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Pen & Paper - Spielsysteme => Cthulhu RPGs => Thema gestartet von: Der Läuterer am 23.07.2016 | 11:20

Titel: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 23.07.2016 | 11:20
Mich hat der letzte Thread "Die SCs lernen etwas über den grösseren Kontext des Mythos" zu diesem Thema geführt. Eigentlich ein naheliegender Schritt...

Das Problem: Wenn die Spieler/Chars bereits Einzelheiten, Clous und Kniffe kennen, ist es nichts Neues mehr und eine Wiederholung langweilend vielleicht sogar. Schlimmstenfalls gehen die Spieler/Chars sogar im Meta steil.

Ich bin der Meinung, dass gerade bei sog. Horror-Rollenspielen Wissen das Vergnügen der Spieler schmälert und die Spannung häufig völlig zerstört.

Wissen stört regelrecht das Cthulhu-Spiel. Das Ganze ist viel verstörender, weil undurchsichtiger, wenn alles weitgehend nebulös im Unklaren bleibt.
Selbst eine enorm grosse Gefahr verliert an Substanz, sobald sie sich offenbart hat. Es ist wie bei der Krankheit, deren Ursache und deren Erreger man noch nicht kennt...
Das Gehirn ist einfach unnachahmlich darin, wenn es darum geht, Gespinste zu entwickeln. Und wenn man nicht genügend Informationen besitzt, dann erschafft man halt Dinge, die schlimmer sind als die Wahrheit. Sobald sich die Wahrheit gezeigt hat, ist es mit der Spannung hinüber.

Man kann das Wissen der Spieler/Chars aber auch abträglich einsetzen und als Überraschung nutzen. Und zwar genau dann, wenn sich herausstellt, dass das Wissen keine Allgemeingültigkeit besitzt, weil man Änderungen vorgenommen hat.

Nichts zu wissen ist mächtig... und gut für die Atmo. So zumindest ist es meine Erfahrung.

Ähnlich verhält es sich mit Mythos-Büchern, Zaubern, Unterstützern bzw. Mentoren und natürlich Ressourcen.

Die Frage stellt sich jetzt, wie grosszügig bzw. sparsam man diese Elemente ins Spiel einbinden und benutzen sollte, was wohl auch davon abhängt, ob man eher ein puristisches oder pulpiges Spiel bevorzugt.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: grannus am 23.07.2016 | 11:31
Um es kurz zu machen: Wissen (so begrenzt es auch sein mag) ist für die SPIELER und deren Charaktere wichtig um die nächsten Schritte zu planen. Wenn man ihnen nichts an die Hand gibt, so läuft es auf ein rein reaktionäres Spiel hinaus und das ist extrem unbefriedigend. Ein gewisses Maß also an Informationen (auch über den "Mythos") mit einer gewissen Gültigkeit sind nötig um die Spieler zu mehr als nur Statisten zu machen.

Ich persönlich finde es genauso gruselig zu wissen, dass ich etwas weiß und dies mir am Ende doch nichts bringen wird. Aber ich kann es wenigstens versuchen. Die Spieler ohne Informationen ins offene Messer laufen lassen? Wenn ich Spaß an so etwas habe, dann kann ich gleich "Rappan Athuk" spielen   ~;D
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Chruschtschow am 23.07.2016 | 11:43
Ja, stimmt so weit.

Ok, vielleicht sage ich auch was produktives. ;)

Im Prinzip gibt es zwei Methoden mit dem Horror durch Unwissen der SC bei Wissen der Spieler umzugehen:

(1) Der Horror ist gespielt und das ist auch jedem klar. Und auch die Spieler haben ihren Anteil zu erbringen, dass das klappt. Ich kenne ehrlich gesagt keine Spielleitung, die in mir jemals das Gefühl der Furcht ausgelöst hat, unabhängig davon ob ich die Regeln und das Setting kenne. Wirkliche Emotionen kann ich nur als Spieler selbst in mir erzeugen. Das sind aber Techniken, die mehr mit Schauspiel zu tun haben, ncht mit Metawissen.

(2) Das wirbelnde Chaos hält sich nicht an die Regeln. Der Zauber in dem Regelbuch besagt: "Blah?" Kein Problem. Nur ist nicht jeder Mönch so ein toller Kopist. Dein Zauber macht: "Blubb!" Du hast mal gehört, dass Hunde von Dingensdalos das und das machen? Toll. Wer hat je behauptet, dass alle Hunde von Dingensdalos identisch sind? Oder auch nur im Entferntesten an menschliche Kategorien gebunden sind? Aber das muss ich vorher mit den Spielern besprechen. Wenn die nämlich eigentlich kein Horror- sondern ein Pulp-Wir-hauen-Cthulhu-auf-die-Fresse-Setting oder ein Mystery-Spiel spielen wollen, dann ist so eine Herangehensweise Dynamit.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: nobody@home am 23.07.2016 | 12:39
Rein persönlich entsteht bei mir durch einmal als solches erkanntes gezieltes Spielerkleinhalten (und "ach du heiliger Azathoth, die wissen zuviel, da muß ich gleich mal sabotieren!" kann durchaus schon mal schnell in diese Richtung gehen) eigentlich eher weniger Horror als vielmehr Ärger. Das ist dann, glaube ich, auch nicht so wirklich stimmungsfördernd. ;)

Wenn ich als SL meine Spieler tatsächlich ständig aufs Neue "echt" überraschen will, dann ist aus meiner Sicht schlicht mein ehrlicher Erfindungsreichtum gefragt...und ja, das kann dann speziell auf Dauer anstrengend werden. Andererseits kann ich meinen Spielern am Tisch ja schlecht erinnerungstrübende Drogen verabreichen oder einen Neuralisator vorhalten, nur um mir den Aufwand ersparen und denselben Kladderadatsch auch zum x-ten Mal noch als völlige Neuheit präsentieren zu können...
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Ucalegon am 23.07.2016 | 23:31
Problem Nr. 1: Die Gruppe kennt das jeweilige SL-Handbuch auswendig. Dann muss man halt selbst ran und ein neues übernatürliches Phänomen basteln. Sollte machbar sein.

Problem Nr. 2: Der jeweilige Schrecken folgt einer inneren Logik und die Spieler(innen) haben rausgefunden, wie er funktioniert. Das Video tötet alle, die es ansehen. Das Wesen fürchtet nur Mondschein. Hier würde ich es vermeiden wollen, willkürlich Elemente zu verändern, sobald die Gruppe auf einer richtigen Fährte ist. Das riecht nach Railroading. Es sollte genug andere Aspekte rund um das jeweilige "Problem" geben, die für Unsicherheit sorgen, weil die Spieler(innen) schlicht nicht rausfinden können, was dahintersteckt. Da kann ich als SL durchaus Lücken lassen. Ich muss ja selbst nicht alles wissen. Je mehr im aktuellen Szenario offen geblieben ist, desto mehr Spielraum habe ich für das nächste.

Edit: Im Grundsatz stimme ich dir zu. Unsicherheit ist entscheidend. Mythos-Horror ist kein Whodunit. Für das Schicksal der SC sollte es ohnehin keine Rolle spielen, was sie rausfinden oder nicht. Es wird ihnen nicht helfen bzw. im Gegenteil ihren Untergang beschleunigen.

Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Scimi am 24.07.2016 | 00:46
Ich spiele Spiele mit "Cthulhu" im Titel doch wahrscheinlich, weil ich schonmal irgendwas von "Cthulhu" gehört habe oder weil mir die ganzen Tentakeldesigns im Internet so gut gefallen. Vielleicht habe ich sogar schon Geschichten von Lovecraft oder Hohlbein oder sonstwem gelesen oder ein paar von den furchtbaren Filmen gesehen. Und dann erwarte ich auch, dass diese ganze Hintergrundwelt im Spiel auftaucht. Ich will Innsmouth auf der Karte finden, ich will Berge des Wahnsinns am Südpol haben und ich will mir in MU das Nekronomikon in der Bibliothek ausleihen können. Und wenn ich vielleicht nicht so bewandert bin, will ich den ganzen Mythoskram durch das Spiel kennenlernen, um mich auf Cons und im Internet mit anderen Fans und Spielern unterhalten zu können. Wenn ich die wöchentlichen Horrorinnovationen meines SLs spielen will, gibt es dazu genug Spiele und Systeme. Aber wenn "Cthulhu" draufsteht, dann soll auch Cthulhu drin sein und im Südpazifik bei 47°9′S 126°43′W anzutreffen sein.

Lovecraft selbst war ja auch überhaupt kein Fan von diesem ganzen "War da was oder doch nur ein Schatten? Ist das echt oder bin ich verrückt? Verdammt, Scully hat wieder in die falsche Richtung geguckt!"-Eiertanz. Bei ihm entsteht der Hortor ja teilweise gerade durch Wissen. In Pickman's Model lässt erst der Fotobeweis keinen Zweifel daran, dass die verstörenden Fantasien des Malers keine sind. In At The Mountains Of Madness tauchen die Elder Things das erste Mal auf dem Seziertisch von Professor Lake auf, der während einer vollständigen Obduktion mit Zeugen realisieren muss, dass sein ganzes Weltbild Mumpitz ist. In Haunter Of The Dark (und allen möglichen darauf basierenden Abenteuern) entsteht die Spannung ja gerade dadurch, dass von dem Monster vor allem seine Schwachstelle bekannt ist.
Oder nehmen wir das ganze Zombiehorror-Genre, bei dem der Zuschauer und die Charaktere ziemlich genau wissen, was die Eckdaten von Zombies sind oder es zumindest fix herauskriegen und im Notfall ein paar Zombies ins Labor sperren und alles über sie herausbekommen können. Das ist aber kein Hindernis für Spannung, Schrecken und Grusel.

Und zu guter Letzt gibt es so viele Horrorgeschichten, die mir bei jedem erneuten Lesen besser gefallen - das könnte nicht funktionieren, wenn ihr Reiz oder ihre Effektivität auf einem "Big Reveal" oder auf meiner Unwissenheit basieren würden.


Das heißt nicht, dass ich von jedem Viech die vorgegebenen Spielwerte benutzen oder dass jeder Shoggothe exakt der Erwartung entsprechen muss. Aber wenn das Monster eine gute Rolle in meiner Geschichte hat, dann sollte die nicht dadurch entwertet werden, dass die Spieler oder auch die Charaktere das Monster vielleicht schonmal in einer anderen Rolle gseehen oder in einem Buch davon gelesen haben...
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 24.07.2016 | 03:29
Wissen verursacht mehr Horror, als nicht-Wissen.

Schauen wir uns mal einige der besten Horrorfilme an:
Die Fliege (Remake): Ohne Wissen ist es einfach nur ein total widerliches Monster. Packt man halt die Fliegenklatsche aus. Mit Wissen sitzt der Schock darüber, dass ein Mensch sich freiwillig in dieses...Ding... verwandelt hat wesentlich tiefer.
Die Mächte des Wahnsinns: Ja, komische Stadt, in der gruselige Sachen vorgehen, ohne dass es irgendeinen Zusammenhang zu geben scheint. *gähn* Weiß man aber, wodurch das alles ausgelöst wird, und wie fragil die Realität in dieser Welt ist, dann ist das viel beängstigender.
usw.usf.

Und für eine fortlaufende Kampagne kann man sowieso nicht auf graduelle Enthüllungen der Zusammenhänge verzichten, denn spätestens beim dritten "random monster of the week" setzen dann gewisse Ermüdungserscheinungen ein.

Was natürlich nicht heißt, dass man mit Informationen zu freigiebig sein sollte, aber wenn die Spieler die richtigen Fragen stellen, verdienen sie imo auch Antworten.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 24.07.2016 | 09:59
Interessant, wie unterschiedlich man das sehen kann. Danke für Eure Einschätzungen.

Zuerst einmal spiele ich Cthulhu, weil ich die Atmo, die mir der Hintergrund bietet, mag und nicht weil jedesmal das Böse ein gigantischer, geflügelter Krake ist...

Die bekannte Hintergrundwelt abzuspulen, damit jemand in der Gruppe in seiner Begeisterung bestärkt wird und ausrufen kann 'Hey, das Ding kenn ich.', lehne ich ebenso ab, wie die ganze Kreaturen-Monster-Enzyklopädie hintereinander abzuspulen. Das soll jeder machen, der das möchte, aber mein Ding ist das nicht.

Interessant ist doch, dass sich selbst Lovecraft selten wiederholt; neue Orte = neue Wesen = neue Geschichte... Und so viele Wesen hat er auch nicht eingesetzt (ohne jemals wirklich nachgezählt zu haben), die kamen mit den Jahren durch andere Schriftsteller hinzu.

Dass bei Lovecraft der Horror teilweise durch Wissen entsteht, ist absolut richtig.
Man muss hierbei nur beachten, WANN dieses Wissen dem Leser bzw. dem Protagonisten zur Verfügung steht.
In Lovecraft's Geschichten kommt mit der Gewissheit oder der Erkenntnis auch sogleich das baldige Ende der Geschichte mit dem Tod oder Wahnsinn des Protagonisten.
Das wird im jeweiligen Crunch auch sehr gut transportiert, wobei sich nun die Problematik der Kurzlebigkeit der Chars stellt, aber das wäre sicherlich ein neues Thema.

In meinen Sessions befinden sich die Chars länger in der Phase der Unwissenheit bzw. Ungewissheit, kurz bevor sich der Vorhang der Erkenntnis hebt.

Wenn meine Spieler Szenarien mögen würden, bei denen es darum geht einen Auftrag zu erfüllen, der besagt 'Geht nach X und besiegt Kreatur Y.', dann wären sie bei mir falsch, oder ich müsste 80er D&D servieren.

Ich erinnere mich da an den Beispiel-Char Harvey bei CoC... der findet eine Schleimspur und schafft seinen Mythos-Wurf. Jetzt weiss er, dass es sich bei der Hinterlassenschaft um die einer Major Creature handelt und er geht in die entgegengesetzte Richtung davon.

Da der Vergleich zu Filmen herangezogen wurde...
Wenn ich mich zwischen den alten Horrorfilmen der 30er-50er Jahre und denen der jüngeren Generation entscheiden sollte... dann würde ich erstere wählen. Nicht, dass ich etwa nicht in Schockmomenten zusammenzucken würde; das bringen die neuen Filme sehr gut rüber, aber sie lassen eben keinen Raum für Kopfkino.
Die alten Filme hatten wenig Technik und zumeist ein kleines Budget. Hier ein Schatten, dort ein Geräusch, eine Spur im Sand und der Zuschauer hatte Zeit, sich alles gruselig auszumalen.
Und bei den ganzen Zombiefilmen geht es eben nicht um Wissen, sondern um Flucht. Flucht vor der zahlenmässigen Überlegenheit des Gegners. Das Gefühl kannst Du auch mit einem wütenden Mob, einem Rudel zähnefletschender Hunde, Ratten oder was auch immer, erreichen. Das klappt gut, ist auf Dauer meiner Erfahrung nach aber zu eindimensional.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: nobody@home am 24.07.2016 | 11:15
Hm. Eine Methode, einem unerwünschten Aufbau von Wissen einen Riegel vorzuschieben, wäre sicherlich, ab und zu die Spieler zu feuern und eine völlig neue Gruppe zusammenzustellen. Am besten aus Leuten, die von Cthulhu und Lovecraft noch nie gehört und keine Ahnung haben, daß es bei CoC überhaupt um Horror gehen soll.
Müßte doch eigentlich der ideale Ansatz sein, oder? ~;D
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Sir Markfest am 24.07.2016 | 12:09
Wissen verursacht mehr Horror, als nicht-Wissen.

