Tanelorn.net

Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: Arkam am 14.10.2014 | 12:21

Titel: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arkam am 14.10.2014 | 12:21
Hallo zusammen,

immer wieder, für mich zuletzt unter http://www.tanelorn.net/index.php/topic,91197.0.html (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,91197.0.html) kommt ja das Thema auf warum schlechte Systeme trotzdem so eine große Fangemeinde haben und die entsprechenden Spieler nicht einfach zu einem passenderen System wechseln.

Für den Erfolg von "schlechten Systemen" ist häufig der Hintergrund ein wichtiger Faktor. Hintergründe wie Aventurien oder auch die Welt von 7th Sea, um Mal zwei Beispiele zu nehmen die in unserer Gruppe für Kopfschütteln sorgten, sind sehr schlecht auf andere Systeme umzusetzen. Denn hier wird der Fluff gleichzeitig mit Regeln unterstützt. Man kann also nicht einfach die störenden Regel heraus nehmen weil eben auch ein Teil des Hintergrunds heraus genommen wird.

Ist das auch für euch der Grund für den Erfolg dieser Systeme?

Gruß Jochen
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Maarzan am 14.10.2014 | 12:26
1) Für andere Systeme findet man keine Mitspieler.
2) Die Alternativen sind noch schlechter.
3) Man hat es nicht rechtzeitig erkannt und will jetzt nicht wieder von vorne anfangen ohen dem Ganzen eine Chance zu gebebn - auch weil vielleicht eine ansonsten ganz gute sonstige Handlung bei rausgekommen ist.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: rettet den wald am 14.10.2014 | 12:33
Vermutung: Wenn das System so wie so schlecht ist, dann ist es wahrscheinlicher, dass die Gruppe die Regeln ignoriert. Ich habe es bisher noch nie erlebt, dass Vampire nach RAW gespielt wurde. Dementsprechend: Schelchte Systeme werden überhaupt nicht gespielt. Was eigentlich gespielt wird sind gehausregelte Versionen dieser Systeme..

...Und da die Hausregeln der konkreten Gruppe sich eher den Bedürfnissen der Gruppe anpassen werden als die nicht gehausregelten Versionen anderer Systeme spielt die Gruppe lieber ersteres.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Darius am 14.10.2014 | 12:34
Unwissenheit über andere Systeme und Unwillen etwas neues zu probieren sind natürlich auch Gründe, warum man weiter etwas spielt, was einfach große Mängel hat. Und schlicht auch "aus Prinzip" nix neues zu wollen.

Deshalb verkauft sich auch DSA einfach genau so weiter und gut in Deutschland, wie es ist. Aber das ist natürlich nur meine Meinung. ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Sphärenwanderer am 14.10.2014 | 12:37
Die meisten Leute bleiben wohl einfach bei den Regeln, mit denen sie sozialisiert werden. Diese sind dann zumeist auf ein bestimmtes Setting zugeschnitten. Will man etwas anderes spielen, nimmt man dann dessen - erneut auf das Setting zugeschnittene - Regeln.

So ist mir das sehr oft begegnet. Jemand fängt bspw. mit DSA an und schaut sich auch nicht um. Lernt er andere Regeln zu demselben Setting kennen, sieht er sie aus der DSA-Froschperspektive und bewertet (unbewusst) nach dem Kriterium, ob die Regeln genau dasselbe abbilden (was sie nicht tun können und meist auch nicht sollen).

Fängt dann der Spieler ein komplett unterschiedliches Setting an (z.B. Vampire als Paradebeispiel), werden dessen Regeln unvoreingenommener aufgenommen und es stellt sich nach einer Weile erneut der Gewöhnungseffekt ein, der alternative Regeln nach den erlernten bewertet.

Für viele Leute sind Regeln und Setting (in Gesamtheit als "System") ohnehin untrennbar miteinander verbunden. Man spielt Vampire eben mit dem Storyteller-System und Aventurien mit DSA. Alles andere wäre eine unerwünschte Mutation, die gar nicht erst genauer betrachtet wird.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Oberkampf am 14.10.2014 | 12:44
Vermutung: Wenn das System so wie so schlecht ist, dann ist es wahrscheinlicher, dass die Gruppe die Regeln ignoriert. Ich habe es bisher noch nie erlebt, dass Vampire nach RAW gespielt wurde. Dementsprechend: Schelchte Systeme werden überhaupt nicht gespielt. Was eigentlich gespielt wird sind gehausregelte Versionen dieser Systeme..


Das sehe ich ähnlich. Ergänzend würde ich für mich hinzufügen, dass in vielen Gruppen das Spielen entsprechend der Spielregeln nicht sonderlich hoch bewertet wird und es eher ein Zufallsereignis ist, wenn überhaupt Regeln entsprechend der Regelwerke angewendet werden.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 12:44
1) Subjektives Empfinden.

Eine Regelung kann gleichzeitig objektiv schlecht designed sein, und ihren Zweck verfehlen (und dies gilt auch für ein ganzes Regelwerk) und dennoch subjektiv für gut empfunden werden - solange dies nicht zu konkreten Problemen, sondern nur (teilweise unbewussten) Einschränkungen führt ist sie kein Grund das System zu wechseln. Erst wenn die Einschränkungen zu groß werden wird dies in Betracht gezogen.

2) Ignorieren von Randbereichen

Viele Regelwerke funktionieren solange man sich sehr nahe an der ursprünglichen Intention der Regeln bewegt, oder innerhalb eines Sweet Spot. Am Ende wird dadurch nur ein Teil des Regelwerks genutzt, dieser funktioniert aber dann für die Gruppe.

3) It's not a bug, it's a feature!

Manche Dinge sind zwar nicht ursprünglich geplant gewesen, gefallen aber trotzdem einigen Spielern. Dies kann sogar konkrete Fehldesigns, Tippfehler oder unbedachte Änderungen betreffen. Üblicherweise sind dies dann Dinge die das Spiel zwar eigentlich zum kippen bringen - aber den Spielern oder dem Spielleiter gefällt die Richtung in die es kippt.

4) Die Gruppe hat einen riesen Einfluss, viel größer als jedes System

Auf den ersten Blick ist dies natürlich ein Argument, welches einfach nur das Tor verschiebt nachdem man daneben geschossen hat. Denn eine gute Gruppe wird mit einem gutem System noch bessere Spielerfahrungen haben als mit einem schlechtem System.

Dennoch ist dies ein wichtiger Grund warum Spieler nicht einfach etwas anderes machen: Sie wollen nicht die Gruppe wechseln, und bewerten den Anteil am Spielspaß den das System hat (zurecht) geringer als den Anteil den ihre Mitspieler haben.

5) Nur oberflächliche Kenntnisse bezüglich der Alternativen

Wenn man sich ein neues System anschaut ist es zumeist ein oberflächlicher Blick. Hierbei sieht man aber natürlich oftmals nicht das ganze Bild, und ab und an deutet man auch Probleme in eine unbekannte Mechanik bevor man ihre Anwendung eigentlich ganz verstanden hat. Vieles kommt eben mit Erfahrung, und die hat man vor dem Systemwechsel ja noch nicht. In Foren wird dann auch nicht immer geholfen  -   neben den ganzen auf kleine Regeldetails konzentrierten Threads, der Charakteroptimierung und den Fragen zu möglichen Abenteuerideen gibt's ja immer auch ein paar Streitereien, Theoriediskussionen und ähnliches. Überblicke über das System welches Neulingen bei der Entscheidungsfindung helfen sind selten, und natürlich noch seltener neutral oder so geschrieben, dass ein Neuling schnell sehen kann warum genau dies das richtige für ihn wäre.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Gaming Cat am 14.10.2014 | 12:46
Vermutlich:

- Schlechte Systeme haben hohen Hausregelbedarf, was dem SL tendentiell mehr Macht einräumt...er muss zahlreiche Dinge ad hoc entscheiden. Viele SL-Persönlichkeiten wollen ihren "Thron" aber nur ungern wieder verlassen...  ;)
Erfahrungsgemäß leiden Spielgruppen solcher Systeme auffallend oft unter einem Tyrannen-SL...

- Schlechte Systeme sind umfangreich/teuer/aufwendig anzueignen. Daher ist das persönliche Eingeständnis, dass man lange Zeit in ein miserables System gesteckt hat sehr unangenehm. Da greift dann die Korrektur kognitiver Dissonanz über Verleugnung: "Ist ja nicht alles schlecht an XY!" (Was irgendwie auf fast alles zutrifft...)

- Pfadabhängigkeit: "Was der Bauer net kennt..." Man schmort aus Gewohnheit und Bequemlichkeit lieber im eigenen Saft, als sich auf zu neuen Ufern zu begeben. Präferenz für den Status Quo ist vorherrschend.

- Soziale Gründe: Man kennt sich seit Jahren, spielt seit Jahren zusammen dasselbe System. Es gehört eine Portion Mut dazu, eine grundlegende Veränderung zu fordern, wenn man ahnt, dass dann die Gruppe evtl. auseinanderbrechen könnte/der SL den Bettel hinwirft. Aus Angst, ohne Gruppe dazustehen, schluckt man immer wieder kleine Kröten - bis man sich nicht erinnern kann jemals was anderes gespeist zu haben...  ;D
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Supersöldner am 14.10.2014 | 12:46
wir war gar nicht bewusst das es einen Definition gibt was ein ,,schlechtes,, Systeme ist und was nicht. Also eine allgemeingültig Definition. 
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Oberkampf am 14.10.2014 | 12:55
wir war gar nicht bewusst das es einen Definition gibt was ein ,,schlechtes,, Systeme ist und was nicht. Also eine allgemeingültig Definition.

Eine allgemein gültige Definition? Im  :T: ?

Muahahahhaha...

Aber es gibt einen recht breiten Konsens, dass Systeme, die, wenn man sie so spielt, wie es im Regelbuch steht, etwas vollkommen anderes erreichen als das, was auf dem Umschlag versprochen wurde, ein Merkmal schlechter Rollenspiele erfüllen.

(Klar fasert der Konsens an den Enden, es gibt nach Stimmungslage noch 100 000 weitere notwendige oder hinreichende Merkmale und welche Systeme diese Bedingung konkret erfüllen, ist mehr als umstritten, weil jedes System seine Fanboys hat, aber das ist eine andere Geschichte.)  ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Talasha am 14.10.2014 | 12:55
Weil man trotz allem irgend etwas an dem System mag, geht mir zum Beispiel bei DSA 4 so.

Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arkam am 14.10.2014 | 13:04
Hallo Supersöldner,

ich kenne auch keine klare Definition für ein schlechtes System.
Aus Forge Sicht wäre ein schlechtes System wohl ein System das an der bevorzugten Agenda der Gruppe vorbei entwickelt wäre.

In meiner Runde waren es bei DSA konkret einzelne Kampfregeln die zu mehr Hausregeln als annehmbar sorgten. Der endgültige Anstoß zum wechseln war dann die 4. Edition die Vieles bisher Vertrautes änderte. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir allerdings schon andere Systeme ausprobiert und waren durchaus bereit über den Tellerrand zu schauen.
Bei 7th Sea hatten wir ebenfalls Hausregeln eingeführt. Allerdings schoss das system so aus seinem Wertebereich hinaus. Zudem gab es einige Spieleentwickler die recht seltsame Ansichten darüber hatten warum eine Regel existierte. Ein Umsetzen auf Savage Worlds scheiterte weil wir eher ein neues System als eine neue Fassung von 7th Sea spielen wollten.

Gruß Jochen
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Grubentroll am 14.10.2014 | 13:25
Wir fanden damals AD&D2 eigentlich kein gutes System, was die Regeln anging. Wir haben zeitgleich ein paar Sachen gespielt, die uns alle besser gemacht vorkamen. Und der lästige Thac0 dann auch noch..

Aber die Settings waren so gut die es dafür gab, und irgendwann mochte man auch dieses "D&Dige" mit seinen vielen Merkwürdigkeiten auch ganz gern.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 14.10.2014 | 13:31
Ging mir mit AD&D2 ähnlich. Wir haben das nicht oft gespielt, aber die Regeln erschienen uns so skurril, dass es irgendwie ein ganz eigenes Erlebnis war ...
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Ucalegon am 14.10.2014 | 14:19
- Schlechte Systeme haben hohen Hausregelbedarf, was dem SL tendentiell mehr Macht einräumt...er muss zahlreiche Dinge ad hoc entscheiden. Viele SL-Persönlichkeiten wollen ihren "Thron" aber nur ungern wieder verlassen...  ;)
Erfahrungsgemäß leiden Spielgruppen solcher Systeme auffallend oft unter einem Tyrannen-SL...

oh ja. da kann ich gar nicht oft genug +1 geben. Ich würde sogar sagen, dass schlechte Systeme generell einen höheren Bedarf an "Regelauslegung" haben, d.h. der SL häufiger als alleiniger Exeget der "heiligen Schrift" fungiert ;)

Ich glaube außerdem, dass ein Blick auf die -natürlich nie zu 100% vorliegenden- Spielertypen hilft. Gerade ein Method Actor fühlt sich wahrscheinlich in einer Runde, die über große Teile ohne die schlechten Regeln spielt (wie es Rumpel im anderen Thread für seine DSA Mitspieler beschrieben hat) oder Regelanwendung zumindest vermeidet, sehr wohl, weil er da am meisten Raum für freies Charakterspiel sieht.

Diese Situation dürfte auch den Casuals gelegen kommen, da ein fokussiertes System mit klarem Ziel eben weniger Raum für das Außenrum bzw. ein Zurückziehen auf die Beobachterposition bietet.


Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: 6 am 14.10.2014 | 14:35
Für den Erfolg von "schlechten Systemen" ist häufig der Hintergrund ein wichtiger Faktor. Hintergründe wie Aventurien oder auch die Welt von 7th Sea, um Mal zwei Beispiele zu nehmen die in unserer Gruppe für Kopfschütteln sorgten, sind sehr schlecht auf andere Systeme umzusetzen. Denn hier wird der Fluff gleichzeitig mit Regeln unterstützt. Man kann also nicht einfach die störenden Regel heraus nehmen weil eben auch ein Teil des Hintergrunds heraus genommen wird.
Ich frage mich da gerade welches Setting für den Erfolg von Minecraft zuständig war. Denn seien wir mal ehrlich: Minecraft ist aus Sicht der Kohärenz ein absoluter Albtraum. Du hast Lego mit jeder Menge Gestaltungsmöglichkeiten. Aber dabei musst Du Deine Haut und Deine Konstruktionen vor den Creeper schützen. Gleichzeitig hast Du ein Stufensystem mit jeder Menge XP-Vergabe, das Du aber nur dazu verwenden kannst, um Dinge zu verzaubern. Um Deine Bauten überhaupt bauen zu können, musst Du Dich aber erstmal durch die Erde grinden. Gleichzeitig hast Du absolut kein Handbuch, dass Dir irgendwas erklärt, sodass Du Dir die Rezepte alle erstmal selber zusammen suchen musst. Usw.

Aber trotzdem ist es mit weiten Abstand das erfolgreichste Computerspiel der Welt. Wieso?

EDIT: Da habe ich ja noch die absolute Schrottgraphik im Blöckchenformat vergessen...
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 14:45
Es ist ein schönes Beispiel für nicht in eine bestimmte Richtung hin entwickelte Spiele, mit viel Handlungsfreiheit und unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten.

Blos: Das alleine sagt noch nichts über die Qualität aus. Und es gibt auch genug Gegenbeispiele von Spielen mit großer Handlungsfreiheit und verschiedenen Spielansätzen, welche gnadenlos floppten.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: 6 am 14.10.2014 | 14:49
Oder anders: Alleine die große Handlungsfreiheit dürfte nicht für den Erfolg von Minecraft wichtig gewesen sein.
Dann haben wir das also auch schonmal ausgeschlossen.

Weiter: Warum ist Minecraft so erfolgreich wie es ist?
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 14:56
Ich denke dafür gibt es viele Gründe, aber lass uns mal lieber bei Rollenspielen bleiben. Denn die Analogien zu Computerspielen zu ziehen ist sehr schwer. Sonst müssen wir auch die nächsterfolgreicheren Spiele (Minecraft ist nur für den PC eines der erfolgreichsten) bewerten. Z.B. die Super Mario - Reihe, mitsamt ihrer Ableger, oder die extrem oft verkauften Partyspiele von Nintendo.

Alle drei Spiele dort - das Open World Spiel, das ganz klassische Geschicklichkeitsspiel und die Partyspiele haben völlig verschiedene Gründe für ihren Erfolg, und wenn wir anfangen dort Analogien zu Rollenspielen zu ziehen wird es sehr leicht beliebige Aussagen zu treffen.

Die dann aber auch wirklich nur dies sind. Beliebig.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Hotzenplot am 14.10.2014 | 14:57
Die Fragestellung ist ja schon etwas elitär, wennauch verständlich. Wir sollten nicht vergessen, dass wir hier in einem Nerdforum sind  ;D Meiner Meinung nach spielt der Großteil der Rollenspieler ein Spiel, weil es ihnen Spaß macht, ohne die Hintergründe genau zu definieren. Ob ein Spiel "schlecht" oder "gut" ist - abgesehen von der schwer feststellbaren Definition - spielt zunächst mal eine untergeordnete Rolle.
Um es mal mit der Automobilindustrie zu vergleichen: Wenn es nach einigermaßen objektiven Maßstäben ginge, würde es auf den Straßen anders aussehen. Statt BMW x6 wird dann der neue Twingo gefahren, weil der umweltfreundlicher ist, man damit besser einparken kann und er weniger kostet  ;).
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: 6 am 14.10.2014 | 15:04
Ich denke dafür gibt es viele Gründe, aber lass uns mal lieber bei Rollenspielen bleiben. Denn die Analogien zu Computerspielen zu ziehen ist sehr schwer. Sonst müssen wir auch die nächsterfolgreicheren Spiele (Minecraft ist nur für den PC eines der erfolgreichsten) bewerten. Z.B. die Super Mario - Reihe, mitsamt ihrer Ableger, oder die extrem oft verkauften Partyspiele von Nintendo.
Nein. Das brauchen wir nicht. Wir wollen ja nicht klären, welche Systeme sich gut verkaufen, sondern warum sich "schlechte Systeme" verkaufen und da finde ich die Analogie hervorragend, denn Minecraft steht mit seiner Inkohärenz etwa auf der gleichen Stufe wie Vampire oder DSA. Ich behaupte von daher: Wenn wir verstehen, welche Güte Minecraft hat, dann kommen wir da direkt wieder zurück zu den "schlechten Rollenspielsystemen" und deren Erfolg.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: bobibob bobsen am 14.10.2014 | 15:11
@ 6

Weil niemand Modern Talking CD´s besitzt, ich kenne Mindcraft nur vom Namen.

Zum Thema

Ich glaube man fängt mit irgendeinem beliebigen Spiel an, und hat wenn man dann über den Tellerrand geschaut hat nicht den Mut sich selbst einzugestehen das das was man da seit Jahren gespielt hat Bockmist war. Ist wie in einer schlechten Ehe wo man zusammenbleibt weil die Kinder noch nicht erwachsen sind oder man der Meinung ist man findet eh keine/n andere/n.
Die Meisten die ich kenne die sich dessen bewusst wurden haben gleich ganz mit RSP aufgehört.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Thandbar am 14.10.2014 | 15:15
Meint man in diesem Zusammenhang mit "System" allein so Sachen wie den Würfelmechanismus? Oder zählen da noch andere Elemente mit dazu?
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Ein Dämon auf Abwegen am 14.10.2014 | 15:21
Auch die Verfügbarkeit/das Vorhanden sein von Material Spielhilfen, Settingbüchern, Abenteuern usw. dürfte eine Rolle spielen.

Es gibt z.B. nicht viele Spiele wo du so ne große Auswahl an Kaufabenteuern hast wie bei DSA (insbesondere wenn sie auf Deutsch haben willst).

Btw. die DSA-Regeln sind mMn immer noch ne ganze Ecke kohärenter als die Vampire (VTM) Regeln.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 15:25
Nein. Das brauchen wir nicht. Wir wollen ja nicht klären, welche Systeme sich gut verkaufen, sondern warum sich "schlechte Systeme" verkaufen und da finde ich die Analogie hervorragend, denn Minecraft steht mit seiner Inkohärenz etwa auf der gleichen Stufe wie Vampire oder DSA. Ich behaupte von daher: Wenn wir verstehen, welche Güte Minecraft hat, dann kommen wir da direkt wieder zurück zu den "schlechten Rollenspielsystemen" und deren Erfolg.

Ok, blos: Wie grenzen wir dies ab?

Um ein Beispiel zu bringen: Minecraft ist auf dem PC ja aus einem sehr einfachem Grund eines der erfolgreichsten Spiele. Es hat nutzt einen Raubkopien reduzierenden Vertriebsweg und ist vergleichsweise günstig. Spiele wie z.B. Starcraft waren (noch) erfolgreicher was die tatsächliche Verbreitung betrifft. Sie haben nur mehr Geld an Raubkopierer verloren. Ohne diesen Effekt wäre Minecraft auch viel früher von Konkurrenzprodukten angegriffen worden, hätte auch viel weniger an Updates und Bugfixes und der Portierung auf andere Plattformen arbeiten können. Oder anders gesagt: Geld macht Spiele erfolgreicher.

Nimmt man all diese erfolgreichen Spiele zusammen ist es schwer Gemeinsamkeiten zu finden.

Am ehesten könnte man noch sagen: Erfolgreiche Spiele haben einen auf langfristige Spielweise angelegten Ansatz und einen hohen Widerspielwert. So bekommt man dann sowohl Mario / Donkey Kong, als auch Minecraft und Starcraft - aber auch Spiele wie die Partyspiele in eine Kategorie. All diese Spiele kann ich kaufen, und mit ihnen auch noch in Jahren Spaß haben, und beim hundertstem Wiederspielen. Es ist hierbei aber eine Preis / Leistungskategorie. Und explizit nicht auf die "schlechte" Qualität bezogen, sondern auf das Gegenteil davon: Was bekomme ich für mein Geld?

Und diese Frage gilt auch für Minecraft: Was ich für mein Geld bekomme ist sehr viel. Viel Spielzeit, viel Spielwelt, viele Möglichkeiten etwas zu erschaffen. Was gegen die These vom "schlechtem" Spiel spricht.

Ein früheres vergleichbares Spiel wäre beispielsweise auch Pirates! oder noch früher Elite! welche ebenfalls beide den Ansatz verfolgten die Spielweise des Spielers möglichst wenig vorab festzulegen. Aber auch hier gilt: Vergleichbare Spiele, die diese Ansätze aufnehmen wollten gab es oft. Erfolgreich waren sie aber eher selten, während gleichzeitig andere Spiele mit anderen Ansätzen erfolgreich waren.

Einfach weil die Qualität und auch der Erfolg losgelöst von der Frage nach der Handlungsfreiheit ist.

Viel weiter als bis zu "Spiele die mir mehr für ihr Geld geben sind am Ende meist erfolgreicher." bringt uns die Analogie halt nicht - und selbst dies ist oft eher eine grobe Richtung als eine absolute Wahrheit. Es gibt eine Menge Spiele die - trotz super Preis/Leistungs- Verhältniss ohne Erfolg abtraten.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: 6 am 14.10.2014 | 15:49
@Arldwulf:
Ich weiss ehrlich gesagt garnicht wo ich da anfangen soll...
Okay. Zuerst zum Geld. Du bist der festen Ansicht, dass der Preis eines Spieles ein wichtiger oder sogar der wichtigste Grund (wichtiger als das eigentliche Spielgefühl?) für die Beliebtheit eines Spieles ist?
Dann als Nächstes: Starcraft hat für Dich wirklich den gleichen Grund für seine Beliebtheit wie Minecraft oder die Mario-Reihe?
Dann als Drittes: Wer behauptet denn neben Dir, dass die Handlungsfreiheit der wichtigste Grund für die Beliebtheit von Minecraft ist?

Egal.

