bringt.
Aber ...

Zitat
Nüchtern betrachtet, mit dem Gedanken "eine passende Handhabung pro Spielinhalt" vor Augen, läuft es in eine Aneinanderreihung von Szenen hinaus, die man als "Fünf irgendwie Swashbucklige Dinge, die wir am Abend gespielt haben" zusammenfassen kann. Das eigene Gusto, also die Präferenz wie die einzelne Szene gestaltet und unterstützt zu sein hat, sorgt für diese Verhackstückelung.

Heißt das jetzt, dass der "fruitful void" (lol, ich mag den Begriff) nicht mehr als funktionales Element des Spieldesigns gilt? Diese Einstellung widerstrebt mir ein wenig. Immerhin gibt es massenweise Spiele, die genau das tun und äußerst erfolgreich sind; ich denke gerade wieder an Monopoly, Poker etc (wer kennt bei Monopoly nicht den Dialog "Dürfen die das?" "Ja, es gibt zumindest keine Regel dagegen"). Als Konsequenz kommt es mir gerade im wahnsinnig offenen Rollenspielbereich etwas ... faul vor, zu sagen, das wäre veraltetes Spieldesign und sonst nichts. Ich denke im Gegensatz, das kann sehr fruchtbar sein.

Zumal man sich wohl auch fragen kann, ob "seltsame Momente" nicht genau so sehr durch funktionales modernes Spieldesign entstehen können. Ich erinnere mich an die Probleme, die Leute mit Cortex Plus haben, wenn sie ihre Stories anpassen müssen, damit sie ins System "passen", oder ganz generell dieses "So funktioniert das Spiel aber nicht!", dass man sehr oft in Diskussionen dazu hört.
Oder, um noch von einer anderen Perspektive ranzugehen: Können die Freiheiten und Möglichkeiten eines fruitful voids nicht einen gelegentlichen Disconnect wert sein, je nachdem, was man haben will? Ich sehe den Vorteil darin, Disconnects zu vermeiden, aber ich sehe ebenso Vorteile darin, diese Verbindungen offen zu lassen.
Je mehr ich darüber nachdenke: Moderne Rollenspiele schränken glaub ich tendenziell (!) sehr stark ein, weil sie eben weniger Freistellen lassen. Solang man im konzipierten Rahmen bleibt (der meistens recht eng ist), geht es gut, aber wenn man irgendwo darüber hinaustritt, werden die Disconnects umso schlimmer. Cortex Plus ist ein Extrembeispiel, aber auch Fate erlaubt vorrangig diese "Film-/Serien-Mentalität". Wenn man was ohne Spannungsfaden spielen will, oder ohne ausdetaillierte Charaktere, oder fähige Hauptfiguren, wird es schwieriger. Sagt Fate Core ja auch direkt im Grundregelwerk (wie war das, pro-active etc?), und dabei ist das schon eines der moderneren Spiele, die ein recht breites Feld abdecken. Insofern könnte klassisches Spieldesign tatsächlich auch ein funktionales Mittel sein, um ein Spiel massentauglicher, zugänglicher und vielseitiger zu machen. Vielleicht wirkt es deshalb auch so, als wären alle, die das mögen, bloß in alten Wegen verankert.

Das entwertet dementsprechend in keinerlei Hinsicht "modernes" Spieldesign, aber ich sehe immer noch nicht, warum es so ein goldenes Kalb geworden ist, gegen das man nicht mehr ankommt. Irgendwie kommt es mir vor, als wäre die Theorie noch ein wenig besoffen, weil man nach 30 Jahren D&D endlich das letzte Kalb um die Ecke gebracht hat.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 6.11.2013 | 14:37
@La Cipolla:

Mal so als Disclaimer vorweg: Ich, für mich,  halte die meisten "modernen" RPGs oft noch für Proof of Concept Werke und als Teil einer Entwicklung, die noch lange nicht abgeschlossen ist. Ich finde z.B. eine Runde Fiasko lustig, es entspricht aber nicht meiner Vorstellung von "Rollenspiel". Von den Indies ist für mich bisher Lady Blackbird immer noch das, was für mich am nahsten am "Rollenspiel" ist.

