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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: Text am 4.08.2014 | 22:43

Titel: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 4.08.2014 | 22:43
Könnt ihr mir mal Feedback geben zu einer Sache die mir gerade durch den Kopf geht:
1. Gibt es dafür Fachbegriffe?
2. Ist da überhaupt etwas dran, oder rede ich Blödsinn?

Die These ist dass man bei Rollenspiel-Mechaniken zwischen zwei Extremen unterscheiden kann: "Alles ist speziell" und "Alles ist gleich".

Beispiel für "alles ist speziell": Pathfinder
Beispiel für "alles ist gleich": FATE (oder noch extremer: Risus)


Der Nachteil von "Alles ist speziell": Die Anzahl der Möglichkeiten (Dinge die man tun kann) ist durch das System beschränkt. Die Regeln werden sehr schnell sehr komplex. Als Konsequenz hat das System oft einen klaren Fokus auf einem bestimmten Aspekt (in der Regel Kampf). Der Vorteil ist, dass sich unterschiedliche Sachen wirklich unterschiedlich spielen - und Entscheidungen wirklich eine Auswirkung auf das Spielgefühl (im spielmechanischen Sinn) haben.

Der Nachteil von "Alles ist gleich": Es gibt zwar unendlich viele Möglichkeiten, aber die fühlen sich mechanisch alle gleich an. Es neigen auch alle Sachen dazu irgendwie gleich schwer zu sein. Der Vorteil ist, dass das System schlanker und einfacher ist - und dass man wesentlich kreativer und freier auswählen und kombinieren kann.


Bei der Charaktererstellung kann man das recht leicht festmachen: ein Klassen-basiertes System ist das Extrem auf der "Alles ist speziell" Seite (Jede Klasse hat ihre eigenen Regeln die mechanisch auch anders funktionieren, man kann die aber nicht mischen - oder wenn dann nur nach bestimmten Regeln). Klassenlose Systeme tendieren mehr oder weniger stark in  die "alles ist gleich" Richtung (entweder es gibt ein Punktesystem mit dem sich jeder Charakter in jedes Regel-Subsystem "einkaufen" kann, ggf. zu unterschiedlichen Preisen - oder es gibt ein komplett freies System mit dem man sich den Fluff zu einzelnen regelmechanischen Schablonen selber ausdenken kann).

Beim eigentlichen Spiel kann man ebenfalls zwischen den beiden Tendenzen unterscheiden:

Ein "alles ist speziell" System bietet für fast alles was ich versuchen kann ein eigenes Subsystem. Was dazu führt dass in einer konkreten Situation die Schwierigkeit für eine bestimmte Aktion quasi "objektiv" vom System vorgegeben wird (Beispiel: ich will jemanden umschubsen: in Pathfinder ist das CMB gegen CMD würfeln. Das ist eine spezielle Regel die ich im Bedarfsfall nachschlagen kann/muss. Die Erfolgschancen lassen sich "objektiv" aus Werten auf den Charakterblättern errechnen). Dementsprechend kann es "objektiv" bessere oder schlechtere Taktiken geben (die sich je nach Situation objektiv unterscheiden können).

Bei einem "alles ist gleich" System hingegen wird alles was ich machen kann mit derselben Regel abgewickelt. Erfogswahrscheinlichkeiten werden "subjektiv" (on the fly wie es zur Erzählung passt) festgelegt. Dementsprechend gibt es keine "objektiv" bessere Taktik im klassischen Sinn, sondern höchstens eine "subjektiv" dramaturgisch bessere (z.B. bei Risus macht es keinen Unterschied ob ich jemanden umschubse oder etwas anderes mache - es ist immer dieselbe Mechanik. Es geht immer darum um die Ecke zu denken und sich eine möglichst weit hergeholte Geschichte auszudenken wie man die Aktion mit einer Charaktereigenschaft verknüpft).

(Disclaimer: das hier soll kein Plädoyer für die eine oder für die andere Tendenz sein. Ich versuche hier nur meine Gedanken zu ordnen und möglichst wertneutral einen Unterschied herauszuarbeiten.)
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: rettet den wald am 4.08.2014 | 22:52
Das erinnert mich an die "Task Resolution" vs. "Conflict Resolution" Geschichte. Passt aber nicht wirklich perfekt zu dem, was du hier beschreibst.

Mir fällt spontan kein Fachbegriff für diese Unterscheidung ein... Aber ich würde sagen ja, diese beiden Strömungen existieren.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 4.08.2014 | 22:54
Design wie das bei D&D nennt man "Exception-based Design"
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: La Cipolla am 4.08.2014 | 22:55
Das Phänomen gibt es definitiv, allein schon, weil du es gerade beschrieben hast. ^^'' Ist imho eine wichtige Entscheidung, die man als Designer treffen kann; sozusagen die Frage, wo zwischen "spezifisch" und "allgemeingültig" man die Regeln einordnet. Hat beides seine Vorteile, und meistens ist es ja sowieso ein Mittelweg (Pathfinder benutzt auch keine andere Würfelsorte für jede einzelne Fertigkeit). Momentan geht der Trend meines Erachtens eher in Richtung "Verallgemeinern", wobei gewisse Sachen auch andere Impulse haben. D&D5 bspw. versucht nach der vierten Edition, gerade im Feeling wieder mehr Unterschied in die Klassen zu kriegen. Wobei Feeling natürlich nicht zwangsweise nur über Regeln geht, aber das ist dann wieder eine andere Frage.

Deine Einschätzungen würde ich aber nicht unbedingt teilen. Klassenlose Systeme können da auch sehr eigen sein -- etwa Savage Worlds, das schon standardmäßig Würfel und Karten benutzt und generell viele verschiedene Systeme für alles mögliche erlaubt, wenn man Bock drauf hat -- und Klassensysteme auch vergleichsweise einheitlich (mir fallen D&D4, Dragon Age oder EotE ein).

Allgemein ist es schwierig zu verallgemeinern, weil es so viele verschiedene Wege gibt, Regeln ähnlich zu gestalten, in einem Mechanismus zusammenzufassen oder komplett abzuspalten. Vergleiche gestalten sich da sicherlich schwierig. Man könnte bspw. D&D auch als Beispiel für Vereinheitlichung nennen, weil es w20 + Attribut + proficiency relativ konsequent durchzieht.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Antariuk am 4.08.2014 | 22:57
Ich denke schon dass an der Idee, zumindest theoretisch was dran ist. Bis auf Slayn's Nennung von Exception-based Design kenne ich leider keine allgemeingültigen Begriffe, aber da hat TheForge doch bestimmt schonmal irgendeine Systematik zu ausgespuckt :D Aprospros TheForge, der Grund warum ich das für eher theoretisch halte ist dass zwei deiner Beispiele streitbar sind: Pathfinder hat viele Sonderregeln und -Fähigkeiten für Klassen und Monster, aber letztendlich agieren die meisten von denen wieder im gleichen, relativ engen Bezugsrahmen des zugrundeliegenden Systems (weil sie sich auf Attribute, Level, HD, Rettungswürfe, oder Kampf beziehen). Im Gegenzug bei FATE, wo Aspekte wirklich alle dieselbe Mechanik haben, können Charaktere auch sehr unterschiedlich sein (in meiner letzten Runde war ich Werwolf, mein Kumpel Magier - wir hatten sehr unterschiedliche Charaktere). Daher würde ich das genau wie die GNS-Theorie eher anteilig in Spielen sehen als absolut.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 4.08.2014 | 23:03
Das erinnert mich an die "Task Resolution" vs. "Conflict Resolution" Geschichte. Passt aber nicht wirklich perfekt zu dem, was du hier beschreibst.

Mir fällt spontan kein Fachbegriff für diese Unterscheidung ein... Aber ich würde sagen ja, diese beiden Strömungen existieren.
Das ist ja lustig: ich bin selbst auch schon über "Task Resolution" gestolpert. Wollte dieses Thema eigentlich erst "Was ist das Gegenteil von Task Resolution?" nennen. Habe dann mal kurz danach gesucht und bin auch zu dem Schluss gekommen, dass es zwar irgendwie ähnlich ist aber nicht ganz das selbe.  ;D

Der Unterschied ist ja, wenn ich das richtig verstanden habe, dass "Task Resolution" feingranularer ist als "Conflict Resolution".

Aber "Conflict Resolution" scheint tendenziell schon eher zusammen mit "Alles ist Gleich" aufzutreten - und "Task Resolution" zusammen mit "Alles ist speziell"...