Lehn Dich doch einfach mal zurück und überlege Dir ernsthaft, wieso Minecraft so beliebt ist. Also keine Zahlenspielereien wie "aber XYZ gab es doch häufiger" oder "XY ist auch beliebt und hat mit Rollenspielen nichts zu tun". Einfach mal überlegen, wieso Du wenn Du Minecraft gerne spielst oder gespielt hast, Minecraft gerne gespielt hast. Wenn Du mit dem Spiel keine Erfahrung gemacht hast, dann frag doch einfach mal in Deinem Freundes- und Verwandtenkreis nach, welchen Reiz Minecraft auf sie ausübt. Dann gehen wir mal her und vergleichen diese Antworten über Minecraft (Nicht Mario, nicht Starcraft, nicht Pirates!) mit denen, um die es hier geht. Vielleicht bekommen wir dann Antworten, die uns hier in dem Thread weiter bringen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Narubia am 14.10.2014 | 15:53
Weil niemand Modern Talking CD´s besitzt, ich kenne Mindcraft nur vom Namen.
Offensichtlich nicht einmal das ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: bobibob bobsen am 14.10.2014 | 15:58
Zitat
Offensichtlich nicht einmal das

Was für ein geiler Verschreiber. Danke für den Hinweis. Schön wenn man auch mal herzhaft über sich selber lachen kann.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Hotzenplot am 14.10.2014 | 16:01
Vielleicht bekommen wir dann Antworten, die uns hier in dem Thread weiter bringen.

Ich glaube, eher nicht. Die Antworten werden ähnlich sein wie bei den Branchengrößen des Rollenspiels, die von "Eingeweihten" als schlecht empfunden werden (DSA, WoD, D&D etc.). "Weil ich in dem Spiel so tolle fantastische Charaktere spielen kann", "Weil die Story so gut ist", "Weil die Hintergrundwelt so schön ist"...
Ich glaube nicht, dass wir da auch nur ansatzweise auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Eine objektive Begründung für ein zum Großteil subjektiv empfundene Einschätzung gut/schlecht zu suchen, ist eben zum Scheitern verurteilt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Ucalegon am 14.10.2014 | 16:14
Minecraft gehört zu den letzten PC-Spielen, die ich gespielt habe, bevor ich digitales Spielen komplett an den Nagel gehängt habe. Das ist jetzt auch schon ne Weile her. Entscheidender Punkt war, dass Minecraft die ultimative Sandbox darstellte. "Freies" Erkunden+Bauen. Andere Spiele zu dieser Zeit gingen bei mir in ähnliche Richtung. Aber auch da war nach kurzer Zeit die Luft raus, weil ich festgestellt habe, dass ich eine echte open world nur beim analogen Rollenspiel kriege.

@6: Mich würde interessieren worauf du hinauswillst/ob du eine Hypothese hast?
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Hotzenplot am 14.10.2014 | 16:22
Nachsatz zu meinem Post von eben:
Grundsätzlich verstehe ich schon die Frage, ist sie doch höchst interessant. Aber die Antwort ist - wenn es DIE Antwort überhaupt gibt - vermutlich viel zu komplex, um sie hier einigermaßen deutlich darstellen zu können.
Die Frage kann man sich betreffend einer Vielzahl von Produkten genauso stellen, indem man sie etwas allgemeiner wählt: "Warum werden ´schlechte´ Produkte benutzt?".

Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Prisma am 14.10.2014 | 16:24
Es gibt keine schlechten Rollenspiele / -systeme.

Ob einem ein Rollenspiel(system) gefällt oder nicht ist eine rein subjektive Entscheidung. Wenn man Verreglung und Sick Stuff will, dann ist z.B. FATAL ein gutes Rollenspiel. Wenn man Grobkörnigkeit und Kämpfe mag, dann ist Savage Worlds toll. Will man Monster in Dungeons fertigmachen und/oder generell "aufsteigen" dann ist D&D oder ein Derivat das Ding. Doomstone kann ein gutes Rollenspiel sein, wenn man eben das will, was es bietet.

Der Faktor der das letztlich entscheidet bist Du. Und dass nur für Dich selbst. Der Nächste kann dies völlig anders sehen. (Das gilt auch für diesen Post. :) )
 
Einzig bei handwerklichen Fehlern kann man eine halbwegs objektive Entscheidung treffen. Damit sind nicht das Design oder die Illustrationen gemeint, sondern Dinge wie z.B. das Korrektorat oder die Bindung, die Papierqualität, etc.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 16:28
@Arldwulf:
Ich weiss ehrlich gesagt garnicht wo ich da anfangen soll...
Okay. Zuerst zum Geld. Du bist der festen Ansicht, dass der Preis eines Spieles ein wichtiger oder sogar der wichtigste Grund (wichtiger als das eigentliche Spielgefühl?) für die Beliebtheit eines Spieles ist?
Dann als Nächstes: Starcraft hat für Dich wirklich den gleichen Grund für seine Beliebtheit wie Minecraft oder die Mario-Reihe?
Dann als Drittes: Wer behauptet denn neben Dir, dass die Handlungsfreiheit der wichtigste Grund für die Beliebtheit von Minecraft ist?

Egal.

Lehn Dich doch einfach mal zurück und überlege Dir ernsthaft, wieso Minecraft so beliebt ist. Also keine Zahlenspielereien wie "aber XYZ gab es doch häufiger" oder "XY ist auch beliebt und hat mit Rollenspielen nichts zu tun". Einfach mal überlegen, wieso Du wenn Du Minecraft gerne spielst oder gespielt hast, Minecraft gerne gespielt hast. Wenn Du mit dem Spiel keine Erfahrung gemacht hast, dann frag doch einfach mal in Deinem Freundes- und Verwandtenkreis nach, welchen Reiz Minecraft auf sie ausübt. Dann gehen wir mal her und vergleichen diese Antworten über Minecraft (Nicht Mario, nicht Starcraft, nicht Pirates!) mit denen, um die es hier geht. Vielleicht bekommen wir dann Antworten, die uns hier in dem Thread weiter bringen.

Na gut. Minecraft spiele ich sehr gern und oft, und kenne auch viele die dies tun. Ich hab auch einige Kontakte in die Moddingszene dort und schau ab und an (na gut, recht oft) Videos dazu.

Folgende Gründe würde ich für den Erfolg nennen:

1. Minecraft kann man als Survivalspiel spielen. Das reizt mich z.B. am ehesten, einzelne Elemente im Spiel (Dörfer z.B.) stören mich dabei durchaus, sind aber erträglich. Es hat eine gute "ich hab XYZ geschafft" Motivation auf die Herausforderung bezogen.
2. Minecraft kann man als Kreativ / Bauspiel spielen. So nutzt es z.B. mein Sohn, spielt damit mehr oder weniger Lego am PC. Auch hier ist es vorbildlich, man kann tatsächlich extrem viel und frei damit bauen.
3. Minecraft hat eine sehr aktive Modding Szene, weshalb es etliche verschiedene Varianten und Adaptionen des Spiels gibt. Inklusive Rollenspieladaptionen btw.
4. Minecraft ist auf vielen Platformen verfügbar, und zum Teil heute noch kostenlos erhältlich. Es ist günstig zu haben. Gleichzeitig aber in der Vollversion recht restriktiv, mit gutem Schutz vor Raubkopien.
5. Es gibt etliche Anleitungen in Form von Fanvideos wie man mit Minecraft etwas machen kann, und wie man es modifizieren kann. Sei es das man daraus ein Jump & Run macht, oder eine PvP Arena oder einen Vergnügungspark mit Chatfunktion.
6. Minecraft ist ein Multiplayerspiel, ermöglicht Interaktion mit anderen Spielern.
7. Minecraft hat eine sehr lange Spieldauer, die Spielwelt ist immer wieder neu und wird ständig durch neue Modifikationen erweitert. Es bedient auch das aus anderen Spielen bekannte Sammelprinzip.


So, das wären mal meine Top 7. Keiner dieser Punkte trifft auf Minecraft alleine zu, natürlich. Aber Minecraft ist wie gesagt ja auch nicht das einzige erfolgreiche Computerspiel, noch nicht einmal das erste was diese Prinzipien verfolgt. Weder die auf das Spiel, noch die auf das drum herum bezogenen.

Was kann man also daraus ernsthaft für Rollenspiele übernehmen? Eigentlich recht viel. Rollenspiele sollten ebenfalls möglichst einfach zu erhalten sein (möglichst eine Anfangs kostenlose Version rausbringen), gleichzeitig etwas für eine aktive Fanszene tun, immer wieder Erweiterungen nachschieben und zusätzliche Inhalte veröffentlichen. Präsenz auf mehreren Platformen ist ebenfalls ein wichtiges Thema - das Computerspiele auch Rollenspiele "anschieben" können haben wir ja auch schon gesehen.

Auch Langzeitmotivation ist sehr wichtig, und die Möglichkeit Dinge anpassen zu können.

Ich sag also nicht, dass man sich für den Erfolg von Rollenspielen keine Anregung holen kann. Kann man. Aber Minecraft wird halt nicht gespielt obwohl es schlecht ist. Es wird gespielt weil es gut ist. Mit all dem Drumherum was heutzutage dazugehört. Fansupport, Marketing, Orientierung an erfolgreichen Vorbildern, Pflege des Produkts und auch Qualität in der Umsetzung.

Mit dem Thema hat dies wenig zu tun, wenn du darauf eine Antwort haben willst und eine Analogie aus Computerspielen haben möchtest müsstest du fragen: "warum wird XYZ so oft gespielt" - und müsstest dann so ein richtig schön verbuggtes, konzeptionell unausgereiftes und schlecht gepflegtes Spiel nutzen.

Aber die Antwort darauf dürfte in den meisten Fällen halt: "Wird es doch gar nicht..." lauten.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Ucalegon am 14.10.2014 | 16:29
Nachsatz zu meinem Post von eben:
Grundsätzlich verstehe ich schon die Frage, ist sie doch höchst interessant. Aber die Antwort ist - wenn es DIE Antwort überhaupt gibt - vermutlich viel zu komplex, um sie hier einigermaßen deutlich darstellen zu können.
Die Frage kann man sich betreffend einer Vielzahl von Produkten genauso stellen, indem man sie etwas allgemeiner wählt: "Warum werden ´schlechte´ Produkte benutzt?".

Naja ich finde die bisherigen Antworten eigentlich alle recht überzeugend und nicht komplex. Und dass es eine Vielzahl an Faktoren gibt und nicht den "einen Grund", bezweifelt ja keiner.
Und dieselben Fragen werden in den entsprechenden Kreisen für Filme, Musik, PC-Spiele usw. natürlich diskutiert.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 14.10.2014 | 16:35
oh ja. da kann ich gar nicht oft genug +1 geben. Ich würde sogar sagen, dass schlechte Systeme generell einen höheren Bedarf an "Regelauslegung" haben, d.h. der SL häufiger als alleiniger Exeget der "heiligen Schrift" fungiert ;)

Ich glaube außerdem, dass ein Blick auf die -natürlich nie zu 100% vorliegenden- Spielertypen hilft. Gerade ein Method Actor fühlt sich wahrscheinlich in einer Runde, die über große Teile ohne die schlechten Regeln spielt (wie es Rumpel im anderen Thread für seine DSA Mitspieler beschrieben hat) oder Regelanwendung zumindest vermeidet, sehr wohl, weil er da am meisten Raum für freies Charakterspiel sieht.

Diese Situation dürfte auch den Casuals gelegen kommen, da ein fokussiertes System mit klarem Ziel eben weniger Raum für das Außenrum bzw. ein Zurückziehen auf die Beobachterposition bietet.

Au contraire mein Lieber: Gute Systeme haben einen hohen Anteil an Regelauslegung, da sie dem GM Freiheiten einbauenen seine Spielwelt zu gestalten.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 14.10.2014 | 16:36
Es gibt keine schlechten Rollenspiele / -systeme.

Ob einem ein Rollenspiel(system) gefällt oder nicht ist eine rein subjektive Entscheidung. Wenn man Verreglung und Sick Stuff will, dann ist z.B. FATAL ein gutes Rollenspiel. Wenn man Grobkörnigkeit und Kämpfe mag, dann ist Savage Worlds toll. Will man Monster in Dungeons fertigmachen und/oder generell "aufsteigen" dann ist D&D oder ein Derivat das Ding. Doomstone kann ein gutes Rollenspiel sein, wenn man eben das will, was es bietet.

Der Faktor der das letztlich entscheidet bist Du. Und dass nur für Dich selbst. Der Nächste kann dies völlig anders sehen. (Das gilt auch für diesen Post. :) )
 
Einzig bei handwerklichen Fehlern kann man eine halbwegs objektive Entscheidung treffen. Damit sind nicht das Design oder die Illustrationen gemeint, sondern Dinge wie z.B. das Korrektorat oder die Bindung, die Papierqualität, etc.

+1
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 14.10.2014 | 16:42
Archoangel, wie passen deine letzten beiden Posts zusammen? Im ersten schreibst du, was gute Systeme charakterisierst, im zweiten unterstützt du die Aussage, dass es keine guten oder schlechten Systeme gibt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: 6 am 14.10.2014 | 16:45
@Ucalegon:
Ich habe leider keine ausgearbeitete Hypothese, sondern nur Elemente, die mir beim Spielen aufgefallen sind, die mir auch beim Rollenspielen schon über den Weg gestolpert sind. Ich versuche sie mal zu benennen:

1. Das Spiel hat von Anfang an einen starken Erforschungscharakter. Es gibt kein Handbuch, sondern Du musst Dir alles erstmal erarbeiten. Im Prinzip beginnst Du bei 0, schaffst aber Erwartungen auf mehr. (ich glaube da gibt es ein paar weitere Browsergames, die in eine gleiche Richtung gehen. Die fangen irgendwie mit einem Knopf an, auf den man klicken kann. Drück 100x drauf und das nächste Element kommt) Du "weisst" genau dass da noch jede Menge andere Sachen sind, die auf Dich warten entdeckt zu werden, aber nur wenn Du Dich durchs System arbeitest.

2. Wenn Du etwas in Minecraft gebaut hast, dann weisst Du dass Du etwas geschafft hast. Zumindest bei mir war doch eine ziemlich hohe Motivation eine einfach lange Strecke über 1000 x 3 Blöcke in 80 Blöcke Höhe zu bauen, nur um da drauf dann Eisenbahn spielen zu können. Es gibt sicherlich Graphikprogramme, mit denen ich eine solche Strecke als Bild in Nullkommanichts hätte bauen können. Dazu wäre ich zu faul gewesen.

3. Blöcke hauen machst Spass. Ich kann mich stundenlang nur mit dem Grinden von Blöcken unter der Erde beschäftigen (dabei ist mir dann aufgefallen wie stark ich ein gutes Grinding-Spiel schätze). Die offizielle Begründung für mich war, dass ich genug Material für das Schienennetz brauche.->Punkt2

4. Durch die Klötzchengraphik hast Du gewisse Richtlinien, nach denen Du bauen kannst. "Jeder Depp kann da ein Haus mit rotem Dach bauen" (sogar ich ;)) Wenn Du Dir also die technische Seite "erarbeitet" hast, dann kannst Du Deiner Kreativität freien Raum lassen ohne eine künstlerische Ader zu haben. Aber auch hier: Trotz allem bekommst Du da nichts geschenkt. Bauen musst Du trotzdem noch selber und die vorhandenen Elemente zu einem Ganzen zusammen fügen.

5. Durch diese Zeit und Arbeit, die Du da reininvestieren musst, fühlt sich das alles an, als hättest Du etwas geschafft (kannste ja sogar jedem zeigen). Die Welt die Du dabei geschaffen hast, oder die Deine Gruppe geschaffen haben, ist Deine/Eure Welt. Mit den eigenen Händen geschaffen usw.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Ucalegon am 14.10.2014 | 16:46
Au contraire mein Lieber: Gute Systeme haben einen hohen Anteil an Regelauslegung, da sie dem GM Freiheiten einbauenen seine Spielwelt zu gestalten.

 :-*

Ob ich Traveller oder Dungeon World leite, ausgelegt wird da nix. Ich weiß natürlich nicht, was für dich ein gutes System ist. Darum gehts hier aber zum Glück auch nicht.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 14.10.2014 | 16:50
Archoangel, wie passen deine letzten beiden Posts zusammen? Im ersten schreibst du, was gute Systeme charakterisierst, im zweiten unterstützt du die Aussage, dass es keine guten oder schlechten Systeme gibt.

Ganz einfach: im ersten provoziere ich bewusst, indem ich die konträre Meinung einnehme (ich dachte das sei offensichtlich als Ironie zu erkennen) und den zweiten unterstütze ich durch "+1". Ich frage mich ehrlich gesagt bereits seit dem ersten Post ob dieser thread gestartet wurde um Streit zu provozieren; in diesem Fall vor allem um einen DSA4-Lover auf die Bühne zu rufen, der dann "Wie kannst du nur!" ruft. Was soll denn die Kinderkacke von wegen "Mein Sandförmchen ist aber größer als deins!"? Wer bin ich denn, dass ich bewerte könnte was für alle anderen außer meiner Wenigkeit selbst ein gutes oder ein schlechtes System sei?

Oder um die Frage des Threaderstellers zu beantworten: "schlechte" Systeme werden gespielt, weil deren Spieler sie mehrheitlich "gut" finden.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 16:52
Um die Fragestellung mal etwas anders anzulegen: Auch wenn die Qualität von Spielen immer subjektiv ist, existiert ja auch der Fall, dass Spieler ein Spiel spielen - dieses aber selbst als nicht besonders gut bezeichnen. Oder sehr viel daran kritisieren und gerne (oder tatsächlich) etwas ändern würden.

Auch hierfür gibt es oftmals gute Gründe, von denen einige ja auch schon im Thread stehen.

Man kann die Frage also auch als "Warum werden von den Spielern als schlecht/mangelhaft empfundene Spiele dennoch gespielt" verstehen.

Um ein Beispiel zu nennen: Es finden sich etliche Spieler, welche von einem Sweet Spot für D&D 3.x berichten. Bis hin zu: "ab Stufe X wird das Spiel komplett kaputt".

Hier gibt es also durchaus eine bewusste Kritik an dem Spiel - welches nichtsdestotrotz aber weitergespielt wird.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Hotzenplot am 14.10.2014 | 16:53
Oder um die Frage des Threaderstellers zu beantworten: "schlechte" Systeme werden gespielt, weil deren Spieler sie mehrheitlich "gut" finden.

Jap. Ich denke, das ist einer der zentralen Ansätze.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 14.10.2014 | 16:54
Ganz einfach: im ersten provoziere ich bewusst, indem ich die konträre Meinung einnehme (ich dachte das sei offensichtlich als Ironie zu erkennen) und den zweiten unterstütze ich durch "+1". Ich frage mich ehrlich gesagt bereits seit dem ersten Post ob dieser thread gestartet wurde um Streit zu provozieren;

Wenn das dein Verdacht ist, warum provozierst du dann zusätzlich, indem du normativ behauptest, was ein "gutes" System macht? Mir war die Ironie jedenfalls nicht klar - und ich finde das Thema durchaus interessant und ernstzunehmen, gerade als jemand, der schon über Jahre hinweg Systeme gespielt hat, die er als "schlecht" empfand.
Du könntest dir in Sachen uneigentliche Sprechweisen ja auch einfach ein Beispiel am Threadersteller nehmen, der "schlechte" in Anführungszeichen gesetzt hat, um klarzumachen, dass er den Begriff nicht wörtlich genommen wissen will.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: 6 am 14.10.2014 | 16:54
Ich sag also nicht, dass man sich für den Erfolg von Rollenspielen keine Anregung holen kann. Kann man. Aber Minecraft wird halt nicht gespielt obwohl es schlecht ist.
Das sage ich auch nicht. :)
Dieser Punkt mit dem "schlechten System" wurde ja im Zusammenhang mit der Kohärenz des Systems genannt. Ein "schlechtes System" ist also dann schlecht wenn das System inkohärent ist. Du hast keine Spielregel für ein Spiel, sondern ein Sammelsurium aus Regelelementen. Also genau das Gleiche wie bei Minecraft.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 14.10.2014 | 16:56
@Arld: Das ist aber eine andere Frage, die sicher gebührend erörtert werden sollte. Sie sagt nämlich nichts über die schiere Quantität derer aus, die ein als schlecht wahr genommenes System spielen. Sicher gibt es innerhalb jedes Systems eine kleine Gruppe Nutzer, die das System als mangelgaft oder ungenügend einstufen (Volksmund: "schlecht"); Dennoch glaube ich - da es meiner Erfahrung entspricht - dass der Großteil (die überwiegende Mehrheit) der Nutzer eines Systems dieses eben als sehr gut, gut, zufriedenstellen oder eben für die eigenen Bedürfnisse ausreichend empfinden (Hier: "gut"), weshalb sich die eigentliche Frage schon wieder erübrigt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Beral am 14.10.2014 | 17:00
Hallo zusammen,

immer wieder, für mich zuletzt unter http://www.tanelorn.net/index.php/topic,91197.0.html (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,91197.0.html) kommt ja das Thema auf warum schlechte Systeme trotzdem so eine große Fangemeinde haben und die entsprechenden Spieler nicht einfach zu einem passenderen System wechseln.
Ich frage mich inzwischen wie es sein kann, dass wir die erfolgreichen Systeme als "schlecht" klassifizieren und die angeblich reichlich vorhandenen "guten" Alternativen in der Spielerschaft nicht ankommen.

Wenn Bewertung und Realität so kolossal auseinander gehen, müssen sich die Bewerter auch mal hinterfragen.

Es ist an der Zeit, die negativ formulierten Fragestellungen hinter sich zu lassen und ganz unvoreingenommen zu fragen: "DSA, du geiles Ding, verrate mir deine Erfolgsgeheimnisse!"
Wenn man die Frage so stellt, ist es a) ehrlicher und b) bringt man sich nicht auf den falschen Weg, (halbgare und abwertende) Entschuldigungen oder Ausreden für den Erfolg von DSA zu suchen, sondern befindet sich auf einer viel konstruktiveren Fährte.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 14.10.2014 | 17:01
Wenn das dein Verdacht ist, warum provozierst du dann zusätzlich, indem du normativ behauptest, was ein "gutes" System macht? Mir war die Ironie jedenfalls nicht klar - und ich finde das Thema durchaus interessant und ernstzunehmen, gerade als jemand, der schon über Jahre hinweg Systeme gespielt hat, die er als "schlecht" empfand.
Du könntest dir in Sachen uneigentliche Sprechweisen ja auch einfach ein Beispiel am Threadersteller nehmen, der "schlechte" in Anführungszeichen gesetzt hat, um klarzumachen, dass er den Begriff nicht wörtlich genommen wissen will.

Siehst du (siehe oben): ich dachte er hätte "schlecht" geschrieben um auf die umgangssprachliche Nutzung des Wortes schlecht hinzuweisen. (schwarz/weis Malerei, Unterteilung in gut&schlecht, ohne Zwischenstufen zuzulassen, subjektiver Ansatz). Kein Plan wie ich dir das sonst erklären soll. Tut aber auch nichts zum Thema. Fakt ist: ich persönliche empfinde den Ausgangspost anmaßend.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 14.10.2014 | 17:03
Ich frage mich inzwischen wie es sein kann, dass wir die erfolgreichen Systeme als "schlecht" klassifizieren und die angeblich reichlich vorhandenen "guten" Alternativen in der Spielerschaft nicht ankommen.

Wenn Bewertung und Realität so kolossal auseinander gehen, müssen sich die Bewerter auch mal hinterfragen.

Spinnst du? Wie kannst du es dich wagen? Du verräter am Geist des modernen Rollenspiels. Unter den Talaren: der Muff von 1000 Jahren!(Vorsicht: Ironiemodus)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 17:11
Das sage ich auch nicht. :)
Dieser Punkt mit dem "schlechten System" wurde ja im Zusammenhang mit der Kohärenz des Systems genannt. Ein "schlechtes System" ist also dann schlecht wenn das System inkohärent ist. Du hast keine Spielregel für ein Spiel, sondern ein Sammelsurium aus Regelelementen. Also genau das Gleiche wie bei Minecraft.

Die Frage wäre aber inwieweit Minecraft überhaupt inkohärent ist. Es ist ja nicht einmal so als ob es dort verschiedenste Genre durcheinanderwirft: Tatsächlich orientiert sich das Spiel durchaus recht stark an Vorbildern.

Eben vorherigen Open World Spielen wie die oben genannten. Das geht so weit, dass einige der Techniken dort direkt aus anderen Spielen übernommen wurden. "Kombiniere so und so viel von Gegenstand A mit so und so viel von Gegenstand B zu Gegenstand C in deinem Inventar" ist 2009 nicht so ganz neu gewesen. Und genausowenig zufallsgenerierte Welten oder die Kombination von Erforschung, Sammeltrieb und aktiver Veränderung der Spielwelt.

Letztlich entspricht Minecraft sehr genau dem was man von einem Open World Spiel erwarten würde, und was zuvor bereits als Genrekonvention etabliert wurde.