Aber: Der wichtige Denkansatz ist ja, das man "Spaß am Spiel" nicht dem Zufall überlässt. Die Aussage hier ist ja ganz klar: Wenn Spiel und Regeln aus einem Guss sind und dieses Gesamtwerk deinen persönlichen Geschmack trifft, kannst du maximalen Spaß haben, wenn nicht, lass es bitte sein.

Ich sehe hier gerade mehrere Kommunikations-Schwierigkeiten.

Zum einem ist da die Gewohnheit. "Was nicht passt, wird passend gemacht" ist eine altbekannte Denkweise, gerade weil wir es gewohnt sind, uns aus dem, was uns angeboten wird, das zu machen was wir eigentlich wollen.
Weiter sind wir gewohnt, die "Qualität" des Spielabends weitestgehend dem Zufalls zu überlassen oder den SL hierfür einzuspannen, der wird´s schon richten.
Hier tritt jetzt vermehrt auf, dass der "Fruitful Void" eigentlich eine Illusion ist. Das ist der Platz, an sich sich die Stellschrauben befinden, an denen der SL für seine jeweilige Gruppe und die jeweilige Aufgabe, um die es geht, herumspielt um jeweils ein gezieltes und Fokussiertes "Spiel" für diese Gelegenheit zu bieten. In Wahrheit bauen wir uns immer eine Reihe von Mini-Spielen, die wir vom haupt-Spiel subsumieren lassen (das ist etwas, das Dauer-Nörgler wie Xemides oder gunware mit ihrem andauernden "Wir wollen Alles mit Allem spielen können, keine Einschränkungen!" nicht verstehen).

Verabschiede dich also bitte mal von dem Gedanken "Modernes Design = Enger Fokus". das ist eine Ausprägung und die offensichtlichste, das ist aber nicht der Endpunkt. Denk eher mal daran: "Modernes Rollenspiel = Definiertes Spiel, holistischer Ansatz".

Wie erkläre ich das am besten? Ok, deine Aussage "Keine Regeln, macht mal" stimmt so nicht. Du hast Regeln am Start, immer ("Spiel"-Regeln) (Um beim Swashbuckler Beispiel zu bleiben: Wie verhaltet ihr euch, was stellt ihr dar, was ist Genre-typisch, usw.). Dein "Neues Goldenes kalb" beruht auf der Erkenntnis, das wir die Regel-Ebene nie wirklich verlassen und wie wir das umsetzen. Gutes "holistisches" Design kann eben genau das abfangen und weiter verwerten um den Disconnect zu stoppen. So kann z.B. das "Freie Charakterspiel" Tags erzeugen (Etwa "wütender, gehörnter französischer Adliger"), welche sowohl im "Wushu-Modus" als auch im "Kampf-Modus" wiedergespiegelt werden. (Und umgekehrt natürlich auch).
Die regeln müssen dabei halt nicht so dominant sein, wie es bei vielen Indies oder modernen Spielen der Fall ist, sie müssen aber immer präsent sein und schon "futter" haben, wenn man zwischen Spielinhalten wechselt.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Zarkov am 6.11.2013 | 16:36
Vielleicht ganz kurz ein Link zum Begriff, (http://lumpley.com/index.php/anyway/thread/119) der übrigens, glaube ich, von Ron Edwards geprägt wurde.

Wie man schnell erkennt, ist die fruitful void schwer definierbar bis knapp vor die Grenze der Esoterik – die Definition ist einfach „das, worum’s wirklich geht, was aber nirgends steht und auch nicht Teil der Regeln ist“, und dieses Etwas ist halt schwer festzumachen, ein bißchen wie der Weißraum in Typographie und Kunst. Ich bin auch noch nicht überzeugt, daß dieses Konzept für alle Spiele anwendbar oder nützlich ist. Andererseits gibt es dieses Etwas bei vielen Spiele ganz entschieden; es ist nur nicht ganz einfach, es immer zu packen und in Worte zu fassen. Vielleicht muß man es auch für sich selbst entdecken.