Hm... möchte ich fast anzweifeln.
Die Angst vor dem Unbekannten ist ja ein beliebtes Thema in allen Horrormedien - zumindest zu Beginn.

Dass natürlich dann am Ende Wissen herrscht, das ist klar. Aber zu Beginn das Nichtwissen einer unbekannten, nicht klassifizierbaren, nicht in Schubladen verstaubare Bedrohung, das hat schon seine Berechtigung.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: nobody@home am 24.07.2016 | 12:39
Hm... möchte ich fast anzweifeln.
Die Angst vor dem Unbekannten ist ja ein beliebtes Thema in allen Horrormedien - zumindest zu Beginn.

Dass natürlich dann am Ende Wissen herrscht, das ist klar. Aber zu Beginn das Nichtwissen einer unbekannten, nicht klassifizierbaren, nicht in Schubladen verstaubare Bedrohung, das hat schon seine Berechtigung.

Ich denke allerdings, wenn man das zum Extrem treibt, verkehrt es sich wieder ins Gegenteil. Vor einer Bedrohung, von der ich keine Ahnung habe, daß sie überhaupt existiert, habe ich auch keine Angst -- ein Mindestmaß an Wissen (und wenn's bloß "da ist irgendwas und es ist gefährlich" ist) ist also schon Voraussetzung.
Titel: Re: Wissen ist Macht
Beitrag von: Scimi am 24.07.2016 | 12:58
Auf Bekanntes zurückzugreifen heißt ja nicht, dass sich Geschichten, Details und Themen wiederholen. Mit dem Monster of the Week "Gespenst" kann ich so unterschiedliche Sachen wie Dark Water, The Others, 13 Ghosts, What Lies Beneath und Ghostbusters herausbekommen. Das Wissen, dass es sich um eine Geistergeschichte handelt, entwertet oder spoilert ja nicht die ganze Handlung. Vor allem, weil "oh, es ist ein Geist, wir müssen seine Gebeine einsalzen und verbrennen" nicht unbedingt den Konflikt der Geschichte lösen muss. Umgekehrt fände ich den "ich will eine Geistergeschichte erzählen aber Geister kennt jeder darum nehme ich was was genauso ist wie ein Geist aber explizit kein Geist"-Ansatz eher befremdlich. Ghoule, Farben aus dem All, Dhaoloth und der König in Gelb sind für mich noch lange nicht ausgelutscht, dass ich sie ersetzen müsste.

Bei Lovecraft ist es ja schon so, dass seine Protagonisten vor allem gebildete Menschen sind, die einerseits viel Kontext und Vorwissen mitbringen und andererseits über die geistige Ausrüstung verfügen, den Mythos zu verstehen. At the Mountains of Madness legt nahe, dass das gesamte Forscherteam schon zu Studienzeiten das Nekronomikon gelesen hat (aber für abergläubischen Kokolores hält). Das ermöglicht Dyer später aber nicht nur, die Elder Things korrekt zu identifizieren und ihre Historie aus Wandreliefs zu rekonstruieren, sondern auch, Empathie mit den Monstern zu empfinden. Generell ist das Thema oft, dass die Charaktere alle Infos besitzen und das Monster sozusagen nur dazu dient, deren Wahrheitsgehalt zu beweisen. Umgekehrt scheinen eher ungebildete Charaktere wie Ammi Pierce oder Gustaf Johansen (oder Conan) die Tragweite des Schreckens bis zum Ende nicht zu verstehen, was es ihnen ja gerade ermöglicht, Cthulhu erfolgreich mit einem Schiff zu rammen oder ihre mutierten Nachbarn per Spaten zu entleiben.

Wobei ich auch ganz klar sagen muss, dass ich in meinem Bekanntenkreis jetzt auch nicht der Hohepriester bin, der die ahnungslose Menschheit in den Kult des Großen Cthulhu einführt. Fast jeder, den ich kenne, hat im Bereich "Everything Cthulhu" ausreichend Vorwissen, ob jetzt von den Originalgeschichten, dem Rollenspielkram, Comics oder dem Arkham Horror-Brettspiel. SL ist auch jeder lange genug gewesen. Da gefällt es mir persönlich besser, mit den Leuten auf Augenhöhe zu interagieren und mir vielleicht noch etwas Input zu holen als mir die Spieler künstlich kleinzuhalten. Dass die dann ihren Charakter nicht alles wissen lassen, was sie wissen, ist dann wieder eine andere Sache...

Hm... möchte ich fast anzweifeln.
Die Angst vor dem Unbekannten ist ja ein beliebtes Thema in allen Horrormedien - zumindest zu Beginn.

Dass natürlich dann am Ende Wissen herrscht, das ist klar. Aber zu Beginn das Nichtwissen einer unbekannten, nicht klassifizierbaren, nicht in Schubladen verstaubare Bedrohung, das hat schon seine Berechtigung.

Wobei das ja eher auf die Charaktere zutrifft. Der Zuschauer/Leser hat häufig vorher den Klappentext gelesen/den Trailer gesehen und weiß, dass er einen Vampirfilm sieht oder ein Buch über Aliens gekauft hat. Ein Teil der Spannung entsteht ja auch gerade dadurch, dass ich weiß, dass es (im Buch) Werwölfe gibt und darum in jedem Baumschatten und bei jedem raschelnden Blatt ein Monster erwarte, während der Charakter ahnungslos durch den Wald spaziert. Das Problem ist eben, das so zu spielen und nicht zu sagen "ich habe da so eine Ahnung und packe das Sturmgewehr mit der geweihten Silbermunition in den Picknickkorb". Dann spiele ich statt The Ninth Gate ganz schnell End of Days. Ich würde das aber nicht lösen wollen, indem ich den Spieler/Zuschauer/Leser so kurz halte wie den Charakter.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 24.07.2016 | 13:06
Ich erinnere mich da an den Beispiel-Char Harvey bei CoC... der findet eine Schleimspur und schafft seinen Mythos-Wurf. Jetzt weiss er, dass es sich bei der Hinterlassenschaft um die einer Major Creature handelt und er geht in die entgegengesetzte Richtung davon.

Ich denke es ist nicht verkehrt, wenn man mit den Auswirkungen der Kreaturen konfrontiert wird, bevor man die Kreatur selbst zu Gesicht bekommt. Auf diese Weise wird mehr Spannung aufgebaut, und man weiß dass eine Gefahr droht - und dass man versucht dieser zu entkommen macht es nur um so schrecklicher, wenn man schließlich von dieser eingeholt wird.

Wenn Harvey einfach an der Schleimpfütze vorbeilaufen, um eine Ecke biegen, und dort eine Major Creature sehen würde, wäre das imo überhaupt nicht gruselig.

Zitat
Da der Vergleich zu Filmen herangezogen wurde...
Wenn ich mich zwischen den alten Horrorfilmen der 30er-50er Jahre und denen der jüngeren Generation entscheiden sollte... dann würde ich erstere wählen. Nicht, dass ich etwa nicht in Schockmomenten zusammenzucken würde; das bringen die neuen Filme sehr gut rüber, aber sie lassen eben keinen Raum für Kopfkino.
Die alten Filme hatten wenig Technik und zumeist ein kleines Budget. Hier ein Schatten, dort ein Geräusch, eine Spur im Sand und der Zuschauer hatte Zeit, sich alles gruselig auszumalen.
Diese Filme hatten aber auch Expositionsdialoge, wo die Protagonisten sich darüber unterhalten (durch eine gesunde Mischung aus Spekulation und gesicherten Erkenntnissen) was eigentlich vorgeht.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Sir Markfest am 24.07.2016 | 14:35
...Vor einer Bedrohung, von der ich keine Ahnung habe, daß sie überhaupt existiert, habe ich auch keine Angst -- ein Mindestmaß an Wissen (und wenn's bloß "da ist irgendwas und es ist gefährlich" ist) ist also schon Voraussetzung.

