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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: am 1.02.2014 | 12:23

Titel: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: am 1.02.2014 | 12:23
Basierend auf einer Forendiskussion habe ich mal einige Gedanken zusammengefasst. Vielleicht kann der eine oder andere ja was damit anfangen. Das würde mich freuen. Ansonsten würde es mir auch reichen, hier nun endlich mal einigermaßen zusammenhängend diverse Gedanken gesammelt aufgeschrieben zu haben. Das hilft mir bei der Sortierung. Wenn Ihr das ebenfalls nüzlich findet: umso besser! Here we go:

Man kann Spielern als Spielleiter Freiräume nehmen und Freiräume gewähren. Das Ausmaß, in dem ein SL dies tut, ist ein wichtiges Kennzeichen des Spielstiles einer Gruppe und wurde nach meinem Eindruck bislang weder hinreichend noch zusammenhängend dargestellt. Deshalb wage ich hiermit mal einen Versuch.

Während der klassische DSA-Railroader seinen Spielern tendentiell Freiheitsgrade nimmt, gewährt sie der Old-School-Dungeon-Sandboxer. Wenn man die zugrundeliegende Dimension "Gewährter Gestaltungsfreiraum" als Beschreibungsgrundlage nimmt, lassen sich meiner Ansicht nach viele Vorteile, Nachteile und am Spieltisch auftretende Phänomene gut beschreiben, erklären und vorhersagen. Deshalb finde ich eine solche Kategorisierung sinnvoll.

Ein bisschen schade ist es, dass der virtuelle Diskurs über das konkrete Ausmaß und die Verortung einer Gruppe auf der Dimension extrem schnell an seine Grenzen gerät. Spannend wird es bei der Analyse einer einzelnen Spielrunde meiner Ansicht nach nämlich genau dann, wenn man ins Detail geht. Hier mal ein paar prototypische Fragen:

Leider lassen sich diese Fragen im virtuellen Diskurs eigentlich nicht klären, weil zwangsläufig die Kenntnis zu vieler Details fehlt. Das ist ein echter Hemmschuh für die virtuelle Diskussion konkreter Beispiele aus Spielrunden. Das kann nicht funktionieren und ist deshalb nicht sinnvoll.

Natürlich gibt es auch keine global gültige Idealbalance für Rollenspielrunden, denn dafür werden die obigen Fragen viel zu unterschiedlich von den Spielern, Gruppen, Spielpräferenzen und Rahmenbedingungen beantwortet.  Die ideale Balance der Beschneidung und des Eröffnens von Freiheitsgraden durch den Spielleiter muss vielmehr abhängig von genau dieser Konstellation aus  Personen, Gruppe, Spielvorlieben, vorhandenen Ressourcen und sonstigen Rahmenbedingungen gestaltet werden. Es nützt dementsprechend wenig, sich selbst - wie früher häufiger gerne geschehen - lauthals krakeelend auf dem Kontinuum von Offenheit und Geschlossenheit von Entscheidungsfreiheit zu positionieren und seine diesbezügliche Befindlichkeit dann als das Maß aller Dinge zu proklamieren

Klar kann man sich hinstellen und grandios seinen Case für das jeweilige Extrem der Skala "Gewährter Gestaltungsfreiraum" formulieren:

Extrempol 1. Der SL ist neutraler Simulator der Welt. Die Rule of Cool "entwertet" Spielerentscheidungen. Plots sind per se böse. Showdowns hat es nie zu geben. Sie passieren einfach und ergeben sich natürlich aus dem Spiel. Jegliche Verletzung von Neutralität durch den SL, ja selbst die Neigung des Spielleiters zur Förderung bestimmter Handlungs- oder Aktionsmuster trägt in sich bereits den zersetzenden Keim der Unredlichkeit. Ich halte das für ausgemachten Quatsch, aber das ist die - zumindest bis vor ein paar Jahren ernsthaft vorgebrachte - Extremposition der ARS-Leute.

Extrempol 2. Demgegenüber steht die frühe DSA-Fraktion, die davon ausgeht, dass das Abenteuer an sich bereits den perfekten und nicht überbietbaren Spannungsbogen bereithält und diesen entsprechend drastisch durchsetzt. Spieler müssen folgen, gehorchen, sich unterordnen, damit das große Ganze in all seiner Herrlichkeit erstrahlen kann. Zudem herrscht die Vorstellung, dass die Spieler doch bitte am Spieltisch etwas lernen mögen, idealer Weise ethisch-moralisches Rüstzeug für die Zukunft erwerben - und wer wäre besser für entsprechende Lektionen geeignet als der wohlmeinende Diktator-SL? Das ist das andere Extrem der Skala und aus heutiger Sicht nicht minder hirnrissig.

Tatsächliche Runden bewegen sich in den allermeisten Fällen irgendwo zwischen diesen beiden Polen. Eigentlich handelt es sich bei den Extremen, wenn man es denn auf die Spitze treiben möchte, sogar nicht mehr um Rollenspiele im eigentlichen Sinne, sondern um reine Simulationen in Wargamingtradition, oftmals bar emotionalen Ausdrucks und/oder schauspielerischer Elemente einerseits (da kommt das Hobby international ja her) oder um vormalig innovative, pädagogische Instrumente zur Förderung von Kreativität, sozialer Interaktionsfähigkeit und Kommunikationsvermögen von Kindern und Jugendlichen (die DSA-Tradition nach Kiesow). Aber das führt uns direkt in die Definitionshölle dessen, was Rollenspiel eigentlich ausmacht und da will ich in diesem Beitrag ehrlicher Weise gar nicht hin.

Stattdessen könnten wir uns illustrierend mal ein Beispiel anschauen. Da taugen die weithin bekannten und geschätzten Herr Greifenklaue und Glinnefitz wunderbar, denn da kann ich mir vorstellen, wie sie präferierter Weise zumeist so spielen*:


Das passt hoffentlich so ungefähr. Mit diesen Vorlieben kann man selbstredend wunderbar spielen und beliebig lange sehr viel Spaß haben. Das beweisen die geschätzten Herren mit ihrem Verve und ihrer Energie ja fast täglich. Auch bin ich mir sicher, dass bei in dieser Art aktiven Gruppen etwaige Nachteile und Schwierigkeiten der skizzierten Präferenzstruktur kaum zum Tragen kommen, eben weil die Vorlieben so gestrickt sind, dass sowas gar nicht oder kaum ins Gewicht fällt. Viele Rollenspieler würden aber, da bin ich sicher, schreiend fliehen, wenn sie am Spieltisch mit derlei Praktiken konfrontiert würden. Das, und damit sind wir wieder beim Oberthema des Threads, hat meiner Ansicht nach maßgeblich auch mit dem gewährten Gestaltungsfreiraum zu tun. Es lohnt sich also, ein bisschen weiter nachzudenken.

Der Hintergrund der Idee und des Konzepts ist dabei ein historischer. Früher gab es in Deutschland eine sehr starke, DSA-beeinflusste Strömung von selbsternannten Besserspielern, die ausgesprochen abschätzig auf die oben dargestellten, klassisch zu nennenden Spielvorlieben herabgeblickt haben. Da fielen dann einerseits despektierlich gemeinte Begriffe wie "Hack´n´Slayer" oder "Powergamer" und andererseits wurden offenkundig in deren Augen positiv besetzte Aspekte wie "Atmosphäre" und "Story" und "Plot" genannt, bei deren Nennung viele Leute heute vermutlich am liebsten sofort das Weite suchen würden. Ich finde es bei näherer Betrachtung sehr erstaunlich, dass sich das Klima heute virtuell quasi komplett gedreht hat. Einen Hauptgrund dafür sehe ich in einem veränderten Idealbild dessen, was als idealer Gestaltungsfreiraum wahrgenommen wird.

Was man dabei jedoch noch aufdröseln und berücksichtigen muss, sind die negativen Sekundäreffekte der jeweiligen Strategien zum Gewähren oder Beschneiden von Gestaltungsfreiräumen. Ansonsten ist es nämlich vielen Leuten mutmaßlich nur schwer ersichtlich, weshalb am Spieltisch insbesondere auch in ambitionierten, erfahrenen und theoretisch versierten Runden ganz absichtlich eine bestimmte Balance irgendwo mitten auf dem Kontinuum der Gestaltungsfreiheit gewählt wird, weshalb also die Gruppe diverse Beschneidungen ihrer Freiheit durch den SL nicht nur zulässt, sondern sogar aktiv begrüßt.

Für das pädagogisch aufgeladene DSA-Extremrailroading sind die damit verbundenen negativen Sekundäreffekte einigermaßen offensichtlich und wurden vielerorts sowie in epischer Breite dargestellt: die Spieler fühlen sich gegängelt und drangsaliert etc. Die gefürchtete „Spielleiter-Willkür“ ist mittlerweile ebenso zum geflügelten Wort geworden wie die „entwerteten“ Spielerentscheidungen (was immer das auch genau sein soll).

Für den Extrempol des neutralen Simulationismus in Reinkultur ist die Sachlage aber meiner Ansicht nach nicht ganz so offensichtlich. Vor allem sind die diesbezüglichen Risiken und Nebenwirkungen deutlich vielfältiger und schwieriger zu fassen. Hier eine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Horroraufwand für den SL in der Vorbereitung, nicht sinnvoll vom SL zu bewältigende Komplexität des Geschehens am Spieltisch, große Gefahr des Stillstands und der Langeweile während des Spiels, übermäßige Banalisierung des Geschehens durch Randomisierung, Orientierungslosigkeit und Gefühle der Beliebigkeit der Spieler, emotionale Unterentwicklung durch zu starke Abstrahierung des Geschehens, kognitiv-affektive Überbeanspruchung der Spieler, Unfähigkeit und Unwille des SL zur strikten Neutralität. Und so weiter. Da gibt es eine Riesenliste. Das könnte man in einem neuen Thread gerne mal etwas systematischer sammeln.

Vor diesem Hintergrund halte ich die Dimension des Gewährens und Beschneidens von Gestaltungsfreiraum durch den SL aber für eine sinnvolle Kategorie in diesem Zusammenhang. Wir verstehen dann, wieso selbst aufgeklärte Rollenspieler eben DOCH manchmal den Gestaltungsfreiraum der Spieler beschneiden und wieso bestimmte Phänomene immer mal wieder als Thema in Foren aufpoppen**.

Es ist und bleibt übrigens in Deutschland ein nicht von der Hand zu weisendes Verdienst der ARS-Bewegung, das sozial akzeptierte Spektrum von Spielstilen in Deutschland zumindest in den Online-Diskussionen erheblich erweitert zu haben***. Die ARS-Leute waren mit ihren Botschaften teilweise sogar so erfolgreich, dass sich die Diskriminierungen heutzutage häufig sogar umgekehrt haben und nun auf einmal "Railroader" häufig schwer gedisst werden, "Plots" schon mal als böseböseböse gebrandmarkt werden, jegliche auf Emotionalität zielende Hobbyausübung etwa in Gestalt von Indie-Games kategorisch abgelehnt wird ("Forge ist scheiße") und so weiter. Andererseits hat sich solch eine Extrembetrachtung ehrlicher Weise in meiner Wahrnehmung schon wieder erheblich gemäßigt und wird nur noch von einigen wenigen Extremisten und Ignoranten ernsthaft vertreten.