Nur, weil sich jeder bei dem Begriff ganz was anderes vorzustellen scheint.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 6.11.2013 | 16:54
Keine Sorge, Freund Zarkov, ich denke, in dem Fall verstehen uns die Zwiebel und ich sehr gut, auch wenn wir den Begriff missbrauchen ;)
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Beral am 8.11.2013 | 12:57
Ein konkretes Beispiel könnte die Diskussion voranbringen. Mit welchem Regelwerk zu welchem Thema hat sich das Gefühl eingestellt, dass spielrelevante Themen nicht unbedingt verregelt werden müssen?

Ich erlaube mir, ein Beispiel willkürlich auszudenken. Das Rollenspiel "Intrigen" spielt am Hof König Ludwig des XIV. Thema und Spielinhalt sollen, wie der Titel schon verrät, Intrigen sein. Die Regel für Intrige lautet: willst du gegen jemanden intrigieren, würfle auf deine Fertigkeit 'Intrigieren'. Der solcherart von dir angegriffene würfelt auf die Fertigkeit 'Intrige abwehren'.

Erlebt man mit dieser Regel spannende Intrigen am Spieltisch? Nein. Es handelt sich um eine äußerst unglückliche Verregelung des Themas. Es werden damit gar keine Intrigen genneriert und gestaltet, sondern nur entschieden, wer als Sieger hervorgeht. Genau andersherum wäre es vielleicht besser. Jedenfalls kann es bei Verwendung von "Intrigen" durchaus der Fall sein, dass man mit einem anderen Regelwerk, das Intrigen überhaupt nicht behandelt, besseren Zugang zum Thema findet.

Ist das ein Beleg dafür, dass spielrelevante Themen besser nicht verregelt werden sollten? In meinen Augen nicht. Es ist ein Beleg dafür, dass eine schlechte Regel schlimmer als gar keine Regel ist. Der umgekehrte Fall, dass eine gute Regel schlechter als keine Regel ist, ist damit nicht belegt.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 8.11.2013 | 20:22
@Beral:

Wir haben aber das Äquivalent zu "Du würfelst, ich würfle, es gibt ein Ergebnis!", nämlich "Du spielst aus, ich spiele aus, ich verkünde ein Ergebnis, so wie es mir passend erscheint!".
Das ist nun mal die regel, so wie sie benutzt wird, auch wenn sie nicht so ausformuliert wurde.
Darauf baut noch etwas anderes auf, nämlich das nur eine Person dafür zuständig ist, alle nötigen Infos für diese Szene bereit zu stellen und verständlich zu machen.
Also ja, das "nicht verregelt" ist identisch mit "schlecht verregelt".
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 9.11.2013 | 17:21
Dass ich hier nicht groß und ausschweifend antworte, hat btw. persönliche Gründe (benutze das Forum momentan eher zur Prokrastination, nicht zum Nachdenken oder so ^^), versteht das also bitte als stille Zustimmung.

Ergo sehe ich auch den Punkt, aber doch irgendwie keine Stelle, an der er über a) Definitions- und b) Verständnisfragen hinausgeht. Wenn man ein bewusstes "Auslassen von Regeln" ebenfalls als Regeln versteht und dazu noch eine direkte, handfeste Motivation dafür festmachen kann, "Nicht-Regeln" anstelle von Regeln zu benutzen, bleibt die Aussage imho bestehen. Ein Spiel über Intrigen braucht keine Regeln für Intrigen, um gut zu sein, unabhängig davon, ob dieses Fehlen jetzt als Regel verstanden wird oder nicht.

Der Fokus auf die Rollenspielszene und ihre Altlasten ist da glaub ich auch irreführend.
Ich denke, Monopoly (um dieses ungemein passende Beispiel noch mal aufzugreifen) ist nicht zuletzt so erfolgreich, weil es einen großen Raum der Freiheit bietet. Gäbe es feste Handelsregeln - wäre das Spiel also praktisch eine taktische Wirtschaftssimulation - wäre es bestimmt nicht so gut angekommen.