Das hat ja auch keiner bestritten :)

Oft läufts ja bei Cthulhu so ab:
Seltsame Vorfälle, eine Bedrohung taucht auf (Nichtwissen) - Ermittlungen der SCs (Nichtwissen weicht allmählich) - finale Szenen, Erkenntnis (Wissen).

Dieses Nichtwissen zu Beginn verbunden mit der Neugier der SCs (und natürlich der Spieler) ist eine starke Triebfeder.

Und weil jemand erwähnte, dass man bei einem Horrorbuch auch weiss, dass es z.B. um Werwölfe geht: ich bin ja so einer, der recht paranoid Klappentexte der Bücher und Trailer der Filme meidet - etwas Überraschung will ich immer gerne haben.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 24.07.2016 | 14:44
Es ging ja auch niemals darum, gleich am Anfang alle Informationen rauszuhauen! Aber der Ermittlungsprozess (bzw. bei Horrorromanen die langsam dämmernde Erkenntnis, worum es in diesem Plot geht) ist schon was besonderes.

Wie du schon sagtest: Neugier ist eine starke Triebfeder für die SC, und wenn sowieso nichts einen Sinn ergibt, dann bin ich auch nicht mehr lange neugierig.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Ucalegon am 24.07.2016 | 15:37
Und dann erwarte ich auch, dass diese ganze Hintergrundwelt im Spiel auftaucht. Ich will Innsmouth auf der Karte finden, ich will Berge des Wahnsinns am Südpol haben und ich will mir in MU das Nekronomikon in der Bibliothek ausleihen können. Und wenn ich vielleicht nicht so bewandert bin, will ich den ganzen Mythoskram durch das Spiel kennenlernen, um mich auf Cons und im Internet mit anderen Fans und Spielern unterhalten zu können. Wenn ich die wöchentlichen Horrorinnovationen meines SLs spielen will, gibt es dazu genug Spiele und Systeme. Aber wenn "Cthulhu" draufsteht, dann soll auch Cthulhu drin sein und im Südpazifik bei 47°9′S 126°43′W anzutreffen sein.

Ich lege da keinen gesteigerten Wert drauf. Insofern sind "die wöchentlichen Horrorinnovationen meines SL" genau mein Ding. Gibt ja auch genug Szenarios, die den Kanon stark variieren bzw. komplett ausbrechen. Die Delta Green-Schule.

Hm. Eine Methode, einem unerwünschten Aufbau von Wissen einen Riegel vorzuschieben, wäre sicherlich, ab und zu die Spieler zu feuern und eine völlig neue Gruppe zusammenzustellen. Am besten aus Leuten, die von Cthulhu und Lovecraft noch nie gehört und keine Ahnung haben, daß es bei CoC überhaupt um Horror gehen soll.
Müßte doch eigentlich der ideale Ansatz sein, oder? ~;D

Ersteres ist angenehm, weil man dann Läuterers "Hey das Ding kenn ich"-Problem eben nicht hat. Der Nachteil ist, dass ich den cosmic horror Maßstab aktiv andeuten muss, so ich ihn den haben will, und mich nicht darauf verlassen kann, dass die Leute das automatisch mitdenken. Letzteres kommt aus offensichtlichen Gründen nicht in Frage.

Aber der Ermittlungsprozess (bzw. bei Horrorromanen die langsam dämmernde Erkenntnis, worum es in diesem Plot geht) ist schon was besonderes.

Ich bin da auf der Nicht-Wissen=Horror Seite. Ein Whodunit, wo sich am Ende alles oder ein Großteil aufklärt, kann zwar immer noch ein gutes Horror-Szenario sein, aber das Gegenteil mag ich einfach mehr. Wobei mir ein Szenario, das tatsächlich gar keiner inneren Logik folgt und in dem nichts einen Sinn ergibt, jetzt auch nicht bekannt wäre.
Beispiele für hervorragende Szenarios, in denen die Hintergründe des jeweiligen "Problems" für die Spieler(innen) vage und unerklärt bleiben: Bryson Springs, The Last Equation, Cold Harvest, Night Floors.

---

Und wenn hier schon mit Filmen argumentiert wird, kann ich nicht widerstehen und schmeiße ein paar meiner Lieblinge in den Ring:
Safe (1995)
Picnic at Hanging Rock (1975)
Charisma (1999) und Kairo (2001)
Suicide Circle (2001)
Upstream Color (2013)
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 24.07.2016 | 19:05
Die ersten zwei sind sehr gute Szenarien, der etwas anderen Art.
Überaus gelungene Empfehlungen.

Bryson Springs !!!
Wunderbar bizarres Marionettentheater in den USA der 30er...
Besonders für Storyteller... Und für umme auf drivethru.

The Last Equation !!!
Mathe regiert die Welt und treibt in den Wahnsinn. Delta Green...
Von meinem Lieblingsautor Dennis Detwiller... Und ebenfalls für umme im Netz.

Cold Harvest ???
Sorry. Nie gelesen, nie gespielt.

Night Floors ???
Delta Green...
Ebenfalls von Dennis Detwiller... Und genauso für umme im Netz. Sofort geholt. Danke für den Tipp.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 25.07.2016 | 00:25
Bryson Springs
Was bitte soll da ungeklärt sein? Sind halt böse Marionetten, es steht drin wie sie sich verhalten und wie man ihnen beikommen kann. Was braucht man mehr?

Zitat
The Last Equation
Ebenfalls nachvollziehbar, was da passiert. Und von Global Frequency geklaut.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Ucalegon am 25.07.2016 | 00:59
@alexandro: Wie gesagt, das sind keine Beispiele für Szenarios ohne innere Logik. Und die haben die meisten, weil Geschichten, wenn sie nicht wirklich sehr experimentell sind, so funktionieren. Es sind aber eben auch keine Szenarios, in denen Kontext oder Ursprung der Bedrohung erklärt werden. Es bleibt in beiden Fällen völlig offen, warum passiert, was passiert. Kein Plan Nyarlathoteps im Hintergrund, keine naturwissenschaftlich erklärbare alte Alienzivilisation auf die man sich stützen könnte. Gerade die Marionetten machen fundamental keinen Sinn. Es ist nicht vorgesehen, dass die Spieler(innen) mehr rausfinden als das.

Der "Ermittlungsprozess" bzw. die Art und Weise wie die SL und das Szenario mit Clue-Vergabe/Klarheit/Lücken/offenen Enden/dem Mythos-Hintergrund umgehen, unterscheiden sich, wie der Thread zeigt, je nachdem ob Wissen oder Nicht-Wissen der Fixpunkt des Horrors sein sollen.

Edit: Mir ist doch noch ein Beispiel für ein Szenario eingefallen, das absichtlich versucht, das Problem selbst möglichst unklar zu lassen und keine Möglichkeit zu geben, wirklich damit umzugehen oder rational zu einer Lösung zu kommen: Walmsleys Watchers in the Sky aus The Final Revelation.

Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 25.07.2016 | 01:25
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Das reicht mir vollkommen aus, um ihre Rolle im Szenario zu verstehen und (sofern der Charakter ingame herausfindet), dass jemand damit Schindluder treiben kann. Der größere Kontext (Welcher Gott? Welche Funktion haben die Marionetten genau in seinen Diensten? Warum reagieren sie auf Beschwörungen? Warum sehen sie ausgerechnet wie Marionetten aus?) ist für dieses Szenario schlicht nicht von Belang.