Es mixt einige Elemente - doch die oben genannte Inkohärenz existiert nur wenn man Spiele in fixe Kategorien packen will. Die es aber auf dem Computerspielemarkt und auch dem Rollenspielmarkt gar nicht so sehr gibt.


@Arld: Das ist aber eine andere Frage, die sicher gebührend erörtert werden sollte. Sie sagt nämlich nichts über die schiere Quantität derer aus, die ein als schlecht wahr genommenes System spielen. Sicher gibt es innerhalb jedes Systems eine kleine Gruppe Nutzer, die das System als mangelgaft oder ungenügend einstufen (Volksmund: "schlecht"); Dennoch glaube ich - da es meiner Erfahrung entspricht - dass der Großteil (die überwiegende Mehrheit) der Nutzer eines Systems dieses eben als sehr gut, gut, zufriedenstellen oder eben für die eigenen Bedürfnisse ausreichend empfinden (Hier: "gut"), weshalb sich die eigentliche Frage schon wieder erübrigt.

Weiß ich gar nicht. Es ist ja durchaus eine interessante Beobachtung, dass die Kritik an einem Rollenspiel - und insbesondere dessen Regeln - nicht in einem Verhältniss zu seinem Erfolg steht. Auch und gerade innerhalb der eigentlichen Spielerschaft. Oder anders gesagt: Spiele können gleichzeitig erfolgreich und trotzdem voller Punkte sein die die eigenen Spieler stören und oft von ihnen geändert werden. Das die Spielerschaft dort natürlich nicht mit einer Stimme spricht ist ja klar. Und du hast sicher recht bezüglich der Frage wie hoch der Kritikeranteil unter den Spielern ist, und dass dieser selten besonders groß ist. Trotzdem kann man Spiele danach unterteilen wie groß er ist, und wie häufig bestimmte Kritikpunkte aufkommen. Und gerade bei den großen Fragen würde ich auch nicht mehr von Minderheiten sprechen welche sich an einzelnen Punkten stören - um bei dem D&D Beispiel zu bleiben: Die Regeln für sehr hochstufiges Spiel nutzt am Ende eher die Minderheit, und die Mehrheit würde die damit verbundene Spielweise eher ablehnen, oder benutzt sie von vornherein nicht. Obwohl es eigentlich ein ganz normaler Teil des Spiels ist.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Tyloniakles am 14.10.2014 | 17:25
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: 6 am 14.10.2014 | 17:48
Die Frage wäre aber inwieweit Minecraft überhaupt inkohärent ist. Es ist ja nicht einmal so als ob es dort verschiedenste Genre durcheinanderwirft: Tatsächlich orientiert sich das Spiel durchaus recht stark an Vorbildern.
Du. Das gilt genauso für die "schlechten Systeme", ob jetzt DSA oder Vampire oder sonst ein Mainstreamsystem. Das wird ja gerade z.B. bei Vampire als Teil des Problems angesehen. Check.
Zitat
Eben vorherigen Open World Spielen wie die oben genannten. Das geht so weit, dass einige der Techniken dort direkt aus anderen Spielen übernommen wurden. "Kombiniere so und so viel von Gegenstand A mit so und so viel von Gegenstand B zu Gegenstand C in deinem Inventar" ist 2009 nicht so ganz neu gewesen. Und genausowenig zufallsgenerierte Welten oder die Kombination von Erforschung, Sammeltrieb und aktiver Veränderung der Spielwelt.
Das auch. DSA hat sich kräftig bei D&D bedient. Vampire hat so viel aus dem damaligen Ars Magica-System geklaut. Check.
Zitat
Letztlich entspricht Minecraft sehr genau dem was man von einem Open World Spiel erwarten würde, und was zuvor bereits als Genrekonvention etabliert wurde.
Hey. Das auch. Check.
Zitat
Es mixt einige Elemente - doch die oben genannte Inkohärenz existiert nur wenn man Spiele in fixe Kategorien packen will. Die es aber auf dem Computerspielemarkt und auch dem Rollenspielmarkt gar nicht so sehr gibt.
Eben. Nur bei den extremen Indyspielen. Check.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 17:53
Du. Das gilt genauso für die "schlechten Systeme", ob jetzt DSA oder Vampire oder sonst ein Mainstreamsystem. Das wird ja gerade z.B. bei Vampire als Teil des Problems angesehen. Check.Das auch. DSA hat sich kräftig bei D&D bedient. Vampire hat so viel aus dem damaligen Ars Magica-System geklaut. Check.Hey. Das auch. Check.Eben. Nur bei den extremen Indyspielen. Check.

Deshalb ja oben die Frage, ob du "schlecht" mit "Mainstream / breiter Fokus" gleichsetzt. Würde ich nicht machen, es gibt schlechte Spiele mit engem Fokus und schlechte Spiele mit sehr breitem Fokus. Und von beidem auch gute Varianten.

Haben wir für die Frage nach diesem Aspekt der Entwicklung auf eine fixe Spielweise hin nicht schon den anderen Thread? Muss natürlich Arkam sagen was er damit meinte, aber ich würde diesen Thread hier schon auf eine (subjektive oder objektive) Qualität der Spiele münzen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Blizzard am 14.10.2014 | 17:59
Für den Erfolg von "schlechten Systemen" ist häufig der Hintergrund ein wichtiger Faktor. Hintergründe wie Aventurien oder auch die Welt von 7th Sea, um Mal zwei Beispiele zu nehmen die in unserer Gruppe für Kopfschütteln sorgten, sind sehr schlecht auf andere Systeme umzusetzen.
Also das mit DSA verstehe ich ja noch, aber 7thSea? Was ist denn am (Regel-)system von 7thSea schlecht?

dann zur Frage: Warum werden "schlechte"Systeme trotzdem gespielt? Einige Gründe wurden schon genannt, ich denke:
-weil der (gute) Hintergrund das (schlechte)System kompensiert
-weil eine Convertierung auf ein anderes System viel Zeit erfordert, die man nicht hat oder die man lieber mit spielen verbringt
-weil man Angst vor Neuem und Unbekannten hat und lieber das spielt, was man seit x Jahren kennt
-weil Alternativen nicht in Sicht oder noch schlechter sind
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: 6 am 14.10.2014 | 18:04
Deshalb ja oben die Frage, ob du "schlecht" mit "Mainstream / breiter Fokus" gleichsetzt. Würde ich nicht machen, es gibt schlechte Spiele mit engem Fokus und schlechte Spiele mit sehr breitem Fokus. Und von beidem auch gute Varianten.
Okay. Das hatte ich nicht gesehen. Ich sehe hier "schlecht" in dem Zusammenhang wie er im Ausgangsthread verwendet wurde. Ein "schlechtes" System ist ein inkohärentes System. Ausgangspunkt war da Vampire.
Zitat
Haben wir für die Frage nach diesem Aspekt der Entwicklung auf eine fixe Spielweise hin nicht schon den anderen Thread? Muss natürlich Arkam sagen was er damit meinte, aber ich würde diesen Thread hier schon auf eine (subjektive oder objektive) Qualität der Spiele münzen.
Naja. Der andere Thread ist die Grundlage dieses Threads und ich hatte Arkam schon so verstanden, dass er gerne wissen wollte wieso diese "schlechten" Rollenspiele überhaupt noch gespielt werden.
Wenn er etwas Anderes meinte, dann hast Du Recht und wir sollten dann hier nicht weiter drüber diskutieren.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 18:07
Er bezieht sich ja konkret auf störende Regeln und die Frage inwieweit man die Settings für andere Systeme nutzen kann...insofern glaub ich nicht, dass es an der generellen Ausrichtung liegt im Sinne von "Mainstream Fantasy ist schlecht".
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 14.10.2014 | 18:10
Siehst du (siehe oben): ich dachte er hätte "schlecht" geschrieben um auf die umgangssprachliche Nutzung des Wortes schlecht hinzuweisen. (schwarz/weis Malerei, Unterteilung in gut&schlecht, ohne Zwischenstufen zuzulassen, subjektiver Ansatz). Kein Plan wie ich dir das sonst erklären soll. Tut aber auch nichts zum Thema. Fakt ist: ich persönliche empfinde den Ausgangspost anmaßend.

Na ja, man kann ja trotzdem eine sinnvolle Diskussion aus dem Thread machen, wenn man feststellt, dass "gut"/"schlecht" natürlich höchst subjektive Kriterien sind und die Startfrage insofern am meisten Sinn ergibt, wenn sie bedeutet: "Warum spielen Leute Systeme, die sie als schlecht empfinden?"
Das begegnet zumindest mir durchaus häufig. Die Antworten sind teilweise natürlich ganz banal und hier schon mehrfach genannt worden (man hat sich halt dran gewöhnt, für anderes stehen keine Spieler zur Verfügung, man kennt gar nicht die Alternativen oder käme nicht auf die Idee, ein Setting mit einem anderen als dem offiziellen System zu bespielen ...).

Ich meine aber aus meiner DSA4-Erfahrung zu wissen, dass es da noch komplexere Gründe geben kann. Denn da waren sich wie gesagt alle einig, dass das System nicht taugt, wussten um mögliche Alternativen und hatten eine feste Runde, mit der man sich gemeinsam auf eine solche hätte einigen können. Ist aber nicht passiert, zum Teil aus Trägheit, aber auch wegen einer irrationalen Abwehr dagegen, was am "Gesamtpaket" zu drehen.

Woher kommt so was? Ist das einfach Angst vor Veränderung? Oder ist die Markenmacht von einem Spiel wie DSA so stark, dass es eine gewisse "Autorität" entwickelt, der man sich als Spieler bewusst oder unbewusst unterwirft?

Und: Kann es in manchen Fällen auch schlicht sinnvoll sein, mit dem für schlecht befundenen System weiterzumachen, weil der Umgang damit schon so eingespielt ist, dass das ganze auf seine Art funktioniert, nicht unbedingt über Hausregeln, aber auch nicht "as written", sondern am ehesten in Form der Vermeidung von Regelanwendung?
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Maarzan am 14.10.2014 | 18:16
Die Leute müssen ja auch erst einmal einig sein in welche Richtung eine Verbesserung sich bewegen muss. Ggf ist das Altsystem dann letztlich doch die Schnittmenge des Kompromisses, und sei es, weil man keinen neuen anderen findet aber eben spielen will.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Slayn am 14.10.2014 | 18:59
"Schlechte" Systeme kann man mit minimalsten Systemwissen bespielen, indem man de Verantwortung da an jemand anderen abgibt, erlauben aber sehr tiefgreifendes Schürfen im System, also mehr als nur das aktive Hobby am Spieltisch.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 19:07
"Schlechte" Systeme kann man mit minimalsten Systemwissen bespielen, indem man de Verantwortung da an jemand anderen abgibt, erlauben aber sehr tiefgreifendes Schürfen im System, also mehr als nur das aktive Hobby am Spieltisch.

Inwiefern? Je schlechter das System, umso wichtiger wird doch Systemwissen um Probleme umgehen zu können.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Haukrinn am 14.10.2014 | 19:24
Nein, umso leichter wird's den Mist selbst zu ignorieren (und sich einen Trottel zu suchen der sich einliest, falls man die Sachen doch verwenden möchte).
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 14.10.2014 | 19:28
Wenn Regeln leicht zu ignorieren  sind ist dies ja ebenfalls eine Qualität - und umgedreht ein Zeichen für mangelnde Qualität, wenn beim ignorieren oder Ändern einer Regel alles zusammenbricht.

Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Slayn am 14.10.2014 | 20:09
Nein, umso leichter wird's den Mist selbst zu ignorieren (und sich einen Trottel zu suchen der sich einliest, falls man die Sachen doch verwenden möchte).

Eben jenes. Paradebeispiel: DSA4.1. Man ignoriert es, so lange es geht, wenn man aber für irgend etwas eine Regel braucht, wird man schnell fündig. Selbst für den obskursten Mist.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 14.10.2014 | 20:10
Es werden so viele schlechte Rollenspiele gespielt, weil es so viele schlechte Rollenspieler gibt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Thandbar am 14.10.2014 | 20:14
Wenn Regeln leicht zu ignorieren  sind ist dies ja ebenfalls eine Qualität - und umgedreht ein Zeichen für mangelnde Qualität, wenn beim ignorieren oder Ändern einer Regel alles zusammenbricht.

Klingt für mich eher nach wichtigen und unwichtigen Regeln. Eine Regel wird nicht dadurch besser, dass sie kaum etwas bewirkt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Tyloniakles am 14.10.2014 | 20:32
Auch beliebte "schlechte Systeme" haben eben Stärken. Bei DSA wohl auch das "Barbiespiel".
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Oberkampf am 14.10.2014 | 20:44
Es werden so viele schlechte Rollenspiele gespielt, weil es so viele schlechte Rollenspieler gibt.

Es werden so viele schlechte Rollenspiele gespielt, weil es fast KEINE RollenSPIELER gibt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Bad Horse am 14.10.2014 | 20:47
Ich denke mal, viele Leute haben keine Lust auf Veränderungen. Könnte ja schlechter sein, und man muss was Neues lernen... geht ja auch so. Wenn der Leidensdruck nicht hoch genug ist oder man ihm durch Handwedeln oder Hausregeln ausweichen kann, dann gibt es halt keinen ausreichenden Impuls dafür, irgendwas zu ändern.

@"Könnte ja schlechter laufen": Dann hat die Gruppe weniger Spaß, und derjenige, der das andere System vorgeschlagen hat, ist dafür irgendwie verantwortlich. Häufig laufen die ersten paar Runden mit einem neuen System ja auch viel holpriger als mit dem, das man schon gewöhnt ist.

Das bezieht sich jetzt auf Rumpels Frage, warum Leute ein System spielen, das sie "schlecht" oder zumindest "nicht so toll" finden.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Crimson King am 14.10.2014 | 20:57
Als einer derjenigen, die recht rabiat die These vertreten, dass die Qualität des Regelwerks nichts oder nur wenig mit dem kommerziellen Erfolg oder der Verbreitung zu tun hat, erläutere ich meine Ansichten noch mal genauer. Ich möchte dabei allerdings anmerken, dass ich es als sehr unglücklich ansehe, dass der Themenstarter nicht genau erläutert hat, was er unter einem schlechten Spiel versteht. Ich gehe im Folgenden zunächst davon aus, dass als Qualität der Spielspaß einer (jeder) individuellen Runde her hält und System nicht als die gedruckten, sondern die tatsächlich am Tisch verwendeten Regeln gelten.

Unter diesen Voraussetzungen unterstütze ich die hier im Thread schon mehrfach geäußerte These, dass schlechte Systeme nur höchst selten zum Einsatz kommen. Es mag einige weit verbreitete Systeme geben, die by the book nach objektiven Kriterien Schrott sind (DSA 4 und oWoD sind da die offensichtlichen Kandidaten, auf die ich später in anderem Zusammenhang eingehen möchte). Die werden aber kaum by the book verwendet. Üblicherweise findet hier eine mehr oder minder starke Anpassung an die spezifischen Bedürfnisse der Gruppe statt, so dass am Ende ein gutes oder zumindest brauchbares System heraus kommt.

Interessanter ist die Frage, wieso sich by the book schlechte Systeme potenziell gut verkaufen. Und genau da lohnt dann ein Blick auf die beiden vorgenannten Spiele. De Gründe für den Erfolg von DSA 4 sind allerdings aus meiner Sicht allerdings andere als die für den Erfolg von Vampire (der der Kern des Erfolgs der oWoD ist).

Schaut man sich an, in welcher Zeit sich DSA zu einem marktbeherrschenden Produkt entwickelt hat, stellt man fest, dass es sich um genau die Zeit handelt, in der der Rollenspielmarkt selbst in starkem Wachstum begriffen war. In dieser Situation war Einsteigerfreundlichkeit ein wichtiges Kriterium, das DSA 1 voll erfüllt hat. Das hat es im Übrigen mit der DnD Red Box gemein. Allerdings ist das nicht der einzige Punkt, den die beiden Spiele gemeinsam haben. Bei Schmidt Spiele und bei TSR hatte man den Mut, den wachsenden Markt mit Material für den Spielwaren-Fachhandel zu bedienen und die Sichtbarkeit der eigenen Produkte massiv zu erweitern. Gleichzeitig wurden die Spiele in großem Maß als Jugendspiele mit Erwachsenenanleitung vermarktet, DSA 1 deutlich mehr als DnD. Ergänzend kam hinzu, dass die mit dem Rollenspiel verbundenen emotionalen Erlebnisse sehr gut geeignet sind, eine hohe emotionale Bindung von Kunden an die Marke zu gewährleisten. Das wurde dadurch unterstützt, dass die vorhandenen Kunden in den 90ern, als der Markt weitgehend ausgelastet war, mit Folgeeditionen und Supplements weiter an die eigene Marke gebunden wurden. wenn man vor der Wahl steht, sein Geld zum Erweitern des vorhandenen, bekannten, geliebten Spiels oder in ein neues, unbekanntes Spiel zu investieren, bleibt man in den allermeisten Fällen bei dem Produkt, das man schon hat.

Für DSA und DnD sind also meines Erachtens die Einsteigerfreundlichkeit der 80er Inkarnationen (durchaus ein Qualitätskriterium), der Mut zum Massenprodukt sowie die Kundenbindung durch Folgeprodukte die Erfolgsfaktoren. Diese tragen die beiden Systeme bis heute durch alle Inkarnationen, die vor allem bei DSA im Grunde immer schlechter wurden. Das interessiert aber keinen. Die emotionale Bindung an Marke und Spielgefühl ist wesentlich stärker als die rationale Ablehnung der Mechanik.

So weit zu DSA (DnD taugt meines Erachtens in keiner Edition als Beispiel für schlechte Regeln. Die Editionen sind alle by the book spielbar, ohne dass man Ausschlag kriegt). Den Erfolg von Vampire erklärt das nicht. Der ergibt sich meines Erachtens daraus, dass das Spiel eines der ersten war, die den Storytelling-Trend, der in den 80ern entstand, nach eigener Aussage voll bedienten und sogar regeltechnisch unterstützten. Dass die Regeln nicht funktionierten und das Spiel zwar Interview mit einem Vampir versprach, aber Queen of the Damned lieferte, steht auf einem anderen Blatt. Alleine einen solchen Ansatz zu versuchen, war erst mal innovativ. Das allein hätte für den Erfolg aber nicht ausgereicht. Das entscheidende Kriterium war meines Erachtens, dass Vampire das richtige Thema zur richtigen Zeit bedient hat. Im Sog des Erfolgs von Anne Rice und Bram Stokers Dracula, die Vampire als tragische Figuren darstellten und den düster-romantischen Zeitgeist trafen, ist Vampire mit nach oben geschwemmt worden. Vampire Romance ist ja, man will es kaum glauben, keine Erfindung dieses Jahrtausends, auch wenn dank Twilight alles noch viel schlimmer geworden ist.

Themen und Settings sind meines Erachtens seit Mitte der 90er, seit die Marketingstrategien, die DnD und DSA groß gemacht haben, nicht mehr greifen, die Erfolgsfaktoren für Rollenspiele. Pathfinder mag da die Ausnahme sein, aber Pathfinder kannibalisiert effektiv die Marke DnD und hat es geschafft, deren Branding für sich zu nutzen. Eine massentauglichere 4E, und Pathfinder würde in der Form nicht existieren.

Um meine These zu untermauern, werfe ich noch einen Blick auf zwei der kommerziell erfolgreichsten Spiele der letzten Jahre, das Dresden Files RPG und Numenera. Schaut man sich an, was den Erfolg dieser Spiele ausmacht, stößt man vor allem auf die Namen Jim Butcher und Monte Cook. Ersterer ist der Autor der beliebten und erfolgreichen Dresden Files-Romane, zweiterer hat sich einen Namen als Autor des hochinnovativen Planescape-Settings gemacht. Mit Rollenspielregeln haben beide nix am Hut. Das Dresdenverse und Cooks Ruf als Settingautor begründen hier den Erfolg. Numenera spielte per Kickstarter sogar bereits Millionen ein, bevor die Regeln überhaupt bekannt waren. Die waren den Käufern völlig egal.

Spielregeln haben einen nicht zu knappen Einfluss auf den Spielspaß einer Rollenspielrunde. Als Kaufkriterium halten sie nur bei den allerwenigsten her. Lieber passt man sich die Regeln an.

Um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen: by the book schlechte Rollenspiele werden gespielt, weil entweder eine hohe emotionale Bindung der Spieler an das Produkt und das beim Spielen erfahrene Spielgefühl existiert oder weil einen Thema und Setting des Spiels derart anmachen, dass man schlechte Regeln in Kauf nimmt und anpasst.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 14.10.2014 | 21:21
Ich schreib`das ja ungern aber: eine sehr interessante und sicherlich nicht falsche Erklärung. Wobei ich nochmals hervorheben möchte, dass mEn die Regeln so genannter "schlechter" Systeme von einem Großteil der Spieler nicht per se als schlecht wahrgenommen werden sondern allenfalls einzelne Teilregeln, die dann ggf. eben haugeregelt werden. Zumindest entspricht es nicht meinem Erfahrungsschatz, dass (viele) Spieler langfristig machosistisch veranlagt ein Spiel betreiben, welches durch ein unzureichendes System eher Frust als Lust verursacht. Aber das mag natürlich nur auf die von mir beobachteten und bekannten Runden zutreffen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Crimson King am 14.10.2014 | 21:28
Wie gesagt, die faktisch verwendeten Systeme sind in den seltensten Fällen schlecht, entsprechen bei schlechten Vorgaben aber nur selten den geschriebenen Regeln.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Talasha am 14.10.2014 | 22:05
Auch beliebte "schlechte Systeme" haben eben Stärken. Bei DSA wohl auch das "Barbiespiel".

Ja, Barbiespiel + Hintergrundverzahnung sind gute Argumente für DSA, auch wenn Artefaktmagie usw. das ein bisschen Sprengen. Leider ist die Punktzahl in anderen Bereichen bei DSA verheerend.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: blut_und_glas am 14.10.2014 | 22:27
Wobei ich nochmals hervorheben möchte, dass mEn die Regeln so genannter "schlechter" Systeme von einem Großteil der Spieler nicht per se als schlecht wahrgenommen werden sondern allenfalls einzelne Teilregeln, die dann ggf. eben haugeregelt werden.

Persönlich gehe ich da sogar gerne noch einen Schritt weiter: Die hier implizierte Zerlegbarkeit in Teilregeln, die (bei Nichtgefallenen) ausgetauscht werden können - und dazu (durch Nichtgefallen) vielleicht sogar einladen - ist für mich ein recht wichtiges Gütekriterium für ein Regelsystem (Klammern nicht zwangsläufig inbegriffen).
Ein Spiel, das nicht zum Basteln einlädt oder das am Ende sogar gar keinen Platz zum Basteln lässt, weil alles so nahtlos ineinandergreift und perfekt funktioniert (mithin also wohl ein "gutes" System...), dass sich nirgends einhaken, nichts abbrechen und nichts anflanschen lässt, ist mir viel eher ein Dorn im Auge, als eines, das aus sich heraus viel weniger perfekt ist, mir aber dafür Ansatzpunkte zum Arbeiten gibt (zum Beispiel in Form von "Schwächen"/"schlechten" Regeln...).

mfG
jdw
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Sashael am 15.10.2014 | 05:28
Ich glaube ja, dass die Antwort ähnlich ist wie die auf die Frage, warum zur Hölle man bei SLs spielt, die objektiv Scheisse sind.
Gewohnheit, mangelnde Alternativen (wo kein SL, da auch keine Spieler, egal wie gut das System), Bequemlichkeit.

Es ist doch ziemlich Wurst, wie gut oder schlecht ein System ist. Wenn der SL nur das anbietet, wird genau das gespielt. Und mEn ist die Bereitschaft, sich in ein neues System einzuarbeiten, anstatt das Gleiche wie immer zu leiten, doch im Schnitt erheblich geringer als hier bei den Eliterollenspielern des :t:*.

Diejenigen, die bereit sind, sich die Arbeit des SL aufzuhalsen, bestimmen, was gespielt wird. Damit wird die Masse an Leuten, die über den Erfolg eines Systems an den Spieltischen bestimmen, doch erheblich kleiner.

* - Hier steckt übrigens weitaus weniger Ironie drin, als man meinen könnte.  ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 15.10.2014 | 07:46
Ich glaube ja, dass die Antwort ähnlich ist wie die auf die Frage, warum zur Hölle man bei SLs spielt, die objektiv Scheisse sind.
Gewohnheit, mangelnde Alternativen (wo kein SL, da auch keine Spieler, egal wie gut das System), Bequemlichkeit.