Vielleicht hat genau dieses Bauen von Minispielen in dem leeren Raum, wie Slayn es nennt, dieses "Zurechtbiegen" und "einfach mal machen" auch einfach seinen eigenen Reiz, den man anerkennen und dementsprechend als validen Moment des Spiel-Designs akzeptieren sollte. Es ist ja nicht immer alles ein Fehler, nur weil es im Rahmen von veralteten Traditionen selbstverständlich war.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Gorilla am 9.11.2013 | 17:52
Vielleicht hat genau dieses Bauen von Minispielen in dem leeren Raum, wie Slayn es nennt, dieses "Zurechtbiegen" und "einfach mal machen" auch einfach seinen eigenen Reiz, den man anerkennen und dementsprechend als validen Moment des Spiel-Designs akzeptieren sollte. Es ist ja nicht immer alles ein Fehler, nur weil es im Rahmen von veralteten Traditionen selbstverständlich war.
Dem stimme ich zu.
Allerdings wäre mein ganz persönlicher Wunsch an ein System, dass sich "Intrigenspiel" nennt und diesen Bereich regelseitig komplett ausklammert auch eine entsprechende Begründung und Handlungsempfehlung (im Sinne von "Wir haben in unserem Regelwerk bewusst auf Regeln zu Intrigen verzichtet. Nach unserer Vorstellung handhabt ihr es so, dass ihr in der Gruppe miteinander sprecht und tatsächlich miteinander "verhandelt" und "intrigiert". Das kann...blablablaübereineSeitemitErläuterungen).
Einfaches Auslassen ohne Kommentar würde bei mir zu vielen Fragezeichen führen.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 9.11.2013 | 18:08
Ja, ob das Beispiel total sinnvoll ist, sei jetzt mal dahingestellt (auch wenn ich es nicht ausschließen würde - man denke an Gesellschaftsspiele wie Werwölfe oder noch besser das klassische "Mafia", wo die Regeln ein absolutes Minimum sind), es ging auch mehr um den allgemeinen Punkt.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Gorilla am 9.11.2013 | 18:26
Ich denke aber doch, dass du unterscheiden musst zwischen einem Brettspiel, in dessen Regelwerk es heißt "es darf XY jederzeit mit den Mitspieler gehandelt werden und die Preise legen die Spieler selbstständig fest" (Monopoly, Siedler usw.) und einem Rollenspiel, wo diese Tätigkeit der Interaktion der Schwerpunkt sein soll.
Mein "Beispiel" war nur zur Erläuterung meines Argumentes gedacht - ich habe da vollstes Vertrauen in dich, dass du deine Idee deutlich besser begründen und erläutern kannst, wenn du dein Spiel schreibst.  :d
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 9.11.2013 | 18:30
Würde ich auch nie behaupten. Wir sind hier nur wieder zurück bei den Schnittstellen und Übergängen.

Eigentlich finde ich das Monopoly Beispiel gut, weil es viel, ganz laut, ungesagt lässt, mit dem man sich beschäftigen und aus dem man lernen kann. Zum einem, und das ist in meinen Augen sehr wichtig, kehrt man immer wieder zum Basis-Spiel mit seinen starren Regeln zurück, nämlich am Anfang jedes neuen Zuges eines Spielers. Die Minispiele haben immer wieder Bezugspunkte, die zum Hauptspiel zurückführen und mit dem Verknüpft sind: Straße, Häuser, Hotels, Dollar. Die Regeln dazu werden aber von jeder Runde selbst gemacht.

Ok, ich gebe Beral mal recht mit dem was er geschrieben hat: Gute Regel > Keine Regeln > Schlechte/Unpassende Regeln.

Ich hatte ja Oben geschrieben, wenn "Die Regeln" = "Das Spiel" sind, finde ich das reichlich unsexy, aus Gründen die mit meinem Verständnis von Rollenspiel zu tun haben. Wenn mich aber "Die Regeln" an einer Stelle "abliefern" und auch wieder "abholen", dann ist für mich alles ok.

"Gute" Regeln sind für mich oft "Unsichtbar" und haben eine "Übersetzungshilfe" im Gepäck. Das bedeutet für mich, man kann "frei Spielen", während im Hintergrund, unbemerkt und nicht störend, die Regeln am laufen sind und "ihr Ding" machen, dazu ständig Anknüpfpunkte für alle weiteren Spielinhalte bieten.

