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Das Tanelorn spielt => Spieltisch - Archiv => Forenrollenspiele => Albtraum in Norwegen => Thema gestartet von: Der Läuterer am 2.08.2016 | 13:21

Titel: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 2.08.2016 | 13:21
Sommer 1933

Dreieinhalb Jahre sind seit den mysteriösen Vorkommnissen in London vergangen, als Anfang Januar 1930 im Auktionshaus LANCASTER in London einige seltsame, okkulte Gegenstände angeboten wurden, welche die Chars in einen Strudel aus Verwicklungen zogen, die mehr neue Fragen aufwarfen, als alte Fragen zu beantworten.

Es wurde schnell klar, dass hier mehr als nur eine unbekannte Partei ihr Süppchen kochen würde.

Matilde, Clive und Ove haben sich nach ihrer überhasteten Abreise aus London getrennt.

Mathilde Stürmer, ehem. Contessa Visconti, und Clive Savage sind sofort nach Irland weitergereist, wo Clive ein kleines Anwesen, aus dem Erbe seiner Mutter, besitzt.
Matilde hat eine gesunde Tochter zur Welt gebracht. Das blonde Mädchen, das auf den Namen Marie getauft wurde, wird demnächst drei Jahre alt.
Luni, Matilde's Wolfsrüde, geniesst die Freiheit, die ihm das Landleben bietet und die Nachbarn haben sich an seine Anwesenheit beinahe gewöhnt.
Matilde's Antrag auf Scheidung durch die Katholische Kirche wurde 1931 abgelehnt. Es wurde darauf verwiesen, dass erst nach Ablauf einer Fünf-Jahres-Frist ein Artrag wegen böswilligen Verlassens zur Annullierung der Ehe erwirkt werden könne.
Cainnech Ó Caollaidhe, der junge Pilot, dem Clive ein väterlicher Freund war, blieb weiter verschollen. Nachdem jede Spur von ihm fehlte und alle Nachforschungen ergebnislos im Sande verliefen, wurde sein Vermissten-Status durch das Dubliner Standesamt abgeändert und Cainnech für tot erklärt. Seit 1933 befindet sich sein leeres Graf auf dem örtlichen Friedhof von Clive's Wohnort.

Ove Eklund ist bei Kristine Gren, seiner Verlobten, im Montgomery Spital, Crawley, Sussex geblieben. Psychologisch angeschlagen, wurden beide durch den Assistenzarzt Harry Blackberry und von Dr. Cubbert betreut. Ihrer beider Genesung hat sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Vor knapp zwei Jahren reisten beide in betreuender Begleitung von Harry nach Schweden, in den Wohnort von Kristine's Eltern. Ihr Zustand hat sich seitdem sehr gebessert. Körperlich genesen, kann sie es aber noch immer nicht ertragen, wenn sich ihr jemand von hinten nähert und hat zeitweise Angstattacken, mitunter begleitet von krampfartigen Anfällen.



Das Dorf Seillean-Mòr Blàr (dt. 'Hummel-Ebene) LK Roscommon

ANWOHNER
* Máirín Ó Caollaidhe (ca. Anfang 20) jüngste Schwester von Cainnech
* Bláthnaid (ca. Mitte 20) Schwester von Cainnech (schwanger), verheiratet mit Finn
* Cainnech (22 Jahre alt / 1930) war Pilot und Clive's Schüler - er verschwand 1930 in London und wurde mittlerweile für tot erklärt (sein leeres Grab befindet sich auf dem hiesigen Friedhof)
* Witwe Meabh Ó Brian (ca. Anfang 50) ehem. Pony-Züchterin
Tochter Kayleigh (ca. 18 Jahre alt)
* Glenn Ó Loughlin (ca. Mitte 40) Irischer Wolfshund-Züchter
Ehefrau Enna (ca. Mitte 40)
* Pater Breandán (ca. Mitte 60) Dorfpfarrer
* Niall Uí Rathaille (ca. Ende 30) Jagdpächter; arrangiert sich seit drei Jahren mit Matilde bei der Jagd.
Ehefrau Íde (ca. Ende 30)

Kindern Alannah (w 19), Braeden (m 17), Ciara (w 15), Darragh (m 14), Deirdre (w 14), Edan (m 10), Edna (w 10), Fallon (w 7), Grainne (w 5).
* Caitlin Ó hEidirsceóil Clives Haushälterin (wohnt im Dorf)
* Iefan Brothaigh Inhaber des Pubs Dúlamán und des Camán Inn
* Lonán Cavanaugh Cainnechs bester Freund

Karte der Landkreise Irlands
https://www.uni-due.de/IERC/Ireland_FullSize.JPG (https://www.uni-due.de/IERC/Ireland_FullSize.JPG)

FREMDE
* Raymond Braddock (ca. Anfang 50) Brandschutzbehörde London
Joseph Henry (08.01.1930) gegenüber dem Chelsea Hotel
Fortsetzung folgt...
Titel: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 2.08.2016 | 13:22
Sommer 1933

Dreieinhalb Jahre sind seit den mysteriösen Vorkommnissen in London vergangen, als Anfang Januar 1930 im Auktionshaus LANCASTER in London einige seltsame, okkulte Gegenstände angeboten wurden, welche die Chars in einen Strudel aus Verwicklungen zogen, die mehr neue Fragen aufwarfen, als alte Fragen zu beantworten.

Es wurde schnell klar, dass hier mehr als nur eine unbekannte Partei ihr Süppchen kochen würde.

Matilde, Clive und Ove haben sich nach ihrer überhasteten Abreise aus London getrennt.

Mathilde Stürmer, ehem. Contessa Visconti, und Clive Savage sind sofort nach Irland weitergereist, wo Clive ein kleines Anwesen, aus dem Erbe seiner Mutter, besitzt.
Matilde hat eine gesunde Tochter zur Welt gebracht. Das blonde Mädchen, das auf den Namen Marie getauft wurde, wird demnächst drei Jahre alt.
Luni, Matilde's Wolfsrüde, geniesst die Freiheit, die ihm das Landleben bietet und die Nachbarn haben sich an seine Anwesenheit beinahe gewöhnt.
Matilde's Antrag auf Scheidung durch die Katholische Kirche wurde 1931 abgelehnt. Es wurde darauf verwiesen, dass erst nach Ablauf einer Fünf-Jahres-Frist ein Artrag wegen böswilligen Verlassens zur Annullierung der Ehe erwirkt werden könne.
Cainnech Ó Caollaidhe, der junge Pilot, dem Clive ein väterlicher Freund war, blieb weiter verschollen. Nachdem jede Spur von ihm fehlte und alle Nachforschungen ergebnislos im Sande verliefen, wurde sein Vermissten-Status durch das Dubliner Standesamt abgeändert und Cainnech für tot erklärt. Seit 1933 befindet sich sein leeres Graf auf dem örtlichen Friedhof von Clive's Wohnort.

Ove Eklund ist bei Kristine Gren, seiner Verlobten, im Montgomery Spital, Crawley, Sussex geblieben. Psychologisch angeschlagen, wurden beide durch den Assistenzarzt Harry Blackberry und von Dr. Cubbert betreut. Ihrer beider Genesung hat sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Vor knapp zwei Jahren reisten beide in betreuender Begleitung von Harry nach Schweden, in den Wohnort von Kristine's Eltern. Ihr Zustand hat sich seitdem sehr gebessert. Körperlich genesen, kann sie es aber noch immer nicht ertragen, wenn sich ihr jemand von hinten nähert und hat zeitweise Angstattacken, mitunter begleitet von krampfartigen



Fortsetzung folgt...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 2.08.2016 | 15:04
Eine ägyptische Totenmaske stand u.a. zur Versteigerung - die laut Expertise aber weder ägyptischen Ursprungs, noch eine Totenmaske, war. Dieses Ding aus getriebenem Silber und blauschwarz-schillerndem Quarz konnte angeblich Macht über jene ergreifen, die in seine Nähe kamen und es kam in der Umgebung der Maske tatsächlich vermehrt zu seltsamen Vorfällen.
https://a2cmasques.files.wordpress.com/2013/07/sans-titre-3.jpg

Die Zeitungen interessierten sich anfänglich nicht für das Thema, griffen es aber auf, als zwei mutmassliche Einbrecher im Auktionshaus, wie bei einer spontanen Selbstentzündung, zu Asche verbrannt wurden.

Es war noch schlimmer als in den Jahren nach 1922; beim angeblichen Fluch des Tutenchamun.

Die Hysterie in der Stadt schlug noch höhere Wellen, als es auch in der weiteren Umgebung des Gebäudes zu anderen unerklärlichen Vorfällen kam.

Die Vorkommnisse wurden von den Zeitungen nun dankend aufgenommen, ausgeschlachtet und auch noch zusätzlich befeuert. Man schrieb von einem TODESFLUCH.

Doch trotz aller böser Omen gab es noch immer viele Interessen für das Objekt. Die Maske weckte mannigfache Begehrlichkeiten. Hochmut, Neid und vor allem Gier bestimmten die Handlungen der mitunter skrupellosen Interessenten.
Fortsetzung folgt...
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 2.08.2016 | 15:59
In den Expeditionsunterlagen, welche den Chars in die Hände fielen, schlummern noch immer Geheimnisse. Nur welche?

Die Fotos und Eintragungen in den Tagebüchern der Himalaya Expedition, die Frau Marquard, Tochter des Leiters der Expedition den Chars vorlegte, wirken mitunter verstörend und unerklärlich.

Ein Mitglied des Teams hatte von dieser Expedition eine Hand mitgebracht. Weshalb?
Und weshalb wollte Frau Marquard diese Hand, die bei der Auktion ebenfalls zu Versteigerung stand, unbedingt zurück haben und nach Asien zurückbringen?

Und weshalb ging das Hotel während eines Treffens mit ihr in Flammen auf? Wer war das Ziel dieses Anschlags? Frau Marquard selbst? Oder die Chars? Wurde die Frau erschossen oder stürzte sie bei der Rettung durch die Feuerwehr mit ihrem Retter in den Tod?

Eines ist klar. Der Expeditionleiter und Anthropologe, Dr. Gotthilf Höllsang, der Vater von Frau Marquard, war zwar ein weit gereister Mann, der an zahlreichen Expeditionen teilgenommen hatte, aber er war dennoch im Kreis der Wissenschaft kein wirklich bekannter Mann. Weshalb war dem so? Hielt er sein Wissen zurück? Wenn ja, weshalb? Hätten ihn die Entdeckungen nicht weltbekannt werden lassen können?

Sein Spezialgebiet waren Ethnographische Studien der ANTHROPOPHAGIE. Oder kurz Kannibalismus.

http://41.media.tumblr.com/tumblr_m8ivmdsZul1rp3sedo1_1280.jpg (http://[url=http://[url=http://41.media.tumblr.com/tumblr_m8ivmdsZul1rp3sedo1_1280.jpg)]Landkarten der Region.

http://www.blackdeath.world/art/vortex_cd_cover.jpg (http://[url=http://[url=http://www.blackdeath.world/art/vortex_cd_cover.jpg)]Letztes Foto eines Fotografen der Expedition, bevor er spurlos verschwand.
Fortsetzung folgt...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 2.08.2016 | 15:59
In den Expeditionsunterlagen, welche den Chars in die Hände fielen, schlummern noch immer Geheimnisse. Nur welche?

Die Fotos und Eintragungen in den Tagebüchern der Himalaya Expedition, die Frau Marquard, Tochter des Leiters der Expedition den Chars vorlegte, wirken mitunter verstörend und unerklärlich.

Ein Mitglied des Teams hatte von dieser Expedition eine Hand mitgebracht. Weshalb?
Und weshalb wollte Frau Marquard diese Hand, die bei der Auktion ebenfalls zu Versteigerung stand, unbedingt zurück haben und nach Asien zurückbringen?

Und weshalb ging das Hotel während eines Treffens mit ihr in Flammen auf? Wer war das Ziel dieses Anschlags? Frau Marquard selbst? Oder die Chars? Wurde die Frau erschossen oder stürzte sie bei der Rettung durch die Feuerwehr mit ihrem Retter in den Tod?

Eines ist klar. Der Expeditionleiter und Anthropologe, Dr. Gotthilf Höllsang, der Vater von Frau Marquard, war zwar ein weit gereister Mann, der an zahlreichen Expeditionen teilgenommen hatte, aber er war dennoch im Kreis der Wissenschaft kein wirklich bekannter Mann. Weshalb war dem so? Hielt er sein Wissen zurück? Wenn ja, weshalb? Hätten ihn die Entdeckungen nicht weltbekannt werden lassen können?

Sein Spezialgebiet waren Ethnographische Studien der ANTHROPOPHAGIE. Oder kurz Kannibalismus.

Landkarten der Region.
http://41.media.tumblr.com/tumblr_m8ivmdsZul1rp3sedo1_1280.jpg (http://41.media.tumblr.com/tumblr_m8ivmdsZul1rp3sedo1_1280.jpg)

Letztes Foto eines Fotografen der Expedition, bevor er spurlos verschwand.
http://www.blackdeath.world/art/vortex_cd_cover.jpg (http://www.blackdeath.world/art/vortex_cd_cover.jpg)
Fortsetzung folgt...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 2.08.2016 | 18:11
Eine ominöse sechs-gliederige Hand stand ebenfalls im Auktionshaus zum Aufruf. Angeblich eine Affenhand - ein mysteriöses und groteskes Ding - von der niemand wirklich wusste, was sie genau war und woher sie stammte. Es wurde aber von Experten vermutet, dass es sich dabei wohl um ein Voodoo Kult-Objekt aus Westafrika handeln könnte. Unerklärlicherweise war die Hand allerdings versteinert.
http://img05.deviantart.net/ba9d/i/2013/197/e/a/mummified_six_fingered_oni_hand_by_bestiarius-d6dot6q.jpg

Die Hinweise der Chars decken sich nicht mit denen der Experten; den Tagebüchern zufolge stammte die Hand vielmehr aus der Himalaya-Region. Aus einem Gebiet, in welchem ein Volk lebt, das sich die Tcho nennt und das diese Region als Leng bezeichnet. Die Himalayaexpedition traf auf dieses Volk und sie verhielten sich freundlich. Doch dann entwickelte sich irgendwie, aus unbekannten Gründen, wohl ein Konflikt.

Doch konnte dies tatsächlich die Hand eines Affen sein? Oder einer anderen, vielleicht noch unbekannten Kreatur? War es vielleicht die Hand eines der Tcho? Vielleicht sogar die eines Priesters? Wenn sie im Kampf abgeschlagen wurde, weshalb hatte man sie dann mitgenommen? Zu welchem Zweck? Und weshalb hat sie diese kristalline Konsistenz?

Aber wenn es damals im Gebirge zum Kampf mit den Tcho gekommen sein sollte, weshalb kamen dann die Teilnehmer der Expedition lebendig zurück? Sie waren doch unbewaffnet. Und wie schafften sie den gefährlichen Rückweg, fast ohne Lastenträger?

Den Eintragungen in den Tagebüchern zufolge, überträgt diese Hand eine Art Krankheit. Eine seltene Mischung aus ARTHROSE und MUSKELATROPHIE.
Fortsetzung folgt...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 2.08.2016 | 21:48
Was hat die Penhew Stiftung mit all dem zu tun? Ihre exquisite Sammlung alt-ägyptischer Artefakte sucht ihresgleichen. Sie ist nicht nur in archäologischen Kreisen bestens bekannt, sondern ist allgemein hoch angesehen und hat einen makellosen Leumund.

Lord Penhew schien ein schwieriger, exzentrischer Machtmensch zu sein, der mit Nachdruck danach trachtete, diese Maske in seiner Stiftung zur Schau stellen zu können.
Wie war es ihm gelungen, eine derart einzigartige Sammlung zusammen stellen zu können, die ihresgleichen auf der Welt sucht? Wie bekam er diese Schätze aus Ägypten? Woher stammten dafür seine grossen Mittel? Und weshalb wollte er unbedingt, dass sich die Chars vor seinen prunkvollen Spiegel stellen und dort hineinschauen sollten?

Welches Spiel trieb Gavigan, die rechte Hand Lord Penhews? Ein ruhiger und stiller Mann, der seine Gedanken ganz tief in sich zu verschliessen schien und keinerlei Emotionen zeigte.
In den Expeditionstagebüchern Gotthilf von Höllsangs tauchte der Name Gavigan zwar auf, allerdings im Rahmen einer früheren Expedition in Südostasien.

Die Cochinchina Expedition fand von Okt. 1908 bis Mai 1910 statt. Unter den Teilnehmern war auch eine wissenschaftliche Mitarbeiterin namens Edith Gavigan. War sie seine Frau? Oder seine Schwester? Was ist aus ihr geworden?
Fortsetzung folgt...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 3.08.2016 | 19:21
Die Tcho-Tcho werden in den Unterlagen der Expedition auch genannt. Sie werden als degenerierte, abstossende und kannibalistische Zwerge beschrieben. Doch nur wenig ist über sie wirklich bekannt. Das tibetische Wort 'tcho' steht sinngebend für 'schwarze Magie', 'böses Monster' und 'Zerstörer'.
Eine Doppelung gibt im tibetischen Sprachgebrauch einem Wort den Zusatz von 'stark', 'viel' oder 'mächtig', was die Tcho-Tcho als 'mächtige Schwarzmagier' entlarvt.

Die Tcho-Tcho sollen an vielen unterschiedlichen, verlassenen oder einsam gelegenen Regionen Asiens leben. Aber auch dort nur versteckt und zurückgezogen. Doch am häufigsten wird das Plateau von Leng im Himalaya als ihre Heimat genannt, wobei sie wohl ursprünglich aus Indochina stammen.

Sie sind eine Rasse, die sich in Aussehen und Lebensart sehr von allen anderen Hominiden unterscheiden soll. Sie sind zumeist klein von Wuchs und gelten als haarlos. Und sie werden mit Göttern in Verbindung gebracht, die Lloigor und Zhar genannt werden.

Es wird auch behauptet, dass die Tcho-Tcho nicht gänzlich menschlich seien und sie, alten Mythen zufolge, von abscheulichen Göttern erschaffen worden sein. Eine Rasse abartiger Zwerge, genannt die Miri Nigi, die sich mit den menschlichen Dienern einer Kreatur, genannt Chaugnar Faugn, mischten. Es wird ebenfalls behauptet, dass die Tcho-Tcho nur Besucher in unserer Welt seien und von einer anderen Realitätsebene, genannt Leng, stammen würden. Es soll sogar Tcho-Tcho geben, die unentdeckt in den Metropolen Europas und der Vereinigten Staaten leben sollen.

Viele Tcho-Tcho sollen sich ihre Zähne spitz gefeilt haben und es hält sich das Gerücht, dass es sich bei der Tcho-Tcho Nahrung 'Bak Bon Dzshow', grob übersetzt 'weisses Schwein' um Menschenfleisch handeln würde. Es wird des Weiteren beschrieben, dass die Tcho-Tcho die Fähigkeit besitzen würden, sich in das zu verwandeln, von dem sie sich ernähren würden.

Da sie ihr Name mit Schwarzer Magie in Verbindung bringt, wird in Teilen Südostasiens jedwedes Unglück gewöhnlich den Tcho-Tcho zugeschrieben.

Wie Dr. Savage im Gespräch mit Frau Marquard bemerkte, ist der Begriff des Kannibalismus im Zusammenhang mit den Tcho-Tcho wohlmöglich falsch gewählt und irreführend. Sie sind vielleicht keine Kannibalen, da diese nur ihresgleichen verspeisen. 'Menschenfresser' wäre der passendere Terminus.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 15.08.2016 | 09:22
THE NATIONAL GEOGRAPHIC MAGAZINE Mi. 14.06.1933

Verschollen geglaubter deutscher Forscher wieder aufgetaucht
Auf den Spuren der menschlichen Abstammung, nimmt die Suche einer deutschen Expedition schliesslich doch noch ein glückliches Ende. Die Gruppe von Wissenschaftlern um den Leiter der Expedition, den Arzt Dr. Alfred Ploetz, weilte seit Oktober letzten Jahres in Südostasien.
Ploetz ist, neben Wilhelm Schallmayer, Begründer der Rassenhygiene in Deutschland und Leiter der Abteilung für Gesundheitspflege im Gesundheitsamt in Berlin sowie Autor der Werke 'Die Tüchtigkeit unserer Rasse und der Schutz der Schwachen' von 1895 und 'Ziele und Aufgaben der Rassenhygiene' von 1911.
Die Reise der Expedition diente der Erforschung des Menschwerdungprozess im Sinne der von Charles Darwin aufgestellten Abstammungslehre. Die vier Forscher waren in Kambodscha und Siam unterwegs, um auf der hinterindischen Halbinsel die Entwicklung des kontinental-asiatischen Menschen zu untersuchen. Die Ergebnisse der Körper- und Schädelvermessungen sollen dem deutschen Amt als Grundlagen ihrer weiterführenden Forschungen dienen.
Das genaue Ziel der Expedition war die Erforschung einer endemisch vorkommenden asiatischen Rasse im Dschungel des alten Khmer-Reiches, wo sich auch die sagenumwobene Stadt Angkor befindet. Dort verschwand auch der Anthropologe Dr. H. Störborn westlich des Mekong spurlos. Störborn ist Mitarbeiter von Dr. med. Hermann Paull und war zusammen mit zwei kambodschanischen Helfern unterwegs. Drei Wochen später tauchte er an der Grenze zu Siam allein wieder auf; z.Zt. erholt er sich im königlichen Krankenhaus von Bangkok.
http://medias.unifrance.org/medias/193/211/54209/format_web/media.jpg (http://medias.unifrance.org/medias/193/211/54209/format_web/media.jpg)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 17.08.2016 | 08:48
Sommer 1933 in Irland

Warm weht der Wind über die Felder und trägt einen würzigen Geruch nach Heu mit sich.

Es klopft an Deiner Haustür. Als Du öffnest steht einer Deiner Pächter vor Dir - Glenn O'Loughlin. Der Mann hat seinen Hut in den Händen, dessen Rand er nervös knetet.

"Master Savage? Sir? Es tut mir leid, Sie zu stören, aber es ist dringend. Ich..." Ein klägliches fiepen ist zu hören, dessen Ruf sofort vielstimmig beantwortet wird.

"Meine Frau, Sir. Emma komm her." Die Frau hält einen abgedeckten Korb in ihren Armen.
"Sie wissen sicherlich, Sir, dass meine Familie Irische Wolfshunde züchtet? Sir, so geht das nicht weiter. Meine Bemühungen... alles zunichte gemacht, durch dieses... dieses... dieses Tier." Der Mann deutet hinter Dich auf Luni, der mit erhobenem Schweif hinter Dir steht.

"Frau? Der Korb. Gib Master Savage den Korb." Die Frau stellt wortlos den Korb vor Dir ab und nimmt das Tuch herunter. Darin ein Knäul Welpen, erst wenige Tage alt.

Der Mann bekommt Tränen in den Augen. "Die gehören Ihnen, Sir. Ich werde jetzt nach Hause gehen und unsere Hündin erschiessen." Er tippt sich grüssend an den Kopf. "Sir. Einen schönen Tag, Sir. ... Komm Frau. Wir gehen."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 17.08.2016 | 10:50
Sommer 1933 in Schweden

Kristine sitzt draussen auf der Veranda und geht die Briefe durch, die der Postbote soeben gebracht hat. Ihre rechte Hand zittert leicht. Vielleicht ist es der Brief. Vielleicht ist sie auch noch immer kranker als gehofft. "Meine Eltern, Ove. Schon wieder schreiben sie, ich soll zu ihnen ziehen, damit ich schneller gesund werden kann. Sie halten mich noch immer für ein kleines Mädchen. Ich hasse das. Ich bin doch eine erwachsene Frau. Sie verstehen nicht, dass ich es hier bei Dir am Besten habe."

Sie hält sich den Handrücken gegen die Stirn, als würde sie ohnmächtig werden. "Mit keinem keinem Wort erwähnen sie Dich. Hier lies selbst, wenn Du möchtest."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 17.08.2016 | 22:02
Mittwoch, 12.07.1933
Ceallaigh Manor, nahe dem Dorf Seillean-Mòr Blàr zwischen Bramble Hill und Lough Key, Landkreis Roscommon, Irland

Clive


Ich nehme den Korb entgegen und werfe eine Blick hinein.

"Mr. O'Loughlin ... auf ein Wort, ich bitte Sie!

Natürlich werden wir uns um die Welpen kümmern, wenn Luni ihr Vater ist.

Aber was soll dieser Unsinn, dass Sie Ihre Hündin erschießen wollen? So etwas würden Sie doch nicht tun! Das wäre gleichsam unsinnig und grausam. Ihre Hündin kann weitere Würfe bekommen, die Ihren Vorstellungen entsprechen. Oder ist das Tier krank?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 17.08.2016 | 23:22
Der Mann dreht sich zu Dir um. "Master Savage, Sir. Nein, die Hündin ist kerngesund. Aber wenn sie erst einmal aufgenommen und geworfen hat, dann ist die Linie verseucht. Verstehen Sie, Sir? Das Blut meiner Hündin ist nicht mehr rein. Die Reinrassigkeit ist dahin. Sie ist jetzt für die Zucht unbrauchbar."

"Eigentlich wollte ich die Welpen ertränken, Sir. Aber meine Frau, Emma, meinte, dass die ehrenwerte Gräfin Visconti, die Welpen vielleicht zu schätzen weiss und gerne haben möchte."

"Sir, wenn die Tiere für Sie eine Belastung darstellen sollten, dann werden ich sie zusammen mit der Hündin entsorgen, Sir. Sagen Sie bitte, wie Sie es geregelt haben möchten."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 18.08.2016 | 09:38
Ich nehme den Brief und versuche vorbereitet zu sein, auf das, was dort stehen mag.
Flehen sie? Fordern sie? Bestimmen Sie? Bitten Sie?

Welcher Tonfall wird es diesmal sein?

Ich hoffe auf den Tonfall der ehrlich besorgten Eltern. Ich nehme den Brief in die eine Hand, mit der anderen streiche ich Kristine zärtlich über den Kopf, während ich lese.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 18.08.2016 | 10:51
"Glenn, wir kennen uns nun schon so lange ... als Arzt kann ich Ihnen versichern: Ihre Bedenken sind unbegründet. Die Hündin wird durch den Wurf nicht in irgendeiner Weise 'verunreinigt' oder gar 'verseucht'. Der nächste Wurf hängt alleine von dem hierfür von Ihnen ausgewählten Rüden ab. Weder das Blut noch die Erbanlagen Ihrer Fähe haben sich in irgendeiner Weise durch diesen Wurf verändert.

Aber wenn Sie die Hündin nicht mehr haben möchten, werde ich sie Ihnen zu einem fairen Preis abkaufen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 18.08.2016 | 12:14
"Sir. Master Savage..." Der Mann lässt seine Hutkrempe durch die Finger gleiten, wie ein gläubiger Katholik seinen Rosenkranz.

"Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, Sir. Ich möchte keineswegs anmassend sein. Es ist nur so, dass meine Familie bereits lange bevor Sie hier das Ruder übernommen nahmen, Irische Wolfshunde gezüchtet hat. Seit Generationen, Sir. Damit verdiene ich für unsere Familie den Lebensunterhalt.
Ich verstehe mich auf kein anderes Handwerk, Sir."

"Ihre Ansichten in allen Ehren, Master Savage, doch möchte ich besser nicht mit althergebrachten und bewähten Traditionen brechen. Neue Theorien sind schon zu oft widerrufen worden, nachdem sie sich als falsch entpuppt hatten, Sir."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 18.08.2016 | 18:27
"Nun, dann sei es so. Ich kaufe Ihnen Ihren Hund ab. Nennen Sie mir einen fairen Preis, Mr. O'Loughlin."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 18.08.2016 | 18:55
Der Mann hebt die Augenbrauen. "Sir, der Schaden ist schwer zu beziffern. Es ist nicht die Cú Faoil Hündin allein. Es sind ja auch ihre Welpen, Sir. Ein bis zwei Würfe pro Jahr, mit sechs bis acht Welpen pro Wurf und das über die nächsten fünf bis sechs Jahre." Glenn leckt sich die Lippen. "Bei 5£ pro Tier kommt da schon etwas zusammen, Master Savage. Was würden Sie bieten, Sir?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 18.08.2016 | 19:56
"Wir waren immer fair zueinander... Ich biete Ihnen den Preis einer neuen Hündin. Diese können Sie dann sofort wieder für die Zucht einsetzen. Ausfälle hinsichtlich künftiger Welpen werden Sie also nicht erleiden."

Das Verhalten des Mannes enttäuscht mich. Alle Pächter kennen mich seit über dreißig Jahren. Viele habe ich schon als Kinder gekannt. Mit meinen Pächtern habe ich immer ein gutes Verhältnis gepflegt. Die Pacht war sehr moderat. Oft habe ich ihnen mit ärztlichem Rat und Behandlungen zur Seite gestanden, ohne hierfür etwas zu verlangen. Mit kranken Pächtern wäre mir auch nicht gedient. Die Forderungen sind völlig unangemessen. Und wer sagt mit überhaupt, dass Luni der Vater dieser Welpen ist. Selbst wenn, wird ein Züchter einen Kontakt seiner Fähen mit anderen Hunden unterbinden. Möglicherweise hat er es schlicht darauf angelegt, dass Luni seine Hündin deckt. Die anfängliche Freundlichkeit weicht aus meiner Stimme und meine wachsende Ungeduld ist spürbar.

"Sie sollten Ihre läufigen Hündinnen künftig einsperren, wenn Sie solchen Theorien nachhängen. Nicht nur Luni kommt an Ihrem Haus vorbei, sondern unzählige andere Hunde von Schäfern und Nachbarn. Wollen Sie denen auch eine solche Rechnung aufmachen?"

"Wenn die Hündin ein solch wertvolles Zuchttier ist, dürfte es auch leicht sein, einen anderen Züchter als Käufer für die Hündin zu finden. Ich lasse mich nicht über den Tisch ziehen", denke ich. Andererseits ist der Mann mir eigentlich nur lästig und ich will die Angelegenheit möglichst schnell hinter mich bringen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 18.08.2016 | 21:38
"Master Savage. Sie haben natürlich Recht, Sir. Der Preis einer Hündin liegt zw. £ 22-25, dann haben Sie auch gleichzeitig noch die passende Milch für die Welpen. Und die Kleinen stammen zweifelsfrei vom Wolf der Contessa. Schauen Sie sich doch nur das Fell an, Sir."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Text am 18.08.2016 | 23:10
"Guten Morgen, ihr beiden!"
Ich sehe Ove und Kristine schon aus einiger Entfernung auf ihrer Veranda und winke ihnen zu, während ich mich ihrem Haus nähere.

"Ich war gerade in der Gegend und da dachte ich mir, ich mache mal einen Hausbesuch. Wie geht es euch?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 19.08.2016 | 09:32
"Dann soll es so sein. Ich zahle Ihnen die genannten £ 25 für Ihre Hündin. Immerhin hat sie Geschmack bewiesen, was den Betrag rechtfertigt.

Damit sollte die Angelegenheit erledigt sein.

Es war richtig, dass Sie mit den Welpen zu mir gekommen sind. Aber damit wir uns recht verstehen: Ich werde hier künftig keine Hundezucht eröffnen! Oder würden Sie das wollen? Der Kauf Ihrer Hündin war ein einmaliger Vorfall. Also achten Sie künftig darauf, läufige Fähen nicht frei herumlaufen zu lassen, wenn Sie den Rüden selbst bestimmen wollen, der die Ehre hat."

Höflich verabschiede ich mich von dem Ehepaar, wobei mein Tonfall bei Mrs. O'Loughlin wieder freundlicher wird.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 19.08.2016 | 12:29
Kristina schaut überrascht aber erfreut zu Dir herüber. "Herr Björnbär..." Sie lächelt. "Heute schon so früh? Ich hatte Sie erst später erwartet."

Sie macht sich gerne einen Spass mit Deinem Namen. [ Björnbär = Brombeere = Blackberry ]
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Text am 19.08.2016 | 23:11
Ich lächle zurück, dann schaue ich etwas unsicher zum Himmel. "Wie spät ist es denn? Wissen Sie, die Sonne hier ... sie treibt mich noch in den Wahnsinn. Da wache ich mitten in der Nacht auf - und die Sonne scheint schon als wäre es Mittag. Und überhaupt, das Wetter hier ist schlecht fürs Geschäft. Ständig Sonnenschein, keine Nacht, kein Regen, kein Wunder dass niemand hier einen Therapeuten braucht."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 20.08.2016 | 11:17
Ich blicke dem Ehepaar nachdenklich hinterher, als es die Allee zu meinem Haus (http://www.rootsweb.ancestry.com/~irlcar2/Dunleckney_Hse_Gate.jpg) herabgeht.

Dann widme ich meine Aufmerksamkeit den kleinen Fellbündeln in dem Korb.

"Ich hoffe, sie bringen Eure Mutter schnell", sage ich in freundlichem Ton zu den Tieren. Dann gehe ich herüber zur Bank, setze mich in die Sonne und untersuche jeden der Welpen eingehender.

"Das wird hier ein ordentliche Durcheinander geben, wenn wir Euch alle behalten!", meine ich lächelnd, während ich die Kleinen ins Herz zu schließen beginne.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 20.08.2016 | 13:57
Du zählst... Das Knäuel besteht aus sieben kurzhaarigen, rosa-nasigen, blinden, fiependen und zitternden kleinen Schlawinern, die ihre Nasen der Sonne entgegen recken und sich aneinander und in die Decke im Korb kuscheln.
Luni nähert sich zaghaft und schnüffelt behutsam am Korb. Dann stupst er Dich wiederholt mit seiner Nase an und jault, während sich ein kleiner Rabauke aus dem Knäul heraus wühlt und, über die anderen hinweg, unbeholfen auf Dich zu tapst. einen Deiner Finger in sein winziges Maul nimmt und daran zu nuckeln beginnt.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 20.08.2016 | 17:40
"Ich denke, es wäre nicht gut, sie von Hand zu füttern. Möglicherweise lehnen sie danach die Zitzen ihrer Mutter ab. ...

Also gut, gehen wir sie holen, dann geht es schneller", sage ich seufzend zu Luni. Ich gehe ins Haus (http://www.rootsweb.ancestry.com/~irlcar2/Dunleckney_Manor.jpg), greife nach meinem Stock und der Börse. Dann kehre ich zurück ins Freie und hole aus einem Schuppen einen Handkarren (http://img0075.psstatic.com/134784875_alter-stabiler-handwagen-holzwagen-bollerwagen-um-1930-.jpg) und eine Pferdedecke. Den Korb mit den Welpen setze ich in den Karren.

Dann mache ich mich in Begleitung von Luni auf den Weg ins Dorf.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 20.08.2016 | 20:11
Als Du Dich mit Luni dem Dorf näherst, fängt der Wolf an zu jaulen. Dein Pächter bewohnt ein grosses Gehöft am Rande der Ortschaft.
Der Züchter hat bereits die Hündin angeleint und scheint auf dem Weg zu Dir zu sein.
Als Du den Mann ansprichtst, erschrickt er leicht. "Ah. Hallo, Master Savage. Ich hatte gar nicht mit Ihrem Erscheinen gerechnet, Sir, und wollte Ihnen gerade Ihre Hündin vorbei bringen... Tja. Sieh an. Und Sie haben auch gleich noch den Missetäter mitgebracht."
Luni gibt einen kurzen Laut, irgendetwas zwischen Gurgeln, Jaulen und Knurren, von sich, als würde er protestieren. Dann schaut er vielsagend zu Dir hoch, als würde er etwas von Dir erwarten.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 22.08.2016 | 14:34
Ich bin noch in Brief vertieft, als Harry Blackberry sich dem Haus nähert. Ich bekomme gar nicht mit, wie er über den zarten Rasen unseres Grundstücks geht. Unser Haus ist etwas abseits der geschottertten Straße. Sein Weg führt ihn also für 20 bis 30 Meter über den kargen Rasen, der hier auf dem steinigen, kargen Boden wächst.

Wir sind nach Grundvik gezogen. Es ist ein kleiner Ort, nahe der Ostsee und nahe Pitea, einem größeren Ort. Für Harry ist es ein Ort, ein Kaff, vermutlich. In dieser Gegend nennt man Pitea eine "Stadt" ("en stad"). Die Stadt bietet uns viele Vorteile, und auch für Harry ist diese Stadt ein besserer Ausgangspunkt für seine Arbeit, als es die kleinen Dörfer sind. Auf den Dörfern kann sich niemand wirklich einen Psychiater leisten. Und hätte Harry gewusst, was wir mit "Stadt" meinten, als wir zu dritt beschlossen nach Schweden zu gehen, dann wäre er vermutlich doch nicht mitgekommen. Hier ist es so ganz anders als in England. Es ist viel rauer und karger. Außer Holzwirtschaft, den Papierfabriken, Schifffahrt (auf Fluss und Ostsee) zum Transport des Holzes oder des Papiers und natürlich die noch recht neue Eisenbahnanbindung.
Ackerbau wird hier zwar auch betrieben, aber dient er nicht dazu reich zu werden.

Der Winter ist lang und kalt, das Frühjahr ist ebenso kurz wie der Herbst und zu guter letzt bleibt noch der lange für diese nördliche Lage oft recht warme und angenehme Sommer.


Kristines Eltern wollen uns schon wieder näher zu sich holen, doch noch weiter in die karge Einöde Norrbottens, müssen wir nicht ziehen. Wir bevorzugen die Vorteile der Nähe zur Stadt und zur Ostsee. Kristines Eltern wollen, dass wir zu ihnen nach Burvik ziehen. Das sind nur wenige Kilometer, doch dort gibt es nichts, außer dem elterlichen Hof mit den Angestellten und dem See.
Und warum mache ich mir etwas vor? Ich will schlicht nicht auf dem Grundstück meiner Schwiegereltern wohnen und mir regelmäßig ihre Vorwurfsvollen Gesichter ansehen, wenn Kristine sich wieder erschrickt, weil sich eine der neugierigen Ziegen von hinten an sie anschleicht und sie anstupst. Auch mir tut es weh zu sehen, wie dann jegliche Lebensfreude, die sie zuvor wieder versprühte, aus ihr weicht und sie die nächsten Stunden traurig und ängstlich ist.
Es war schon unser Kompromiss-Eingeständnis ihren Eltern gegenüber, dass wir nach Grundvik gezogen sind. Harry riet uns dazu in die heimatlichen Gefilde zu gehen. An die Orte der guten, lebensfrohen Erinnerungen. Und Kristines Eltern wollten Sie bei sich wissen.

Ich muss gestehen, ich war sehr froh, dass Kristine auch nicht darauf bestand bei ihren Eltern zu leben, sondern lieber ein kleines Haus mit mir zu beziehen.

Ich lasse den Brief sinken, als ich Kristines fröhliche Stimme höre. Ich freue mich sehr, dass Sie sich wieder über Dinge freuen kann. Dass sie wieder fröhlich sein kann. Es hat lange gedauert, bis es so weit war.
Mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht sage ich laut "Harry! Was für eine Freude. Du hast tatsächlich den weiten Weg auf dich genommen herzukommen! Das freut mich. Komm auf die Veranda, ich werde uns etwas zu Trinken holen und schauen, ob ich noch etwas von Kristines köstlichem Butterkuchen finde. Nur schade, dass die Blaubeer-Zeit noch nicht begonnen hat."