Es ist doch ziemlich Wurst, wie gut oder schlecht ein System ist. Wenn der SL nur das anbietet, wird genau das gespielt. Und mEn ist die Bereitschaft, sich in ein neues System einzuarbeiten, anstatt das Gleiche wie immer zu leiten, doch im Schnitt erheblich geringer als hier bei den Eliterollenspielern des :t:*.

Diejenigen, die bereit sind, sich die Arbeit des SL aufzuhalsen, bestimmen, was gespielt wird. Damit wird die Masse an Leuten, die über den Erfolg eines Systems an den Spieltischen bestimmen, doch erheblich kleiner.

* - Hier steckt übrigens weitaus weniger Ironie drin, als man meinen könnte.  ;)

Aus einem ähnlich gelagerten Grund auch mein defaitistischer Post gestern.

80% aller Gruppen wissen gar nicht, ob sie ihr Spiel richtig oder falsch spielen (und ich hoffe, es ist ihnen schietegal). Sie tun es einfach und müssen sich nicht, wie unsereins in irgend so nem dahergelaufenen Forum die Köppe heiß reden, ob und wie oder was oder sowieso und überhaupt ...
Was an einem Spiel schlecht oder falsch sein soll, erschließt sich mir nicht und die gängige Meinung zu diversen Systemen kann ich mangels Einblick auch gar nicht teilen. Will ich auch gar nicht. Nachher informiere ich mich falsch, was ja auf jeden Fall zutreffen wird, denn irgendjemand findet das falsch.

Das Einzige, was ich persönlich schlecht finde, ist das Spiel zu zertheoretisieren und dabei das Spielen an sich auf der Strecke zu lassen. Das ist wie ein Betriebswirt nach dem Studium, der im ersten Job alles besser weiß. So ohne Berufserfahrung und so. Klugschietern ohne flesh to the bones ist falsch. Und die 4E ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: blut_und_glas am 15.10.2014 | 07:53
Ich glaube ja, dass die Antwort ähnlich ist wie die auf die Frage, warum zur Hölle man bei SLs spielt, die objektiv Scheisse sind.

Weil er nett ist und guten Kuchen bäckt?

mfG
jdw
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 15.10.2014 | 08:02
80% aller Gruppen wissen gar nicht, ob sie ihr Spiel richtig oder falsch spielen (und ich hoffe, es ist ihnen schietegal). Sie tun es einfach und müssen sich nicht, wie unsereins in irgend so nem dahergelaufenen Forum die Köppe heiß reden, ob und wie oder was oder sowieso und überhaupt ...

Schon, doch macht dies die Probleme nichtig? Etliche Forendiskutanten haben genauso angefangen, haben erst gespielt, hatten dann ein Problem oder Fragen zu ihrem Spiel.

Wer sich bei D&D 3.5 über zu lange Vorbereitungszeit beschwert tut das ja nicht weil er in einem Forum gelesen hat: Mach das mal, ist total lustig! Sondern weil er sehr wahrscheinlich tatsächlich lange zum Vorbereiten brauchte. Mit etlichen Problemen kann man leben, selbst damit sich tatsächlich wie ein Betriebswirt zu fühlen, statt wie ein Abenteurer.

Das ändert aber wenig daran, dass auch die in Foren nicht aktiven von besseren Spielen profitieren würden. Und diese sehr oft durchaus existieren, und Probleme angehen welche sie mit dem System haben.

Ist zumindest meine Erfahrung. Wie gut jemand sein System findet hat nichts damit zu tun ob er/sie in Foren unterwegs ist.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Hotzenplot am 15.10.2014 | 08:13
Ist zumindest meine Erfahrung. Wie gut jemand sein System findet hat nichts damit zu tun ob er/sie in Foren unterwegs ist.
Da bin ich gegenteiliger Meinung. Wie gut man etwas findet hat auch immer etwas mit einer Vergleichbarkeit zu tun, egal um welches Produkt es sich handelt. Dieses und andere Foren sorgen dafür, dass einem Alternativen angeboten werden oder man von ihnen erfährt. Wenn du alleine im Niemandsland mit nem Fiat Punto rumeierst, mag das für dich das geilste Auto auf der Welt sein - und dann kommst du mal nach Monaco  ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 15.10.2014 | 08:25
Klar. Aber dieses Wissen, dass dort noch mehr existiert ist eben unabhängig davon ob ich nun Monaco im Film gesehen hab, persönlich dort war oder F1 Racing gezockt hab.

Oder anders gesagt: Von Alternativen zu wissen und sich in Foren herumzutreiben sind zwei verschiedene Dinge die nur zusammenfallen können.

Und wie oben schon beschrieben ist das auch eine Frage der Kausalität. Viele Spieler kommen erst in die Foren weil sie Probleme mit einem System haben - es sind nicht die Diskussionen in Foren die diese Probleme schaffen. Darum macht es auch wenig Sinn zu sagen: 80% der Leute sind gar nicht in Foren - nur wir Nerds haben diese Probleme.

Die Probleme existieren unabhängig davon, bei uns wird nur mehr darüber geredet.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 15.10.2014 | 08:33
Die Probleme existieren unabhängig davon, bei uns wird nur mehr darüber geredet.

Und ich sage, dass in der hiesigen Forenlandschaft mehr Probleme gemacht, konstruiert und diskutiert werden, als sie an Spieltischen bestehen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 15.10.2014 | 08:36
Fällt dir dort denn ein Beispiel ein für etwas, das zwar diskutiert wird - aber am Spieltisch nicht auftritt? Ich erkenne eigentlich sehr viele der Punkte die üblicherweise diskutiert werden wieder, und habe sie auch schon oft selbst erlebt  -  oder bei anderen gesehen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 15.10.2014 | 08:39
Ja. Hunderte. Schonmal daran gedacht, dass viele Spieler unbedarfter und lockerer spielen? Kein Bedarf an Theorie oder Foren haben? Spaß mit verregelten Systemen oder unplausiblen Welten haben?
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 15.10.2014 | 08:45
Ja. Hunderte. Schonmal daran gedacht, dass viele Spieler unbedarfter und lockerer spielen? Kein Bedarf an Theorie oder Foren haben? Spaß mit verregelten Systemen oder unplausiblen Welten haben?

Worauf willst du hinaus? Dass solche Diskussionen wie diese hier blöd sind? Dann habe ich einen tollen Tipp: Beteilige dich nicht an ihnen. Du marschierst doch auch nicht in ein Literaturwissenschaftsseminar und erzählst den Leuten, dass sie aufhören sollen, dein Lieblingsbuch Moby Dick zu zerlegen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Quendan am 15.10.2014 | 08:47
Aber auch im Literaturwissenschaftsseminar darf jemand sitzen, der der Meinung ist, dass die anderen überinterpretieren. Möglicherweise bereichert er die Diskussion auch durch seine konträre Sichtweise. ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: bobibob bobsen am 15.10.2014 | 08:49
Zitat
viele Spieler unbedarfter und lockerer spielen

Womit du ja auch sagst das es auch andere gibt und die Diskussionen ja doch nicht so sinnfrei sind.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 15.10.2014 | 08:49
Ja. Hunderte. Schonmal daran gedacht, dass viele Spieler unbedarfter und lockerer spielen? Kein Bedarf an Theorie oder Foren haben? Spaß mit verregelten Systemen oder unplausiblen Welten haben?

Klar doch. Ändert ja aber irgendwie nix, oder? 10 Spieler können mit einer Sache ganz locker leben, die für einen ein Problem darstellt. Ändert ja aber nix daran, dass es für diesen einen ein Problem ist. Nicht einmal daran, dass dieses Problem existiert. Die anderen leben halt damit.

Mit Spaß an Foren, oder überhaupt dem Aufenthalt in diesen hat das nix zu tun. Die sorgen vielleicht dafür, dass man das Problem besser benennen kann. Oder bessere Lösungen dagegen bekommt. Und wie oben gesagt - sie können auch ein Mittel von vielen sein um Alternativen zu erhalten.

Ändert aber nix daran, dass diese Probleme nicht durch die Diskussionen entstehen. Sondern nur von ihnen besprochen werden.

Und wie gesagt: Wenn du da ein Beispiel hast für etwas das am Spieltisch gar nicht vorkommen kann, sondern rein virtuell in Foren diskutiert wird: Immer her damit. Mir fällt keines ein.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 15.10.2014 | 08:51
Worauf willst du hinaus? Dass solche Diskussionen wie diese hier blöd sind? Dann habe ich einen tollen Tipp: Beteilige dich nicht an ihnen. Du marschierst doch auch nicht in ein Literaturwissenschaftsseminar und erzählst den Leuten, dass sie aufhören sollen, dein Lieblingsbuch Moby Dick zu zerlegen.

Siehe Quendan. Danke  :d
Mir geht es außerdem nicht um Kritik an einem Forum als Diskussionsplattform. Das wäre auch überaus selbstkritisch, gell ;)
Mir geht es auch nciht darum, eine Diskussion zu zerschießen. Schade, dass der Eindruck entstand.
Vielmehr hege ich den Verdacht, dass sich an den Problemdiskussionen eine absolute Minderheit der Spielerschaft überhaupt beteiligt. Und von denen hat im Mittel die Hälfte nicht das Problem, wie die andere Hälfte. Es bleiben also mitteilungsbedürftige Menschen, die Erleuchtung suchen.

Ich vermute, dass viele Spieler "da draußen" einfach gern gepflegt zocken und keinen großen Wert auf bestmögliche Regeln und Welten legen. Sich keinen Kopp um Probleme und Theorien machen. Und ehrlich? Das ist auch gut so ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 15.10.2014 | 08:53
Womit du ja auch sagst das es auch andere gibt und die Diskussionen ja doch nicht so sinnfrei sind.

Sinnfrei? Für alle Beteiligten sowieso nicht  :d
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 15.10.2014 | 08:54
Aber auch im Literaturwissenschaftsseminar darf jemand sitzen, der der Meinung ist, dass die anderen überinterpretieren. Möglicherweise bereichert er die Diskussion auch durch seine konträre Sichtweise. ;)

Puh, ich muss gestehen, das hat mich eigentlich immer nur genervt, wenn jemand die knappe Redezeit im Seminar dafür in Anspruch nimmt, zu sagen, dass er oder sie ein Buch einfach nur ganz toll oder ganz blöd findet, weil es so schön oder doof ist, und man da jetzt doch gar nicht so viel zerreden müsse ... und das dann meistens fünf Minuten lang ausgebreitet.
Wobei man sich da in einem Forum natürlich nicht so drüber beschweren muss, weil die Redezeit ja nicht begrenzt ist, von daher muss ich mich eigentlich auch nicht anstellen und kann Luxferres Posts im Zweifelsfall überspringen. Aber etwas komisch finde ich es schon immer, wenn in einer Diskussion eine Diskussion darüber aufgemacht wird, ob es sich jetzt lohnt, das zu diskutieren.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 15.10.2014 | 08:56
Ich vermute, dass viele Spieler "da draußen" einfach gern gepflegt zocken und keinen großen Wert auf bestmögliche Regeln und Welten legen. Sich keinen Kopp um Probleme und Theorien machen. Und ehrlich? Das ist auch gut so ;)

Kommt drauf an. Das Ziel der Theorien und Diskussionen ist es das Spiel besser zu machen. Das kann im kleinem in einer Spielrunde geschehen, oder in einem Rollenspiel Forum oder sogar in größerer Form.

Ich würde aber nicht sagen: "Es ist gut, wenn über Probleme nicht gesprochen wird". Weder innerhalb einer Gruppe, noch in Foren. Wie schon gesagt: Am Ende kommen viele der Diskutanten vor allem wegen einzelner Fragen und Probleme überhaupt in solche Foren rein, und werden erst später verdorben.  ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 15.10.2014 | 08:56
Vielmehr hege ich den Verdacht, dass sich an den Problemdiskussionen eine absolute Minderheit der Spielerschaft überhaupt beteiligt. Und von denen hat im Mittel die Hälfte nicht das Problem, wie die andere Hälfte. Es bleiben also mitteilungsbedürftige Menschen, die Erleuchtung suchen.

Ich vermute, dass viele Spieler "da draußen" einfach gern gepflegt zocken und keinen großen Wert auf bestmögliche Regeln und Welten legen. Sich keinen Kopp um Probleme und Theorien machen. Und ehrlich? Das ist auch gut so ;)

Das finde ich auch gut so.
Das ist aber wie gesagt kein Argument dagegen, eine solche Diskussion zu führen. Es behauptet ja niemand, dass das ein die Rollenspielwelt bewegendes Thema ist, sondern einfach ein kleines Phänomen, das man mal erörtern kann, wenn man Lust hat, und nicht muss, wenn man keine Lust hat.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 15.10.2014 | 09:02
Darum macht es auch wenig Sinn zu sagen: 80% der Leute sind gar nicht in Foren - nur wir Nerds haben diese Probleme.

Du zitierst mich erstens nicht richtig und unterstellst Dinge, die so nicht gesagt wurden. Deine Intention dahinter verstehe ich nicht.
Du gehst davon aus, dass ich uns negativ als Nerds sehe. Und Du gehst davon aus, dass wir diese Probleme haben.
Nö.

Klar doch. Ändert ja aber irgendwie nix, oder? 10 Spieler können mit einer Sache ganz locker leben, die für einen ein Problem darstellt. Ändert ja aber nix daran, dass es für diesen einen ein Problem ist. Nicht einmal daran, dass dieses Problem existiert. Die anderen leben halt damit.

Du sagst also, dass ein hierzuforum postuliertes Problem für jede Gruppe besteht?
Zweifel ich einfach mal an.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Grimnir am 15.10.2014 | 09:04
Kurzer Einwurf zu den letzten paar Posts: Da in beinahe jedem längeren Theoriethread irgendwann der Thread in diese Richtung gleitet, haben wir dafür den Sammelthread Über die Notwendigkeit von Rollenspieltheorie (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,49019.0.html)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 15.10.2014 | 09:11
Puh, ich muss gestehen, das hat mich eigentlich immer nur genervt, wenn jemand die knappe Redezeit im Seminar dafür in Anspruch nimmt, zu sagen, dass er oder sie ein Buch einfach nur ganz toll oder ganz blöd findet, weil es so schön oder doof ist, und man da jetzt doch gar nicht so viel zerreden müsse ... und das dann meistens fünf Minuten lang ausgebreitet.
Wobei man sich da in einem Forum natürlich nicht so drüber beschweren muss, weil die Redezeit ja nicht begrenzt ist, von daher muss ich mich eigentlich auch nicht anstellen und kann Luxferres Posts im Zweifelsfall überspringen. Aber etwas komisch finde ich es schon immer, wenn in einer Diskussion eine Diskussion darüber aufgemacht wird, ob es sich jetzt lohnt, das zu diskutieren.

Ist nicht mein Ansinnen, Rumpel. Ich werde mich besser ausdrücken, langsam wird meine Zeit aber knapp ;)

Das ist aber wie gesagt kein Argument dagegen, eine solche Diskussion zu führen. Es behauptet ja niemand, dass das ein die Rollenspielwelt bewegendes Thema ist, sondern einfach ein kleines Phänomen, das man mal erörtern kann, wenn man Lust hat, und nicht muss, wenn man keine Lust hat.

Hey, ich bin gar nicht gegen diese Diskussion.
Ich vertrete lediglich eine Meinung, welche die Grundannahme des Threads und einiger Mitdiskutanten infrage stellt. Ist doch aber nicht destruktiv gemeint.
Meine böse Zunge gestern:

Es werden so viele schlechte Rollenspiele gespielt, weil es so viele schlechte Rollenspieler gibt.

Und heute der dazugehörige Nachsatz in Anlehnung an Saschaels Posting:

Ich glaube ja, dass die Antwort ähnlich ist wie die auf die Frage, warum zur Hölle man bei SLs spielt, die objektiv Scheisse sind.
Gewohnheit, mangelnde Alternativen (wo kein SL, da auch keine Spieler, egal wie gut das System), Bequemlichkeit.

Es ist doch ziemlich Wurst, wie gut oder schlecht ein System ist. Wenn der SL nur das anbietet, wird genau das gespielt. Und mEn ist die Bereitschaft, sich in ein neues System einzuarbeiten, anstatt das Gleiche wie immer zu leiten, doch im Schnitt erheblich geringer als hier bei den Eliterollenspielern des :t:*.

Diejenigen, die bereit sind, sich die Arbeit des SL aufzuhalsen, bestimmen, was gespielt wird. Damit wird die Masse an Leuten, die über den Erfolg eines Systems an den Spieltischen bestimmen, doch erheblich kleiner.

* - Hier steckt übrigens weitaus weniger Ironie drin, als man meinen könnte.  ;)
Aus einem ähnlich gelagerten Grund auch mein defaitistischer Post gestern.

80% aller Gruppen wissen gar nicht, ob sie ihr Spiel richtig oder falsch spielen (und ich hoffe, es ist ihnen schietegal). Sie tun es einfach und müssen sich nicht, wie unsereins in irgend so nem dahergelaufenen Forum die Köppe heiß reden, ob und wie oder was oder sowieso und überhaupt ...
Was an einem Spiel schlecht oder falsch sein soll, erschließt sich mir nicht und die gängige Meinung zu diversen Systemen kann ich mangels Einblick auch gar nicht teilen. Will ich auch gar nicht. Nachher informiere ich mich falsch, was ja auf jeden Fall zutreffen wird, denn irgendjemand findet das falsch.

Das Einzige, was ich persönlich schlecht finde, ist das Spiel zu zertheoretisieren und dabei das Spielen an sich auf der Strecke zu lassen. Das ist wie ein Betriebswirt nach dem Studium, der im ersten Job alles besser weiß. So ohne Berufserfahrung und so. Klugschietern ohne flesh to the bones ist falsch. Und die 4E ;)

Klar stelle ich das Forum überspitzt dar. Und? Muss ich Ironie wirklich mit Smileys kennzeichnen? Oder ist die Grundannahme, dass ich hier bin, um meinen Weltenfrust an Nerds auszulassen? Bitte nicht!

Ich zitiere mich mal aus meinem oben zitierten Posting:
Was an einem Spiel schlecht oder falsch sein soll, erschließt sich mir nicht
Und dazu stehe ich uneingeschränkt.
Solange jemand ein als "objektiv schlecht" (haha!) betiteltes Spiel spielt, kann das nicht falsch oder schlecht sein.
Und mein wirklich bös gemeinter letzter Absatz darf gern so stehen bleiben  >;D
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Prisma am 15.10.2014 | 09:14
Und ich sage, dass in der hiesigen Forenlandschaft mehr Probleme gemacht, konstruiert und diskutiert werden, als sie an Spieltischen bestehen.

+1

Das oder die Probleme werden nicht oder nur am Rande wahrgenommen, weil die Spielleitung entsprechend agiert um diese zu umgehen. Beispielsweise mit kleinen Hausregeln oder durch Handwedeln. Oder die SL wickelt die Sachen im Hintergrund ab um die Spieler damit nicht zu belasten.

Ich kenne Rollenspieler die mit Begeisterung Systeme spielen, die viele hier als "schlecht" bezeichnen würden. Auf der letzten Con die ich besucht habe, war jemand der vollkommen begeistert von seinem "sehr komplizierten" Homebrew System erzählt hat, so als wäre das ein besonders positives Qualitätsmerkmal. Für ihn war es das auch. (Als ich ihm ein Exemplar meines [digital_shades] Rollenspiel überlassen wollte (1 Seiten RPG, also das Gegenteil von kompliziert), gab er es mir schockiert zurück. Das man es auch nicht kompliziert machen konnte, war ihm offensichtlich neu. >;D )
Ich habe Leute kennengelernt bei denen es 100%ig klar war, dass sie Splittermond spielen würden. Und das, als man noch gar nicht sicher wußte, wohin es regeltechnisch konkret geht. Das war einfach nicht wichtig.
Sehr viele Rollenspieler, die sich zudem nicht unbedingt in den großen Foren engagieren, interessieren sich offenbar nicht so sehr für angebliche oder tatsächliche Regelprobleme.

Die spielen einfach, haben ihren Spaß und fertig.  :d





   
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 15.10.2014 | 09:35
Du gehst davon aus, dass ich uns negativ als Nerds sehe.

Um ehrlich zu sein gehe ich davon aus, dass ich uns positiv als Nerds sehe. Bezog sich also nur auf meine Meinung.

Du sagst also, dass ein hierzuforum postuliertes Problem für jede Gruppe besteht?
Zweifel ich einfach mal an.

Im Prinzip ja, zumindest mit der Einschränkung: Dies gilt nur für dem System inhärente Probleme, nicht für Dinge die durch die Gruppe eingebracht werden.

Dies bedeutet wie oben beschrieben nicht, dass die Gruppe automatisch keinen Spaß mehr hat, oder gar das System wechseln müsste. Tatsächlich lassen sich die meisten Probleme sehr pragmatisch "lösen" - man lebt damit. Und erst ab einem bestimmtem Grad wird es zu viel. Manche leben mit den Problemen indem sie nur einen bestimmten Teil des Spiels spielen (die klassische D&D Lösung  -  Sweet Spot und nicht zu sehr vom Weg abweichen), andere indem sie Dinge aktiv ausgleichen (mit Hausregeln z.B. oder Spielleiterentscheiden, oder angepasster Spotlightverteilung) und die nächsten sagen einfach: Ist halt so.

Nimm es als Steine auf der Straße. Nichtmal die ganz großen müssen dich aufhalten. Man kann drum herum fahren, ab und an ein wenig vorsichtiger sein und kommt dennoch ans Ziel.

Nichts daran ist falsch. Spieler welche Probleme in ihrem Regelwerk sehen können dennoch mit diesem Spaß haben.

Aber um bei der Straße zu bleiben: Die Steine wegzuräumen und den Abhang an dem sie runterrollen abzusichern ist auch keine so schlechte Idee. Probleme gehen nicht weg weil man mit ihnen leben kann.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Slayn am 15.10.2014 | 09:51
Die spielen einfach, haben ihren Spaß und fertig.  :d

Hm ... Ja, klar, die "schlechten" Mainstream Systeme sind einfach, gerade durch die ganze Masse an Material, einfach die besseren Ideen-Steinbrüche, das macht es wirklich viel viel leichter mit relativ wenig Aufwand ein halbwegs gutes Spiel-Erlebnis hin zu bekommen.

Auf der anderen Seite muss man aber auch so ehrlich sein und sagen, das bringt einen nur bis zu einem bestimmten Punkt. Ab dem geht es qualitativ nur noch weiter wenn der SL seine Handwerk lernt, gefolgt von dem Schritt das auch die Spieler sich mehr engagieren und ihrerseits genau das gleiche Handwerk lernen.

Vielleicht hat das mit dem Alter zu tun, bzw. mit der immer knapper werdenden Freizeit, aber das ist für mich der Übergang von "Spaß haben" zu "gezielt das machen was Spaß macht" und die Dinge weniger dem Zufall zu überlassen.

Mainstream macht mir Spaß, keine Frage, mehr Spaß aber seitdem ich mal Abstecher in die Indie-Ecken gemacht habe, daraus etwas gelernt habe und das Wissen mit in mein ganz normales 08/15-Mainstream-Spiel übertragen konnte.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Thandbar am 15.10.2014 | 12:36
Es ist meiner Meinung nach immer schwierig, Argumente in Bezug auf die "schweigende Mehrheit" zu machen. Weil diese Mehrheit ja tatsächlich schweigt, und man nur mutmaßen kann, wie sich Unzufriedenheit am System überhaupt äußern kann, wenn man sich keine theoretischen Gedanken zu machen gewohnt ist und diese nirgendwo als Kritik anbringt und einen Systemwechsel nicht einmal im Traum erwägt.
Vielleicht steigen einfach die Hausregeln an, die Handwedelei wird erhöht oder bestimmte Teile der Regeln werden einfach ignoriert. ("Bei mir gibt es keine Elfen für die Spieler", wie mein Warhammer-SL sagte.)
Genau wissen kann man es nicht. Ich denke, bei Rollenspielen ist es so ähnlich wie mit Filme gucken oder Lyrik lesen. Den meisten Leuten fehlen die Begriffe, um die ästhetische Wahrnehmung genau in Worte zu fassen, aber intuitiv nehmen sie eine ganze Menge an Dingen wahr, die sie zwar nicht klar benennen können, die aber ihr Vergnügen an dem Medium durchaus beeinflussen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 15.10.2014 | 13:03
Im Prinzip ja, zumindest mit der Einschränkung: Dies gilt nur für dem System inhärente Probleme, nicht für Dinge die durch die Gruppe eingebracht werden.