Bevor ich mir da die Finger wund tippe: hast du mal ein paar Paizo APs oder, grotesk, die neueren WH40K Sachen gesehen?
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 9.11.2013 | 18:41
Ich? Die APs ja, aber mehr so überflogen (speziell den ersten, wie auch immer er hieß, Kingmaker und den orientalischen). WH gar nicht, nein. Ich glaub aber auch, ich versteh schon, was die Posts hier meinen, und hab auch nichts dagegen zu sagen, muss sich also niemand mehr die Finger wundschreiben. ;)

Und der Gorilla hat natürlich auch recht, ist bei Monopoly noch mal was anderes, so sehr es sich auch als Beispiel anbietet.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 9.11.2013 | 19:27
Ich? Die APs ja, aber mehr so überflogen (speziell den ersten, wie auch immer er hieß, Kingmaker und den orientalischen). WH gar nicht, nein. Ich glaub aber auch, ich versteh schon, was die Posts hier meinen, und hab auch nichts dagegen zu sagen, muss sich also niemand mehr die Finger wundschreiben. ;)

Und der Gorilla hat natürlich auch recht, ist bei Monopoly noch mal was anderes, so sehr es sich auch als Beispiel anbietet.

Ich hab mir grad n Bier geholt, also kann ich es trotzdem machen ohne dabei zu leiden:

In einer AP Szene muss man eine Rebellion in einer Stadt schüren. Das ist grundsätzlich "Intrige". Im Hintergrund läuft aber ein Tracker, der auch andere Aktionen übersetzt und mögliche Aktionen bei dieser "Intrige" übersetzt. Gute Argumente, gute Spiel, gutes Ausspielen, all das gibt Punkte, genau so wie eine passende Schlacht zur passenden Zeit oder eine passende "Wushu" Einlage.
Alle "Spiel-Inhalte" werden hierbei in Betracht gezogen und genutzt.

Wichtig ist dabei, wir gehen von der vorher genannten "I roll, U roll, Resolution" Sache weg (auch wenn sie nur beschreibender Natur war).
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Beral am 9.11.2013 | 21:13
Ergo sehe ich auch den Punkt, aber doch irgendwie keine Stelle, an der er über a) Definitions- und b) Verständnisfragen hinausgeht. Wenn man ein bewusstes "Auslassen von Regeln" ebenfalls als Regeln versteht und dazu noch eine direkte, handfeste Motivation dafür festmachen kann, "Nicht-Regeln" anstelle von Regeln zu benutzen, bleibt die Aussage imho bestehen. Ein Spiel über Intrigen braucht keine Regeln für Intrigen, um gut zu sein, unabhängig davon, ob dieses Fehlen jetzt als Regel verstanden wird oder nicht.
Dem möchte ich widersprechen. Auslassen von Regeln ist etwas anderes als indirekte Regeln. Wenn du für etwas die Regeln komplett weglässt, überlässt du den Spielinhalt dem Zufall. Da ist keine Regelhaftigkeit mehr. Alles hängt komplett an der Spielgruppe. Wenn du dagegen Regeln hast, die irgendwelche Rahmenbedingungen für Intrigen abhandeln, aber die Intrige selbst unangetastet lassen, sind das echte Intrigenregeln, weil sie die Intrige auf indirektem Wege beeinflussen und lenken.

Meine Behauptung: Ein Spiel für Intrigen braucht Intrigenregeln, um für alle Spielgruppen gut zu sein. Ein Spiel für Intrigen ohne jegliche Intrigenregeln ist nur aus reinem Zufall für eine Teilmenge von Gruppen geeignet, die intuitiv gut im intrigieren sind.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 9.11.2013 | 21:45
Stellt sich die Frage (ganz allgemein), ob Regeln für bestimmte Situationen tatsächlich für mehr Leute gut sind, oder sie eine noch größere Anzahl an Leuten abschrecken, so gut die Regeln auch sind. Weil, deine Aussage ist am Ende ja nur eine Behauptung, und gerade beim Beispiel Intrigen darf man die durchaus auch anzweifeln.