Evtl. weil sowohl "Task Resolution" als auch "Alles ist speziell" simulationistisch ist? Oder weil beides kleinteilig ist? (Das eine bei der Aktions-Größe, das andere beim Geltungsbereich einer Regelmechanik)
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Pyromancer am 4.08.2014 | 23:06
Das ist ja lustig: ich bin selbst auch schon über "Task Resolution" gestolpert. Wollte dieses Thema eigentlich erst "Was ist das Gegenteil von Task Resolution?" nennen. Habe dann mal kurz danach gesucht und bin auch zu dem Schluss gekommen, dass es zwar irgendwie ähnlich ist aber nicht ganz das selbe.  ;D

Der Unterschied ist ja, wenn ich das richtig verstanden habe, dass "Task Resolution" feingranularer ist als "Conflict Resolution".

Aber "Conflict Resolution" scheint tendenziell schon eher zusammen mit "Alles ist Gleich" aufzutreten - und "Task Resolution" zusammen mit "Alles ist speziell"...

Evtl. weil sowohl "Task Resolution" als auch "Alles ist speziell" simulationistisch ist? Oder weil beides kleinteilig ist? (Das eine bei der Aktions-Größe, das andere beim Geltungsbereich einer Regelmechanik)

"Wenn der SC irgend etwas tun will, dessen Ausgang unsicher ist, würfle 1W6, bei 1-3 geht es schief, bei 4-6 klappt es." ist ganz klar Task Resolution, und ganz klar "Alles ist gleich".
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 4.08.2014 | 23:10
"Wenn der SC irgend etwas tun will, dessen Ausgang unsicher ist, würfle 1W6, bei 1-3 geht es schief, bei 4-6 klappt es." ist ganz klar Task Resolution, und ganz klar "Alles ist gleich".
Zweifellos. Welches Rollenspiel ist das denn? (Und: hat das noch mehr Regeln? Im Prinzip ist damit doch schon der ganze Crunch abgehandelt, oder?)

Wie könnte denn das Gegenteil dazu aussehen? ("Exception Based Design" und "Conflict Resolution" zusammen in einem Spiel)

Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 4.08.2014 | 23:10
@Text

"Task Resolution" beschreibt erst mal nur eine Mechanik mit der man im Spiel zu einem Ergebnis kommt. Meistens das was mal als Kern eines Systems betrachtet, etwas "Würfel 1d20 über Zahl X", mehr erst mal nicht.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 4.08.2014 | 23:14
Wie könnte denn das Gegenteil dazu aussehen? ("Exception Based Design" und "Conflict Resolution" zusammen in einem Spiel)

Ok, grundlegendes zum Exception-based Design. Es bedeutet, grob ausgedrückt: Man macht immer alles nach Schema A. Außer Fall B tritt ein, dann macht man es nach Schema B, außer Fall C tritt ein ....

Um bei deinem Pathfinder Beispiel zu bleiben: Hier modelliert man ganze Objekte und stellt sie für den Exception Fall bereit. Alles läuft gleich bis der Feuerball ins Spiel kommt, dann greift man zum Objekt Feuerball und lässt dessen spezielle Regeln ablaufen.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: alexandro am 4.08.2014 | 23:28
Ich denke da gibt es noch mehr Abstufungen.

"Exception-based design" ist ja im Grunde auch nichts anderes, als eine endliche Anzahl von Regelkomplexen, welche in bestimmter Kombination zur Anwendung gebracht wird. Bestes Beispiel ist wohl Magic, wo die Kernregeln kaum variieren, aber alle Karten trotzdem unterschiedliche Sachen machen. Beispiel dafür wäre z.B. D&D/Pathfinder.

Es gibt auf der anderen Seite auch Spiele, in denen die einzelnen Systeme unterschiedliche Sachen abbilden, dies aber mit deutlich weniger Variation an Mechanismen erreichen. Hier wäre die nWoD das Paradebeispiel.

Bei "allgemeinen" Systemen, auf der anderen Seite, gibt es dann wiederum diejenigen Systeme, welche alles über einen Kamm scheren (oft mit "conflict resolution") und Variation in den Mechanismen vermeiden. Und dann gibt es diejenigen, welche verschiedene Subsysteme haben, welche aber nicht zweckgebunden sind, sondern durch ihre Kombinationen für Einzigartigkeit sorgen (im Gegensatz zu EBD sind die Kombinationen nicht vorgegeben).

Mögliche Kenngrößen für Systeme wären also:
- Anzahl der Regel-Permutationen
- Gebundenheit einer Regel an einen bestimmten Teil des SIS
- Kombinationsfähigkeit einer Regel-Permutation mit anderen Regel-Permutationen
- Häufigkeit der Anwendung einer bestimmten Regel
- Interpretationspielraum der Spielteilnehmer
etc.pp.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Mamenchi am 4.08.2014 | 23:37
=) ist dein System bald fertig?
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 4.08.2014 | 23:56
Design wie das bei D&D nennt man "Exception-based Design"
Danke! Gefällt mir, der Begriff.

Allgemein ist es schwierig zu verallgemeinern, weil es so viele verschiedene Wege gibt, Regeln ähnlich zu gestalten, in einem Mechanismus zusammenzufassen oder komplett abzuspalten. Vergleiche gestalten sich da sicherlich schwierig. Man könnte bspw. D&D auch als Beispiel für Vereinheitlichung nennen, weil es w20 + Attribut + proficiency relativ konsequent durchzieht.
Die Komplexität bei Pathfinder sehe ich eher bei tausenden von Feats, von denen ungefähr die Hälfte eine ganz bestimmte Regel situativ anpasst, jeder Menge Klassenfähigkeiten, verschiedener Aktionstypen, Bonustypen, Regeln für Gelegenheitsangriffe und Kampfmanöver, etc.. Natürlich glaube ich dir sofort, dass ein noch komplexeres System denkbar ist.

Es gibt da aber wohl auch praktische Grenzen: ein absichtlich veruneinheitlichtes Spielsystem wird irgendwann unspielbar. Deswegen muss jedes veruneinheitlichte Spiel irgendwo Kompromisse eingehen und einen bestimmten Grad an Vereinheitlichung akzeptieren.  ;)

Ich denke aber bei meinem "alles ist speziell" Konzept geht es weniger darum dass Regeln nicht vereinheitlicht werden. Das ist eher das Mittel zum Zweck. Der Zweck aber scheint mir eher zu sein: jede Option soll taktisch andere Möglichkeiten haben. Wenn jetzt zum Beispiel für eine ganz bestimmte Aktion niedrige Würfelergebnisse besser sind als hohe (und auch alle Modifikatoren entsprechend andere Vorzeichen haben), dann ist das zwar uneinheitlicher - aber es ist halt nur anders, ohne dafür eine neue taktische Option zu geben (Um bei D&D zu bleiben: ein bisschen so wie die absteigende AC mit THAC0 vs. aufsteigende AC Sache - funktioniert anders, macht aber im Prinzip das gleiche und bringt keine zusätzliche taktische Tiefe. Ein Feat das mir absteigende AC und THAC0 statt aufsteigender AC gibt wäre total nutzlos. Abgesehen davon dass es meine Gegenspieler mit für sie ungewohnten Tabellen ärgert.)

Aprospros TheForge, der Grund warum ich das für eher theoretisch halte ist dass zwei deiner Beispiele streitbar sind: Pathfinder hat viele Sonderregeln und -Fähigkeiten für Klassen und Monster, aber letztendlich agieren die meisten von denen wieder im gleichen, relativ engen Bezugsrahmen des zugrundeliegenden Systems (weil sie sich auf Attribute, Level, HD, Rettungswürfe, oder Kampf beziehen). Im Gegenzug bei FATE, wo Aspekte wirklich alle dieselbe Mechanik haben, können Charaktere auch sehr unterschiedlich sein (in meiner letzten Runde war ich Werwolf, mein Kumpel Magier - wir hatten sehr unterschiedliche Charaktere). Daher würde ich das genau wie die GNS-Theorie eher anteilig in Spielen sehen als absolut.
Dass Charaktere zum Beispiel in FATE sehr unterschiedlich voneinander sein können hatte ich oben sogar versucht explizit  als Vorteil von "alles ist gleich"-Systemen anzusprechen:

Bei einem "alles ist gleich" System kann ich einen Werwolf spielen wenn ich es will. Oder einen Werwolf-Piraten-Ninja. Auf charakterrollenspielerischer Ebene und auf Ideen-Ebene gibt mir ein "alles ist gleich" System (trotz seines Namens) sogar wesentlich mehr Freiheiten und Möglichkeiten als ein "alles ist speziell" System (bei dem ich nur dann einen Werwolf-Piraten-Ninja spielen kann, wenn das System Regeln für das Spielen für Werwölfen, Piraten und Ninjas hat - und auch vorsieht dass der Spieler diese kombinieren kann). Das ist der Vorteil.