So nehme ich zusammenfassend den aktuellen Stand der Diskussion wahr und habe den Eindruck, dass der Drops damit weitgehend gelutscht ist. Man könnte darauf basierend nun verschiedene Dinge tun. Man könnte sich über die Dimensionalität der Vorliebenstruktur unterhalten (siehe unten). Man könnte die negativen Sekundäreffekte der Extrempole sinnvoll aufdröseln. Man könnte aber auch eine Art Gebrauchsanweisung, etwa in Form eines Tests der Vorlieben, entwickeln, um Neueinsteigern oder Umsteigern darauf basierend Systemempfehlungen auszusprechen.

Die im Zusammenhang mit dem Gewähren von Gestaltungsfreiraum drängendsten Fragen, nämlich:


scheinen mir mit dieser Betrachtung ganz gut geklärt. Mehr Detaillierung brauche ich persönlich jedenfalls für mein Verständnis nicht. Da sind die Geschmäcker aber selbstverständlich verschieden. Einige wollen mehr Details, anderen ist solch ein Gedankengang wie der oben skizzierte bereits erheblich zu theoretisch. Schließlich, um es mal wieder aufzugreifen: RPG ist keine Wissenschaft!

Eine kleine Bitte zum Abschluss noch: achtet doch bitte bei Kommentaren darauf, dass im Falle von Kritik erstens konstruktiv kommuniziert, zweitens ein respektvoller Ton angeschlagen und drittens von kleinteiligen OT-Diskussionen abgesehen wird. Ich habe mir große Mühe gegeben, das Thema möglichst neutral zu schildern und würde das Ding hier nur ungerne entgleisen sehen. Herzlichen Dank.

 

*: Jungs, bitte entschuldigt, dass ich Euch so dreist und ignorant in einen gemeinsamen Topf werfe. Natürlich weiß ich, dass Ihr wirklich VIELE verschiedene Spiele spielt sowie eine wahnsinnige Erfahrung mit allen möglichen Systemen/Gruppen/Kontexten habt. In diesem Thread verkürze ich Euch aber ganz dreist einfach mal auf Mr. Oldschool und Mr. LabyrinthLord. Ich bitte um Verzeihung und Vergebung für jegliche Unannehmlichkeiten :-)

**: Irgendwie passt die emotional-pädagogische Komponente für mein Gefühl noch nicht so richtig zu der Dimension des gewährten Gestaltungsfreiraums. Ich würde darin tendentiell eine zweite, leicht korrelierte Dimension sehen, sowas in der Art Neutralität versus Intentionalität des SL-Handelns beispielsweise. Das hat zwar am Rande auch mit dem Gestaltungsfreiraum zu tun, aber eigentlich ist das für mein Gefühl ein weitgehend eigenständiges Thema.

***: Das Gebahren zentraler Vertreter dieser Bewegung finde ich zwar bis heute wahnsinnig abstoßend. Aber vielleicht brauchte es auch eine solche ... Chuzpe, um das Anliegen in die virtuelle Breite zu tragen. So ganz dysfunktional war das schließlich nicht.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Slayn am 1.02.2014 | 13:10
Mir geht bei der Betrachtung noch der Faktor "Zufall" ab, der gerade im "langen Spiel" ja eine gewichtige Rolle inne hat.
Ein sehr großer Teil aller Einschränkungen haben ja im Kern damit zu tun, etwas nicht dem Zufall zu überlassen, etwa indem man "Spannung" gezielt erzeugt oder ein kohärenter "Plot" gar nicht erst emergent sein muss sondern schon existent ist, etc.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Kearin am 1.02.2014 | 13:59
Zitat
Das Gebahren zentraler Vertreter dieser Bewegung finde ich zwar bis heute wahnsinnig abstoßend. Aber vielleicht brauchte es auch eine solche ... Chuzpe, um das Anliegen in die virtuelle Breite zu tragen. So ganz dysfunktional war das schließlich nicht.
Eine komplizierte Umschreibung für der dummen Massen einen neuen Trend bieten. Mittlerweile ist das ja SaWo nee Fate nee keine Ahnung.

Zitat
Viele Rollenspieler würden aber, da bin ich sicher, schreiend fliehen, wenn sie am Spieltisch mit derlei Praktiken konfrontiert würden.
Komischerweise wurden hier schon verschiedenste Säue durchs Dorf getrieben. Und komischerweise gab es immer genug Leute, die ohne Zögern auf The Next Big Thing aufgesprungen sind, von daher teile ich deine Einsicht nicht.

Meine Meinung:
Den meisten Rollenspielern ist es ziemlich egal, was sie spielen, Hauptsache sie können spielen. Was impliziert, dass sich ein Dummer finden muss, der leitet. Und dessen Spielweise wird dann halt mitgezogen, wenn es zwischenmenschlich klappt. Spielleiterloses Spielen ist dabei im Übrigen keine Alternative, weil das ein Mass von Einsatz fordert, die viele Spieler nicht bringen wollen.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Blechpirat am 1.02.2014 | 16:04
:d
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: D. M_Athair am 1.02.2014 | 21:13
Interessante Beobachtungen.


Ein hat auch schon was richtiges gesagt (Säue und Dorf), an das ich mein Verständnis kurz anknüpfen möchte:
Ich glaube, dass die aufgemachte Rechnung so nicht ganz stimmt:


Soviel an Initialkritik.
TROTZDEM: Ich möchte gern bei der dualen Achse bleiben. Glaube aber, dass die Extreme noch besser definiert/ausgearbeitet werden müssen. Dasselbe gilt für die Achse insgesamt.

Was beiden Extrempositionen z.B. gemein ist, ist die starke SL-Rolle.
Im Plotspiel* bestimmt der SL den Handlungsfaden und was im Sinne der Abenteuer an Regeln zugelassen ist (Herr über die Regeln.)
Im Handlungsmaschinen-Spiel* bestimmt der SL die Rahmenbedingungen der Spielwelt (soziale Beziehungen in dem bespielten Teil des Settings, Monster-Ökologie, NSC-Motivationen, wenn-dann-Handlungszusammenhänge) und die Einhaltung der Regeln (er muss die gültigen Regeln nicht allein bestimmen).
In beiden Positionen bietet der SL Abenteueraufhänger an.

* Das sind jetzt mal zwei Begriffe, die zwar noch nicht optimal sind, aber vielleicht ein Stück klarer beschreiben, worum es gehen soll.


Addendum:
Zitat
Für das pädagogisch aufgeladene DSA-Extremrailroading [...]
"Pädagoisch aufgeladen" halte ich für eine unglückliche Formulierung. Der pädagogische Anspruch, den DSA hat(te) - dafür gibt es kein fachliches Fundament. Insofern wäre "pädagogisierend" der bessere Ausdruck.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: 1of3 am 1.02.2014 | 21:51
Ich bin jetzt nicht sicher, was du diskutieren möchtest. Also stopp mich bitte, wenn ich krass daneben liege:

Die Art und Weise wie hier "Gestaltungsspielraum" in diesem Diskurs betrachtet wird, scheint mir ziemlich  unerheblich. Es ist freilich egal, wie die SL zu ihren Ergebnissen kommt. Viel relevanter ist, wessen Ergebnisse es sind.

Ich fühle mich beispielsweise verarscht, wenn ich einen Charakter mache, der Mitglied bei irgendeiner Organisation ist, mein Gegenüber sie im Spiel aber nicht auftauchen lässt. - Aus welchen Gründen auch immer. Und ich bin nicht damit zufrieden, dass sie vielleicht in einem Dutzend Sitzungen relevant wird, sondern bitteschön plötzlich.

Das ist ein Beispiel von relevantem Gestaltungsspielraum.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: am 1.02.2014 | 22:27
Ich fühle mich beispielsweise verarscht, wenn ich einen Charakter mache, der Mitglied bei irgendeiner Organisation ist, mein Gegenüber sie im Spiel aber nicht auftauchen lässt. - Aus welchen Gründen auch immer. Und ich bin nicht damit zufrieden, dass sie vielleicht in einem Dutzend Sitzungen relevant wird, sondern bitteschön plötzlich.

Das ist ein Beispiel von relevantem Gestaltungsspielraum.

...sprach der Storygamer, der den Gestaltungsspielraum seines SL beschneidet. Du hast nun ein Beispiel für eine spielerinitiierte Einflussnahme auf den Gestaltungsspielraum des SL genannt. Doc Itaa hatte ja ebenfalls schon darauf hingewiesen, dass der Fokus meines Beitrags sehr stark auf dem SL liegt. In Ordnung, stimmt.

Aber: Dein Beispiel, 1of3, ist doch geradezu prototypisch für eine Einflussnahme auf den Gestaltungsspielraum - und natürlich hat das Vor- und Nachteile! Wenn besagte Organisation in einer komplett und neutral durchsimulierten Welt* nun mal für die ersten 12 Sessions aus plausiblen Gründen am Charakter vorbeiläuft, dann findest Du das als Spieler bescheuert. Gleichwohl mag ein SL-manipuliertes Auftauchen der Organisation durchaus zu logischen Brüchen führen und so das Spielvergnügen trüben. Das meinte ich mit den Vor- und Nachteilen, die sich mit der Einflussnahme auf den Gestaltungsspielraum verbinden - und das finde ich tatsächlich sehr erheblich.

Slayns Einwand hingegen hab ich leider nicht verstanden.

Addendum: "Pädagoisch aufgeladen" halte ich für eine unglückliche Formulierung. Der pädagogische Anspruch, den DSA hat(te) - dafür gibt es kein fachliches Fundament. Insofern wäre "pädagogisierend" der bessere Ausdruck.

Dazu vielleicht noch: "Pädagogisierend" finde ich ganz treffend. Kiesow war jedoch immerhin Pädagoge. Oder irre ich mich da? So ganz von der Hand weisen würde ich Rollenspiele als pädagogisches Instrumentarium ansonsten auch nicht. Die Idee erscheint mir für damale sogar als ziemlich passend. Aber das ist natürlich ein Nebenthema. Können wir gerne im DSA-Channel mal drüber spekulieren.


*: Ich stelle mir den SL dabei übrigens immer als Laplaceschen Dämon (http://de.wikipedia.org/wiki/Laplacescher_D%C3%A4mon) vor. Dieser Dämon kennt die Lage, Position und Geschwindigkeit aller Teile des Universums und kann daraus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft perfekt erklären/vorhersagen. Das Lustige an der Analogie ist, dass der Laplacesche Dämon von der modernen Physik längst als Unmöglichkeit identifiziert wurde ebenso wie eine perfekt neutral-simulationistische Spielleitung mit dem Anspruch des Extrempols 1 nicht nur zum Scheitern verurteilt ist, sondern auch gewaltige, negative Sekundäreffekte hervorruft.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: 1of3 am 1.02.2014 | 22:43
Zitat
...sprach der Storygamer, der den Gestaltungsspielraum seines SL beschneidet.