Ich verneine Deine These und beharre stur auf meinem Standpunkt, dass ich a) recht habe und b) es schlechte Systeme objektiv bewertet nicht gibt.
Und nur eine Sache hiervon meine ich ernst  >;D
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Slayn am 15.10.2014 | 13:07
Ich verneine Deine These und beharre stur auf meinem Standpunkt, dass ich a) recht habe und b) es schlechte Systeme objektiv bewertet nicht gibt.
Und nur eine Sache hiervon meine ich ernst  >;D

Ja, Lux, es ist echt nervig dass du immer recht haben willst.

Die andere bewertung kann man aber, zumindest Pi mal Auge, danach erledigen wie oft sich jemand über ein System beschwert und es selbst an die Wand gefahren hat, etwa indem man im d20-Bereich die Sache mit dem WBL evrsemmelt hat, eine Sache die zwar Systeminherent ist, aber durch den SL abgewickelt werden muss. Ein Beispiel für objektiv schlechtes Design.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 15.10.2014 | 13:15
Ich verneine Deine These und beharre stur auf meinem Standpunkt, dass ich a) recht habe und b) es schlechte Systeme objektiv bewertet nicht gibt.
Und nur eine Sache hiervon meine ich ernst  >;D

Ich habs ja oben schon gesagt: Mir geht es eher um subjektiv "schlechte" Systeme. Also Systeme mit denen die Spieler tatsächliche Probleme haben - sie aber dennoch spielen. Entweder weil sie den Problemen gut ausweichen können, sie akzeptiert haben oder der Aufwand um sie zu beseitigen als zu groß empfunden wird um ihn zu rechtfertigen.

Und hier würde ich halt sagen: Ja, die Probleme existieren auch in den Gruppen welche damit leben können, und sie zum Teil nicht einmal bewusst wahrnehmen oder sich damit beschäftigen. Und man kann anhand dieser Probleme auch auf konkrete Designfehler hinweisen, welche dann wiederum objektiv bewertbar sind.

Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 15.10.2014 | 13:30
Mir geht es eher um subjektiv "schlechte" Systeme.

Wenn Du ein für Dich subjektiv schlecht designtes Spiel spielst, dann kann Dir aber auch kein Forum helfen, außer Dir den Blick über den Tellerrand zu vergrößern.

Zitat
Also Systeme mit denen die Spieler tatsächliche Probleme haben - sie aber dennoch spielen. Entweder weil sie den Problemen gut ausweichen können, sie akzeptiert haben oder der Aufwand um sie zu beseitigen als zu groß empfunden wird um ihn zu rechtfertigen.

Ist das dann wirklich noch ein Problem, wenn Du ihm ausweichst? Sehr sensible Wahrnehmung und be-/verurteilung, wie ich finde.

Zitat
Und hier würde ich halt sagen: Ja, die Probleme existieren auch in den Gruppen welche damit leben können. Und nicht nur in denen die dies nicht können. Und man kann anhand dieser Probleme auch auf konkrete Designfehler hinweisen, welche dann wiederum objektiv bewertbar sind.

Damit leben zu können bedeutet doch auch, das Problem nicht zu einem Solchen zu machen. Es gibt etwas, das Dir nicht zusagt, Du aber gut und gern, ohne großen Diskussionsbedarf wegstecken kannst. Ist das dann ein Problem, welches das System (hier der Kern des Threads) zu einem schlechten System macht?
Nein.
Es ist ein kleines Problem, welches Dir den Spaß am System und am Spiel nicht verleidet. Ergo kann es deshalb kein schlechtes System sein.
Und ich postuliere lediglich, dass es kein objektiv schlechtes System gibt. Bisher waren die Gegenargumente zu meiner Behauptung recht dürftig.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 15.10.2014 | 13:41
Damit leben zu können bedeutet doch auch, das Problem nicht zu einem Solchen zu machen. Es gibt etwas, das Dir nicht zusagt, Du aber gut und gern, ohne großen Diskussionsbedarf wegstecken kannst. Ist das dann ein Problem, welches das System (hier der Kern des Threads) zu einem schlechten System macht?

Wenn es viele dieser Probleme gibt? Sicher doch. Das ganze ist natürlich keine binäre Sache, es gibt viele Abstufungen.

Aber oben fragst du ja ob es noch ein Problem sei wenn man ihm ausweichen kann. Und meine Antwort darauf wäre ja. Einfach weil dies stets mit Kosten verbunden ist. Das können Einschränkungen in der Spielweise oder in den möglichen Abenteuern sein, Einschränkungen im Ausspielen des Charakters und ab und an sind es auch schlichtweg verlorene Spieler. Denn natürlich sind Gruppen hierbei nicht homogen, manchmal kann der eine mit einem Problem leben und der nächste nicht. Und keinen macht dies dann zu einem charakterlich fragwürdigem Typen, es ist einfach normal.

Was die objektiv schlechten Systeme angeht: Im Prinzip stimme ich dir dort zu. Ich bin zwar der Meinung, dass es objektiv schlecht durchdachte Regeln gibt - und dies schlägt sich sicher auch teilweise auf Systeme nieder. Da die Gewichtung der Regeln aber von Runde zu Runde anders ist, kann man dort nicht von einer 1 zu 1 Beziehung sprechen. Systeme kann man nur subjektiv bewerten - anhand dessen was man entweder als Probleme empfindet, oder was man tun muss um diese Probleme zu vermeiden.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Luxferre am 15.10.2014 | 14:49
Immerhin nähern wir uns an und ich verstehe, was Du willst.

Kurzer Nachsatz, an sich muss ich echt (also so richtig und so) arbeiten  ~;D saher nur in Kürze.

"Objektiv Schlecht Systeme" gibt es so für mich nicht. Es gibt schlecht designte Systeme oder Systeme mit einigen halbgaren oder unpassenden Elementen. Außerdem gibt es Spieler, welche die schlechten Elemente in ihrem System gar nicht wahrnehmen, weil für sie der Fokus einfach ganz woanders liegt.
Letzten Endes wettere ich ja nicht einmal gegen den Opener, denn auch der bezog sich mit seiner Frage ja lediglich auf jemanden anders ;)

Jetzt bin ich aber weg  >;D
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 18.10.2014 | 11:30
So ... ich hab da jüngst meine eigene Theorie entwickelt, warum unperfekte Spiele gespielt werden (schlecht ist mir zu negativ): ausgehend aus diesem und anderen Threads hier habe ich meiner Gruppe den Vorschlag unterbreitet doch mal gemeinsam (Thema: andere haben auch gute Ideen, snc usw.) eine Spielwelt und ein zugehöriges Spielsystem zu generieren. Das (kurzgefasste) Fazit aus 7 Stunden "Arbeit": wir konnten uns nicht mal auf die Farbe von Scheiße einigen.

Ich schätze mal das war mein Ausflug in die Welt des snc ... zumindest für eine absehbare Zukunft. Unperfekte System und unperfekte Spielwelten bieten zumindest den Vorteil des kleinsten gemeinsamen Nenners; ergo: man kommt tatsächlich zum Spielen statt sich in mühevoller Kleinarbeit nach 7 Stunden hartem Ringen, Darlegen, Vorstellen und Besprechen auf dermaßen viel zu einigen, dass es abzusehen ist, dass man bei diesem Tempo schätzungsweise Weihnachten fertig sein wird. Weihnachten 2017.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Wormys_Queue am 18.10.2014 | 12:34
Und ich sage, dass in der hiesigen Forenlandschaft mehr Probleme gemacht, konstruiert und diskutiert werden, als sie an Spieltischen bestehen.


Sehr ich ehrlich gesagt genauso. Ich hab das damals bei der PF-Beta mehr als einmal mitbekommen, dass ein Problem konstruiert wurde, das dann mit unglaublich abstrusen “Belegen“ unterfüttert wurden, die in der Praxis so nie aufgetreten wären.

Was nicht heißen soll, dass es keine echten Probleme geben kann. Die Frage ist für mich allerdings, ob das wirklich Probleme des Systems sind, oder ob das Problem nicht eher eine falsche Erwartungshaltung aufseiten der Spieler ist.

Wenn ich den Begriff “schlecht“ am Spielstil festmachen würde, wäre die 4e ein unglaublich schlechtes System, während DSA 4.1 ziemlich in Ordnung wäre. Gehe ich vom Design aus, müsste ich hingegen genau entgegengesetzt urteilen. Was nichts daran ändert, dass ich mit DSA 4.1 mehr Spass als mit der 4e habe.

Was wiederum mich zur Schlussfolgerung führt, dass die Eingangsfrage falsch gestellt ist. Man spielt kein schlechtes System. Man spielt nur Systeme, die den gewünschten Zweck erfüllen. Und der lautet eher selten: ich will meine Zeit mit objektiv gutem Regeldesign verbringen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 18.10.2014 | 12:37
So ... ich hab da jüngst meine eigene Theorie entwickelt, warum unperfekte Spiele gespielt werden (schlecht ist mir zu negativ): ausgehend aus diesem und anderen Threads hier habe ich meiner Gruppe den Vorschlag unterbreitet doch mal gemeinsam (Thema: andere haben auch gute Ideen, snc usw.) eine Spielwelt und ein zugehöriges Spielsystem zu generieren. Das (kurzgefasste) Fazit aus 7 Stunden "Arbeit": wir konnten uns nicht mal auf die Farbe von Scheiße einigen.

Ich schätze mal das war mein Ausflug in die Welt des snc ... zumindest für eine absehbare Zukunft. Unperfekte System und unperfekte Spielwelten bieten zumindest den Vorteil des kleinsten gemeinsamen Nenners; ergo: man kommt tatsächlich zum Spielen statt sich in mühevoller Kleinarbeit nach 7 Stunden hartem Ringen, Darlegen, Vorstellen und Besprechen auf dermaßen viel zu einigen, dass es abzusehen ist, dass man bei diesem Tempo schätzungsweise Weihnachten fertig sein wird. Weihnachten 2017.

Wie bist du denn auf die Idee gekommen, dass du mit deiner Runde mal auf die Schnelle ein "perfektes System" erstellen könntest? Bzw. was hat das überhaupt mit dem Thema zu tun?
Irgendwie stehe ich bei deinen Beiträgen hier regelmäßig völlig auf dem Schlauch ...
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arldwulf am 18.10.2014 | 13:32
Man spielt nur Systeme, die den gewünschten Zweck erfüllen. Und der lautet eher selten: ich will meine Zeit mit objektiv gutem Regeldesign verbringen.

Allerdings kommt man dann doch wieder an den Punkt: Wie erfüllen Systeme diesen Zweck?

Und als Steigerung der Frage: Wie können sie ein möglichst breites Spektrum verschiedener Zwecke abdecken und in diesem den Zweck erfüllen?

Gutes Regeldesign ist dafür ein sehr wichtiges Element, man kann dies nicht so leicht voneinander trennen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Maarzan am 18.10.2014 | 13:43
Gutes Regeldesign ist eben oft auch ein sehr spezifisches und damit wieder geschmacksnischengefährdetes Regeldesign.
Offenere, allgemeinere Systeme haben es damit meist leichter zumindest ein möglicher Kompromiss für die eben nicht komplett übereinstimmenden Geschmäcker am Tisch zu sein.
Wären die identisch, wäre ein passend designtes System natürlich besser- für diese spezifische Gruppe.

In dem Sinne wäre wohl die Grundqualität eines "schlechten Systems" wie leicht kann ich störendes rausschmeißen oder verbessern ohne das System ganz zum Zusammensturz zu bringen.

Maarzan, der da bei DSA4 gerade dran verzweifelt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 18.10.2014 | 15:04
Wie bist du denn auf die Idee gekommen, dass du mit deiner Runde mal auf die Schnelle ein "perfektes System" erstellen könntest? Bzw. was hat das überhaupt mit dem Thema zu tun?
Irgendwie stehe ich bei deinen Beiträgen hier regelmäßig völlig auf dem Schlauch ...

Ich verstehe deine Frage nicht ... ???

Also ... ich dachte mal hier ginge es um die Frage warum "schlechte" Systeme gespielt werden ..., also Systeme, die gewisse Mängel haben. Zusätzlich gab es da die Themen bezüglich snc, das da zum Teil als die beste Erfindung seit geschnitten Brot angeprießen wurde. Da ich durchaus bereit war das gegenwärtige System einer meiner Gruppen als "unperfekt" anzusehen dachte ich eben daran mal der snc-Fraktion noch mal eine Chance zu geben und das Praktische mit dem Nützlichen zu verbinden. Mag sein, dass ich da naiv bin, wenn ich annehme, dass man sich innerhalb einer gruppe die schon sehr lange zusammenspielt binnen sieben Stunden grob auf eine gemeinsame Linie einigen kann ... aber dem war eben nicht so.
Deshalb habe ich hier - aus meiner Perspektive völlig passend zum Thema - geschrieben, dass die Antwort auf die Frage des Threaderstellers durchaus auch sein kann: das vermeintlich schlechte System wird gespielt, da es sich um den kleinsten gemeinsamen Nenner der Gruppe handelt: mit dem "schlechten" System kann eben jeder besser leben, als mit dem was der andere als "besser" sieht.

Warum das jetzt - deines Erachtens - nicht zum Thema passen soll müsstest du mir jetzt doch genauer erörtern.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Wormys_Queue am 18.10.2014 | 15:29
Allerdings kommt man dann doch wieder an den Punkt: Wie erfüllen Systeme diesen Zweck?

Offenbar ausreichend gut, sonst würde man sie ja nicht verwenden.


Zitat
Und als Steigerung der Frage: Wie können sie ein möglichst breites Spektrum verschiedener Zwecke abdecken und in diesem den Zweck erfüllen?

Gutes Regeldesign ist dafür ein sehr wichtiges Element, man kann dies nicht so leicht voneinander trennen.

Das ist ja noch die Frage. Manche mögen offenbar lieber ein System, dass einen ganz bestimmten Zweck abdeckt. In Hinblick auf ein breites Spektrum an Zwecken ist D&D sicher besser geeignet als DSA. Wenn du aber an der High-Octane-Fantasy a la D&D kein Interesse hast, magst du DSA vielleicht trotzdem lieber.

Und um beim Thema zu bleiben: Wir sind ja sehr unterschiedlicher Meinung darüber, ob 3.5 oder 4E das breitere Spektrum an Zwecken abdeckt. Ich mag die Diskussion nicht nochmal starten, aber bisher hat es noch niemand fertig gebracht, für die Beurteilung dieser Frage einen objektiven Massstab zu entwickeln (der von beiden Seiten anerkannt wird). Ich halte das auch schlichtweg für Unmöglich, weil uns beiden offenbar ganz unterschiedliche Dinge wichtig sind, um unser Ziel zu erreichen (von dem ich ja lustigerweise die Ahnung habe, dass wir gar nicht so weit auseinanderliegen.

Letzten Endes spielen wir annähernd die gleiche Art von Rollenspiel, aber auf ganz unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichen Methoden/Systemen. Wie willst du denn jetzt festmachen, welche Art und Weise die objektiv bessere ist?
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 18.10.2014 | 15:39

Also ... ich dachte mal hier ginge es um die Frage warum "schlechte" Systeme gespielt werden ..., also Systeme, die gewisse Mängel haben. Zusätzlich gab es da die Themen bezüglich snc, das da zum Teil als die beste Erfindung seit geschnitten Brot angeprießen wurde. Da ich durchaus bereit war das gegenwärtige System einer meiner Gruppen als "unperfekt" anzusehen dachte ich eben daran mal der snc-Fraktion noch mal eine Chance zu geben und das Praktische mit dem Nützlichen zu verbinden. Mag sein, dass ich da naiv bin, wenn ich annehme, dass man sich innerhalb einer gruppe die schon sehr lange zusammenspielt binnen sieben Stunden grob auf eine gemeinsame Linie einigen kann ... aber dem war eben nicht so.

Erst mal weiß ich nicht, was snc ist ...

Aber abgesehen davon würde ich, wenn ich auf ein funktionales, gut designtes Regelsystem umsteigen will, dass seine Aufgabe (welche immer das genau ist, das hängt ja wieder von den Erwartungen ab, die man ans Rollenspiel hat) erfüllt und dabei RAW möglichst rund läuft, nie auf die Idee kommen, es einfach selbst, noch dazu in der Gruppe, zu designen.
Ich verstehe es jetzt so, dass du meinst, dass man vielleicht deshalb an einem "schlechten" System festhalten würde, weil man selbst als Gruppe nicht mal eben auf die Schnelle ein besseres entwickeln kann. Das sagt doch aber gar nichts über die Frage aus, warum eine Gruppe, die ein für sie "schlechtes" System verwendet, sich nicht nach einem bereits existierenden System umschaut, das für sie besser ist.

Die Selberbau-Frage macht doch ein ganz anderes Fass auf ...
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Maarzan am 18.10.2014 | 15:45
Es bleibt aber das Grundproblem sich mit einer oft genug nicht geschmacklich einigen Gruppe auf einen Kompromiss einigen zu müssen. Und je weniger ein bestimmter Geschmack gezielt gepuscht wird, desto weniger das Risiko einem der Beteiligten so ganz gegen den Strich zu gehen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 18.10.2014 | 15:51
Es bleibt aber das Grundproblem sich mit einer oft genug nicht geschmacklich einigen Gruppe auf einen Kompromiss einigen zu müssen. Und je weniger ein bestimmter Geschmack gezielt gepuscht wird, desto weniger das Risiko einem der Beteiligten so ganz gegen den Strich zu gehen.

Das wird wohl keiner bestreiten.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Sashael am 18.10.2014 | 15:56
Erst mal weiß ich nicht, was snc ist ...
Shared Narrative Control
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 18.10.2014 | 16:24
Shared Narrative Control

Danke!
Ist das dann vielleicht ein Missverständnis? Ich habe unter "Shared Narrative Control" zumindest bisher nicht verstanden, dass man sich zusammen ein Regelwerk ausdenkt ...
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 18.10.2014 | 18:25
Das wird wohl keiner bestreiten.

Schön dass du mir recht gibst.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 18.10.2014 | 18:27
Danke!
Ist das dann vielleicht ein Missverständnis? Ich habe unter "Shared Narrative Control" zumindest bisher nicht verstanden, dass man sich zusammen ein Regelwerk ausdenkt ...

Warum nicht? Was ist denn ultimativer an einer gemeinsamen narrativen Kontrolle, als das die gesammte Gruppe sich System und Welt ausdenkt und nicht nur die Abenteuer. Bisher habe ich das immer alleine gemacht, jetzt wollte ich eben die ganze Gruppe beteiligen. Scheinbar verstehe ich snc nicht. Was verstehst du denn darunter?
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Slayn am 18.10.2014 | 21:10
Bizarre Logik, macht aber irgendwie durchaus einen Sinn.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Haukrinn am 18.10.2014 | 21:47
OT: Je nachdem wo man meint das das Spiel und die vor allem die Erzählungen anfangen und aufhören. Das würde die snc-Definition natürlich noch nutzloser machen und macht dann in sich so viel Sinn wie Chemtrails.  8]
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arkam am 18.10.2014 | 22:10
Hallo zusammen,

der im Eingangspost angegebene Thread  definiert ja ein schlechtes System als ein System dessen Regeln nicht auf eine spezielle Art zu spielen ausgerichtet sind. Ein Erzählspiel mit Regeln die kleinschrittig die nötigen Würfe und Erfolge angeben wäre also wohl schlecht weil man im Erzählen eben sehr eingeschränkt würde.
Ich habe extra auf den Thread verwiesen und die Anführungszeichen gesetzt weil ich eben kein systembashing haben wollte oder eine Grundsatzdiskussion über einzelne Regelbestandteile.

Nach fünf Seiten Thread sind mir tatsächlich noch ein paar neue Gründe eingefallen:
Die Idee das sich eine komplette Runde darauf einigt wie sie spielen möchte ist im Rahmen einer theorie als Ideal statthaft am realen Spieltisch aber eher selten anzutreffen. Da nimmt man dann eher einen Kompromiss in Kauf als möglicherweise garnicht zu spielen. Hinzu kommt das ja auch die Vorlieben für eine Art zu spielen wechseln können, teilweise sogar am gleichen Spielabend.
Man sieht vielleicht auch Schwächen des Systems möchte aber noch ein Ziel erreichen bevor man an einen Wechsel denkt. Das kann das Ende einer Kampagne, auch wenn es schon holpert, das erreichen einer bestimmten Charakterstufe oder auch das Erreichen einer bestimmten Charakterfertigkeit sein.
Man hält an einem bestimmten System fest weil man ansonsten das Genre wechseln würde. Ich habe mich etwa lange gegen einen Systemwechsel in der Frostzone Runde gesperrt weil die Alternativen wahrscheinlich auf ein Fantasysystem und eben nicht auf ein Cyberpunk / SF System hinaus gelaufen wären.
Das verwendete System kann in einem Teilbereich funktionieren und andere Bereiche entweder unbefriedigend oder gar nicht abdecken. Da lässt man sich teilweise vom System beschränken oder versucht sich eben an Hausregeln.
Als potentieller Neuerer würde man von der Rolle des Spielers zu der des Spielleiters wechseln und möchte das nicht tun.
Geliebte Spielercharaktere würden sich mit dem neuen System eben nur unvollkommen oder gar überhaupt nicht umsetzen lassen.
Das Wechseln auf ein fremdsprachliches System ist auch ein Schritt der für Widerstände für einen Wechsel verantwortlich sein kann.
Wenn ich einige Beschreibungen und Erfahrungen mit den modernen und ordentlich auf ein Spielziel entwickelten Spielen lese scheinen mir Bestandteile zu fehlen die für mich mit zu einem Rollenspiel gehören.
Ich mag etwa ein aus definiertes Fertigkeiten System. Bei "The Pool" muss ich das im Grunde mit dem Spielleiter und meiner Runde definieren. Ich muss also erst über das Spiel sprechen statt es zu spielen. Ich vermute Mal ich bin nicht der Einzige den so etwas stört und der den Aufwand und die darüber gewonnene Freiheit in keinem Verhältnis sieht.
Teilweise scheinen diese Spiele ja sogar einen festen Endpunkt zu haben. Da fehlt mir persönlich des Endlos Spiels und auch die Möglichkeit Mal etwas anderes mit dem Spiel zu spielen. Ich kann eben mit einem System das für heroische Fantasy gedacht ist eben auch Horrorabenteuer oder ein unheroisches Setting bespielen. Die Regeln werden nicht optimal sein Aber Hausregeln oder Absprachen in der Runde machen ein solches Spiel eben doch möglich. Aus DSA 1 + Ausbauspiel habe ich sogar Mal mit relativ wenig Aufwand einen modernen Hintergrund bespielt.
Es wird schwierig Regeln hinzu zu nehmen, vermute ich Mal. Ich kann also nicht etwa Gentechnikregeln hinzuaddieren.

Gruß Jochen
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arkam am 19.10.2014 | 11:20
Hallo zusammen,

aus dem Thread über Spielwiesen im Rollenspiel, http://www.tanelorn.net/index.php/topic,91234.0.html (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,91234.0.html) habe ich noch eine theoretische Erklärung gezogen.
Dort wird zwischen Game und Play unterschieden. In einem Game lässt sich anhand der Regeln ein klares Spielziel erreichen. Beim Play kommt es den Beteiligten eher darauf an mit dem Vorhandenen Material zu spielen. Es ist also nicht unbedingt das klare Spielziel wichtig sondern das Präsentieren von Erreichtem. Das kann ein interessanter Charakter sein, eine besondere Hintergrundgeschichte oder auch ein ausgearbeiteter Bestandteil der Spielwelt.

Spiele mit klaren Regeln bieten als Game das bessere Erlebnis. Man kann sie also ordentlich streng nach Regeln spielen und erhält das gewünschte Ergebnis.
Sie liefern aber weniger Play also das Beschäftigen mit Hintergrund, dem eigenen Charakter und auch das gemeinsame Konstruieren des Games etwa durch Hausregeln und Einschränkungen des Spielmaterials in der Gruppe.
Play ist aber ein wesentlicher Bestandteil für den Spaß am gemeinsamen Spiel, auf jeden Fall bei mir und den Leuten mit denen ich spiele. Deshalb kann man eben nicht einfach den Hintergrund nehmen und mit einem fokussierteren Spiel mit klaren Game Regeln spielen. - Ich vermute das war auch der Grund warum in Rumpelstilzchens Gruppe kein anderes System in Frage kam obwohl die Gruppe die Regeln schon ignorierte.