Es ist ein bißchen wie in Hitchcocks "Die Vögel": man weiß nicht genau, was jetzt genau dieses Verhalten ausgelöst hat, aber es scheint (das wird dem Zuschauer klar, auch wenn die Protagonisten im unteren zweistelligen IQ-Bereich dümpeln und nicht einmal offensichtliche Zusammenhänge erkennen) irgendwie mit dem von Tippi Hedren gekauftem Vogelpäarchen zusammenzuhängen.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Ucalegon am 25.07.2016 | 01:37
Das reicht mir vollkommen aus, um ihre Rolle im Szenario zu verstehen

Mir auch.  :d

So wie ich den Läuterer verstanden habe, ging es ihm jetzt auch nicht darum, irgendwelche komplett willkürlichen und logisch nicht erfassbaren Phänomene irgendwie zu einer Art semikohärentem Szenario zusammenzuklatschen.

Was er aber vermeiden will ist:
Wenn meine Spieler Szenarien mögen würden, bei denen es darum geht einen Auftrag zu erfüllen, der besagt 'Geht nach X und besiegt Kreatur Y.', dann wären sie bei mir falsch, oder ich müsste 80er D&D servieren.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 25.07.2016 | 01:57
Interessanterweise ist das Abenteuer ja gar kein Horror-Plot, sondern ein Detektivplot. Wenn man die Beziehungen der Charaktere und ihre Geheimnisse aus dem Abenteuer rausnimmt, und nur die Marionetten drin lässt, dann hat man effektiv kein Abenteuer mehr. Wenn man dagegen die Marionetten rausnimmt, und durch einen mundanen Serienmörder ersetzt, funktioniert das Abenteuer dagegen fast unverändert.

Und was genau hält die Charaktere davon ab, sobald das Abenteuer gelöst ist, und sie wissen was in der Stadt vorgefallen ist, nach dem Ursprung der Fischer-Schriftrolle zu suchen, um zu verhindern, dass nochmal jemand so etwas macht? Oder selbst ihre Probleme durch die Anwendung des Rituals aus der Welt zu schaffen?



Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Ucalegon am 25.07.2016 | 02:15
Interessanterweise ist das Abenteuer ja gar kein Horror-Plot, sondern ein Detektivplot. Wenn man die Beziehungen der Charaktere und ihre Geheimnisse aus dem Abenteuer rausnimmt, und nur die Marionetten drin lässt, dann hat man effektiv kein Abenteuer mehr. Wenn man dagegen die Marionetten rausnimmt, und durch einen mundanen Serienmörder ersetzt, funktioniert das Abenteuer dagegen fast unverändert.

Letzteres: Klar. Der Trick dürfte bei vielen Szenarios klappen. Warum es irgendwas ändern soll, wenn man die ganze Situation auf die Marionetten beschränkt, verstehe ich allerdings nicht. Es bleibt ein relativ offenes Horror-Szenario (ich würde nicht von Sandbox sprechen, aber es geht in die Richtung).

Und was genau hält die Charaktere davon ab, sobald das Abenteuer gelöst ist, und sie wissen was in der Stadt vorgefallen ist, nach dem Ursprung der Fischer-Schriftrolle zu suchen, um zu verhindern, dass nochmal jemand so etwas macht? Oder selbst ihre Probleme durch die Anwendung des Rituals aus der Welt zu schaffen?

Nüscht. Die Kampagne, die sich daraus ergibt kann aber trotzdem immer noch offen und ohne Antworten zur Natur des Fischers enden.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 25.07.2016 | 02:29
Letzteres: Klar. Der Trick dürfte bei vielen Szenarios klappen.
Bei "Der Sänger von Dhol" z.B. nicht.

Zitat
Warum es irgendwas ändern soll, wenn man die ganze Situation auf die Marionetten beschränkt, verstehe ich allerdings nicht.
Marionetten bringen Leute in der Stadt um. Entweder die Charaktere kriegen was davon mit, und damit ist das Abenteuer effektiv beendet (entweder durch "Marionetten? Wir greifen sie an!" oder durch "MARIONETTEN! Nichts wie weg aus dieser verrückten Stadt!"), oder nicht, womit das Abenteuer gar nicht erst stattfindet ("Die Morde sind bedauerlich...aber ist das nicht eher eine Aufgabe für die Polizei?"). Erst wenn sie einen "stake" in der Stadt haben, sich für die Beziehungen der NSCs interessieren, und sich darüber klar werden wer hier mit wem einen "beef" hat, können sie hinter das Muster hinter den Morden kommen und ihnen ein Ende setzen.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Ucalegon am 25.07.2016 | 10:14
Bei "Der Sänger von Dhol" z.B. nicht.

Ja. Der ist das Gegenteil eines Leichtgewichts wie Bryson Springs. Wo ist da die Verbindung zum Threadthema?

Marionetten bringen Leute in der Stadt um. Entweder die Charaktere kriegen was davon mit, und damit ist das Abenteuer effektiv beendet (entweder durch "Marionetten? Wir greifen sie an!" oder durch "MARIONETTEN! Nichts wie weg aus dieser verrückten Stadt!"), oder nicht, womit das Abenteuer gar nicht erst stattfindet ("Die Morde sind bedauerlich...aber ist das nicht eher eine Aufgabe für die Polizei?"). Erst wenn sie einen "stake" in der Stadt haben, sich für die Beziehungen der NSCs interessieren, und sich darüber klar werden wer hier mit wem einen "beef" hat, können sie hinter das Muster hinter den Morden kommen und ihnen ein Ende setzen.

SC brauchen idealerweise eine Motivation bzw. einen Zwang, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen und nicht einfach Reißaus zu nehmen. Man könnte Okies spielen, die ohnehin nicht weg können. Oder die Polizei - aus dieser Idee ist DG entstanden. Oder. Oder. Je mehr Clues man weglässt, desto schwieriger wird es für sie, rauszufinden, was in Bryson Springs passiert. Ein Horror-Szenario bleibt es weiterhin, wenngleich eines das unter Umständen mehr in die Survival Horror Richtung geht. Und dass Clues an sich abzulehnen seien hat hier ja, wie gesagt, niemand behauptet, insofern verstehe ich noch nicht, worauf du am Beispiel Bryson Springs hinauswillst.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 25.07.2016 | 12:22
alexandro, was Du über Bryson Springs geschrieben hast, ist absolut richtig.
Das trifft allerdings auf fast alle anderen Szenarien ebenfalls zu; siehe das Bsp. Harvey.
Gegenteilige Szenarien wären m.M.n. nur die sog. Enclosed Space Szenarien (auf einer Insel, in einem Haus, gefangen im Sturm u.s.w.) wobei es schlicht um das Leben - Überleben bzw. die Möglichkeit zur Flucht der Chars aus dieser Situation geht.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 27.07.2016 | 03:07
insofern verstehe ich noch nicht, worauf du am Beispiel Bryson Springs hinauswillst.

Man kann die Stadt aufbauen und den Charakteren Interessen geben, welche nichts mit den übernatürlichen Vorgängen zu tun haben. Die Charaktere bekommen einen Eindruck, dass sie verstehen was vor sich geht und beginnen damit die Sache aufzuklären. Später, wenn man die zusätzliche Ebene mit den Marionetten rein bringt, sind die Spieler eher bereit, die Sache bis zum Ende zu verfolgen, weil sie den Eindruck haben, dass das Szenario grundsätzlich verstehbar und lösbar ist.