Diese Betrachtung klappt so nicht. Die SL hat den Gestaltungsspielraum ja erst, wenn ich ihn zugestanden habe. Wir haben also einen Konflikt, was die Gestaltungsräume des jeweils anderen betrifft.

Im Übrigen ist jede Betrachtung, die eine SL annimmt, nicht besonders nützlich. Wir können allgemein sagen, dass Teilnehmer X Gestaltungsfreiheit hat, wenn die übrigen Teilnehmenden seine Eingaben in einer Sache aufgreifen. Warum sie das tun, ist erst mal irrelevant. Hier kommt dann die Maxime zum Tragen, dass ich mich als guter Spieler dafür zu interessieren habe, worauf die Anderen am Tisch wertlegen. Und auch das gilt in alle Richtungen.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: am 1.02.2014 | 23:02
Boah, ne, danke. Darauf steig ich echt nicht ein. Das musste bitte ohne mich weiterdenken. Ich finde Deinen Gedankengang weder hilfreich, noch zielführend und schon gar nicht sinnvoll.

Also stopp mich bitte, wenn ich krass daneben liege
STOPP!
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Xemides am 1.02.2014 | 23:54
Ich muss sagen, das ich mittlerweile meinen Standpunkt ziemlich in der Mitte zwischen extremes Sandboxing und Railroading sehe.

Nach zwei DSA-Railroadkampagnen, sozusagen DEN RR_Kampagnen überhaupt habe ich davon die Nase voll.

Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, das totales Sandboxing genau so öder sein kann.

Deshalb finde ich das Eingehen auf Spielerinput sowie das Anbieten von Plots und konsequente Weiterentwicklung des Hintergrundes aufgrund der Spielerhandlungen mittlerweile als die beste Wahl.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: gunware am 2.02.2014 | 01:28
Deshalb finde ich das Eingehen auf Spielerinput sowie das Anbieten von Plots und konsequente Weiterentwicklung des Hintergrundes aufgrund der Spielerhandlungen mittlerweile als die beste Wahl.
Ich muss sagen, dass ich mir das Rollenspiel schon immer so vorgestellt habe - und es auch schon seit Jahrzehnten so gerne habe. Erst hier im Tanelorn wurde mir bewusst, dass es auch anders geht. Aber ich bin nie dazu gekommen, es anders zu probieren. Zu wenig Zeit und die Bereitschaft hält sich auch ziemlich in Grenzen.

Meine Meinung dazu ist eher, dass das Spiel in ständiger Bewegung zwischen den zwei genannten Extremen ist. Und falls sich  das Spiel zu viel einem der Extreme nähert, dann wird die Gefahr größer, dass es "umkippt". Aber genauso negativ würde ich sehen, wenn es diese ständige Bewegung zwischen den zwei Extremen nicht geben würde - denn das wäre auch irgendwie langweilig. Was hätten wir dann? Stagnation, Stillstand.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Slayn am 2.02.2014 | 09:57
Slayns Einwand hingegen hab ich leider nicht verstanden.

Mein Einwand bezieht sich vor allem auf diese Aussage von dir:

Zitat
Ansonsten ist es nämlich vielen Leuten mutmaßlich nur schwer ersichtlich, weshalb am Spieltisch insbesondere auch in ambitionierten, erfahrenen und theoretisch versierten Runden ganz absichtlich eine bestimmte Balance irgendwo mitten auf dem Kontinuum der Gestaltungsfreiheit gewählt wird, weshalb also die Gruppe diverse Beschneidungen ihrer Freiheit durch den SL nicht nur zulässt, sondern sogar aktiv begrüßt.

... und hat schwer mit den ganzen Diskussionen über Adventure Paths in den letzten Wochen zu tun und greift in einem gewissen Sinne auch auf, was 1of3 gesagt hat.
Wenn du von der Position der gegeben SL-Allmacht aus argumentieren willst, gerne, in dem Fall halte ich deine beiden Extrem Pole für halbwegs valide nur geht ja der Trend doch ganz stark weg davon und bildet zwei vollkommen andere Pol-Pärchen.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: D. M_Athair am 2.02.2014 | 14:45
Wenn du von der Position der gegeben SL-Allmacht aus argumentieren willst, gerne, in dem Fall halte ich deine beiden Extrem Pole für halbwegs valide nur geht ja der Trend doch ganz stark weg davon und bildet zwei vollkommen andere Pol-Pärchen.
Naja. Der "Mainstream"(v.a. die Spielerseite) hinkt weit (Jahrzehnte?) hinter dem Trend/neueren Entwicklungen hinterher.
(Siehe dazu auch die Nerdpol-YT-Runden.)

Bezüglich des Gestaltungsfreiraums von Spielern bei starker SL-Position:

... ist jetzt nur mein Eindruck. Kann sein, dass ich da manchen Spielen Unrecht tue.
Dennoch: ich die Eingangsbeobachtungen diskussionswürdig.

(Auf die höhere Abstraktions-/Systematisierungsebene kann man später immer noch gehen.)
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Maarzan am 2.02.2014 | 15:52
Ich fühle mich beispielsweise verarscht, wenn ich einen Charakter mache, der Mitglied bei irgendeiner Organisation ist, mein Gegenüber sie im Spiel aber nicht auftauchen lässt. - Aus welchen Gründen auch immer. Und ich bin nicht damit zufrieden, dass sie vielleicht in einem Dutzend Sitzungen relevant wird, sondern bitteschön plötzlich.

Was heißt nicht auftauchen? Wo kommt diese Organisation eigentlich her?
Und wenn der Charakter da Mitglied ist, sollte es ja an ihm selbst liegen da auch dran teil zu nehmen.
Auch schon mal dran gedacht, dass da vielleicht noch 3, 4 andere Spieler mit dabei sind, welche auch ihre eigenen Hintergrundshaken haben und die vielleicht sogar besser/leichter zusammenpassen? Sollen die dann dafür die Sitzungen über warten bis deiner abgearbeitet ist?
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Slayn am 2.02.2014 | 17:09
Naja. Der "Mainstream"(v.a. die Spielerseite) hinkt weit (Jahrzehnte?) hinter dem Trend/neueren Entwicklungen hinterher.
(Siehe dazu auch die Nerdpol-YT-Runden.)

Und den Punkt finde ich diskussionswürdig, gibt es doch einen klaren Unterschied zwischen System und Nutzung des Systems.
Gerade hier fand in den letzten Jahren dann doch eine erhebliche Entwicklung statt, die auch als solches positiv angenommen wurde und allen Anscheins nach viel im Einsatz ist, nämlich größere Abenteuer oder kleinere Kampagnen die so gestaltet sind, dass sie wie eine "Narrow Sandbox" funktionieren und alle Vorteile bringen, die Wellentänzer bei dem einem Extrem aufgeführt hat, dagegen so fest umrissen sind und die Vorteile des anderen Extrems mit sich bringen. Die Aussage hier ist relativ klar: keine Illusionen darüber, wo die Grenzen sind, dafür aber auch keine Einmischung bei den Sachen, die sich innerhalb der Grenzen befinden.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: D. M_Athair am 3.02.2014 | 09:23
@ Slayn: Das stimmt sicherlich.
Jedoch bewegt sich das Ganze auf der von Wellentänzer vorgetragenen Achse.
Weite Dimensionen - wie von 1of3 et al. vorgetragen - werden nicht berührt.

Und: Ja, die neueren Abenteuer/Kampagnen stellen schon die Frage, ob die "Achse" tatsächlich eine solche ist.
Anders gesagt: Ich finde die Idee der "Achse" als Arbeitshypothese ganz sinnvoll. Ob sie sich halten lässt, wäre in der Diskussion zu untersuchen.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Drudenfusz am 21.07.2014 | 07:20
Railroading? Sandboxing? Ist doch beides Schrott! Ehrlich finde beides Langweilig, also bitte möglichst wenig von beidem! Als Spieler regt mich Railroading schneller auf, aber sandboxing bedeutet auch nur langeweile, weil halt ohne sinn und ziel gespielt wird. Also, gerne mit klarer zielsetzung was der plan ist, mit sinnvollem einbinden der Charaktere und der Interessen der Spieler, die dann aber selbst in die hand nehmen wie sie die präsentierten Probleme überwinden, aber halt ganz klar mit vom Spielleiter kommenden Herausforderngen, nur halt nicht vom Spielleiter kommeneden Lösungen dazu.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: bobibob bobsen am 21.07.2014 | 07:55
Zitat
sandboxing bedeutet auch nur langeweile, weil halt ohne sinn und ziel gespielt wird.

Tut mir leid aber dann hast du sandboxing nicht verstanden.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Arkam am 21.07.2014 | 16:37
Hallo zusammen,

also bei den Runden in denen ich mitspiele hat der Spielleiter eine starke Position weil er benötigt wird und hauptsächlich drei Leute den Spielleiter machen. Das bedeutet bei Pathfinder und Shadowrun 5 tatsächlich eine Menge Vorbereitung.

Da bin ich als Spieler dann gerne bereit einen gegebenen Plot mitzuspielen und sogar gewisse Gestaltungsspielräume einzuschränken. Da unsere Spielleiter fertige Abenteuer verwenden sind das meistens klassische universelle Plots die meistens Charaktere voraus setzen die sich eben für die Probleme anderer Leute oder Institutionen interessieren und bereit sind sich dieser Probleme anzunehmen. Aber auch bei der konkreten Gestaltung des Charakters bin ich bereit Einschränkungen hin zu nehmen. Mein Charakter wird also Gruppen konform sein. Dort wo solche Probleme auftauchen, etwa der Klassiker Elf und Zwerg in einer Gruppe, spreche ich mich vorher mit dem anderen Spieler ab oder wähle einen nicht zu radikalen Standpunkt.

Bei den Regeln bin ich weniger Kompromiss bereit. Allerdings versuche ich Unklarheiten auch vorher abzuklären.
Zu Ausnahmen bin ich eigentlich nur als Experiment bereit, heute spielen wir Mal rein erzählerisch oder ich versuche als Spielleiter hier Mal nicht über hohe Werte sondern über andere Aspekte Spannung hinein zu bringen. Das sollten aber auch umschriebene Ausnahmen sein.
Oder wenn ich denn Sinn einsehe und die Sache zeitlich beschränkt ist. Ein Charakter von mir war etwa gegen Beeinflussung vor allen magischer Art immun. Beim Einstieg ins Abenteuer wurde ich trotzdem beeinflusst. Ich bekam aber aufgrund meines Vorteils zusätzliche Handlungsmöglichkeiten.
Allergisch reagiere ich wenn Regeln durch den Spielleiter gebrochen werden weil er sich eben nicht passend vorbereitet hat oder er eben glaubt eine gewisse Stimmung nur durch einen Regelbruch hervorrufen zu können.