Mit einem spitzbübischen Grinsen füge ich hinzu: "Harry, der Sommer hier ist lang, hell und freundlich. Aber glaube mir. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes die Ruhe vor dem Sturm. Warte ab, bis es Herbst wird und sammel deine Kraft. Die Winter hier, sind rauh und dunkel. Sehr dunkel. Da werden viele Leute, gerade die Neu-Ankömmlinge, die neuen Fabrikarbeiter und ihre Familien ... die werden deine Dienste dann schon brauchen. Hier zu leben ist selbst für Schweden eine Umstellung."
Ich muss daran denken, wie Harry einen Teil des letzten Winters gar nicht hier war. Er musste noch ein paar Dinge in England oder sonstwo im Ausland erledigen, so dass er den dunkelsten Teil des Winters verpasst hat. Leider hat er dabei auch das lichterfüllte Lucia-Fest und das Weihnachtsfest verpasst. Das sind DIE Höhepunkte des Winters.

Dann verschwinde ich im Haus und komme erst nach einigen Minuten mit einem Tablett mit einer Karaffe voll Wasser, einem Krug Apfelsaft, Gläsern und drei kleinen Stücken Kuchen auf einem Porzellanteller wieder.
"Für Kaffee oder Tee, ist es zu warm... oder möchtest du welchen? Das ist kein Umstand." erkläre ich das Fehlen von heißen Getränken.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 22.08.2016 | 19:25
"Immerhin hat der 'Missetäter' offenbar einen guten Geschmack und die nötige Intelligenz bewiesen, sein Ziel zu erreichen...

Die Welpen scheinen hungrig zu sein und da wollte ich sie und ihre Mutter nicht länger als nötig warten lassen.

Außerdem tut mir in meinem Alter ein Spaziergang immer gut."

Ich lasse meinen Blick über das Land streifen. Von hier aus kann ich in der Ferne den Rauch eines Kamins aufsteigen sehen. Der Kamin gehört zu dem Haus von Máirín Ó Caollaidhe. "Auch jetzt noch ... nach drei Jahren ... versetzt es mir einen Stich, wenn ich an sie denke ... oder mit ihr spreche. Denn das bedeutet zugleich, mich an jenden Moment zu erinnern, als ich ihr von Cainnechs Verschwinden berichten musste.

Es ist schlimm, was Cainnech in London widerfahren ist. Vermutlich liegt er irgendwo in ungeweihter Erde verscharrt ... wie Ruairí.

Es ist schlimm, dass ich Cainnech aufgegeben habe, ohne einen ernsthaften Rettungsversuch zu unternehmen. Dabei spielt es keine Rolle, dass er vermutlich bereits tot war, als wir eine Spur zu ihm gefunden hatten. Das macht es nicht wirklich besser.

Es ist schlimm, dass Máirín nach ihrem Mann nun auch noch ihren einzigen Sohn verloren hat ... und ihn nicht einmal beerdigen konnte.

Am schlimmsten aber ist, dass ich nicht im Stande bin, die angemessene tiefe Traurigkeit darüber zu empfinden. Seit jenem ersten Tag in London ... dem Taxiunfall ... der Schneiderei ... ist dieser Teil in mir, der mich mein Leben lang begleitet hat, verschollen ... wie Cainnech. Natürlich empfinde ich Bedauern über Cainnechs Tod. Aber auf einer rationalen Ebene, die mir gänzlich unzureichend erscheint."


Wieder einmal frage ich mich, ob das die Traurigkeit ist, die andere Menschen empfinden?

"Sicher war mein früherer Zustand extrem ... nun ja, vielleicht sogar pathologisch ... aber ist diese 'Normalität' nicht ein WENIGER an Menschlichkeit? Reduziert es mich nicht? Wenn dieser Zustand 'normal' ist, war mein früheres Wesen dann nicht ein MEHR gegenüber der normalen Empfindungsfähigkeit eines Menschen?"

Als O'Loughlin die Hündin herbeibringt, werde ich durch die entstehende Unruhe der Tiere von diesen trüben Gedanken abgelenkt.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 22.08.2016 | 20:53
Auf der anderen Seite der Strasse fegt die Witwe O'Brian den Eingang zu ihrem Haus. Die Ponys, die ihr Mann einst erfolgreich züchtete, hat die alte Meabh nach und nach verkaufen müssen.
Sie hat noch immer die eigenartige Angewohnheit Pfeife zu rauchen. Eine langstielige Tonpfeife steckt in ihrem Mundwinkel und der aufgewirbelte Staub vermischt sich mit dem Rauch ihres Tabaks...

Du erinnerst Dich an ihren kleinen Kobold - die blonde Kayleigh, ihre Tochter. Du hast sie gerne um Dich gehabt. Manchmal ist sie zu Dir zum Tee gekommen: Du hast Tee getrunken und Kayleigh hat Deinen Abenteuergeschichten gelauscht. Gebannt hing sie immer an Deinen Lippen. Du hast Dich stets köstlich amüsiert, ohne es Dir anmerken zu lassen, wenn sie sich einen Kandis aus der Zuckerdose stibitzt hatte, wenn sie dachte, Du würdest nicht hinsehen.
Wie alt sie jetzt wohl ist? Vielleicht 18 oder 19 Jahre? Vor einem Jahr ist sie aus dem Haus ihrer Eltern ausgezogen, um Stadtluft zu atmen...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.08.2016 | 00:11
Und wieder schweifen meine Gedanken in die Vergangenheit ab, wie so oft in den letzten Jahren. "Das ist wohl nur ein weiterer Beleg dafür, dass ich alt bin. Im Alter beginnt man in der Vergangenheit zu leben."

Während ich mit einer Hand die Börse aus der Tasche ziehe, um Mr. O'Loughlin zu bezahlen, winke freundlich zur Witwe O'Brian herüber, als sie in meine Richtung blickt:

"Céad míle fáilte, Mrs. O'Brian!
Ich hoffe, Kayleigh geht es gut und sie schreibt Ihnen?"

Während ich die Börse öffne, blicke ich weiter zu der noch älteren Frau auf der anderen Straßenseite und fühle mich bei dem Anblick ein wenig jünger. Meine Unachtsamkeit infolge der Ablenkung führt dazu, dass eine Münze aus der Börse rutscht und mit einem leisen Klingen auf den Boden fällt. Als ich herabblicke, klemmt die Münze aufrecht zwischen zwei Steinen. Ich beuge mich nachdenklich herab und hebe sie auf. Es ist ein Reul (http://picclick.ca/1928-Ireland-6d-Wolfhound-Sixpence-Lustre-Irish-Coin-Nickel-252415277845.html) aus der ersten Ausgabe von 1928. "Die neue Währung, ein Sinnbild der irischen Unabhängigkeit und doch geprägt in der 'Royal Mint' in London. Macht und Geld gesellen sich gerne zueinander." Ich betrachte einen Augenblick den Wolfshund unter der Zahl.

"6 pingine", murmele ich gedankenverloren und lasse die Münze zögernd aus meiner Hand zurück in die Börse gleiten. "Sixpence ... Wolfshund ... London ... Hand ..."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Text am 23.08.2016 | 00:17
Ich hoffe sehr dass du recht hast denke ich mir als Ove davon spricht dass mein Geschäft im Winter besser laufen wird. Nicht dass ich irgendjemandem Depressionen wünschen würde - wirklich nicht - aber von irgendwas muss ich schließlich auch leben. Und im Moment läuft mein Geschäft alles andere als gut. Ob Ove und Kristine wohl wissen dass sie meine einzigen Patienten hier sind? Vermutlich schon. In so einer ländlichen Gegend weiß doch jeder alles über jeden ...

Ein Krug Apfelsaft reißt mich jäh aus meinen Gedanke. "Oh, danke ... ja ... nein ... nicht nötig. Der Saft ist perfekt, ich brauche keinen Tee oder Kaffee." Ich nehme mir ein Glas Saft und ein Stück Kuchen. Während dem Essen fange ich an zu erzählen: "Ich habe gestern einen sehr interessanten Brief von meinem Kollegen Dr. Alt aus Deutschland bekommen. Er hat sehr vielversprechende Ergebnisse erreicht durch das Aufzeichnen von Träumen: man legt sich Stift und Papier neben sein Bett - und wenn man aus einem Traum aufwacht, dann schreibt man alles auf woran man sich erinnert, noch mit geschlossenen Augen. Ich habe das letzte Nacht versucht - und tatsächlich sehr lebhafte Erinnerungen an meinen Traum. Die Österreicher glauben ja, man kann aus Träumen sehr viel über die Psyche lernen. Dinge die wir im wachen Zustand verdrängen. Oh, aber entschuldigt bitte. Wahrscheinlich langweile ich euch mit diesen Dingen. Ich habe zu lange in London unter Psychologie-Studenten gelebt. Da unterhält man sich gerne und ausführlich beim Tee über solche Dinge."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.08.2016 | 06:55
Die Witwe O'Brian blickt zu Dir herüber, nickt kurz mit dem Kopf und zieht an ihrer Pfeife, während Du die Hündin entgegen nimmst und den Kaufpreis bezahlst.
"Sehen Sie? Es geht schon wieder los... Sir? S...i...r?"
Du wirst unsanft aus Deinen Gedanken gerissen. Zurück ins hier und jetzt. "Sehen Sie selbst, Master Savage. Dieses Tiel ist unersättlich."
Dein Blick wandert zurück zu O'Loughlin, der auf Luni deutet, welcher sich erneut am Hinterteil der Hündin zu schaffen macht und diese genauestens beschnuppert...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.08.2016 | 12:45
Ich überlege kurz, ob eine Hündin bereits so rasch nach dem Wurf, noch bevor die Welpen entwöhnt sind, erneut läufig wird. Ein Wurf nach dem anderen könnte zu Problemen führen...

"Nun, er ist ein ganz normaler, gesunder Rüde Mr. O'Loughlin. ... Und die beiden scheinen sich wirklich zu mögen, denn Luni ist mir sonst nicht als Draufgänger aufgefallen. Diese Welpen scheinen sein erster Nachwuchs zu sein."

Ich streichele den Kopf der Hündin und versuche die Aufmerksamkeit der Tiere auf mich zu lenken, in der wagen Hoffnung, dass Lunis Schnüffeln nicht mehr als eine herzliche Begrüßung bedeutet. Dann führe ich die Hündin zu ihren Welpen im Wagen und beginne, dieser aus dem Korb zu nehmen, damit ihr Mutter sie säugen kann (http://www.irishwolfhounds.org/erin8.JPG).

"Tatsächlich ein schönes Tier! Sie haben nicht übertrieben", lobe ich den Zuchterfolg von Mr. O'Loughlin, um etwaige Missstimmungen auszuräumen. "Wie heißt unsere Schönheit eigentlich?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.08.2016 | 14:38
Der Mann kratzt sich am Kopf. "Nun, Master Savage, Sir. Bei uns hiess sie 'Nummer Vier.' Wir haben die Hündinnen durchnummeriert. Und unser Rüde heisst 'Hund'." Er grinst verlegen, während er sich über das Kinn streicht. "Je einfacher desto besser. Finden Sie nicht, Sir?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.08.2016 | 17:05
"Nun, für Ihre Zwecke dürfte es wohl ausreichen ..."

Das Verfahren scheint mir weniger einfach, als vor allem phantasielos. Ganz zu schweigen von dem Widerspruch, der zwischen dieser nüchternen Namensgebung und den bei Ablieferung der Welpen noch zur Schau gestellten Tränen klafft. Ich frage mich, ob sich nicht alle Hunde angesprochen fühlen, wenn man das Wort 'Nummer' fallen lässt.

Ich betrachte die Hündin etwas betroffen.

"Nummer 4?", frage ich zögernd das Tier und teste, ob die Hündin auf diese Worte reagiert.

Nach einem Augenblick füge ich hinzu: "Wir werden uns schon etwas passendes für Dich einfallen lassen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.08.2016 | 20:11
Vier legt sich leicht ungraziös auf die Seite, um ihre Welpen zu säugen, während Luni die Kleinen immer wieder mit der Nase anstupst.
Mit einem leisen, aber langgezogenen Knurren schaut Luni O'Loughlin an und hebt dabei leicht die rechte obere Lefze an und zeigt seinen Reisszahn.
"Sehen Sie. Sehen Sie, Master Savage."
Glenn ist erregt. Vielleicht sogar wirklich etwas ängstlich. "Sir. Das Tier ist böse. Es ist ein wilder Wolf. Das Tier droht mir. Sehen Sie es, Master Savage, Sir?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.08.2016 | 20:27
"Nein, Mr. O'Loughlin. Luni ist nicht böse. Er hat nur einen stark ausgeprägten Instinkt, die Seinen zu schützen. Er ist ein guter und treuer Wachhund. Und dies ist nun sein Rudel ...

Ich bin froh, dass ich ihn bei mir habe ... Seit dem Mord im Bootshaus (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25544-nightmare-letters-briefwechsel-zwischen-matilde-und-clive/?p=448007) vor fünf Jahren ... und den Vorkommnissen in den Wäldern ...

Geben wir der jungen Familie ein wenig Raum für sich." Ich greife Glenn am Ellenbogen und ziehe ihn ein Stück mit mir in Richtung der Witwe O'Brian, um von den Tieren abzulenken.

Als die Alte sieht, wie ich mit Mr. O'Loughlin auf sie zukomme, hält sie mit dem Fegen inne und stützt sich auf ihren Besen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.08.2016 | 20:56
Während sich die Witwe auf ihren Besen stützt und Euch beobachtet, als Ihr über die Strasse auf sie zu geht, schnarrt die Alte etwas in Eure Richtung "Sie müssen mich gar nicht nach ihr fragen." Die Worte klingen genervt und ihre Stimme ist etwas zu hoch.
Die Witwe O'Brian ist ungewöhnlich unwirsch. "Ich habe Kayleigh lange nicht gesprochen und ich hab sie auch nicht gesehen. Sie war nicht hier. Verstehen Sie? Oder wollen Sie etwa schon Ihre Pacht für den nächsten Monat? Noch ist nicht der Erste, Herr Savage. Noch ist es nicht der nächste Monat..."
Dann dreht sie Dir den Rücken zu, murmelt etwas unverständlich Genuscheltes auf gälisch vor sich hin, während sie den Kopf schüttelt. Das was sie sagt, hört sich irgendwie wie eine böse Verwünschung an. Dann geht die Alte ohne ein weiteres Wort zu sagen, zurück in ihr Haus.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 23.08.2016 | 22:03
Kristine nimmt einen Schluck Tee. "Hast Du das gehört, Ove? Das klingt doch sehr interessant, was die in Österreich so machen, nicht wahr?" Sie klingt begeistert. "Das werde ich machen. Ich werde heute Abend einen Schreibblock und einen Bleistift auf den Nachttisch legen..."
"Wollen wir dann mit der Sitzung anfangen, Björnbär? Drinnen, oder hier draussen in der Sonne auf der Veranda?"
Dann wendet Sie sich noch einmal unterbrechend an Dich. "Möchten Sie vielleicht noch ein Stück Kuchen? Es scheint Ihnen geschmeckt zu haben."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 24.08.2016 | 00:07
Ich schüttele nachdenklich den Kopf.

Plötzlich beschleicht mich ein ungutes Gefühl. "Sind heute denn alle verrückt geworden?" Diese Menschen, die ich seit über dreißig Jahren kenne, verhalten sich unbeherrscht ... nicht situationsangemessen. Ich weiß, dass äußere Einflüsse das Verhalten von Menschen beeinflussen können. Und unbewusst sondiere ich solche Stimmungsschwankungen in meinem Umfeld. Wie bei einem Seismographen scheint meine Gefühlswelt eine Masseträgheit zu besitzen, die die emotionalen Erschütterungen der Umwelt registriert, indem sie in sich selbst verharrt. "Vielleicht ist das der Grund meiner früher so tief empfundenen Einsamkeit, als sei ich durch eine Laune der Natur oder einen Defekt abgekoppelt von einem nicht nachweisbaren, kollektiven Unterbewusstsein der Menschheit, einem archaischen Erbe, dessen Ursprung in der dunklen Geburtsstunde unserer Rasse liegt. Ein perfider Steuerungsmechanismus zur Kontrolle ganzer Menschenmassen durch Gefühle wie Angst, Hass und Wut, der sich der Rationalität unseres Verstandes entzieht und damit von den Menschen nicht überwunden werden kann."

Ich verspüre den Drang, das Dorf zu verlassen und in die Abgeschiedenheit meines Hauses zurückzukehren.

Als ich mich von dem Haus der Witwe abwende, sehe ich Pater Breandán (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25544-nightmare-letters-briefwechsel-zwischen-matilde-und-clive/?p=463898) mit bedächtigem Schritt die Straße (http://wallpapercave.com/wp/3Bm2f6n.jpg) entlangschreiten. Ich beschließe, sofort mit den Hunden aufzubrechen, um einer Begegnung auszuweichen. "Ich möchte nicht riskieren, heute noch exkommuniziert zu werden.", versuche ich mich selbst zu erheitern, aber der Effekt bleibt aus. "Pater Breandán (http://www.lawrencecountymemoirs.com/images/10399.jpg) hat es mir gegenüber nie offen ausgesprochen, doch er scheint in Matildes Anwesenheit eine persönliche Beleidigung zu sehen. Ein uneheliches Kind von Cainnech und Matilde wäre für ihn vermutlich tolerabel, wenn Cainnech und Matilde - möglichst noch vor der Geburt - geheiratet hätten. So, wie die Dinge aber nun einmal stehen, kann dieser vermeintliche Makel für ihn wohl nicht von Marie genommen werden. Leid tut mir dabei Marie, der, wenn auch zu ihrem eigenen Schutz vor Hartmut und 'La Main Droite', damit tatsächlich Unrecht getan wird. Cainnech war allgemein beliebt. Darum ist die Schuldige dieser 'sündigen Verbindung' für Pater Breandán vermutlich leicht identifiziert ... für diesen Mann mit einem eher schlichten Verstand dürften die Tatsachen für sich sprechen: eine verheiratete Frau, verlassen von ihrem Ehemann, eine Ausländerin, eine Adelige ... und ein unbedarfter, naiver Junge vom Dorf ... Vielleicht tue ich Pater Breandán damit Unrecht, aber ich möchte mir diesbezüglich heute ganz sicher keine Klarheit verschaffen!"

"Nun, ich sollte mich wohl wieder auf den Weg machen. Vielen Dank noch einmal, dass Sie zu mir gekommen sind, Mr. O'Loughlin. Und richten Sie auch Ihrer Frau noch einmal meinen Dank aus. Matilde wird sich bestimmt über die Welpen freuen."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Text am 24.08.2016 | 00:49
"Wo Sie möchten. Ja gerne, ich nehme noch ein Stück. Wirklich sehr gut."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 24.08.2016 | 15:20
"Wie wäre es, wenn ihr bei dem schönen Wetter hier draußen bleibt? Ich werde noch ein wenig ans Wasser gehen und komme dann in einer halben Stunde zurück."

Ich schenke mir einen Schluck Apfelsaft ein, verdünne den süßen Saft mit Wasser und trinke den Becher hastig leer.

Kurz hatte ich gehofft, Harry wäre nur zu einem privaten Gespräch hier, aber ich sehe ein, dass Kristine die Hilfe immer noch benötigt. Harry gibt ihr Halt. Es hilft ihr mit einem außenstehenden, einem guten Bekannten oder sogar einem Freund zu reden. Mir hilft es auch. Ich frage mich nur, wen Harry hat, um seine Probleme loszuwerden.

"Harry, hast du heute vor mit uns beiden zu sprechen, oder einzeln? Ich würde etwas angeln gehen, oder mir nur so die Beine vertreten. Es sei denn, ich werde hier gebraucht?"

Ich schaue von Kristine zu Harry und warte ab, wie sie sich entscheiden.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 24.08.2016 | 16:31
"Geh Du ruhig angeln, Liebling. Aber bring uns bitte auch etwas zum Abendessen mit." Sie lächelt Dich erwartungsvoll an. "Wir werden wohl zu dritt sein. Björnbär wird uns sicher noch etwas Gesellschaft leisten. Nicht wahr?"
"Die Idee, auf der Veranda zu bleiben, ist gut, Ove. So machen wir das."
Sie schaut Harry fragend an. "Brauchen Sie noch etwas, oder wollen wir anfangen?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 24.08.2016 | 21:19
Zuhause liegt die Times bei Dir im Briefkasten. Du blätterst sie kurz oberflächlich durch. Auf Seite 3 stolperst Du über einen kurzen, unbedeutsamen aber irgendwie beunruhigenden Artikel.

THE IRISH TIMES DI., 11. JULI 1933
Mullingar In der Hauptstadt des Landkreises Westmeath
hat vor drei Tagen ein grausames Verbrechen stattgefunden.
In der Nähe der Müllkippe am östlichen Stadtrand wurde eine
Tote aufgefunden. Die Behörden verweisen in dieser Hinsicht
darauf, dass sie einerseits keine ihrer Ergebnisse preisgeben
wollen, um den oder die Täter nicht über die Ermittlungen zu
informieren. Andererseits möchten sie die Öffentlichkeit nicht
mit den Details des Verbrechens fürderhin in Aufruhr versetzen.
Doch so viel darf verraten werden: diese Tat erinnert stark an
die der Whitechapel-Morde in London. Der Leichnam der Frau
wurde grauenhaft zugerichtet. Vermutlich stammt die Tote aus
dem Prostituierten-Milieu. Der Zustand des Leichnams soll sehr
stark an den Zustand des Körpers der Annie Chapman erinnert
haben, die Anfang September 1888 getötet worden war.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 25.08.2016 | 11:52
"Mullingar ... das liegt etwa 60 Meilen entfernt... oder etwa 33 alte irische Meilen", überlege ich.

"Nichts was aus London kommt, kann etwas gutes bedeuten. ... Aber eine Ähnlichkeit zu den Whitechapel-Morden? Jack the Ripper wird von den Zeitungen so leichtfertig beschworen, dass man dem nicht unbedingt trauen kann.

Die Whitechapel-Morde wurden meiner Erinnerung nach eher mit einem Messer ... oder einer anderen Klinge begangen. Den Opfern wurde die Kehle durchgeschnitten. Daher der Beiname 'Ripper'. Zumindest in einigen Fällen wurden an den Leichen Handlungen vorgenommen, die den Verdacht aufkommen ließen, es könne sich bei dem Täter um einen Arzt gehandelt haben. ... Keine Parellelen zum 'Sebastians-Mörder' (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25544-nightmare-letters-briefwechsel-zwischen-matilde-und-clive/?p=463898)"
, stelle ich erleichtert fest.

"Selbst wenn Jack the Ripper noch leben würde, müsste er nun mindestens so alt sein ... hmmm, wie ich, wenn er seine ersten Taten als Jugendlicher begangen hätte. Nein, er wäre heute wohl deutlich älter als ich, eher 70 Jahre oder älter.

Es bleibt also entweder ein Nachahmungstäter oder eine zufällige Ähnlichkei. ... Oder die Zeitung brauchte nur ein Geschichte, die die Aufmerksamkeit der Leser erregt."


Ich klemme mir die Zeitung unter den Arm, greife mit den Korb mit den Welpen und gehe gefolgt von Luni und seiner neuen Gefährtin ins Haus. Etwas ratlos blicke ich mich um und suche nach einem Platz für die Neuankömmlinge. Schließlich seufze ich und stelle den Korb einfach in der Mitte im Wohnzimmer ab.

Dann rufe ich nach Matilde.

"Matilde? Bist Du da? ... Hier wartet eine kleine Überraschung auf Dich!"

"Nun ja, eine große und sieben kleine Überraschungen, sollte ich wohl sagen."

Zu Luni sage ich leiser: "Mein Freund, wir sollten in den nächsten Wochen vielleicht ein bisschen besser darauf achten, wo Du herumstrolchst. ... Nicht das wir noch Ärger mit den Nachbarn bekommen. Wenn hier irgendein Hund wildert und ein Schaf reist, wird man es Dir in die Schuhe schieben. Das ist Dir doch klar, oder?"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 25.08.2016 | 22:07
Ich gehe nochmal ins Haus und hole meine Mütze.
Als ich nochmal über die Veranda gehe, beuge ich mich zu Kristine hinab und küsse sie zärtlich zum Abschied. Ich bin noch immer untröstlich, dass sie so zugerichtet wurde. Und ich bin wahrlich überrascht, wie gut sie diese Situation und die ganze Sache wegstecken konnte. Ich scheine mich dabei schwerer zu tun. Vielleicht hilft es ihr, dass sie keine deutlichen Erinnerungen mehr an das Vorgefallene hat. Nur manchmal erwischt es sie zum Teil aus heiterem Himmel und ein paar Brocken, Schlaglichter, suchen sie heim.

Ich gehe zu unserem kleinen Snickarbon (Tischlerschuppen (ungefähr vergleichbar mit einem heuten Gartenhäuschen)) und hole die Angel meines Vaters sowie eine Holzkiste mit Ködern heraus. Dann drehe ich mich noch einmal um, und sehe wie Kristine sich auf der Veranda mit Harry unterhält.
Es freut ich sehr sie so zu sehen.

Mit gutem Gewissen, sie in der Obhut eines Bekannten zu lassen, gehe ich die knapp 900 m bis zur Ostsee und suche mir einen bequemen Platz zum Angeln.
Schnell habe ich einen schattigen, windgeschützten Platz gefunden. Hier lasse ich mich nieder, ziehe die Mütze tiefer ins Gesicht und werfe meine Angel aus. Ich Angel auf Raubfisch und Angel mit Blinker. Das macht mir mehr Freude als die Pose immer nur treiben zu sehn. Ich finde es meditativer und interessanter die Angel zu bewegen, einen echten Fisch darzustellen. Mich als Opfer zu tarnen, aber doch der Jäger zu sein. Nun... es ist wohl weniger die Jagd, als die gleichförmige Bewegung:
Auswerfen, absinken lassen, etwas Sehne einholen, Angel ziehen, kurz absinken lassen, etwas Sehne einholen, Angel hochziehen, wieder absinken lassen. ... solange bis der Köder wieder aus dem Wasser gezogen ist. Zumeist ohne Fisch.

Ich werfe die Angel wieder aus. Ein gemächlicher, durchschnittlicher Wurf und dann schaue ich in Richtung der lebhaften Stadt. Es ist kein Vergleich mit Göteborg, Stockholm, Oslo oder London, aber auch hier passiert einiges. Die Stadt ist am Wachsen. Die Papier- und Holzfrachter legen an, löschen ihre Ladung, nehmen neue Ladung an Bord und dann fahren sie an Grundvik vorbei hinaus auf die Ostsee mit Zielen in der ganzen Welt.
Ich schaue den Rauchfahnen zweier kleinerer Dampfer hinterher, als ich die Angel zum Dritten Mal erfolglos einholen. Aber beim Angeln geht es mir nicht um den Erfolg. Es geht mir um die Entspannung, das Sein in der Natur, mit der Natur.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.08.2016 | 11:47
Als Du gerade die Haustür hinter Dir geschlossen hast, hörst Du ein Automobil über die Landstrasse vor Deinem Anwesen entlang fahren. Das Geräusch ist unverkennbar.
Der knirschenden Kies der in der Kurve verdrängt und hochgeschleudert wird, ist überaus verräterisch. Jemand hat es anscheinend recht eilig.

Als Du Dich zum Fenster begibst und den Vorhang zurück ziehst, ist das Fahrzeug bereits hinter einer Natursteinmauer in der Senke, die ins Dorf führt, verschwunden.
Eine langgezogene Staubwolke, die sich nur langsam an diesem warmen Tag zu setzen beginnt, schwebt wie ein langes, weisses Banner hinter dem Wagen.

Als Du Dir gerade überlegst, was das wohl bedeuten könnte, reisst Dich ein Klopfen an der Hintertür aus Deinen Gedanken... Erneut ein Klopfen... "Herr Savage? Herr Savage, sind Sie Zuhause?" Wieder ein Klopfen. Diesmal an der Fensterscheibe. "Brandschutzbehörde. Ich hätte da ein paar Fragen an Sie."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.08.2016 | 12:05
"Brandschutzbehörde? ... Was sollte die an diesem einsam gelegenen Haus für ein Interesse haben? ... Die Erklärung ist so fernliegend, dass sie schon wieder nicht nach einer Finte riecht. Trotzdem bin ich skeptisch. ... Aber wenn der Mann die Anwohner vor einem Brand warnen wollte, was vermutlich weniger eine Aufgabe der Beamten der Brandschutzbehörde wäre, warum ist der Wagen dann weitergefahren? Der Mann sitzt jetzt hier im Ergebnis fest ... Und ein Flächenbrand hier in Irland? Das Haus ist von einer breiten Rasenfläche umgeben ..."

"Einen Moment!", rufe ich, öffne die Tür zum Wohnzimmer und pfeife Luni zu mir. Dann gehe ich mit Luni zur Eingangstür, greife mir meinen Gehstock und öffne das Portal gerade weit genug, um nicht unhöflich zu sein, aber gleichzeit nicht so weit, um dem Besucher Eintritt zu gewähren.

"Was kann ich für Sie tun?", frage ich und betrachte den Mann skeptisch.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 26.08.2016 | 13:33
Du hast Dir einen schönen, schattigen Platz am Strand gesucht; unter zwei ausladenden Weiden.
Deine Angel ruht am Ufer im Sand und die Angelschnur hängt ruhig im glatten Wasser.
Ein Schwarm Mücken tanzt über dem glitzernden Wasser. Einige davon umkreisen auch Dich, aber keine macht Anstalten Dich stechen zu wollen. Keine Mücke hat Dich dieses Jahr gestochen. Du kannst Dich auch nicht daran erinnern, ob Dich letztes Jahr einer der Blutsauger belästigt hat. Deine rechte Hand juckt. Sie hat sich während der Jahre immer wieder einmal gemeldet...


Ein Säuseln in der Luft "Hallo?"
Ein Flüstern im Laub "Ich bitte Euch um Entschuldigung, Sir."
Ein Murmeln im Wasser "Sir?"
Ein Lispeln im hohen Gras "Ich möchte Euch nicht stören..."


Du schaust Dich um. Niemand ist zu sehen. Du scheinst allein zu sein.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 26.08.2016 | 14:20
Der Wind klingt öfter als würde er Stimmen mit sich tragen. Ich gebe darauf anfangs nicht viel. Meistens sind es die Stimmen von Passanten, Arbeitern auf den Schiffen oder Arbeitern aus dem Wald auf der anderen Seite der schmalen Bucht.
Schließlich schaue ich mich doch um und suche nach der Quelle der Stimme.

Kommt sie von einem der Dampfer, die durch die schmale Bucht fahren?
Nein, das kann nicht sein. Dafür ist die Stimme zu leise, zu sehr gewispert. Von dort müsste man schon rufen, um deutlich gehört werden zu können.

Ich kann auch in den Bäumen oder an der Straße niemanden erkennen.

Warum spricht mich jemand mit "Sir" an? Das ist wirklich ungewöhnlich. Außer Harry und einer Hand voll anderer Ausländer spricht hier niemand andere Leute direkt auf Englisch an.
Erneut schaue ich mich nach einem Dampfer oder einem Ruderboot um, das vielleicht einen fremdländischen Seemann an Bord hat.

Schließlich schaue ich auf das Wasser hinab, dort wo meine Angelsehne im Wasser verschwindet.
Bilde ich es mir nur ein, oder ist dort ein Gesicht zu erkennen?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.08.2016 | 15:17
"Raymond Braddock, Sir."
Der Mann ist bereits fortgeschrittenen Alters, braun gebrannt und rustikal gekleidet - Knickerbockers, Wanderstiefel... eine Lodenjacke über dem Arm und eine Baskenmütze auf dem Kopf. Er hat einen alten, grau-braunen, verschlissenen Rucksack unter dem Arm, eine runde Nickelbrille auf der Nase und einen Spazierstock in der Hand. "Schön Sie endlich gefunden zu haben, Sir. Ich komme den langen Weg aus London, Sir. Ich untersuche den Tod eines Mannes."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 26.08.2016 | 15:51
"Hinter Euch, Sir."

Das Säuseln scheint die leise Stimme eines älteren Mannes zu sein. Du schaust Dich um, doch ausser dem hüfthohen Gras hinter Dir ist am Ufer nichts zu sehen.

"Ich wollte Euch nicht beim Angeln stören, Sir."

Deine Augen scheinen einer Sinnestäuschung erlegen zu sein, denn Du kannst niemanden auf der Böschung sehen, zu dem diese Stimme gehören könnte.


"Ich freue mich, Euch nun endlich gefunden zu haben, Sir."

Langsam zeichnen sich die Konturen einer zwergenhaften Statur im hohen Gras ab.

Du erkennst einen kleinen, kahlköpfigen Mann. Für seine Grösse von etwa einem Meter ist er recht breit und muskulös gebaut. Vermutlich ein Liliputaner.

"Gepriesen seit Ihr, Ove Eklund."

Sein Kopf ist gesenkt. Der Blick auf den Boden gerichtet.

"Gepriesen seien die Götter."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 26.08.2016 | 16:17
"Sie... Sie müssen mich verwechseln... " stammel ich.

"Wie kann ich Ihnen helfen?"
Ich hole die Angel zügig ein und gehe anschließend näher auf ihn zu.

Er schaut noch immer zu Boden und ist in einer leichten Verbeugung, wie es mir erscheint.
"Bitte, erheben sie sich doch!"

"Wen suchen? Und wie kann ich Ihnen helfen?"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 26.08.2016 | 16:47
"Ich habe Euch gesucht, Sir. Und ich habe Euch gefunden, Sir."

Ein Knie auf dem Boden, das andere gebeugt, den Oberkörper nach vorne gerichtet, den Kopf gesenkt, sieht die Person zwischen dem hohen Gras wahrhaft winzig aus... doch als er sich langsam aufrichtet und den Rücken durchstreckt, erreicht er vom Scheitel bis zur Sohle, in seinen Motorradstiefeln, sicher 1,90 m. Dann nimmt er seine Motorradkappe ab und zeigt seinen lockigen, blonden Haarschopf.

"Es ist mir eine unglaublich grosse Ehre, Euch kennenlernen zu dürfen, Sir."

Angemessenen Schrittes kommt der Mann langsam auf Dich zu.

"William Collins. Zu Euren Diensten, Sir."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.08.2016 | 19:02
Mein Gesicht verdüstert sich. Im ersten Moment bin ich überzeugt, dass es um den Brand im Chelsea Hotel vor drei Jahren gehen muss.

Dann wird mir klar, dass niemand meinen Namen in diesem Zusammenhang kennen dürfte. "Unsere Personalien wurden bei dem Brand nie aufgenommen, nirgendwo festgehalten. Außerdem ist bei dem Brand nicht nur eine, sondern es sind mindestens zwei Personen gestorben: Mrs. Marquard (https://frisbeebookjournal.files.wordpress.com/2010/09/daphne-du-maurier.jpg) und der Feuerwehrmann. Es muss um einen anderen Sachverhalt gehen.

Würde die Londoner Polizei wegen dieses Falles überhaut noch drei Jahre später ermitteln? Dann müsste es sich wohl um eine wichtiger Persönlichkeit handeln."


Wieder überlege ich, welche Spur zu mir geführt haben könnte. "Die einzige Person, wegen der ich in den letzten Jahren Kontakt mit der Londoner Polizei hatte, war Cainnech (http://www.iwm.org.uk/sites/default/files/history/listing/%C2%A9%20IWM%20(Q%2073408).jpg). Zumindest im Krankenhaus werden diese Mistkerle ... Constable Ron Kingston und dieser andere Copper Phil ... meinen Namen im Zusammenhang mit Cainnechs Festnahme aufgenommen haben. Und ich hatte auch vorher bei der Polizei angerufen und dabei meinen Namen genannt. Ob ich mich in der Polizeistation am Tag darauf vorgestellt habe? Ich kann mich nicht mehr sicher erinnern..." Ich spüre, wie schlagartig die Farbe aus meinem Gesicht weicht.

"Ich untersuche den Tod eines Mannes", wiederhole ich in Gedanken die Worte des Fremden. Bei dem Gedanken, dieser Mann könnte zu mir kommen, weil man Cainnechs Leiche gefunden hat, verspüre ich einen stechenden Schmerz in der Brust und einen Augenblick stockt mir der Atem.

Mir wird schlagartig bewusst, dass die drei Jahre Frieden mit diesem Tag nun zuende gehen könnten. "Natürlich habe ich im tiefsten Innern gewusste, dass dieser Tag irgendwann kommen würde, an dem mich meine Vergangenheit einholt. Aber ich hatte gehofft ... ... nun, in Wahrheit wusste ich es besser. Ich habe mich selbst belogen. Eigentlich hätte mich schon der Besuch im Dorf misstrausch machen müssen." In meinem Gesicht spiegelt sich vermutlich das Wechselbad der Gefühle.

Ich mustere den Mann vor der Tür noch einmal genauer, von oben bis unten.

Dieser Mr. Braddock sieht mir auch nicht wie ein britischer Beamter aus. Allerdings macht er auf mich auch nicht den Eindruck eines gewalttätigen Gangsters.

"Dann hat man ihn also endlich 'wiedergefunden', ja? Mehr als drei Jahre nach seiner Festnahme?", sage ich matt und geradeheraus. Mit hochgezogener Braue setze ich nach: "Sie sind doch nicht ernsthaft von der Brandschutzbehörde? Die ermittelt doch nicht Todesfälle. Darum kümmert sich das Yard ... Verzeihung: die Met! ... Also, heraus mit der Sprache: Wer sind Sie wirklich? Ein Privatdetektiv? Ein Versicherungsagent?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.08.2016 | 20:07
Braddock folgt Deinen Blicken. "Ich gebe sicherlich einen sonderbaren Anblick ab."
Bei Deiner Anspielung auf Cainnech zieht er kurz die Augenbrauen zusammen und runzelt die Stirn. "Nun ja... Ich bin ein passionierter Wanderer, Sir. Und ich liebe die Natur. Ich wollte das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden."

Der Mann greift leicht zögerlich in die Innentasche seiner Weste "Sie besitzen einen scharfen Verstand, Sir, aber ich bin nicht vom Yard." und holt etwas unbeholfen eine Metallmarke und einen Ausweis heraus, der ihn als Mitarbeiter der Brandschutzbehörde in London legitimiert. "Sehen Sie selbst, Sir. Ich bin wer ich vorgebe zu sein - Raymond Braddock."

"Sollten Sie in diesem Ort eine Poststation haben, dürfen Sie gerne ein Telegramm nach London senden, um meine Angaben auf ihre Richtigkeit überprüfen zu lassen - Braddock mit Doppel-D."