Wenn man es überprüfen wollte, müsste man wahrscheinlich zwei Versuchsgruppen, die keinerlei Rollenspielerfahrung haben, einmal mit einem "regellosen" Intrigenrollenspiel (gibt's ja durchaus auch in der Psychologie, Didaktik etc.) und einmal mit einem wirklich gut geregelten, zugänglichen (*) Rollenspiel konfrontieren und dann irgendeine möglichst objektive "Wie gut ist es gelaufen?" Bewertung durchführen lassen.
* Das "zugänglichen" bewusst mit Sternchen, denn die Einstiegshürde kann durchaus ein Argument gegen Regeln sein, gerade wenn ihr Mehrwert infrage gestellt wird.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 9.11.2013 | 22:03
Stellt sich die Frage (ganz allgemein), ob Regeln für bestimmte Situationen tatsächlich für mehr Leute gut sind, oder sie eine noch größere Anzahl an Leuten abschrecken, so gut die Regeln auch sind. Weil, deine Aussage ist am Ende ja nur eine Behauptung, und gerade beim Beispiel Intrigen darf man die durchaus auch anzweifeln.

Wenn man es überprüfen wollte, müsste man wahrscheinlich zwei Versuchsgruppen, die keinerlei Rollenspielerfahrung haben, einmal mit einem "regellosen" Intrigenrollenspiel (gibt's ja durchaus auch in der Psychologie, Didaktik etc.) und einmal mit einem wirklich gut geregelten, zugänglichen (*) Rollenspiel konfrontieren und dann irgendeine möglichst objektive "Wie gut ist es gelaufen?" Bewertung durchführen lassen.
* Das "zugänglichen" bewusst mit Sternchen, denn die Einstiegshürde kann durchaus ein Argument gegen Regeln sein, gerade wenn ihr Mehrwert infrage gestellt wird.

Hast du dir mal das "Kuba Krise" Szenario angeschaut, das im "politischen Rollenspiel"-Faden angehaftet ist?

Ich finde das, für diesen Stand der Diskussion, total erwähnenswert, weil dort zwei begrenzende Faktoren hervorragend zur Geltung kommen. Zum einem die Beschreibung wer mit wem reden darf, zum anderen der SL, der als Richtlinie nur die wahren Ereignisse von damals hat.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Beral am 10.11.2013 | 14:35
Stellt sich die Frage (ganz allgemein), ob Regeln für bestimmte Situationen tatsächlich für mehr Leute gut sind, oder sie eine noch größere Anzahl an Leuten abschrecken, so gut die Regeln auch sind. Weil, deine Aussage ist am Ende ja nur eine Behauptung, und gerade beim Beispiel Intrigen darf man die durchaus auch anzweifeln.
Naja, deine Behauptung ist auch nicht gerade durch Studien untermauert. Wir können das als Schutzschild vor uns hertragen und so die Diskussion beenden: unentschieden, aus Mangel an Beweisen.

Das bringt uns aber nicht weiter und vermehrt unsere Erkenntnis nicht. ;)  Uns argumentativ hinter fehlende Studien zu verstecken, ist eine Sackgasse. Ich plädiere dafür, sie nicht zu nutzen.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: La Cipolla am 10.11.2013 | 14:44
Wenn ich einfach geschrieben hätte "Seh ich anders! >;(", hätte das aber auch blöd ausgesehen. :(
Soll heißen, ich wollte deins damit relativieren. Dass das meine Theorie nicht richtiger macht, ist klar, ja. ^^
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Galatea am 18.11.2013 | 15:35
Es gibt Leuten den macht eine Runde Dungeoncrawl mit D&D-Regeln unheimlich Spaß - mir nicht. Auch wenn D&D genau dafür geschaffen wurde (tabletopartiges Regelwerk, tonnenweise Monster, random encounters, viel loot in Form von Waffen und magischen Gegenständen) nehme ich lieber ein schlankeres und weniger umfangreiches System, weil man dann nicht für jeden Kampf einen kompletten Spieleabend verplanen muss.