Aber dieser Vorteil wird erkauft damit, dass der Werwolf am Ende keine objektiv anderen taktischen Möglichkeiten ins Spiel bringt. Aus regelmechanischer Sicht unterscheidet sich der Werwolf nicht von einem Boxer mit gleichen Skills. Bloß auf der subjektiven Ebene ("wie würden die Leute in dieser Situation auf einen Boxer reagieren?", etc.).

Oder anderes Beispiel: Magie. In FATE gibt es gar kein Magie-Regel-System und dadurch hat der Spieler unendlich viele Möglichkeiten zu definieren welche Zauber sein Magier wirkt. Dafür tun regelmechanisch alle Zauber das selbe und sind gleich stark (nämlich Skillwert+4wF+Aspekte+Fatepunkte). Bei Pathfinder hast du nur die Wahl zwischen ein paar vorgefertigten Zaubern und dein Magier kann dann genau die. Aber jeder von den Zaubern funktioniert anders und reagiert anders mit der Umgebung (Exception Based Design eben).

Vielleicht kann man es ja besser so ausdrücken: bei einem "alles ist speziell" System (Exception Based Design) steigt die Anzahl der Möglichkeiten direkt proportional mit der Anzahl der Sonderregeln. Bei "Alles ist gleich" Systemen sind die Möglichkeiten nicht durch die Anzahl der Sonderregeln begrenzt - aber dafür haben viele der unbegrenzten Möglichkeiten auch keine Auswirkung auf die Mechanik.

Oder noch mal anders: Bei "Alles ist gleich" ist als Herausforderung für den Spieler eher Geschichtenonkel (was passt gerade dramaturgisch um diese Geschichte zu erzählen?), "Alles ist speziell" ist eher Mac Guyver (wie kann ich die Mittel die ich gerade zur Verfügung habe in dieser Situation nutzbar machen?).

"Task Resolution" beschreibt erst mal nur eine Mechanik mit der man im Spiel zu einem Ergebnis kommt. Meistens das was mal als Kern eines Systems betrachtet, etwas "Würfel 1d20 über Zahl X", mehr erst mal nicht.
Bist du sicher dass das in diesem Zusammenhang mit Task Resolution gemeint ist? Dann wäre Task Resolution ja nicht mehr das Gegenteil, sondern ein Überbegriff von Conflict Resolution, oder?

=) ist dein System bald fertig?
Nein, dauert wohl noch eine Weile.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Feuersänger am 5.08.2014 | 00:33
"Exception-Based Design" geht freilich bei der D20-Familie noch weiter. Da haben wir Grundregeln, Ausnahmen von diesen Grundregeln und Ausnahmen von den Ausnahmen. Der Kernsatz daran ist "Specific trumps general". Irgendwann sind so viele Ausnahmen ineinander verschachtelt, dass du ganz kirre wirst.

Beispiel:
Grundregel: du kannst dich im Kampf frei bewegen, also z.B. auf einen Gegner zubewegen und ihn angreifen.
Ausnahme: wenn du dabei ein bedrohtes Feld verlässt, ziehst du einen Gelegenheitsangriff.
Ausnahme von der Ausnahme: ...außer, du machst nur einen 5'-Schritt, oder hast Spring Attack, oder kannst Tumblen, oder hast irgendeine andere Mechanik, die dich vor Gelegenheitsangriffen schützt.
Ausnahme von der Ausnahme von der Ausnahme: außer, dein Gegner hat z.B. die Thicket of Blades Stance. Dann ziehst du trotzdem einen Gelegenheitsangriff.
...und das ist nur ein Ausschnitt, es gibt noch jede Menge Sonderfälle, die hier triggern und sich gegenseitig beeinflussen können.

Oder wenn du dir die Spezialangriffe anschaust: da gibt es z.B. Bull Rush, Disarm, Overrun, Trip, Grapple etc... und alle funktionieren irgendwie anders, in 3.5 jedenfalls. Mal sind vergleichende Stärkeproben gefragt, mal Angriffswürfe, mal Gewandheit... immerhin, so kannst du dir von Fall zu Fall überlegen, was jetzt die beste Methode sein könnte.
Pathfinder geht hier einen Schritt in Richtung "Alles ist gleich". Es ist völlig wurscht ob du einen Bull Rush, Trip oder sonstwas machen willst, du würfelst immer auf Kampfmanöver gegen Kampfmanöver-Verteidigung. (Genau dieses "Alles ist Gleich"-Gefühl war übrigens der Grund, warum wir damals die PF-Kampfmanöver nach ein paar Sitzungen Ausprobieren über Bord geworfen haben und wieder zu den alten Spezialattacken zurück sind.)

Aber andererseits geht PF eben auch, genau wie du sagst, teilweise wieder in die andere Richtung "Alles ist speziell" -- nämlich dadurch, dass die meisten Feats dort viel situationsbezogener sind als in 3.5. Es ist also mitnichten so, dass dort eine strikte "Alles wird gestreamlined"-Linie verfolgt würde. Aber der Grundgedanke des "Exception-based Design" bleibt gleich.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: 1of3 am 5.08.2014 | 09:20
Kurz Begriffsgeschichte: Im Rollenspieldiskurs kam der Begriff "Exception-based Design" erst mit D&D4 auf. (In anderen Bereichen war der Begriff schon vorher gängig, z.B. bei Trading Card Games.) Die Autoren wollten also kommunizieren, dass sie diese Methode für die neue Edition nun verstärkt verfolgen wollten - im Gegensatz zu D&D 3.x.

Wie kommt das? Die Basismechanismen in der 4e sind viel einheitlicher und schmaler. Dafür wird gewissermaßen alles vor Ort mit Sonderregeln gemacht. Da kommen dann auch häufig Muster raus, Angriffskräfte haben diese sprichwörtliche Form von "3W4 + hochgezogene Unterhose", aber das weiß man erst, nachdem man die Kräfte gelesen hat.

Im Grunde war dieses Exception-based Design also "genau wie bei Magic: The Gathering". Es ist nach diesem Verständnis gerade kein Merkmal von Exception-based Design, dass die Abwicklung von Bull Rush völlig anders ist als die von Trip, wie Feuersänger das Wort eben benutzt hat. Exception-based Design bedeutet, dass man überhaupt nicht trippen kann, bevor diese Möglichkeit irgendwo her kommt.

Die größte Merkwürdigkeit in 4e ist denn auch die Regel für Charge. Jeder kann als Aktion einen Sturmangriff machen und danach einen Basisangriff. Nach Logik des Exception-based Design hat das in den Grundregeln nichts zu suchen.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Feuersänger am 5.08.2014 | 09:41
Das wundert mich grad ein wenig, dass der Begriff von der 4E kommen soll. Ich bild mir ein, ihn schon viel früher gelesen zu haben, womöglich schon 2002 (vermutlich bei Monte Cook).
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 5.08.2014 | 09:49
@1of3:

Hier verfremdet man ja auch einen Begriff aus der Softwareentwicklung.
Grundlegend bedeutet das dort ja auch nur das man Ausnahmen erwartet, deren Abwicklung vorformuliert und dann wieder mit dem gewohnten Schema fortfährt.

Ich habe also einen "Standard Angriff" und dann überlege ich mir welche Abweichungen es davon geben kann und wie diese zu handhaben sind.