Er dreht sich um und macht Anstalten zu gehen. "Ich habe ein Zimmer im hiesigen Pub gemietet. Dúlamán bedeutet, so glaube ich, Seegras, nicht wahr? Vielleicht ist es ihnen angenehmer, wenn ich erst morgen Mittag wiederkomme? Es ist ja auch reichlich unhöflich von mir gewesen, Sie einfach so Zuhause zu überfallen, Sir. Entschuldigen Sie bitte."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.08.2016 | 20:29
"Nein, nein, ist schon gut ... treten Sie ein. Aber machen Sie einen Bogen um die Welpen. Die Hunde könnten sonst unruhig werden", rufe ich Braddock zurück.

Ich traue der Marke noch immer nicht so recht und ich frage mich, wie die angebliche Lust am Wandern mit dem rasenden Automobil in Einklang zu bringen sein soll, aber der Mann hat mich immerhin neugierig gemacht.

"Also treten Sie ein und sehen wir, wie ich Ihnen behilflich sein kann."

Ich führe Mr. Braddock - wie selbstverständlich meinen Stock mit mir führend - zum Wohnzimmer und lasse ihm mit einer einladenden Geste den Vortritt. Von drinnen hört man die Laute der Welpen.

Bevor ich selbst ins Wohnzimmer trete, rufe ich noch einmal durch die Eingangshalle: "Liebes ... wir haben Besuch! ... aus LONDON!"

Dann folge ich Mr. Braddock und bitte ihn, Platz zu nehmen. "Meine Tochter ... wissen Sie ... sie steckt hier irgendwo, aber das Haus ist nun einmal groß", erkläre ich entschuldigend. "Sobald sie sich zu uns gesellt, biete ich Ihnen gerne etwas an. ... Einen Tee? Einen guten irischen Whisky?" Mit einem nachsichtigen Blick füge ich nach einer kaum merklichen Pause an: "Ich könnte Ihnen selbstverständlich auch einen Cherry anbieten ... allerdings kann ich nicht mit einer britischen Marke aufwarten."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.08.2016 | 21:21
Braddock kniet sich vor der Tür auf den Boden nieder, öffnet die Schnürsenkel und zieht seine Wanderschuhe aus, bevor er Deiner Einladung folgt und voran in Richtung Wohnzimmer geht. "Ich habe einen Umweg genommen und bin noch am Loch gewesen - sehr malerische Gegend übrigens. Dort war es an einer Stelle recht morastig, was mich bei dieser trockenen Witterung doch stark überraschte." sagt er entschuldigend und zuckt mit den Achseln. "Ich möchte ungern Ihr Haus schmutzig machen."

Nachdem er im Wohnzimmer ist, setzt er sich auf den ihm angebotenen Stuhl. "Danke, sehr freundlich von Ihnen, Sir, aber ich habe dem Alkohol entsagt..." Er hebt entschuldigend die Hände. "Keine Angst. Ich bin kein Alkoholgegner, ich vertrage ihn nur nicht mehr. Der Doktor hat es untersagt... die Leber, wissen Sie. Aber lassen Sie sich durch mich nicht zurückhalten."

Er schaut nachdenklich aus dem Fenster in denGarten. "Recht ruhig hier bei Ihnen. So beschaulich. Ich wünschte, ich würde mit meiner Familie auch ländlicher leben können. Aber EIN Automobil reicht, wenn man drunter liegt, nicht wahr? Vorhin wäre ich fast von einer schwarzen Limousine überfahren worden, als ich auf dem Weg zu Ihnen war. Es hat nicht viel gefehlt... Da hatte es wohl jemand recht eilig... Wie dem auch sei."

Er dreht sich zu Dir und faltet die Hände. "Ich denke, Sir, dass Ihnen der Name Marquard etwas sagt?"
Er schaut Dich fragend an. "In diesem Zusammenhang kam es zum Tod eines meiner Mitarbeiter. Joseph Henry. Sagt Ihnen der Name etwas?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.08.2016 | 21:45
"Ja, ich habe das Automobil gehört. Aber wenn es Sie fast überfahren hat, wie sind sie nur so schnell zur Tür gekommen ... zur Hintertür? Sie müssen ein guter Läufer sein ..."

Ich stelle mir vor, was für einen Spurt der Mann hingelegt haben müsste, um in der Geschwindigkeit vom Tor (http://www.rootsweb.ancestry.com/~irlcar2/Dunleckney_Hse_Gate.jpg) zur Hintertür zu kommen. Seine Geschichte ist nicht stimmig. Ich bleibe argwöhnisch.

"Joseph Henry sagt mir absolut nichts. Ich bedaure.

Bei dem Namen Marquard helfen Sie mir doch bitte mit einem Vornamen auf die Sprünge ..."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.08.2016 | 22:33
Braddock lächelt milde. "In meinem Alter? Sir, ich bin ein Schreiter, kein Spurter. Das Automobil, von dem ich sprach, hätte mich beinahe hinter einer Kurve in der Nähe des Lochs entwischt. Das ist nun bereits ein paar Minütchen her."

"Marquard? Elisa Marquard. Klingelt da irgendetwas bei Ihnen, Sir?" Er schaut Dich intensiv an. "Damals, vor drei Jahren, im Januar 1930, war Frau Marquard 32 Jahre alt. Eine seltsame Krankheit, etwas zwischen Muskelschwund und Muskelverhärtung hatte sie an den Rollstuhl gefesselt. Sie war die Tochter des Anthropologen Dr. Gotthilf Cees von Höllsang."

"Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Sir, würde ich vielleicht doch einen Earl Gray nehmen, wenn es Ihnen nicht all zu viel Mühe bereitet."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.08.2016 | 23:31
"Und DAS hier ist Joseph Henry." Braddock halt eine Fotografie heraus und legt diese auf den Tisch.
http://news.bbc.co.uk/olmedia/1705000/images/_1708387_maigret300.jpg (http://news.bbc.co.uk/olmedia/1705000/images/_1708387_maigret300.jpg)

Du erkennst den Raucher aus dem Treppenhaus des Chelsea Hotel in London.
"Ist Ihnen dieser Mann schon irgendwo einmal begegnet, Sir?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 27.08.2016 | 04:05
"Verdammt! Ich wusste doch, dass mit dem Kerl etwas nicht stimmt! Wenn das auf dem Foto Joseph Henry ist, dann hat Braddocks toter Kollege offenbar den Brand gelegt. Jedenfalls ist er nicht darin umgekommen. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie dieser Kerl mit hochgeschlagenen Kragen in den Fahrstuhl gestiegen und nach unten gefahren ist ... bevor der Brand ausbrach. ... Und anschließend stand er auf der anderen Straßenseite in einem Hauseingang.

Aber es überrascht nicht wirklich, dass jemand von der Brandschutzbehörde das Feuer gelegt hat. Immer wieder hört man von Feuerwehrleuten, die Brände legen. Jemand von der Brandschutzbehörde weiß im Zweifel sehr genau, wie er einen Brand möglichst erfolgreich stiftet.

Aber, falls dieser Mann von der Brandschutzbehörde ist, wird er mir die Wahrheit vermutlich nicht glauben. Vermutlich stellt er auf eigene Faust Ermittlungen an ... über den Tod eines Kollegen, eines Freundes ... eines Verwandten, den er in die Behörde gebracht hat.

Und warum sollte ich kooperieren? Es bringt mir doch nur Ärger ein."


Ich stehe auf. "Einen Earl Grey? Gerne!"

Leicht auf meinen Gehstock gestützt, begebe ich mich zum Schrank und setze schon einmal das Porzellan auf ein silbernes Tablett, um Zeit zu gewinnen. Drei Tassen.

"Der Mann scheint längst zu wissen, dass ich im Januar 1930 in London war. Also sollte ich wohl bei der Wahrheit bleiben ... und doch nichts sagen."

Ich beschließe, zur Gegenoffensive überzugehen.

Mit matter Stimme beginne ich zu erzählen: "Nun, in der Tat war ich im Januar 1930 für ein paar Tage in London. Ich habe damals jemanden besucht. Es kam zu einem unschönen Zwischenfall." Ich mache eine kurze Pause. "Es gab einen tätlichen Angriff von einem Polizisten auf eine Frau im Princess Grace Krankenhaus. Der Angreifer war ein Inspector Roy Dalgliesh vom Yard. Ich werde sein Gesicht (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/e9/e7/02/e9e702e89f42dddebeb2eb7a8e99d209.jpg) nie vergessen. Er war nicht mehr er selbst ... nicht mehr bei Verstand, muss man wohl sagen. Soll Kanibalismus betrieben und Tiere gequält haben. ... Aber ich glaube nicht, dass die Londoner Polizei jemals etwas gegen ihn unternommen hat. Ich vermute, er läuft immer noch frei herum. ..."

Nach einer weiteren kurzen Pause fahre ich fort: "Ich habe jedenfalls damals die Polizei um Hilfe gerufen. Auf meiner Reise nach London begleitete mich ein junger Mann hier aus dem Dorf, dem ich eine Anstellung gegeben hatte. Den hat die Polizei dann vor den Augen der Menge niedergeknüppelt und fortgeschleift, anstatt gegen ihren Kollegen zu ermitteln. ... Warum? Weil er Ire war! Aus keinem anderen Grund! Und ich konnte ihm nicht helfen. ... Ich habe noch versucht, das amerikanische Konsulat hinzuziehen, habe aber niemanden mehr rechtzeitig erreicht. ... Jedenfalls hat mein Begleiter angeblich nie lebend das Polizeipräsidium erreicht. ..."

Ich seufze matt. "... Das war am 8. Januar 1930. Ich werde dieses Datum nie vergessen, an dem ich mit ansehen musste, wie die Polizisten Ihrer Majestät vor den Augen der Bewohner Londons einen Menschen halb totgeschlagen und fortgeschleift haben ... und niemand hat auch nur einen Finger gerührt. ... Gleich am nächsten Tag habe ich London verlassen und mir geschworen, nie wieder einen Fuß in diese verfluchte Stadt zu setzen. ...

Und ich muss seiner Mutter seither tagtäglich in dem Bewusstsein gegenübertreten, dass ihr Sohn vor meinen Augen von der Londoner Polizei ohne Grund verschleppt und getötet wurde. Am 8. Januar 1930.

Man hat uns nicht einmal seine Leiche überlassen. Seine Mutter hat hier nur ein leeres Grab, um daran um ihren Sohn zu trauern." Ich lächle Mr. Braddock ins Gesicht. "Natürlich hat man uns den Jungen nicht zurückgegben. Sonst hätten wir allzu leicht beweisen können, wie er zu Tode gekommen ist! ... Ist vermutlich besser so. Wenn man hier auch noch gesehen hätte, wie er zugerichtet wurde ...

Wissen Sie, das war ein feiner Kerl, dieser Junge. War hier sehr beliebt ... hatte viele Freunde. Treue Burschen vom Land, die anzupacken wissen, harte Arbeit gewohnt sind ... Die denken sehr geradeheraus, wenn sie verstehen, was ich meine. Sind aufrecht. Haben eine recht einfache Vorstellung von Gut und Böse. Katholiken durch und durch. Die haben zwar ein offenes Herz für jeden, der mit ihnen singt, aber in solchen Fällen halten sie es eher mit dem Zweiten Buch Mose, Sie wissen schon: 'Wenn aber Schaden geschieht, so sollst du geben Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß, Brandmal für Brandmal, Wunde für Wunde, Strieme für Strieme.' ... Die waren schon vorher auf Briten nicht gut zu sprechen. Wegen der Hungersnot vor 80 Jahren und dem Verhalten des Empire damals ... das hat man hier nicht vergessen ... für soetwas braucht es mehr als zwei Generationen. Und an die Black and Tans, die uns London geschickt hat ... raubend, vergewaltigend und mordend ... kann man sich auch noch gut erinnern. ...

Da war es schwer für mich, die Gemüter zu beruhigen, als ich die Nachricht von der Ermordung ihres Freundes in London überbringen musste. Zu leicht folgt auf Gewalt neue Gewalt. Wenn die Beamten aus London einen der ihren totschlagen, nur weil er ein Ire ist, und den Tätern anschließend nichts passiert, dann kommt vielleicht bei dem einen oder anderen der Wunsch auf, einem Beamten aus London das gleiche anzutun, nur weil er ein Beamter aus London ist. Wo der Staat nicht für Recht sorgt, nehmen das die Menschen mitunter selbst wieder in die Hand. Verstehen Sie? Vielleicht ist es keine gute Idee hier im Pub ein Zimmer zu nehmen, wo SEIN Stuhl nun leer ist ... Könnte jemand in den falschen Hals bekommen, je nachdem, wer sich auf den Stuhl setzt. Ich will Ihnen keine Angst machen, aber Sie sollten das besser wissen.

Der Junge hat hier eine Mutter zurückgelassen, deren Ehemann im Großen Krieg für England schwer verwundert wurde und dann später an den Folgen gestorben ist. Giftgas. War im nachhinein nicht mehr so eindeutig zu klären, ob das tatsächlich deutsches Gas war, das die irische Einheit damals erwischt hat. Jetzt hat sie nur noch Töchter ... England hat ihr jeden Mann genommen, der für ihren Lebensunterhalt hätte sorgen sollen.

Das Wissen um diese Ungerechtigkeit nagt an den Menschen. Das ruhige, beschauliche Landleben hier ist nicht so schnelllebig wie das Leben in London. Man erinnert sich hier länger ... vor allem an die elementaren Dinge, die hier mehr zu zählen scheinen als in London."

Erneut mache ich eine längere Pause, als müsste ich mich auf den eigentlichen Gegenstand unseres Gespräches zurückbesinnen.

"Um Ihre Frage zu beantworten: Ich bin mir eigentlich sicher, nie mit dem Mann auf dem Foto gesprochen zu haben. Es tut mir leid, was immer ihm widerfahren ist. Damals im Januar 1930 waren die Londoner Zeitungen voll von Todesfällen und merkwürdigen Ereignissen in London. Keine Ahnung, ob das bei Ihnen da drüben normal ist. Am Tag bevor ich in London ankam, gab es eine große Schießerei bei einem Banküberfall, wenn ich mich recht entsinne. Die Zeitungen auf dem Bahnhof waren voll davon.

Warum glauben Sie, dass ich Ihnen weiterhelfen könnte?

Sie werden den weiten Weg nach Irland ja nicht nur der schönen Landschaft wegen gemacht haben, nicht wahr?"

Nachdem ich schon eine Weile wieder vor dem Tisch gestanden habe, setze ich jetzt das kleine Silbertablett mit den Geschirr ab und nehme wieder Platz. Ich beabsichtige nicht, diesen Mann unbeaufsichtigt zu lassen. Luni scheint meine Stimmung zu spüren. Denn lautlos erscheint er neben meinem Stuhl und blickt den Besucher abschätzend an. Mein Blick wechselt kurz zur Zimmertür. "Ich frage mich, wo Matilde wohl sein mag. Ich hätte sie gerne bei mir. Andererseits ist es vielleicht besser, wenn dieser Mann sie nicht zu Gesicht bekommt ... Aber er wird seine Erkundigungen wahrscheinlich bereits in dem Dorf eingeholt haben. Und dann wird vermutlich irgendjemand über Matilde geredet haben ... so oder so."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.08.2016 | 08:58
"Auch ich bin geradeheraus, Sir. So wie der junge Bursche, von dem Sie mir gerade berichtet haben."
Er holt ein kleines schwarzes Notizbuch heraus, schlägt es bei dem roten Lesezeichen auf und zückt einen kurzen Bleistift. "Wie war doch bitte sein Name? Der Name des Verschwundenen? Es wäre hilfreich, wenn Sie ihn mir buchstabieren würden."
Braddock schaut Dich fragend an. "Ich kann nicht so gut mit Sprachen umgehen, wissen Sie. Vielleicht könnten Sie mir den Namen buchstabieren? Dennoch... Ich kann in dieser Hinsicht sicher etwas für Sie und seine Familie recherchieren. Ich kann Ihnen nichts versprechen und ich möchte Ihnen auch keine falschen Hoffnungen machen. Ich habe aber einige Verbindungen in London. Möglicherweise kommt ja etwas dabei heraus."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.08.2016 | 09:08
"Noch etwas, Sir." Der Mann blickt Dich nachdenklich an. "Planen Sie wohlmöglich eine politische Karriere? Sie haben mit Sicherheit die besten Voraussetzungen für ein derartiges Amt, Sir. Sie würden gewählt werden."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 27.08.2016 | 10:50
"Oh, Gott bewahre mich vor der Politik!", sage ich lachend. "Dafür fehlt es mir an dem notwendigen Hang zur Korruption. Außerdem bin ich nur zur Hälfte Ire und in den Vereinigten Staaten geboren."

Etwas widerwillig buchstabiere ich Mr. Braddock Cainnechs Namen. "Die Polizei hat mir gegenüber behauptet, man hätte meinen Gefährten einem Mitarbeiter von Lord Penhew übergeben. Hierüber gab es jedoch keinerlei Papiere. Und Cainnech blieb verschollen. Er war verletzt, hätte ärztlich untersucht werden müssen. Wir waren ja sogar im Krankenhaus, als der Übergriff erfolgte. ..." Ich halte inne, bevor mich der Zorn überkommt.

"Ich glaube, es wäre nicht klug von Ihnen, in der Sache weitere Nachforschungen anzustellen ... ich meine, es könnte nicht ungefährlich sein. Wir haben das auch versucht. Und wir hatten auch Kontakte in der Stadt. Aber nichts ... nicht die geringste Information ... eine Wand aus Schweigen."

Ich blicke auf die leeren Tassen auf dem Tisch.

"Aber Sie wollten mir gerade erklären, was Sie veranlasst hat, zu mir zu kommen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.08.2016 | 11:12
"Nein, Sir, das wollte ich eigentlich nicht." Braddock blickt auf seine gefalteten Hände. "Ich hatte Sie vielmehr nach Elisa Marquard gefragt. Nach einer Frau, die Sie besucht haben sollen, an dem Tag, als ein Feuer grosse Teile des Hotels, in welchem Frau Marquard abgestiegen war, in Trümmern legte."
Er blättert in diesem kleinen Notizbuch. "Sie sind Arzt, Sir. Wissen Sie etwas über diese ominöse Krankheit, an der die Frau gelitten haben soll?"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 27.08.2016 | 14:08
Der grosse Mann, der inmitten des hohen Grases steht, ist ganz in eine hellbraune Lederkluft gekleidet. Er schaut freundlich, als er auf Dich mit langsamen, aber weit ausholenden, Schritten zukommt.

Der Mann macht einen leicht angespannten Eindruck.

Als er noch etwa drei Schritte von Dir entfernt ist, bleibt er plötzlich stehen und greift mit der rechten Hand in die Innenseite seiner Lederjacke.

"Ich habe noch ein kleines Geschenk für Euch, Ove Eklund."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 27.08.2016 | 14:29
"Wer sagt, dass ich Frau Marquard besucht habe? Das ist zwar zutreffend. Ich habe sie ein einziges mal gesehen und ich habe sie erst an diesem Tag kennengelernt. Tatsächlich habe ich erst wenige Stunden zuvor zum ersten Mal von ihr gehört.

Aber dass Sie hiervon wissen, macht mich äußerst skeptisch. Mein Kontakt mit Frau Marquard entsprang eher dem Zufall.

Wenn Sie mehr von mir wissen wollen, werden Sie Ihre Karten schon auf den Tisch legen müssen, denn ich vertraue Ihnen nicht ... Marke hin oder her ... die hat hier in Irland sowieso keine Relevanz."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 27.08.2016 | 14:37
An der Grundvik Bucht


Der Name sagt mir nichts und auch diese imposante Erscheinung weckt keine direkten Assoziationen.
Seit Jahren führen wir nun ein ruhiges Leben hier in der schwedischen Provinz. Ich rechne nicht mit Gewalt. Doch seine angespannte Haltung irritiert mich etwas. Ich merke wie sich mein Griff um die Angel unwillkürlich so verstärkt dass ich den Angelstock notfalls als Schlagwaffe verwenden kann.

Ich schaue den Mann interessiert an.

"Ich glaube sie verwechseln mich. Kennen wir uns?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.08.2016 | 14:59
"Sir, so sehr ich Ihnen gerne sagen möchte, was ich herausgefunden habe, ich darf es nicht. Es tut mir leid. Es tut mir aufrichtig leid."

Braddock erhebt sich. "Ich danke Ihnen für den Earl Gray. Er war sehr gut." Er steckt sein Notizbuch wieder ein. "Nun möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Gastfreundschaft bedanken. Es war mir eine Freude, Sie kennenlernen zu dürfen." Er macht sich zu Hintereingang auf den Weg, um seine Wanderschuhe wieder anzuziehen.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 27.08.2016 | 15:23
Der Mann bringt eine Holzschachtel aus seiner Jacke zu Vorschein.

Erneut beugt er sein rechts Knie vor Dir, bis es den Boden berührt.
Dann verbeugt er sich vor Dir, den Blick auf den Boden gerichtet, wie ein künftiger Ritter bei der Schwertleite.

Die Schachtel mit beiden Händen umfasst, streckt er seine Arme über den Kopf nach vorne in Deine Richtung.

"Sir, ich möchte Euch dies als Geschenk darbringen. Es würde mich sehr ehren, wenn Ihr es annehmen würdet."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 27.08.2016 | 16:01
Der Sarkasmus des Mannes prallt an mir ab. "Was erwartet er denn? Schleicht auf meinem Grund und Boden herum, platzt hier unangemeldet herein und befragt mich zu einem Thema, das er selbst für so brisant hält, dass er mir nichts darüber sagen kann? Britische Manieren eben. Wenn man in einem anderen Land ist, nimmt man sich was man möchte. ... Brandschutzbehörde? Wohl kaum! Die soll in Mordsachen auf eigene Faust im Ausland ermitteln? ..."

"Ich habe volles Verständnis für Ihr Misstrauen. Aus den gleichen Gründen erzähle ich auch nicht einem Fremden aufs Geratewohl etwas über Frau Marquard. Frau Marquard wurde bereits ermordet und mit ihr ein Mann von der Feuerwehr. Ich vermute, die beiden waren noch nicht einmal die einzigen. Ihr Mitarbeiter, dieser Joseph Henry, kam offenbar auch unter merkwürdigen Umständen ums Leben. Es sind schon genug Menschen gestorben, denke ich.

Es tut mir leid, dass ich nicht gastfreundlicher sein konnte. Keine Ahnung, wo sich meine Tochter gerade herumtreibt."

Ich begleite den Mann noch mit Luni vor die Tür und achte darauf, dass er das Grundstück verlässt. Als Braddock in der Senke verschwunden und damit außer Sichtweite ist, versuche ich herauszufinden, woher er gekommen ist. Ich betrachte im Flur den Schmutz, der von seinen Schuhen gefallen ist. Ich suche vor der Tür auf dem Boden nach Spuren und versuche Luni auf Braddocks Fährte anzusetzen. "Wie lange hat der Kerl mein Haus wohl beobachtet, bevor er zur Hintertür gekommen ist? Und warum gerade zur Hintertür?"

Ich beschließe, Matilde und Marie zu suchen. "Vielleicht sind die beiden bei Máirín?", überlege ich. "Ich sollte Niall Uí Rathaille (http://shc.stanford.edu/sites/default/files/styles/220x160/public/news/farmer%2520web.jpg?itok=pH6wfEcy) fragen. Matilde war mit ihm in den letzten Jahren öfters auf der Jagd. Auch wenn Niall zu Beginn vermutlich nicht begeistert war, sich die Ausübung meines Jagdrechts nun teilen zu müssen ... mit einer Frau ... scheinen die beiden inzwischen gut miteinander auszukommen." Eine unbestimmte Furcht überkommt mich, dass dieses Auto etwas mit Matildes Verschwinden haben könnte. "Du siehst Gespenster", versuche ich mich zu beruhigen.

"Du wirst sie finden, nicht wahr?", frage ich Luni. "Aber zuerst finden wir heraus, woher dieser neugierige Mann kam."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.08.2016 | 17:58
Die Spuren, die Braddock hinterlassen hat sind zum Teil sehr deutlich, aber zum Teil auch recht unscheinbar. Der Mann war wirklich längere Zeit in der Gegend unterwegs. Die Spuren geben keine klare Richtung vor und führen mal hier hin und mal dort hin. Er scheint sich hier ausgiebig umgesehen zu haben. Über Weiden und Wiesen hinweg. An Natursteinmauern und einem Bachlauf entlang. Und auf schmalen Feldwegen unterwegs. Durch ein kleines Waldstück hindurch, bis an den Ausläufer des Lochs im Norden heran.

Östlich des Wassers führt eine alte Strasse in ost-westlicher Richtung am Loch vorbei.

In einer unübersichtlichen Kurve scheint vor nicht allzu langer Zeit ein Wagen nach rechts auf den unbefestigten Teil der Strasse hinausgetragen worden zu sein. Die Spuren von durchdrehenden Reifen auf der Wiese und im Erdreich sind sehr deutlich erkennbar.

Nachdem Du den Spuren etwa eine Dreiviertelstunde gefolgt bist, drehst Du wieder um.

Braddock muss das Dorf in NW-Richtung verlassen haben, um das Loch zu umrunden und dann südlich des Lochs bei Dir angekommen zu sein. Eine wahrhaft lange Wanderung.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 27.08.2016 | 18:11
"Nun, dann ist er eben auch bei der Wahrheit geblieben und hat dabei doch nichts von Relevanz gesagt. Genau wie ich."

Ich zucke die Schultern.

"Immerhin hat er nicht in den Wälder herumgeschnüffelt."

"Ab nach Hause, Luni! So lange wollte ich überhaupt nicht unterwegs sein. Aber Dir tut die Bewegung genauso gut wie mir. Wir suchen jetzt Matilde! ... Und vielleicht rede ich nachher noch ein paar Worte mit den Jungs im Pub."

Der Spaziergang mit Luni hat meine Laune gehoben.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 27.08.2016 | 19:04
"Entschuldigen Sie, ich habe noch immer nicht verstanden, was Sie eigentlich von mir wollen."

"Und bitte, veralbern Sie mich nicht! Sie brauchen sich hier niemandem zu unterwerfen. Wieso haben Sie mich gesucht?"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 27.08.2016 | 19:36
Der grosse Mann verharrt in der darbietenden Haltung.

"Sir?"

In seiner Stimme schwingt Unverständnis mit. Er scheint auf etwas zu warten.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.08.2016 | 19:44
Als Du zurück kommst, ist Matilde immer noch nicht wieder da. Langsam beginnst Du Dir ernsthaft Sorgen zu machen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 27.08.2016 | 20:22
"Verflucht", murmle ich, "wie lange mag sie nun schon fort sein? Und Marie ist auch nicht da."

Ich blicke Luni in die Augen. Er wirkt ähnlich ratlos wie ich.

Der Umstand, dass die Welpen ihre Zähne an einem Kissen erprobt haben, berührt mich angesichts dessen wenig.

"Wir bringen Deine Familie jetzt erst mal in den Flur, wo sie weniger Schaden anrichten können. Das Kissen können sie behalten."

Nachdem ich es den Welpen und der Hündin gemütlich gemacht habe, greife ich mir wieder den Stock.

"Es tut mir leid, mein Junge, aber wir müssen noch einmal los, Matilde und Marie suchen. Wir gehen jetzt zuerst zu Máirín. Wohin wird sie sonst schon mit Marie gehen? Und Du suchst nach ihr!"

Bevor wir gehen, verriegele ich alle Türen. Dann lasse ich Luni an einem Tuch von Matilde riechen und hoffe, dass es hilft.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 27.08.2016 | 22:31
Irgendwo auf einer Veranda in Piteå

Als Du Dich gerade in der Therapiesitzung mit Kristine befindest, kommt der Postbote auf seinem Fahrrad am Haus vorbei. Mittlerweile kennt man sich.

Per grüsst Euch mit einem Winken... dann bremst er abrupt ab, dass der Kies knirscht. "Hej hej, Ihr zwei... Ist Ove im Haus? Ich wollte ihm nur kurz sagen, dass mir vorhin ein Mann auf einem Motorrad begegnet ist, der nach ihm gefragt hat. Mir kam das sonderbar vor. Der Mann war offensichtlich fremd hier. Vermutlich ein Engländer. Vielleicht ist es ja wichtig. Gebt die Nachricht bitte weiter. Bis Morgen."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 28.08.2016 | 11:18
"Ein Mann aus London..." Kristine's Worte sind ein Flüstern, ein Lispeln, ein Wispern. "Ein Fremder... Hier? ... Dalgliesh? ... Dalgliesh!" Die Farbe weicht völlig aus Kristine's Gesicht.
Ihr Körper versteift sich. Sie verkrampft sich unnatürlich am ganzen Körper und gräbt ihre Finger in die Polster der Armlehnen, dass die Knöchel ihrer Finger weiss hervor treten... sie wird katatonisch.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 28.08.2016 | 11:26
Du begibst Dich mit Luni ins Dorf, um nach Matilde zu sehen.
Du beobachtest, dass sich Braddock im Dorf aufhält. Er unterhält sich ausgelassen mit drei alten Frauen, die mit ihm verschwörerisch in kleinem Kreis stehen.
Während die alten Weiber tratschen, stopft sich der Mann sein Pfeifchen und beginnt zu Rauchen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 28.08.2016 | 20:04
"Langsam wird mir dieser Kerl lästig. Eigentlich gibt es hier nicht viel herauszufinden. Aber zu gerne wird Wahrheit verdreht ... vor allem, wenn man sie nicht glauben oder akzeptieren will."

Ich entschließe mich, die Chance zu nutzen. Bevor mich die Gruppe bemerkt, biege ich ab in Richtung Pub. Ich grüße freundlich die Männer (https://alresfordmemories.files.wordpress.com/2013/02/d203-the-bush-ovington-1920s.jpg), die hier schon auf ein Glas eingefunden haben und eile weiter ins 'Camán Inn' (https://comeheretome.files.wordpress.com/2012/12/priory-robert-french.jpeg?w=500&h=378). Iefan Brothaigh (http://theredlist.com/media/.cache/database/photography/history/docu-social/dorothea-lange-/1468679918-034-dorothea-lange-theredlist.png) steht bereits hinter der Theke.

Iefan ist nicht der Klügste, aber er füllt die Gläser bis zum Rand und hat eine natürliche Begabung, Betrunkene zur Ruhe zu bringen. Die Männer hören auf ihn, jedenfalls solange sie in seinem Pub sind. Und natürlich kannte er auch Cainnech gut, der hier regelmäßig mit seinen Freunden eingekehrt ist.

Nachdem ich Iefan gegrüßt und mir einen Whisky bestellt habe, beginne ich, mich mit ihm zu unterhalten:

"Sag mal, was ist denn dieser Braddock für einer? Der ist einfach auf meinem Grund aufgetaucht, ist in meinem Garten herumgestromert und hat schließlich an der Hintertür geklopft. ... Vielleicht wollte er nur feststellen, ob jemand zuhause ist?

Mir hat er erzählt, er käme von der Brandschutzbehörde in London. Ermittelt angeblich wegen eines Hotelbrandes, der einen Tag, nachdem die sich Cainnech vorgenommen haben, ausgebrochen ist. Ich habe das mitbekommen. Aber ich habe keinen blassen Schimmer, wer ihm das erzählt haben könnte. Und mir wollte er das auch nicht sagen. Er wollte auch nicht erklären, was genau er von mir will und warum. Insgesamt hat er sehr geheimnisvoll getan.

Komische Sache das ... hätte nicht gedacht, dass die Londoner Brandschutzbehörde ihre Beamten alleine nach Irland schickt, um hier Ermittlungen anzustellen. Ist doch merkwürdig, dass Braddock nicht die hiesige Polizei um Hilfe gebeten hat. In London denkt man vielleicht immer noch, man könnte hier einfach auftauchen und wir hätten zu springen?

Ich mache mir ein wenig Sorgen. Du weißt ja, dass DIE Óglaigh na hÉireann Cainnech anwerben wollte ... Vielleicht wollen die Briten zwischen Cainnech und dem Hotelbrand irgendeinen Zusammenhang herstellen, um uns das in die Schuhe zu schieben und Cainnechs Ermordung nachträglich zu legalisieren? Aber Du weißt so gut wie ich, dass Cainnech bei sowas nicht mitgemacht hätte. Der Junge wollte einfach nur fliegen, nichts sonst. Vielleicht will dieser Braddock Namen herausfinden? Männer von der Óglaigh na hÉireann, verstehst Du?

Der Wandersmann wandelt auf einem verdammt schmalen Grad und ich bin mir nicht sicher, ob ihm das klar ist. Wäre besser, wenn Du darauf achten würdest, dass er unbeschadet wieder abreist, möglichst ohne Antworten zu bekommen. Sag den Jungs, sie sollen ihn in Ruhe lassen, aber seinen Fragen ausweichen. Lasst ihn ordentlich singen ... von wegen irischer Brauch, dass Gäste musizieren müssen, solange sie nichts trinken ... das dürfte bedeuten, dass er nicht viel zum Reden kommt.

Ich möchte hier keinen Ärger haben. Kannst Du Dir vostellen, was hier sonst los wäre?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 28.08.2016 | 21:27
Der Barkeeper ist rustikal und ein einfach gestrickter Mann mit kleinen Bedürfnissen, schlichtem Gemüt und wenig Vorstellungsvermögen.
Seine Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen "Chan eil biot a dh'fhios agam."

Ungerührt reibt er weiter seine Gläser trocken. "Weniger Gäste? Oder bekommen wir hier die britische Sperrstunde?"

[ Keine Ahnung. ]
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 29.08.2016 | 08:00
Langsam beginne ich mir wirklich Sorgen zu machen. "Ist Iefan heute dümmer als sonst oder spielt er mir den Einfältigen nur vor?"

"Mensch Iefan, wenn die falschen Leute den Eindruck bekommen, dass hier mit den britischen Behörden zusammengearbeitet wird und Namen genannt werden könnten, dann bekommen die wohlmöglich tatsächlich Lust darauf, ein Hotel brennen zu sehen. Verstehst Du das nicht? Die wollten Cainnech haben und haben es immer wieder versucht, bis wir nach London gefahren sind. Und die Londoner Polizei hat nichts besseres zu tun, als Cainnech ohne ersichtlichen Grund zusammenzuschlagen und zu verschleppen, da sind wir gerade einmal einen Tag in London. Und wer weiß schon, was die Polizei danach mit ihm gemacht hat? Die Männer von der Óglaigh na hÉireann beginnen langsam darauf zu vertrauen, dass Cainnech den Mund gehalten hat. Und jetzt das hier. Natürlich müssen die annehmen, dass dieser Braddock nicht zufällig hier herumschnüffelt. Da kennen die keinen Spaß!

Was hat dieser Braddock denn für Fragen gestellt?

Was hat er Dir gesagt, woher er kommt und was er hier will?

Wie lange will er bleiben?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 29.08.2016 | 09:55
"Dieser Braddock redet nicht viel... Engländer... aus London wohl... arbeitet beim Amt... Feuerwehr oder so ähnlich... bleibt ein paar Tage... sein Wagen steht draussen im Hof... gestern hat er länger telefoniert... einmal mit Roscommon, einmal mit Longford und einmal mit Tullamore."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 29.08.2016 | 10:19
"Hmm", mache ich nur.

"Ist die Nähe zu Mullingar ein Zufall? Vielleicht hat der Kerl etwas mit dem Mord zu tun ... oder er will ihn mir anhängen?"

Ich leere meinen Whisky, zahle und verabschiede mich von Iefan. Von ihm ist offensichtlich nichts weiter zu erfahren.

Im Hof sehe ich mir den Wagen genauer an. Woher stammt er? Hat Braddock einen eigenen Wagen aus England mit nach Irland gebracht? Gibt es Hinweise darauf, dass mehrere Personen mit dem Wagen unterwegs waren?

Anschließend nutze ich anstelle der Dorfstraße einen Feldweg, um zu dem Haus von Máirí zu gelangen. Ich möchte Braddock nicht über den Weg laufen.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 29.08.2016 | 15:04
An der Grundvik Bucht


"So, stehen Sie doch bitte auf!", beharre ich. Ich gehe an dem Mann vorbei und in Richtung der Straße.

"Bitte. Was machen Sie hier für eine Szene. Ich bin kein Sir, und hören Sie bitte mit diesen Unterwerfungsgesten auf! Warum haben Sie mich denn bitte gesucht? Um mich hier zum Narren zu halten?!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 29.08.2016 | 15:33
Hinten im Hof, unter einer alten Linde, parkt eine olivgrüne Vauxhall D-Type Limousine Prince Henry von 1916, 25 PS, 95 km/h. Am Schalthebel hängt ein Schild: O'Leary AV Dublin.
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/736x/da/3b/cb/da3bcb20f3c71699293d56b2db199c90.jpg (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/736x/da/3b/cb/da3bcb20f3c71699293d56b2db199c90.jpg)
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 29.08.2016 | 15:35
"Sir? Ich verstehe nicht, was Ihr meint."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 29.08.2016 | 16:28
Da sind wir dann ja schon mal zu zweit.
Aber dann spiele ich das Spielchen eben mit....


Mit möglichst ehrfurchtgebietender Stimme sage ich:
"So... dann erklärt euch!

Was genau führt euch zu mir?

Wollt ihr mir nur diese kleine Kiste als Geschenk anbieten?!

Wer schickt euch her?"

Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 29.08.2016 | 17:54
"Das ist ein Test, nicht wahr? Ihr wollt mich testen. Ihr wollt wissen, ob ich es wert bin, Euch dienen zu dürfen?"

Immer noch verharrt der Hüne in dieser devoten Position. "Sir? Ihr wollt wissen, wer Ihr seid? Ihr seid der Auserwählte. Ihr seid der Eine. Ihr seid die rechte Hand. Die Götter haben Euch erwählt. Die Götter haben mir den Weg zu Euch gewiesen. Und die Sterne haben mich zu Euch geführt."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Text am 29.08.2016 | 23:24
Auf der Veranda:

"Kristine? Ist alles in Ordnung?" Ich bewege meinen ausgestreckten Finger vor ihrem Gesicht um ihre Reaktionen zu testen.

"Atmen Sie tief durch. Entspannen Sie sich. Hier geschieht Ihnen nichts."

Wenn sie auf mich reagiert und ich merke dass sich ihre Anspannung etwas löst, frage ich: "Wer ist dieser Dalgiesh? Warum glauben Sie dass er dieser Fremde ist?"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 30.08.2016 | 10:27
"Dal...glie...sh." Das Wort presst Kristine heraus, als würde sie sich das Gift einer Viper aus dem Arm heraus saugen. "Daaalglieeeshhh!"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Text am 1.09.2016 | 09:09
Ich packe sie an den Schultern. "Kristine! Reißen Sie sich zusammen!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 2.09.2016 | 14:41
Matilde

Ich schlage die Augen auf. Das erste was ich sehe, ist grün. Ich kneife die Augen wieder zusammen.
Verdammt, wo bin ich..
"MARIE!" schreie ich, und springe hoch.
Beruhige dich. Marie ist bei seiner Oma. Das weisst du doch.
Stimmt, an das erinnere ich mich noch.
Aber danach? Ich schaue mich um. Eine Lichtung, im Wald.
Dann schaue ich mich an. Meine Schuhe sind verschmutzt. Ansonsten alles gut.
Was ist denn passiert? Wie bin ich hierher gekommen?
Doch ich kenne die Antwort. Ich habe wieder einen Rückfall.
Ich habe wieder eine Gedächnislücke.