Prinzipiell sollte ein Regelwerk schon immer zu einem Setting passen - allerdings ist es VIEL wichtiger, dass das Regelsystem zur Gruppe (bzw. den Spielern) passt. Ein Regelwerk kann noch so toll und angepast sein, wenn es nicht zur Gruppe passt wird den Spielern das Abenteuer keinen Spaß bereiten.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Slayn am 18.11.2013 | 16:14
Es gibt Leuten den macht eine Runde Dungeoncrawl mit D&D-Regeln unheimlich Spaß - mir nicht. Auch wenn D&D genau dafür geschaffen wurde (tabletopartiges Regelwerk, tonnenweise Monster, random encounters, viel loot in Form von Waffen und magischen Gegenständen) nehme ich lieber ein schlankeres und weniger umfangreiches System, weil man dann nicht für jeden Kampf einen kompletten Spieleabend verplanen muss.

Prinzipiell sollte ein Regelwerk schon immer zu einem Setting passen - allerdings ist es VIEL wichtiger, dass das Regelsystem zur Gruppe (bzw. den Spielern) passt. Ein Regelwerk kann noch so toll und angepast sein, wenn es nicht zur Gruppe passt wird den Spielern das Abenteuer keinen Spaß bereiten.

Die Konsequenz darauf wäre aber dann, das es nichts mehr "fertiges" zu kaufen geben dürfte, weil das nichts bringt. Praktisch müsste jede Gruppe ihre eigenen Regeln, für sich, für den Moment entwickeln und bei denen dann iterativ durch die Evolutionen gehen.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Galatea am 18.11.2013 | 18:10
Nein, denn ein Regelsystem muss nicht perfekt sein. Wie in der Evolution reicht es aus wenn das System gut genug ist.
Es darf nur nicht vollkommen konträr zum Spielstil der Gruppe laufen.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Beral am 18.11.2013 | 21:24
Es gibt Leuten den macht eine Runde Dungeoncrawl mit D&D-Regeln unheimlich Spaß - mir nicht. Auch wenn D&D genau dafür geschaffen wurde (tabletopartiges Regelwerk, tonnenweise Monster, random encounters, viel loot in Form von Waffen und magischen Gegenständen) nehme ich lieber ein schlankeres und weniger umfangreiches System, weil man dann nicht für jeden Kampf einen kompletten Spieleabend verplanen muss.

Prinzipiell sollte ein Regelwerk schon immer zu einem Setting passen - allerdings ist es VIEL wichtiger, dass das Regelsystem zur Gruppe (bzw. den Spielern) passt. Ein Regelwerk kann noch so toll und angepast sein, wenn es nicht zur Gruppe passt wird den Spielern das Abenteuer keinen Spaß bereiten.
Wir können daraus schlussfolgern: ein Regelwerk kann es nicht ALLEN recht machen. Wie gut es auch für das Setting und für einen bestimmten Spielstil passt, es finden sich zu jedem Regelwerk Spieler, die es aufgrund persönlicher Präferenzen nicht mögen.

Können wir daraus folgern, dass man Regeln nicht an Setting anpassen soll?

Wir können folgern, dass es zu einem Setting mehrere Umsetzungsmöglichkeiten gibt. Die passen alle zum Setting und sind doch verschieden und befriedigen damit unterschiedliche Spielstile.

Das sind zwei unabhängige Qualitätskriterien eines Regelwerks aus der Sicht des Spielers:
1. Passen die Regeln zum Setting?
2. Passen die Regeln zu mir?

Wenn einer der Punkte nicht erfüllt ist, sollte die Schuld nicht im anderen Punkt gesucht werden.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 19.11.2013 | 10:41
(tabletopartiges Regelwerk, tonnenweise Monster, random encounters, viel loot in Form von Waffen und magischen Gegenständen)


Ach du meine Güte, so antiquiert spielt doch keiner mehr  ;D
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Gorilla am 19.11.2013 | 12:47
Ach du meine Güte, so antiquiert spielt doch keiner mehr  ;D
Ha! Und wie viele genau so noch spielen. Warum, versteh wer will. ;D
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 20.11.2013 | 10:58
Ha! Und wie viele genau so noch spielen. Warum, versteh wer will. ;D

Hmm... nun gut da ich meistens leite und es da weder random encounters noch Monsterflut noch viel loot gibt merke ich das vermutlich nur nicht  ;D
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: D. Athair am 3.02.2014 | 10:43
... meine unsortierten Gedanken dazu:

Stellt sich die Frage (ganz allgemein), ob Regeln für bestimmte Situationen tatsächlich für mehr Leute gut sind, oder sie eine noch größere Anzahl an Leuten abschrecken, so gut die Regeln auch sind. Weil, deine Aussage ist am Ende ja nur eine Behauptung, und gerade beim Beispiel Intrigen darf man die durchaus auch anzweifeln.