Ob diese Abweichung jetzt als vorformulierte Objekte daher kommen (Spells, Powers) oder ich die Narrative der Aktion nehme und daraus ad-hoc etwas formuliere ist dabei erst mal nebensächlich.
(Ich kann das Feat "Power Attack" nutzen (wenn es zur Aktion passt) oder ich kann "Power Attack" beschreiben und so die Mechanik anpassen, beides geht so lange es an der Stelle vorgesehen ist)

Im Kontext der 4E wird der begriff einfach dadurch überdehnt das sie "vereinheitlichte Handhabung mit weniger Divergenzpunkten" meinten.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Sashael am 5.08.2014 | 11:55
Die größte Merkwürdigkeit in 4e ist denn auch die Regel für Charge. Jeder kann als Aktion einen Sturmangriff machen und danach einen Basisangriff.
Ähm ... nö. Charge ist kein Sturmangriff, sondern eine Aktion, die eine Kombination von einer Bewegung und einer Aktion, entweder einem Bullrush oder einer Basisattack, darstellt. Nur durch ausgeben eines Actionpoints kann man nach einem Charge noch eine Basisattack machen.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: 1of3 am 5.08.2014 | 11:56
Das meinte ich. Man kann eine Bewegung und danach einen Angriff machen als eine Aktion.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 5.08.2014 | 12:02
Jupp. Rein vom Design her fällt diese Handhabung schon aus dem Standard raus.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: condor am 5.08.2014 | 13:38
Ich bin nicht so der Theorie-Fuchs, aber ein gängiger Begriff, der hier passen könnte, ist vielleicht noch "Streamlining". Das bezieht sich allerdings eher auf das Problem, wenn Systeme tendenziell unabsichtlich und/oder unnötig fragmentiert sind und verschiedene Regelsets Kompatibilitätsprobleme haben. "Alles ist gleich" hat wohl automatisch ein hohes Streamlining, "Alles ist speziell" aber zumindest die Möglichkeit dazu.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 5.08.2014 | 13:52
Ich bin nicht so der Theorie-Fuchs, aber ein gängiger Begriff, der hier passen könnte, ist vielleicht noch "Streamlining". Das bezieht sich allerdings eher auf das Problem, wenn Systeme tendenziell unabsichtlich und/oder unnötig fragmentiert sind und verschiedene Regelsets Kompatibilitätsprobleme haben. "Alles ist gleich" hat wohl automatisch ein hohes Streamlining, "Alles ist speziell" aber zumindest die Möglichkeit dazu.

Nein, das hat damit gar nichts zu tun sondern betrifft eher den Unterschied zwischen "Rulings" und "Rules".
Ein "streamlined" System versucht einen regel-Kern zu wahren auf den dann alles andere "gemapped" ist, also immer wieder die gleichen Task Resolution Mechanismen, ggf. leicht modifiziert durch Exceptions, anzuwenden um so die Handhabung leichter zu machen.

Das Gegenteil ist dann ein System dessen Subsysteme sich fundamental von dem hauptsächlich angewandten Task Resolution Mechanismus unterscheidet und diese ggf. auch keinerlei Overlap aufweisen.

Als Beispiel: In Pathfinder werden ganze Armeen als "Monster Stat Block" abgebildet und der Massenkampf ist nah am persönlichen Kampf gehalten.
In Pendragon nutzt man das Massenkampfsystem, das rein gar nichts mit dem persönlichen Kampf zu tun hat.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Lord Verminaard am 5.08.2014 | 13:53
Um mal auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen.

Der gesuchte Begriff lautet "Crunch". Je spezieller, desto Crunch.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Keuner am 5.08.2014 | 14:00
Wobei der Umkehrschluss nicht gelten muss.

Man kann ja auch sehr viel Regeln zu einem resolution mechanic fabrizieren. Ob man das tun sollte...
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: 1of3 am 5.08.2014 | 15:48
Gibt großartige Beispiele von wirklich schwierigen Spielen, die aber ziemlich crunch-frei sind. With Great Power, Capes sind ja meine allzeitigen Favoriten.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Sashael am 5.08.2014 | 18:16
Das meinte ich. Man kann eine Bewegung und danach einen Angriff machen als eine Aktion.
Mit der Einschränkung, dass nach dieser Aktion keine Bewegung mehr möglich ist. Aber I get your point. Auch wenn ich das jetzt nicht als merkwürdig oder gar dramatisch ansehe.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 5.08.2014 | 18:23
Mit der Einschränkung, dass nach dieser Aktion keine Bewegung mehr möglich ist. Aber I get your point. Auch wenn ich das jetzt nicht als merkwürdig oder gar dramatisch ansehe.

Ist es nicht. Es ist nur eine wirre Ausnahme im Design.
Mal abgesehen von ein paar der späteren und echt wirren Powerz könnte man hingehen und die Logik hinter der 4E rechtsimpel programmieren.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: alexandro am 5.08.2014 | 18:44
Ein Problem des "exception-based design" ist sicherlich das der "leeren Verweise".

Damit meine ich obskure Sonderregeln, welche nicht wirklich zu Ende gedacht und deren Auswirkungen auf das restliche Funktionsgefüge nicht wikrklich bedacht wurde. Bei PF gibt es z.B. eine Regel, nach welcher die SC auf den Rücken von sehr großen Kreaturen klettern, springen und dann darauf balancieren können. Nur wurde dabei nicht wirklich bedacht, was für Auswirkungen jetzt auf Angriffe gegen diese Kreaturen haben soll - da dieser Stunt sehr gefährlich und schwierig ist, erwartet irgendwie mehr als "OK, und jetzt mach einen normalen Angriff gegen die Rüstungsklasse der Kreatur.".
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Pyromancer am 5.08.2014 | 18:51
Ein Problem des "exception-based design" ist sicherlich das der "leeren Verweise".

Damit meine ich obskure Sonderregeln, welche nicht wirklich zu Ende gedacht und deren Auswirkungen auf das restliche Funktionsgefüge nicht wikrklich bedacht wurde. Bei PF gibt es z.B. eine Regel, nach welcher die SC auf den Rücken von sehr großen Kreaturen klettern, springen und dann darauf balancieren können. Nur wurde dabei nicht wirklich bedacht, was für Auswirkungen jetzt auf Angriffe gegen diese Kreaturen haben soll - da dieser Stunt sehr gefährlich und schwierig ist, erwartet irgendwie mehr als "OK, und jetzt mach einen normalen Angriff gegen die Rüstungsklasse der Kreatur.".

Reicht es nicht, dass man auf dem Rücken nicht mehr übertrampelt werden kann und wahrscheinlich auch außerhalb der Reichweite vieler anderen Waffen der Kreatur ist?
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 5.08.2014 | 18:56
Ein Problem des "exception-based design" ist sicherlich das der "leeren Verweise".

Damit meine ich obskure Sonderregeln, welche nicht wirklich zu Ende gedacht und deren Auswirkungen auf das restliche Funktionsgefüge nicht wikrklich bedacht wurde. Bei PF gibt es z.B. eine Regel, nach welcher die SC auf den Rücken von sehr großen Kreaturen klettern, springen und dann darauf balancieren können. Nur wurde dabei nicht wirklich bedacht, was für Auswirkungen jetzt auf Angriffe gegen diese Kreaturen haben soll - da dieser Stunt sehr gefährlich und schwierig ist, erwartet irgendwie mehr als "OK, und jetzt mach einen normalen Angriff gegen die Rüstungsklasse der Kreatur.".

Das finde ich jetzt gar nicht mal so schlimm. Am Ende gibt es immer noch einen SL der hoffentlich kompetent genug ist so etwas zu handhaben und dann eine konkrete Hausregel stricken um das zu fixen.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 5.08.2014 | 20:32
Kurz Begriffsgeschichte: Im Rollenspieldiskurs kam der Begriff "Exception-based Design" erst mit D&D4 auf. (In anderen Bereichen war der Begriff schon vorher gängig, z.B. bei Trading Card Games.) Die Autoren wollten also kommunizieren, dass sie diese Methode für die neue Edition nun verstärkt verfolgen wollten - im Gegensatz zu D&D 3.x.

Wie kommt das? Die Basismechanismen in der 4e sind viel einheitlicher und schmaler. Dafür wird gewissermaßen alles vor Ort mit Sonderregeln gemacht. Da kommen dann auch häufig Muster raus, Angriffskräfte haben diese sprichwörtliche Form von "3W4 + hochgezogene Unterhose", aber das weiß man erst, nachdem man die Kräfte gelesen hat.

Im Grunde war dieses Exception-based Design also "genau wie bei Magic: The Gathering". Es ist nach diesem Verständnis gerade kein Merkmal von Exception-based Design, dass die Abwicklung von Bull Rush völlig anders ist als die von Trip, wie Feuersänger das Wort eben benutzt hat. Exception-based Design bedeutet, dass man überhaupt nicht trippen kann, bevor diese Möglichkeit irgendwo her kommt.

Die größte Merkwürdigkeit in 4e ist denn auch die Regel für Charge. Jeder kann als Aktion einen Sturmangriff machen und danach einen Basisangriff. Nach Logik des Exception-based Design hat das in den Grundregeln nichts zu suchen.
Demnach wäre "Exception based design" dann ein Misch-Ding auf halbem Weg zwischen "alles ist gleich" und "alles ist speziell", oder?