Ich stehe auf, zitternd.

Mich zu orientieren wird kein Problem sein. Ich kenne diese Wälder zu gut.

Aber was sollte das? Ich muss es Clive sagen.
Ich mache mich mühsam auf den Weg zurück.
Nach eine gute halbe Stunde, finde ich eine Strasse. Die Strasse die in der Stadt bringt.
Gut.
Noch eine halbe Stunde, und ich werde ankommen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 2.09.2016 | 17:44
Clive

Der Weg über die Felder ist ein Umweg. Er führt unterhalb der Pfarrei (http://4.bp.blogspot.com/-KjyAp0-N-6g/UFrnrsmnCSI/AAAAAAAAGq8/BrYtewMV2F0/s1600/castle.jpg) vorbei.

Mir ist noch immer nicht danach, Pater Breandán zu begegnen. Aber wie es aussieht, habe ich Glück und er hat seinen Zug durch die Gemeinde noch nicht beendet. "Gottes Wege sind lang und unergründlich... und manchmal führen sie seine Diener auch ins Camán Inn (https://comeheretome.files.wordpress.com/2012/12/the-priory-1903.jpeg?w=500&h=345)."

Endlich sehe ich Máiríns Cottage vor mir liegen. Luni läuft voraus, denn er kennt nun das Ziel. Als ich das Haus fast erreicht habe, sehe ich Máirín vor dem Haus sitzen. Und dann fällt mir ein Stein vom Herzen, als Marie in der Haustür (http://ocw.nust.na/gutenberg/4/4/0/6/44066/44066-h/images/i_b_164fp.jpg) auftaucht.

Luni läuft zu Marie, die ihn lachend umarmt.

"Guten Abend, Máirín!

Jetzt bin ich erleichtert. Ich habe Matilde und Marie schon überall gesucht. ... Langsam hatte ich mir Sorgen gemacht! Aber es ist ja alles gut."

"Marie hat mir geholfen, das Abendessen für die Männer vorzubereiten, nicht wahr Marie?", antwortet Máirín lächelnd. Marie ist noch zu sehr mit Luni beschäftigt, um mehr als ein "JA!" herauszubringen. 'Die Männer' sind Finn, Máiríns Schwiegersohn, und ein paar Freunde, die auf dem kleinen Hof bei der schweren Arbeit aushelfen.

Ich werfe einen Blick in die Runde. Außer Máirín, Marie und mir scheint niemand hier zu sein.

"Und Bláthnaid ist bei ihrem Mann?", frage ich. Máirín nickt, lässt dabei aber nicht die Augen von Marie. "Und Matilde? Ist sie auch mit auf dem Feld?", setze ich verwundert nach.

"Matilde? Nein, die war nicht hier. Vielleicht weiß Bláthnaid wo sie ist. Die beiden reden viel miteinander ... vor allem seit Bláthnaid das Kind erwartet."

Schlagartig kehrt meine Unruhe zurück. "Sie war nicht hier? Aber wie kommt dann Marie hier her?"

"Sie war schon hier, als ich aus dem Dorf kam und hat auf seine alte Großmutter gewartet. Nicht wahr? A chuisle mo chroí ... sie ist so ein Schatz!" Eine Weile schweigt Máirín, aber ich spüre, dass es in ihr arbeitet und sie noch etwas hinzusetzen will. "Sie hatte Cainnechs alte Flöte in ihrer Rocktasche und hat darauf gespielt." Tränen schimmern in Máiríns Augen. "Sie hat so viel von ihm ... jeden Tag entdecke ich etwas von ihm an ihr ... ich wünschte ..."

"Ja, wir alle wünschten das. ... Marie hat die Penny Whistle bei mir gefunden. Ich habe sie verwahrt. Marie wollte sie gerne haben ... ich konnte nicht nein sagen. Es fühlte sich richtig an." Ich spüre das Blut in meine Wangen steigen. Manchmal rede ich mir selbst ein, dass Marie Cainnechs Tochter ist, das Ergebnis jener wenigen Stunden, die Matilde und Cainnech alleine verbracht haben. "Gleichgültig, wie sehr ich mir das wünschen würde, es wird nicht wahr. Matilde war bereits schwanger, als sie Cainnech kennenlernte. Sie hätte seine Tochter sein sollen, so wie Matilde die meine. Und welche Bedeutung hat es schon, wer ein Kind gezeugt hat? Vater zu sein, bedeutet mehr! Marie wird in der Überzeugung aufwachsen, Cainnech sei ihr Vater. Niemand erzählt ihr hier von Hartmut. Die Leute erzählen ihr von ihrem Vater, dem Träumer, der fliegen konnte und der Flöte wunderbare Melodien entlockte, die einen wohlmöglich noch höher trugen. Oder von dem Freund, mit dem man an seiner Seite keine Rauferei fürchten musste. Oder von dem Sohn, der im Großen Krieg als Kind schon die Aufgaben seines Vaters auf dem Hof übernahm. Andere sprechen von ihm als einen Helden und irischen Patrioten. ... Ganz gleich welche Sichtweise man heranzieht: Cainnech ist tot ein besserer Vater für Marie, als es Hartmut je sein könnte.

Matilde gegenüber dürfte ich das so wohl nicht sagen ... aber ich bin davon überzeugt. Das ist MEINE Wahrheit."


"Nein, es war richtig! Cainnech freut es bestimmt, wenn er sie spielen hört. ... Marie und ich wollen an sein Grab gehen und dann spielt sie für ihn."

Ich muss schlucken. "Wie kann sich etwas gleichzeitig so richtig und doch so falsch anfühlen. Die Überzeugung, Marie sei Cainnechs Kind, hat Máirín über den Verlust hinweggeholfen. Würde Máirín die Wahrheit erfahren, es würde ihr das Herz brechen. Sie würde mir das nie verzeihen. Niemand würde mir das hier verzeihen. Marie wäre außerdem in Gefahr. Und doch bleibt es eine Lüge. ... Ich wünschte, Cainnech hätte selbst diese Aufgabe übernehmen können."

Ich wende mich von Máirín ab, bevor sie in meinem Gesicht lesen kann und beuge mich hinunter zu Marie und Luni: "Marie ... wo ist Matilde?"

"Mama war müde ... Ich bin nicht müde gewesen!", antwortet Marie, ohne von Luni abzulassen.

"Aber wo hast Du Matilde zuletzt gesehen? ... Sie sucht Dich bestimmt schon überall!"

Marie zuckt mit den Schultern. Ich seufze. Marie hat ihren eigenen Kopf.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 2.09.2016 | 19:06
Clive

Ratlos beobachte ich, wie Marie und Luni auf dem Boden herumtollen.

"Erst dieses Auto, was die Straße entlanggerast kam. Dann dieser Braddock mit seiner Andeutung über Autounfälle..." Schon sehe ich Matilde irgendwo blutend im Gras liegen.

"Oder könnte Hartmut sich Matildes Wunsch widersetzt haben? Der Fahrstil würde zu ihm passen ..."

Ich weiß nicht, welche Vorstellung mich mehr beunruhigen soll, ein Auftauchen von Hartmut oder dieser Braddock ...

"Da gibt es noch etwas, Máirín!" Ich zögere kurz, bevor ich weiterspreche: "... Im Dorf ist ein Engländer mit Namen Braddock unterwegs und stellt Fragen. Ist auch in meinem Garten herumgeschlichen. Angeblich geht es um einen Brand in London, der sich dort am Tag unserer Abreise vor drei Jahren ereignet hat. Er gibt vor, von der londoner Brandschutzbehörde zu kommen und den Tod eines seiner Männer zu untersuchen. Aber ich traue ihm nicht...

Ich glaube nicht, dass die Brandschutzbehörde einen einzelnen Beamten nach Irland schickt, um hier Detektiv zu spielen. Ich kenne den Toten auch nicht. Habe weder seinen Namen jemals gehört, noch je mit ihm gesprochen. Deswegen habe ich nicht die geringste Ahnung, was der Mann hier wirklich will. Und er will mir auch nichts sagen.

Vielleicht geht es um die Óglaigh na hÉireann? Selbst wenn es nicht so ist, könnten die auf die Idee kommen, Cainnech hätte der londoner Polizei irgendetwas erzählt...

Mir gefällt das ganze nicht. Wenn dieser Braddock zu Euch kommen sollte, lasst Euch besser nicht auf ein Gespräch mit ihm ein. Wir wollen hier keinen Ärger. Und londoner Beamte bedeuten meiner Erfahrung nach selten etwas anderes. Ich möchte nicht, dass einer hier aus dem Dorf überreagiert und sich unglücklich macht."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 2.09.2016 | 22:53
Ich sehe endlich das Dorf vor mir. Ich atme erleichert aus.
Wie spät wird es sein?
Keine Ahnung.
Ich brauche etwas zu trinken und einen Stuhl. Dann werde ich zurück zu Maírin gehen.
Ich mache die Tür auf, und begrüsse knapp ein paar Leute.
Ich wohne hier seit drei Jahre, aber gelebt habe ich noch nie.
Irgendwie fühle ich nie willkommen, selbst wenn die Leute zu mir nett sind.
"Tag" sage ich
"Ein grosses Glas Wasser bitte" und nach eine Pause "und ein Whisky"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 3.09.2016 | 12:20
In der Kneipe Dúlamán

Als Du das Dúlamán betrittst, wenden sich alle Köpfe im Pub in Deine Richtung. Ein kurzes Kopfnicken von den Tischen und sofort sind alle wieder ins Gespräch vertieft.


Es riecht nach Tabak und Du bekommst Lust auf eine Zigarette.

Aus dem Radio im dunklen Eck über dem Stammtisch plärren die Flötenklänge einer Folksong Melodie.

Iefan, der Barkeeper, scheint im Stehen hinter dem Tresen zu schlafen, denn immer wenn Du hier her kommst, dann ist ER dort, egal zu welcher Zeit.

Er nimmt Deine Bestellung auf, stellt Wasser und Whiskey auf den Tresen und notiert die Drinks auf einer Liste. Wortkarg wie immer sind es nur ein paar Worte "Er macht sich Sorgen." dann poliert Iefan weiter das Innere der Gläser.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 3.09.2016 | 12:28
Als Du Kristine berührst, schlägt sie zuerst zaghaft um sich und nimmt dann auf ihrem Korbsessel die Embrionalhaltung ein, während ihr ein Schrei entgleitet.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 3.09.2016 | 13:56
Ich trinke gierig das wasser. Dann nehme ich den Whisky und nippe daran.
“Ich geh auch gleich zurück”  murmele ich.
“hast du eine Zigarette?”
Ich schaue mich nicht um.
Dann seufze ich, und vergrabe mein Gesicht zwischen den Armen, als hätte ich bereits einen Kater.
Aus der feinen aristoktratschen Damen die ich mal war, ist kaum noch etwas übrig.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 3.09.2016 | 16:03
Wortlos schiebt er Dir einen Tabaksbeutel und ein Briefchen mit Blättchen herüber.
Das Quietschen des Glases beim trockenreiben quält Deine Ohren.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 3.09.2016 | 22:08
Ich rolle mir eine Zigarette, und rauche sie. Still.
Ich verstehe nicht was dieses bedeuten sollte, aber ich habe keine Lust wieder in die Klapsmühle gebracht zu werden.
Meine Hand zittert während ich rauche.
“Danke”sage ich dann.
Schiebe die Sachen zurück und bezahle.
Dann stehe ich auf, und gehe wieder raus, zu Maìrin.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 4.09.2016 | 02:11
Seillean-Mòr Blàr, County Roscommon, Irland
am Ufer des Boyle River nahe Lough Key
Sommer 1933

Clive


Meine Unruhe wächst. "Wo könnte Matilde nur sein? Bei wem könnte sie sein? Obwohl sie nun über drei Jahre hier ist, hat Matilde sich nicht wirklich mit jemanden angefreundet ... jedenfalls nicht dass ich wüsste. Die Menschen hier sind schlicht. Sie wissen wenig von der weiten Welt. Aber ich hatte gehofft, über die Jagd oder die Musik hätte Matilde eine gemeinsame Basis mit den Bewohnern von Seillean-Mòr Blàr finden können. Selbst zu den Freunden von Cainnech hat sie keinen engeren Kontakt aufnehmen wollen, vermutlich weil sie Fragen über Cainnech und ihre Beziehung zu ihm aus dem Weg gehen wollte. Dabei ist es nicht so, dass Matilde auf eine allgemeine Ablehnung gestoßen wäre ... eher auf die Scheu von Menschen, die sich Matildes Überlegenheit in Bildung, Umgangsformen und Gewandtheit bewusst sind.

Niall ist der einzige, der mir im Moment noch einfällt. Falls Matilde in die Wälder gegangen ist, hat Niall möglicherweise eine Idee, wo sie sein könnte."


Ich bitte Máirín, noch eine Weile auf Marie aufzupassen. Gemeinsam mit Luni verlasse ich Máiríns Cottage. Diesmal umgehe ich das Dorf nicht, sondern nehme den direkten Weg hinein, vorbei an der alten Dorfkirche (http://www.abandonedireland.com/AbandonedChurch_files/Church-filtered.jpg). Ihr Anblick erinnert mich daran, wie sehr wilder Wein, Efeu und Waldreben sich in den letzten Jahren auf meinem Land verbreitet haben. Den Ranken ist kaum noch Einhalt zu gebieten. Manchmal empfinde ich dieses Phänomen als beklemmend, als hätten sich diese Pflanzen zum Ziel gemacht, alles Leben an diesem Ufer des Boyle zu erdrosseln.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 4.09.2016 | 09:45
Im Dorf

Als Du am frühen Abend in Richtung Maìrin über die Dorfstrasse gehst, wirst Du von der Seite angesprochen "Miss?" und zuerst denkst Du, Du seist nicht gemeint.

"Miss?" und als Du Dich umdrehst, siehst Du einen Mann in bereits fortgeschrittenem Alter.
Der Mann ist braun gebrannt, hat grau-meliertes Haar und eine Nickelbrille auf der Nase.
Er trägt Knickerbockers, Lodenjacke, Wanderstiefel und er hat einen Spazierstock in der Hand.
Als er Dich grüsst, nimmt er seine Baskenmütze vom Kopf. "Entschuldigung bitte für die Störung."

Er lächelt Dich aufmunternd an. "Miss, ich bin auf der Suche nach dem Haus der Familie Ó Caollaidhe. Ich war im Krieg Offizier im Royal Flying Corps."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 4.09.2016 | 10:12
Ich grüsse den Mann höflich zurück.
“Dann sind sie bei mir richtig. Ich gehe auch dortin, gerade.
Ich bin...eine Familienfreundin. Dann kommen Sie einfach mit.
“Waren sie mit Cainnechs Vater im Krieg?” frage ich, und geh schon ein wenig weiter.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 4.09.2016 | 10:32
Seillean-Mòr Blàr, County Roscommon, Irland

Clive


Als ich die gewundene Dorfstraße erreiche, sehe ich dort erleichtert Matilde stehen. Noch einmal beschleunige ich meine Schritte. Schon bin ich versucht, ihr zuzuwinken und ihren Namen zu rufen, da rückt eine weitere Person in mein Blickfeld: Raymond Braddock! Er redet auf Matilde ein.

Ich kann nur hoffen, dass Matilde ihm gegenüber vorsichtig ist. Schon alleine weil er ein Fremder ist.

Ich schicke Luni vor und verfalle jetzt sogar in einen langsamen Trab, die leicht abfallende Dorfstraße herab.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 4.09.2016 | 16:18
Währenddessen an der Grundvikbucht

Ich verstehe was der Mann sagt, doch es ergibt wenig Sinn. Doch als er sagt ich sei die "rechte Hand", muss ich mich zusammen nehmen um nicht zu zucken. Das Jucken in meiner rechten Hand wird stärker ... oder achte ich nur mehr darauf?

"Die rechte Hand also...." murmel ich meine Gedanken halb laut vor mich hin.

"Die Götter haben Sie also zu mir geführt... so so... und warum haben die Götter das getan? WAS wollen Sie?"

Vielleicht habe ich soeben einen weiteren Kunden oder zumindest ein weiteres Untersuchungsobjekt für Harry gefunden. Dieser Mann hat offensichtlich geistige Probleme. Aber vielleicht bin ich es ja auch, der hier die Probleme hat. 'Die rechte Hand'
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 4.09.2016 | 16:29
Der Mann ist charmant und freundlich. "Da freue ich mich doch, Sie getroffen zu haben, gnädige Frau. Welch ein unglaublicher Zufall. Dann können wir ja gemeinsam dort hin gehen. Ich würde mich sehr freuen. Sagen Sie, Sie sehen nicht wie eine waschechte Irin aus. Sie sind nicht zufällig aus dem Süden? Griechenland? Spanien? Oder Italien?"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 4.09.2016 | 16:34
Noch immer kniet der Mann vor Dir am Boden. "Ja. Die rechte Hand. Ihr seid die rechte Hand, Sir. Und ich bin hier, um Euch zu dienen und Euch zu schützen, Sir."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 4.09.2016 | 19:39
Ich lächele ihn etwas an.
“Ich komme aus den Süden. Wie heissen Sie denn?
Kannten Sie Iann gut im royal air?”
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 4.09.2016 | 20:52
"Norditalienischer Akzent, nicht wahr? Lombardisch? Sie stammen aus... der Provinz Pavia?"

Der Mann lächelt zurück. "Mein Name ist Braddock. Ray Braddock, Madame."

"Beim Royal Flying Corps kannte ich nur wenige Männer. Ich war bei der Logistik. Für den aktiven Dienst war ich bereits zu alt."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 4.09.2016 | 21:34
Clive

Luni platzt nicht in die Unterhaltung zwischen Matilde und dem Mann, der sich Braddock nennt, er schleicht sich hinein. Ich muss schmunzeln, denn ich kenne die Wirkung, die Lunis Auftritt in solchen Situationen gewöhnlich hat nur zu gut. Der Wolf achtet sorgsam darauf, sich aus dem Rücken des Gesprächspartners zu nähern, um dann nahezu lautlos aus dem Nichts zu erscheinen und neben Matilde Stellung zu beziehen. Kein Bellen, kein Anspringen, keine Schwanzwedeln. Der eindrucksvolle Rüde verharrt stattdessen still in seiner Position neben Matilde und taxiert sein Gegenüber. Erfolglos sucht man nach den von Haushunden gewohnten Verhaltensweise, die einem verraten, ob das Tier einem freundlich gesonnen ist, ängstlich ist oder gleich zum Angriff übergeht. Das führt in aller Regel zu Verunsicherung.

Ich verlangsame meinen Schritt wieder. Als Matilde Luni hinter Braddock hervortauchen sieht, schaut sie kurz die Dorfstraße herauf und unsere Blicke treffen sich.

Kurz danach erreiche ich die beiden. "Dann haben Sie also meine Tochter doch noch kennengelernt, Mr. Braddock", sage ich höflich aber merklich distanziert. "Denk Dir nur, Liebes, Mr. Braddock kommt von der Brandschutzbehörde in London den weiten Weg hierher, weil er einen Hotelbrand in London vor drei Jahren untersucht. Ich habe in dem Hotel an jenem Tag eine Frau besucht, die zu den Opfern zählte." Ich blicke Bestätigung suchend wieder zu Mr. Braddock. "Neben einem Feuerwehrmann, wenn ich mich recht entsinne ... und natürlich neben Ihrem Mitarbeiter, wie Sie mir erzählt haben. Wie hieß er doch gleich?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 4.09.2016 | 23:20
Als Luni wie ein Geist unerwartet zwischen Dir und Braddock erscheint, erstirbt das Lächeln des Mannes kurz.

Doch Braddock hat schnell seine Fassung wieder erlangt. "Demnach haben Sie lange Jahre fernab Ihrer Heimat verbracht, verehrteste... Madame Savage?" Er lächelt und seine Augen funkeln. "Ihr habt die Anmut und Schönheit Eurer italienischen Mutter. Es war mir eine Ehre Euch kennengelernt zu haben."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 4.09.2016 | 23:51
Clive

"Verdammt! Ich habe es gewusst!" Ich spüre plötzlich in mir das unbändige Verlangen, diesen Mann zu töten. Ich wünschte, ich wäre an Lunis Stelle und könnte ihm mühelos die Kehle zerreißen. Dieser Mann wird alles zunichte machen, was ich mir hier aufgebaut habe. Er darf dieses Dorf nicht verlassen. Aber wenn er nicht zurückkehrt, wird das seinen Leuten auch sagen, dass sie auf der richtigen Spur sind. Ich kann nichts tun und ich weiß das.

Ich fühle mich in die Ecke gedrängt. Hektisch spiele ich meine Optionen durch: Das einzige Telefonkabel durchtrennen? Den Männern von der Óglaigh na hÉireann einen Hinweis zuspielen, damit sie die Drecksarbeit erledigen? Matilde mit John dem ein Ende setzen, wenn er das Dorf verlässt? Es gibt nur eine Straße, die er nehmen kann... Das Auto mit dem Toten vom Boyle ins Loch treiben lassen? ... Oder ein zweites Opfer des Sebastiansmörders aus ihm machen? Mich schaudert bei dem Gedanken.

"Aber er hat Marie nicht gesehen ... er weiß immerhin nichts von Marie!", wird mir erleichtert klar.

"Was soll das heißen? Was wollen Sie damit sagen?", frage ich aufgebracht.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.09.2016 | 01:35
Braddock bleibt äusserlich gelassen. "Es tut mir Leid wegen Ihres kürzlich erlittenen, tragischen Verlustes, gnädige Frau. Es tut mir aufrichtig Leid für Sie. Bitte entschuldigen Sie die Störung. Ich mache mich dann mal auf zur Herberge."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 5.09.2016 | 08:41
"Vor wem wollt ihr mich schützen? Wer sollte denn bitte hinter mir her sein ... außer Ihnen?!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 5.09.2016 | 10:08
Meine Augen fixieren Braddocks.
“Haben Sie im Dorf von Cainnech gehört oder wovon reden Sie?”
Ich renne vor ihm, und stelle mich so, dass er nicht weiter darf.
“Seien Sie nett, und sagen Sie mal, ganz klar was Sie wollen”
Ich starre ihn an.
“Vielleicht bekommen Sie es sogar”
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 5.09.2016 | 10:48
Clive

Meine Atemfrequenz ist noch leicht erhöht. Von dem kurzen Lauf vermutlich. Kleine Schweißperlen stehen auf meiner Stirn und mein Kragen scheint enger geworden zu sein. Als hätten die Ranken nun auch mich erreicht. Ein leichter Schwindel erfasst mich. Jetzt ist mein Stock mehr als ein Accessoire, mehr als ein Gefäß. Meine rechte Hand verkrampft sich um den Griff und ich bin froh über die Stütze. Meine innere Aufgewühltheit lässt Übelkeit in mir aufsteigen.

"Ich werde nicht zulassen, dass DIE mir mein neues Leben wieder zerstören! Ich werde das nicht aufgeben ... Matilde und Marie. Es ist nicht ganz so, wie ich es erhofft hatte, aber es ist unendlich viel mehr als zuvor!"

Ich merke, wie sich meine freie Hand zur Faust ballt. Aber ich lasse Matilde gewähren. Sie scheint ruhiger als ich zu sein. Immerhin habe ich mich so weit unter Kontrolle, um zu erkennen, dass ich in meiner jetzigen Verfassung keine guten Entscheidungen treffen kann.

Möglicherweise spürt Luni meine Erregung, vielleicht nehmen seine Instinkte auch wahr, was ich schon seit ein paar Stunden spüre ... diese Spannung, die über dem Land liegt und auch andere Dorfbewohner erfasst zu haben scheint. Jedenfalls dreht er erneut demonstrativ eine Runde um Braddock und schleicht an Matildes Seite.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.09.2016 | 16:58
Braddock hebt die Augenbrauen. "Nun, gnädige Frau. Sie müssen längere Zeit in der Lombardei verbracht haben. Ihr Akzent ist unverkennbar. Da Herr Savage Sie als seine Tochter ausgibt, müssen Sie erst kürzlich nach Irland gekommen sein. Sie sind offenbar ein Scheidungskind. Sie haben die meiste Zeit Ihres Lebens bei Ihrer Mutter oder bei Ihren Grosseltern in Italien verbracht. Und Sie sind noch nicht lange hier in Irland. Ich schätze nicht weniger als ein Jahr und nicht mehr als drei Jahre? Sehr wahrscheinlich haben Sie bei Ihrer Mutter gelebt. Sie ist vermutlich kurz vor dem genannten Zeitraum verstorben, weshalb Sie zu Ihrem Vater gezogen sind. Richtig?"

"Nein. Leider falsch. Nachfolgend zu den Recherchen, die auf den Brand im Chelsea's folgten, berichtete die Haushälterin von Frau Marquard, dass ihre Misses eine Detektei beauftragt hatte, einen ihr unbekannten Gegenstand in einem Auktionshaus für sie zu ersteigern. Der Portier des Chelsea's beschrieb drei Personen, die etwa drei Stunden vor dem Brand von ihm mit dem Aufzug zu Frau Marquard gebracht wurden. Eine dunkelhaarige Schönheit aus südlichen Gefilden, ein älterer Mann, vom Typ Professor, der einen seltsamen englischen Akzent sprach und ein blonder, sehr nervöser Mann mit ebenfalls ausländischem Akzent; vermutlich Deutsch. Zwei Sanitäter erinnerten sich nach dem Brand an eine schöne, schwarzhaarige Ausländerin, die ihre Brandwunden verarzten liess."

"Nur eine Agentur in London hat einen auffälligen Deutschen zum Kompagnon, der sich zwar als Engländer ausgibt, sich aber unbekannterweise recht wenig Mühe gibt, seine deutsche Herkunft zu verbergen. Die Detektei heisst Kilmister & Stratton."

"Sie, gnädige Frau, waren also mit Doktor Savage und Hans Schmidt unterwegs. Den Unterlagen im Meldeamt und im Standesamt von London zu Folge, sind Sie mit dem Mann verheiratet. Demnach ist Ihr Name wohl nicht Savage, sondern vielmehr Stratton, geborene Visconti."

"Hans Schmidt befindet sich z.Zt. in Thailand oder zumindest in der Nähe von Thailand. Das ist zu weit weg, um dem Mann Fragen zu stellen."

"Die Frage, die sich mir nun im Zusammenhang mit Ihnen stellt, ist, weshalb Sie, gnädige Frau, nach dem Brand so überhastet das Land verliessen? Auch stellt sich die Frage, was dieser Cainnech, den Herr Savage erwähnte als ich ihn besuchte, mit all dem hier zu tun hat und der mir bislang unbekannt war. Es bleibt noch immer ein Rätsel."

"Habe ich etwas Wichtiges übersehen, oder ausgelassen?"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 5.09.2016 | 17:12
"Es gibt zahlreiche verwirrte und auch gewalttätige Menschen, die hassen, was sie nicht verstehen und dies zu zerstören trachten. Diese Menschen verleugnen die Existenz der Alten Götter und wollen den Gläubigen Schaden zufügen. Ihr seid zu wichtig, Auserwählter, als dass man dies erlauben könnte. Man kann Euch einer derartigen Gefahr nicht aussetzen. Ihr seid die Hand. Ihr seid die rechte Hand. Ich werde Euch mit Körper und Geist schützen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 5.09.2016 | 17:40
Clive

"Typ Professor? Ich wünschte, ich könnte ihm mit meinem Stock zeigen, was für eine Art Professor ich bin! Wäre mir nicht so übel ..."

Jetzt mische ich mich in das Gespräch ein, indem ich Braddock anspreche, der mir inzwischen den Rücken zuwendet.

"Hören Sie, ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich an jenem Morgen Frau Marquard aufgesucht habe. Ich habe keinen Grund das zu verbergen. Und ich habe Ihnen auch gesagt, dass Sie mehr von mir nur erfahren, wenn Sie mir sagen, woher Sie das wissen und was genau Sie wollen. Mir durften Sie das angeblich nicht sagen, meiner Tochter wenige Stunden später aber schon?

Und ich habe Ihnen auch erklärt, dass Cainnech am Tag VOR dem Brand von der Polizei verschleppt wurde und seither von ihm jede Spur fehlt. Dafür dürfte es dutzende von Zeugen geben. Der Vorfall im Princess Grace Krankenhaus war auch in den Zeitungen. Die Polizei versuchte offenbar zunächst, die Straftaten eines Kollegen zu vertuschen; es ging u.a. um Kanibalismus. Wir hatten NICHTS getan. Zu viele Passanten haben gesehen, was sich in dem Wagen des Polizisten befand. Das ließ sich nicht mehr unter den Teppich kehren. Aber für Cainnech war es zu spät. Was glauben Sie, hätte die Polizei mit mir angestellt, wenn ich in London versucht hätte, Cainnechs Verschwinden ... seine Ermordung durch die Polizei aufzuklären? Wer weiß, vielleicht haben die ja sogar das Hotel angesteckt, als ich drinnen war? Deswegen habe ich London am Tag darauf verlassen. Iren sind in London nicht gerne gesehen, wie ich feststellen musste. Ich habe versucht, von hier aus meinem Freund zu helfen."

Das Sprechen hat mich angestrengt. Das Schwindelgefühl nimmt zu. Ich lockere meinen Hemdkragen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 5.09.2016 | 17:51
Ich schaue den Mann, und hebe einen Augenbraun.
"Also erstmal, ich komme nicht aus Lombardei, meine Mutter war aus Viareggio, im Toskana.
"Stimmt, wir waren bei Frau Maqruard, aber Mr. Stratton war nicht da. Der blonde Mann war Jemand anderen, der ebenso nicht so nah im Moment ist.."
Ich seufze.
"Frau Maquard hatte uns mit einem Kauf beauftragt, und wir haben uns mit Ihr getroffen. Leider war diese Gegenstand, das sie wollte, vorher gestohlen worden, wodurch unsere Hilfe nicht mehr notwendig war. Dann kam der Brand. Und ein paar Tage danach, da ich nichts mehr zu tun hatte, und mich gerade von meinem Mann endgültig getrennt hatte, bin ich nach Ireland gereist. aber jetzt noch eine Frage an sie"
Was meine Hochzeit angeht, warum nennen Sie mich frau Stratton, wenn Sie meinen Mann  HANS SCHMIDT nennen?"
Ich lege den Kopf etwas schief.
"Da bin ich sehr neugierig auf die Antwort"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.09.2016 | 19:05
"Ihr Ehemann, gnädige Frau, ist mir nicht ganz geheuer."

Er zuckt mit den Schultern. "Ich bin ihm zweimal zufällig in London begegnet, habe aber einiges über ihn gehört."

"Er versucht seine Identität stets verbissen zu verschleiern, um unerkannt zu bleiben, tritt dann aber dennoch immer so auffällig auf, wie ein Clown mit Luftballons und Schellenschuhen."

"Er benutzt unterschiedliche Decknamen, aber immer sind es die Initialen H.S., und das ist nicht wirklich clever, wenn man inkognito unterwegs ist, wenn Sie mich fragen - Hartmut Stürmer, Hugo St.Claire, Hias Schellenberg, Hans Schmidt, Hugh Stratton. Vermutlich hat er noch andere Namen. Der Mann ist glatt wie ein Aal und nicht zu packen."

"Wissen Sie, es ist mehr ein Gefühl, das ich nicht irgendwie festmachen kann. Der Mann ist mir zuwider. Er ist hochnäsig und arrogant, blasiert und borniert. Ein Blender, ein Selbstdarsteller und Angeber."

Er macht eine kurze, schöpferische Pause und atmet dann durch. "Dennoch muss ich zugeben, dass er auch so einiges auf der Pfanne hat und zu überraschen versteht. Und doch ist der Mann menschlicher Abschaum für mich und ich weiss nicht, was Frauen wie Sie, gnädige Frau Visconti, an ihm finden."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 5.09.2016 | 19:53
Ich zucke auch mit den Schulter.
"Ja, da sind wir einverstanden. Liebe ist eben blind, ich war es auch. aber seit drei Jahre habe ich keine Nachrichten von ihm, und das ist auch gut so. Noch ein paar Jahre, dann wird meine Scheidung durchgehen. Aber dass sie so viel über ihn wissen, lässt mich an ihrem wahren Identität zweifeln. Sie sind bestimmt Privatdetektiv. Wie auch immer. Sind wir hier fertig? Ich habe Kopfweh"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 5.09.2016 | 20:45
Clive

"Mit solchen Aussagen wirst Du mich auch nicht einlullen. 'Quidquid id est, timeo Danaos et dona ferentes.' ... Er würde sich wohl kaum so deutlich äußern, wenn er nicht ohnehin schon wüsste, wie unsere Haltung zu Hartmut ist."

Vielleicht ist es gut, dass Braddock mir den Rücken zuwendet. Meine Brust fühlt sich an, als würde sie zugeschnürt. Ich bin versucht, zu dem Hauseingang neben mir zu gehen und mich auf die Treppe zu setzen. Aber ich will vor Braddock nicht schwächer erscheinen, als ich es vermutlich ohnehin schon tue.

"Warum kommt der Kerl nicht einfach auf den Punkt, was er von uns will?"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 7.09.2016 | 13:56
"Und wie stellen Sie sich das vor? Wollen Sie etwa die ganze Zeit in meiner Nähe sein? In meinem Haus, in meinem Zimmer? Entschuldigen Sie, aber ich kann ihre Obzession nicht ganz teilen."

Ich beobachte den Mann genau und versuche einzuschätzen, ob er mich zum Narren halten will und was seine Beweggründe sein mögen.
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Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 7.09.2016 | 16:55
Der Mann vor Dir im Kies macht einen ausgesprochen ehrlichen und hingebungsvoll, devoten Eindruck. "Herr Ecklund, ich verstehe Eure Einwände und Befürchtungen. Ich werde Euch nicht stören und schon gar nicht zur Last fallen. Ihr werdet meine Anwesenheit kaum spüren. Ich werde mich sehr im Hintergrund halten."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 7.09.2016 | 17:59
Der Mann meint es ernst. Er meint offensichtlich alles ernst, was er gesagt hat.
Ich bin also die rechte Hand... von wem auch immer.
Er sprach von Älteren Göttern. Was meint er nur damit?

Ist es richtig das Geschenk anzunehmen? Ich kann es nicht sagen. Wären mir vor einigen Jahren nicht so absonderliche Dinge geschehen, würde ich diesem Mann kein Wort glauben und Harry einen üblen Scherz unterstellen. Aber das scheint mir alles sehr real zu sein. Leider.


"In Ordnung. Vermutlich habe ich die Lage falsch eingeschätzt. Sie scheinen mir einen ehrlichen Eindruck zu machen, guter Mann. Sie scheinen mir zudem  bestens informiert. So sagt, von welchen Älteren Göttern spracht ihr?
Und was ist eures Wissens nach die Aufgabe der "rechten Hand"?"

Ich sollte den Mann möglichst bald aus dieser devoten Haltung entlassen. Von sich aus, wird er sich wohl nicht erheben.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.09.2016 | 18:05
Hinter der massiven Mauer aus alten Bruchsteinen, die den begrünten Kirchplatz umschliesst, fliegen einige Tauben hoch. Die Kletterrosen vor der Mauer sind so dicht, dass sie nur wenig von ihren Steinen dem Betrachter offenbaren. "Es ist schön hier. So friedlich. Ich fürchte, dass das nicht immer so sein wird, werter Herr Savage."

"Und gnädige Frau Visconti, Gefühle ändern sich mit der Zeit. Vielleicht haben Sie sich verändert und Ihr Ehemann nicht, oder umgekehrt. Wege trennen sich oder führen zusammen. Selbst wenn Sie sich scheiden lassen, oder Ihren Mann vielleicht nie wieder sehen werden, das Gefühl, das Sie erlebt haben, kann Ihnen niemand nehmen. Denken Sie also nicht zu geringschätzig über die Liebe, die Sie erleben durften."

Auf der anderen Strassenseite gehen zwei Frauen mit Körben vorbei. Braddock grüsst die Frauen höflich. "Madame O'Mordha. Madame O'Connoly. Einen schönen Tag, meine Damen."
Die beiden stecken ihre Köpfe zusammen und kichern wie kleine Schulmädchen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 7.09.2016 | 18:30
Clive

Ich schließe die Augen in der Hoffnung, das Schwindelgefühl werde dann nachlassen, und die Unordnung in meinen Gedanken mit sich nehmen.

"Redet dieser Mann wirr oder kann ich keinen klaren Gedanken mehr fassen? Erst: 'Der Mann ist menschlicher Abschaum für mich und ich weiss nicht, was Frauen wie Sie, gnädige Frau Visconti, an ihm finden.' und jetzt: 'Selbst wenn Sie sich scheiden lassen, oder Ihren Mann vielleicht nie wieder sehen werden, das Gefühl, das Sie erlebt haben, kann Ihnen niemand nehmen.' Ich bin wahrlich kein Experte in Sachen Liebe, aber wie soll das zusammenpassen? Was am Ende bleibt, ist der Verlust von Alexander. Wie könnte den irgendeine andere Erinnerung an Hartmut aufwiegen?"

Der Schmerz in der Brust löst sich langsam auf. An seine Stelle tritt ein Druckgefühl im Magen. "Vermutlich habe ich etwas falsches gegessen?"

Mühsam ringe ich mir eine Antwort ab:

"Dieses Dorf hat durchaus auch schon andere Zeiten erlebt. Aber die Menschen haben sich gewehrt!

Entweder Sie machen sich aufrichtige Sorgen um die Menschen hier, dann sagen Sie endlich was Sie wissen.

Andernfalls würde ich Ihre Bemerkung als Drohung verstehen. Dann haben Sie Ihre Botschaft überbracht und ich müsste Sie bitten, nicht mehr weiter mein Land zu betreten."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.09.2016 | 20:00
Die Tür zum Kirchhof öffnet sich mit einem langgezogenen Quietschen.

Ein Mann tritt heraus, geht die drei Stufen hinunter und schaut sich kurz intensiv um. Dann kommt er langsam auf Euch zu.

Er spricht... vermutlich zu leise, um es zu verstehen, denn es ist nur ein Wispern. Das Säuseln einer leisen Stimme.
Eine Stimme... die mit dem starken Akzent einer fremden Sprache spricht. Vermutlich ist es eine arabische Sprache.

Zu wem spricht er? Vermutlich zu sich selbst.
Der Mann bleibt etwa drei Schritte vor Clive stehen. "Ich freue mich unglaublich, Euch nun endlich gefunden zu haben, Sir. Lange Zeit hat es gedauert."

Dann beugt er vor Dir sein Knie, bis es den Boden berührt. "Gepriesen sollt Ihr sein, Clive Montgomery Savage."