Wenn man es überprüfen wollte, müsste man wahrscheinlich zwei Versuchsgruppen, die keinerlei Rollenspielerfahrung haben, einmal mit einem "regellosen" Intrigenrollenspiel (gibt's ja durchaus auch in der Psychologie, Didaktik etc.) und einmal mit einem wirklich gut geregelten, zugänglichen (*) Rollenspiel konfrontieren und dann irgendeine möglichst objektive "Wie gut ist es gelaufen?" Bewertung durchführen lassen.
Eigentlich ersetzt du hier nur "RSP-Regeln" durch "Regeln der Psychologie/Didaktik/...)". So wie in DSA häufig die expilziten Spielregeln/-mechanismen durch Regeln/Konzepte der Erzählung/Story (Heldenreise, Akte-Struktur, Heldenkonventionen) ersetzt werden. Regeln im eigentlichen Sinn sind beide Ebenen.

Anders gesagt: Leerstellen in den Spielregeln werden von Spielgruppen i.d.R. durch andere Regeln/Konventionen aufgefüllt oder ersetzt. Deswegen ist Freiform so einfach und schwer zugleich. Man muss eine funktionierende Regelsprache finden. Eine Ebene auf der die Regeln/Konventionen/Annahmen für alle am Spieltisch gleichermaßen passend sind.

Schlechtes Design ist mMn, wenn Regeln impliziert, aber nicht benannt werden. Wenn verschiedene Regeln/Regelebenen sich gegenseitig blockieren. (V:tM - Spielmechanik: machtvolle fast schon superheldige Untote; Settingregeln: Intrige- & politisches Ränkespiel; Storyregeln: personal horror.) Funktionieren können diese Spiele durchaus. Allerdings muss die Spielrunde dafür eine "Normenhierarchie" aufstellen und zu einer kohärenten Regelanwendung gelangen. Teile davon kann auch die Spiellinie selbst den Spielern abnehmen. Das Primat der Story kommt z.B. bei DSA ganz gut über die Abenteuer zum Ausdruck.
Titel: Re: SOLLTE ein System das Setting bzw. die Story widerspiegeln?
Beitrag von: Luxferre am 12.02.2014 | 08:22
Mal ein noch recht unsortierter Gedanke dazu.

Wenn ich ein Abenteuer leite, dessen Inhalte horrorlastig sind, dann hätte ich gern neben meiner Befähigung es spannend, gruselig, widerwärtig, abartig und schockierend darzustellen auch etwas flesh-to-the-bone. Ich sähe dazu gern einen oder mehrere, plausible Regelmechaniken, die greifen könnten (nicht müssten).
Wie wirkt sich der erlebte Horror auf den Charakter aus? Gibt es brain damage? Wahnsinn? Stufenleiter der Finsternis? Gesinnungswechsel?
Das finde ich schon wichtig, das Thema auf dem Charakterbogen abzubilden und auch numerische Konsequenzen, Mali, dauerhafte Einschränkungen zu erleiden.

Als Beispiel: ein Spieler bei meiner ersten Pathfinder-Golarion-Kampagne hatte einen kurzen Blick hinter den Schleier in die Sterne gewagt. Das hat ihn einiges seines Verstandes gekostet. D&D hält aber keine Regeln für einen spielbaren Wahnsinn parat. Der Spieler hat seinen Job toll gemacht. Aber ich war in der Pflicht, mir etwas auszudenken. Da hätte ich gern Unterstützung seitens des Systems gehabt.
Gut, er hatte dann diesen ständigen Ausweg, dieses Rufen im Hinterkopf und alle Zauber mit dem Descriptor Geistesbeeinflussung und Co konnten nicht mehr wirken. Aber das war plausibel entschieden, nicht vorgegeben, geschweige denn vom Machtgrad her angebracht (aka gebalanced).