Mal eine Test-Frage:
Wenn FATE mit einer Liste von je 250 vorgefertigten Aspekten und Stunts kommen würde, aus denen man  sich welche aussucht anstatt sich selbst welche ausdenken zu können, wäre FATE dann ein Beispiel von "Exception based design"? (unter der Annahme dass bei jedem vorgefertigten Aspekt auch exakt aufgeführt ist unter welchen Bedingungen man ihn einsetzen kann)
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 5.08.2014 | 20:39
Ein Problem des "exception-based design" ist sicherlich das der "leeren Verweise".
Im Sinne von "exception based design" neigt zu Bugs? (weil es selbst für die Regelschreiber zu komplex ist)

Oder im Sinne von "exception based design" muss Sackgassen-Optionen haben? (damit es neben den guten auch schlechte taktische Optionen gibt; oder damit man etwas Material für extrem situative Kombos hat)
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 5.08.2014 | 20:46
@Text:

Denkfehler deinerseits. Du verwechselst Exception-based mit Objektorientiert.

Exception-based Design erkennt Ausnahmen und geht auf diese ein.

-> "Es gibt Regeln für einen Konflikt, die laufen nach diesen Regeln A ab".
-> "Wenn es aber in diesem Konflikt zu B kommt, dann geschieht Ausnahme B die so aussieht "
-> "Wenn es aber in diesem Konflikt zu C kommt, dann geschieht Ausnahme C die so aussieht [C]"
-> "Wenn in diesem Konflikt Ausnahme B und Ausnahme C Gleichzeitig geschehen, dann geschieht Ausnahme [D] die so aussieht"

Was du aber meinst ist das Arbeiten mit vordefinierten Objekten und ihre Beziehung zu einander. In deinem beispiel also: Wenn man Aspekte als komplette Objekte mit allem drum und dran ausformuliert und ins Spiel bringt.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: alexandro am 5.08.2014 | 21:44
Zitat
Im Sinne von "exception based design" neigt zu Bugs? (weil es selbst für die Regelschreiber zu komplex ist)

Genau das.

Reicht es nicht, dass man auf dem Rücken nicht mehr übertrampelt werden kann und wahrscheinlich auch außerhalb der Reichweite vieler anderen Waffen der Kreatur ist?

Ist man das? Immerhin könnte die Kreatur sich auch auf dem Boden rollen (regeltechnisches Trampel-Äquivalent) oder über entsprechende Gliedmaßen verfügen.

Zitat
Das finde ich jetzt gar nicht mal so schlimm. Am Ende gibt es immer noch einen SL der hoffentlich kompetent genug ist so etwas zu handhaben und dann eine konkrete Hausregel stricken um das zu fixen.

Das Problem ist, dass diese Regel bereits sehr obskur (Monsterhandbuch IV) ist und wahrscheinlich nur wenigen PF-SL überhaupt bekannt. D.h. idR dürfte bereits das "auf den Rücken springen" einer Hausregel bedürfen, was aber noch machbar ist. Dann aber muss man aus den unzähligen Optionen eine Auswirkung für diesen Zustand "auf dem Rücken des Gegners" improvisieren (Kreatur zählt Grappled/Pinned, was Angriffe gegen den Typen auf ihren Rücken angeht?) und diesen möglicherweise modifizieren (Kreatur kann sich trotzdem noch bewegen, ist aber anfällig für "Coup de Grace"?). usw.usf. Jede Regelung zieht eine weitere nach sich, möglicherweise ad infinitum.

Und das in einem System, welches man wahrscheinlich hauptsächlich deswegen spielt, weil es alle Optionen schön vorkaut (sonst könnte man ja auch was regelleichteres spielen und die Hausregeln "nach Bedarf" zuschalten).
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 5.08.2014 | 21:48
@alexandro:

Lass uns und doch mal freundlich formulieren: Ein SL, der in der Lage ist auf diesem kompliexitätsgrad zu agieren könnte an sich auch sein eigenes Regelwerk schreiben und dabei keine Verluste haben.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 5.08.2014 | 21:56
Denkfehler deinerseits. Du verwechselst Exception-based mit Objektorientiert.

Exception-based Design erkennt Ausnahmen und geht auf diese ein.

Beispiel-Aspekt:

Soldat
- wenn dir jemand einen Befehl gibt und der hat den Aspekt Offizier dann musst du dem Befehl gehorchen. Wenn der Befehl negative Folgen für dich hat, dann bekommst du einen Fatepunkt, es sei denn du gibst einen Fatepunkt aus dann kannst du den Befehl verweigern
- wenn du im Kampf bist dann kannst du einen Fatepunkt ausgeben um einen Bonus auf deinen Angriff zu bekommen
- ...

Stunts haben ja schon im echten FATE ein wenn/dann Modell als Formulierungshilfe.

Ist das jetzt Exception-based oder Objektorientiert? Oder läuft es - um bei der Analogie zu bleiben - nicht letztendlich auf dasselbe raus, weil sich jeder imperative Programmfluss auch über ein Objektmodell abbilden lässt? (und sei es nur ein Syntax-Baum ...)

Wo ich dir recht gebe: das wenn/dann Schema von FATE ist immer gleich aufgebaut (Software-Analogie: wenn man es objektorientiert programmiert, dann braucht man nur sehr wenige Klassen - wenn man es direkt imperativ programmiert dann gibt es sehr viel Code der strukturell sehr ähnlich zueinander aussieht - was ein Refactoring in eine objektorientierte Struktur zumindest nahelegen würde.) Aber es ist halt ein fließender Übergang.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 5.08.2014 | 22:03
PS: ich weiß nicht ob das relevant ist - aber ich habe vor einer Weile mal einen Artikel über das Entwickeln von Roguelikes gelesen - und da war das Fazit mehr oder weniger dass man die nur als Spagetti-Code schreiben kann (obwohl man eigentlich aufgrund der vielen Gegenstände mit Eigenschaften vermuten würde dass sich eine objektorientierte Programmierung anbietet).
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 5.08.2014 | 22:07
PS: ich weiß nicht ob das relevant ist - aber ich habe vor einer Weile mal einen Artikel über das Entwickeln von Roguelikes gelesen - und da war das Fazit mehr oder weniger dass man die nur als Spagetti-Code schreiben kann (obwohl man eigentlich aufgrund der vielen Gegenstände mit Eigenschaften vermuten würde dass sich eine objektorientierte Programmierung anbietet).

Nee, das ist total verständlich.
Spaghetticode ist das Äquivalent zu gutem Spielleiten, also eine Gruppe _trotz Allem_ zum Ziel zu führen und sie dabei Spaß haben zu lassen.

Aber da reden wir über das eigentliche Thema, nämlich wohin es gehen soll.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Eulenspiegel am 5.08.2014 | 22:08
@ Text
Ein reines Wenn-Dann Schema sagt ja noch nichts darüber aus, ob es exception-based ist.

Wie du schon sagtest: Es gilt immer das gleiche Wenn-dann Schema. Damit ist es keine Ausnahme sondern die Regel. (Eine Ausnahme wäre zum Beispiel, dass das Wenn-dann Schema in bestimmten Situationen nicht gilt.)
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Ludovico am 5.08.2014 | 23:07
Mir fallen dazu nur folgende Begriffe ein:

konsequent und inkonsequent

Man darf hier nicht "inkonsequent " negativ werten.

Jedes System hat eine Grundmechanik. Systeme, bei denen alles gleich geregelt ist, wenden diese Mechanik konsequent an. Regeln, die dagegen Sonderregeln erlauben, die eine Abweichung von der Mechanik darstellen, sind dagegen inkonsequent.

Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Beral am 6.08.2014 | 22:28
@Text: Spannende Gedanken! Ich bin geneigt zuzustimmen.

Oder noch mal anders: Bei "Alles ist gleich" ist als Herausforderung für den Spieler eher Geschichtenonkel (was passt gerade dramaturgisch um diese Geschichte zu erzählen?), "Alles ist speziell" ist eher Mac Guyver (wie kann ich die Mittel die ich gerade zur Verfügung habe in dieser Situation nutzbar machen?).
Du sagst es. Die "Alles ist speziell"-Vorgehensweise ist was für taktikorientiertes Spiel. Andere Schlagworte: Herausforderungsorientiert, ARS-Spiel.
Die "Alles ist gleich"-Vorgehensweise passt zum storyorientierten Rollenspiel.