Sein Kopf ist gesenkt. Der Blick auf den Boden gerichtet. "Gepriesen seien die Götter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 7.09.2016 | 20:38
Ich schaue nun diesen neuen Mann ziemlich überrascht.
"Was wird hier gespielt?" sage dann verwundert.
Mein Blick wandert zwischen Braddock und Clive.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.09.2016 | 22:00
Am Boden kniend, greift der Mann mit der rechten Hand unter seinen wallenden, weiten, hell-beigen Umhang. Schnell bevördert er einen, einen Elle langen, in blaues Tuch eingewickelten, schmalen Gegenstand ans Tageslicht.

In beiden Händen, mit den Handflächen nach oben, hält der Mann einen Gegenstand über den Kopf darbietend nach vorne. "Dies ist für Euch, ehrwürdiger C.M. Savage." Während er zu Dir spricht, hält er seinen Kopf geneigt, den Blick auf den Boden gerichtet. "Bitte nehmt dies als Geschenk an."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 7.09.2016 | 22:27
Clive

Ich gerate gänzlich aus der Fassung, fühle mich nicht mehr in der Lage, die Geschehnisse um mich herum in eine sinnvolle Ordnung zu bringen. Der Schwindel scheint von meinem Gleichgewichtsorgan auf meinen Verstand überzugreifen. Die Schmerz in meinem Bauch ist brennend. Kalter Schweiß steht auf meiner fahlen Stirn.

"Quidquid id est, timeo Danaos et dona ferentes", murmele ich resignierend, indem ich einen meiner letzten Gedanken aufgreife, und blicke verständnislos auf den Mann vor mir herab, ohne die dargebotene Gabe anzurühren.

Dann blicke ich zu Matilde. Ich gebe es auf, dies alles verstehen zu wollen. Mein Gedanken entfernen sich stattdessen von dem Geschehen und werden sprunghaft. "Ich werde morgen nach dem Notar schicken. ... Vielleicht kann Cainnech mich auch hinbringen. ... 60 ... Ist das das Meeresrauschen? ... Marie ..."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 8.09.2016 | 06:49
Drei Augenpaare schauen fassungslos den knienden Mann am Boden an, der Dir huldigt. Luni legt den Kopf schief und miaut wie eine Katze.
Ihr seid überrascht, fasziniert, schockiert.

Nachdem Ihr Eure Fassung wieder zurück erlangt habt, ist Braddock spurlos verschwunden...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 8.09.2016 | 08:22
Clive

Ich gehe unsicher die wenigen Schritte zu dem Hauseingang neben mir und lasse mich auf die Stufen sinken. Mit einer Hand versuche ich den Druck in meinem Magen entgegenzuwirken. Den Kopf in den Nacken gelegt, lasse ich die Sonne in mein Gesicht scheinen und den kalten Schweiß trocknen. Die intensiven Farben überall um mich herum blende ich aus, indem ich die Augen schließe.

"Wenn ich die Augen öffne, ist all dies vorüber: Wölfe sind wieder Wölfe, die Menschen sind wieder freundlich. Es braucht nur eine Weile."

Fast erwarte ich, mich in einem weißen Zimmer wiederzufinden, als ich die Augen wieder öffne.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 8.09.2016 | 10:08
Das Geläut der kleinen Kirche reisst Dich aprupt aus Deinen Gedanken. Noch immer mit geschlossenen Augen, zählst Du die Schläge... einer... zwei... drei... vier... fünf... sechs! Es ist 18 Uhr.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 8.09.2016 | 10:28
“Wer sind Sie?” frage ich den Mann.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 8.09.2016 | 16:29
Der Mann behält seine unterwürfige Haltung bei, dreht sich jedoch mit in die Richtung des Hauseingangs, in den Du Dich gesetzt hast. "Ehrwürdiger Herr. Bitte verzeiht... Verzeiht, dass ich mich nicht sofort vorgestellt habe. Ich... Ich verdiene Bestrafung."

Er macht drei tiefe Verbeugungen. "Mein Name ist Karim Marabu Aschanti. Und lasst nicht noch einmal zu, dass diese, Eure Dienerin, mich einfach so anspricht, ohne dass ich das Wort an sie richte. Ich werde ab sofort Euer Leibdiener sein, Herr."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 8.09.2016 | 16:32
Am Ufer des Lough Key

"Was ist Euer Wunsch, oh Herr. Sprecht und es soll geschehen."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 8.09.2016 | 18:09
Am Ufer des Lough Key

"Zunächst, erhebt euch und setzt euch zu mir. Erzählt mir, was ihr über die Älteren Götter und die Aufgaben der rechten Hand wisst!"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 8.09.2016 | 18:35
Am Ufer des Lough Key

Collins verharrt in seiner Position. So langsam müssten seine ausgestreckten Arme ermüden. Aber der Mann hält durch.

Er hebt den Kopf und sieht Dich zum ersten Mal direkt an. "Das ist ein erneuter Test, nicht wahr? Nun gut, Herr. Es soll so sein, wie Ihr es wünscht. Ihr seid der Erwählte. Doch zuerst das Geschenk. Ihr werdet es brauchen. So ist es Brauch seit alters her."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 9.09.2016 | 10:13
Am Ufer des Lough Key

"Nun, denn. Stellt es mir vor. Was ist euer Geschenk?"

Ich nehme ihm das kleine Kästchen aus den Händen. Und schaue ihn auffordernd an.

"Erhebt euch bitte. Und stellt mir euer Geschenk vor!"
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 9.09.2016 | 12:36
Am Ufer des Lough Key

Der Mann richtet sich zu seiner vollen Grösser auf. Er ist um einiges grösser als 190 m.

Ganz langsam und behutsam öffnet er das Kästchen vor Deinen Augen und Du siehst einen Revolver darin liegen. "Dies, oh Auserwählter, ist ein 38er. Klein und handlich, leicht zu verstecken, damit Ihr Euer erlauchtes Leben schützen könnt, wenn die Vorsicht nicht ausreicht und ich nicht mehr bin, Herr. Er wurde mit gesegneten, silbernen Patronen geladen. Für alle Fälle, Herr. Die Götter mögen Euch ewiglich schützen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 9.09.2016 | 13:14
Clive

Ich konzentriere mich auf den vertrauten Klag der Uhr und beruhige mich langsam. "Ich wusste, dass dieser Tag früher oder später kommen würde ... der Tag an dem meine Illusion einer heilen Welt in sich zusammenfällt." Natürlich habe ich gehofft, dass dieser Tag länger auf sich warten lassen würde, dass ich möglicherweise vorher diesem Tag die Welt verlassen würde. Aber ernsthaft darauf vertraut habe ich nie.

Die Schmerzen im Magen und die Mattigkeit bleiben, aber der Schwindel und das Gefühl, erdrosselt zu werden, lassen nach.

Ich überlege, ob ich mit dem Namen des Fremden etwas anfangen kann, streife durch meine Erinnerung an meine Expedionen, an meine Zeit in Medīna an-Nabi (http://www.lemechouardarna-essaouira.com/uploads/2015/11/souk1.jpg), an die Grabungen in Spanien. Weder der Name 'Karim Marabu Aschanti' noch die Stimme des Fremden klingen für mich vertraut. Die ganze Szenerie ist surreal. Warum kam der Fremde aus der Kirche? Gehört er einer christlichen Minderheit an? Wie alt wäre dieser Mann damals gewesen? Oder suche ich an einem ganz falschen Ort und die Herkunft des Fremden liegt überhaupt nicht im arabischen Raum? Lasse ich mich durch den starken Akzent und das Gehabe des Mannes in die Irre führen?

Ich beschließ, mich zunächst auf die Wahrung höflicher Konventionen zu konzentrieren. Meine Stimme klingt matt, als ich zu dem Fremden spreche:

"Céad Míle Fáilte Romhat*, Karim Marabu Aschanti! ... Du scheinst mich zu kennen, ich erinnere mich jedoch nicht an Dich. Verzeih, dass ich nicht aufstehe, um Dich zu begrüßen, aber ich fühle mich nicht wohl.

Und Du irrst Dich: diese Frau ist nicht meine Dienerin, sondern meine engste Vertraute. Verletzt Du sie, dann verletzt Du mich! Das konntest Du nicht wissen, aber nun weißt Du es.

Ich habe keine Verwendung für einen Leibdiener ... hab' noch nie einen gebraucht! Aber ich bin neugierig, was Dich zu mir geführt hat. Also sei mein Gast und erzähle, was Dich zu mir führt."

Etwas sorgenvoll füge ich an: "Und sag mir bitte, was sich unter dem Tuch verbirgt."

Die Form des Gegenstandes lässt mich an Cainnechs Flöten denken. Vermutlich weil Marie eben noch ein davon in ihren Händen hielt. "Und doch würde es sich in die Abläufe dieses Tages einfügen, wenn es seine geliebte Penny Whistle wäre ... ein weiteres Tor in die Vergangenheit, das mich drei Jahre zurückscheudert, wie Braddocks Auftauchen."

Gleichzeitig bleibe ich angesichts der abstrusen Situation skeptisch und erwarte schon, dass der Fremde mich nur verhöhnt und unvermittelt seine wahren feindseligen Motive offenbart. ... Feinde sind am gefährlichsten, wenn sie freundlich sind.


*Céad Míle Fáilte Romhat = 'Hunderttausend Willkommen an Dich'
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 9.09.2016 | 17:20
Karim verbeugt sich dreimal vor Dir. "Alei:kum as:sala:m, sa:hib."
[ Friede mit Euch, Herr. ]

Er blickt Dich fragend an. "Sprecht Ihr auch die Sprache der Bewohner der Wüste, oh Auserwählter. Ich habe Eure Worte nur als Gruss gedeutet, verstehe mich aber nicht auf den direkten Wortlaut."

Dann dreht sich der Mann zu Matilde. "Alei:kum as:sala:m, mu'qarra:b." Und er verbeugt sich tief.
[ Friede mit Dir, ehrenwerte Vertraute. ]

Dann wendet sich der Mann erneut Clive zu. "Herr, ich habe das Geschenk nicht erwählt. Es war der Priester. Obwohl ich seinen Inhalt kenne, so bin ich doch nur der unwürdige Überbringer. Euch, oh Erlauchter, obliegt es, das Tuch aufzuschlagen und Euch zu nehmen, was Euer ist, Herr."

Erneut verbeugt er sich vor Dir. "Es wird sicher Euer Gefallen finden, denn es erlöst vom Schmerz, Herr."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 9.09.2016 | 17:50
Am Ufer des Lough Key

"Herr, Ihr müsst Euch vorbereiten, denn es wird viel Unheil über uns kommen, wenn Ihr das nicht tut. Seid vorbereitet. Dunkle Wolken ziehen bereits am Horizont auf."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 9.09.2016 | 18:57
Clive

"Nein, zu meinem großen bedauern kenne ich nur wenige Worte aus Deiner Sprache.

Vom Schmerz erlösen?" Ich denke einen kurzen Augenblick über die Mehrdeutigkeit dieser Aussage nach. "Schmerz ist die Sprache unseres Körpers. Wer keinen Schmerz mehr spürt, ist taub. Wie sollte ich eine Krankheit behandeln, ohne zu wissen, wo es schmerzt?"

"Und man kann sich an Schmerz gewöhnen, so dass man sich leer fühlt, wenn er verschwindet ..."

"Karim ... ich darf Dich doch Karim nennen? und Du sprich mich bitte mit Clive an ... erzähle mir mehr: Welcher Priester welchen Glaubens hat Dir dieses Geschenk für mich gegeben? Und woher kommst Du? Erzähle es mir auf dem Heimweg ... Ich möchte erst wissen, wer mich beschenkt, bevor ich mir das Geschenk ansehe."

Vorsichtig richte ich mich unter Zuhilfenahme meines Stocks auf. Ich fühle mich noch ein wenig wackelig auf den Beinen. Und mir ist bewusst, dass ich diesen Schwächeanfall ernst nehmen muss. "Ein Beruhigungsmittel in der Nacht. Ein wenig Schlaf. Dann geht es mir morgen hoffentlich wieder besser."

Ich blicke eindringlich Matilde an: "Siehst Du bei Máirín nach dem Rechten? Ich sollte jetzt wohl besser direkt nachhause gehen."

Marie lasse ich unerwähnt, denn Karim Marabu Aschanti muss nichts von ihr wissen. Aber ich mache mir Sorgen um Marie, weil Braddock so plötzlich verschwunden ist ...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 9.09.2016 | 19:58
Karim nähert sich Dir schnell. Er greift Dir unter die Arme und stützt Dich. "Der Schmerz zeigt nur an, dass wir noch nicht tot sind, oh Auserwählter Clive. Dies ist eine Redewendung meiner Heimat."

"Und natürlich dürft Ihr mich nennen, wie es Euch beliebt, Herr. Ihr seid der Auserwählte Clive, Herr."

"Kabir Marabu Kanga, oh Auserwählter Clive. Er gab mir das Geschenk für Euch."

Er legt fast unmerklich den Kopf auf die Seite. "Dies ist ein Test, nicht wahr?"

Er stützt Dich, während Du in Richtung Deines Zuhauses zurück gehst. "Nun ja. Wenn Ihr mich prüfen wollt, oh Auserwählter Clive, werde ich Euch berichten, was Ihr schon wisst. Der Marabu lebt im westlichen Afrika. Und er gehört, wie ich, zur Hierarchie, Herr. Wir dienen den Alten Göttern, so wie Ihr."

Der Mann ist sehr kräftig, obwohl er weder gross, noch stämmig ist. Im Gegenteil, Karim ist äusserst schmächtig. "Wir alle dienen dem Fürsten Azathoth."

"Spielt Ihr ein Musikinstrument, Herr?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.09.2016 | 08:26
Als Ihr gerade auf dem Weg aus dem Dorf seid, siehst Du eine Gruppe von Frauen, die im Kreis zusammen stehen und sich unterhalten. Sie reden leise, befinden sich aber offenkundig in einer angeregten Diskussion. Immer wieder deuten die Frauen nach unten auf den Boden.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 10.09.2016 | 11:28
Clive

Ich denke an meine Forschungen zu den Ereignissen auf Herm ... den Träumen, die mir ein Tor durch Zeit und Raum zu sein schienen. An die Hinweise auf den mythischen Dämonenfürsten, die sich so leicht mit meinem Erfahrungen in Einklang bringen ließen. "Kann es sein, dass meine Forschungen keine Einbahnstraße waren? Wie sollte jemand ... etwas von meinen Gedanken Kenntnis erlangt haben? Kann alleine das Lesen der alten Schriften bereits eine Brücke bauen? ... Ich muss künftig noch vorsichtiger sein!"

"Leider nur mehr schlecht als recht, bei weitem nicht so gut wie ...", ich breche mitten im Satz ab, als ich die Frauen sehe.

"Was ist da los?", wundere ich mich.

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.09.2016 | 13:05
"Ignoriert die Frauen, Auserwählter Clive. Sie tratschen, wie überall auf der Welt, Herr."

Karim wendet sich Dir mit gesenktem Blick zu. "Nehmt zuerst Euer Geschenk an, wie Ihr es tun wolltet."

"Danach werden wir auf Eure ehrwürdige Vertraute warten und uns beraten. Das ist eine wohlüberlegte, gute Idee, Herr."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 10.09.2016 | 14:15
Ich mache mir um Clive Sorgen. Trotzdem bin ich noc verwirrt, und die Frauen geben mir ein ungutes Gefühl.
Ich gehe zu den Frauen und grüsse sie.
“Was ist passiert?” frage nett aber neugierig.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.09.2016 | 14:43
Eine der Frauen antwortet Dir. "Sehen Sie selbst, Fräulein Savage. Sehen Sie doch."

Dann gehen die Frauen auseinander.

Nun bilden sie einen Halbkreis, in dessen Mitte eine, in dunkelblaues Tuch gekleidete, Person auf einem kleinen Teppich am Boden kniet. Die Person ist dermassen verhüllt, dass sie keinen Anhaltspunkt auf Geschlecht oder Rasse bietet. Aber die Person scheint gross und schlank zu sein.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 10.09.2016 | 15:00
“Oh Gott. Noch mehr komische Leuten”
Ich gehe auf den Gestalt zu.
“Sir? Sie gehen besser irgendwoanders beten. Hier wird für Sie nicht so ruhig sein”
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.09.2016 | 17:24
Nachdem Du zu Ende gesprochen hast, bewegt sich die Person langsam nach hinten, während die Frauen drumherum zu raunen beginnen und ängstlich zurückweichen.

Die Person rollt ihren Gebetsteppich zusammen, hängt sich diesen um die Schulter und erhebt sich gemächlich. Die Ärmel der Bekleidung sind länger als die Arme und das Gesicht ist verschleiert. Die Person verneigt sich in Deine Richtung.

Dann spricht die Person. Und die Stimme ist die angenehme, melodische Stimme einer Frau. "Salam natschu! Indemin walatschu. Yaynnantay betasab dayhna natschaw?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 10.09.2016 | 21:14
Clive

Ich denke an die versteinerte Hand und an die Auswirkungen, die ihre Berührung auf Ove Eklund hatte. Seine gerötete Hand ist mir noch sehr gut in Erinnerung. Und auch die Begegnung in der Änderungsschneiderei, bei der eine kurze Berührung mich für eine unbestimmte Zeit außer Gefecht gesetzt hat, einen Zeitraum an den ich keine Erinnerung mehr habe und der mich ... tiefgreifend verändert hat. Ich möchte dieses Geschenk nicht berühren. Ich will Zeit gewinnen.

"Erzähle mir erst mehr von diesem Priester, von Kabir Marabu Kanga. Wo hat er Dir das Geschenk übergeben? Und warum?

Wie kamst Du hier her?"

Ich beobachte, wie Matilde sich um die Frauen kümmert, was mich beruhigt. "Auf Matilde kann ich mich verlassen! Sie wird die Dinge für mich in die Hand nehmen, wenn ich es nicht mehr kann." Ich muss trotz meiner angeschlagenen Verfassung lächeln, als die Frauen sie mit Fräulein Savage ansprechen. "'Fräulein' ist gut, denn es bedeutet, dass Matildes Ehe mit Hartmut für die Frauen an Bedeutung verliert. Und wenn erst die Frauen diesen Umstand zu vergessen bereit sind, folgen die Männer automatisch nach. In letzter Instanz entscheiden die Frauen des Dorfes darüber, was toleriert wird und was nicht. 'Savage' gefällt mir natürlich noch besser.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.09.2016 | 21:56
"Viele Frage, oh Auserwählter Clive. Es war nicht einfach Euch zu finden, Herr. Zuerst waren die Zeichen recht verwirrend. Aber als die Gestirne günstig standen, haben sie mich zu Euch geführt. Zuerst war Hierarch Kanga unschlüssig und er schickte mich zu Eurem jungen Begleiter. Doch dies war ein Irrweg, wie ich schnell herausfand."

Karim schaut auf den Boden. Er wirkt betroffen. "Ihr lenkt ab, Herr." Dann blickt er Dich an, senkt aber sofort wieder den Blick, als hätte er sich etwas Schlimmes angemasst. "Weshalb kränkt Ihr mich so offensichtlich, Herr? Ein Geschenk nicht anzunehmen, kommt in unserer Gesellschaft einer Schmähung gleich. Eine Beleidigung, die mit Blut abgewaschen werden sollte."

"Ist dies also ebenfalls eine Prüfung, Auserwählter Clive."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 10.09.2016 | 22:10
Clive

Ich bleibe stehen und wende mich Karim zu.

"Es liegt mir fern, Dich zu verletzen. Du missverstehst mich! Ich weise das Geschenk nicht ab. Aber diese Straße ist kaum der angemessene Rahmen. Zunächst sollst Du mein Gast sein. Alles andere wäre tatsächlich eine Kränkung, nach der weiten Reise, die Du auf Dich genommen hast.

Und Dein Bericht ist für mich auch ein Geschenk ... ein größeres als Dir bewusst zu sein scheint. Wissen ist ein großer Schatz. Du merkst doch, wie viele Fragen ich an Dich habe. Was meinst Du damit, der Priester habe Dich zu meinem jungen Begleiter geschickt? Welchen Begleiter meinst Du? Wann war das? Und wo?

Also vergiss diese Gedanken an eine Schmähung, die es nicht gibt, und an Blut. Welche Ehre sollte schon darin liegen, gegen einen alten Mann wie mich zu kämpfen, der Dir seine Gastfreundschaft erweisen will?"

Mein Blick wandert wieder zu Matilde.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.09.2016 | 22:22
Karim wirft sich vor Dir auf den Boden und küsst die Erde zu Deinen Füssen.

"Niemals... Nie... Niemals würde ich gegen Euch die Hand erheben oder eine Waffe auf Euch richten, ehrwürdiger Auserwählter Clive. Wenn Ihr DAS von mir denkt, dann tötet mich, Herr."

"TÖTET MICH HIER UND JETZT, HERR!" Wieder beginnen die Frauen des Dorfes zu tuscheln. Doch diesmal geht es um Dich und um die Szenerie, die sich ihnen darbietet.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 10.09.2016 | 22:32
Clive

Ich schüttle den Kopf.

"Nun beruhige Dich doch, Karim! Du scheinst mir sehr aufgeregt zu sein. Warum sollte ich Dich töten?

Tue mir den Gefallen, steh endlich auf, sprich nicht mehr von Blut oder Beleidigung, sondern begleite mich nach Hause. Ich fühle mich unwohl."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.09.2016 | 22:43
Die Frau nimmt den Schleier ab.

Die Frau ist jung, reif und bildschön, mit vollen, lüsternen Lippen, ebenmässiger, reiner, samtiger Haut, von Ebenholz-artiger Farbe und mit leuchtend, schwarzen Augen.

https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/1d/2d/6b/1d2d6bd7f75dab51200b8cae8c229617.jpg (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/1d/2d/6b/1d2d6bd7f75dab51200b8cae8c229617.jpg)

"Entschuldigt. Ich wollte nicht unhöflich erscheinen... Ich sagte... Friede mit Euch! Und Euch einen guten Tag. Und ich fragte, ob es Euch und Eurer Familie gut geht."

"Ich habe Eure Sprache gelernt."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.09.2016 | 23:00
Karim's Körper bebt. "Ihr fühlt Euch unwohl in meiner Gegenwart. Ihr fühlt Euch durch mich bedroht. Ich habe versagt, oh Herr. Ich bin unwürdig. Ich bin eine Schande. Ich bin unwürdig Euch zu dienen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 11.09.2016 | 13:00
Ich bin noch verwirrter.
“Ich weiss nicht wer ihr seid. Warum interessiert es euch was mit meiner Familie ist?”
Ich rede ruhig und höflich.
“Wir kennen uns sicher nicht”
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 11.09.2016 | 13:01
Clive

Dieser Fremde wird zunehmend lästig. Wie damals Lord Penhew mit seinem Spiegel verspricht er, sein Geschenk werde Erholung bringen. Wie Lord Penhew akzeptiert er nicht, dass ich misstrauisch bin. Und wie bei Lord Penhew werde ich nicht irgendwelche Relikte oder Totems oder was auch immer auf mich wirken lassen, ohne zu wissen, worum es dabei geht.

"Ich habe Dir gesagt, ich brauche keinen Diener. ... Karim, wenn Du nicht mein Gast sein magst und mir nicht berichten willst, worum ich Dich bitte, dann fürchte ich, kann ich Dir nicht helfen. Dann ist Dein Weg zu mir ebenfalls wohl ein Irrweg. Also beruhige Dich und sei mein Gast oder kehre unverrichteter Dinge zu Deinem Priester zurück, Du hast die Wahl. Aber entscheide Dich jetzt. Ich werde ungeduldig!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 11.09.2016 | 14:04
Die dunkelhäutige Afrikanerin wendet sich an Matilde. "Non ti preoccupare! Solamente un modo di dire, signorina. Mio nome è Kebede Ayana."

[ Machen Sie sich keine Sorgen! Es ist nur eine Redewendung, Fräulein. ]
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 11.09.2016 | 14:51
Karim erhebt sich langsam vor Clive's Füssen und unterlässt es, sich den Staub von der Kleidung zu streichen. "Herr, zürnt meiner nicht, oh Ungeduldiger. Ich kenne Eure Gebräuche nur wenig. Ich versuche mich Euch anzupassen, Herr. Und ich werde auf alle Eure Fragen antworten, oh Auserwählter Clive. Und ich nehme es Euch nicht übel, dass Ihr mir nicht vertraut, Herr. Ich werde damit versuchen klar zu kommen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 11.09.2016 | 15:02
Clive

"Das ist gut zu hören, Karim. Dann sollten wir miteinander klarkommen."

Langsam mache ich mich wieder auf den Weg, die Dorfstraße herauf. Aber immer wieder mache ich kurze Pausen und blicke zurück zu Matilde. Weil das Dorf in einer Senke liegt, kann ich die Dorfstraße einsehen, soweit mir nicht Häuser die Sicht versperren.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 11.09.2016 | 15:28
"Herr, ich glaube, ich habe diese Frau bereits zuvor gesehen. Sie stammt aus Äthiopien, hat aber einige Zeit in Italien verbracht. Sie stellt keine Gefahr für Euch dar, denn sie dient auch Azathoth. Sie war einige Zeit zusammen mit dem Engländer Aleister Crowley in Deutschland, so viel ich weiss."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 11.09.2016 | 15:39
Clive

"Nun, dann sollten wir auf sie warten, denke ich.

Meinst Du, Kabir Marabu Kanga hat auch sie geschickt?"

"Wieviele werden noch kommen? ... Und warum bloß?"

Ich versuche mich auf den Namen Aleister Crowley zu besinnen, vermag ihn aber nicht einzuordnen.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 12.09.2016 | 12:43
Am Ufer des Lough Key

"Wer soll denn eurer Meinung nach etwas gegen mich haben? Ich sehe doch aus, wie ein ganz normaler Bürger, ich BIN ein ganz normaler Bürger, ein normaler Mensch. Vor wem genau müsst ihr mich beschützen? Habt ihr jemanden in Verdacht? Gibt es Leute, vor denen ich mich in Acht nehmen sollte? "
Ich sage das alles ohne viel Anspannung. Es ist mehr beiläufig gesagt, als vehement nachgefragt oder festgestellt.

Nach einer kurzen Pause füge ich mit ernstem und festem Ton hinzu: "Wenn ihr Informationen darüber habt, dann nennt Sie mir! "
Dabei betrachte ich die Waffe genauer.

Sie kommt mir nicht bekannt vor. Die Waffe,  die ich aus England mitgebracht habe, liegt zu Hause. Kristine weiß in welche Schublade im Esszimmer ich sie gelegt habe. Sie ist immer geladen und schnell griffbereit. Doch habe ich sie in den letzten drei Jahren nur zwei mal herausgenommen. Und ein Mal war es nur um sie zu reinigen und zu überprüfen. Wir fühlten uns hier sicher. Sollen diese Zeiten nun vorbei sein?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 12.09.2016 | 15:17
Ich schaue die Frau an.
Stumm.
Verdammt, das ist doch die Afrikanerin von Aktionshaus. Was macht sie hier? Das ist auf keinen Fall reiner Zufall.
Ich muss jetzt vielleicht doch wieder von hier wegziehen?
Ich mache ein paar Schritte zurück, und wende mich von ihr ab.
"Clive! Bitte gehen wir jetzt!" sage etwas nervös
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 12.09.2016 | 15:30
Am Ufer des Lough Key

"Herr, ich habe Jahre in der Irrenanstalt des Gefängnisses von Dartmoor verbracht, weil man mich unseres Glaubens wegen, dort eingewiesen hatte. Unsere Feinde wollten, dass Fliegen und Maden mich auffressen sollten. Der Wahnsinn sollte mein Gehirn zerfressen. Aber ich blieb am Leben." Er grinst breit.

"Für verrückt haben sie mich erklärt - wahnsinnig haben sie mich genannt. Mich... einen der wenigen, der die Wahrheit kennt."

"Die anderen Insassen haben mich schon nach kurzer Zeit gemieden, nachdem unser Gott ihnen meine Überlegenheit bewiesen hatte."

"In der Einsamkeit der Isolierzelle der Anstalt habe ich mir dann das Flötenspiel beigebracht. Der Ire brauchte seine Flöte eh nicht mehr."

"Und später wurde ich dann auf wundersame Weise befreit. Azathoth, unser Gott hat mich erhört, als er mein Flötenspiel vernahm. Er hat mich befreit, damit ich Euch finde und zu Diensten bin, Herr."

"Es werden noch mehr kommen wie ich, die Euch dienen werden, Herr. Und es werden welche kommen, die Euer Tun und Handeln verhindern wollen. Und vor jenen Ungläubigen werde ich Euch zu schützen wissen. Auserwählter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 12.09.2016 | 21:32
Die Schwarze wendet sich Dir zu und schaut Dir direkt in die Augen. Sie hält den Blick. "Fräulein, bringen Sie mich zu Ihrem Meister. Er bedarf meiner." Die Iris der Frau sind so schwarz wie ihre Pupillen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 12.09.2016 | 22:31
Clive

Der Gedanke an eine Äthopierin, die Azathoth dient, beunruhigt mich. Während Karim mir eher lästig ist, habe ich aus einem unerfindlichen Grund vor dem Zusammentreffen mit der Frau eine rasch anwachsende Angst.

"Was werden ihre Augen in mir sehen? Wo ein Weg hereinführt, wird auch ein Weg heraus führen ... Ich habe nie verstanden, WIE es möglich war, dass SIE über den Augenkontakt in mich eindrang. Könnte eine Dienerin von Azathoth SIE aufspüren? Auch jetzt noch, wo ich selbst SIE nicht mehr finde? Könnte eine Dienerin von Azathoth SIE mir entreißen? Vielleicht würde ich es in meiner jetzigen Verfassung nicht einmal merken. Aber wie soll ich jedem Blickkontakt ausweichen. ... Die Augen sind das Tor und nur Blindheit könnte es schließen."

Ich denke an jene Tage auf Herm zurück, als mir Farben unerträglich schienen. "Das reine Weiß kam der Blindheit am nächsten. Und in meinen Träumen tat ich entsetzliche Dinge, um das Augenlicht zu verlieren. Wird das nun wieder beginnen? ... Und werden wir wieder aus Raum und Zeit gerissen, wie auf Herm?"

Alte, überwunden geglaubte Ängste steigen in mir auf und der Druck auf meinem Unterleib nimmt wieder zu. Ich blicke suchend die Dorfstraße hinab. Fast erwarte ich, dass nun auch noch Paul aus den Schatten der Verangenheit tritt, als sei er nie wirklich fort gewesen, sondern habe nur ein wenig in der Realität versetzt gelebt, so dass er unserem Blick entzogen war. Ich sehe die Ranken an den Häusern entlang der Dorfstraße (http://wallpapercave.com/wp/3Bm2f6n.jpg), deren tastenden Stränge immer dunkler werden, bis sie schwarz glänzen und pulsieren, während die Farbe der Blüten mir immer unerträglicher wird ... greller ... leuchtender ... flammender ... in meinen Augen brennend und tanzend ... als breite sich eine Feuersbrunst in rasender Geschwindigkeit über die alten Mauern, um das ganze Dorf zu verschlingen. Ich schließe die Augen, presse Daumen und Zeigefinger darauf und schlucke.

"Was ist heute nur los mit mir und der Welt? Das neue Leben, das ich mir nach Herm aufgebaut habe, ist so fragil wie meine Gesundheit. Nun klaffen bereits überall Risse.

Warum nur? Warum? ... Vielleicht wäre die Antwort in jenem Keller zu finden gewesen, den langen Weg hinab, den mir Amanda wies und dem ich nicht zu folgen wagte? ... Ich spürte schon damals, dass dies alles irgenwie zusammenhing, aber wir sind fortgelaufen! Und nun kehrt es zurück!

NEIN, das KANN nicht sein! Du bildest Dir das alles nur ein! Das DARF nicht sein! Beruhige Dich!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 12.09.2016 | 23:17
Du bist so völlig in Deinen Gedanken gefangen, dass Du überhaupt nicht merkst, dass Karim mit Dir spricht. "... ... ... ... ... Herr?"

"Herr, Ihr wirkt beunruhigt, als sei Euch eine schmerzliche Erinnerung wieder eingefallen. Geht es Euch gut? Ist es Euch schwindelig? Fühlt Ihr Euch wohl?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 13.09.2016 | 10:46
Clive

Der Schlag meines Herzens ist langsam aber schwer, als wäre es aus dem Takt geraten, jeder Schlag eine synchrone Kontraktion aller Kammern. Heftig, aber wirkunslos. Ich wünschte, ich hätte mein Nitroglyzerin bei mir. Aber es liegt zuhause, in meiner Tasche, wo es niemand sieht und Fragen stellt, unendlich weit entfernt.

Ich kann mich nicht überwinden, meine Augen zu öffnen. Ich will die Bilder nicht sehen, die meine Augen mir vorgaukeln.

"Ich muss nach hause ... sofort ...", murmele ich.
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 13.09.2016 | 14:55
Am Ufer des Lough Key

Der Mann ist offensichtlich wahnsinnig.

Doch je länger ich seinen Worten lausche, desto eher verschiebt sich meine Ansicht.

Natürlich wurde er für wahnsinnig erklärt. Das ganze klingt auch verrückt. Vielleicht sollte ich diesen Revolver gleich an ihm testen. Aber warum? er meint es ernst. Er will mich beschützen... vor welchen unsichtbaren Feinden auch  immer. Da ist es nicht Recht ihn niederzustrecken. Aber vielleicht ist das auch nur ein Vorwand von ihm, um Kristine oder mir später etwas anzutun.

Kurz überlege ich.

Nein, hätte er Kristine oder mir auflauern wollen, dann hätte er das genausogut jetzt machen können. Ich war unvorbereitet. Er hätte mich einfach in die Bucht schubsen können, mich mit einem Messer erstechen können oder mir einfach einen schweren Ast auf den Kopf schlagen. Und Kristine... sie ist zwar in Begleitung von Harry. Aber ich halte ihn nicht für einen guten Kämpfer. Sie haben sicher auch niemandem ernsthaft widerstand zu leisten.

"Von was für einer Flöte sprechen Sie? Und welcher Ire? Wie kommen Sie in einer Isolierzelle an eine Flöte, die zuvor einem Iren gehörte?"
Nach den Vorkommnissen in England vor drei Jahren reagiere ich empfindlicher auf Worte Bezüge zu Irland. Ich kann es mir selber kaum erklären.

"Hat dieser... hat Azathot direkt mit Ihnen gesprochen? Oder hat er ein Medium benutzt? Und erzählen Sie mir, wie sie aus diesem unwürdigen Gefängnis entkommen konnten... und wie sie an diese prächtige Waffe gekommen sind!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 13.09.2016 | 15:19
"Mein Meister? Ich habe keine Ahnung wovon ihr da sprecht. Ich muss los."
Ich gehe schnell zu CLive, und merke, dass es ihm nicht gut geht.
Ich stütze ihn.
"Clive, los. Gehen Wir. Ich muss mit dir unter vier Augen reden"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 13.09.2016 | 16:55
Clive

Dankbar nehme ich Matildes Hilfe an. Sobald ich die Augen öffne, beginnen sich farbige Flecken zu drehen. Darum halte ich den Blick gesenkt und stolpere halb blind die Dorfstraße zurück. Meine Gedanken überschlagen sich. Die Beklemmungsgefühle machen es mir schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Weil ich mir unsicher bin, was Karim mithört, wage ich Matilde auf dem Heimweg nur Andeutungen zuzuraunen.

"Ja ... ich brauche meine Tasche! ... Wir müssen reden ... zuerst die Welpen, dann Braddock, jetzt das ... wieso zur gleichen Zeit? ... das alles erinnert mich an Herm ... Pater Breandán wird außer sich sein, wegen der Kirche ... ich hoffe bei Máirín ist alles in Ordnung ... folgt sie uns? ... hast Du ihre Augen gesehen?"

"Hoffentlich ist Marie in Sicherheit!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 13.09.2016 | 19:25
"Herr, welche Tasche? Eure Arzttasche? Wo ist sie? Wie sieht sie aus? Ich werde für Euch die Tasche holen."

Karim macht eine Handbewegung langsam zu machen. "Setzt Euch, Auserwählter. Ihr müsst Euch schonen."

"Und ich habe ein Stärkungsmittel, Herr."

Er greift in die Innenseite seines Gewands und holt einen kleinen, verkorkten Lederbeutel hervor, den er Matilde reicht. "Hier, drei Tropfen auf die Zunge sollten dem Herrn Linderung und Erholung bringen. Ich werde die Arzttasche holen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 13.09.2016 | 19:41
Clive

Ich sehne meine Medikamente herbei und so beschließe ich, auf Karims Vorschlag zumindest teilweise einzugehen.

"Es ist einfacher, wenn Matilde geht. Sie findet sich zurecht. Du begleitest mich", antworte ich Karim.

"Geh bitte voraus, Matilde!"

Hinter mir höre ich das leise Rascheln von Stoff und ich ahne, dass die Äthiopierin zu uns aufgeschlossen hat.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 13.09.2016 | 20:37
"Sehr weise, Herr. Lasst Eure ehrenwerte Vertraute vorgenen. Natürlich kennt sie sich besser aus, Herr."

Er legt den Kopf leicht schief. "Herr, bitte, nehmt von der Medizin. Es wird Euch gut tun."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 13.09.2016 | 20:51
Am Ufer des Lough Key

"Nun, wir nannten ihn den Iren, weil er keltische Tattoos an den Oberarmen hatte. Er redete nie ein Wort. Ich glaube, er war stumm. Aber wie er die Flöte spielte, war so unglaublich. Er konnte ihr wahnsinnige Töne entlocken. Und er war gross, vielleicht sechs Fuss und durchtrainiert. Dann war er weg. Sie sagten, er sei verlegt worden, aber wir wussten, dass er umgebracht worden war. Sie hatten ihn beseitigt. Aber er hatte seine Flöte zurückgelassen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 13.09.2016 | 21:48
Ich weiss gar nicht was hier gerade los ist, aber ich nicke, und gehe eilig voraus.
Ich meditiere, sobald diese Besuch sich geklärt hat, schon ob ich nicht lieber irgendwoanders mit Marie verschwinden sollte.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 13.09.2016 | 22:26
Clive

Fast bin ich versucht, auf das Angebot einzugehen.

"So sehr ich Dir vertrauen möchte, Karim. Erst muss ich mehr über Dich, den Priester, der Dich sendet, und Deinen Weg erfahren. Würdest Du meine Lebensgeschichte kennen, so könntest Du dies verstehen.

Außerdem bin ich Arzt. Ich weiß gerne, welche Medikamente ich zu mir nehme. Zuviele Mittel falsch kombiniert schaden mehr als sie nutzen."

Ich blicke zurück und versuche durch die Irrlichter in meinem Hirn zu erkennen, was die Äthiopierin macht.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Blackdiablo am 13.09.2016 | 22:34
RICK FAIRWELL (?!)

Und plötzlich bin ich da.

Ich trage eine Weste mit einer Lilie. Eine rotgestreifte Fliege ziert meinen Hals. Meine Haut ist weiß wie ein weißes Stück Papier, die Jahre trauen sich jedoch nicht, trauen sich nicht sie mit Linien zu zeichnen. Linien geben Konturen und Konturen geben Charakter; ich aber bin konturlos. Ich bin ein Schatten ein Phantom ein Künder wahrer Künder kündet bis das Blut tropft Liebe lieben und geliebt werden heißt es hier und heißt es dort eine Blume namens Hingabe

Ich weiß noch nicht, ob ich lächeln soll oder sie töten soll oder ob ich sie dazu bringe soll, mich zu töten ... ich schaue an mir herunter. Dann in ihre Augen. Mir fällt etwas ein.