Bringt man die übernatürlichen Elemente zu früh, und folgen diese keiner inneren Logik, stellt sich dieser Eindruck nicht ein, und die Spieler entwickeln kein Interesse daran, sich in das Szenario zu involvieren.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Ucalegon am 27.07.2016 | 14:02
Man kann die Stadt aufbauen und den Charakteren Interessen geben, welche nichts mit den übernatürlichen Vorgängen zu tun haben. Die Charaktere bekommen einen Eindruck, dass sie verstehen was vor sich geht und beginnen damit die Sache aufzuklären. Später, wenn man die zusätzliche Ebene mit den Marionetten rein bringt, sind die Spieler eher bereit, die Sache bis zum Ende zu verfolgen, weil sie den Eindruck haben, dass das Szenario grundsätzlich verstehbar und lösbar ist.

Bringt man die übernatürlichen Elemente zu früh, und folgen diese keiner inneren Logik, stellt sich dieser Eindruck nicht ein, und die Spieler entwickeln kein Interesse daran, sich in das Szenario zu involvieren.

Unterschreibe ich so. Beim Punkt Motivation sollte man allerdings bedenken, dass Spieler(innen), für die das - jedem Detektivplot eigene - Lösen/Verstehen des Falls nicht im Mittelpunkt steht, mit Unsicherheit, offenen Enden, mangelnder innerer Logik und unlösbaren Fragen wahrscheinlich weniger ein Problem haben werden als Spieler(innen), denen genau das wichtig ist. Schließlich ist (persönlicher) Horror immer noch der andere große Punkt neben dem Ermittlungs-Element und zumindest für mich das, was Call of Cthulhu im Besonderen auszeichnet. Trotzdem klar: ein komplett unverständliches Szenario, in dem man kaum aktiv handeln kann, weil bei der SL ohnehin alles im Fluss und nicht zu fassen ist, werden wohl nur die härtesten Stimmungsspieler(innen) goutieren können.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 27.07.2016 | 21:07
Bringt man die übernatürlichen Elemente zu früh, und folgen diese keiner inneren Logik, stellt sich dieser Eindruck nicht ein, und die Spieler entwickeln kein Interesse daran, sich in das Szenario zu involvieren.
Das ist m.M.n. eine Frage der Gewichtung zw. Metaplay und Immersion, bzw. wie viel Wert man auf den Plot legt und ob dieser konsequent und stringent sein muss, oder sich dem menschlichen Geist so verschliessen darf, wie der Mythos selbst.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Bluecaspar am 27.07.2016 | 21:20
Also die zu Beginn erwähnte Ansicht von Lovecraft erscheint mir verkehrt. Lovecraft erwähnte einmal, dass die wohl größte Emotion des Menschen die Angst sei und das hierbei die größte Angst, die Angst vor dem unbekannt sei. Und ja, die Handlungsfiguren sammeln in seinen Geschichten mit der Zeit Informationen über den Mythos. Allerdings immer nur einen Bruchteil. Bei allen anderen Autoren ist das übrigens mehr oder weniger auch so. Daher kommt es ja, dass der Mythos so überhaupt keinen roten Faden hat und teilweise auch widersprüchlich ist. Und ehrlich gesagt, dass ist auch gut so. Die Charaktere sollten niemals alles in Erfahrung bringen können und am besten streut man als Spielleiter auch mal ganz widersprüchliche Informationen ein. Kann ja auch gut sein, dass die Informationen so unklar sind, dass man sie eigentlich nur missverstehen kann. Es geht halt wie so oft darum das richtige Mittelmaß zu finden.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 27.07.2016 | 22:06
Ich bin verwirrt, Bluecaspar.
Weshalb ist D.M.n. Lovecraft's Ansicht über die Angst vor dem Unbekannten verkehrt?
Wenn, wie Du selbst schreibst, die Infos, welche die Chars zusammentragen, ambivalent, paradox, bizarr oder verzerrt sind, und mit dem menschlichen Verstand nicht erklärt werden können, dann ist der Hintergrund doch noch immer unbekannt und somit angsteinfössend. Oder nicht?
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Bluecaspar am 28.07.2016 | 07:12
Bei dem "verkehrt" bezog ich mich auf einen vorherigen Kommentar über Lovecraft, nicht auf Lovecraft selbst.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 28.07.2016 | 21:32
Ucalegon, 'Night Floors' war ein guter Tipp. Typische KiY Geschichte. Nichtsdestotrotz ein schönes Szenario.
Ich werde es mit meiner Gruppe spielen. Allerdings nicht als Delta Green, sondern in den 20ern.
Wenn's passt, werde ich einen Spielbericht dazu verfassen.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 28.07.2016 | 22:07
Das ist m.M.n. eine Frage der Gewichtung zw. Metaplay und Immersion, bzw. wie viel Wert man auf den Plot legt und ob dieser konsequent und stringent sein muss, oder sich dem menschlichen Geist so verschliessen darf, wie der Mythos selbst.

Metaplay wäre es eher, wenn die Charaktere - trotz guter Gründe sich nicht mit der Sache zu befassen (kein Roter Faden, keine Motivation, alles total undurchschaubar) - trotzdem im Abenteuer bleiben, weil sonst der Plot aufhört.

Gute Abenteuer zwingen sie nicht, sich da zu entscheiden, sondern bedienen unterschiedliche (Spieler-)Interessen.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 5.08.2016 | 19:09
Der Bericht 'How to Run a Horror Role-Playing Scenario' beschreibt recht gut, worauf es beim Cthulhu RPG ankommt; u.a. auch wieviel oder wie wenig Wissen nötig ist. Reinschauen...

http://creaturecast.blogspot.de/2013/04/how-to-run-horror-role-playing-scenario.html (http://creaturecast.blogspot.de/2013/04/how-to-run-horror-role-playing-scenario.html)
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 5.08.2016 | 19:35
Die Ziele sind OK, wie er sie zu erreichen versucht, ist leider absoluter Schrott.

Später mehr.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Scimi am 5.08.2016 | 21:38
Horror durch Gefahr und Kontrollverlust für die Charaktere  :d
"Haunted House" mit Verdunklung, Bücher auf den Tisch knallen und jede Stunde 10 Min Pause zum Handydaddeln  :q
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 5.08.2016 | 22:03
Das mit der Verdunklung ist auch nicht meins. Ich werde dann leider schnell müde.
Bücher auf den Tisch knallen habe ich noch nie versucht. Wäre mir aber too much.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: alexandro am 6.08.2016 | 09:19
Meine Meinung (da ich nur Kritisieren möchte, gebe ich auch immer ein Positivum dazu):

Zitat
#1 Figure out who your characters are and then create situations that take them out of their comfort zones.

Prinzipiell eine super Idee, abervöllig falsch herangegangen. Unbesiegbare Monster oder SL-Fiat zum Verlust der Ausrüstung mögen gelegentlich ihre Berechtigung haben, auf Dauer sind sie aber einfach nur langweilig und fade, da es keinen Konflikt gibt, sondern die Spieler einfach mit Realitäten konfrontiert werden.

Besser: schau dir die Charakterbögen deiner Spieler an. Schau dir an, worin sie nicht gut sind und baue Situationen ein, in denen sie gezwungen sind, sich in diese Bereiche des Spiels zu begeben. Mr. ex-Söldner hat also seine Kampffertigkeiten maximiert. Heißt das, ich muss die Monster stärker (oder gar unbesiegbar) machen, um für diesen Charakter Horror zu erzeugen? Keineswegs! Der Spieler soll ruhig seine Spotlight-Momente bekommen, sich durch Horden von Kultisten und (einige, schwache) Monster metzeln dürfen. Schließlich ist das die Besonderheit des Charakters - ansonsten kann man die Werte auch gleich weglassen und allen Charakteren eine Standardchance geben, bestimmte Aufgaben zu bewältigen.