Diese Unterscheidung verfolgt das Rollenspiel und findet sich in allen möglichen Ansätzen wieder. Regelmechanische Herausforderungen und Story scheinen zwei wichtige und stabile Systemzustände zu sein, die einander nicht gut vertragen und jeder für sich die Gestaltung des Spiels und der Regeln in eine bestimmte Richtung ziehen. Diese Systemzustände sind wie Gravitationskerne mit entsprechender Sogwirkung. Das schließt Mischformen nicht aus, macht das Leben für alle Mischformen aber schwer. Glücklich ist, wer sich ganz einem der Gravitationskerne hingibt (vielleicht sind DSA, D&D und FATE deshalb so erfolgreich?). ;)
Inzwischen wundert es mich nicht, wenn neue spannende Ideen zur theoretischen Strukturierung dieses oder jenes Aspektes letztlich auf die beiden Erzfeinde Taktik und Story rückfürbar sind. Ich möchte hiermit behaupten, dass die von dir herausgearbeiteten Unterschiede zutreffend sind und dass sie ein Symptom sind für die unbewusste Anpassung der Spieldesigner an die beiden großen Gravitationskerne des Rollenspiels.

"Wenn der SC irgend etwas tun will, dessen Ausgang unsicher ist, würfle 1W6, bei 1-3 geht es schief, bei 4-6 klappt es." ist ganz klar Task Resolution, und ganz klar "Alles ist gleich".
Was wäre ein griffiges Beispiel für Conflict resolution?
Ich bin mit diesen Begriffen noch nicht warm, weil es darüber größere Diskussionen gab und sich dabei zeigte, dass die Begriffe überhaupt nicht einheitlich verwendet wurden.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 6.08.2014 | 22:45
@Beral:

Ich denke, einer der springenden Punkte hier ist das "Taktikspiel" eine "End Condition" benötigt, also auch die reale Option zu scheitern um valide zu sein.
"Storyspiel" dagegen nimmt meist das Scheitern als solches auf und macht daraus den Startpunkt für den nächsten Abschnitt der Geschichte.
Wenn man so will: Wo das eine endet, fängt das andere erst so wirklich an.

Genau das prägt aber den vermeintlichen Unterschied zwischen Task Resolution und Conflict Resolution. Das eine soll eine "End Condition" bringen, das andere eine neue "Start Condition" erzeugen.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Turning Wheel am 6.08.2014 | 22:47
Mir fallen dazu nur folgende Begriffe ein:

konsequent und inkonsequent

Man darf hier nicht "inkonsequent " negativ werten.

Jedes System hat eine Grundmechanik. Systeme, bei denen alles gleich geregelt ist, wenden diese Mechanik konsequent an. Regeln, die dagegen Sonderregeln erlauben, die eine Abweichung von der Mechanik darstellen, sind dagegen inkonsequent.

Das ist aber eine negative Wertung, weil du das Vorhandensein einer Grundmechanik zur Norm erhebst. Das ist aber eine falsche Prämisse.

Monoton und vielfältig wäre eine viel neutralere Bezeichnung von dem was du meinst.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Bad Horse am 6.08.2014 | 22:48
Monoton und vielfältig wäre eine viel neutralere Bezeichnung von dem was du meinst.

Das ist aber auch nicht neutral.

"Stringent" und "Verzweigt" fände ich jetzt neutraler.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 6.08.2014 | 23:24
Das sind gute Denkansätze, Beral und Slayn!

Das schließt Mischformen nicht aus, macht das Leben für alle Mischformen aber schwer. Glücklich ist, wer sich ganz einem der Gravitationskerne hingibt (vielleicht sind DSA, D&D und FATE deshalb so erfolgreich?).
Interessehalber: auf welcher Seite siehst du DSA? (von den Regeln her hätte ich es ganz klassisch bei "alles ist speziell" gesehen - aber DSA-Abenteuer gehen für mich ganz stark in Richtung "Story")

Was ich gerne etwas differenzierter betrachten würde ist die Aussage dass ein Rollenspiel entweder Richtung "Story" oder Richtung "Taktik" tendiert: Selbst bei sehr taktik-lastigen Spielen (wie D&D) gibt es ja immer noch eine Story, bloß dass diese weitgehend außerhalb der taktischen Regeln passiert. Wohl auch deshalb weil (und hier passt Slayns Argument von der End Condition sehr gut) die taktischen Regeln darauf ausgelegt sind dass Spieler versuchen "zu gewinnen" indem sie die beste taktische Aktion wählen.

These: der Grund warum "Taktik" und "Story" (im Sinne von Charakter-getriebenem Drama) nicht zusammenpassen ist, dass man für Charakter-getriebenes Drama seinen Charakter manchmal ganz tief in die Scheiße reiten will. Dies widerspricht aber dem impliziten Ziel eines taktischen Spiels, "gewinnen" zu wollen.

Spiele wie D&D lösen dieses Problem indem sie eine klare Trennung zwischen "Story" (Downtime, die ohne Unterstützung der Regelmechanik gespielt wird) und "Taktik" (sobald Initiative gewürfelt wird) vollziehen.

Fußnote: Wenn man D&D auf diesem Abstraktionsgrad betrachtet, dann kann hier (abhängig vom Spielleiter) auch wieder ein "alles ist gleich"-Effekt eintreten: egal was die Gruppe macht, sie wird immer mit Begegnungen konfrontiert, die eine angemessene Herausforderung für die Gruppe sind. Das ist auch der Grund warum "Story"-Spiel außerhalb der Begegnungen funktionieren: wenn die Spieler ihre Charaktere ganz tief in die Scheiße reiten (zum Beispiel sich mächtige Feinde machen), dann beeinflussen sie damit zwar den "Flavor" der kommenden Begegnungen, aber nicht deren Schwierigkeit. (Anders ausgedrückt: D&D ist ein Taktik-Spiel, aber kein Strategie-Spiel, weil strategische Möglichkeiten der Story zuliebe "gleichgemacht" werden.)

Spiele wie FATE lösen das Problem indem sie den "alles ist gleich" Effekt bis runter auf einzelne Begegnungen führen. Damit verliert man den Aspekt der Taktik, aber dafür muss man nicht mehr hart umschalten zwischen "Story" und "Taktik", weil beide auf die selbe Weise gehandhabt werden.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Turning Wheel am 6.08.2014 | 23:26
Das ist aber auch nicht neutral.

Die negative Wertung, die ich kritisierte, lag nicht in dem was jemand mit den Wortbedeutungen assoziiert (in der Hinsicht gibt es keine neutralen Wörter), sondern in der Negativierung der Norm durch die Vorsilbe.

Wenn du was gegen das Wort "monoton" hast, meinetwegen auch konsequent und vielfältig.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Ludovico am 6.08.2014 | 23:28
@TW
Ich hab noch von keinem Spiel gehoert oder gar eines erlebt, dass keine Grundmechanik hat.
Gibt es sowas?

@Bad Horse
Das klingt gut und passt und ist wertneutral.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Turning Wheel am 6.08.2014 | 23:33
Verzweigt würde ich als völlig unpassendes Wort für ein Spiel bezeichnen, dass unterschiedliche Regeln hat, weil Regeln sich nicht verzweigen.
Eine Verzweigung ist ein Prozess, der zusammen beginnt und sich zu einem späteren Zeitpunkt unterscheidet.
Unterschiedliche Regeln müssen aber nicht eine ursprüngliche Gemeinsamkeit haben.

@TW
Ich hab noch von keinem Spiel gehoert oder gar eines erlebt, dass keine Grundmechanik hat.
Gibt es sowas?

Ich würde nicht so darauf herumreiten, wenn ich nicht seit einiger Zeit an so etwas arbeiten würde.
Das Konzept beruht darauf, dass es eben keine Grundregel gibt, sondern jedes Spielelement (z.B. Fertigkeiten) mit eigenen
Mechaniken arbeitet, die auf der jeweiligen Spielkarte erläutert sind.
Der Vorteil: Man muss keine Regeln lernen, sondern nur lesen, was auf der Karte steht.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 6.08.2014 | 23:35
@TW
Ich hab noch von keinem Spiel gehoert oder gar eines erlebt, dass keine Grundmechanik hat.
Gibt es sowas?