DSA kenne ich von seinen Anfängen bis zur Borbaradkampagne und habe die DSA 4.1 Basisregeln und die erweiterten Regeln angelesen. DSA hat sich als Heldenrollenspiel verstanden. Man stand also für das gute, edle und schöne in einer zunächst Mal sehr düsteren und brutalen Welt. Da gab es dann schon Mal Extraerfahrung für gespendetes Brot und auch das Fehlen von Meuchelregeln ist Programm aber keinen wirklichen pädagogischen Anstrich.
Es lohnt sich streng zwischen den Regeln und den Abenteuern zu unterscheiden. Denn in den Abenteuern kommen immer wieder Klöpse vor die so von den Regeln eben nicht abgedeckt sind. DSA als verbreitetes System hatte es eben sehr früh mit Powergamern zu tun die gerade beim Schritt von den Basisregeln zu den Regeln des Ausbauspiels auf nicht sehr hart getestete Regeln trafen. Statt die Regeln anzupassen hat man versucht die geeignete Art zu spielen zu fördern und damit natürlich einige Leute vor den Kopf gestoßen.

Plot getrieben muss nicht gleichzeitig Railroading sein. Wo man beim ersteren eventuell Grundannahmen hat, etwa das der Oberbösewicht erst am Ende des Abenteuers oder der Kampagne stirbt, kommt beim Railroding, im Extremfalle, Nichts vor was so nicht im Abenteuer Band steht. Alle Ereignisse sind schon vorbestimmt und Charakterwerte oder Würfe haben überhaupt keinen Einfluss darauf wie das Abenteuer verläuft. Das kann nicht nur als Art zu leiten sondern auch als Ergebniss von Unerfahrenheit, schlechter Vorbereitung oder Unkenntniss vorkommen.

Gruß Jochen

Änderung: Rundung des Abschnitts über DSA Meuchelregeln.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Maarzan am 27.07.2014 | 09:26
Railroading? Sandboxing? Ist doch beides Schrott! Ehrlich finde beides Langweilig, also bitte möglichst wenig von beidem! Als Spieler regt mich Railroading schneller auf, aber sandboxing bedeutet auch nur langeweile, weil halt ohne sinn und ziel gespielt wird. Also, gerne mit klarer zielsetzung was der plan ist, mit sinnvollem einbinden der Charaktere und der Interessen der Spieler, die dann aber selbst in die hand nehmen wie sie die präsentierten Probleme überwinden, aber halt ganz klar mit vom Spielleiter kommenden Herausforderngen, nur halt nicht vom Spielleiter kommeneden Lösungen dazu.

Eine Sandbox ist zunächst einmal ein Angebot bzw. erweiterte Freiheit. Aber so ein Angebot bzw. Freiheiten ,muss man eben auch nutzen. Mit erhöhtem Einfluss kommt eben auch erhöhte Verantwortung - inklusive für den eigenen Spielspaß. (Und übergrößeren eingehenden Absprachebedarf in der Spielerschaft auch für den der anderen)

Was allerdings ein häufiger Fehler ist, ist Freiheit ohne Informationen: Du kannst "alles" machen ohne Referenz und Hintergrundswissen erlaubt auch nicht wirklich viele qualifizierte Entscheidungen und damit Nutzungsmöglichkeiten dieser Freiheiten. Doppelt, wenn dann der SL dem eigentlich wissenden Char aus der Unwissenheit des Spielers einen Strick dreht.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Sin am 28.01.2015 | 05:33
Ich finde es auch irreführend, dass in Hinsicht auf maximalen Gestaltungsfreiraum der Spieler auf Sandboxing fokusiert wird (nicht, dass ich Sandboxing schlecht finde). Mein Ideal für Gestaltungsfreiheit ist dann erreicht, wenn die Spieler bzw. Charaktere im Detail (die Spieler greifen einen NSC an, auch wenn ich nicht damit gerechnet haben, sondern ihn als wichtig für die Zukunft eingeplant habe, um mal einen Extremfall zu nennen, der bei DSA-Abenteuern gerne mal unterbunden wird) und im Großen (die Spieler beschließen das aktuelle Abenteuer abzubrechen und stattdessen in die Nachbarstadt zu reisen, um herauszufinden, was es mit dem Buch auf sich hat, das sie gefunden haben) tun können, was sie wollen/für richtig halten [noch größer wäre dann die generelle Richtung/Stimmung der Kampagne, da sollte natürlich eh ein Einverständnis zwischen Spielern und SL herrschen und ggf. darüber gesprochen werden, falls Unzufriedenheiten entstehen]. Und bei Sandboxes gibt es gewöhnlich durchaus Einschränkungen der Spielerfreiheiten, etwa dass das Spiel auf ein bestimmtes Territorium, ein Tal, eine Insel, beschränkt ist; außerdem kann natürlich bei Weitem keine Sandbox alles abdecken, was Spielern einfallen mag, folglich kann Improvisation seitens des SL nötig werden oder er muss den Handlungsspielraum der Spieler einschränken - oder es kommt zur "Selbstzensur" - in vielen (vermutlich allen, mal mehr, mal weniger extrem ausgeprägt) Fällen haben Spieler gelernt, was der SL will und erwartet und handeln entsprechend, meiner Meinung nach ein unterschätzter, sehr bedeutender Faktor beim Thema Railroading und Gestaltungsfreiraum.

Der Spielleiter muss also improvisieren. Das ist natürlich schwer bis unmöglich in Kampagnen mit vielen Kämpfen, also Extremfall bei Dungeoncrawl-Zeugs. Und wenn der Schwerpunkt auf Kämpfen liegt besonders problematisch bei Systemen, bei denen die Kämpfe Vorbereitung seitens des SL benötigen (D&D).
Wenn die Kampagne aber eher einen Fokus auf soziale Interaktion hat, ist das meist kein so großes Problem: Die Spieler steuern das Abenteuer beispielsweise nach 3 Stunden Spielzeit, der Spielabend ist also noch jung, in eine völlig unerwartete Richtung, dann wird der restliche Abend eben improvisiert und am Ende sehen wir wo wir stehen, und ich kann ggf. zum nächsten Mal wieder ordentlich was vorbereiten (die Frage: Wisst ihr schon, was ihr nächstes Mal vorhabt? bietet sich dann je nach Situation an). Improvisierte Anteile weisen dann gewöhnlich weniger Kämpfe auf als normal, aber 1-2 Kämpfe lassen sich ja bei vielen Systemen auch problemlos noch schnell improvisieren - da braucht man natürlich ordentlich Erfahrung mit dem System, damit der Kampf möglichst weder langweilig wird noch als PK endet. Aber ich habe gute Erfahrungen gemacht mit vereinzelten improvisierten Kämpfen bei vielen Systemen (etwa L5r, oWoD, Ars Magica, SR), eine gewisse Unberechenbarkeit bei Kämpfen ist im Übrigen auch sexy. Wenn nötig, ist eine kurze Auszeit für den SL um einen Kampf vorzubereiten eigtl. auch kein Problem, zumindest in meinen Runden ist es üblich mal zwischendrin zu unterbrechen für eine fröhliche Plauderei oder so (da ist dann evtl. ein bisschen Geschick gefragt, um nicht zu unterbrechen, wenn die Spannung gerade am Maximum ist, was oft aber nicht immer geht).

Interessante Kämpfe zu improvisieren bzw. schnell vorzubereiten wird mit großer Anzahl der Spieler/Charaktere zunehmend schwieriger. Mit dem anderen Extrem, 1 SL und 1 Spieler, habe ich dagegen eine besonders schöne Erfahrung gemacht: Nahezu vollständige Improvisation des gesamten Spiels. Mit meinem Umzug aus meiner Heimatstadt wurde meine langjährige V:TM-Runde abgebrochen. Ungefähr einmal pro Jahr habe ich mich mit einem Freund aus der Runde für ein paar Tage getroffen und wir haben dann mit seinem Char allein weitergespielt. Der Charakter hat sich zunächst auf ein offenes Geheimnis, dass aus der alten Kampagne noch offen war gestürzt und im Laufe des Spiels ergaben sich problemlos immer neue Geheimnisse, die er aufdecken wollte, NSCs, mit denen er etwas unternehmen wollte, Orte, die er besuchen wollte oder übersinnliche Fähigkeiten, die ihn faszinierten und die er versuchte zu erkunden und zu erlernen... Die einzige Vorbereitung bestand daraus, dass ich mir im nach dem Spielen im Bett noch ein bisschen Gedanken und ein paar Notizen machte, alles andere ergab sich aus dem Spiel. Mit einem Spieler läuft das Ganze so problemlos, da war es dann im Übrigen auch kein Problem beim Spielen das eine oder andere Bier nebenbei zu vernichten (Vorischt: das kann zu extremen Entwicklungen führen, ich erinnere mich da an eine Zeitreise in die Dark Ages :) ). Das Spiel in Gruppen will ich nicht missen, aber zu zweit ist das eine einzigartige, intensive persönliche Erfahrung (so gut funktioniert das vermutlich nur mit einem Freund, den man sowieso schon gut kennt, auf Rollenspielebene und persönlich).

Ich hoffe, das ging jetzt nicht zu sehr OT. :)
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Oberkampf am 28.01.2015 | 07:33

Wenn die Kampagne aber eher einen Fokus auf soziale Interaktion hat, ist das meist kein so großes Problem: Die Spieler steuern das Abenteuer beispielsweise nach 3 Stunden Spielzeit, der Spielabend ist also noch jung, in eine völlig unerwartete Richtung, dann wird der restliche Abend eben improvisiert und am Ende sehen wir wo wir stehen, und ich kann ggf. zum nächsten Mal wieder ordentlich was vorbereiten (die Frage: Wisst ihr schon, was ihr nächstes Mal vorhabt? bietet sich dann je nach Situation an).

"Soziale Interaktion" zwischen PCs und NSCs ist doch zu 90% in der Praxis reine Spielleiterentscheidung, und damit reine Spielleiterkontrolle des Abenteuerverlaufs. Dabei ist dann immer die Frage: Wer kontrolliert die Kontrolleure? In Kämpfen sorgen - außer bei der Würfeldreherfraktion - die Kampfregeln dafür, dass auch für den Spielleiter unerwartete Ergebnisse auf den Tisch kommen können. Soziale Interaktion ist das Paradebeispiel für den allmächtigen Spielleiter.

Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Oberkampf am 28.01.2015 | 07:47
Nicht, wenn es Regeln dafür gibt.

Einverstanden. Aber mal ehrlich, wie viele Rollenspiele haben dafür ausgelegte Regeln, und wie viele nur ein paar Vorschläge, an die sich in der Spielpraxis ohnehin kaum jemand hält?
Und noch dazu: Wie viele dieser Vorschläge beschränken sich letztlich darauf, so lange Charisma- oder Skillproben zu würfeln, bis ein Attitude Change des NSC erfolgt ist, ohne über Konsequenzen versiebter Proben nachzudenken.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Sin am 28.01.2015 | 08:00
"Soziale Interaktion" zwischen PCs und NSCs ist doch zu 90% in der Praxis reine Spielleiterentscheidung, und damit reine Spielleiterkontrolle des Abenteuerverlaufs. Dabei ist dann immer die Frage: Wer kontrolliert die Kontrolleure? In Kämpfen sorgen - außer bei der Würfeldreherfraktion - die Kampfregeln dafür, dass auch für den Spielleiter unerwartete Ergebnisse auf den Tisch kommen können. Soziale Interaktion ist das Paradebeispiel für den allmächtigen Spielleiter.