"Ich war am Grab von deinem Vater." Mit perfider Eleganz pflücke ich die Pflanze aus meiner Weste. "Die ist für dich." Ich ziehe sie zurück. Mein Blick verfinstert sich- "Moment" Ich hebe einen Finger. "Erst musst du mir deinen Namen nennen."

Sie ist sehr hübsch.

Das ist mir egal.

"Und lüg mich nicht an."

Ich merke, wenn du lügst, hörst du in deinem Verstand. Eine Stimme, gewillt zu überzeugen; oh Gott oh Herr im Himmel sie hat die Gewalt, dich zu überzeugen. Jetzt hört ihr sie alle, ihr, die ihr die Wiederkunft bestaunt: Ich weiß alles und weiß es nicht ich habe dich beobachtet habe euch beobachtet auferstanden von den Toten was ich will was ich will was ich will

"Ich will deinen Namen wissen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 13.09.2016 | 23:45
Clive

Beinahe wäre ich gestrauchelt, als ich die Stimme vor mir vernehme. Die Farben blenden mich, aber ich brauche nicht zu sehen, um diese Stimme wiederzuerkennen. Pauls Stimme hat sich wie alles andere, was in diesen Stunden auf Herm geschah, unauslöschlich in mein Gedächtnis gebrannt.

"Paul?", frage ich dennoch und meine Gedanken beginnen sich langsam wieder um dieses Ereignis zu ordnen, Struktur zu gewinnen, Halt in einem Erklärungsversuch zu finden.

"Es MUSS ein Traum sein. Es KANN nicht anders sein. Das Erscheinen der Fremden, das Verhalten der Dorfbewohner, dieses ganze Chaos ist eine Vermischung meiner Studien über Azathoth und die Wege durch Zeit und Raum seit Herm, meiner Erlebnisse in London, meiner unbeantworteten Fragen zu der Äthiopierin, von der Ove Eklund, Matilde und Baxter Wentworth berichtet hatten. Meine Ängste und Hoffnungen prallen aufeinander: Die Angst, das Leben wieder zu verlieren, das ich mir hier geschaffen habe. Die Hoffnung, Matilde hier eine neue Heimat finden zu lassen, in der die Menschen sie als meine Tochter anerkennen.

'Miss. Savage' ... ein Beamter der Brandschutzbehörde, der den Brandstifter als seinen Kollegen bezeichnet und hier ermittelt ... Karim, der die Dorfkirche als Tor durch den Raum benutzt ... die Äthiopierin, die Mitten auf der Dorfstraße erscheint ... und nun auch noch das Auftauchen von Paul, kaum dass ich an ihn gedacht habe ... Das ist alles dermaßen surreal, dass es nicht wahr sein KANN.

...  ...

Es sei denn ... es sei denn, ich könnte die Realität um mich verändern ... oder etwas bewirkt dies durch mich ...

Bin ich zu tief in die Geheimnisse vorgedrungen, die man nicht anrühren sollte? Aber wer bin ich schon, dass ich solche Macht haben sollte? ... Bestenfalls ... nein, schlimmstenfalls ein Werkzeug ..."


Mit schaudern überlege ich, was das bedeuten würde, wenn es wahr wäre.

"Könnte ich dann auch die Verschollenen und Toten durch die Zeit hierherbringen? Einfach, indem ich mir vorstelle, sie würden hier auftauchen? Was ist mit Ruairí, dessen Gebeine angeblich im Hof des Pentonville-Gefängnisses verscharrt liegen? Was ist mit Cainnech, dessen Verbleib bis heute ungeklärt ist und den Karim eben schon erwähnt hat, wenn ich ihn richtig verstanden habe? Was ist mit IHR, deren Körper in einem Sarkophag im Urwald des Kongo vergraben liegt, der ein einziges geschnitztes Versprechen auf Leben ist, und deren Seele irgendwo in den Tiefen meines Geistes fortbesteht?

Selbst wenn es ein Traum ist, bedeutet das nicht, dass es nicht auf seine Weise WIRKLICH ist. Es bedeutet nicht, dass es nicht gefährlich wäre!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 14.09.2016 | 10:54
ich bleibe stehen.
Paul?
Ich muss wieder träumen. Das ist nicht möglich.
Ich merke, wie meine Kräfte schwinden.
"Paul?...Bist du..es..wirklich?"

Ich bin fassungslos.

"Ich bin es, Matilde" sage leise.
Ich rühre mich nicht.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Blackdiablo am 14.09.2016 | 11:32
"Matilde ..., der Vogel, der ein schönes Lied singt." Ich reiche ihr die Blume, diese eine namens Hingabe. Es ist eine weiße Lilie. Auf ihr ist ein roter Punkt. Ohja das ist Blut. "... auf der Insel, die dem Tod gewidmet. Dein Vater hat zu mir gesprochen." Ich flüstere ihr ins Ohr. "Er hat mir erzählt, wie du sterben wirst."

Ich vergesse zu lächeln.

Ich lasse die Augen schweifen, deren Glanz entschwunden ist. Ich klopfe mir imaginären Staub von der Kleidung. Ich richte meine Weste.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 14.09.2016 | 11:36
"Du bist nicht Paul" sage ich vorsichtig.
Ich mache einen Schritt zurück.
"Du bist Rick, und Rick ist tot. So oder so. Du bist nicht real" meine Stimme ist traurig.
Es geht wieder los.
Ich bin wieder verrückt geworden.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 14.09.2016 | 12:36
Clive

Ich schließe zu Matilde auf. Ich verspüre das unhöfliche Verlangen, Paul zu berühren, um mich seiner körperlichen Existenz zu versichern. Aber gleichzeitig weiß ich, dass auch die Berührung nur das Trugbild eines Traums sein könnte. Und ich fürchte, was das Ergebnis einer Berührung sonst noch sein könnte, jetzt da die Wirklichkeit ins Wanken geraten ist.

Als Matilde jedoch in dem Ankömmling Rick erkennt, halte ich inne und warte ab. "Wenn dies Rick ist, dann wird allenfalls Matilde auf ihn Einfluss nehmen können. Auf mich wird er sicher nicht hören."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Puklat am 14.09.2016 | 14:56
Am Ufer des Lough Key

"Und wie sind Sie aus dem Gefängnis entkommen?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 14.09.2016 | 22:34
Hinter einem wilden, ausladenden und üppig blühenden Rosenstrauch, dessen weiss-rosa-farbenen Blüten das Grün seines Laubs beinahe völlig zu verdecken scheinen, treten zwei schlanke, blonde, junge Männer auf die Strasse heraus. Nie zuvor ist Dir jemals dieser Rosenstrauch aufgefallen.

"Guten Abend..."
"... die Herrschaften."
Die zwei sind ausgemacht höflich. Offenbar eineiige Zwillinge. Der eine hat soeben den Satz des anderen beendet. Und beide verbeugen sich tief vor Clive.

"Es tut..."
"... uns leid, ..."
"... dass wir erst jetzt..."
"... erscheinen konnten, ..."
"... Meister. Wir bitten..."
"... vielmals um..."
"... Verzeihung..."
"... Auserwählter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 15.09.2016 | 02:08
Clive

Es ist, als hätte mir jemand ein "KICK ME!"-Schild auf den Rücken geklebt - nur dass hier "Auserwählter" auf dem Zettel steht - und ich wäre zu dumm, es zu begreifen. Für jeden anderen ist es offensichtlich, nur nicht für mich. Die Welt hält mich zum Narren! Ich empfinde den zunehmenden Drang, zu schreien.

"Ich habe NICHT an Hartmut gedacht! Ich habe mir nicht einmal verboten, an Hartmut zu denken. Und doch erscheinen diese zwei arischen Klone von ihm hier im Dorf. Paul ... Rick hatte wenigstens den Anstand eine weiße Blume zu wählen.

Das ist doch alles Irrsinn! Es muss ein Traum sein ... Ängste gegen Hoffnungen. Nur würde ich mich ernsthaft freuen, wenn die Hoffnungen ein wenig mehr Raum erhielten. Warum bin ich nur so ein verfluchter Pessimist!"


Ich beschließe, einfach an Cainnech zu denken und lausche auf Motorengeräusche.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 15.09.2016 | 07:34
Mir reicht es langsam.
Erst diese Araber,Afrikaner, dann Paul, und jetzt diese Zwillingen.
Ich weiss nicht wasves sein sollte.
“Clive...ich kann nicht mehr hier bleiben” sage ich alarmiert.
Ich bekomme leichte Panik, und renne los zu Mairin und Marie.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Blackdiablo am 15.09.2016 | 17:52
Ich schließe die Augen und beiße mir auf die Lippe. Weg weg weg - ja? Nein du bleibst

"Clive?" Ich räuspere mich. Ich lache ausgelassen. "Clive Clive Clive." Ich lächle ungehalten. "Wollen wir die Vergangenheit hinter uns lassen? Ja? Bist du bereit? Matilde ist es zu viel geworden, fürchte ich ... Ich mag die kleine."

Passt du gut auf sie auf?, hörst du in deinem Kopf. Beschützt du sie vor bösen Menschen?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 15.09.2016 | 19:31
Clive

"Ich auch. Sie ist wie eine Tochter für mich. Ich gebe auf sie acht, so gut ich es vermag", antworte ich.

"Aber niemand kann seine Vergangenheit hinter sich lassen, Paul! Einen Teil davon nimmt man immer mit sich.

Komm mit mir. Wir haben viel zu bereden! Und ich brauche meine Medizin, bevor noch mehr Menschen hier aus dem Nichts auftauchen."
Titel: Re: Irgendwo in SCHWEDEN
Beitrag von: Der Läuterer am 15.09.2016 | 19:58
Am Ufer des Lough Key

Der Hüne lacht kehlig. "Hoar Hoar Hoar."

"Es war eines dieser heftigen Gewitter am Abend nach einem schwül-heissen Tag. Einem Sommertag wie diesem. Über den Mauern des Gefängnisses in Dartmoor zuckten Blitze über den Himmel, die das Firmament erhellten und der wütende Donner grollte."

"Die Wetterfront war stärker als alle, die ich je erlebt hatte. Es war herrlich, eine Offenbarung. Einer der ersten Blitze schlug in den Transformator ein und stoppte die Stromzufuhr. Ausserdem tauchte es die gesamte Anlage in herrliche Dunkelheit."

"Der Donner brüllte über den Mauern wie bei einem schweren Mörserbeschuss. Dann schlug ein Blitz im Gitter vor meinem Fenster ein und schmolz es hinfort. Strömender Regen ergoss sich in Sturzbächen aus allen Schleusen des Himmels."

"Und der letzte Blitz, der meine Flucht beleuchtete, erschlug zwei Wachen, die sich mir in den Weg zu stellen versuchten."

Erneut ertönt sein kehliges Lachen, das Dir einen eiskalten Schauer über den Rücken jagt. "Der Weg war frei. Die Sterne standen günstig und ich folgte der Strasse zu Euch, Auserwählter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Blackdiablo am 16.09.2016 | 00:07
"Ich kann ich kann wenn ich will was kannst du für Fragen haben ich habe weißgottwievieumgebrachtundweißtduwarumneinweißtdunicht -" Pause. "Aber hey, vielleicht kannst du mir helfen? Haha. Ich kann dir Geheimnisse erzählen. Ich hoffe nur, du nimmst es leichter als Matilde."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 16.09.2016 | 00:38
Clive

"Zuerst gehen wir zu mir. Dann sehen wir weiter."

"Was stimmt nicht mit ihm? Pauls Sprache ist wirr. Wir werden sehen ..."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 16.09.2016 | 19:13
Am Ufer des Lough Key

"Herr, es ist schon spät. Ich würde Euch jetzt gerne zu Eurer Frau begleiten. Sie ist die linke Hand, Auserwählter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 16.09.2016 | 20:29
Ich erreiche endlich Clives Zuhause. Ich sollte sagen auch mein Zuhause, aber die Wahrheit ist, mein Zuhause war es nie.
Ich mache die Tür auf, voll verschwitzt, und schaue mich kurz in dem grossen Spiegel an die Wand.
Ich tue mir selbst Leid.
Diese Gedächnisverlust hat mich wieder ganz nach unten gezogen. Ich weiss nicht, was das zu bedeuten hat.
Ich weiss nie, was es zu bedeuten hat.

Ich sehe so schlecht aus. Früher war ich schön. Ich könnte Männer mit einem Blick töten.
Ich lasse die Schlüssel auf den Boden fallen.
Meine Haare sind schon ein wenig grau geworden.
Ich habe zugenommen, find ich.
Heimlich trinke ich. Und rauche zu viel.
Ob Clive es gemerkt hat? bestimmt.
Aber was kann sonst so eine wie ich hier in diesem Dorf machen? Nichts. Trinken eben.
Zum Verrückt werden.
Bin ich schon. Ich halluziniere sogar Paul. Nein, Rick. Gott, hat er mir Angst eingejagt.
Als Mutter war ich eine Niete. Bin ich es immer noch mit Marie.
Das passiert, wenn man sich zwingt etwas zu machen, wo man nicht gut ist.
Ich konnte nur den Tod bringen, nicht das Leben.
Hans meinte, ich würde eine gute Mutter sein.
Aber Hans hat eher mir nur Scheiße eingeredet.
Ich sollte wütend sein.
Doch auch diese Flamme ist schon längst erlöscht.
Etwas schnüffelt an mir.
"Luni" sage ich leise. Ich lächle schwach. Auch er ist alt geworden. Wird mich irgendwann verlassen.
Dann merke ich den Korb, und die andere Hundin.
Ich nähre mich vorsichtig.
"Du..sag mal...sind es..deine Welpen?" eine schwache Überraschung.
Ich umarme ihn.
"Du hast also eine Familie, ja? Das ist schön, mein Grosser..." Ich kraule ihn.
"Aber ich muss wieder weg. Ich muss weg. Du bleibst aber hier, bei Clive, und deine Kleine...viele Kinder, ja?"
Es ist besser so.
"Und..du wirst auf Clive aufpassen, und auf..Marie?"
Ja, Marie sollte hier bleiben, bei Mairin, die gut auf sie aufpasst, und sie liebt.
Ich seufze.
"Danke für alles" sage, und drücke ihn.

Dann steige ich die Treppe hoch, und gehe in mein Zimmer.
Ich mache nichtmal einen Koffer fertig.
Ich nehme das ganze Geld was ich finde, meine Juwelen, die ich eventuel verkaufen kann, und John.
Dann schreibe ich auf einen Zettel

Danke für alles Clive. Bitte pass auf Marie auf. Es geht bei mir wieder los. Ich werde wieder verrückt. Ich will das nicht mehr. Ich kann das nicht mehr. Verzeih mir


Ich ziehe einen dicken Mantel an, und gehe wieder raus, auf der Strasse, einfach weg vom Dorf, Ziellos.
John und ich, so wie es am Anfang war.
Nur dass es diesmal kein neuer Anfang sein wird.

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Blackdiablo am 17.09.2016 | 17:51
"Aber mach schnell, Clive, schnell schnell. Ich schwimme mit dem Strom und halte nicht gern still. Im Herz der Finsternis entschied sich das Leben, die Existenz von uns allen und ES HAT GESIEGT. Womit ich nicht gerechnet habe ... Hach Matilde rennt. Und rennt. Aber nie schnell genug. Komm renn mit mir."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 18.09.2016 | 20:05
Clive

Es fällt mir schwer, Pauls Worten zu folgen. Liegt es an mir oder an ihm?

"Was meinst Du damit? Wann hat das Herz der Finsternis gesiegt? Auf Herm? Hier und jetzt? Oder sprichst Du von meiner Zukunft?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Blackdiablo am 18.09.2016 | 23:10
Renne los.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 19.09.2016 | 07:35
Clive

"Paul hat gut reden: 'Komm renn mit mir!' Wie soll ich das schaffen?"Ich horche in mich hinein. "Könnte es sein, dass meine Beschwerden auch nur ein Teil des Traums sind ... ein Teil meiner Ängste? Könnte ich laufen? ... Angst vor dem Tod? Ich? Angst vor dem Verlust, ja, aber vor dem Tod? ... Selbst wenn auch meine Schmerzen nicht real sind, ich könnte niemals Matilde einholen. Sie läuft viel zu schnell für mich."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 19.09.2016 | 16:18
Am Ufer des Lough Key

"Es ist in der Tat spät. Aber bitte...Sie brauchen mich nicht nach Hause zu begleiten. Es ist nicht weit."

Was meint er damit, dass Kristine die linke Hand sei? Juckt ihre Hand auch? Wie kann Sie von den Sternen dafür vorbestimmt sein? Ich denke wir sollten so bald wie möglich mit Clive darüber reden. Oder vielleicht haben ihre Eltern doch recht damit, dass wir zu Ihnen ziehen sollten. War es dumm von mir in der Nähe von Matilde zu bleiben? Sie hängt da genauso tief drin, wie ich auch. Wie Kristine und ich auch.

"Haben Sie eine Unterkunft gefunden? Ich bin mir sicher, dass Sie in Boyle ein gutes Gasthaus finden werden."

Wir treten auf die kleine Straße, die hier am See entlang führt.
"Nach Boyle geht es dort entlang. Vielleicht 5 Minuten... oder 10. Hier werden sich unsere Wege also trennen. Aber ich bin mir sicher, dass Sie mich zur rechten Zeit wiederfinden werden, wenn ich Ihre Hilfe benötige. Haben Sie also vielen Dank. Und haben Sie noch einen schönen Tag."

Ich warte, bis sich der Hüne in Richtung Boyle bewegt.

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 19.09.2016 | 20:21
Am Ufer des Lough Key

"Herr, ich habe kein Zimmer. Weder in Boyle noch sonst wo. Aber das macht nichts."

Er nickt leicht. "Macht Euch keine Sorgen um mich, Auserwählter. Ich komme sehr gut zurecht. Azathoth sorgt für die seinen. Nur keine Sorge."

"Ich werde Euch begleiten, Herr. Und ich dulde keinen Widerspruch. Es geht schliesslich um Eure Sicherheit. Ich begleite Euch natürlich nach Hause. Dann bin ich sicher, dass Euch nichts geschieht. Lasst uns gehen, Auserwählter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 19.09.2016 | 20:40
Im Dorf

Als Matilde an der Kirche vorbei kommt, tritt eine schwarz gekleidete Person hinter der Mauer des Kirchhofs hervor. "... ... ... ..., Madame Savage."

Du bist völlig in Gedanken... verwirrt... und voller Angst wieder verrückt zu werden.
Was soll das heissen, wieder verrückt zu werden? Warst Du jemals normal?
Du bist eine Frau, die sich wie ein Mann in der Welt der Männer verhält.
Wenn das nicht verrückt ist?
Du wurdest in eine verrückte, dekadente Familie hinein geboren. Verrückte Brut?
Dein Leben war eine verrückte Achterbahnfahrt.
Und Du hast Freude daran, andere Wesen zu töten. Verrückt oder?
Dann hast Du diesen verrückten Schweizer-Deutschen geheiratet. Ist das nicht verrückt?
Diese, Du weisst nicht was für eine, Kreatur ist der Vater Deiner Kinder. Das ist Wahnsinn.

"Madame Savage?" Du blickst auf. Es ist der Dorf-Priester.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 19.09.2016 | 21:55
Matilde

Ich drehe mich um.
"Ja, was ist?" sage ich leicht angenervt.
"Ich wollte gerade mal weg, Sie können Sie sich gleich freuen, und die Glocken läuten. Die Sünderin verschwindet"
Ich schaue ihn ernst an.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 19.09.2016 | 22:15
Im Dorf

"Die Sünderin... ja, das sind Sie wohl, Madame Savage. Und mir liegt in der Tat viel daran, die Glocken zu läuten." Er schüttelt den Kopf.

Er umfasst mit beiden Händen Deine Hände. "Kind, es ist nie zu spät. Komm mit in das Haus des Herrn und lege die Beichte ab. Ich führe Dich."


"Danach wirst Du Dich besser fühlen. Ich bin für Dich da. Du bist ein Kind Gottes und Gott gibt seine Kinder nicht auf."

"Es gibt immer einen Weg. Ich werde auf Dich eingehen. Ich bin für Dich da. Öffne Dich mir, Kind."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 19.09.2016 | 22:23
Ich lache.
"Es tut mir Leid. Nicht mir mir. Ich muss jetzt los. Wenn ich eine Beichte ablege, dann bekommen Sie einen Herzinfarkt"
Ich wende mich von ihm ab.
"Leben Sie wohl. Und seien Sie nett zumindest zu meinem Kind."
Ich laufe weiter.
"Sie trägt keine Schuld"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 19.09.2016 | 23:03
Im Dorf

"Sie ist die Tochter der Hure Babylons." zischt Dir der Priester zwischen zusammengepressten Zähnen hinterher.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 20.09.2016 | 00:03
Im Dorf

"Domitius Caesar legatos xti violenter interfecit." Der Priester ist zornig. "Dein Ich verhöhnt Gott und spottet seinem Glanz. Das grosse Tier wird kommen und Deine Seele verschlingen, Sünderin. Und es wird nichts geben, das Du tun kannst, um Dein Kind zu retten. Deine unreine Saat wird von der Erdoberfläche getilgt werden, Hure."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Nyre am 20.09.2016 | 07:52
“Ich wünsche Ihnen auch einen schönen Tag”
Ich beuge mich, dann gehe ich einfach weiter.
Marie, ach egal was du wirst, du wirst besser als ich
Denke ich mit einem Lächeln.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 20.09.2016 | 08:22
Clive

Ich begebe mich weiter in Richtung Manor. Paul und Matilde sind fort. Ich bin alleine mit Karim und der Äthiopierin, deren Namen ich noch immer nicht kenne. Ich frage mich, wo Braddock stecken mag ... und warum er so schnell verschwunden ist.

"Karim, da war ein Mann, der mit uns sprach, als Du zu uns kamst. Er nannte sich Braddock. Kennst Du auch ihn? ... Er verschwand unmittelbar, nachdem Du aus der Kirche kamst."

Ich frage mich, ob ich in diesem Moment das Bewusstsein verloren haben könnte. "Mir ging es bereits vorher schlecht ... die Sorge ... die körperlich Anstrengung ... Was, wenn es mehr als nur ein Stechen war? Was, wenn ich in Wahrheit bewusstlos auf dem Boden liege und dies alles nur ein letztes Aufflackern meines Geistes ist? Ein unkontrolliertes Aufblitzen verschiedener Erinnerungsfetzen, die mein unterversorgtes Gehirn irgendwie in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen versucht? Der Sauerstoffmangel lässt farbige Flecken auf meiner Netzhaut flackern, bevor die Augen ihren Dienst vollends versagen. ... Das kling plausibel für mich."

Ich empfinde diesen Gedanken fast beruhigend, bedenkt man als Alternative die weitverbreitete Vorstellung, das ganze Leben würde in den letzten Lebensmomenten wieder an einem vorüberziehen. ... "Alles, bloß das nicht! Dagegen ist die Vorstellung, tatsächlich auf der Dorfstraße zu liegen, den Kopf in Matildes Schoß gebettet, und die letzte Reise anzutreten, tröstlich."

Mein Körper scheint stehen geblieben zu sein, während ich dies denke. Karim fasst meinen linken Arm und eine andere Hand greift nach meinem rechten. Da ist wieder ein Stechen in meiner Brust. Ich höre den Widerhall von Karims Stimme, ohne die Worte zu verstehen. Dann scheint mein Körper sanft herabzuschweben. "Meine Tasche", will ich sagen, aber es gelingt mir nicht. Jemand zwingt meinen Mund in eine offene Position und ich spüre etwas kaltes meine Zunge berühren. Ich schließe die Augen.

Das Bild des Mannes in der Änderungsschneiderei (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25801-nightmare-bites-kap1-bühne-auf-eis/?p=455590) flackert in meinen Erinnerungen auf. Ich meine, seine lockenden Worte zu hören: 'Komm. .... Komm zu mir. Komm.' Ich fühle Hände meine Hände ergreifen. Die Hände und die Finger fühlen sich weich und warm an. Es sind die schlanken Hände einer Frau. "Das muss Matilde sein", denke ich verwundert. "Also war das alles tatsächlich nur ein Traum. ... Das Nitroglycerin. Woher wusste sie, welches Medikament ich brauche? ... Aber es schmeckt anders ... es fühlt sich anders an."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 20.09.2016 | 15:45
An der Straße entland des Lough Key

"Und was habt ihr vor, nachdem ihr mich zu Hause abgesetzt habt?! Wenn Azatoth für die seinen sorgt, so wird er doch auch über mich wachen. Warum sollte ich euch dann brauchen?"

Bilde ich es mir ein, oder redet er wirr?!
Er wirkt überzeugend, ehrlich. Er spricht nicht dümmlich. Es ist keine Idiotie, die aus ihm spricht. Wahnsinn vielleicht, Irrsinn, Verwirrung... aber er ist weder dumm noch denkt er sich das aus. Er glaubt, was er sagt. Er ist von seinen Worten und Taten überzeugt.
Ich weiß nicht, was mir hier am meisten Sorgen macht.


"Nun, Sie scheinen mir nicht leichtfertig von ihrer Sache abzubringen zu sein. Das schätze ich an den meisten Leuten. Aber ich bestehe auf drei Dinge!
Sie erzählen mir unterwegs was sie über Azatoth wissen! Und dann berichten Sie mir ... noch mal ... was sie über die Aufgaben bzw. Verpflichtungen des Auserwählten und der linken Hand wissen! Und zu guter letzt: Suchen Sie sich, nachdem wir bei mir zu Hause angekommen sind, ein Zimmer in einem Gasthaus im Ort. Ich kann und werde Sie nicht bei mir zu Hause aufnehmen."

Dann beginne  ich ihn über einen leichten Umweg zu unserem Haus zu führen. Ich traue mich nicht einen großen Umweg zu wählen. Wenn er wirklich  einen solchen Orientierungssinn hat, wie er sagt, dann wird er einen größeren Umweg vielleicht bemerken. Aber ich brauche genug Zeit, damit er mir berichten kann, was ich wissen will.

Langsam schreite ich, den Revolver in der Jackentasche, mit der Angel und dem Eimer mit den Ködern den Weg entlang und höre ihm zu.

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 21.09.2016 | 19:03
Auf der Dorfstrasse zurück zum Dorf

"Herr, ein neuerlicher Test?" Er lächelt wissend. "Sehr wohl, Auserwählter. So überprüft denn mein Wissen."

"Azathoth ist der oberste Gott, ein Sultan von formloser Gestalt. Er regiert vom Zentrum des Weltalls aus und befindet sich doch ausserhalb des geordneten Universums. Er regiert seit Abeginn aller Zeit und bis in alle Unendlichkeit. Er ist die allgegenwärtige Veränderung und das Chaos."

Er schaut Dich fragend an. "Das ist doch richtig, nicht wahr Herr?"

"Herr, ich habe alles gelernt." Er lächelt. "Azathoth bildet den Mittelpunkt der Galaxis, das sogenannte Nukleare Chaos, und übersteigt in seiner schier unendlichen Macht selbst den allwissenden Yog-Sothoth."

Dann nimmt er einen anderen Weg, als den, welchen Du eingeschlagen hast. "Hier entlang, Auserwählter. Ihr scheint so Gedanken verloren zu sein, dass Ihr Euch fast verlaufen hättet. Wie gut, dass Ihr mich habt, Herr."

"Azathoth ist die unverrückbare Präsenz, ohne direkte, feste Gestalt. Er besitzt kein Bewusstsein und doch ist ihm unser Sein und unsere Dienste bewusst. Azathoth ist eine immer währende Aura, die nie direkt Gestalt annimmt. Er handelt nur indirekt, durch andere."

Er schaut zum Himmel. "Da sich Azathoth ständig verändert, ist er auch das Sinnbild der immer währenden Gleichförmigkeit. Er verkörpert die Beständigkeit und die ewige Konstanz. Er ist wie eine Uhr, die ständig die neue Zeit anzeigt, doch ihr Zifferblatt weder verändert, noch sich jemals bewegt. Er ist was er ist. Er ist. Er ist da. Er ist die Zeit. Niemand darf seinen Namen ungestraft laut auszusprechen. Er ist der oberste der äusseren Götter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 23.09.2016 | 16:36
"Sehr gut. Sie haben offensichtlich fleißig gelernt und wissen nun bescheid."

"Aber sie haben noch nicht alle Fragen beantwortet. Was ist die Aufgabe des Auserwählten? Ist er das Werkzeug Azathots auf Erden?"

Mir läuft immer wieder ein eisiger Schauer über den Rücken, als ich seinen worten lausche. Was er sagt klingt fantastisch - im eigentlichen Wortsinne fantastisch. 'Der Mittelpunkt der Galaxie', 'Chaos', 'Macht', 'allwissend'
All das würde ich Hirngespinste abtun. Doch ist etwas überzeugendes, nicht nur etwas manisches in seiner Stimme. Und in mir drin gibt es etwas, das ihm zustimmt. Das mir das beklemmende Gefühl gibt, dass das nicht nur irgendwelche Worte sind. Wann ist es passiert, dass ich der Auserwählte wurde?
War es die Hand? Die Hand des sechsfingrigen Priesters?

War es schon vorher? In Cornwall? In dem Ort der biblischen Plagen und Erscheinungen?

War es vielleicht eine der Spukerscheinungen, die ich noch davor untersucht habe?

Es gibt doch mehr Möglichkeiten, als ich mir anfangs eingestanden hätte.

Und woher weiß er, wo der Weg lang geht?
Ich verlangsame meinen Schritt in einen abwartenden fast schon belauernden Gang. Ich schaue ihn musternd an.

"Aber bevor Sie mir sagen, was sie über den Auserwählten, die linke Hand und deren Aufgaben und Verpflichtungen wissen, sagen sie mir noch schnell: Waren Sie schon mal bei mir zu Hause?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 24.09.2016 | 17:27
"Nein, Herr. Ich war noch nie bei Euch Zuhause. Und ich würde es auch nicht wagen. Eure Heimstatt ist heilig. Ich würde sie nur beschmutzen und entehren."

"Nun, die Aufgabe der linken Hand ist es für die rechte Hand zu sorgen. Sie ist Eure Fürsorgerin. Sie ist willensstark, geschmeidig und schön. Sie wird den Nachfolger gebären."

"Die Aufgabe der rechten Hand ist es Azathoth Vergnügen zu bereiten."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 24.09.2016 | 21:17
Auf der Dorfstrasse zum Manor

Der Trank, den Dir Karim einflösst ist zähflüssig und Honig artig. Er erinnert Dich an Deine Zeit im Kongo, denn dieser Sirup schmeckt wie eine überreife Banane. Deine Zunge prickelt, als würden winzige Wassertröpfchen darauf zerplatzen. Dann fühlt sich Deine Zunge leicht taub an. Du willst das Gebräu ausspucken, doch ein Finger von Karim bohrt sich in Deinen Solarplexus und zwingt Dich zu schlucken. "Verzeiht, Auserwählter." Und während Du schluckst, fühlt es sich so an, als würdest Du eine dicke, haarige, sich windende Raupe schlucken. Du atmest tief ein. Gierig saugst Du die Luft in Deine Lungen und atmest durch. Du fühlst Dich gut und erfrischt. Karim liegt vor Dir am Boden in unterwürfiger Haltung. "Verzeiht, Meister, verzeiht. Es ist eine Todsünde den Auserwählten anzugreifen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 25.09.2016 | 01:03
Clive

"Wie ist das möglich?", frage ich Karim. Vorsichtig richte ich meinen Körper auf. Misstrauisch warte ich auf eine Reaktion in meinem Brustkorb, aber sie bleibt aus. Keine Beklemmungsgefühle mehr. Keine Schmerzen mehr, die in den Bauchraum ausstrahlen. Keine Übelkeit mehr, die vom Magen ausgeht.

"Was ist das für eine Medizin?"

Der Arzt in mir denkt hoffnungsvoll an die Möglichkeiten, die ein solches Medikament eröffnen würde. Aber Mann, der im Kongo war, weiß genau, dass kein Medikament eine solch durchschlagende Wirkung in so kurzer Zeit erzielen könnte.

Ich blicke mich um: Die Ranken an den Hauswänden sind noch immer dort, aber es sind wieder normale Ranken. Kein Pulsieren, keine schwarze Färbung, kein unnatürliches Wachstum. Die Farben der Blüten blenden mich nicht mehr.

"Um welchen Preis?", denke ich für einen Moment. Aber der Teil von mir, der sich an das Leben klammert, hat weiteren Boden gewonnen. Es gibt so viele neue Möglichkeiten, zu fragen, zu lernen, zu wachsen ... Was mir eben noch bedrohlich wirkte, erscheint mir nun als eine Vielzahl neuer Chancen: Paul, Karim, die Afrikanerin an meiner Seite, die einen fremdartigen, schweren Duft verströmt ... "All dies kann ich ergründen! Jetzt und hier bietet sich mir die Möglichkeit, weitere Puzzleteile zu finden, um das Bild zu vervollständigen, das ich auf Herm zu legen begonnen habe! Dann werde ich auch Matilde helfen können. Wir könnten ihre Fragen beantworten. Wenn wir diese Phänomene kontrollieren können, dann können wir BETRACHTEN, was damals tatsächlich geschehen ist! Vielleicht können wir es sogar verändern? ... Nichts wäre dann unmöglich! Ich muss es nur verstehen! So viele neue Möglichkeiten ..." In der Leere, die seit drei Jahren in meinem Inneren gähnt, scheint sich etwas Neues zur regen, als würde sich aus den Sedimenten des Meeresgrundes ein Körper formen. Noch bewegt es sich in der Düsternis, ist selbst nicht viel mehr als ein Schatten. Aber es ist dort. Ich spüre seine Anwesenheit.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 25.09.2016 | 14:04
Karim kauert noch immer am Boden, als würde er beten. "Verzeihung, Herr. Verzeihung, Herr."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 25.09.2016 | 15:41
Clive

"Nun steh' schon auf, Karim! Ich möchte das nicht. Die Menschen hier verstehen ein solches Verhalten nicht und es wird mich in Schwierigkeiten bringen.

Sprich mich bitte nur noch mit Dr. Savage an, nicht mit Meister, nicht mit Auserwählter. Auch 'Doctor' ist ein Titel ... das sollte ausreichen, wenn Du schon auf etwas derartiges bestehst.

Und lass diese überschwinglichen Demutsbekundungen bleiben. Du brauchst Dich nicht vor mir niederzuwerfen. Ich mag soetwas nicht.

Ich bin dir ... dankbar ... für Deine Hilfe. Meine Medizin hätte mich vermutlich nicht rechtzeitig erreicht."

"Wo Matilde wohl bleibt?"

"Wir gehen jetzt zu mir nach hause und Du erzählst mir alles, was ich wissen sollte!"

Dann wende ich mich der Frau aus Äthiopien zu:

"Seien auch Sie mir willkommen! Leider spreche ich nur Bantu und Ki-Kongu ... keine der in Äthiopien geläufigen Sprachen.

Darf ich fragen, was Sie hierher führt?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 25.09.2016 | 16:20
Die Ätiopierin steht neben Dir und blickt auf den Araber herab. "Ich war auf der Suche nach dem Auserwählten. Und ich glaube fest, ihn gefunden zu haben." Die Frau nickt Dir zu, ohne dass sich ein Muskel ihres Gesichts bewegen würde. "Zu Euren Diensten, Doktor."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 25.09.2016 | 16:42
Clive

"Ich dachte es mir schon fast ... Also sei auch Du mein Gast und erzähle mir, wer Dich vom Dach Afrikas auf Deine Suche gesandt hat und warum Du glaubst, hier am Ziel zu sein."

Ich stehe auf. Noch immer kann ich es nicht glauben, aber da ist nichts zurückgeblieben von meinen Beschwerden. Meine innere Erregung ist verfolgten, meine Sorgen bedrücken mich nicht mehr, mein Herz schlägt ruhig in meiner Brust.

Ich blicke mich um. Menschen stehen auf der Straße, die mir einmal vertraut waren. Ihre Blicke sind verschlossen, als sei ich ihnen fremd. In den Fenstern bewegen sich Vorhänge, wenn mein Blick auf sie fällt, und undeutliche Schemen weichen zurück in die Schatten.

"Um welchen Preis?", frage ich mich erneut.

"Ich weiß, dass man in Deiner Heimat der Begrüßung eine größere Aufmerksamkeit widmet. Sieh mir das heute nach, es ist nicht meine Absicht, Dich zu kränken. Ich möchte zurück in meine Heim."

Der schwere Duft der Frau überlagert den Geruch der Blüten. Unwillkürlich atme ich ihn tief ein ... und genieße es.

"Es ist nicht weit ... ihr werdet sehen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 25.09.2016 | 17:04
Die blonden Zwillinge treten vor. "Karl Johann...", "Hubert Gottlieb..." Wieder sprechen Sie, sich ergänzend und abwechselnd.
"Hölderlin." kommt es dann gleichzeitig aus ihrem Mund. Die beiden haben einen leichten sächsischen Akzent.
"Auch wir...", "sind gekommen...", "um Sie zu ehren,..." "Doktor."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 25.09.2016 | 18:14
Clive

"Ich weiß nicht warum, aber diese beiden Deutschen sind mir zuwider. Vermutlich liegt es nur an ihrer Ähnlichkeit zu Hans. Ich komme mir langsam vor, als läge ich in Windeln gewickelt in einer Krippe ... WAS SOLL DAS?"

"Nun, auf Euch beide kommt es wohl auch nicht mehr an, denke ich. ... Hauptsache, wir kommen hier von der Straße!

Darf ich mit noch mehr Besuch rechnen?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 25.09.2016 | 18:54

Karim Marabu Aschanti "I'lemia: a:lmak." Ayana Kebede zuckt leicht die Schultern, während Kajo und Hugo gleichzeitig "Keine Ahnung, Doktor." sagen. Und alle gehen schweigend weiter.

Die Ätiopierin richtet zuerst das Wort an Dich. "Doktor, stellen Sie uns auch der linken Hand vor? Ihrer Frau?"





Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 25.09.2016 | 19:29
Clive

"Meiner was?", frage ich die Ätiopierin entgeistert.

"Ich habe keine Frau ..."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 25.09.2016 | 21:19
"Ich dachte..., diese Italienerin? Ist sie nicht? ...Eure Frau, Doktor?" Die dunkelhäutige Schönheit scheint zum ersten Mal verblüfft zu sein. "Dann ist Sie... Sie ist Eure Mätresse, oder?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.09.2016 | 09:33
Clive

"Sie ist viel mehr als das! Sie ist mir eine Tochter ..."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 26.09.2016 | 09:45
Der Auserwählte
"Der Auserwählte soll Azatoth Vergnügen bereiten?", wiederhole ich seine Worte etwas leiser.

Wieder erschauere ich kurz.
Was mag das für ein düsteres Vergnügen sein?