Ich habe schon ein paar Systeme erlebt die auf eine durchgehende Grundmechanik verzichten und stattdessen lieber pro Situation zu unterschiedlichen und sehr ausgeprägten Subsystemen greifen.
Da "macht" man aber im Spiel auch extrem unterschiedliche Sachen die praktisch kaum Bezug zu einander haben.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 6.08.2014 | 23:39
Ich würde nicht so darauf herumreiten, wenn ich nicht seit einiger Zeit an so etwas arbeiten würde.
Das Konzept beruht darauf, dass es eben keine Grundregel gibt, sondern jedes Spielelement (z.B. Fertigkeiten) mit eigenen
Mechaniken arbeitet, die auf der jeweiligen Spielkarte erläutert sind.
Der Vorteil: Man muss keine Regeln lernen, sondern nur lesen, was auf der Karte steht.
Klingt spannend. Magst du mal ein Beispiel zeigen (zwei verschiedene Karten) damit ich ein Gefühl dafür bekomme wie stark die Mechaniken sich unterscheiden? Die Anzahl grundverschiedener (sinnvoller) Mechaniken die mir gerade spontan einfallen ist deutlich geringer als die Anzahl der Fertigkeiten die ein typisches Rollenspiel mitbringt.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Ludovico am 6.08.2014 | 23:46
Ich habe schon ein paar Systeme erlebt die auf eine durchgehende Grundmechanik verzichten und stattdessen lieber pro Situation zu unterschiedlichen und sehr ausgeprägten Subsystemen greifen.
Da "macht" man aber im Spiel auch extrem unterschiedliche Sachen die praktisch kaum Bezug zu einander haben.

Klingt sehr merkwuerdig.  :o

Kann es sein, dass wir mehr als Begriffe finden muessten?
Wir haben Systeme mit einer Grundmechanik, die immer in jeder Situation angewendet wird.
Wir haben Systeme mit einer Grundmechanik, die Abweichungen durch Sonderregelungem gestatten (z.B. Feats)
Wir haben Systeme mit einer Grundmechanik und unabhaengigen Subsystemen.
Wir haben Systeme ohne Grundmechanik, die aber aus einem Cluster an Subsystemen bestehen. (Ist das spielbar? Warum will man sowas spielen? ) 
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 6.08.2014 | 23:52
Klingt sehr merkwuerdig.  :o

Warum?
Nimm doch mal Pendragon als Beispiel. Dort spielt man einen adligen Ritter mit allem was dazu gehört. Die Jahreszeiten bestimmen dann auch was jetzt Thema ist, was die Spielinhalte sind und welche Regeln man jetzt genau benötigt um genau das darzustellen.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Ludovico am 6.08.2014 | 23:54
Aber auch bei Pendragon gibt es doch einen Grundmechanismus wie etwa "Welche Wuerfel und wieviel davon werden geworfen", oder?

Kenne aber auch das Spiel nicht.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Turning Wheel am 6.08.2014 | 23:58
Klingt spannend. Magst du mal ein Beispiel zeigen (zwei verschiedene Karten) damit ich ein Gefühl dafür bekomme wie stark die Mechaniken sich unterscheiden? Die Anzahl grundverschiedener (sinnvoller) Mechaniken die mir gerade spontan einfallen ist deutlich geringer als die Anzahl der Fertigkeiten die ein typisches Rollenspiel mitbringt.

Nein, mag ich ungern, weil ich darüber erst zu einem fortgeschritteneren Zeitpunkt konkret berichten will.
Aber soviel kann ich sagen: Man braucht nicht immer 100 Fertigkeiten und man muss nicht immer alles mit Würfeln machen.
Das kann soweit gehen, dass man für einen speziellen Kampfstil ein kleines Kartendeck benutzt, wo individuelle Auswirkungen draufstehen.
Oder du wirfst für deinen Zauberspruch irgendwelche Objekte und interpretierst die Lage oder du ziehst unterschiedliche Murmeln aus einem Säckchen…
Es mag auch sein, dass sich zwei Fertigkeiten sehr stark ähneln - aber dann eben weil es zufällig passt und nicht, weil es eine Grundregel dafür gibt.
Das hat auch damit zu tun, ob es übergeordnete Recourcen für Handlungen gibt oder absolut individuelle.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 7.08.2014 | 11:46
Klingt sehr merkwuerdig.  :o

Kann es sein, dass wir mehr als Begriffe finden muessten?
Wir haben Systeme mit einer Grundmechanik, die immer in jeder Situation angewendet wird.
Wir haben Systeme mit einer Grundmechanik, die Abweichungen durch Sonderregelungem gestatten (z.B. Feats)
Wir haben Systeme mit einer Grundmechanik und unabhaengigen Subsystemen.
Wir haben Systeme ohne Grundmechanik, die aber aus einem Cluster an Subsystemen bestehen. (Ist das spielbar? Warum will man sowas spielen? )

Ah, stop mal an der Stelle. Hier hat doch sehr viel mit Darstellung zu tun und wohin "die Reise gehen soll".
Die ganze Diskussion bisher lässt die gesetzten Schwerpunkte außen vor und greift daher nicht auf wie genau die Interaktion zwischen den Regeln und den Schwerpunkten jetzt läuft.
Gerade wenn wir uns in die Bereiche SIM und Genre-SIM bewegen, sollte man feststellen dass die externen Anforderungen dazu führen das man die Dinge anders modulieren muss um den Anforderungen gerecht zu werden.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Ludovico am 7.08.2014 | 13:55
Sorry,kannst Du etwas naeher erlaeutern, was Du meinst?
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 7.08.2014 | 14:05
Sorry,kannst Du etwas naeher erlaeutern, was Du meinst?

Das ist recht einfach. Du gehst, wie es mir scheint, vom Charakter als Mittelpunkt aus. Das muss aber nicht sein. Je mehr Mittelpunkte es gibt, umso mehr Bezugsmodelle kann man erstellen anhand deren halt Systeme und Subsysteme kreiert werden.

Nimm mal für Genre-SIM mit einer hohen Dosis regulärem SIM Pendragon als Beispiel. Dort gibt es die vier Jahreszeiten die sowohl mit Handlungen als auch mit "Zoomstufe" in Verbindung stehen und für beides seine eigenen Regeln mitbringt.

Winter: Zeit der Diplomatie, "nacktes" Charakterspiel ohne Regeln.
Frühjahr: Zeit der Familie, SIM-bezogene regeln die den Charakter außen vor lassen und sich um die Dynastie kümmern.
Sommer: Zeit der Schlachten. Ergebnosbezogene regeln die sich um die große Zoomstufe kümmern.
Herbst: Zeit der Heldentaten. Hier sind zum ersten Mal die Regeln für den einzelnen Charakter relevant, modifiziert durch die Situation in der er ist. Diese Situation kann auch ganz eigene Regeln für sich mitbringen, wenn diese zur Darstellung wichtig sind und überschreiben dann die Standardregeln.

Das ist natürlich ein extremes Beispiel, wir können uns aber auch gerne über andere Sachen unterhalten bei denen das Genre jederzeit die regeln ersetzen und überschreiben kann.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: 1of3 am 7.08.2014 | 14:28
Der Gegensatz zu Genre-SIM ist nicht "normales SIM". Aber abgesehen, dass du bei der Semantik durcheinander kommst, hast du natürlich recht.

Es ist nämlich überhaupt nicht klar, was eine Regel ist oder was ein Subsystem ist. Man kann höchstens im Einzelfall erkennen, was die Autoren sich gedacht haben, wenn man z.B. Artikelüberschriften oder Ablauf-Skizzen hat. Aber auf abstraktem Niveau lassen sich Bestandteile des Spiels nicht unterscheiden.

Dein Problem, Ludovico, ist also keins.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 7.08.2014 | 14:36
Der Gegensatz zu Genre-SIM ist nicht "normales SIM". Aber abgesehen, dass du bei der Semantik durcheinander kommst, hast du natürlich recht.

Klär mich auf: Wo habe ich davon geredet das es sich dabei um Gegensätze handelt?
Wenn, dann meine ich das das eine ganz andere spezifische Regeln zu nutzen hat als das andere, wenn es denn um diese spezifischen Dinge geht. Das ist der einzige Unterschied den ich sehe.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: 1of3 am 7.08.2014 | 14:39
Zitat
die Bereiche SIM und Genre-SIM

Zitat
Genre-SIM mit einer hohen Dosis regulärem SIM

Du benutzt diese Begriffe als Gegensatz. Dabei enthält SIM offensichtlich Genre-SIM. SIM hat nichts mit Realismus zu tun. Es sei denn du bildest Realo-SIM.

Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 7.08.2014 | 14:56
Du benutzt diese Begriffe als Gegensatz. Dabei enthält SIM offensichtlich Genre-SIM. SIM hat nichts mit Realismus zu tun. Es sei denn du bildest Realo-SIM.

Ach, ok, das meinst du. Ich werde nur nicht Müde im Vergleich Realo-SIM zu Genre-SIM darauf hinzuweisen welche Auswirkungen es auf die Plausibilität von Aktionen hat. Wenn die Genre-Ansage ist "Guns don´t kill monsters", dann kann die Realo-Erwartung noch so geformt sein, "Guns don´t kill monsters!".
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Beral am 7.08.2014 | 15:24
Interessehalber: auf welcher Seite siehst du DSA? (von den Regeln her hätte ich es ganz klassisch bei "alles ist speziell" gesehen - aber DSA-Abenteuer gehen für mich ganz stark in Richtung "Story")
DSA sehe ich auf der "Alles-ist-speziell"-Seite. Die Einteilung zu deinen Kategorien ist nach dem Regelwerk vorzunehmen. Der Story-Ansatz der Abenteuer passt in der Tat überhaupt nicht dazu. Und verleitet vielleicht deswegen so stark zum Erzählonkeln und Würfeldrehen? Beides hebelt die taktischen Regeln aus, um die Abenteuer-Story zu retten. So gesehen kombiniert DSA Taktik und Story auf eine ziemlich neurotische Art und Weise. :P Aber die Tatsache, dass es diese Gegensätze kombiniert, mag ebenfalls ein Grund für den Erfolg sein. Denn damit deckt DSA die beiden stärksten Vorlieben im Rollenspiel ab.

Im übrigen bin ich nicht der Meinung, dass Rollenspiel in Richtung Taktik oder Story tendieren muss. Nur beispielhaft sei charakterorientiertes Spiel als eine Alternative genannt. Dabei geht es primär weder um Taktik noch um Story, sondern um authentische Figurdarstellung. Taktik und Story scheinen aber mit Abstand die dominantesten Richtungen zu sein und fallen daher häufiger ins Auge. Wie bei statistischen Aussagen üblich kann der Effekt noch so riesig sein, er gilt natürlich nicht für jeden Einzelfall.

Die starke Aufmerksamkeit auf Taktik und Story mag auch in ihrer Unvereinbarkeit liegen. Die dabei auftretenden Konflikte ziehen sehr viel Aufmerksamkeit auf sich. Gedankenspiel: Das stärkste Motiv für Rollenspieler sei Bier&Brezel, also das gesellige Beisamensein mit Freunden. Das erzeugt trotz seiner enormen Wirkung keine große Aufmerksamkeit, weil es zu keiner anderen Vorliebe in Konflikt tritt. Und so mag man die Stärke dieses Motivs weit unterschätzen, während Taktik und Story überschätzt werden.

Die Sache ist die, dass die Geschichten, die wir konsumieren, üblicherweise sowohl Taktik als auch Story in voller Pracht beinhalten. Die Autoren von Büchern und Filmen nehmen sich sehr viel Zeit dafür, diese Dinge unter einen Hut zu kriegen. Die Geschichte wird unter riesigem Zeitaufwand so konstruiert, dass die Protagonisten taktisch handeln und das entsprechende Konsequenzen hat und dass der Gesamtverlauf gleichzeitig eine storygerechte Dramaturgie entwickelt. Im Rollenspiel ist die Geschichte halb improvisiert, sie muss in Echtzeit entstehen. Das macht es fast unmöglich, das Rollenspiel sowohl konsequent taktisch als auch dramaturgisch zu gestalten. Eins von beidem kommt fast zwangsläufig unter die Räder. Im Grunde wollen wir aber beides haben.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 7.08.2014 | 19:59
Die Sache ist die, dass die Geschichten, die wir konsumieren, üblicherweise sowohl Taktik als auch Story in voller Pracht beinhalten. Die Autoren von Büchern und Filmen nehmen sich sehr viel Zeit dafür, diese Dinge unter einen Hut zu kriegen. Die Geschichte wird unter riesigem Zeitaufwand so konstruiert, dass die Protagonisten taktisch handeln und das entsprechende Konsequenzen hat und dass der Gesamtverlauf gleichzeitig eine storygerechte Dramaturgie entwickelt.
An der Stelle möchte ich widersprechen: Taktik im Rollenspiel (basierend auf "alles ist speziell" Regeln, z.B. D&D) ist eine Herausforderung für den Spieler, nicht nur für den Charakter. Will ich einfach nur eine dramatische Geschichte erleben, in der die Charaktere taktisch herausgefordert werden (so wie das in einem Film oder Buch der Fall ist) dann kann ich das mit "cinematischen"/"dramatischen" Regeln besser (die nach dem Prinzip "alles ist gleich" funktionieren, z.B. FATE).

Du sagst ja selbst: dramatische Geschichten sind mühsam konstruiert. Das sind zwei verschiedene Herausforderungen von denen man sich für eine entscheiden muss: entweder man versucht eine dramatische Geschichte zu erzählen - oder man versucht eine taktische Aufgabe zu lösen. (Beim Lösen der taktischen Aufgabe kann auch eine spannende Geschichte entstehen - aber die ist dann eben nicht mühsam konstruiert - sondern vom Leben geschrieben aus der Taktik entstanden) Ergo: wenn man eine spannende Geschichte erzählen (mühsam konstruieren) will, dann muss man das taktische Element ausschalten. Entweder indem man es aus den Regeln entfernt ("alles ist gleich") oder in dem man die Würfel dreht (DSA).

Ein Film oder Buch hat es da von Natur aus einfacher: klar fiebert man mit dem Charakter mit, aber man kann dessen Entscheidung nicht beeinflussen. Deswegen ist es egal ob es taktisch bessere oder schlechtere Möglichkeiten gegeben hätte, weil keine Gefahr besteht dass der Charakter eine unvorhergesehene taktische Wahl trifft. (Übrigens noch etwas das DSA macht, um seinen Abenteuer-Stil mit seinem Regel-Stil umsetzen zu können: extremes Railroading.)
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Slayn am 7.08.2014 | 21:03
@Text:

Natürlich ist dem so. Ein taktisches Spiel fordert _nur ausschließlich_ den Spieler und sonst erst mal niemanden. Der Charakter ist nur ein Vehikel das für die Herausforderung genutzt wird, die Linse durch die der Spieler seine Herausforderung betrachtet.
Jedes Design hier muss unterscheiden können auf welcher Ebene die Herausforderung jetzt stattfindet: Der Spieler durch die Taktik oder der Charakter durch die Mechanik. Langfristig die passenden mechanischen Entscheidungen getroffen zu haben ist die strategische Komponente des ganzen.

Das hat natürlich seine eigene Spannung die aufkommt oder halt nicht, je nachdem wie die Kämpfe so laufen. Wenn es auf Messers Schneide steht wird es spannend, wenn eine Seite die andre überrollt halt nicht. Das ist ok, das gehört dazu, damit muss man leben können.

Hier setzt jetzt das DSA-Problem ein, oder anders, das Problem mit Autoren/SLs die eine Vorstellung von Dramaturgie haben, die eben nicht mit dem Taktikspiel zu tun hat. da wird dann versucht diesen "auf Messers Schneide" Zustand künstlich herzustellen um einen ähnlichen Effekt zu haben wie in anderen Medien, etwa Roman oder TV.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Beral am 7.08.2014 | 21:19
An der Stelle möchte ich widersprechen: Taktik im Rollenspiel (basierend auf "alles ist speziell" Regeln, z.B. D&D) ist eine Herausforderung für den Spieler, nicht nur für den Charakter. Will ich einfach nur eine dramatische Geschichte erleben, in der die Charaktere taktisch herausgefordert werden (so wie das in einem Film oder Buch der Fall ist) dann kann ich das mit "cinematischen"/"dramatischen" Regeln besser (die nach dem Prinzip "alles ist gleich" funktionieren, z.B. FATE).
Kein Widerspruch, ich stimme dir zu.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: 1of3 am 7.08.2014 | 22:01
Vielleicht sollte man noch hinzufügen,  man kann auch bei sehr gleichförmigen Regeln als Spieler taktisch agieren.
Titel: Re: "Alles ist speziell" vs. "Alles ist gleich"
Beitrag von: Text am 8.08.2014 | 17:56
Vielleicht sollte man noch hinzufügen,  man kann auch bei sehr gleichförmigen Regeln als Spieler agieren.
Ja kann man. Hat jemand das in Frage gestellt?