Es ging mir nicht darum, eine Diskussion anzufangen, ob Kampagnen mit Schwerpunkt auf sozialer Interaktion "besser" sind, auch wenn ich sie bevorzuge, ich wollte nur feststellen, dass Kämpfe den Faktor darstellen, der Improvisation besonders schwierig machen; mit dem Beispiel, dass Dungeoncrawl in den meisten Systemen unmöglich ad hoc improvisiert werden kann. Die Spieler können bei guten Dungeons zwar durchaus einiges entscheiden, aber wenn die Spieler sagen, da wollen wir nicht rein, sondern lieber wo anderes hin, wirds problematisch (Sandboxes bieten in so einem Fall Optionen für die Spieler, aber auf die Einschränkungen, die bei Sandboxes bestehen können, bin ich ja schon eingegangen).

Ich kann dir allerdings trotzdem nicht folgen. jeder Satz den die Spieler/Charaktere aussprechen, ist eine Überraschung für mich als SL (offensichtlich auch in Spielen ohne Regeln für Soziales). Wie im normalen Leben weiß ich nie wie ein Gespräch verläuft oder was daraus resultiert. In Railroad-lastigen Abenteuern mag man davon ausgehen, dass die Spieler aus dem Gespräch Information X erhalten und dann Y tun, aber das ist doch völlig unnötig und beschissen. In einem Gespräch sind die SCs genauso mächtig wie die NSCs, die Spieler entscheiden, was sie daraus folgern oder wie sie reagieren, genauso wie ich entscheide, wie der NSC reagiert - in einem Spiel ohne soziale Regeln. Wenn man mit entsprechenden Regeln spielt, dann entscheiden halt die Würfel, wie im Kampf. Natürlich könnte man als SL in Spielen ohne soziale Regeln, die NSCs immer so reagieren lassen, wie es zu dem geplanten Abenteuerverlauf passt, aber das ist doch der Punkt: Ich will, dass meine Spieler möglichst viel Handlungsspielraum haben und sie ermutigen eigenständig zu agieren, indem die Welt auf ihre Aktionen jeglicher Art passend, genauso wie die Spieler reagiert und ich ihnen zeige, dass ihre Aktionen zählen. Ich versetze mich in die NSCs hinein, so wie die Spieler es mit ihren Chars tun. Darum gehts, wenn ich von Improvisation spreche. Und es funktioniert wunderbar.
Natürlich ist man als SL beeinflusst durch die Gedanken, die man sich vorher gemacht hat, wenn die aktuelle Szene Teil eines geplanten Abenteuers ist und nicht improvisiert, aber sobald man sich die Einstellung zu eigen gemacht hat, dass auch soziale Interaktion ergebnisoffen stattfindet, spielt das keine große Rolle mehr.

Wenn man einen SL hat, der railroaden will, dann kann man ihn nur mit Regeln davon abhalten, die er eh ablehnen wird und es wird wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass man dem SL, die Freiheiten nimmt, die man für die Spieler durchsetzen will. Aber mit Spielleitern, die ihren Spielern Gestaltungsfreiraum bieten wollen, ist Erstaunliches möglich, sobald die Spieler das mitbekommen und verinnerlicht haben.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Luxferre am 28.01.2015 | 08:26
Wenn man einen SL hat, der railroaden will, dann kann man ihn nur mit Regeln davon abhalten, die er eh ablehnen wird und es wird wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass man dem SL, die Freiheiten nimmt, die man für die Spieler durchsetzen will. Aber mit Spielleitern, die ihren Spielern Gestaltungsfreiraum bieten wollen, ist Erstaunliches möglich, sobald die Spieler das mitbekommen und verinnerlicht haben.

Es fällt mir nicht leicht, das zu sagen, aber ...

trefflich formuliert. Ich finde da viel Wahrheit aus meinem Erfahrungshorizont wieder.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 28.01.2015 | 09:08
Auf die Gefahr hin, den Thread entgleisen zu lassen:
1. Die Sandbox ist nicht der Extrempol des gewährten Gestaltungsraumes. Die von Wellentänzer angesprochene Rule of Cool ist dafür ein bezeichnendes Beispiel. In einer 100%-igen Sandbox ist es unmöglich nachträglich aus dem Nichts weitere Machtgruppen in die den etablierten Gestaltungsraum. (Spieler: "Cool wäre, wenn der Mafiaboss auftauchen würde." SL: "In der Stadt habe ich keine Mafia eingeplant. Also nicht möglich.")

2. Auch in einer 100%-igen Sandbox kann der gewährte Gestaltungsraum massiv beschnitten sein. Der SL entscheidet über den Ablauf eines Geschehens ohne SC-Beteiligung. Dieser Ablauf kann aus logischen Gesichtspunkten so aufgebaut sein, dass er durch keine Aktionen der SCs beeinflusst werden kann.
Beispiel: Die Gruppe hebt zum wiederholten Male eine Drogenküche eines Drogenbosses aus. Beim folgenden Kampf kann einer der Schergen fliehen. Der SL hatte durch seine Handlungsmaschine bereits vorher festgestellt, dass der Drogenboss als nächste Eskalationsstufe einen Auftragsmörder auf die Charaktere ansetzen wird. Deswegen hat der SL folgenden Ablauf der Ereignisse auf Grund der Weltsimulation erstellt: Scherge flieht und ruft aus einiger Entfernung den Boss an. Boss schickt den Auftragsmörder los. Die Spieler wollen das verhindern, indem sie nach dem Kampf (der etwas gedauert hatte) den Schergen verfolgen, aber egal was sie machen werden. Die Weltsimulation wird ergeben, dass der Scherge den Boss anruft.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Slayn am 28.01.2015 | 09:28
@Sin:

Fass die Sandbox in ihrer niedrigstens Ausprägung mal so auf: Aktive Spieler, Passiver Spielleiter (der nur die Welt verwaltet), nur emergente Stories möglich.
Fass die Railroad in ihrer extremsten Ausprägung mal so auf: Passive Spieler (die nur ihren Charakter in Szene erzählen dürfen), Aktiver Spielleiter, Story steht, keine emergenten Stories möglich.
Beide Extrempunkte sind stinklangeweilig und werden so kaum Spaß machen, weswegen sich normale Gruppen irgendwo dazwischen den Punkt suchen werden, der ihnen das angenehmste Spielerlebnis bringen wird.

Was du beschreibst ist aber die praktische Umsetzung des gewählten Punktes am Spieltisch, gerade wenn die (Hilfs-)Mittel, die man dazu hat (etwa die gewählten Regeln) das mal unterstützen, mal im Weg stehen und wie hier die Wechselwirkung ist.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: gunware am 28.01.2015 | 09:46
Was du beschreibst ist aber die praktische Umsetzung des gewählten Punktes am Spieltisch,
Ist nicht gerade das, was am Interessantesten ist? Was hilft eine theoretische, aber nicht-spielbare Betrachtung eines Problems?
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Slayn am 28.01.2015 | 09:54
Ist nicht gerade das, was am Interessantesten ist? Was hilft eine theoretische, aber nicht-spielbare Betrachtung eines Problems?

Es hilft, wenn man sich Gedanken um das Design eines Spiels machen will. Ich kann mir einen Punkt auf der Skala raussuchen, den ich für meine Zielgruppe halte und einfach mal vergleichen ob die Mittel, die ich für das Spiel entwickeln will, dafür sorgen oder es behindern das dieser Punkt erreicht wird.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: aikar am 28.01.2015 | 11:02
Zuerstmal: Guter Einsteigsartikel, ich bin mir aber nicht ganz sicher, was der Zweck der folgenden Diskussion ist  ;D
Aber ich geb einfach mal meinen (hoffentlich) ungefähr passenden Senf dazu.

1)
Primär finde ich es gut, dass in den letzten Jahren ein immer größerer Teil der Rollenspielerheit darauf kommt, dass es mehrere Arten des Spielens gibt und alle Spaß machen können, wenn sie den Nerv der Gruppe treffen.

Was vielleicht noch mehr durchsickern muss ist, dass auch Spielervorlieben veränderlich sind und oft von der aktuellen Befindlichkeit oder früheren Erfahrungen abhängen.
Ich leite sowohl Story-getriebene als auch Sandbox-offene Runden (zum Teil sogar parallel), einfach weil beides Spaß macht. Und auch, weil ich von beidem irgendwann genug bekomme und mich dann wiederum dem anderen zuwende.
Und interessanterweise kommen viele meiner Spieler mit beidem klar.

Natürlich gibt es gewisse Tendenzen und hier kann tatsächlich Robin. D. Laws altes Modell (Storyteller, Taktiker,etc.) immer noch gute Dienste für eine erste (!) Einschätzung der Vorlieben liefern. (In seinem "Gutes Spielleiten" findet sich übrigens auch schon der Ansatz basierend auf den Spielertypen Punkte zu vergeben um zu evaluieren, ob die Gruppe eher frei oder story-getrieben spielen will)

Vor allem muss aber die Erwartung stimmen. Ich sage zu Beginn einer Kampagne klar "Das wird sehr offen, das wird teil-offen, das wird Story-getrieben" und damit gibts dann eigentlich nie Probleme.

2)
Was ich auch interessant finde ist, dass die Argumente für extreme Sandboxen oft denen für simulationistisch-realistischen Spielsysteme ähnlich sind: Dem Wunsch nach dem Gefühl einer möglichst "realen" Welt.
In der Praxis sind aber gerade diese Systeme für die Sandbox ungeeignet, da Improvisation extrem aufwändig wird (Was vermutlich auch der Grund ist, warum die meisten DSA-Kampagnen eher geradlinig sind, obwohl die Welt für Sandboxing ideal wäre).
Leichtgewichtige Systeme erlauben dem SL hier deutlich schneller auf die (für ihn) ungeplanten Aktionen der Spieler einzugehen.
Diese sind aber meist wiederum abstrakt und damit für die "Welt-Spieler" nicht optimal, hier beißt sich die Katze also in den Schwanz. Mit einem komplexen Regelsystem eine gut improvisierte Sandbox vom Spielleiter zu fordern ist meiner Meinung nach unverschämt.

Was mich dahingehend mal interessieren würde wäre eine Statistik Sandbox-Befürworter vs. Gegner mit der zusätzlichen Information "Bin Spieler bzw. SL" und "Meist Verwendetes Regelsystem".

3)
 Die häufige Kritik "Das Abenteuer ist zu wenig Sandbox" ist, wenn man es genau überlegt, Blödsinn. Bei einer wirklichen Sandbox kann ich eben meist gar nicht auf vorgefertigte Abenteuer zurückgreifen. Material für eine Sandbox kann eigentlich nur in Form von Hintergrundinformationen und Aufhängern kommen.
Man sollte also vielleicht anfangen, Abenteuerbände (Pfade etc...) gar nicht mehr vom Blickpunkt der ultimativen Spielerfreiheit zu betrachten, sondern als eben für die Gruppe der Story-Spieler gemacht sehen. Natürlich könnte man dann spezielle Bände für Sandboxer machen, aber das wären dann eben eher Hintergrundbände und sollten auch so vermarktet werden. Ich denke, das könnte etwas Dampf aus dem Konflikt nehmen.