In der Entfernung kann ich bereits das Herrenhaus sehen. Wir sind bald am Ziel unserer Wanderung angekommen. Ich habe vermutlich nicht mehr viel Zeit diesen Mann zu befragen.

"Und welche Art Vergüngungen, sind es, die Azatoth so erfreuen? Gewalt? Chaos? Vernichtung? Lyrik? Oder doch ganz etwas anderes?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.09.2016 | 11:11
Das Herrenhaus

In einiger Entfernung sieht Ove, wie Clive aus Richtung Dorf auf das grosse Haus zu geht. In seinem Schlepptau sind vier Personen, drei Männer und eine Frau. Matilde ist nirgends zu sehen.

"Hallo? Auserwählter? Hören Sie mir zu? ... Ich sagte ergötzende, lustvolle Erbauung."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 26.09.2016 | 12:59
"Ja, sicher. Erbauung!"
Ich frage mich, wen Clive wohl da zu Besuch hat. Matilde wird vermutlich im Manor warten. So wie Kristine  und Harry.

"So... da vorne müssen wir hin. Sie sehen, der Auserwählte lebt Standesgemäß."
Ich Grinse etwas in mich hinein und der für mich eher untypische Sarkasmus ist in meinen Worten zu hören. Allerdings wird der Fremde den Sarkasmus weder entdecken noch zu verstehen wissen. Er weiß ja nicht, dass ich hier nur zu Gast bin.

Ich versuche zu erkenne, wen Clive dort mit sich führt. Er hat normalerweise eher wenig Besuch. Meine Schritte beschleunigen sich hin zu einem schnellen Schritt.

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.09.2016 | 23:08
Clive

Als wir das Manor erreichen, führe ich die 'Gäste' in den Salon.

Ich rufe Matilde, aber eine Antwort bleibt aus. Meine Arzttasche steht unberührt an ihrem gewohnten Ort. Ich entnehme ihr mein Medikament und stecke es vorsorglich in die Hosentasche. Etwas sagt mir, dass ich das Medikament nicht mehr brauchen werde, aber ich will den Gedanken wohl nicht akzeptieren, dass Karims Trank mich verändert hat.

Auch Luni liegt bei seiner neuen Familie.

Ich verschließe vorsorglich und leise die Tür, die in die privaten Räume führt.

Schließlich setze ich selber Teewasser auf und hoffe, dass Matilde auf dem Weg zu Marie ist. Mit dem dampfenden Tee auf einem Tablett kehre ich zurück in den Salon. Dabei muss ich an die leere Tasse von Raymond Braddock denken und ein Lächeln stielt sich auf mein Gesicht. Aber es hält nicht lange vor, denn ich frage mich weiterhin, ob ich nicht gerade die falschen Personen als Gäste beherberge.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.09.2016 | 03:57
Du spürst die zarte Berührung einer weichen, kühlen Hand an Deinem Hals. Die Hand berührt nicht Deine Haut, sondern nur die feinen Härchen. Ein sehnsüchtiger, wohliger Schauer läuft Dir über den Rücken. Du denkst an Matilde und atmest aus.

"Sie ist fort, nicht wahr?" Die Worte der Frau sind nur ein Flüstern. "Ihr wisst es." Eine zärtliche Frage. "Behaltet sie so in Erinnerung, wie Ihr sie Euch immer vorgestellt habt." Eine fordernde Aussage.

"Lasst mich ihren Platz einnehmen. Ich werde gut für Euch sorgen." Die Worte sind ein süsses Versprechen. Sie sind leicht gesprochen, doch sie wiegen schwer. Du spürst, dass sie es ernst meint. Todernst.

"Ich werde auf jegliche Art für Euch da sein, Doktor, und Euch zur Verfügung stehen."

Du drehst Dich um, um zu antworten, doch die Ätiopierin ist bereits wieder verschwunden.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 27.09.2016 | 08:17
Clive

"Nein, sie ist nicht fort! Warum sollte sie fortgehen? Wohin sollte sie gehen? Hier ist ihr ..."

Noch während ich spreche, merke ich, wie meine Worte an Kraft verlieren. "Nein, mach Dir nichts vor. Hier ist nicht Matildes zuhause, ist es nie gewesen. Egal was ich unternahm: Seit unserer Abreise aus London war da eine unsichtbare Mauer, die ich nicht durchbrechen konnte. Als wären meine Depressionen in der Schneiderei auf Matilde übergegangen. Sie war ein anderer Mensch hier in Irland, genau wie ich. Es lag nicht an dem Menschen hier oder an dem ländlichen Umfeld. Es lag an Matilde, die all dies nicht an sich heranlassen konnte." Es schmerzt mich, denn ich weiß, dass ich versagt habe. "Ich habe nie gelernt ein Vater zu sein. ... Darin war ich wohl ebenso erfolglos wie als Freund. Es gibt Menschen, die zum Alleinsein bestimmt sind. ... In meinem Alter sollte ich gelernt haben, dass es sinnlos ist, sich dagegen zu wehren."

Ich denke an meine Begegnung mit Emma (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/8c/Sylvia-Pankhurst_1.jpg/220px-Sylvia-Pankhurst_1.jpg) in Brighton (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99555.msg134409176.html#msg134409176). Nun bin ich froh, dass ich keinen Kontakt mehr zu ihr aufgenommen habe. Ich hätte auch ihr nur Unglück gebracht. Bitternis ergreift von mir Besitz. "Mein ganzes Leben lässt sich auf eine Frage reduzieren: Warum muss ich der Mensch sein, der ich bin? Ich habe es nie gewollt. Aber ich hatte keine Wahl ..."

Ich wende mich von den Besuchern ab, als ich mit den Tränen kämpfen muss. "Ich weiß, es ist die Wahrheit. Sie ist fort. Ohne Abschied. Ohne Luni. Eine Flucht ... vor dem Leben mit mir." Ich denke an das Geschenk meines Vaters und ich rede mir wieder ein, dass er es mir mit einer bestimmten Absicht schenkte. Eine absurde Annahme, genährt alleine durch jahrzehntelange Zweifel.

Die Worte der Äthiopierin stoßen in diese Wunde ... mitfühlend und gleichzeitig verletzend ... verlockend und gleichzeitig bedrohlich ... dominant und gleichzeitig abstoßend sklavisch ...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.09.2016 | 12:28
Die Zwillinge, Kajo und Hugo, präsentieren Dir einen offensichtlich afrikanischen, hölzernen , geschnitzten Spazierstock. "Dies ist Euer Geschenk,..." Möge es Euch gute Dienste leisten." Dann verbeugen sich die arischen Klone vor Dir. "...Erlauchter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.09.2016 | 12:44
Als du die Teetassen auf dem Tisch im Wohnzimmer entstapelst und verteilst, fällt Dir in einer der Tassen eine Karte auf. Eine Visitenkarte ist es nicht. Vorsichtig steckst Du diese ein. Anscheinend hat niemand der anderen etwas gemerkt. Die Karte ist gefaltet. Aussen liesst Du 'Ray !'.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.09.2016 | 13:01
Wenn Du die Karte aufklappst, brauchst Du eine Brille oder Lupe, um die Schrift zu lesen, da sie sehr klein geschrieben wurde.


(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)


Du bist Dir absolut sicher, dass die Karte noch nicht in Braddock's Tasse war, als Du mit ihm das Herrenhaus verlassen hast.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 27.09.2016 | 18:10
Clive

Ich verspüre den maßlosen Drang, etwas zu zerbrechen. Es ist mehr als die mir bekannte Wut und Verzweiflung. Das Gegenteil meiner früheren Traurigkeit. Die Traurigkeit war unendliche Leere, wie die Weite des Ozeans. Jetzt fühle ich mich zum Bersten gefüllt mit Emotionen, wie ein gewaltiger Kessel einer Dampfmaschine.

Ich betrachte die Teetassen, die ich mit leicht zitternden Händen auf dem Tisch verteile. Aber ich bin nicht der Mensch, der Geschirr zerschlägt. Es wäre völlig nutzlos, ein totes Ding zu zertrümmern, an dem mein Herz nicht hängt. Damit könnte ich nicht die Gefühle entfesseln, die in meinem Panzer aus Selbstbeherrschung brodeln. ... Nein, ich will den Gefühlen Gestalt geben, die mich erfüllen ... dem Schmerz, dem Zorn, der Enttäuschung ... ich will den Schmerz körperlich spüren oder zumindest etwas in mir zerbrechen, mich bestrafen ... weil ich zugelassen habe, alles zu verlieren: meine Eltern, Ruairí, Cainnech und meine anderen Weggefährten, das Meer, SIE und nun auch Matilde. "Wäre ich nur bereit gewesen, mehr zu riskieren ... hätte ich bereitwilliger Opfer gebracht und genutzt, was mir zur Verfügung steht ... ich wäre ein anderer Mensch gewesen! Dann hätte ich Ruairí und Cainnech retten können. Dann hätte Matilde mich nicht verlassen. ... Nein sicher nicht. Sie fühlt sich angezogen von starken Männern ... rücksichtslosen Männern ... machtvollen Männern. ... Rick ... Hartmut ... Julien ... alle nur Abbilder ihres Vaters ... ich hätte das auch sein können! Mehr sogar! Und ich hätte nicht weglaufen müssen. Ich hätte die nötige Macht besessen, mein Leben in andere Bahnen zu lenken! Schon auf Herm ... schon viel früher ..."

Ich entdecke die Karte in meiner Tasse, die nur von 'Raymond Braddock' kommen kann.

"Woher wusste Braddock, dass ich die Teetassen holen würde? Woher wusste er, dass sich mein Zustand auf so wundersame Weise gebessert hat? Wann kann er die Karte in die Tasse gelegt haben? Er war gerade noch im Dorf. ... Er muss eigentlich noch immer hier sein ... hält sich vermutlich in der Küche versteckt ... hat die Frechheit, erneut auf mein Land und nun sogar in mein Haus einzudringen! ... Was würden diese vier wohl mit ihm anstellen, wenn ich ihnen sagte, dass Braddock hier ist? Wozu wären sie fähig ... als meine Werkzeuge?" Etwas sagt mir, dass ich ALLES von ihnen fordern könnte. ... Ich denke an den Mann im Bootshaus ... habe das Bild der Leiche vor Augen ... all das Leid, das er empfunden haben muss, bis zu seinem letzten Atemzug, den der letzte Nagel aus seinem Körper trieb. DAS könnte mein altes ICH brechen und ich verspüre einen starken Drang, dem nachzugeben. Ich höre die Welpen im Nachbarzimmer ... Kinder von Luni ... Gefährte von Matilde. Auch das könnte meine frühere Schwäche brechen und mich von meinen alten Fesseln befreien. "Damit ich mir nehmen kann, was ich brauche ... und niemand es mir wieder wegnimmt! Niemals!"

Ich weiß, dass ich mich dann selbst hassen würde. Aber ich müsste mich zumindest nicht mehr für meine Schwäche verachten!

Als meine Finger knacken, werde ich mir bewusst, wie kräftig ich die Hände zu Fäusten balle. Meine Fingernägel bohren sich schmerzhaft in die Handballen. Eine erwartungsvolle Spannung liegt in der Luft. Eine verhaltene Stille ... wie in einem sterbenden Wald, erdrosselt von Efeu und Ranken.

Ich betrachte die Äthiopierin und erwäge, auf ihr Angebot einzugehen. Sie ist schön ... äußerlich ebenmäßig ... nahe der perfekten Symmetrie. Schlank, jung, gesund und verheißungsvoll wie eine lebendig gewordene Statue aus Ebenholz ... Keine Liebe, sondern ein Ritual, um meine Seele zu verpfänden ... Ich lese in Ihren Augen fast schon zu viel Bereitschaft, um den Brand in mir löschen zu können.

"Warum nicht? Was ändert es schon? ... Wohin hat mich mein bisheriger Weg schon gebracht!"

Aber dann erinnere ich mich an jene anderen dunklen Augen ... vor über dreißig Jahren ... an das wortlose Versprechen. An den geschnitzten Sarkophag. Und ich weiß, dass ich das Versprechen nicht brechen kann. ... Weil diese eine Nacht mich längst gebrochen hat. "Man kann nichts zerschlagen, was längst entzwei ist. ... Ich muss ein Nachfahre Cassandras sein", denke ich verdrossen und ringe wieder mit der Verzweiflung, zu der die Wut zerfällt.

Ich betrachte den geschnitzten Gehstock und versuche in den Bildern zu lesen.

"Zu freundlich von Euch!", ringe ich mir ab. "Hat es mit ihm eine besondere Bewandnis? Erklärt mir die Bilder!"

Und ich fordere die Welt heraus, ignoriere alle Warnrufe in mir und greife nach dem Stab (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/e8/6c/1e/e86c1e2c8e75b60dc9c787960c02cb6f.jpg).
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 27.09.2016 | 19:08
Kurz vor dem Manor

Mein Begleiter folgt mir wortlos auf gleicher Höhe.
Ich versuche zügig zu gehen, ohne zu rennen. Denn ich möchte rausfinden, wer nun noch zu Gast ist.

Das sind schon einige sonderbare Zufälle , wundere ich mich.
Erst der spontane Besuch von Harry, dann der Hühne, der mich am See gefunden hat. An einer Stelle, die ich selbst erst jetzt für mich so richtig entdeckt habe. Monate lang war mir diese Stelle verborgen. Sie ist von der Straße nicht einsehbar und liegt schön aber versteckt. Ich frage mich noch immer, wie er mich wohl gefunden hat. Und jetzt hat Clive auch noch Besuch. Und ich sehe die gerade jetzt? Und der Hühe erzählte etwas von Gefahr.

Plötzlich durchzuckt es mich. Ich will instinktiv erst einmal stehen bleiben, doch da Clive mit seinen Begleitern im Manor verschwunden zu sein scheint, will ich schnellst möglich auch dorthin.

An den bulligen Mann gewandt frage ich im Gehen. Auch wenn ich zügig gehe, versuche ich den Gesichtsausdruck des Mannes so genau wie möglich zu studieren, als ich meine Fragen formuliere.
"Sind sie allein gekommen? Oder sind sie in einer Gruppe unterwegs gewesen?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.09.2016 | 21:42
"Ja, Herr. Ich war schon immer allein. Und jetzt habe ich mein Ziel fast erreicht. Aber verzeiht, Auserwählter. Ich werde Euch nicht in Eure holde Heimstätte begleiten. Ab der Schwelle ist dort für mich verbotenes Gebiet."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 29.09.2016 | 16:16
"Ja, natürlich. Vielleicht würden Sie mich eben noch mit zu meiner Frau begleiten. Sie möchte Sie vielleicht auch kennenlernen."

Auch wenn mein Begleiter zögert und offensichtlich Zweifel hat, dass er das tun sollte, folgt er mir, als ich einen Weg aussen um das Manor herum wähle.
"Meine Frau und ich bewohnen derzeit einen Seitenflügel.", erkläre ich diesen Weg. "Sie brauchen daher auch nicht über die Schwelle treten. Das wäre ihr vermutlich auch nicht recht. Sie ist manchmal nicht gut auf unerwarteten Besuch zu sprechen."
Ich versuche es so klingen zu lassen, als wäre es etwas, was für die meisten Frauen so zutreffend ist. Allerdings beziehe ich mich hauptsächlich auf ihre Flashbacks und den schon stark abgeklungenen Verfolgungswahn.

Als wir um die Ecke kommen und die Veranda zum großzügigen Garten hinter dem Manor sehen können, stelle ich fest, wie dumm mein Einfall war.
Kristine sitzt bleich auf dem Stuhl, auf dem sie saß, als wir uns wenige Stunden zuvor das letzte Mal gesehen haben. Harry ist bei ihr und redet langsam in ruhiger Stimme zu ihr. Noch bevor Harry mich erkennt, schnell Kristines Blick zu mir herum.
"Ove!", sagt sie laut, aber alles andere als deutlich. Es ist fast wie ein Stöhnen.

Ich muss mich zusammen reißen.
"Älskling! [Liebling!] Ich, habe einen Gast bei mir... den ich dir vorstellen wollte. Aber ... vielleicht ist gerade kein guter Augenblick."

Ich schaue Kristine an und versuche ihr mit meinem Blick Kraft zu spenden. Und es muss funktionieren, denn meine Kraft und mein Schwung lassen nach, während ich sie ansehe. Es war keine gute Idee meinen Begleiter mitzubringen. Oder wenigstens war es kein guter Zeitpunkt.
Doch Kristine wirkt gefasster als ich es im erstem Moment erwartet habe.

Sie ist eben eine echte Kämpferin! Stark und mutig.

Ich trete ein paar Schritte weiter vor, um meinem Begleiter Platz zu machen.

Ich räuspere mich kurz, um sicher zu gehen, dass meine Stimme noch da ist.

"Darf ich vorstellen.... das ist William Collins. Wir trafen uns am See. Und ich gehe davon aus, dass wir uns noch häufiger treffen werden. Er wird hier im Ort wohnen, wenn ich das richtig verstanden habe."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 1.10.2016 | 18:10
Clive

"Ich sollte Ove hinzuziehen. Das hier wird auch ihn und Kristine betreffen.

Wenn ich diese ... Besucher ... hier im Manor unterbringe, kann ich weiteres Aufsehen im Dorf vermeiden und verhindere ein Zusammentreffen mit Braddock. Das verschafft mir vielleicht ein wenig Zeit, um Klarheit zu gewinnen.

Anderseits kann die Nähe dieser Personen hier auf dem Manor Gefahren bedeuten. Natürlich kann ich ihnen leer stehende Räume im hinteren Gebäudeteil zur Verfügung stellen. Sie haben dann einen eigenen Zugang von außen und ich kann die Verbindungstüren im Inneren schließen. Aber dann wohnen sie zwischen mir und Ove ..."


Um den Blicken der Fremden für eine Weile entkommen zu können, gebe ich vor:

"Ich möchte noch einen Freund und seine Verlobte herbitten. ... Ich hole schon einmal zwei weitere Tassen."

Dann verlasse ich den Salon und gehe auf dem Weg zu Küche an meine Arzttasche. Darin befindet sich auch eine Lupe. Ich ziehe die Karte von Braddock aus der Tasche und lese sie. "Warum diese kleine Schrift? Warum diese plötzlich Offenheit? Ist es überhaupt die Wahrheit? Aber ich sollte mir zumindest anhören, was er zu sagen hat. Ich sollte noch heute zum Pub gehen ... Und ich muss klären, was aus Matilde und Paul geworden ist. ... Ob Paul Matilde entführt hat? Ob er irgendetwas in der Hand hatte, womit der Matilde zwingen konnte, ihm zu folgen? ... Er schien mir schon auf Herm von Matilde besessen, aber er war anderseits immer sehr besorgt um Matilde."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 2.10.2016 | 12:01
Ove

Ich bin überrascht. Kristine macht einen fast schon erleichterten Eindruck und auch Harry wirkt entspannter. Er tritt auch als erster vor und streckt dem Riesen neben mir seine Hand entgegen. Auf dem Weg zu Collins, wirft er einen aufmunternden Blick zu Kristine und einen fragenden oder vielleicht sogar zweifelnden Blick hat er für mich übrig. Dann tritt mit freundlicher Mine vor Collins:
"Guten Tag Mr Collins. Mein Name ist Blackberry. Sind Sie ein Freund von Mr. Eklund?"

Der Riese erwidert seinen Händedruck und schweigt zunächst. Er hat nur Augen für Kristine, wie es scheint.

Kristine tritt ebenfall vor, doch anstatt Mr. Collins die Hand zu reichen, drückt sie mich fest an sich. Fester als es für eine Begrüßung vor Besuchern angemessen wäre. Sie flüstert mir zu "Ich  hatte Angst um dich!"
Dann löst sie sich von mir und wendet sich an Collins. "Ich bin erfreut sie kennenzulernen."
Einen Handschlag bietet sie ihm nicht an. Sie ist versucht eine gewisse Distanz aufrechtzuerhalten.
Ich habe fast das Gefühl sie hält den Abstand, den man vor etwas unvertrautem hält, von dem man nicht weiß ob es freundlich oder böse gesonnen ist, ob es einen anspringen wird oder doch eher zahm ist.

Krisine schaut mich wieder an. Ich kenne diesen Blick. Sie versucht zu ergründen, was meine Beweggründe sind. Sind wir in Gefahr und dieser Mann will uns bedrohen. Sollte sie also unter einem Vorwand versuhen Hilfe zu holen?

Ich weiß nicht viel über diesen Mann neben mir. Nur das, was er mir berichtet hat. Und das hat meinen Kopf gehörig durcheinander gebracht. Erst jetzt realisiere ich, dass ich ihn nur hier hin geführt habe, damit die anderen seine reale Existenz bestätigen können. Damit sie mich nicht für irre halten, wenn ich ihnen berichte.
Um Kristine zu beruhigen und Harrys Frage nicht weiter im Raum stehen zu lassen, sage ich: nichts.
Mir fällt nichts ein, was ich sagen könnte, was nicht bedrohlich klingt.

"Mr. Collins ist hergekommen, weil er uns gesucht hat?", "Mr. Collins ist mir durch Zufall begegnet und da wollte ich ihn euch vorstellen?" , "Mr Collins ist ein Freund - über den ich aber nichts weiter sagen kann, wenn ihr mich fragt.", "Mr. Collins hat mir geholfen?" ... all das wären entweder Lügen oder würde Harry und Kristine nur beunruhigen.

Ich überlege fieberhaft, was ich sagen könnte. Und als das Schweigen schon körperlich schmerzhaft wird, sage ich schließlich:
"Mr. Collins hat mich beim Angeln gestört. Aber so kamen wir ins Gespräch. Er hat mir sehr interessante Dinge erzählt. Und da er länger hier in der Gegend sein wird, habe ich mir gedacht, dass ich ihn euch gleich vorstelle. Fremde fallen hier schnell auf. Und bevor ihr euch Gedanken macht, wollte ich ihn euch vorstellen. Aber nun ist es ja schon spät. Mr. Collins, sie müssen sicher ins Dorf und sich eine Unterkunft suchen. Vielen Dank, dass Sie mich noch nach Hause begleitet habe."

Collins nickt nur. Und bleibt zunächst unbewegt. Dann sagt er "Wie ihr wünscht!" und dreht sich um und geht wieder fort.

Harry schaut mich an, als hätte er eine Art Gespenst gesehen. Sein Blick sagt 'Wer zum Henker was das denn?! Was, lieber Ove, war das für ein Schauspiel?!'
Und Kristine schaut mich mit einem Blick aus Besorgnis und Wut an. Wobei die Sorge stark überwiegt.

Ich versuche die Situation aufzulockern.
"Hallo ihr zwei. Schaut mich bitte nicht so an. Ich werde euch alles berichten... ehrenwort. Doch ich möchte, dass Clive...", für Harry füge ich hinzu, "dass Doktor Savage, dabei ist. Ich glaube es betrifft uns alle. Aber keine Sorge. Ich glaube nicht, dass wir jetzt in akuter Gefahr sind."

Hätte ich das 'jetzt' nicht hinzugefügt wäre es eine glatte Lüge gewesen. Und auch jetzt bin ich mir nicht sicher wie viel Wahrheit in dieser Aussage steckt. Doch beruhigt es mich zu wissen, dass meine Informationen über unsere Lage nicht ausreichen, um unsere Gefährdung wirklich einzuschätzen.

"Ich möchte euch nicht beunruhigen." Ich gehe zu Kristine und schließe sie schützend und liebevoll in die Arme. "Nichts liegt mir ferner", sage ich leise.
An beide gewandt sage ich "Lasst uns nach Clive suchen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 2.10.2016 | 19:23
Clive

Ich bin hin- und hergerissen. Ich möchte die Fremden in meinem Haus nicht aus den Augen lassen. Andererseits will ich Ove einbeziehen, müsste ihm jedoch vorher - in Abwesenheit der Fremden - von Raymond Braddock, seinem plötzlichen Auftauchen und seiner Karte, von Paul und meinen Sorgen um Matilde erzählen. Das würde viel zu lange dauern.

Also erkläre ich nach Rückkehr in den Salon kurz, dass ich den Freund hinzuziehen möchte und in wenigen Minuten zurück bin.

Als ich den Salon verlasse, schließe ich die Tür hinter mir und lasse Luni in den Flur, so dass die Fremden nicht ohne weiteres in den Rest des Hauses gelangen können.

Dann verlasse ich das Haus, um außer herum zu Ove und Kristine zu gehen. Ich sehe einen großen Mann vom Manor weg den Weg zum Dorf herabgehen. Auch er erscheint mir fremd.

Als ich bei Ove und Kristine angelange, ist auch Harry Blackberry anwesend. Seine Anwesenheit verunsichert mich einen Augenblick. Andererseits gehe ich davon aus, dass die beiden ihm ohnehin sehr viel von den Ereignissen erzählen, die ich geheim halten würde. Also rede ich nicht lange um den heißen Brei herum, um schnell wieder zurückkehren zu können:

"Kristine ... Dr. Blackberry ... ich wünsche Ihnen einen schönen Abend!", sage ich und schüttle beiden die Hand. Ove nicke ich zu, wobei mein Gesicht ernster wird. "Ich hoffe ich störe nicht. Ich würde gerne Ove für eine Weile entführen. Ich habe unerwartet Besuch von vier Fremden erhalten und hätte gerne jemanden an meiner Seite. Matilde ist ... vermutlich bei Máirín, um Marie zu holen. Heute ist sehr viel passiert. Es kam auch noch jemand wegen des Hotelbrandes aus London vorbei und ein alter Freund von Matilde, Paul Anderson, ist unvermittelt aufgetaucht. Verzeihen Sie mir das Durcheinander ... natürlich verstehen Sie kaum, wovon ich rede ... ich selbst bin noch ziemlich verwirrt. ... Aber es würde mir sehr helfen, wenn Sie mir zur Seite stünden, Ove! Es könnte sein, dass Sie eine der Besucherinnen schon einmal gesehen haben ... sie kommt aus Äthiopien. ... Ich weiß, es ist viel verlangt ... Herr Kollege, wären Sie so freundlich, Kristine noch ein wenig Gesellschaft zu leisten, bis ich Oves Unterstützung nicht mehr brauche?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 3.10.2016 | 12:00
"Clive", sage ich ehrlich überrascht, als er plötzlich vor uns steht.

Ich höre mir an was er zu sagen hat. Dieser Wortschwall ist untypisch für ihn. Irgendwas ist also vorgefallen. Und woher soll ich eine Äthiopierin kennen?

Ich schaue zu Kristine hinüber, die überrascht von Clive zu mir schaut und wieder zurück. Sie hat in so kurzer Zeit gleich zwei Menschen erlebt, die sonst eher karge Redner sind. Und nun überschlagen sich bei beiden die Ereignisse und beide scheinen unzusammenhängenden Unsinn zu erzählen.

"Es mag dich überraschen, aber ... wir waren gerade auf dem Weg zu dir. Mir ist auch etwas sonderbares zugestoßen. Kennst du einen William Collins?"

"Aber besser der Reihe nach. Ich werde zunächst besser mit dir kommen. Aber danach sollten wir vier", ich schaue dabei von Clive zu Harry und Kristine, "uns auch noch unterhalten. Ich habe das Gefühl heute ist vieles passiert und es wird sicher noch mehr passieren. Besseren wir tauschen uns vorher aus."

"Du sagtest jemand sei wegen des Hotelbrands hier? Ein Polizist? Die haben hier doch gar keine Befugnisse, oder etwa doch?"
Als ich mich zum gehen umwenden will sage ich " Kristine, Harry, ich bin in wenigen Minuten zurück. Dann werde ich alles erklären. Soweit es mir möglich ist. Ihr könnt ja solange drinnen warten. Es wird ja langsam kühl."
Letzteres etwas übertrieben. Es ist soetwas wie eine Notlüge. Mir ist wohler Kristine ist im Gebäude, auch wenn Harry bei ihr ist.

"Und Harry, würdest du noch bleiben? Du kannst gerne mit uns zu Abend essen. Es wäre mir eine Freude."

Clive und ich wollen unsere Veranda gerade verlassen, als Kristine mit fester Stimme sagt:
"Ja. Es wird tatsächlich langsam Zeit fürs Abendessen. Und ich denke, dass wir uns dabei tatsächlich in Ruhe unterhalten sollten. Ich habe in 20 Minuten den Tisch gedeckt. Clive, es wäre uns sicherlich eine Ehre und eine Freude, wenn du ebenfalls mit uns speisen würdest. Vorausgesetzt, der Besuch gestattet es dir."

Doch ihr Blick, der Klang ihrer Stimme, ihr gesamtes Auftreten zeigt mir, dass sie etwas anderes meint: "So geht das nicht! Ihr könnt nicht einfach hier ankommen, meine Sorgen ignorieren, Harry und mich ins halbdunkel stellen und uns dann einfach alleine lassen, nur weil irgendwelche sonderbaren Personen gekommen sind. NOCH mehr sonderbare Personen als dieser Mr. Collins. Ihr verhaltet euch fast wie Trottel! Entweder erklärt ihr mir SEHR bald, was hier los ist, oder wir kommen auf der Stelle mit."

Ich halte inne und schaue Clive an. Ich bin gespannt, wie er auf Kristines Worte reagiert.

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 3.10.2016 | 15:36
Clive

"Vielen Dank für die Einladung. Ich werde zum Essen kommen, wenngleich ich 20 Minuten nicht sicher zusagen kann. Warten Sie also bitte nicht auf uns. Ich werde alles zu erklären versuchen ... soweit mir das möglich ist, ich verstehe es ja selbst nicht recht.

Ich wäre nicht hier, wenn die aktuellen Entwicklungen mich nicht auch verwirren würden. Darum ist es mir wichtig, Ove mit einzubinden. Ich möchte seine Meinung zu alldem hören.", sage ich zu Kristine und fahre zu Ove gewandt fort:

"Nein, der Mann aus London, Mr. Braddock, ist nicht von der Polizei. Er gab vor, von der Brandschutzbehörde zu kommen und wegen des Todes eines Kollegen zu ermitteln. Mir kam das auch merkwürdig vor ... aber ich dachte mir, er recherchiert möglicherweise auf eigene Faust aus persönlichen Motiven. Aber das Foto von seinem Kollegen, das er mir zeigte, ... nun, ich glaube nicht dass das der Feuerwehrmann war, der damals zu Tode kam. Das ganze machte mich skeptisch, ob seine Erklärungen nicht nur ein Vorwand waren. Bevor er hier auf dem Grundstück herumstrolchte, wanderte er am Lough Key entlang. Möglicherweise suchter er dort Sie?

Mr. Braddock wohnt im 'Camán Inn'. Ich weiß nicht, ob es gut wäre, ihn mit meinen Besuchern zusammentreffen zu lassen. Eben fand ich folgende Karte von ihm in meinem Haus. Er muss sich dort Zutritt verschafft haben." Ich fische die Karte (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134420672.html#msg134420672) aus meiner Tasche und reiche sie Ove.

"Und nein, ich kenne keinen William Collins, wenn man eimal von dem berühmten Landschaftsmaler (https://de.wikipedia.org/wiki/William_Collins_(Maler)) irischer Abstammung absieht. Der lebte aber vor hundert Jahren.

Aber ich habe kein gutes Gefühl dabei, diese Fremden in meinem Haus ohne Aufsicht zu lassen. Ich würde daher gerne herüber gehen. Vielleicht können die Ihnen etwas über William Collins verraten. Es würde mich nicht mehr überraschen, wenn auch da ein Zusammenhang bestünde."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 3.10.2016 | 16:08
"Ich bin so bald wie möglich zurück. Bis gleich.", verabschiede ich mich von Kristine und Harry, die sicherlich verdutzt sind, als wir außen herum wieder zu dem ausschließlich von Clive genutzten Teil des Manors gehen.

"Clive. Mir ist nicht wohl bei der Sache. Dieser Mr. Collins, hat mich ebenfalls am Lough Key gefunden. Er meinte ich sei der Auserwählte und die Rechte Hand. Das hat bei mir keine guten Erinnerungen geweckt. Er meint er wollte mich und Kristine schützen. Sie sie schließlich die Linke Hand. Er sprach von Azatoth, wohl einem Gott oder gott-ähnlichem Wesen. Und genau jetzt tauchen diese anderen Gestalten auf?! Das ist kein Zufall. Mr. Collins, vielleicht, aber die anderen? Auf gar keinen Fall. Wir sollten sehen, dass wir sie hier wegkriegen. Und wir müssen Matilde finden und warnen!"

Wir gehen noch ein paar Schritte und lassen die Worte und die Situation auf uns wirken.

"Was ist, wenn dieser Herr Collins mich vor diesen Leuten beschützen will? Er sagte er reist allein und wäre allein gekommen. Sie werden sich also nicht kennen. Ich würde diesen Fremden auch nur sehr ungern weitere Infomationen geben, die sie noch nicht haben."

Mir schnürt sich die Kehle zu, als ich daran denke, was mich jetzt erwarten könnte und vor allem in welchem Zusammenhang das steht.

Meine rechte Hand wird warm und beginnt zu jucken.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 3.10.2016 | 18:55
Clive

Der Kies knirscht unter unseren Schuhen, als wir am Manor entlanggehen.

"Nein, ich glaube nicht, dass Collins Dich von meinen Besuchern schützen will. Ich glaube er gehört zur gleichen Gruppe.

Auch mich nennen die Fremden 'Auserwählter' und benehmen sich dabei in befremdlicher Weise servil. Auch sie sprechen von Azathoth. Und sie kamen auch nicht gemeinsam. In meinem Salon sitzen
- ein deutsches oder österreichisches Zwillingspärchen namens Hölderlin,
- einen Araber namens Karim und
- eine Äthiopierin, von der ich dachte, es könne jene Frau aus dem Auktionshaus sein, von der ihr mir in London berichtet habt sein.
Sie alle sind fast gleichzeitig aufgetaucht. Sie alle scheinen das gleiche Ziel zu verfolgen und sehen keine Konkurrenten in sich. Darum würden sie vermutlich auch Collins akzeptieren. Nur Mr. Braddock scheint der Gegner dieser 'Huldiger' zu sein. Wir müssen unbedingt noch einmal versuchen, mit Braddock zu reden!

... Es fragt sich, ob wir beide die zweifelhafte Ehre haben, Auserwählte zu sein, oder ob einer von uns gleich entthront wird. ... Wäre es nicht so errschreckend surreal, müsste man darüber lachen. ... Was mag uns beide verbinden, was diese Menschen glauben lässt, wir seien auserwählt?"

Wir erreichen das Portal des Manor und ich halte Ove die Tür auf.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 4.10.2016 | 10:22
Ich halte noch einen Moment an.
Ich denke, dass es Zeit wird Clive von den Symptomen endlich zu berichten. Vermutlich ist es nun zu spät, aber ich habe Ihnen vorher ja auch kaum eine echte Bedeutung zugemessen.

"Warte noch..."
Ich bedeute Clive die Tür noch kurz zu schließen. Als er das nicht tut, da meine Geste offensichtlich zu unauffällig oder missverständlich war, flüstere ich ihm zu

"Surreal... sicherlich. Aber ich habe das Gefühl das mit der "rechten Hand", hat einen realen Sinn. Ich habe es damit nicht in Verbindung bringen wollen, aber ... seit England, seitdem Kristine in dem Privatkrankenhaus war, habe ich immer wieder ein Jucken, Brennen und ein ungewöhnliches Gefühl in meiner rechten Hand. Auch als dieser Mr. Collins auftauchte war das so. Und gerade eben wieder. Vielleicht bin ich irre oder mir steigt diese "Auserwählten-Sache" schon zu Kopfe.... aber ich fürchte es könnte was mit der verfluchten Hand aus dem Auktionshaus zu tun haben. Ich habe sie vermutlich berührt... direkt... und ich habe sie eine ganze Weile mit mir herumgetragen... du ja auch... vielleicht "färbt sie ab"? Sind wir angesteckt?!"

Ich merke wie eine gewisse Panik in mir aufsteigt. Ich kann es kaum glauben, was ich dort sage, doch ergibt es für mich in einer beängstigenden Art Sinn.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 4.10.2016 | 20:08
Clive

Die Angst beginnt von Ove Besitz zu ergreifen. Ich habe diesen Ausdruck schon so oft auf den Gesichern anderer Menschen, selbst gestandener Männer, gesehen. Sei es an der Front oder auf meinen Expeditionen. Die Angst macht auch vor dem kräftigsten Mann nicht halt. Und Ove zählt eher zu den sensiblen Gemütern.

Also halte ich inne und schließe die Haustür noch einmal, auch wenn ich kein gutes Gefühl dabei habe, die Fremden in meinem Haus so lange unbeaufsichtigt zu lassen.

Es kostet mich einige Überwindung, nach Oves Hand zu greifen, um diesen zu beruhigen ... um ihm das Gefühl zu geben, ich als Arzt habe keinerlei Bedenken, was seine Hand angeht. Ich habe gelernt, meine Gefühle vor Patienten zu verbergen, Ekel, Abscheu oder (mitunter irrationale) Sorge vor Ansteckung unter einer Maske aus Rotine zu verbergen. Die Sicherheit, die ich ausstrahle, ist jedoch nur eine Fassade. Tatsächlich bin ich mir nicht sicher, welche Auswirkungen der Kontakt mit der Hand hatte. Zwar sagt mein Verstand mir, dass die Berührung von Oves Hand natürlich ungefährlich ist. Ich habe sie in den vergangenen Monaten unzählige Male geschüttelt. Kristine hat ihn ständig berührt. Und doch prallen Oves Worte nicht völlig an mir ab, so dass ein Restzweifel getragen von irrationalen, urtümlichen Instinkten verbleibt.

Lange schon habe ich beobachtet, wie Ove unbewusst nach seiner rechten Hand greift, sie kratzt oder reibt oder einfach nur hält. Dieses Verhalten hat schon im Montgomery Spital in Crawles (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/26656-nightmare-bites-kap1-schöne-aussichten-oder-steiles-karriereende/?p=488547) begonnen. Aber ich hielt es eher für ein psychosomatisches Leiden, irgendein durch die noch nicht abschließend verarbeiteten traumatischen Erlebnisse in London ausgelöstes, kompensatorisches Verhalten.

"Ich glaube nicht, dass mit Deiner Hand irgendetwas nicht stimmt. ... Was Du empfindest, ist vermutlich nur Ausdruck Deiner nur zu verständlichen Ängste aus der Zeit in London. ... Manche Erlebnisse brauchen viel Zeit, um von uns verarbeitet zu werden ... sehr viel Zeit.

Ich habe die Hand nie direkt berührt. Dennoch sehen mich diese Fremden auch als einen 'Auserwählten' an. Vielleicht sind sie in Wahrheit nur gekommen, um nach dem Verbleib der Hand zu forschen, liefern uns hier eine große Show, um uns zu verunsichern und zu unbedachten Äußerungen zu verleiten.

Was Azathoth betrifft ... nun, ich sehe da eher einen Bezug zu den Ereignissen auf Herm, was mich betrifft."

"London bringe ich eher mit Yog Sothoth in Verbindung, was sich natürlich nicht gegenseitig ausschließt", ergänze ich lediglich in meinen Gedanken.