Wenn man Play betreibt stören einen die wenig fokussierten Game Regeln nicht. - In diesem Sinne gibt es also tatsächlich kein schlechtes Rollenspiel.
Player werden also das System nicht wegen der Game Regeln wechseln sondern um eine neue Spiel(Play)wiese zu bekommen.

Gruß Jochen
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 19.10.2014 | 11:53
Warum nicht? Was ist denn ultimativer an einer gemeinsamen narrativen Kontrolle, als das die gesammte Gruppe sich System und Welt ausdenkt und nicht nur die Abenteuer. Bisher habe ich das immer alleine gemacht, jetzt wollte ich eben die ganze Gruppe beteiligen. Scheinbar verstehe ich snc nicht. Was verstehst du denn darunter?


Was ich nicht verstehe, ist einfach, wie man auf die Idee kommen, kann, dass bei der Entwicklung eines gemeinsamen Regelwerks in der eigenen Gruppe - noch dazu auf die Schnelle - ein besonders "gutes" System, im Sinne eines rund designten und funktionalen Systems, herauskommen sollte. Das widerspricht doch jeder vernünftigen Erwartung.
Dass man SNC "radikal" auch so praktizieren kann, steht auf einem ganz anderen Blatt. Mich macht nur deine vorgetragene Erwartung sprachlos, dass bei diesem Experiment auf Regelebene etwas besonders Tolles herauskommen sollte.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Crimson King am 19.10.2014 | 11:57
Bizarre Logik, macht aber irgendwie durchaus einen Sinn.

Nur in einer Welt, die mit der Realität nichts zu tun hat.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Slayn am 19.10.2014 | 12:08
Wenn (Mit-)Spieler ihre narrative Kontrolle auf eine Szene durch den Einsatz der Regeln ausdrücken müssen (also klassisch Intention Ansagen > Regeln konsultieren > Auswerten > SIS), dann macht gemeinsamer Regelbau einen Sinn, weil man auf diese Art bestimmt wie später das Spiel ausfällt.
So kann z.B. eine kurze Diskussion darüber ob es Mooks gibt und wie diese behandelt werden später das Spiel maßgeblich beeinflussen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Crimson King am 19.10.2014 | 12:18
Der Begriff wurde bis dato noch nie so verwendet. Ihr dürft das natürlich trotzdem machen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 19.10.2014 | 13:36

Was ich nicht verstehe, ist einfach, wie man auf die Idee kommen, kann, dass bei der Entwicklung eines gemeinsamen Regelwerks in der eigenen Gruppe - noch dazu auf die Schnelle - ein besonders "gutes" System, im Sinne eines rund designten und funktionalen Systems, herauskommen sollte. Das widerspricht doch jeder vernünftigen Erwartung.
Dass man SNC "radikal" auch so praktizieren kann, steht auf einem ganz anderen Blatt. Mich macht nur deine vorgetragene Erwartung sprachlos, dass bei diesem Experiment auf Regelebene etwas besonders Tolles herauskommen sollte.

Ich schreibe aber seit 20 Jahren funktionale Systeme, die auf Spielgruppe und Welt ausgelegt sind. Ich verstehe jetzt nicht, was daran so sonderlich erstaunlich sein soll. Spielst du etwa seit 20 Jahren nur Raw-Systeme? In 7 Stunden kann ich - ausgehend von einer Basis - problemlos zwei funktionable Systeme produzieren; klar: um in dieser Zeitspanne zu arbeiten benötigst du eine Basis, aber sonst ... nö. Sehe da kein Problem. Und bevor du damit kommst: hausregeln ist etwas anderes, ich rede hier von Systemveränderungen, die zwar noch an das Ursprungssystem erinnern, die aber bei niemandem das Gefühl erzeugen man bewegte sich noch im Ursprung mit ein paar kosmetischen Veränderungen.
Bsp: du nimmst 3.5 als Basis mit einem - nach deinen Bedürfnissen - gepimpten Kampfsystem à la DSA4, den angepassten Magieregeln von Ars Magica, lässt die Feats weg nimmst dafür die (umgearbeiteten) 4E Powers hinzu und ergänzt die Gesinnungen um das Pfadkonzept von V:tM. Anschließend lässt du alles in einer fernen Zukunft spielen.
Da wird man d20 noch erkennen - keiner wird aber sagen:"Das ist ganz klar 3.5D&D!" Das sollte natürlich nur als Beispiel zur Veranschaulichung dienen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Chruschtschow am 19.10.2014 | 17:54
Deine Definition von "gutes System" ist dann aber auch keine allgemeingültige. Wenn ich ein Regelsystem vor mir liegen habe, das derartig viele verschiedene Ansätze verschwurbelt, dann ist das normalerweise eines, das bei mir sehr schnell sehr viel Staub ansetzt. Ein bisschen hier, ein bisschen da? Das ist fällt unter meine persönliche Definition eines schlechten Rollenspiels.

Deshalb kann ich ja auch mit der OSR wenig bis nichts anfangen. Die ganzen D&D-Klone sind sich ja noch nicht mal einig ob hoch oder niedrig würfeln gut ist... ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 19.10.2014 | 18:46
Ich wollte ein allgemein verständliches Beispiel setzen um zu unterstreichen, dass ich NICHT houserules meinte. So hab`ich das auch geschrieben. Das du mit meinen Schülern die Lesekompetenz teilst ist allerdings völlig O.K.; dann schreib`ich das einfach nochmal (nur eben ein wenig anders).

Ich schreibe Systeme

Seit mehr als 20 Jahren

Einige sind Schrott

Einige sind ganz O.K.

Einige sind richtig gut

Einige werden heute noch von Gruppen gespielt mit denen ich längst nicht mehr spiele

Ich entlehne immer mal wieder aus bestehenden Systemen

Ich muss das Rollenspiel nicht neu erfinden

Viele meiner Systeme laufen auf D20-Basis

Oder auf DSA1-Basis

Manche würden das "excessiv houseruling" nennen

Andere nicht

Ich mach`das gerne

Mir macht das Spass

Gerade zur Entspannung

Ich passe grundsätzlich Systeme an, wenn ich eine neue Kampagne starte

Ich passe sie an die Gruppe, die Welt, den Stil an

Manche lassen sich danach noch als Ursprungssystem erkennen

Viele nicht

Ich habe schon mit den Spielern gemeinsam Welten gebaut

Aber noch nie mit mehr als einem ein System

Das habe ich ausprobiert

Es ist schief gegangen

Zumindest im ersten Anlauf

Aber ich habe viel gelernt

Was mir in Zukunft viel bringen wird

Natürlich ist meine Definition von einem guten Spiel nicht allgemeingültig

Aber ich nehme mal an, dass ich (dank meiner Erfahrung und excessiven Auseinandersetzung mit der Materie) deutlich besser beurteilen kann, was ein gutes und was ein weniger gutes System ist als sehr viele andere

Meinungen sind natürlich bekanntlich wie Arschlöcher: jeder hat ein anderes

Ich benötige deine Bestätigung natürlich nicht

Weshalb mir dein Post letztlich egal ist

Ich fühlte mich nur dadurch verpflichtet diesen Post hier zu setzen

Den du weder mögen

nöch akzeptieren musst

Ist ein freies Land
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Chruschtschow am 19.10.2014 | 22:35
In meinem Text kommt aus einem bestimmten Grund das Wort "Hausregeln" nicht vor, selbst wenn du es unterstellst. Ich gehe nämlich tatsächlich von einer vollständigen Konversion aus. Nur sind halt in vielen verschiedenen Systemen viele verschiedene Lösungswege zum Erzielen eines bestimmten Aspekts auch mit deutlich unterschiedlichen Mechanismen versehen. Wirft man dann diese verschiedenen Systeme zusammen, dann werde ich schon langsam unruhig, weil ein wirklich gut funktionierendes System nach meinem Geschmack auf der mechanischen Seite wirklich sauber sein muss.

Da kommen andere Leute besser mit klar. Ich habe mich mal ein Weilchen eben mit OSR beschäftigt, habe mal Labyrinth Lord gespielt und auch gespielleitert. Es fällt einfach auf, dass hier Leute in der Grundmechanik keine feste Linie gefahren haben, sondern sich dachten: "So, jetzt brauchen wir noch dafür eine Regel." Und haben dann spontan was zusammen gezimmert. Beispiel Rogue. Die Fertigkeiten gibt es sonst bei keiner anderen Klasse, W100-Proben nur für Rogues. Völlig gaga. Und ich meine nicht die OSR-Leute heute. Ich meine die ursprünglichen Regeln von Neunzehnpaarundsiebzig.

Und trotzdem gibt es Leute, die das spielen. Die darauf schwören. Die sich das ganze alte Zeug für Sammlerpreise kaufen, aber nicht nur für's Regal. Kickstarter, bei denen massig Geld umgesetzt wird, um einen OD&D-Klon raus zu bringen mit Regeln, zu denen man nur sagen kann: "Wir hatten ja damals nichts anderes."

Da gibt es eigentlich nur einen Erklärungsansatz für mich: Nostalgie. Natürlich erinnere ich mich gerne daran, wie ich vor einem knappen Vierteljahrhundert mit meinen Kumpels angefangen habe Schätze zu suchen und Orks zu finden. Ich weiß bis heute die gröberen und wahrscheinlich bei längerem Nachdenken auch einige feinere Pinselstriche, mit denen Aventurien zusammen gepinselt wurde. Und meine Güte, sind da ein paar üble Versatzstücke drin. Oha, wir haben keine Hobbits. Die Leute wollen Hobbits. Nehmen wir doch ein paar Zwerge und lassen sie in Hügelhäusern wohnen... Und trotzdem, irgendwie war's schön. ;)

Und wenn man jetzt auch noch nichts anderes kennt, dann ist das eigentlich klar, warum die Platzhirsche trotz aller Mängel die Platzhirsche bleiben.

Warum sich allerdings jemand trotz Kenntnis zahlreicher Systeme trotzdem einen Mischmasch zahlreicher Systeme zusammenschustert, der gerade bei der Kürze der Zeit von dislozierten Spielmechaniken nur so wimmelt, wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben - gerade bei der Zusammenstellung der Systeme aus deinem Beispiel. Auch trotz deines Ad Hominem in Satz 3.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 19.10.2014 | 22:56
Das sollte natürlich nur als Beispiel zur Veranschaulichung dienen.

Ein bisschen hier, ein bisschen da? Das ist fällt unter meine persönliche Definition eines schlechten Rollenspiels.

Ad Hominem? Welches "ad hominem"? Ich diskreditiere dich doch nicht; ich stelle nur fest, dass du mich entweder absichtlich nicht verstehen willst, um mich versteckt beleidigen zu können, oder aber du hast nicht richtig gelesen. Welches dir davon lieber ist darfst du dir gerne selbst heraussuchen. Aber mal pauschal die Werke eines anderen - ohne sie zu kennen - als "schlechtes Rollenspiel" zu titullieren ist nicht eben höflich. Wald, hineinschallen, und so.

Das du schlechte Erfahrungen gemacht hast tut mir für dich leid. ich habe doch schon einges an brauchbaren Systemen marke Eigenbau erlebt, manche davon wurden sogar verlegt. Und schlechter als ein DSA oder D&D waren sie auch nicht unbedingt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Auribiel am 19.10.2014 | 23:03
Hallo ihr beiden,

ich habe den Eindruck, ihr redet aneinander vorbei bzw. habt zu unterschiedliche Meinungen. Aber deswegen kann man sich doch die unterschwelligen Beleidigungen sicher verkneifen?  :-[

Zusammenstückeln muss ja nichts schlechtes sein, auch wenn Cruschtschow da andere Erfahrungen gemacht haben mag.
Zusammenstückeln muss aber auch nicht unbedingt zu einem runden Ergebnis führen, auch wenn Archoangel das schon oft zu einem guten Ergebnis geführt haben mag.
Und ich stimme Archoangel zu, dass man sicher in kurzer Zeit ein funktionales System zusammenstellen kann, nachjustieren kann man doch immer und auch bei offiziellen Systemen wird immer wieder mal nachgebessert.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Archoangel am 19.10.2014 | 23:11
Du hast (wie immer?) recht. Ich entschuldige mich hiermit öffentlich bei Chruschtschow, so er (du) sich beleidigt gefühlt haben sollte. War nicht persönlich gemeint, aber ich habe mich doch (sehr) angepisst gefühlt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: D. Athair am 20.10.2014 | 02:18
Wirft man dann diese verschiedenen Systeme zusammen, dann werde ich schon langsam unruhig, weil ein wirklich gut funktionierendes System nach meinem Geschmack auf der mechanischen Seite wirklich sauber sein muss.
Dein Geschmack. Die Mode der 2000er. Aber alles andere als allgemeingültig. Ein sauber durchdekliniertes Regelwerk lässt relativ wenig Verhandlungsmasse für den Spieltisch. Liefert wenig Ansätze sich das Spiel (z.B. durch eigene Bastelarbeiten) zu eigen zu machen.

Ich habe mich mal ein Weilchen eben mit OSR beschäftigt, habe mal Labyrinth Lord gespielt und auch gespielleitert. Es fällt einfach auf, dass hier Leute in der Grundmechanik keine feste Linie gefahren haben, sondern sich dachten: "So, jetzt brauchen wir noch dafür eine Regel." Und haben dann spontan was zusammen gezimmert.
Das stimmt so nicht. Die Klassenfähigkeiten des Diebs haben mit den Kernmechanismen nichts zu tun. Ich denke daher, du fasst die Grundmechanik zu weit. Ich würde dir ja empfehlen "Crypts & Things" anzuschauen, da würde recht schnell kar, was und wie klein der Regelkern ist und was veränderliche Teile sind.

Da gibt es eigentlich nur einen Erklärungsansatz für mich: Nostalgie.
Aha? Nur weil du es nicht verstehst, gibt es keine rational-logischen Erklärungen?
Finde ich recht enttäuschend.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Haukrinn am 20.10.2014 | 06:20
Dein Geschmack. Die Mode der 2000er. Aber alles andere als allgemeingültig. Ein sauber durchdekliniertes Regelwerk lässt relativ wenig Verhandlungsmasse für den Spieltisch. Liefert wenig Ansätze sich das Spiel (z.B. durch eigene Bastelarbeiten) zu eigen zu machen.

Das halte ich, wenn ich mir anschaue wie viel mit mit FATE, PBTA und Reign zum Beispiel am und abseits vom Spieltisch gebastelt werden kann und wird für eine absolut unhaltbare These.

Das stimmt so nicht. Die Klassenfähigkeiten des Diebs haben mit den Kernmechanismen nichts zu tun.

Das ist aber nicht der Grund warum diese Mechanik so aussieht und warum sie als Beispiel herangezogen wurde. Letzteres geschah weil man diesen Mechanismus ohne Weiteres über die Kernmechanik hätte abbilden können, dies aber nicht tut. Und der (einzige?) Grund dafür ist tatsächlich auch meiner Meinung nach dass man das macht weil's halt früher auch so war und man den Regelmechanismus dicht am Original halten wollte. Noch schöner sieht man das an dieser Über/Unterwürfel-Geschichte bei Treffer- und Rettungswürfen. Da kommt tatsächlich dann als Designargument das man das nicht vereinheitlicht hat weil man möglichst Whiteboxig daher kommen will.

Aha? Nur weil du es nicht verstehst, gibt es keine rational-logischen Erklärungen?

Er hat eine These aufgestellt die du jederzeit widerlegen kannst und darfst. Mach das doch einfach?
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Oberkampf am 20.10.2014 | 06:51
Eigentlich müsste die Frage heißen: Warum spielen viele Gruppen nicht ein System, was ihren Spielstil bedient, anstatt an einem System festzuhalten, das einen anderen Spielstil bedient, der geflissentlich mitsamt den dazugehörigen Regeln ignoriert wird?

Mal ein Beispiel:

Ich hatte vor ein paar Wochen Gelegenheit, bei einer Runde Iron Kingdoms (aktuelles System, nicht die d20 Variante) mitzuspielen. Als Regelwerk unterstützt Iron Kingdoms ein sehr Battle-Map-lastiges Kampfspiel, mit den üblichen angetackerten Fähigkeiten, über dessen Qualität ich absolut nichts sagen kann, weil ich es nicht gespielt habe. Es hat einige interessante Ideen, wie Schaden verwaltet wird etc., aber ich habe keine Ahnung, wie das in der Praxis aussieht.

Was wir gespielt haben, war schwer zu benennen. Mitten im Spiel dachte ich, vielleicht hätte die Gruppe besser eine Variante der World Engine spielen sollen, denn die Art, wie der Spielleiter Ideen aufgegriffen und interpretiert hat, und umgekehrt eigene Züge gemacht hat, hätte mit der World Engine vielleicht flüssiger und SPIELERISCHER funktionieren können.

Das ist, fürchte ich, häufig die Tragik des Rollenspiels: Es fängt als Spiel an, aber mit dem zunehmenden Alter der Beteiligten wird es ein Kaffeeklatsch mit Regelbüchern auf dem Tisch, die man nur für irrelevante Zwecke durchforstet, aber ansonsten kräftig ignoriert.

Edit: Und um das klar zu machen: Ich hatte Spaß an der Runde Iron Kingdoms - ich bin da aber nicht mit der Erwartung hingegangen, Rollenspiel zu spielen, sondern zum Kaffeeklatsch mit Kumpels.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Auribiel am 20.10.2014 | 07:40
Eigentlich müsste die Frage heißen: Warum spielen viele Gruppen nicht ein System, was ihren Spielstil bedient, anstatt an einem System festzuhalten, das einen anderen Spielstil bedient, der geflissentlich mitsamt den dazugehörigen Regeln ignoriert wird?

Ich denke das liegt daran, dass vielen Rollenspielern nicht soviele Systeme bekannt sind/sie sich nicht so ausführlich mit der Rollenspieltheorie beschäftigt haben, als dass sie möglichst objektiv entscheiden könnten, welches System für ihren Spielstil passt?
Mir sagt jetzt z.B. keins der beiden von dir aufgezählten Systeme aus deinem Beispiel etwas, ich denke, das geht vielen Durchschnitts-Rollenspielern auch so.

UND: Ich denke, viele wollen weder ein zweites Mal Geld für ein anderes Regelwerk ausgeben, noch sich in neue Regelwerke einlesen - oder im schlimmstenfall in mehrere Regelwerke und mehrmals Geld ausgeben, bis man das passende gefunden hat.

UND: Dann hat man noch immer nicht die Mitspieler überzeugt, dass System X viel besser für den Gruppenstil passt, als System Y.

Daher ist es viel einfacher/wird es als einfacher wahrgenommen, mit dem System zu spielen, dass beim Setting enthalten ist (oder höchstens noch auf ein anderes bekanntes System auszuweichen, wenn einem das besser gefällt).


Glaub eine Rollenspieltheorie-Wiki wäre da was nettes, nur wer pflegt die ein? :(
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Wellentänzer am 20.10.2014 | 07:51
Eigentlich müsste die Frage heißen: Warum spielen viele Gruppen nicht ein System, was ihren Spielstil bedient, anstatt an einem System festzuhalten, das einen anderen Spielstil bedient, der geflissentlich mitsamt den dazugehörigen Regeln ignoriert wird?

Du verstehst das nicht, weil Du Deine Perspektive in diesem Fall unzulässig stark auf Spielregeln verengst. Die sind aber für viele Formen von Rollenspiel gar nicht so entscheidend bzw. dienen anderen Zwecken als Du unterstellst. Ich hatte dazu neulich mal einen Thread gestartet und Kriegsklinge hat einige der zentralen Punkte schön zusammengefasst: hier (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,91197.msg1892104.html#msg1892104).

Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: 6 am 20.10.2014 | 08:59
Nur sind halt in vielen verschiedenen Systemen viele verschiedene Lösungswege zum Erzielen eines bestimmten Aspekts auch mit deutlich unterschiedlichen Mechanismen versehen. Wirft man dann diese verschiedenen Systeme zusammen, dann werde ich schon langsam unruhig, weil ein wirklich gut funktionierendes System nach meinem Geschmack auf der mechanischen Seite wirklich sauber sein muss.
Sagen wir es so: Im Rollenspielsystem habe ich es noch nicht in dem Masse gesehen, aber in Brettspielen ist es Gang und Gäbe mehrere Lösungsansätze mit deutlich unterschiedlichen Mechanismen miteinander balanciert zu verweben. Gerade ist z.B. Würfel-Workerplacement (Also eine Anzahl an Würfel werfen. Danach wählst Du für jeden geworfenen Würfel eine bestimmte Aktion) ziemlich stark in Mode. Mit viel Erfahrung schafft man es auch relativ schnell diese Mechanismen auszubalancieren (Stefan Feld hat gerade einen Output von 5 oder 6 Eurogame-Spielen  pro Jahr). Von daher würde ich da aus Sicht der Mechanik noch nicht unruhig werden. Die "Eleganz" der verschiedenen Lösungsansätze zueinander finde ich da viel wichtiger.
Dein Beispiel mit den Diebesfähigkeiten in den OSR z.B. ist für mich ein typisches Beispiel eines doppelten Lösungsansatzes für das gleiche Problem ohne designtechnischen Bedarf. Es gibt keinen Mehrwert einen D100 zur Verprobung zu wählen statt eines D20.
Anders dagegen sehe ich große Vorteile wenn die Schwierigkeit und Dringlichkeit der aktuellen Situation andere Lösungsansätze bietet. Ich finde es z.B. sehr hilfreich wenn bei Traveller zwischen "Alltagssituationen im eigenen Kerngebiet" (gelingt automatisch) und "schwierige Situation mit wenig Kenntnissen" (2w6+Modifikationen gegen Schwierigkeit) oder bei Ars Magica zwischen "Aktionen unter Druck" (D10-Würfelwurf. 0 kann botchen, 1 explodiert) und "Alltagssituationen" (D10-Würfelwurf. 0=10) unterschieden wird. Da finde ich schon, dass verschiedene Lösungsansätze zu designtechnischen Mehrwert führt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Maarzan am 20.10.2014 | 09:04
Eigentlich müsste die Frage heißen: Warum spielen viele Gruppen nicht ein System, was ihren Spielstil bedient, anstatt an einem System festzuhalten, das einen anderen Spielstil bedient, der geflissentlich mitsamt den dazugehörigen Regeln ignoriert wird?


Weil die Gruppe oft genug nicht "ihren Spielstil" hat, sondern selbst wenn 3 von 4 sich einig sind das Original ist Mist, es keinerlei Anlass gibt zu erwarten, dass sich die Leute dann einig sind was die bessere Alternative ist.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 20.10.2014 | 09:21
Du verstehst das nicht, weil Du Deine Perspektive in diesem Fall unzulässig stark auf Spielregeln verengst. Die sind aber für viele Formen von Rollenspiel gar nicht so entscheidend bzw. dienen anderen Zwecken als Du unterstellst.

Dass die Regeln nicht so entscheidend sind, beantwortet aber nach wie vor nicht die Frage. Ich habe eine Runde von FreundInnen, mit denen ich mich regelmäßig zum DVD-gucken treffe, wir haben immer eine Serie in Arbeit. Dabei ist es uns eigentlich wichtiger, dass wir zusammenkommen, als welche Serie wir gucken. Trotzdem brechen wir Serien, die uns nicht gefallen, ab und suchen uns eine neue.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Crimson King am 20.10.2014 | 09:29
Weil die Gruppe oft genug nicht "ihren Spielstil" hat, sondern selbst wenn 3 von 4 sich einig sind das Original ist Mist, es keinerlei Anlass gibt zu erwarten, dass sich die Leute dann einig sind was die bessere Alternative ist.

Selbst wenn, Konversionen bedeuten Aufwand vorab, dass mitgelieferte System kann man on the fly anpassen. Für die vielen Fälle, in denen das Anpassen schon in der Vergangenheit vorgenommen wurde, fällt sogar überhaupt kein Aufwand an. Dafür wurde dann eine emotionale Hürde aufgebaut, die dem Wechsel entgegen steht.