Und noch ein Brocken in den Raum (evtl. schreib ich später noch was dazu):
Sandbox basierend auf einer dichtbeschriebenen Welt (z.B. in Aventurien denkbar) vs. Sandbox die aus den Charakteren und Aktionen der Spieler entsteht (Dungeonworld)
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: am 28.01.2015 | 11:45
Ja, zu vielen der Äußerungen. Danke für die vielen Gedanken. Mir fällt die Diskussion ein bisschen schwer, weil ich den Eindruck habe, das Thema bereits recht lange und weit durchdrungen zu haben. Als entsprechend gering empfinde ich den Zusatznutzen vieler Einwürfe aus der Hüfte. Bitte verzeiht mir diese Arroganz. Klingt grauenhaft, ich weiß. Andererseits isses zumindest ehrlich. Bitte also um Nachsicht und ein bisschen Mitleid.

Vielleicht noch ein Wort zu denjenigen, die sich unbedingt am Begriff der "Sandbox" festbeißen wollen: das ist ein Strohmann. Der eine Extrempol ist vielmehr charakterisiert (absichtlich nicht spezifisch definiert, um übermäßiges Nitpicking direkt im Ansatz zu unterbinden) durch:

Zitat
Extrempol 1. Der SL ist neutraler Simulator der Welt. Die Rule of Cool "entwertet" Spielerentscheidungen. Plots sind per se böse. Showdowns hat es nie zu geben. Sie passieren einfach und ergeben sich natürlich aus dem Spiel. Jegliche Verletzung von Neutralität durch den SL, ja selbst die Neigung des Spielleiters zur Förderung bestimmter Handlungs- oder Aktionsmuster trägt in sich bereits den zersetzenden Keim der Unredlichkeit.

Selbstverständlich gibt es da eine große Kongruenz zu dem, was ich als Sandbox auffasse. Ich werde aber den Teufel tun und mit einer Definition um die Ecke kommen. Dann hat man nur wieder die ganzen Megakorrekten an der Backe. Ein derart weiches Thema hart zu definieren, ist halt unmöglich. Pudding an die Wand nageln und so. Hilfe!

@ 6: Du missverstehst die Aussagen ebenfalls, insbesondere zur Rule of Cool. Das, was Du forderst, steht bereits da.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 28.01.2015 | 12:06
Okay. Dann lasse ich mal den Begriff "Sandbox" aussen vor.
Im Extrempol 1 solltest Du die Rule of Cool zulassen (die entwertet die Spielerentscheidungen nicht. Die Rule of Cool läuft halt der Weltsimulation an sich entgegen. Deswegen ist sie in Sandboxen häufig problematisch) und der SL muss zwingend kooperativ (und nicht neutral) eingestellt sein, da er den Spielern volle Gestaltungsmöglichkeiten einräumen muss. Die Spieler können dabei auch auf die Weltsimulationsalgorithmen zugreifen bzw. ändern.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Wellentänzer am 28.01.2015 | 12:28
Nein. Die "Rule of Cool" ist insofern problematisch, als der SL die Position des strikt neutralen Weltensimulierers verletzt. Die Fragestellung ist nicht mehr: "Wie würde die Umwelt in Anbetracht der SC-Handlunge (oder meinetwegen auch davon unabhängig) reagieren? Die Fragestellung unter der Rule of Cool lautet: "Was würde mir als SL, vermutlich unter Berücksichtigung der mutmaßlichen Präferenzen aller Beteiligten, nun am besten in den Kram passen? Damit wird der Ereignishorizont eingeschränkt und Handlungsoptionen, die eigentlich natürlicher Weise zur Verfügung hätten stehen müssen, intentional beschnitten. Insofern läuft die Geisteshaltung, welche hinter der Rule of Cool steckt, der mit einer neutralen Weltsimulation verbundenen Maximaloffenheit entgegen.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 28.01.2015 | 12:51
Insofern läuft die Geisteshaltung, welche hinter der Rule of Cool steckt, der mit einer neutralen Weltsimulation verbundenen Maximaloffenheit entgegen.
Und genau da ist Dein Denkfehler. (Das wollte ich Dir bei meinen Beschreibungen der Sandbox oben erklären) Die neutrale Weltsimulation ist eben nicht mit der Maximaloffenheit verbunden. Im Gegenteil. Da stehen die Regeln der Weltensimulation entgegen. 
Die Rule of Cool erlaubt die Regeln der Weltsimulation ausser Kraft zu setzen wenn es den Autoren in den Kram passt. Die Autoren im Rollenspiel sind nicht zwingend alleine die SLs, sondern (gerade im Extrempol 1) auch die Spieler. Deswegen sagte ich ja, dass die Sandbox (egal wie Du die jetzt definierst) nicht den Extrempol 1 repräsentiert.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Pyromancer am 28.01.2015 | 12:53
Ich stimme 6 vollumfänglich zu.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Slayn am 28.01.2015 | 12:57
Und genau da ist Dein Denkfehler. (Das wollte ich Dir bei meinen Beschreibungen der Sandbox oben erklären) Die neutrale Weltsimulation ist eben nicht mit der Maximaloffenheit verbunden. Im Gegenteil. Da stehen die Regeln der Weltensimulation entgegen. 
Die Rule of Cool erlaubt die Regeln der Weltsimulation ausser Kraft zu setzen wenn es den Autoren in den Kram passt. Die Autoren im Rollenspiel sind nicht zwingend alleine die SLs, sondern (gerade im Extrempol 1) auch die Spieler. Deswegen sagte ich ja, dass die Sandbox (egal wie Du die jetzt definierst) nicht den Extrempol 1 repräsentiert.

Ergibt für mich keinen Sinn. Wenn die Extrempole sind "Nur emergente Stoty" vs "Absolut feste Story", dann liegt die "Rule of Cool" ggf. noch nah bei der "nur emergenten Story" aber ist schon einen Schritt entfernt, da man versucht hier in eine bestimmte Richtung zu manipulieren.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Pyromancer am 28.01.2015 | 12:59
Ergibt für mich keinen Sinn. Wenn die Extrempole sind "Nur emergente Stoty" vs "Absolut feste Story", dann liegt die "Rule of Cool" ggf. noch nah bei der "nur emergenten Story" aber ist schon einen Schritt entfernt, da man versucht hier in eine bestimmte Richtung zu manipulieren.

Es geht hier ja (laut Thread-Titel) um Gestaltungsfreiräume. Und die sind bei der klassischen Sandbox (=Weltsimulation) eben für alle Beteiligten kleiner als bei der Rule-of-Cool-wir-erzählen-und-gegenseitig-dramatischen-Scheiß-Runde.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 28.01.2015 | 13:02
In dem Fall stimme ich dem Pyromancer zu.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Slayn am 28.01.2015 | 13:08
Es geht hier ja (laut Thread-Titel) um Gestaltungsfreiräume. Und die sind bei der klassischen Sandbox (=Weltsimulation) eben für alle Beteiligten kleiner als bei der Rule-of-Cool-wir-erzählen-und-gegenseitig-dramatischen-Scheiß-Runde.

Sorry, ich hatte es nicht dazu erwähnt, weil ich es nebenan schon mal angeschnitten hatte: Bei der Rule of Cool hast du eine extrem entscheidende Begrenzung deines Gestaltungsfreiraums: Deine Mitspieler sind dein Publikum und müssen mit unterhalten werden. Die Grenze ist jetzt nicht direkt genannt, aber sie ist indirekt da. Nimm Fate hier als Beispiel und das Veto-Recht deiner Mitspieler zu bestimmen ob deine Aktion jetzt in den SIS passt oder nicht.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 28.01.2015 | 13:11
Sorry, ich hatte es nicht dazu erwähnt, weil ich es nebenan schon mal angeschnitten hatte: Bei der Rule of Cool hast du eine extrem entscheidende Begrenzung deines Gestaltungsfreiraums: Deine Mitspieler sind dein Publikum und müssen mit unterhalten werden. Die Grenze ist jetzt nicht direkt genannt, aber sie ist indirekt da. Nimm Fate hier als Beispiel und das Veto-Recht deiner Mitspieler zu bestimmen ob deine Aktion jetzt in den SIS passt oder nicht.
Und die Rule of Cool vergrössert die Möglichkeiten im SIS, weil sie die Suspense of Disbelieve anwirft. Du kannst also Sachen machen, die dem gesunden Menschenverstand zuwider laufen.
->Vergrösserung des Gestaltungsraums
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Kriegsklinge am 28.01.2015 | 13:26
Hallo Wellentänzer, das ist ein langer und interessanter Beitrag. Ich habe daran eine ganz freundliche Fundamentalkritik: Ich finde "Freiheitsgrade" als Unterscheidungskriterium zwischen verschiedenen Arten des Rollenspiels nicht so sinnvoll  :).

Die Mitspieler in Rollenspielen brauchen immer Gestaltungsspielräume, sonst ist´s kein Rollenspiel, sondern Vorlesen. Diese Spielräume können auf unterschiedlichen Ebenen liegen, also etwa eher den Plotverlauf betreffen oder den eigenen Charakter, aber die Größe oder Grad der Freiheit scheint mir da nicht das entscheidende zu sein. Ich finde es fruchtbarer, mich zu fragen, ob das Ziel des Spiels eher im Erleben eines kreativen Prozesses jetzt und hier liegt, bei dem dramaturgische und thematische Geschlossenheit hintenanstehen, oder ob das Erspielen einer Geschichte als Ergebnis des kreativen Prozesses Priorität hat. Etwas einfacher formuliert: Sollen sich die Ereignisse eines Spielabends hinterher als "gute Geschichte" erzählen lassen oder ist das nicht so wichtig?

Das, was du "Gewähren von Freiheitsgraden" nennst, sind für mich Techniken - in Regeln kodifizierte oder in der Gruppe stillschweigend angewendete - die eine der beiden Zielrichtungen unterstützen. Rollenspiel mit Fokus auf dem Verlauf lässt sich sowohl mit hohen als auch mit niedrigen "Freiheitsgraden" durchführen. Umgekehrt gilt das auch für Rollenspiel mit Fokus auf das Ergebnis.