Aber noch etwas ist Teil der Besonderheiten des Charakters: die Werte, welche er vernachlässigt hat. Bei Mr. ex-Söldner könnten das z.B. die sozialen Kompetenzen sein, und da kann man wunderbar anknüpfen, um das Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit zu erzeugen. Was ist, wenn die Tochter, der kleine Bruder oder die Nichte von Mr. ex-Söldner durch ein Monster total traumatisiert wurde? Wie geht dieser Charakter mit einer solchen Situation um? Und nein, er kann den NSC nicht einfach an Mr. Con-Artist weiterreichen, dieser NSC braucht jetzt seinen Vater/Onkel/großen Bruder/... . Im Gegensatz zum Heldenrollenspiel, wo die Schwächen der Charaktere gerne mal ignoriert werden, sind die Unzulänglichkeiten der Charaktere in Horrorrunden fette Signale an den Spielleiter, wie er die Charaktere aus ihrer Komfortzone bekommt.

Darauf aufbauend:
Zitat
#2 to get people emotionally invested enough to scare them.
Der Autor schreibt, man müsse die Leute am Tisch verängstigen. Ähm, nein. Dadurch wird eher die Distanz zu ihren Charakteren erhöht, weil sich der Spieler plötzlich mit seinen eigenen Ängsten beschäftigt, und nicht daran denkt, dass er gerade nicht er selbst ist (was sich dann in recht komischen und - besonders wenn man in einer anderen Zeit, wie den 1920ern spielt - oft auch sehr unpassenden Aktionen niederschlägt).

Stattdessen muss man sie dazu bringen, dass sie in den Charakter investiert werden. Dazu ist es unabdinglich, dass die Stärken und Unzulänglichkeiten des Charakters Teil des Spiels sind. Dass die Charaktere sich real anfühlen, und nicht nur ein Werkzeug sind, um den Spieler zu ängstigen (das ist übrigens etwas, was Buffy wunderbar hingekriegt hat - alle Charaktere, von der mächtigen Slayerin und ihrem Vampir-Lover, bis hin zum einfachsten High-School-Schüler waren komplexe Charaktere, bei deren Triumphen man mitgefiebert hat und bei denen man jedesmal das Drama gespürt hat, wenn sie gezwungen waren, sich ihrem Versagen zu stellen - der Verfasser des Blogs hat diese Serie nie richtig gesehen, wenn er glaubt, dass es nur eine Actionserie wäre, in der Vampire verprügelt werden).

Und natürlich bedeutet das Investment in die Charaktere auch, dass diese in echter Gefahr schweben müssen. Man sollte Charaktere nicht durch SL-Willkür am Leben halten, in der Hoffnung noch etwas (schale) Reaktion aus dem Spieler herauszukitzeln. In diesem Moment fühlt sich der Charakter nämlich weniger "real" an, und das investment nimmt ab.

Zitat
#3 You HAVE to control the environment you play in.
No, you haven't. Gute Horrorgeschichten funktionieren auch ohne die bells and whistles (schau dir mal gut Horrorfilme bei Tageslicht an - die werden dadurch nicht weniger gruselig).

Dunkelheit mit Kerzen ist (obwohl nicht zwingend notwendig) an sicht eine nette Sache. Gut auch, dass der Autor die Realitäten des Spiels (Charakterwerte und Würfel lesen können) zumindest ansatzweise in Betracht zieht. Leider geht er dabei nicht weit genug: gerade CoC mit seinen gefühlten 100+ Skills passt einfach nicht auf eine Karteikarte (was den Spieler zwingt zu suchen, sobald seine selten genutzten Fertigkeiten mal wichtig werden); wenn die Spieler ihre Bögen mit den Handys beleuchten, müssen diese dafür eingeschaltet sein (Störungen des Spiels durch eingehende Anrufe/Nachrichten); und ich will gar nicht erst davon anfangen, wieviele Handouts in meinen Runden schon in Kerzenflammen unwiderbringlich verschwunden sind...  :'(

Solche Gimmicks sollte man daher sehr genau durchdenken. Manchmal ist weniger mehr.

Zitat
#4 You have to cultivate a ghost story voice.
Das ist nicht wirklich ein Tipp, da man das nicht wirklich lernen kann. Es gibt Leute die sind gut in Stimmmodulation, und andere die sind es nicht. Man sollte nicht das in diesem Blog versuchen (z.B. eine weibliche oder hysterische Stimme darzustellen), wenn man sich dabei nicht wohl fühlt oder es nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Das hat nichts mit "ich bin halt noch nicht gut genug" zu tun, sondern man sollte mit den Mitteln arbeiten, die man zu nutzen versteht.

Außer Jumpscares. Jumpscares sind ein Armutszeugnis für jeden Horrorfilm und ein ebensolches Armutszeugnis für jeden SL, der ernsthaft glaubt, er könne damit (besonders in einer längeren Spielsitzung) dauerhaften Grusel erzeugen.

Zitat
#5 you have to cultivate the right group.
Prinzipiell richtig. Die Gruppe muss passen und sich auf den Horror und die (potentielle) Hilflosigkeit der Charaktere einlassen wollen.

Nur: der Autor des Blogs schreibt NICHTS darüber, wie man herausfindet, ob man einen solchen Spieler in der Runde sitzen hat. Nicht jeder Spieler der Kämpfe anfängt oder OT-Witze reißt, hat auch vor die Runde zu sabotieren. Meistens ist es eher so, dass sie noch nicht wissen, wie die Runde so drauf ist und was zum Spiel passt. Auf die Handlungen dieser Spieler einzugehen und im Kontext der Spielwelt auf sie zu reagieren hilft ihnen enorm, sich auf die Stimmung der Runde einzulassen und ihre Spielbeiträge in Zukunft besser auf die Kampagne abzustimmen. Es verhindert auch, dass die unpassenden Beiträge den anderen den Spaß verderben.

Sollte das nicht passieren, dann hat man wahrscheinlich einen Spieler, welcher einfach nicht in die Runde passt, und kann diesem immer noch aus der Runde entfernen. Wenn man jedoch so überreagiert wie der Autor dieses Blogs, kommt man leicht zu dem Eindruck, dass 3/4 aller Rollenspieler einfach nicht in Horrorrunden passen, was einfach nicht stimmt (und die Spieler mit denen man dann endet sind in 99% der Fälle komplett passive Langweiler ohne Eigeninitiative).

Leider ist das ein Eindruck, welcher recht häufig unter den sogenannten "Stimmungsspielern" - die Tendenz sich in eine feste Runde zurückzuziehen und den Kontakt mit dem Rest der Rollenspielwelt meiden, weil "die einfach keine guten Spieler sind" (das ist nicht nur unter Stimmungsspielern verbreitet - auch gewisse "zahnlose" Vertreter der alten Schule scheinen seit 20+ Jahren in derselben Runde festzuhängen, und können sich nicht mehr vorstellen, jemand anderes in diesen elitären Kreis aufzunehmen). Mit diesen Spielern würde ich nicht (ma)tauschen wollen - ich mag es, wenn die Spieler unerwartete Sachen tun, und ich hoffe dass sie dabei genauso viel über das Hobby lernen, wie ich.

Zitat
#6 Combat is the hardest thing to pull off in horror gaming[...]Combat takes the GM's role from active to reactive
Das ist der größte Blödsinn, den ich je gelesen habe. Der SL kontrolliert die gesamte Welt. Wenn er sich zurücklehnt und nur auf die Handlungen der Spieler reagiert, statt die Welt zu nutzen, um die Spieler vor sich herzutreiben (indem er den Schauplatz verändert, neue Bedrohungen auftauchen lässt, Zeitdruck schafft...), dann ist das SEINE EIGENE VERDAMMTE SCHULD.

Das Leatherface-Beispiel ist OK. Ich sehe nur nicht, wieso dieses nicht mit den normalen Kampfregeln gehen soll.