Aus rationaler Sicht würde sich ein Systemwechsel bzw. Ein Durchziehen des selben wohl häufiger lohnen. Das Thema ist allerdings keines, das von der Mehrheit rational betrachtet wird.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: am 20.10.2014 | 09:41
Dass die Regeln nicht so entscheidend sind, beantwortet aber nach wie vor nicht die Frage. Ich habe eine Runde von FreundInnen, mit denen ich mich regelmäßig zum DVD-gucken treffe, wir haben immer eine Serie in Arbeit. Dabei ist es uns eigentlich wichtiger, dass wir zusammenkommen, als welche Serie wir gucken. Trotzdem brechen wir Serien, die uns nicht gefallen, ab und suchen uns eine neue.

Da liegste daneben. Es sind schlicht ANDERE Dinge als die schnöden Spielregeln entscheidend. Hier im Tanelorn wird ebenso wie in der Forge und an vielen anderen Orten, wo sich Menschen über Rollenspiele austauschen, die Wichtigkeit der Spielregeln grotesk überbewertet. Es gibt eine Million Dinge, die wichtiger sind. Wer macht den SL? In welche inhaltliche Richtung soll es ganz grob gehen: Fantasy/SciFi/Horror/UrbanZeugs? Gritty, humoresk, dramatisch? Oneshot, Kurzkampagne oder episch? Ist Hubert nur alle zwei Wochen dabei? Und so weiter. Die Spielregeln sind den allerallerallermeisten Runden tatsächlich scheißegal.

Ich frage mich stattdessen umgekehrt, woher diese merkwürdige Überbetonung der Spielregeln in virtuellen Diskussionen kommt. Das durchzieht ja viele Bereiche. Klugscheißerei über angeblich schlecht designte Regeln. Die hirnlos-totalitäre Ablehnung jeglicher Form von Würfeldreherei. Und so weiter. Die Regelreiterei ist echt so ein Fetisch, den ich noch nicht ganz verstanden habe und der mir in "echten" Rollenspielrunden erheblich seltener begegnet als in Onlinediskussionen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Grubentroll am 20.10.2014 | 09:43
Viele scheinen auch gar nicht hier verstehen zu wollen, dass es einigen Leuten da draußen schlichtweg wurst ist, welches System sie spielen.

Weil zb eher ein Setting gespielt wird, und solange die Regeln nicht im Weg stehen, es ja auch egal ist.

So gings mir (und meiner Gruppe) lange mit AD&D2. Das war oft ein Riesenhandgewedel.

Aber mehr als wie Thac0, AC, Schaden, TP, bisschen Magie und hin und wieder ein Wurf auf die Eigenschaften wollten wir von dem System gar nicht.

Wir haben die tollen Settings gespielt, nicht das System.

Und trotzdem den RPG-Spaß unseres Lebens gehabt...

War das "Bad Wrong Fun"?


Add/Edit: +1 für das was Wellentänzer eins über mir schreibt. Genau so ist es.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Slayn am 20.10.2014 | 09:44
Aus rationaler Sicht würde sich ein Systemwechsel bzw. Ein Durchziehen des selben wohl häufiger lohnen. Das Thema ist allerdings keines, das von der Mehrheit rational betrachtet wird.

Da frage ich mich dann schon: Mit den Jungs und Mädels mit denen ich damals zum Rollenspiel gekommen bin, haben wir in den 90ern praktisch jedes System mal angetestet das bei 3 nicht auf den Bäumen war. Da wurde praktisch jedes neue GRW gekauft das es im Laden gab und zumindest 1-2 mal testgespielt, geleitet hat derjenige der es gekauft hat. Für mich hat das erst mal eine Weile aufgehört als d20 erschienen ist, ging dann aber so Mitte ´05 wieder weiter.

Dieses verhalten war in meinem Freundes- und Bekanntenkreis damals recht homogen verbreitet und kam mir auch nie wirklich sonderbar vor.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: D. Athair am 20.10.2014 | 09:51
Das halte ich, wenn ich mir anschaue wie viel mit mit FATE, PBTA und Reign zum Beispiel am und abseits vom Spieltisch gebastelt werden kann und wird für eine absolut unhaltbare These.
Ich kann nicht genau mit dem Finger darauf zeigen, aber mir scheinen da andere Dinge gebastelt zu werden. Ist eine andere Ebene von Basteln (s.u.). So wie ich es geschrieben hatte, hast du allerdings Recht zu widersprechen.

Das ist aber nicht der Grund warum diese Mechanik so aussieht und warum sie als Beispiel herangezogen wurde. Letzteres geschah weil man diesen Mechanismus ohne Weiteres über die Kernmechanik hätte abbilden können, dies aber nicht tut. Und der (einzige?) Grund dafür ist tatsächlich auch meiner Meinung nach dass man das macht weil's halt früher auch so war und man den Regelmechanismus dicht am Original halten wollte.
3x Nö. Zum ersten ist die Kritik anders formuliert worden. Du bringst hier einen neuen Aspekt rein, der - von der Intension her - durchaus Beachtung finden könnte. Mit den Kernmechanismen selbst hat das aber zum Zweiten recht wenig zu tun. Man kann den Dieb auf W20 umstellen. Aber man erhält selbst dann keine Anbindung an die Basisregeln. Was man erhält sind Diebesfähigkeiten, deren Anwendung an die Kernmechanismen erinnern. Trotzdem bleibt es ein davon unabhängiges Subsystem. Man kann - wie das z.B. LotFP macht, alle quasi-Fertigkeiten über den W6 laufen lassen. Das ist auch OSR. Nur auf LabLord (bzw. die Clone) zu schauen und dann zu behaupten, das sei alles, was die OSR zu bieten hätte, ist mMn Käse. Und spätestens an der Stelle, an der die 2nd wave OSR-Spiele (DCC RPG, Crypts & Things, LotFP, Stars without number) auftauchen funktioniert die Nostalgie-Erklärung nicht mehr.

Ceterum censeo: Es braucht keine einheitlichen Subsysteme. Für Leute die unterschiedliche Dinge gern unterschiedlich verregelt haben wollen, wo also der Illustrationsgedanke (des Charakters oder der Spielwelt durch genau solche uneinheitlichen Regeln) eine Rolle spielt, ist der "alles gleich,"-Ansatz das Falsche.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 20.10.2014 | 09:54
Da liegste daneben. Es sind schlicht ANDERE Dinge als die schnöden Spielregeln entscheidend. Hier im Tanelorn wird ebenso wie in der Forge und an vielen anderen Orten, wo sich Menschen über Rollenspiele austauschen, die Wichtigkeit der Spielregeln grotesk überbewertet.
[...]

Ich frage mich stattdessen umgekehrt, woher diese merkwürdige Überbetonung der Spielregeln in virtuellen Diskussionen kommt. Das durchzieht ja viele Bereiche. [...] Die Regelreiterei ist echt so ein Fetisch, den ich noch nicht ganz verstanden habe und der mir in "echten" Rollenspielrunden erheblich seltener begegnet als in Onlinediskussionen.

Wir sind wieder bei der von dir eröffneten Diskussion, aus der der dieser Thread hier hervorgegangen ist ...
Aber wie gesagt: Das andere Dinge wichtiger sind, erklärt noch lange nicht, warum nicht auch etwas sekundär Wichtiges behoben wird, wenn es von der Gruppe als suboptimal empfunden wird (ich verweise da noch mal auf meine eigene DSA4-Erfahrung). Ich frage da aus ehrlichem Interesse, weil ich mir das verhalten meiner eigenen Gruppe eben auch nicht so leicht erklären kann, auch wenn es hier hilfreiche Ansätze dazu gab. Und ich frage auch, weil für mich die Erfahrung, mit einem für den gepflegten Stil eigentlich ungeeigneten Regelwerk zu spielen, dann doch eher negativ war und ich eine Wiederholung vermeiden, also nicht wieder in die gleiche Dynamik rutschen will.

Zu dem Regel-Diskussionsfetisch: Über Regeln lässt sich halt auch besser diskutieren, sowohl über ihren Gehalt als auch über ihre Wichtigkeit. Da gibt es mehr zumindest halbwegs verallgemeinerbare Bezugspunkte für eine Diskussion. Es mag zwar in der Praxis viel wichtiger sein, wer in eine Runde die SL macht, und wer das Essen kocht, aber die Diskussion online zu führen, ist Blödsinn, weil es da um konkrete Individuen geht.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Slayn am 20.10.2014 | 09:54
Ceterum censeo: Es braucht keine einheitlichen Subsysteme. Für Leute die unterschiedliche Dinge gern unterschiedlich verregelt haben wollen, wo also der Illustrationsgedanke (des Charakters oder der Spielwelt durch genau solche uneinheitlichen Regeln) eine Rolle spielt, ist der "alles gleich"-Ansatz das Falsche.

Ich zitiere mich der Einfachheit halber da mal selber:

Regeln (und Würfel) sind nun mal das greifbarste Element eines Charakters das ein Spieler auch wirklich in die Hand nehmen kann. Die Verwendung von verschiedenen Subsystemen, auch wenn sie zum gleichen Ergebnis führen, sorgt halt dafür das sich die "Haptik" der Klassen substantiell unterscheiden kann.
Man kann das ganz gut bei den PF-Klassen sehen, da gibt es welche mit X/Day Mechanik, welche mit einem Punktepool und welche mit Slotmechanik. In der 4E kamen ja später die Psi-Klassen mit ihren Power Points dazu, was auch, trotz gleichem Ergebnis, zu einem anderen "Feeling" geführt hat.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Crimson King am 20.10.2014 | 10:03
Zitat von: Wellentänzer link=topic=91213.msg1893781#msg1893781 date=1413790918
Die Spielregeln sind den allerallerallermeisten Runden tatsächlich scheißegal.

Ich habe erstaunlicherweise, trotz fast ausschließlich nicht-tanelorniger und unforgianischer Mispieler in meinen vergangenen Lebensmittelpunkten Kaiserslautern und Frankfurt, nur sehr wenige Spieler getroffen, auf die diese Aussage zutrifft. Die allermeisten davon waren casual gamer.

Was hingegen häufiger anzutreffen war, sind Leute, die "ihr" System aufs Blut verteidigt haben.

Zwischen "nicht wichtig genug, um zu wechseln" und "scheissegal" gibt es dann doch einen Unterschied, zumal viele Gruppen ein, zwei Leute haben, die sich um die Hausregeln kümmern, so dass der Rest sich aufs Spielen konzentrieren kann.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: ChaosAmSpieltisch am 20.10.2014 | 10:04
Ich habe erstaunlicherweise, trotz fast ausschließlich nicht-tanelorniger und unforgianischer Mispieler in meinen vergangenen Lebensmittelpunkten Kaiserslautern und Frankfurt, nur sehr wenige Spieler getroffen, auf die diese Aussage zutrifft. Die allermeisten davon waren casual gamer.

Was hingegen häufiger anzutreffen war, sind Leute, die "ihr" System aufs Blut verteidigt haben.

+1
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Haukrinn am 20.10.2014 | 10:15
+2, aber vielleicht haben wir auch alle nur komische Freunde.

Der Grund der Regelvernarrtheit ist aber IMHO ein anderer. Nämlich die Tatsache dass das das einzige ist worüber wir hier noch halbwegs objektiv sprechen können weil man zur Überprüfung nur in die Bücher schauen muss. Ich finde die Faktoren die Wellentänzer nennt alles andere als unwichtig, aber das sind alles Sachen, die ohne größere Untersuchung nicht mal ansatzweise belegbar sind. Das sieht man schon an der Diskrepanz der Erfahrungen die die Leute hier diesbezüglich mit ihren Mitspielern gemacht haben.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Wellentänzer am 20.10.2014 | 10:21
@ Rumpel:  Hm, bei laufenden Gruppen gibt es zudem noch das Riesenthema des Gruppendenkens sowie der Massenträgheit. Gruppendenken  (http://de.wikipedia.org/wiki/Gruppendenken)bewirkt, dass der einmal eingeschlagene Kurs einer Gruppe nur selten hinterfragt wird. Die Leute passen sich allesamt an die wahrgenommene Gruppenmeinung an. Gerade wenn man sich die Faktoren, die Gruppendenken begünstigen (http://de.wikipedia.org/wiki/Gruppendenken#Faktoren.2C_Symptome_und_Konsequenzen), anschaut, wird man in Rollenspielrunden schnell fündig. Hinzu kommt, dass ein Systemwechsel das Look  & Feel einer Runde fundamental verändert. Außerdem müssen sich alle inklusive SL mit dem neuen System anfreunden können und wohlfühlen. Und ein Systemwechsel bedeutet jede Menge Arbeit insbesondere für den SL. Also ich kann sehr gut nachvollziehen, weshalb man sich diesen Aufwand für einen als unwichtig wahrgenommenen Punkt nicht antun möchte.

Deine Anmerkung zum Regelfetischismus in Onlinediskussionen könnte es ganz gut treffen. Danke dafür. Ich erkläre mir in dem Zusammenhang übrigens die Meinung zu bestimmten Themen ebenfalls u.a. mit Gruppendenken: Früher sind alle dem Kiesowschen Paradigma des "besseren Spiels" gefolgt. Heute sind Würfeldrehen und Railroading auf einmal böse, böse, böse und werden mit heiligem Furor bis aufs Messer bekämpft. Da wird bisweilen gerne das Hirn ausgeschaltet und sich in Aussagen verstiegen wie: "Runden, welche die Regeln einhalten, sind besser als solche, die das nicht tun." Gibt noch viel mehr dazu zu sagen, aber das ist in diesem Thread nur tangential.

Ansonsten, um das Gruppendenken noch ein drittes mal prominent zu platzieren: Der Widerstand gegen Systemwechsel sowie das "Verteidigen bis aufs Blut" entstammt einerseits Prozessen des Gruppendenkens. Andererseits ist sowas auch aufgrund einer kognitiven Dissonanzreduktion (http://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz) möglich. Zusammen erzeugt das sehr viel Widerstand.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: D. Athair am 20.10.2014 | 10:28
Da liegste daneben. Es sind schlicht ANDERE Dinge als die schnöden Spielregeln entscheidend. Hier im Tanelorn wird ebenso wie in der Forge und an vielen anderen Orten, wo sich Menschen über Rollenspiele austauschen, die Wichtigkeit der Spielregeln grotesk überbewertet. Es gibt eine Million Dinge, die wichtiger sind. Wer macht den SL? In welche inhaltliche Richtung soll es ganz grob gehen: Fantasy/SciFi/Horror/UrbanZeugs? Gritty, humoresk, dramatisch? Oneshot, Kurzkampagne oder episch? Ist Hubert nur alle zwei Wochen dabei? Und so weiter. Die Spielregeln sind den allerallerallermeisten Runden tatsächlich scheißegal.
Das stimmt natürlich. Andererseits ist sehr schwierig die Analysewerkzeuge, die für Betrachtungen in der Richtung vorhanden wären zu nutzen. Ansätze, Theorien, Werkzeuge die aus den Sozial- oder auch noch den Geisteswissenschaften stammen/abgeleitet werden, werden von vielen weder akzeptiert noch erkannt. Die Reaktionen sind i.d.R. immer die selben: Alltagswissen wins!
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Crimson King am 20.10.2014 | 10:38
@ Rumpel:  Hm, bei laufenden Gruppen gibt es zudem noch das Riesenthema des Gruppendenkens sowie der Massenträgheit. Gruppendenken  (http://de.wikipedia.org/wiki/Gruppendenken)bewirkt, dass der einmal eingeschlagene Kurs einer Gruppe nur selten hinterfragt wird. Die Leute passen sich allesamt an die wahrgenommene Gruppenmeinung an. Gerade wenn man sich die Faktoren, die Gruppendenken begünstigen (http://de.wikipedia.org/wiki/Gruppendenken#Faktoren.2C_Symptome_und_Konsequenzen), anschaut, wird man in Rollenspielrunden schnell fündig. Hinzu kommt, dass ein Systemwechsel das Look  & Feel einer Runde fundamental verändert. Außerdem müssen sich alle inklusive SL mit dem neuen System anfreunden können und wohlfühlen. Und ein Systemwechsel bedeutet jede Menge Arbeit insbesondere für den SL. Also ich kann sehr gut nachvollziehen, weshalb man sich diesen Aufwand für einen als unwichtig wahrgenommenen Punkt nicht antun möchte.

Deine Anmerkung zum Regelfetischismus in Onlinediskussionen könnte es ganz gut treffen. Danke dafür. Ich erkläre mir in dem Zusammenhang übrigens die Meinung zu bestimmten Themen ebenfalls u.a. mit Gruppendenken: Früher sind alle dem Kiesowschen Paradigma des "besseren Spiels" gefolgt. Heute sind Würfeldrehen und Railroading auf einmal böse, böse, böse und werden mit heiligem Furor bis aufs Messer bekämpft. Da wird bisweilen gerne das Hirn ausgeschaltet und sich in Aussagen verstiegen wie: "Runden, welche die Regeln einhalten, sind besser als solche, die das nicht tun." Gibt noch viel mehr dazu zu sagen, aber das ist in diesem Thread nur tangential.

Ansonsten, um das Gruppendenken noch ein drittes mal prominent zu platzieren: Der Widerstand gegen Systemwechsel sowie das "Verteidigen bis aufs Blut" entstammt einerseits Prozessen des Gruppendenkens. Andererseits ist sowas auch aufgrund einer kognitiven Dissonanzreduktion (http://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz) möglich. Zusammen erzeugt das sehr viel Widerstand.

Das ist im Wesentlichen das, was ich unter dem Aufbau emotionaler Hürden bzw. in die andere Richtung Bindungen verstehe, nur wesentlich besser ausgedrückt.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Slayn am 20.10.2014 | 10:49
@ Rumpel:  Hm, bei laufenden Gruppen gibt es zudem noch das Riesenthema des Gruppendenkens sowie der Massenträgheit.

Ich würde noch bestehendes Sozial- und Kommunikationsverhalten dazuzählen und ähnlich wichtig einstufen wie "Play". Es gibt ja doch genug Gruppen, bei denen die Leute abseits vom Spieltisch wenig mit einander zu tun haben, dann stellt das Rollenspiel an sich auch die Hauptgrundlage für Kommunikation und soziale Interaktion dar. Also birgt jede Änderung und jeder Wechsel die Chance das soziale Gefüge einer Gruppe nachhaltig zu stören, bis zum Weggang eines Mitspielers.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Necoras am 20.10.2014 | 11:20
Wo es hier gerade in diese Richtung geht: Meines Erachtens spielt bei "edition wars" auch häufig die Tendenz zum status quo (https://de.wikipedia.org/wiki/Tendenz_zum_Status_quo) eine wichtige Rolle, weshalb dann eben auch mal "schlechtere" alte Editionen gespielt werden. Das lässt sich dann natürlich auch noch auf Systemwechsel anwenden.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Necoras am 20.10.2014 | 11:33
Ich habe erstaunlicherweise, trotz fast ausschließlich nicht-tanelorniger und unforgianischer Mispieler in meinen vergangenen Lebensmittelpunkten Kaiserslautern und Frankfurt, nur sehr wenige Spieler getroffen, auf die diese Aussage zutrifft. Die allermeisten davon waren casual gamer.

Was hingegen häufiger anzutreffen war, sind Leute, die "ihr" System aufs Blut verteidigt haben.
Wobei diese Beobachtung keine eindeutige Schlussfolgerung zulässt: a) Die Regeln sind den Spielern absolut nicht egal, weshalb sie "ihr" System bis aufs Blut verteidigen. b) Die Regeln sind den Spielern eigentlich völlig egal, sie verteidigen "ihr" System bis aufs Blut völlig unabhängig davon, inwiefern die Regeln wirklich als "gut" erachtet werden.

Ich erinnere mich noch daran, wie sich vor Jahren ein Spieler in meiner alten DSA-Gruppe abfällig über D&D geäußert hatte mit den Worten: "Tja, is ja schon blöd. Hast halt da keine Parade." In dieser Runde wurden Kämpfe zwar nicht nur erzählerisch abgehandelt und man spielte schon mit vielen DSA4.1-Regeln, nichtsdestoweniger wurde regelmäßig gehandwedelt, weil es an allen Ecken und Kanten haperte, die (z. B. Kampf-)Regeln also de facto entwertet wurden... Das ganze System wurde verteidigt, weil man das Setting, die Gruppe von Spielern und was auch immer mochte und nicht angegriffen sehen wollte.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Oberkampf am 20.10.2014 | 13:23
Du verstehst das nicht, weil Du Deine Perspektive in diesem Fall unzulässig stark auf Spielregeln verengst.

Mir geht es nicht primär um Spielregeln, sondern darum, ob Rollenspiel überhaupt ein Gesellschaftsspiel ist, oder etwas ganz anderes, nämlich ein Kaffeklatsch über aventurische* Promis.

Auf einem normalen Familientreffen (oder Freundestreffen) wird über Kind & Karriere gequatscht, oder wenn man damit fertig ist über Politik & Wetter. Rollenspielrunden treffen sich eben, um über Drachen & Verliese zu quatschen.

Wenn Kind & Karriere zu nervig wird, packt einer die Skat-Karten aus und es wird schnell man eine Runde Skat gespielt. Oder meinetwegen Kniffel. Im Rollenspiel wird dann mal gekämpft. Unterschied ist bloß, Skat wird noch halbwegs nach Regeln gespielt und die Spieler konzentrieren sich drauf.

Für diese Tätigkeit ist das Regelwerk tatsächlich belanglos. Trotzdem gibt es, nicht nur unter Tanelornis, verbissene Diskussionen darüber, welches Regelwerk gespielt werden soll. Settingdiskussionen habe ich auch erlebt, aber viel seltener!

Diskussionen um Regelwerke finden oft bei Settingswechseln statt, denn anscheinend ist Settingswechsel etwas, bei dem jeder einsieht, dass ein neues Regelwerk dazu nötig ist (das in der Praxis wieder ignoriert wird). Im Grunde bedeutet aber ein Settingwechsel nur, dass die Gruppe von Kind & Karriere auf Politik & Wetter wechselt.

Der andere Ansatz kommt von Leuten, die gerne Rollenspiel wie ein Gesellschaftsspiel behandeln würden. Das beißt sich sowohl mit der kiesowschen Lehre als auch der gelebten Praxis, zumindest in Deutschland. Wenn Rollenspiel kein Gesellschaftsspiel ist, dann gibt es auch keine schlechten Spielregeln, also kann man bei denen bleiben, die man schon gewohnheitsmäßig nur sporadisch benutzt, wenn sie "nicht im Weg stehen".

*Setze beliebiges Setting hier ein. Man spielt schließlich keine Spiele, sondern Settings, wie Grubentroll bemerkte. Aventurien und DSA nehme ich hier als Paradebeispiel, weil so viele in D daran hängen. Man könnte auch die oWoD/V:tM nehmen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Haukrinn am 20.10.2014 | 13:31
Ich finde an der Idee ist etwas dran. Das entspricht in der Tat auch meinen Empfinden und fasst auch ziemlich schön zusammen weshalb ich als Rollenspiel-ist-Gesellschaftsspiel-Spieler mittlerweile so ein Riesenproblem mit dem typisch deutschen DIN-Rollenspiel habe.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Slayn am 20.10.2014 | 13:38
Man sieht auch gut die Abweichung von den ursprünglichen CoSim Wurzeln und warum herausforderungsorientiertes Spiel bei "uns" nicht so toll ankommt. Andere Prioritäten.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Grubentroll am 20.10.2014 | 13:52
Ich finde hier wird grad dieser Art von systemfernen Spiel eine "Casualness" angedichtet, die so nicht unbedingt vorhanden sein muss.

Ich kann ein "Abenteuer" stringent durchspielen, ohne dass es ein Kaffeeklatsch wird, auch ohne Regelwichserei.


Ich hab mal mit der gleiche Gruppe Dungeon Slayers und ein paar Monate später FATE gespielt.

Was recht ähnlich war, wiel in beiden Fällen ein gewisser Grundkern akzeptiert wurde (Kampfregeln, Situationen auflösen können mit Würfen), aber die tiefere Mechanik zb bei FATE nicht aufgegriffen wurde.

Man wollte halt eine Geschichte spielen, und die Regeln standen eher im Weg als dass man daran "aktiv erfreut" hätte, Aspekte reizen zu dürfen.

Die Leute waren aber alle bei der Sache.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Achamanian am 20.10.2014 | 14:15

Man wollte halt eine Geschichte spielen, und die Regeln standen eher im Weg als dass man daran "aktiv erfreut" hätte, Aspekte reizen zu dürfen.

Die Leute waren aber alle bei der Sache.

Aber die Systeme waren jetzt trotzdem nicht "schlecht" für euch, oder? Da, wo ihr sie eingesetzt habt, haben sie ihren Zweck erfüllt.