Eine Runde "Primetime Adventures" kann sich ganz dem lebendigen Austausch von Szenen- und Konfliktideen verschreiben, sodass die erspielte Fiktion am Ende ziemlich Banane klingt (soll heißen: niemals als Serie wirklich eine Chance hätte, ständig das Genre bricht, mit wilden Zeit- und Raumsprüngen operiert, ständig einen neuen Gott aus der Maschine hüpfen lässt, nur um einen Konflikt zu erzeugen, an dem die Spieler Spaß haben). Mit dem gleichen Regelwerk und den gleichen Mitspielern kann man die Zielsetzung so verändern, dass der dramaturgische Bogen in den Mittelpunkt gerückt wird, dass Szenen sauber aneinander anschließen, dass die thematische Einheit gewahrt bleibt usw. Der entscheidene Unterschied sind dabei keine Freiheitsgrade (in beiden Fällen werden unterschiedliche Ebenen der Verfügungsgewalt über die Fiktion gesperrt bzw. zugelassen), es geht um das Ziel, auf dass diese Mittel ausgerichtet sind: Erleben des gemeinsamen kreativen Prozesses als Selbstzweck oder Erschaffen eines erzählerischen Endproduktes, das gewissen Anforderungen an Plausibilität und Kohärenz gerecht wird. Auch da gibt´s natürlich ein Kontinuum, in dem kaum eine Gruppe die Extrempole besetzen wird, klar.

Erklärt man aber die Freiheitsgrade, die Verfügungsgewalt über bestimmte kreative Ebenen zum Unterscheidungsmerkmal, kriegt man den übergeordenten Zweck nicht in den Blick, dem diese Mittel dienen. Oder?
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 28.01.2015 | 15:46
Ich stimme 6 vollumfänglich zu.

Ebenso. Um genau zu sein, lässt sich die Rule of Cool auch als Teil der Regeln auffassen, durch die die Simulation statt finden soll.

Die entscheidende Frage ist, ob man als SL gewillt ist, den Spielern die volle Entscheidungsfreiheit zu lassen und sie mit im Rahmen des gewählten Kontexts geeigneten Konsequenzen zu konfrontieren.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Arkam am 28.01.2015 | 16:33
Hallo zusammen,

mir fehlt noch zwei Punkte im Gestaltungsspielraum.
Wird davon ausgegangen das der Spielbestandteil der Spieler, also Charaktere und NPCs, optimal, was genau jetzt optimal ist und wie die Unterschiede zwischen einem Spielercharakter der verschiedene Bereiche beherrschen muss und einem NPC der ja auf eine Szene spezialisiert sein kann könnte Thema für einen neuen Thread sein, aufgestellt sein müssen oder ob auch Schnörkel und vielleicht sogar der tödliche Taschenlampenfaller gestattet ist.
Wird bei den Handlungen der Charaktere davon ausgegangen das eine möglichst perfekte Lösung, also geringster Aufwand bei maximalen Erfolg, angestrebt wird oder auch das ausspielen des erdachten Charakters und eine aufwendigere Lösung bzw. gar ein zusätzlicher Konflikt sowohl in der Gruppe als auch für die Gruppe gewünscht ist.

Gruß Jochen
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Maarzan am 28.01.2015 | 19:18
Die Sandbox ist nicht auf maximale Gestaltungsfreiheit des Spielers abgestellt, sondern der maximalen Gestaltungsfreiheit der Spieler, und damit Begrenzungen unterworfen, welche dafür sorgen, dass alle Spieler auf einer möglichst gesicherten Basis ihr Spiel angehen können, unter der entsprechenden neutralen Verwaltung des Spielleiters. Damit ist die Rule of cool als Trumpf außen vor, da der SL hier seiner Neutralität nicht gerecht wird und durch die starke Geschmacksnote von "cool" letztlich unplanbar und einseitig ins Geschehen eingreift.

Dabei möchte ich eine weitere Differenzierung zwischen Spielen hinzufügen: diejenige der Transparenz. Ob ein Spieler etwas als Railroading oder akzeptierte Beschränkung ansieht ist denke ich auch extremk davon abhängig, ob er sich bei Spielbeginn über diese Beschränkung angemessen informiert gefühlt hat.

Bezgl. Soziale Interaktion.
Sicher ist in einem Spiel ohen soziale Regeln der Spielleiter das maßgebliche Element bei der Handlungsfindung. Als Sandboxspielleiter steht er aber unter dem Mandat einer gewissen, der Spielart verpflichteten Herangehen an solche Situationen.

Die meisten Sandboxen sidn aus praktischen Gründen nicht 100% durchdesigned. Aber das Füllen der Lücken hat mit entsprechender Berücksichtigung der bestehenden Spielweltfakten und der Regeln zu erfolgen.

Bezgl. Bossanruf.
Die Spielermöglichkeiten sind genauso von der Spielweltlogik beschränkt wie für den Spielleiter. In dem Fall hätte der Scherge schnell genug verfolgt oder anderweitig neutralisiert werden müssen. Das war ihr regulärer Handlunsgspielraum.

Bezgl. "kompliziert"
Was problematisch ist, sind Spiele mit stark unorganischen und damit abstrakt zu planenden Charakterbauregeln. Ansonsten sehe ich kein Problem mit detailierteren Systemen als Basis einer Sandbox. Ich habe dabei bevorzugt als SL Rolemaster benutzt. Abstrakter sehe ich dann nur wieder als mehr Platz für Interpretationsprobleme.

Bezgl. Abenteuer
Ja, Abenteuer der klassischen Art sidn sicher nicht Sandboxtauglich. Was dem aber nahe kommt sind eben vorgefertigte Sandboxen bzw. Sandboxteile, welche Konflikte enthalten und die durch Beziehungen und Möglichkeiten vorgezeichneten Ablaufmechanismen sowie eine detaillierte Ist-/Warbeschriebung, um darauf basierend sauber extrapolieren zu können.

Bezgl. Taschenlampenfallenlasser
Der Grundcharakter des Taschenlampenfallenlassers ist unsandboxig, wenn damit ein bewußt initiiertes Versagen gemeint ist. Wenn ein schwacher Charakter es nach Regeln versemmelt, ist das hingegen so. Entsprechend solte aber dann auch am Anfang bei der Gruppenzusammenstellung ein Auge auf die Grundkompetenz für das angestrebte Spiel geworfen werden. 
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Eulenspiegel am 1.02.2015 | 22:02
Die entscheidende Frage ist, ob man als SL gewillt ist, den Spielern die volle Entscheidungsfreiheit zu lassen und sie mit im Rahmen des gewählten Kontexts geeigneten Konsequenzen zu konfrontieren.
Als SL habe ich damit eher weniger Probleme. Die imho wichtigere Frage ist: Möchte ich als Spieler in die Verantwortung genommen werden? Möchte ich als Spieler mich mit dem ganzen Meta-Zeug belasten und so viel OT denken?

Als SL habe ich kein Problem mit Spielen, die auf Player Empowerment wert legen.
Als Spieler dagegen hasse ich Spiele, bei denen von den Spielern PE verlangt wird.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: am 1.02.2015 | 22:34
Hm, okay. Ich habe immer den Eindruck, dass die Leute im Theorieforum weniger gemeinschaftlich Theoriebildung betreiben als vielmehr Haare in der Suppe finden wollen, aber mit konstruktiven Vorschlägen euphemstisch ausgedrückt ...  geizen. Der Geist, die grundlegende Idee wird weitgehend ignoriert und sich stattdessen an Kleinigkeiten abgearbeitet. Aber irgendwie ist das ja immer so und geht ja nicht nur mir so. Gelernt habe ich aber immerhin, dass die Skala mit Gestaltungsfreiraum noch nicht passend bezeichnet wird. Aber den Rest mach ich dann mal weiter im stillen Kämmmerlein aus. Bin damit raus und überlasse den Thread für was auch immer.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 2.02.2015 | 12:13
Nimm Weltensimulation vs. Literatur. Das dürften zwar nicht die beiden einzigen Pole in der Gesamtsicht auf Rollenspiele sein, aber ich glaube, dass Du damit genau den Bereich hast, den Du untersuchen willst.

EDIT:
Bevor ich es vergesse. Als dritten Pol würde ich persönlich dann Improtheater sehen. Ob es noch mehr Pole gibt, weiss ich nicht.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: sangeet am 2.02.2015 | 13:18
Die grundsätztliche Frage ist doch:

Wenn der Spieler entscheidungen Trifft, aufgrund der Weltbeschreibung des Spielleiters, dann hat er ja ein Interface, d.h. die Beschreibung, die nach gusto des SL's  gefärbt ist, d.h. das ganze ist schon besetzt, und hat eine vorauswahl.
Eine Sandbox wird es dann wenn der Spieler sagt: Hier gibt es doch bestimmt NPC X,Y, oder hier in der nähe ist doch ein See?` (Und der GM dann sagt, ja klar - nur eine paar stunden Fussweg entfernt.)


Prinzipiell ist die Frage der Freiheit an sich ja nicht beantwortet, da wir ja in interaktion mit der Umwelt stehen.

http://www.ttn-institut.de/node/512 (http://www.ttn-institut.de/node/512)

Wenn man mal vom Hexcrawl absieht, kann man ja auch eine Sandbox einfach mit unterschiedlichen Factions aufziehen, die unterschiedliche, sich mit den Spielern überschneidene Interessen haben. D.h. meiner meinung nach lassen sich auch intensive "Plots" mit einem Sandboxing Konzept umsetzen lassen. Man muss nur die Parameter für die Sandbox so wählen, das daraus eine Interessante Geschichte werden könnte.

(PS, "Der Innere Feind ist in der 2nd und 3rd Edition jeweils eine Soziale Sandbox)
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 2.02.2015 | 13:25
Wenn man mal vom Hexcrawl absieht, kann man ja auch eine Sandbox einfach mit unterschiedlichen Factions aufziehen, die unterschiedliche, sich mit den Spielern überschneidene Interessen haben. D.h. meiner meinung nach lassen sich auch intensive "Plots" mit einem Sandboxing Konzept umsetzen lassen. Man muss nur die Parameter für die Sandbox so wählen, das daraus eine Interessante Geschichte werden könnte.

Ich habe mal die wichtigen Punkte bei dem Zitat markiert. Es geht Wellentänzer ja nicht darum, dass vielleicht irgendeine Geschichte als Plot da raus kommt, sondern, dass Du als SL eine bestimmte Geschichte im Kopf hast und versuchst die so effektiv wie möglich zu präsentieren oder mit den Spielern zu erleben. Sobald Du diese Geschichte als SL vor Augen hast, musst Du zwingend die Sandbox und deren Weltensimulation daran anpassen. Wenn etwas für die Geschichte wichtig ist, dann muss das auch passieren. Die Regeln für die Weltensimulation werden dabei meistens im Wege stehen.

Allerdings kannst Du Abstriche bei beiden Konzepten in Kauf nehmen, um damit den jeweils anderen Pol entgegen zu kommen. Je mehr Weltensimulation, desto weniger Literatur. Umgekehrt genauso. Genau darum ging es Wellentänzer.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: sangeet am 2.02.2015 | 16:20
Kennt einer von den Sandbox Experten diesen Ansatz?

http://www.sinenomine-pub.com/?page_id=395
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Eulenspiegel am 2.02.2015 | 18:05
Nach einigen Nachdenken würde ich das ganze Zweidimensional sehen:

1. Dimension: vorgeplant <--> ergebnisoffen
2. Dimension: story-zentriert <--> Welt-Simulation

Und je nachdem, auf welchen Punkt in dieser zweidimensionalen Ebene wir uns befinden, kommt etwas anderes dabei heraus:
1) vorgeplante Story: klassischer Partizipationismus (von einigen auch Railroading genannt)
2) ergebnisoffene Story: Hier haben wir die "Rule of cool" und diverse "Erzählspiele" (The Pool, Primetime Adventures, Fiasco etc.)
3) vorgeplante Welt-Simulation: Das sind hauptsächlich herausforerungsorientierte Abenteuer (z.B. Dungeoncrawl oder Detektivabenteuer)
4) ergebnisoffene Welt-Simulation: Hier erhalten wir die klassische Sandbox.

Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: D. M_Athair am 17.02.2015 | 22:37
@ Eulenspiegel: Schön dargestellt.
Ich bin übrigens zu einem recht ähnlichen (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,92414.msg1930426.html#msg1930426) Ergebnis gekommen.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: am 2.12.2015 | 17:27
Im Zusammenhang mit diesem Thread und den darin aufgeworfenen Ideen ist mir heute ein Artikel auf Spiegel Online untergekommen. Noch einmal die drei Kernthesen dieses Threads in Kürze:

1. Dieser Thread stellt die These auf, dass im Rollenspiel aus Spielersicht "freier" nicht unbedingt gleichzusetzen ist mit "besser".

2. Sowohl das Gewähren als auch die Beschränkung von Handlungsspielraum der Spieler durch den Spielleiter weist spezifische Vor- und Nachteile auf. Gut orchestriertes Drama hat halt am Tisch ebenso einen Preis wie maximale Freiheit.

3. Eine Spielgruppe muss auf dem Kontinuum von Freiheit und Lenkung die jeweilige Idealposition finden. Das hängt mit individuellen und aggregierten Interessen, Normen und Werten ebenso stark zusammen wie mit der Fähigkeit des Umgangs mit negativen Sekundäreffekten von Freiheit und Lenkung, z.B. Orientierungslosigkeit oder wahrgenommene SL-Willkür.

Wenn man den Artikel im SPIEGEL (http://www.spiegel.de/netzwelt/web/open-world-games-spiele-mit-offenen-welten-a-1065299.html) unter dieser Maßgabe liest, ergeben sich die Analogien zu diesem Thread eigentlich wie von selbst. Fand ich ganz erhellend.

Vielleicht noch am Rande: habe heute nach langer Zeit mal wieder reingeschaut bei den Themen, die in den Blogs so diskutiert werden. Da richte ich das Augenmerk auf die rsp-Blogs. Und was soll ich sagen? Das Thema des kommenden Karnevals "RPG Regeln by the book oder ad-hoc verregeln?" würde sich auch wunderbar in den Thread hier fügen. Allerdings bitte ich Euch in diesem Fall, etwaige diesbezügliche Diskussionen direkt dort vor Ort zu führen. Ich fürchte nämlich hässliche, fundamentalistische Glaubenskriege. Brauche ich an dieser Stelle bitte nicht.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 2.12.2015 | 18:07
Kann man so stehen lassen. Der Artikel sagt aber noch mehr aus. Open World/Choose your own adventure/Sandbox funktioniert nur dann, wenn die Angebote interessant sind. Speziell das Erschaffen von Inhalten per Zufallstabellen birgt das große Risiko, das da einfach nur Schrott bei raus kommt. Bei einer stärker durch die Spielleitung kontrollierten Erzählung ergibt sich dieses Problem nicht so schnell, weil die Spielleitung eben die Chance hat, in jeder Situation angemessen auf die Gruppe reagieren zu können, ohne dabei allzu sehr auf die darunter liegende Hintergrundwelt achten zu müssen.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Wellentänzer am 2.12.2015 | 18:28
Kann man so stehen lassen. Der Artikel sagt aber noch mehr aus. Open World/Choose your own adventure/Sandbox funktioniert nur dann, wenn die Angebote interessant sind. Speziell das Erschaffen von Inhalten per Zufallstabellen birgt das große Risiko, das da einfach nur Schrott bei raus kommt. Bei einer stärker durch die Spielleitung kontrollierten Erzählung ergibt sich dieses Problem nicht so schnell, weil die Spielleitung eben die Chance hat, in jeder Situation angemessen auf die Gruppe reagieren zu können, ohne dabei allzu sehr auf die darunter liegende Hintergrundwelt achten zu müssen.

Bin ganz bei Dir. Ich würde das aber unter die negativen Sekundäreffekte einer freien Spielleitung fassen. Genau darum handelt es sich meiner Ansicht nach.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Haukrinn am 2.12.2015 | 18:49
Open World/Choose your own adventure/Sandbox funktioniert nur dann, wenn die Angebote interessant sind. Speziell das Erschaffen von Inhalten per Zufallstabellen birgt das große Risiko, das da einfach nur Schrott bei raus kommt. Bei einer stärker durch die Spielleitung kontrollierten Erzählung ergibt sich dieses Problem nicht so schnell, weil die Spielleitung eben die Chance hat, in jeder Situation angemessen auf die Gruppe reagieren zu können, ohne dabei allzu sehr auf die darunter liegende Hintergrundwelt achten zu müssen.

Dem kann ich mich anschließen. Zumindest wenn man Spielleitung flexibel genug (nämlich ungleich Spielleiter) definiert.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Maarzan am 2.12.2015 | 19:01
Viel Freiheit bedeutet halt auch eine steigende Verantwortung für seinen eigenen Spaß, indem man entsprechend auch als Spieler bzw. sein Charakter selbst was in die Gänge bringt.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Raptor Jesus am 2.12.2015 | 19:09
Viel Freiheit bedeutet halt auch eine steigende Verantwortung für seinen eigenen Spaß, indem man entsprechend auch als Spieler bzw. sein Charakter selbst was in die Gänge bringt.

Und genau daran hapert's meiner Erfahrung nach oft, weshalb ich mit Railroading auch kein großes Problem habe. Ich lasse mir lieber vier Stunden was unterhaltsames vorlesen, als dabei zuzusehen, wie fünf Leute vier Stunden lang um einen Tisch sitzen und nicht wissen, was sie tun sollen.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: am 2.12.2015 | 22:22
Und genau daran hapert's meiner Erfahrung nach oft, weshalb ich mit Railroading auch kein großes Problem habe. Ich lasse mir lieber vier Stunden was unterhaltsames vorlesen, als dabei zuzusehen, wie fünf Leute vier Stunden lang um einen Tisch sitzen und nicht wissen, was sie tun sollen.

Dann würde ich sagen, dass Marzaan und Du den Sweetspot offensichtlich an unterschiedlichen Stellen des Kontinuums setzt ;-)

Dem kann ich mich anschließen. Zumindest wenn man Spielleitung flexibel genug (nämlich ungleich Spielleiter) definiert.

Jaja, klar. Etwas abstrahiert ist das ja eine der großen Aufgaben von Spieledesignern ebenso wie von Spielrunden: der Umgang mit negativen Sekundäreffekten der jeweils präferierten Spielformen. Für den gelenkten Pol des Spektrums betreiben die aufgeklärteren Leute dann sowas wie Partizipationismus, immer mit der Gefahr im Nacken, dass der (zu vermeidende) Eindruck von Willkür oder Bevormundung durch den SL entsteht. Für den freieren Pol gibts hingegen Konzepte wie das von Haukrinn angedeutete Player Empowerment, um den Spielleiter zu entlasten und etwaige Phasen des Leerlaufs zu verkürzen.

Ich sehe in dieser Thematik ja übrigens sehr klar den Kern der meisten theoretischen Überlegungen ebenso wie der meisten Probleme in Spielrunden. Mein Eindruck ist auch, dass zu viele Leute den scheinbaren Verlockungen des freien Spiels erliegen, ohne die negativen Sekundäreffekte hinreichend zu berücksichtigen bzw. aktiv abzupuffern.

Als theoretische Unterfütterung bzw. Analogie habe ich dabei übrigens immer Poppers offene Gesellschaft (https://de.wikipedia.org/wiki/Offene_Gesellschaft) im Kopf - ein Konzept, das im Zuge der Attentate von Paris natürlich wieder hervorgekramt (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/philosoph-sir-karl-popper-ueber-eine-offene-gesellschaft-13913183.html) wird. Ganz analog zum Rollenspiel frage ich mich bei Popper - Achtung, Häresie! - auch, ob sich der gute Sir Karl nicht eventuell geirrt haben könnte. Denn die Überlegenheit der offenen Gesellschaft ist ja aus heutiger Sicht womöglich eine Illusion. Die westlichen Demokratien als klassisch offene Gesellschaften erscheinen gelähmt von den negativen Sekundäreffekten zu großer Offenheit. Parallel mausern sich enorm geschlossene Strukturen wieder zu großer Pracht ungeachtet der klassischen Links-Rechts-Skala, siehe etwa China, Russland, Türkei, Venezuela. Das mag wenig sympathisch sein, ich finde das aber augenscheinlich.

Nundenn, es ist spät. Noch eine rauchen und dann ins Bett. So long!
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Raptor Jesus am 2.12.2015 | 22:47
Dann würde ich sagen, dass Marzaan und Du den Sweetspot offensichtlich an unterschiedlichen Stellen des Kontinuums setzt ;-)

Echt? Kam mir gar nicht so vor. Hm.
Titel: Re: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel
Beitrag von: Boba Fett am 2.12.2015 | 22:50
Open World/Choose your own adventure/Sandbox funktioniert nur dann, wenn die Angebote interessant sind.
Naja, das kann man sogar noch globaler fassen. Rollenspiel funktioniert nur dann, wenn die Inhalte interessant sind.
Ich lasse das Wort "Angebot" mal bewust aus, um nicht festzulegen, durch wen die Inhalte/Angebote gemacht werden...

Zitat
Speziell das Erschaffen von Inhalten per Zufallstabellen birgt das große Risiko, das da einfach nur Schrott bei raus kommt. Bei einer stärker durch die Spielleitung kontrollierten Erzählung ergibt sich dieses Problem nicht so schnell, weil die Spielleitung eben die Chance hat, in jeder Situation angemessen auf die Gruppe reagieren zu können, ohne dabei allzu sehr auf die darunter liegende Hintergrundwelt achten zu müssen.

Naja...
Ob das Abenteuer nun durch Zufallsermittlung entsteht oder durch ein Kaufabenteuer,
in jedem Fall ist die Angebotsqualität abhängig von Interpretation und Präsentation durch die Spielleitung.
Gute Spieler/Spielleiter können eine miese Basis kompensieren, egal ob das nun zufällig oder anders gestaltet wurde.
Und gute Spielleiter können ebenso flexibel auf die Spieler und die Situation eingehen, wenn es sich nicht um einen vorgefertigten Plotentwurf handelt.
Das ist doch Jacke wie Hose.

Ich komme immer mehr zum Schluß, dass es egal ist, ob ich eine Sandbox mit Abenteuer-Situationsgenerator habe oder ein Kaufabenteuer. Interpretation, Präsentation und Flexibilität sind die entscheidenden Qualitätsmerkmale - und die sind vom Ursprung unabhängig - die liegen bei den Beteiligten.