Zitat
#7 [Con-Anekdote]
Kein wirklicher Tipp. Und gerade bei Con-Runden bin ich gegenüber aufgeteilter Information sehr, sehr skeptisch, da dadurch (im Gegensatz zu festen Runden, wo sich eine gewisse Gruppendynamik eingestellt hat) leicht ein Spieler gar nichts vom Geschehen mitbekommt, und gelangweilt aus der Runde rausgeht. Plus, GMC für einen billigen Effekt ("Please freak out now"). Und was ist eigentlich so schlimm daran, wenn sich die Spieler austauschen?

Fazit insgesamt:  :q
Offensichtlich hat der Verfasser ja länger nicht mehr gespielt, und möglicherweise sind seine Erfahrungen mit der Zeit auch etwas verklärt. Daher sollte man sie nicht zu ernst nehmen.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 6.08.2016 | 22:54
Zu 1.
Ich stimme mit dem Autor darin überein, dass im RPG häufig Plan A als Problemlöser herhalten muss, sprich: je dicker meine Keule... denn Keule macht Beule... desto mehr ist das Recht auf meiner Seite.

Um den Chars die Macht der Keule zu nehmen, lässt der SL manchmal etwas geschehen, was so nicht in den Regeln steht... er verändert etwas an der Welt. Und es kommt dabei dann das Wort der 'Spielleiterwillkür' auf. Wobei sich zeigt, dass die Spieler das Regelwerk einfach zu gut kennen, was aber m.M.n. i.B.a. Cthulhu kein Problem darstellt, denn wie der Autor ja selbst schrieb, braucht es das nicht, weil die Kreaturen häufig gegen Schusswaffen immun sind.

Den Spielern Hindernisse und Schwierigkeiten in den Weg zu legen ist völlig okay, vor allem, wenn es die Spieler selbst in der Hand haben, ob es Hindernisse werden oder nicht. Ich finde es immer hilfreich, wenn die Chars nur das dabei haben, was sie aufschreiben. Sonst fehlt es. Irgendwann geht ihnen halt die Muni aus oder etwas fehlt, z.B. Trinkwasser.
Die Spieler damit aus ihrer Bequemlichkeit heraus zu lösen, ist gut. Es sollte jedoch nur sparsam verwendet werden, sonst wird es langweilig oder sogar nervig.

Und Buffy? Das ist sicher Geschmacksache, war aber nie meins. Das hat für mich nichts mit Horror zu tun. Das ist mir zu sehr Scooby-Doo...


Zu 2.
Spieler zu gruseln gelingt m.M.n. nur, wenn man sie über ihre Chars packen kann, also wenn sie emotionale Bindungen zur Figur geknüpft haben, sprich: wenn sie IN CHARACTER spielen.

Lange Jahre habe ich ROLEMASTER geleitet. Mit der Zeit wirkten die Ergebnisse der kritischen Treffer i.d.T. abgedroschen und platt.
Somit stimme ich dem Autor absolut zu, dass es die Spieler wenig gruselt, wenn man ihre Chars einfach platt kloppt und das dann besonders blutrünstig beschreibt.
Dann machen sie entweder schlicht nen neuen Char, oder sie schmeissen frustriert hin - alles schon gesehen.


Zu 3.
An dieser Stelle absolut keine Zustimmung mit dem Autor.
Man muss sich nicht auf die Umgebung einlassen, sondern auf seinen Char. Das soll zwar nicht im Theaterspiel enden, aber der Char sollte den Spieler gefühlsmässig fesseln.

Dass ich die Spieler nicht mit Spotlights blende, wie bei einem Film Noir Krimi, ist klar, aber ich will auch nicht, wie ein Blinder, alles am Tisch nur ertasten müssen. Ausserdem werde ich bei schlechten Lichtverhältnissen schnell müde. Somit sind Kerzen für mich beim RPG ein NO GO.

Ich hab schon auf Burgruinen gespielt und in Gewölbekellern. Das ist nicht meins. War es noch nie. Ich mag es behaglich. Stundenlang auf einem grob behauenen Stein sitzen zu müssen, hat für mich absolut nichts mit Ambiente zu tun.

In Punkto Ambiente bringe ich aber immer gerne das Beispiel mit dem Eimer Gülle. Den stelle ich ja auch nicht auf den Tisch, wenn die Chars durch die Kanalisation wandern.


Zu 4.
Die Stimme zu verstellen finde ich schlicht albern und selbst ich, als SL, könnte dabei nicht ernst bleiben.
Ein Buch auf den Tisch zu knallen, habe ich noch nie gemacht und werde es auch nie.


Zu 5.
Ich glaube i.d.T. dass die Zusammensetzung der Gruppe ausschlaggebend für das Gelingen einer Session ist. Freunde, mit denen ich z.B. gut Fantasy spielen kann, haben keinen Draht zu Cthulhu und können sich nicht darauf einlassen. Das hat man mal ausprobiert und seine Erfahrungen daraus gezogen. Das ist für beide Seiten okay.


Zu 6.
Kampf als Konfliktlösung ist völlig okay. Das bringt zusätzliche Spannung und lockert das Spiel auf. Wenn der SL / die Gegner immer nur reagieren würden, wäre das Spiel fade. Der Krieg muss auch überraschend zu den Hütten der Spieler getragen werden.

Machtlosigkeit ist m.M.n. ein essentielles Element für Horror RPG. Aber auch hier macht die Dosis das Gift. Und Flucht ist immer eine Option, die ich als SL auch gerne sehe.
Man kann alles ausprobieren und machen, es darf nur nicht stereotyp und langweilig werden. Du darfst Dich als SL gerne wiederholen, Du darfst nur nicht berechenbar werden.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Ucalegon am 6.08.2016 | 23:26
Der Bericht 'How to Run a Horror Role-Playing Scenario' beschreibt recht gut, worauf es beim Cthulhu RPG ankommt; u.a. auch wieviel oder wie wenig Wissen nötig ist. Reinschauen...

http://creaturecast.blogspot.de/2013/04/how-to-run-horror-role-playing-scenario.html (http://creaturecast.blogspot.de/2013/04/how-to-run-horror-role-playing-scenario.html)


Viel zu viel überflüssiges Zeug. Höchstens Makulatur für ein Horror-Szenario. Ok, abgesehen von der Nr. 5, aber die ist ja echt ein no-brainer.

Ich halte es mit Dennis Detwiller (http://www.geeknative.com/53937/tips-running-delta-green-dennis-detwiller/).

Zitat
Death is not only a part of Delta Green, it is its foundation.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 7.08.2016 | 00:33
Detwiler's killer plots mag ich sehr, dennoch nehme ich den Szenarien häufig ihre Tödlichkeit.
Gutes Spiel hängt m.M.n. fast immer mit der Vertrautheit des Spielers zum Char zusammen und das klappt meiner Erfahrung nach nicht, wenn man ständig neue Chars zu erstellen hat.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Der Läuterer am 7.08.2016 | 10:56
Apropos Detwiller, MUSIC FROM A DARKENED ROOM habe ich bereits mehrmals geleitet und es war jedesmal ein Knaller.

Das Szenario ist für mich mittlerweile DAS Abenteuer für Cthulhu.

Wer sich von dem Werk nicht gruseln lässt, ist selbst Schuld. Dem kann nicht mehr geholfen werden.

Positiv ist zusätzlich, dass das Szenario nicht zu lang ist und dass es das umsonst im Netz gibt. Man kann also nur gewinnen.
Titel: Re: Wissen ist Macht!
Beitrag von: Ucalegon am 7.08.2016 | 14:42
Apropos Detwiller, MUSIC FROM A DARKENED ROOM habe ich bereits mehrmals geleitet und es war jedesmal ein Knaller.

Das erscheint übrigens wie die anderen Detwiller Szenarios im Rahmen des Kickstarters in einer überarbeiteten Fassung für das DG RPG.