Die Frage des Threads ist ja immer noch die: Warum verwenden Gruppen Regeln, bei denen sie fluchend Stunden von Spielzeit dem Nachschlagen der Modifikatoren für eine Dämonenbeschwörung opfern, um dann aufzugeben und irgendeinen Modifikator einzusetzen? Warum verwenden sie nicht gleich ein System, das sagt: "Setze einen passenden Modifikator ein", wenn sie letztlich genau das machen?

Wenn man in der Gruppe konsensuell ein lockeres Verhältnis zu den Regeln hat, dann kommt dieses Problem wahrscheinlich nicht auf, und dann kann stimmt die Antwort, dass die Leute halt das System spielen, was gerade zur Hand ist, und es so benutzen, wie es ihnen passt, ob jetzt FATE, Dungeonslayers oder DSA. Aber warum verwenden Leute, denen es auf die Regeln und deren korrekten Einsatz ankommt, Regeln, die ihnen zur Kopfzerbrechen bereiten?

Vielleicht gibt es auch niemanden auf der Welt mit diesem Problem außer meiner selig ruhenden DSA-Runde. Aber wenn ich in andere Foren schaue, dann habe ich schon den Eindruck, dass viele Leute über Jahre Systeme spielen, bei denen sie sich dauernd über Regeln den Kopf zerbrechen, die sie als nervig, unpassend, "unrealistisch" oder sonstwie doof empfinden und wahnsinnig viel Energie darauf verschwenden, sich einerseits über diese Regeln zu ärgern und sie andererseits trotzdem anzuwenden (oder mit verkniffener Miene auszublenden).
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: 1of3 am 20.10.2014 | 14:42
Wenn man in der Gruppe konsensuell ein lockeres Verhältnis zu den Regeln hat, dann kommt dieses Problem wahrscheinlich nicht auf, und dann kann stimmt die Antwort, dass die Leute halt das System spielen, was gerade zur Hand ist, und es so benutzen, wie es ihnen passt, ob jetzt FATE, Dungeonslayers oder DSA. Aber warum verwenden Leute, denen es auf die Regeln und deren korrekten Einsatz ankommt, Regeln, die ihnen zur Kopfzerbrechen bereiten?

Ich glaube, da liegt der tarq begraben: Du betrachtest die Gruppe gewissermaßen als einheitlich und das ist ein ziemlich gängiger Ansatz. Tatsächlich können aber in einer Gruppe ziemlich unterschiedliche Vorlieben, Kenntnisse und Gewohnheiten herrschen. Beschweren werden sich tendenziell die Personen, die mit dem Status Quo nicht zufrieden sind. Würden aber alle in der Gruppe Handlungsbedarf sehen, stellte sich die Situation nicht.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Chruschtschow am 20.10.2014 | 15:07
@Archoangel:
Ich hatte auch keineswegs die Absicht, dir an die Karre zu fahren. Wenn ich es recht verstanden habe, dann agierst du ein bisschen nach dem Motto "Ich nehme das beste aus allen Welten". Ein legitimer Ansatz. Es gibt viele sehr coole Einzelmechanismen, die man sicher auch interessant verquicken kann. Nur so gar nicht mein Ansatz. Kein Angriff, nur eine andere Sichtweise.

@Wellentänzer:
Das mag ja sein, dass die Gruppe Spaß hat. Ich hatte mit meinen DSA-Gruppen auch Spaß. Aber nach meinem Empfinden eben trotz der Regeln, nicht dank der Regeln. Wenn eine Runde narrativ spielt und dafür Pathfinder nimmt, dann können die Leute sicher Spaß haben. Aber wie  Rumspielstilziel das schon richtig mit seiner Dämonenbeschwörung umschreibt, man leistet sich einen unfassbaren Regeloverhead, weil in dem Setting und in der Runde nun ein Mal dies und das gespielt wird, anstatt auf ein System zu wechseln, das eben kein "Spaß trotz der Regeln" ist, sondern den gewünschten Spielstil gegebenenfalls noch unterstützt.

Zum Beispiel bin ich, wie meine Signatur vielleicht dezent andeutet, ein großer Fate-Fan. Aber echte Horror-Mystery-Szenarien sind damit einfach nicht optimal machbar, weil das Player Empowerment sich der Hinweissuche schnell mal entgegen stellt, wenn die Spieler plötzlich mit heftigen "Story Details" um sich werfen. Das geht. Aber das geht mit Gumshoe vielleicht besser. Taktische Ballereien? Mit Fate? Nuja, wenn Akimbobazookas in dem Setting Sinn machen... Oder z.B. Dungeon Crawl lieber mit Dungeonslayers oder Pathfinder.  Da unterstützt das System den Spielstil, anstatt ihm gegebenenfalls entgegen zu stehen. Klar, Fate kann man ausgiebig biegen und brechen. Aber das macht es vielen Genres trotzdem nicht zum "guten" System, das eben den Spielstil unterstützt.

Dass das nicht zwingend der entscheidende Faktor für den Spielspaß ist, ist auch klar. Fussball finde ich nicht gerade spannend, 2006 habe ich mich beim Public Viewing trotzdem heiser gebrüllt und mit meinen Kumpels einen Mordsspaß gehabt. Das lag aber nur indirekt am Fussball. Hätte die Seilspringen-WM zur gleichen euphorischen Stimmung geführt, hätte ich auch da begeistert zugeschaut. Da sind die Gründe halt ebenso vielfach, warum man plötzlich Spaß hat. Die Grundfrage des Threads zielt aber auf die Systeme ab.

@Strohmann-Hipster:
"Nur Nostalgie..." mag etwas überspitzt sein. Die Gründe sind vielfältig. Aber in der Tat halte ich bei sämtlichen OD&D-Klonen Nostalgie für die Haupttriebfeder, die meinte ich recht spezifisch mit OSR (und ja, ich weiß, dass es da mehr gibt). Aber selbst wenn es letztlich verschiedene Untersysteme sind, dann hat man als Designer doch in der Hand, ob hoch oder niedrig würfeln besser ist, wie die Skalierung der Erfolgswerte ausschaut etc. Wenn ich es noch nicht ein Mal schaffe, die grundsätzliche Würfelmechanik zu vereinheitlichen (z.B. überall Probe mit W20, Wert in Höhe des Probenwerts oder höher ist ein Erfolg, vielleicht noch ein paar Details, wenn es unkritisch ist oder man Ruhe hat und es gleichzeitig unkritisch ist, d20 halt...), dann trifft das bei mir persönlich einen Nerv und der schreit "schlecht designet!!!" Oft wird ja als Argument für die tollen Systeme von damals angeführt, dass die noch einfach waren und nicht so viel Zusatzregeln mit brachten wie ein Pathfinder mit Klassenbüchern von Krieger bis Telefondesinfizierer. Aber "einfach" oder gar "gut" würde ich diese alten Regeln auch nicht nennen. Und sechs oder sieben verschiedene Variationen von "nimm eine bestimmte Anzahl Würfel und würfle entweder höher oder tiefer als ein bestimmter Erfolgswert" ohne jede Notwendigkeit sind arg viel.

(Disclaimer: Und nein, ich meine damit nicht so etwas wie in Savage Worlds, wo durch die Form der Würfel der Fähigkeitswert dargestellt wird. Da ist es ein bewusstes Design.)

Ganz allgemein führt natürlich auch noch die Angst vor dem Konvertieren eines Settings eine große Rolle. Bei DSA habe ich Namen, Kleidergröße und Kampfwerte für den Hamster der Großnichte von Raidri Conchobair. Wo will man da anfangen mit der Konversion? Und wie macht man einem alteingesessenen DSAler klar, dass Flim Flam Funkel und Nihilatio Gravitas vielleicht über den gleichen Skill abgearbeitet werden und dann auch noch KEINE ASTRALPUNKTE KOSTEN!!! PANIK!!! Und dann kegelt das blöde Player Empowerment auch noch alles mögliche durcheinander und die Gruppe spielt plötzlich nicht mehr im kanonischen Aventurien! Oder ich habe schlicht nicht die Zeit mich daran zu setzen, weil Arbeit, Kinder, Haus... Vielfältige Ursachen.

[EDIT]
Mist, doch wieder eine Wall of Text...
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: D. Athair am 20.10.2014 | 15:56
Wenn ich es noch nicht ein Mal schaffe, die grundsätzliche Würfelmechanik zu vereinheitlichen (z.B. überall Probe mit W20, Wert in Höhe des Probenwerts oder höher ist ein Erfolg, vielleicht noch ein paar Details, wenn es unkritisch ist oder man Ruhe hat und es gleichzeitig unkritisch ist, d20 halt...), dann trifft das bei mir persönlich einen Nerv und der schreit "schlecht designet!!!"
Ich kann das schon nachvollziehen. So habe ich auch mal gedacht und ich will dir das auch garn nicht ausreden. Nur habe ich die Erfahrung machen dürfen, dass die Vereinheitlichung a) etwas kostet und b) für den Spielfluss nicht unbedingt einen Unterschied macht.

Zu a: Das Problem ist: Es fühlt sich alles gleich an. Das ist durchaus auch ein valider Vorwurf der gegenüber D&D 4 immer mal wieder geäußert wird.  Was gleich geregelt ist fühlt sich im Spiel gleich an, was unterschiedlich geregelt ist unterschiedlich. Für Spieler, die einen Dieb spielen, kann es z.B. wichtig sein, dass die Diebesfertigkeiten anders funktionieren. Der W100 an der Stelle ist quasi ein Alleinstellungsmerkmal der Klasse. Und das kann für Leute, die Robin Laws unter "specialists" packt, wirklich eine Bedeutung haben. So wie der Zauberer seine fire'n-forget-Sprüche hat, der Kleriker weniger Sprüche und die 2W6 zum Untote vertreiben, ... Und schließlich sind die unterschiedlichen Mechanismen Stellen, an denen man Hausregeln ansetzten kann. In dem man z.B. die Vereinheitlichung selbst durchführt, wenn man das will oder indem man davon andere Regelungen ableitet, ...

Zu b: Da die Klone keine besonders komplexen Spiele sind, wirken sich die uneinheitlichen Spielmechanismen auf den Spielfluss so gut wie gar nicht aus. Insbesondere, weil die vom Kernmechanismus abweichenden Regeln zumeist ohnehin Subsysteme sind, die man separat lernen muss. Klar, das geht leichter, wenn die Regeln den Prinzipien des Kernmechanismus folgen. Jedoch ist der Lernaufwand grundsätzlich da und uneinheitliche Mechanismen vergrößern den nur minimal ( - jedenfalls solange eine gewisse Komplexität nicht überschritten wird).


Jedenfalls bin ich über diese Erkenntnisse zu dem Schluss gekommen, dass ein einheitlicher Mechanismus nicht unbedingt was mit gutem Design zu tun haben muss.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Chruschtschow am 20.10.2014 | 18:47
Ich komme genau aus der anderen Richtung. Seit 1989 DSA-Spieler. Shadowrunner und da meistens der Spieler bzw. Spielleiter, der sich auch mit den komplizierten Subsystemen wie Fahrzeugkampf und Matrix ausgekannt hat. Und so weiter und so fort. Ein furchtbarer Regelanwalt dazu, darum haben die mich in den meistens Fällen auf den Spielleiterplatz gesetzt...

Einheitlichere Systeme, die viele Dinge ähnlich oder gleich regeln, haben mich viel stärker angesprochen. West End Games' d6? Damals einer meiner Favoriten. Der Schritt von AD&D zu D&D3? Guter Schritt, aber noch sehr viel Kleinklein. Heute vor allem Fate. Viele Dinge werden einfach einen Tacken abstrakter behandelt und schon hat man einen kleinen aber leistungsstarken Satz an Zahnrädern, die schön ineinander greifen. Eine regelrechte Offenbarung. Der Schritt von Fate aus Spirit of the Century zu Fate Core? Seeeeehr gute Idee. Weniger mächtigere Zahnräder.

Kurzum, es ist ganz stark persönliches Empfinden, was die Definition von gutem und schlechtem System ausmacht. Darum drohen bei mir ja schlimme Koliken, wenn ich von Archoangels Systemmix höre, während es für ihn und seine Runden wahrscheinlich super ist. Ebenso sind Leute mit Pathfinder in ihrer narrativen Runde zufrieden, obwohl es dafür echt ungeeignet ist.

Achso, können wir uns zumindest auf ein unteres Ende der Skala einigen? F.A.T.A.L vielleicht? ;)
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: D. Athair am 21.10.2014 | 00:25
Kurzum, es ist ganz stark persönliches Empfinden, was die Definition von gutem und schlechtem System ausmacht.

Glaube ich nicht unbedingt. Was gute und schlechte Systeme unterscheidet ist v.a. ob a) tun was sie sollen oder b) wenigstens bestimmte Spielweisen unterstützen. Die Herangehensweise vom Design her ist da mMn nicht so wichtig. (Ein gut designtes Spiel z.B. muss noch lange kein gutes Spiel sein. Das Design von D&D 4 z.B. ist als "gut" anerkannt. Ob es ein gutes Spiel oder gutes D&D ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander.)

Achso, können wir uns zumindest auf ein unteres Ende der Skala einigen? F.A.T.A.L vielleicht? ;)
Mit Sicherheit.

Wobei wir damals schon Shadowrun (3.01D) in die Ecke geworfen haben.
Und DSA habe ich immer wieder zu mögen versucht. Ist nie gelungen.

... das war aber beides nicht der Einstieg ins Hobby. ... Daidalos, Risus, Spotlight 24h
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Oberkampf am 21.10.2014 | 07:01
Ich finde hier wird grad dieser Art von systemfernen Spiel eine "Casualness" angedichtet, die so nicht unbedingt vorhanden sein muss.

Ich habe bewusst das Wort Kaffeeklatsch gewählt, um Rollenspiel vom Gesellschaftsspiel abzugrenzen. Trotzdem kann die Konversation über das Setting mit hohem Interesse und engagierter Beteiligung stattfinden. Genau wie Gespräche über Kind & Karriere.



Die Frage des Threads ist ja immer noch die: Warum verwenden Gruppen Regeln, bei denen sie fluchend Stunden von Spielzeit dem Nachschlagen der Modifikatoren für eine Dämonenbeschwörung opfern, um dann aufzugeben und irgendeinen Modifikator einzusetzen? Warum verwenden sie nicht gleich ein System, das sagt: "Setze einen passenden Modifikator ein", wenn sie letztlich genau das machen?

Wenn man in der Gruppe konsensuell ein lockeres Verhältnis zu den Regeln hat, dann kommt dieses Problem wahrscheinlich nicht auf, und dann kann stimmt die Antwort, dass die Leute halt das System spielen, was gerade zur Hand ist, und es so benutzen, wie es ihnen passt, ob jetzt FATE, Dungeonslayers oder DSA. Aber warum verwenden Leute, denen es auf die Regeln und deren korrekten Einsatz ankommt, Regeln, die ihnen zur Kopfzerbrechen bereiten?

Das Problem kenne ich auch. In 10 000 Fällen wird das Handwedeln beim Gespräch über das Setting akzeptiert, aber dann kommt der eine Fall, wo irgendjemand, meistens ein Spieler, manchmal auch der Spielleiter, es genauer wissen will und Ewigkeiten lang im Regelbuch geblättert wird, bis es eine halbwegs passende Regel gibt, mit der dann jemand unzufrieden ist, sodass über eine Hausregelung diskutiert wird.

Die erste Ursache dafür ist mMn, dass es kein Regelproblem gibt, sondern einen Dissens in der Fiktion! Der Spielleiter erzählt etwas, was mindestens einem Spieler nicht gefällt, oder ein Spieler kann aufgrund von Regelmechanismen in die Welt eingreifen, was dem Spielleiter nicht gefällt. Aber anstatt dann zu sagen "Schlechte Storywendung!" wird nach Gründen im ansonsten irrelevanten Regelwerk gesucht, warum das so nicht geht.

Die zweite Ursache liegt darin, dass es am Tisch immer noch Teilnehmer gibt, die Rollenspiel als Gesellschaftsspiel betreiben wollen und zumindest in einigen Bereichen - beispielsweise den regellastig sehr ausgiebig behandelten Kämpfen - glauben, das dies tatsächlich stattfindet. Das sind dann meistens die Regelfuchser, die sich ernsthaft in die Regelschwarten von 3.x o.ä. eingearbeitet haben, weil sie glauben, nach diesen Regelbergen würde irgendwer wirklich spielen! 
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Sashael am 21.10.2014 | 09:13
Die zweite Ursache liegt darin, dass es am Tisch immer noch Teilnehmer gibt, die Rollenspiel als Gesellschaftsspiel betreiben wollen und zumindest in einigen Bereichen - beispielsweise den regellastig sehr ausgiebig behandelten Kämpfen - glauben, das dies tatsächlich stattfindet. Das sind dann meistens die Regelfuchser, die sich ernsthaft in die Regelschwarten von 3.x o.ä. eingearbeitet haben, weil sie glauben, nach diesen Regelbergen würde irgendwer wirklich spielen!
Das klingt übrigens ziemlich beleidigend. Nur mal so als Hinweis.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arkam am 21.10.2014 | 09:17
Hallo zusammen,

ich versuche mich Mal an einem Fazit.

Der Hintergrund und nicht die Spielregeln faszinieren. Gleichzeitig würde ein Wechsel zu einem anderen System aber den Hintergrund ändern. Das Phänomen wird auch gerne als Verzahnung von Hintergrund und Regeln beschrieben.
Die Game Regeln dazu genutzt werden Play zu betreiben. Hier werden Regeln mit einem gewissen Freiheitsgrad benötigt.
Spielregeln eben keine besondere Rolle spielen. Wichtiger sind die sozialen Aspekte und die Gruppenzusammensetzung. Man hat Sorgen das ein Systemwechsel die als angenehm empfundene Gruppe verändert.
Ein Wechsel des Systems wahrscheinlich auch einen Genrewechsel beinhaltet den man nicht möchte.
Man eben nur die absolute Basis eines Spiels benutzt und störende Regelteile einfach ignoriert oder durch Regeln aus anderen Systemen ersetzt.

Fehlt jemanden noch ein Punkt?
Da ich die Diskussion in diesem Thread als konstruktiv und, wenigstens für mich, auch erhellend empfinde möchte ich den Thread noch nicht schließen.

Gruß Jochen
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Oberkampf am 21.10.2014 | 15:33
Das klingt übrigens ziemlich beleidigend. Nur mal so als Hinweis.

Sorry, war nicht beleidigend gemeint, zumindest nicht als stärker provozierend als der Rest meiner Formulierungen. Aber zugegeben, ein bisschen habe ich da meinem Frust über bestimmte Erzählspielformen (und ihre Exzesse) freien Lauf gegeben.

Ich habe es tatsächlich öfter erlebt, dass eher erzählorientierte Spielleiter gegenüber Spielern, die auf die Einhaltung der Regeln (zumindest während eines Kampfes, aber auch dann, wenn NSCs wundersame Dinge tun) pochen, Worte wie Rule Rider, Rules Lawyer oder Regelfuchser fallen lassen.

3.x habe ich als Beispiel für alle Spiele herangezogen, die ähnliche Regelschwergewichte sind, weil an diesen der Anspruch auf ein umfassend geregeltes Gesellschaftsspiel am deutlichsten mit der Spielpraxis des Regelignorierens (oder genauer: Regelbuchignorierens) hervortritt. Man könnte aber sicher auch andere systeme als Beispiele nehmen.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: bobibob bobsen am 21.10.2014 | 15:56
Zitat
Ich habe es tatsächlich öfter erlebt, dass eher erzählorientierte Spielleiter gegenüber Spielern, die auf die Einhaltung der Regeln (zumindest während eines Kampfes, aber auch dann, wenn NSCs wundersame Dinge tun) pochen, Worte wie Rule Rider, Rules Lawyer oder Regelfuchser fallen lassen.

und da hast du doch hoffentlich mit dem Ausruf Märchenonkel, Storyhure oder RR geantwortet. ~;D

Nee im Ernst so was würde bei mir sofort zur Unterbrechung des Spiels führen um die Situation zu klären, wenn man das nicht schon im Vorwege gemacht hat.
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Arkam am 21.10.2014 | 19:44
Hallo zusammen,

Ich habe es tatsächlich öfter erlebt, dass eher erzählorientierte Spielleiter gegenüber Spielern, die auf die Einhaltung der Regeln (zumindest während eines Kampfes, aber auch dann, wenn NSCs wundersame Dinge tun) pochen, Worte wie Rule Rider, Rules Lawyer oder Regelfuchser fallen lassen.

@Huntress
Mich würde jetzt aus der Theorie heraus ja interessieren wie du diesen Spielleiter einschätzt.
Würde er durch ein System gewinnen das eher einem erzählerischen Ansatz folgt?
Hat die Gruppe ihm Game Kompetenzen zugestanden um in Ruhe Play betreiben zu können? - Die du jetzt in Frage gestellt hast.
Oder hatte er einfach keine Ahnung von den Regeln und sah jetzt seine Story gefährdet? - Im Betreiben eine Story oder auch nur eine Szene zu retten habe ich auch schon so manchen Blödsinn verzapft. Obwohl ich grundlegend schon Regel treu spielen möchte.
Oder wollten hier alle eigentlich nur lockeres Play und da kamst mit harten Game?

Gruß Jochen
Titel: Re: Warum werden "schlechte" Systeme gespielt?
Beitrag von: Oberkampf am 25.10.2014 | 13:39

@Huntress
Mich würde jetzt aus der Theorie heraus ja interessieren wie du diesen Spielleiter einschätzt.
Würde er durch ein System gewinnen das eher einem erzählerischen Ansatz folgt?
Hat die Gruppe ihm Game Kompetenzen zugestanden um in Ruhe Play betreiben zu können? - Die du jetzt in Frage gestellt hast.
Oder hatte er einfach keine Ahnung von den Regeln und sah jetzt seine Story gefährdet? - Im Betreiben eine Story oder auch nur eine Szene zu retten habe ich auch schon so manchen Blödsinn verzapft. Obwohl ich grundlegend schon Regel treu spielen möchte.
Oder wollten hier alle eigentlich nur lockeres Play und da kamst mit harten Game?

Gruß Jochen

Erstmal: Ich war nicht derjenige, der als Rule Rider tituliert wurde - ich war mir schon ziemlich bewusst, dass Regeln in manchen Runden eher Spieleiterentscheidung als Regelbuchverwendung sind.

Dazu passend @bobibob bobsen: Das begann vor der Zeit, als die andere Seite über passende Gegenbeleidigungen verfügte, noch im unangefochtenen Paradigma des autoritären Erzählspiels (und ich glaube, es gibt auch andere Erzählspielformen). Ich habe einfach meine Zeit mit dieser Gruppe reduziert.

Keine Ahnung von Regeln ist oft ein Grund für Spielen am Regelwerk vorbei - und umgekehrt ist der Grund dafür, Regeln nicht zu kennen, oft der, dass ihnen ohnehin eine geringe Bedeutung eingeschätzt wird. In dem Fall (und auch einigen anderen) glaube ich, dass den meisten der Gruppe die meiste Zeit über Regeln sowieso egal waren bzw. man sich damit abgefunden hatte, dass Rollenspiel eben größtenteils frei von festen Spielregeln betrieben wird.

Was Systemwechsel angeht: Der SL, den ich im Hinterkopf habe, kann wirklich gut mit Atmosphäre spielen. Würden ihm weniger bürokratische und eher erzählerische Rollenspiele mit starker SL-Position in der Story helfen? Ich denke dabei an sowas wie die World Engine, wo die Spieler nur begrenzt und vom Spielleiter ausdrücklich kontrollierte Möglichkeiten haben, die Spielwelt direkt (ohne Charakteraktion) zu beeinflussen, der SL aber durch seine Moves stark die Geschichte vorantreibt und Atmosphäre schafft.

Ehrlich gesagt bin ich da gespalten. Jede Art von vorgeschriebenen Spielregeln schränken den Spielleiter in seiner freien Verfügungsgewalt über die Welt, die Gruppe und die Geschichte ein. Einfach gesagt: Man kann nicht "Märchenonkeln" und gleichzeitig Spielen. Deswegen glaube ich, dass ein Systemwechsel (in diesem Fall zu einem weniger umfangreichen Regelwerk mit starker SL-Erzählposition) zwar näher am Stil der Gruppe/des SL wäre, aber trotzdem einen Sprung vom reinen Erzählen zum spielerischen Erzählen verlangen würde, der letzten Endes nicht machbar wäre.