"Wenn es mit London im Zusammenhang steht, möchte ich herausfinden, ob ich etwas über Cainnechs Verbleib erfahren kann.

Ich will verstehen, wo Paul in den Jahren seit Herm war und wie er die Insel damals verlassen konnte.

Es hilft nichts, wir müssen aufklären, worum es hier geht! Diese Besucher sind alle von unterschiedlichen Orten zur gleichen Zeit hier angekommen. Das muss etwas bedeuten. Wir können sie nicht einfach fortschicken und unsere Augen davor verschließen. Wir müssen die Ursache feststellen und bekämpfen, wenn das möglich ist. ... Ich bin mein Leben lang auf der Flucht gewesen. Und ich bin es leid! ... Willst Du so ein Leben? Für Dich? Für Kristine? ... Ich will, dass Matilde zurückkehrt! Ich will einen sicheren Ort für Marie!

Wir müssen da jetzt durch! Wir müssen diese Fremden kontrollieren. Und wir müssen mit Braddock reden. Wir sind nur zu zweit. Ich muss mich auf Dich verlassen können, Ove! Alleine schaffe ich das nicht!"

Ich denke an mein Herz und die seit Monaten vor Matilde verborgenen Symptome. "Wieviel Zeit verbleibt mir? Wenn ich Matilde nicht zurückbekomme, was soll dann werden? Die Zeit läuft mir davon!" Vor meinem inneren Auge sehe ich die Alternative: das lichterloh brennende Manor, das Feuer, das all mein Wissen und meine Habe verschlingt, das den Virus endgültig auslöscht und vollendet, was schon vor über dreißig Jahren hätte geschehen sollen.

Ich warte Oves Antwort nicht ab, sondern öffne die Tür erneut, ohne Raum für einen Widerspruch zu lassen.

Ich weiß, dass es nicht fair ist, Ove weiter in diese Angelegenheit einzubinden. Ich weiß, was das vermutlich bedeutet ... was es für die meisten meiner Gefährten bedeutet hat. "Aber ich habe keine Wahl, wenn ich meine Ziele erreichen will. Ich MUSS das hier klären und Matilde zurückholen, um welchen Preis auch immer. Der Fetisch, SIE, meine Forschungen ... sind wichtiger als das Leben einzelner Menschen. Auch wichtiger als mein Leben." Aber ich weiß, dass es immer die anderen trifft, nicht mich ... auch wenn ich mir wünschte, es wäre anders.

Als wir den Salon betreten, stelle ich Ove meinen 'Gästen' vor.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 4.10.2016 | 22:12
Clive lässt mir keine Chance etwas zu sagen. Aber was hätte ich noch sagen können?

Hätte ich sagen sollen, dass das Jucken auch dann auftaucht, wenn ich in unbeschwerten Momenten lockeren Gedanken nachhänge? Gut, das passiert leider nicht sehr oft. Aber selbst dann wird das Jucken immer stärker, oder die Wärme  in der Hand nimmt zu. Oder sie beginnt sich taub, wie eingeschlafen anzufühlen. Hätte das etwas daran geändert?

Nein! Wir müssen zu den "Gästen", ich muss Clive helfen. Er hat einiges für uns, Matilde, Kristine, Marie, und mich getan. Da ist es sein gutes Recht eine Gegenleistung einzufordern.

Ich würde Clive gerne noch sagen, dass die eigenartigen Gefühle in meiner rechten Hand nicht durch meine Stimmung oder Gedanken gesteuert sind. Sie tauchen aus für mich nicht klar nachvollziehbaren Gründen auf. Und ebenso plötzlich verschwinden sie wieder. Ich habe auch Harry noch nicht davon erzählt. Ich halte es doch nicht für eine Geistesstörung.

Ich hätte ihm auch gerne gesagt, dass die Frau Marquard doch meinte, dass eine längere räumliche Nähe zu diesem Artefakt einen Einfluss auf die Personen hat. Ich dachte es wäre nur ein vorübergehender Einfluss. Nein, eigentlich dachte ich es wäre ein Hirngespinst. Aber der Einfluss hält bald 3 Jahre an. Das kann nicht mehr normal und nur ein Hirngespinst sein.

Was ist, wenn Clive bei der Vernichtung der Hand etwas davon aufgenommen hat... sei es materiell oder stofflos?!

Ja, Ove, was wäre dann?
Nichts wäre dann! Nichts! Nichts, was jetzt, in diesem Augenblick, eine Rolle spielen würde. Wir müssen so oder so mit den Leuten im Haus reden. Oder sie zumindest aus dem Haus schaffen. Und  auch wenn ich Clive nicht abnehmen kann, dass er so locker und gelassen ist, wie er tut, muss ich ihm jetzt beistehen. Nein, gerade deshalb.


Als Clive die Tür zum unmissverständlichen Zeichen öffnet, dass es keine Zeit mehr zu verlieren gilt, nicke ich ihm zackig zu. Als Zeichen dass ich bereit bin und auch um mir selber noch mal einen neuerlichen Energieschub zu geben.

Kurz überlege ich, ob es vielleicht sinnvoller gewesen wäre William Collins zurückzurufen. Aber wenn er mein Wächter wäre und tatsächlich von diesem Azatoth geschickt und gelenkt wird, dann hätte er eine negative Präsenz in den Personen, die Clive hier her geführt hat, sicher bemerkt und wäre nun an unserer Seite.

Als Clive mich vorstellt, fällt mir wieder ein, dass Mr. Collins es als unmöglich und frevelhaft erachtet hat mein Haus zu betreten. Wären diese "Gäste" also wirklich ebenfalls von Azatoth geschickt und würden den gleichen Regeln folgen, dann wären sie doch nicht hier drinnen. Als ich das realisiere, schrillen einige Alarmglocken in meinem Geist. Doch keine dieser Glöckchen schrillt so laut und durchdringend wie die Alarmglocke, die wie die Sturmglocke in der Kirche von Bengstfors in meinem Kopf läutet. Diese Sturmglocke wird von einer dunkelhäutigen Frau geläutet, die mit ihrer Gazellen-haften Eleganz vor mir steht.
In meinem Geiste läutet sie mit Leichtigkeit die Sturmglocke von Bengstfors und lächelt mich dabei freundlich und frech an.

DIESE Frau kenne ich... das ist die Frau, die Baxter verfolgt aber verloren hat. Was hat sie hier zu suchen?

Ich ärgere mich, dass ich mit Clive über meine Hand, aber nicht über ein geheimes Zeichen zur Verständigung für den Fall, dass ich hier wen wiedererkenne, gesprochen haben.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 5.10.2016 | 11:13
Clive

Ich gieße nun auch Ove eine Tasse Tee ein. Das Aroma des Tees vermag nicht, den schweren Duft der Frau zu überdecken. Als ich vorgebe, das Aroma des Tees zu inhalieren, sauge ich ihre Anziehungskraft in mich auf. Ich versuche es zu unterdrücken, aber die afrikanische Schönheit zieht immer wieder meinen Blick auf sich. Gegenwart und Vergangenheit vermischen sich in meinen Gedanken. Ich ertappe mich bei dem Wunsch, dieser Frau zu helfen, wenn ich schon SIE nicht retten konnte.

"Ist sie nicht auch nur ein Opfer fremder Mächte? Von falschen Priestern zu einem Dienst für die falschen Mächte verführt? Aber wofür steht Azathoth? Kann ich wirklich behaupten, an ihn zu glauben sei schlechter als andere Religionen, die auf dieser Welt praktiziert werden?"

"Ich bin unverändert nicht sicher, ob Sie bei mir an der richtigen Adresse sind", knüpfe ich an unser vorheriges Gespräch an. "Um ehrlich zu sein: Ich bin mir eigentlich sicher, dass Sie hier nicht richtig sind. Mein Freund beispielsweise hatte heute Besuch von einem Mr. William Collins. Auch er erklärte, Azathoth zu dienen, und er bezeichnete Mr. Eklund als den 'Auserwählten'. Und Ove ist es vermutlich genausowenig wie ich. So klar scheinen die Dinge also offensichtlich nicht zu liegen.

Darum bitte ich Sie, jeden einzelnen von Ihnen, noch einmal genau zu berichten, woher Sie kommen, wie Sie hierhergereist sind, wer Sie gegebenenfalls geschickt hat, warum Sie mich für einen 'Auserwählten' halten und was Sie nun von mir erwarten. Bitte seien Sie ganz offen. Ove genießt mein vollstes Vertrauen."

Ich setze mich in meinen Sessel und schaue Ayana Kebede aufmerksam an, um ihr zu signalisieren, dass sie den Anfang machen soll. Und es ist wieder kein Zufall, dass mein Blick zuerst auf sie fällt. Ich will sie in Ruhe betrachten, ohne dass dies unangemessen oder anzüglich wirkt ... wenngleich sie damit offenbar kein Problem hätte. Ich will ihrer Stimme lauschen und gleichzeitig ihre Mimik und Gestik studieren. Und ich will in ihren dunklen Augen versinken, um sie zu ergründen. Ich will in ihre Seele zu blicken ... um dort nach möglichen Antworten auf jahrzehntealte Fragen zu forschen.

"Was bist Du? Eine Falle? Eine Antwort? Eine Wiedergeborene Seele? Ein neues Gefäß für IHRE Seele?"

Mir kommt ein Gedanke, der mich selbst erschrecken lässt:
"Ich besitze ihn noch, den Zauber von Herm, mit dem Annephis in den Körper von Matilde eindrang. ... Was wäre, wenn ich das Ritual vollzöge? Könnte ich IHRE Seele in Ayana Kebedes Körper senden?
Wäre das eine Wiedergutmachung? Würde damit früheres Unrecht ungeschehen gemacht oder wäre das neues Unrecht? Wer ist Ayana Kebede, über deren Seele ich richten würde?
Wie muss ich das Versprechen auf Leben interpretieren? Ich wünschte ich hätte den hölzernen Sarkophag noch zur Verfügung, hätte ihn genauer studieren können ...
Meine Seelenverwandte in einem neuen Körper ... sie war eine .... weise Frau, eine Priesterin vielleicht ... die Optionen, die das eröffnen würde ... für die Zukunft ... für MEINE Zukunft, nachdem Matilde mich verlassen hat ...
Aber dafür müsste ich SIE erst in mir wiederfinden ... seit dem Vorfall der Änderungsschneiderei ist SIE verborgen ... aber irgendwo ist SIE noch, das fühle ich ..."


Ich muss schlucken angesichts der Macht der Versuchung, die diese Phantasie auf mich ausübt.

"Aber ist es nur eine wahnwitzige Phantasie ... oder könnte ich es wahr werden lassen? Dieser Körper und IHR weiser Geist ... könnten sie mein sein? Am Ende meines Lebens eine Erfüllung, die mich für alles vorausgegangene entschädigen würde? ... Bis hin zu einem Kind vielleicht? ..."

Mir ist klar, dass die Ereignisse dieses Tages mich aus dem Gleichgewicht geworfen haben: Nichts scheint heute begreiflich zu sein, nichts hält sich an die Gesetze der Natur, nichts scheint unmöglich ... "Dieser Tag ist ein einziges Traumgespinst aus Schrecken, Ängsten und Hoffnungen, doch mag sich daraus eine neue Zukunft weben lassen ..."

Doch dann machen mir die Zwillinge einen Strich durch die Rechnung und kommen Ayana zuvor. "Ist dies lediglich übertriebener Eifer oder das Buhlen um meine Gunst? Oder steckt vielleicht eine ganz andere Absicht dahinter? ... Wollen sie mich ablenken, um zu verhindern, dass ich etwas erkenne, was mir verborgen bleiben soll?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 5.10.2016 | 11:48
Ich setze mich auf den mir gewiesenen Platz nahe an Clives Seite und fühle mich wie vor einem Tribunal.
Die Anspannung hat mich völlig im Griff und ich muss mich bemühen mich zu entspannen. Die Blicke, die auf mich gerichtet werden, als Clive von Mr. Collins berichtet, fühlen sich alles andere als gut an. Sie wirken auf mich bohrend und nachforschend ... ergründend.
Ich versuche weiter mich zu entspannen und bin dankbar für den Tee, den Clive mir gibt. Ich nehme einen Schluck und stelle erleichtert fest, dass der Tee sehr heiß ist. Der Schmerz zwingt mich, mich auf etwas anderes zu konzentrieren als diese Situation hier im Raum. Dann schaue ich die Leute der Reihe nach an und warte ab, was sie uns zu berichten haben.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.10.2016 | 14:20
Die zwei blonden Arier melden sich zuerst zu Wort. Kajo und Hugo antworten wie gewohnt abwechselnd. "Wir haben einen Traum gehabt, Herr."

"Azathoth hat zu uns gesprochen."

"Er spricht nicht oft zu uns..."

"Eigentlich hat er noch nie zuvor zu uns gesprochen."

"Wir sind also sofort seinem Ruf gefolgt."

"Gefolgt ohne zu fragen."

"Wann spricht auch schon mal ein Gott zu einem."

"Wir haben Geld von der Bank geholt und sind dann nach Hamburg gefahren."

"Mit einem Frachter sind wir dann weiter nach England."

"Und in London nahmen wir einen Zug gen Norden."

"In Blackpool setzten wir dann nach Irland über."

"Und hier sind wir."

"Was können wir für Sie tun, Auserwählter?"

"Doktor..."

"Doktor? ... Genau, Doktor."

"Spielen Sie die Flöte, Auserwählter."

"Doktor."

"...Doktor."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 5.10.2016 | 19:45
Ich muss immer wieder zur dunkelhäutigen Frau schauen.
Ja, sie muss es sein. Aber ich kann dunkelhäutige Menschen so schlecht auseinander halten. Vielleicht sieht sie ihr auch nur sehr ähnlich. Die ganze Situation damals war sehr strapaziös. Wir waren alle sehr angespannt und es ist schon eine ganze Weile her. Die Zeit ist wie ein Weichzeichner über den Erinnerungen. Und die Erinnerungen sind veränderlich.

Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Zwillinge anfangen zu reden. Es überrascht mich auch, dass beide so gut abgestimmt aufeinander abwechselnd reden können.

Bei der Flöte muss ich an die Flöte denken, von der Collins berichtet hat. Aber vielleicht hat Clive ja auch eine Flöte, von der ich nichts weiß.
Geht es beim Flötenspiel um die Zerstreuung, die man Azatoth gewähren soll? Oder um das Instrument an sich?
Ich weiß es nicht.

Noch bevor Clive auf die Frage nach der Flöte antworten kann, drängt es mich so sehr eine Frage zu stellen, dass ich unhöflich dazwischen frage:
"Entschuldigung. Aber woher kommen sie ursprünglich? Kommen Sie aus Deutschland oder war Deutschland nur ein Etappenziel? Und wann war das als Azatoth mit ihnen gesprochen hat?"

Ich komme mir wieder vor wie vor etlichen Jahren, als ich noch aktiver Journalist war. Ich entrücke etwas in die objektivere Haltung des Journalisten, des Beobachters. Ich bewege mich weg von der sehr beteiligten und persönlichen Haltung des direkt Betroffenen.
Es fällt mir überraschend leicht diese Fragen zu stellen. Doch wandel ich jetzt auf dem sehr schmalen Grat zwischen journalistischer Neugier und persönlicher Neugier - Neugier herauszufinden, was mit mir und meiner Hand los sein könnte.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 6.10.2016 | 21:27
Ayana schaut leicht missbilligend und gleichzeitig amüsiert zu den Zwillingen herüber. Sie bildet einen starken Kontrast zu den Deutschen. Schwarz : Weiss. Eins : Zwei. Frau : Mann. Afrika : Europa. Yin : Yang. Weich : Hart. "Ich bin eine Frau. Die Männer Zuhause nennen mich Hexe. Ich bin natürlich geflogen. Was sonst." Sie lächelt.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 7.10.2016 | 09:41
Clive

Ich glaube ihnen nicht.

"Die Zwillinge weichen Oves Fragen aus. Bislang hat auch keiner gesagt, ob er Collins kennt. Sie scheinen nicht einmal verwundert, dass es mehrere 'Auserwählte' geben könnte.

Die Behauptungen der Zwillinge über die Anreise vermögen nicht zu erklären, warum alle Fremden gleichzeitig hier aufgetaucht sind. Das kann kein Zufall sein. Und Braddock scheint das sogar vorhergesehen zu haben, wenn man seiner Karte Glauben schenken kann.

Ayana lügt zwar vielleicht nicht, es sei denn sie will behaupten, sie sei mit einem Flugzeug hierher gelangt. Letzteres würde ich ihr kaum abnehmen. Aber sie spielt mit Andeutungen, anstatt eine klare Auskunft zu erteilen. Sie sagt auch nicht, woher sie kommt und in wessen Auftrag.

Das alles erklärt nicht, warum Karim aus der Dorfkirche kam und warum Ayana plötzlich auf der Straße erschien.

Die Tatsache, dass die Ankunft der Fremden mit Pauls Erscheinen zusammentraf, lässt den Vortrag ebenfalls unglaubwürdig erscheinen.

Und keiner sagt, was sie von mir ... oder Ove ... erwarten."


Ich verberge meine Skepsis und Verärgerung nicht. Meine Stirn runzelt sich. Aber noch unterbreche ich die Fremden nicht in ihren Berichten.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 7.10.2016 | 13:00
Ich schaue Ayana an, als sie spricht.
Ich nicke und warte, ob sie noch mehr sagt, oder ob nun einer der anderen uns etwas berichten möchte.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Blackdiablo am 7.10.2016 | 21:27
Da zieht sie hin - Matilde. Ein hübsches, junges, fleischiges Ding, das nicht mehr hübsch ist, nicht mehr jung und kein Fleisch mehr, sie ist eine vorgestellte Hülle, man hat ihr alles genommen, was sie lieben konnte, ich will sie nicht stören, will sie nicht aufwecken "IHR SEID IN EINEM ALPTRAUM GEFANGEN" aber sie hat John, hält ihn fest in der Hand, hält ihn so fest, wie sie mich hätte halten können - im Alptraum. Niemand anders ist hier, ich hätte ihnen gern gezeigt, wie sie auszieht, um zu sterben. Das obwohl ich es wusste, es die ganze Zeit wusste. Niemand ist hier. Meine Zeit ist abgelaufen. "ZEIT IST VORBEI"

Alles hätte anders laufen sollen. Ich schmunzle und lehne an einem Baum. Matilde verschwindet hinter einer Biegung. Das Gebüsch verbirgt fast ihren gesamten Körper. Plötzlich verliere ich sie aus den Augen. Ich glaube nicht daran, dass wir eine Wahl hatten, sondern Opfer des Zufalls waren. "IHR SEID ES IMMER NOCH"

Ich bin wer immer ich sein will ein Narr des Schicksals ausgesandt um zu morden um zu frönen der Lust dafür habe ich mich im Krankenhaus umgebracht habe mich selber umgebracht um meine Rolle einzunehmen ich habe die Chance bekommen ich gebe sie nicht mehr her wenn ihr wüsstet wenn ihr wüsstet es gibt mehr Welten als diese dies zu begreifen ist eine Krankheit Benjamin Robi Jackson hat seinen Howard Phillips Wilde ich ich habe Matilde, diese hässliche, alte Idee in meinem Kopf, sie zieht von dannen keine Wahl reiner Zufall mein selbstbestimmter Zufall

"EINE HOMMAGE AN DIE REINE WILLKÜR"

Ich lache. Ein Irrer.

Ein Irrer summt:

Sag, wer hat sich ausgedacht,
Dass Wollen mich zum Menschen macht?
Sag, wer will, dass man mich straft,
Wenn man als Untier mich entlarvt?

Sag, sollte ich nicht glücklich sein,
Als Mensch zu leben, ganz allein?
Sag, wer kann dem widerstehen,
Nur zu sein, kein Leid zu sehen?

Es wacht das Auge, innen Licht,
Das sieht den Schmerz der Fragen nicht,
Es zeigt, es strickt, es inszeniert
Und hofft, dass es ein Schauspiel wird.


"Wir haben ihnen eine gottverdammte Show geboten, Matilde. Bis zum Ende." Ich weine und wende mich ab und wische mir die Tränen weg. "Das haben wir, meine Blume."

Tableau.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 8.10.2016 | 10:16
Abrupt ergreift Karim das Wort. "Nun. Wir sollten nicht um die heisse Suppe herumreden, will ich sagen. Wir sind alle hier, um dem ehrwürdigen Auserwählten, dem Doktor, zu helfen, seine Verwandlung zu vollziehen, damit er in den Keis der Tänzer und Flötenspieler im Reich Azathoths aufsteigen kann. Er ist würdig, der Doktor, wir alle wissen das. Und wir alle werden ihn so lange beschützen, bis er seine Verwandlung vollzogen hat."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 8.10.2016 | 11:33
Ich muss mich bemühen, dass mir nicht alle Gesichtszüge entgleiten.
Verwandlung?! Bitte WAS?!
Nach einem kurzen Augenblick habe ich mich wieder vollständig unter Kontrolle.

"Verwandlung? Was meinen sie mit der Verwandlung? Meine sie eine kafkaeske Verwanldung?"

Nach einer sehr kurzen Pause:
"Es gibt nur einen Auserwählten, nehme ich an. Und was ... was erkenne ich gerade nicht, was ihn zum Auserwählten macht?"

In Gedanken füge ich hinzu: "Soweit ich weiß, ist Doktor Savage nicht als Flötenspieler bekannt."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 8.10.2016 | 15:01
William ergreift plötzlich das Wort. "Ihr liegt falsch. Nicht dieser Doktor hier ist der, den Ihr sucht und dem Ihr huldigen solltet..." Plötzlich ist es sehr still im Raum. "Der Auserwählte ist dieser Mann hier." Er deutet mit der Hand auf Ove. "Dies ist der Auserwählte..." Und erneut herrscht Stille.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 8.10.2016 | 15:19
Clive

Fast bin ich geneigt, lauthals zu lachen.

"Welche Wandlung soll ich denn jetzt noch vollziehen? Ich glaube, ihr kommt ein wenig zu spät ...

Das ganze hört sich eher nach einer rituellen Opferung an, gekleidet in schöne Worte."


Ich denke an den Trümmerhaufen, der am Ende dieses Tages von meinem Leben übrig geblieben ist.

"Matilde ist fort ... mit oder ohne Marie ... ich weiß es nicht. Vielleicht ist sie Paul gefolgt, vielleicht wurde sie von Rick verschleppt. All meine Pläne für die Zukunft liegen endgültig in Scherben.

Mir läuft die Zeit davon. Der Herzanfall hat mir das deutlich gezeigt. Niemand weiß, wieviel Zeit mir bleibt, aber die mir auf Erden verbleibenden Tage sind gezählt. Die Nornen haben meinen Faden längst zuende gesponnen. Skuld fordert nun den kleinen Rest des der Vergangenheit Geschuldeten ein. Ich werde keine Zeit mehr haben, einen neuen Erben ausfindig zu machen, dem ich IHN und alles andere anvertrauen könnte. Ich werde keine Zeit mehr haben, Antworten auf meine Fragen zu finden.

Mein Haus ist nicht mehr sicher. Das ganze Dorf ist nicht mehr sicher. Die Menschen beginnen sich zu verändern."


Ich betrachte eine Weile Ayana, blicke nochmals in ihre dunklen Augen, und versuche sie zu ergründen.

"Vielleicht gilt es nur noch, den letzten Weg zu wählen, den ich beschreiten will?

Will ich erneut davonlaufen? Für wie lange?

Will ich hier kämpfen? Alleine mit Ove? Mit Braddock, den ich überhaupt nicht kenne und nicht vertraue? Soll ich die Menschen in meinem Dorf der Gefahr aussetzen?

Oder will ich dem allen selbst ein Ende setzen? Die Zügel zumindest im letzten Moment in den eigenen Händen halten .... all diese Menschen unter mein Dach laden ... und mit mir den Flammen überantworten? Ein letzter Tanz im Feuerschein (https://timeglobalspin.files.wordpress.com/2013/02/indo_film_0206.jpg?w=720)? Feuer mit Feuer bekämpfen! Den Kreis schließen!"


Plötzlich reißt eine neue Stimme mich aus meinen Gedanken. Ein hühnenhafter Fremder steht im Salon und hat die Blicke aller Anwesenden auf sich gezogen. Er scheint unser Gespräch schon eine Weile zu verfolgen ...

"Verflucht, ist mein Haus denn ein Taubenschlag, dass heute jeder meint, er könne es ohne Einladung betreten?", entfährt es mir zornig.

"Wer sind Sie und was suchen Sie hier?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 9.10.2016 | 12:57
"Auch ich habe dem Auserwählten meine Aufwartung gemacht, habe ihm gehuldigt, wie es angebracht ist und ihm ein Geschenk dargeboten, wie es geschrieben steht. Er hat mein Geschenk angenommen, womit der Pakt geschlossen wurde und er hat mich hier in sein Haus geführt, so dass ich ihm weiter huldigen darf und ihn auf seine Reise vorbereiten werde."

Der Mann streckt seinen Rücken durch und richtet sich zu seiner vollen, imposanten Grösse auf. "Mein Name ist William Collins und der Auserwählte ist OVE EKLUND. Sie Sir, Sie sind nur ein Scharlatan."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 9.10.2016 | 15:48
Clive

Ich werde langsam zornig, bremse mich aber mit Rücksicht auf meine Verfassung. Mit ruhiger, aber fester Stimme erkläre ich dem Hünen:

"Ich habe immer von mir gewiesen, ein 'Auserwählter' zu sein! Es entspricht wohl kaum der Beschreibung eines Scharlatans, dass dieser vehement Fähigkeiten oder Eigenschaften von sich weist, die ihm dritte zuschreiben.

Sie vergessen sich in Ihrer Wortwahl, mein Herr! Und Sie vergessen, wo Sie sich befinden: in meinem Haus, in meinem Salon ... ungeladen ... ohne sich vorzustellen.

Ich bin geneigt, Sie von meinem Besitz zu jagen, ... Mr. Collins, wie ich vermute."

Dann rufe ich nach Luni, der sich im Flur befinden muss.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 9.10.2016 | 17:26
"Sir, Ihr Hund wird nicht kommen. Sie haben ihn ausgesperrt, zusammen mit den anderen Hunden."

"Und noch eins... Das ist nicht ihr Haus, Sir. Also spielen Sie sich nicht so auf. Dies ist der Besitz von Herrn Eklund, dem wahren Auserwählten."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 9.10.2016 | 17:42
Clive

"Wie konnte er Luni so einfach aussperren?"

Ich erhebe mich aus meinem Sessel und wende mich dem Hünen zu.

"Ihr anmaßendes Benehmen gefällt mir ganz und garnicht!", sage ich nun bestimmter. "Woher wollen Sie wissen, wem dieses Haus gehört? Seien Sie versichert, Sie befinden sich auf MEINEM Grund und Eigentum!

Packen Sie sich ... aber schnell, bevor ich wirklich ärgerlich werde!"

Ohne mich umzudrehen setze ich an alle gerichtet hinzu:

"Wer immer hier irgendeinen Pakt schließen will, ohne sich vorher zu erklären, sollte seine Geschenke schnellstens einpacken und seine Füße in die Hand nehmen!"

Ich fasse meinen Stock fester ... meinen alten Gehstock, nicht den der Zwillinge. Aber ich weiß, dass meine Möglichkeiten begrenzt sind. Ove und ich alleine gegen fünf Fremde ist kein gutes Zahlenverhältnis.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 10.10.2016 | 18:23
Ove

Nun entgleiten mir die Gesichtszüge vollständig.
Was macht Collins hier? Wie ist er hergekommen, ohne dass die Hunde anschlagen? Was erzählt er hier?

Den letzten Gedanken spreche ich laut aus:
"Sind Sie alle verrückt geworden?!"

Ich überlege kurz, ob ich die Waffe, die ich von Collins erhalten habe, ziehen sollte, doch noch sehe ich keine Aggression in den Gesichtern der Anwesenden. Von Collins aufbrausender Art einmal abgesehen.

"NIEMAND in diesem Raum ist ein oder gar DER Auserwählte. Niemand hier will es sein und wenn hier jemand ein Betrüger oder Scharlatan ist, dann habe ich langsam das Gefühl, dass Sie es sind!

Das was hier als Pakt bezeichnet wird, und da gebe ich Doktor Savage hier vollständig Recht, kann nur als Pakt bezeichnet werden, wenn beide Seiten über seine Bedinungen und seinen Umfang informiert sind. Das werden sicherlich auch die Götter so sehen! Also, gerne können Sie ihre Gaben, die wir weder gefordert, noch gewollt haben, wieder mitnehmen."

Ich schaue die Anwesenden an und mustere ihre Minen. Wie reagieren sie auf das geschehene? Haben Sie doch gefährliche Absichten?
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Mit sehr fester und für mich ungewohnt lauter Stimme fahre ich fort:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
"Und WENN Sie Recht haben und hier ein oder sogar der Auserwählte wohnt..."
Ich lasse die Worte einen kurzen Augenblick wirken.

"... WAS MACHEN SIE DANN IN DESSEN HEILIGEN RÄUMEN?!"

"Wenn das alles stimmt, was sie gesagt haben, dann ist dieser Ort für sie verbotener Boden! Also egal, WAS hier die Wahrheit ist: Ihre Anwesenheit ist hier nicht erwünscht. Sie sind nicht berechtigt hier zu sein. Entweder klären Sie diese Posse sofort auf und verschwinden dann oder - und das bevorzuge ich - oder Sie verlassen das Anwesen sofort, ohne weitere Erklärungen!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 15.10.2016 | 18:25
William schau bedrückt zu Boden. "Nun gut, Auserwählter. Wenn Ihr so darüber denkt, werde ich mich zurückziehen und Euch nicht länger zur Last fallen. Ich hoffe, dass Ihr auch ohne mich klarkommen werdet und alle Herausforderungen der Zukunft meistern werdet." Damit verbeugt er sich kurz, wendet sich ab und verlässt den Raum.

Die anderen fremden Gäste im Haus beginnen sich miteinander über diese seltsame Situation zu unterhalten. Es scheinen leichte Zweifel unter den Huldigern aufgekommen zu sein.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 16.10.2016 | 16:41
Clive

Ich begleite Collins vor die Tür und beobachte, wie er über die Straße verschwindet.

Auf dem Weg zurück in den Salon hole ich Luni aus dem Raum, in den ihn Collins gesperrt hat. "Du bist mir ja ein Aufpasser!", sage ich zu Luni und streiche ihm über den Kopf. "Aber was ist das auch für ein verrückter Tag ..."

Ich sehe kurz nach der Hündin und ihren Welpen. Ich zögere kurz und überlege, ob ich meine Lightning holen sollte. Aber die lange Abwesenheit würde auffallen und schließlich ist Collins auch ohne Probleme gegangen. Ich entscheide mich also dagegen und kehre ich in den Salon zurück. Dabei nehme ich Luni allerdings mit mir. Normalerweise vermag alleine die Anwesenheit des Tiers Eindruck auf Fremde zu machen.

Als ich im wieder im Salon bin, sprechen die Fremden noch immer miteinander.

"Nun, ehrlich gesagt glaube ich auch, dass Sie an bei uns nicht richtig sind. Ich hätte gerne festgestellt, was Sie gerade zu uns geführt hat. Aber wenn Sie nun selbst zu dem Ergebnis gelangen, hier am falschen Ort zu sein, will ich Sie nicht aufhalten ..."

Ich reiche den Zwillingen den afrikanischen Stab zurück, der mir ein reines Kunstobjekt ohne weitergehende Bedeutung zu sein scheint. "Sie sollten sich dies für die richtige Person aufsparen. Offensichtlich unterlagen Sie einem Irrtum, als Sie mir dieses Objekt schenken wollten."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 18.10.2016 | 22:21
Die beiden Zwillinge verneigen sich tief vor Dir, als sie den Stab von Dir in Empfang nehmen und bedanken sich für Deine Gastfreundschaft als sie gehen.

Auch Karim geht auf die Knie und verabschiedet sich von Dir. "Ich danke Ihnen, Doktor. Leben Sie wohl."

Als die drei Dein Haus verlassen haben, zuckt ein Blitz grell am Himmel und sofort grollt der Donner ohrenbetäubend laut über Euren Köpfen. Ein Gewitter steht genau über dem Haus. Die Äthiopierin räkelt sich lasziv auf dem Sessel. "Ein Gewitter, Doktor." Sie beschreibt das Offensichtliche. "Bei so einem Wetter würde man doch keinen Hund vor die Tür jagen, nicht wahr?" Dicke Regentropfen fallen schwer auf das Dach. Das Tropfen wird zu einem Trommeln und dann zu einem Prasseln. Die Dachrinne kann die Wassermassen bald nicht mehr aufnehmen und schwappt über, während das Fallrohr unüberhörbar laute, gurgelnde und schmatzende Geräusche von sich gibt. Wieder ein Blitz und fast gleichzeitig ein Donnergebrüll. "Braver Hund." hörst Du die schwarze Gazelle sagen und bist wieder im hier und jetzt. Du siehst, wie Luni ihr das Gesicht ableckt. "Es wird Zeit ins Bett zu gehen, Doktor. Zeigen Sie mir bitte ihr Schlafgemach."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 19.10.2016 | 09:28
Das unerwartete Gefühl der Enttäuschung und die Vermutung gerade einen Fehler gemacht zu haben kommen in mir auf, als Collins diese illustre Runde verlässt. Während ich in seiner Anwesenheit ein Problem sah, das mit bedrängte und einschränkte, so ist seine Abwesenheit nun weniger eine Entlastung als ich es mir gewünscht hätte.

Collins und Clive schienen meinen einzigen Verbündeten in einem Raum voller mir völlig fremder Menschen. Die ganze Situation ist vollständig widersinnig und mit fällt es entsprechend schwer das alles einzuordnen. Von Verstehen kann hier sowieso keine Rede sein.
Ich fühle mich nackt und ausgeliefert als Collins UND Clive gleichzeitig den Raum verlassen, während die anderen Besucher miteinander reden. Ich kann kaum etwas verstehen. Nur Wortfetzen, deren Zusammenhang ich nicht begreifen. Manchmal glaube ich sogar, dass sie gar keine mir bekannte Sprache sprechen. Doch das ist sicher Einbildung.

Ich bin umso erleichterter als Clive sogar mit Luni zurückkehrt. Diese Erleichterung nimmt sogar noch zu, als die Zwillinge zum Aufbruch bereit sind. Für einen Moment bilde ich mir ein, dass alles wieder "normal" werden könnte. Doch als plötzlich das Gewitter einsetzt, weicht diese Einschätzung aus mir.
Ist das ein Zeichen von Azatoth? Missbilligt er unser Verhalten oder das der Huldiger? Oder ist es nur Zufall?
Es ist schon ein sonderbarer Zufall, dass das Gewitter direkt über uns startet und sich kaum zu bewegen scheint.

Die dunkelhäutige Frau ist von all dem völlig ungerührt. Selbst die plötzlichen Donnerschläge, die einem durch Mark und Bein gehen, scheinen sie weder zu überraschen noch zu beeindrucken.

Die Beklemmung in mir nimmt zu. Und als sie schließlich fragt, ob Clive ihr sein Schlafgemach zeigen könne, fällt mir beinahe die Kinnlade hinunter.
Clive steht nicht weit von ihr entfernt, aber sie muss sich zu ihm drehen, um mit ihm zu sprechen. Unwillkürlich versuche ich Clive mit Blicken von törichten Entscheidungen abzuhalten.
Sie will ihn verführen! Das darf nicht passieren. Nicht jetzt! Nicht an diesem Tag, an dem die Sintflut über das Haus hereingebrochen ist, an dem so viele sonderbare Zufälle aufgetreten sind. Das sind alles keine guten Omen.

Meine Hand schließtlich in der Tasche um den Griff des Revolvers, den Collins mir gab und nicht wieder annahm, als er enttäuscht den Raum verließ.
Ich habe mich schon zu sehr in Clives Hausrecht eingemischt. Auch wenn ich diese Frau nun zu gerne vor die Tür jagen würde, darf ich das nicht tun. Ich habe kein Recht das zu tun.

Meine Blicke und Gedanken mühen sich Clive zu beeinflussen. Hilflos. Ratlos. Ohnmächtig mitansehend, was um mich herum im Salon passiert.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 21.10.2016 | 18:52
Clive

Mit zwiespältigen Gefühlen blicke ich Karim nach.

Einerseits bin ich froh, wenn dieser Tag ein Ende nimmt. "Vielleicht kann am Ende dieses Tage alles wieder sein, wie zuvor? Vielleicht war dies nur ein kurzes Aufflackern, eine vorübergehende tektonische Entladung der Spannungen in Zeit und Raum? ... Aber nein, es kann nicht alles wieder werden wie zuvor. Matilde ist fort, das spüre ich. ... Und Braddock erwartet offenbar auch, dass dies nur der Anfang ist."

Andererseits nimmt Karim das Geschenk mit ... und seinen geheimnisvollen Trank. Beide Geheimnisse würde ich gerne entschlüsseln. "Vermutlich werde ich mich schon morgen für meinen mangelnden Mut selbst verfluchen. Welche Möglichkeiten hätte mir dieser Trank geboten? Wieviel zusätzliche Lebenszeit hätte er für mich bedeuten können? Wieviele Menschenleben hätte ich retten können, wenn ich sein Geheimnis entschlüsselt hätte? ... Oder wieviele Seelen hätte ich verdammt? ... Ich werde es nicht mehr erfahren und so wird diese Ungewissheit an mir nagen, wird der Wissensdurst in mir brennen. ... Ebenso wie ich mich ab heute immer fragen werden, ob Karims Geschenk Cainnechs Flöte war. ... Wenn ich sie jezt gehen lasse, werden wieder nur unbeantwortete Fragen zurückbleiben."

Kurz bin ich versucht, Karim zurückzurufen. Die Zwillinge schienen mir nutzlos. Aber Karim ... "Er wirkte nicht bedrohlich ... genaugenommen habe ich ihm vermutlich mein Leben zu verdanken."

Aber gleichzeitig fürchte ich mich vor der Tragweite der Erkenntnis, falls sein Geschenkt tatsächlich Cainnechs Flöte sein sollte.

Da werde ich mir der Tatsache bewusst, dass Ayana nicht den Raum verlassen hat. Ich meine, Ihren Blick in meinem Rücken zu spüren. Da zuckt ein Blitz direkt über dem Manor und der Donner kracht so laut, dass ich sorgenvoll zur Decke blicke. "Ein Blitzeinschlag im Manor ... das fehlte heute noch!"

Ich denke an Mathilde, die irgendwo dort draußen dem Unwetter ausgesetzt ist. "Vielleicht mit Paul. Ich hoffe, er steht ihr bei. Sie scheiden aus meinem Leben, wie sie gekommen sind."

Völlig unbekümmert meldet sich Ayana wieder zu Wort. Die Melodie ihrer samtenen Stimme sendet losgelöst von den gesprochenen Worten eigene Botschaften.

"Ja, sie ist eine Hexe. ... Und gerade das fordert mich heraus! ... Nein, sie wäre kein passendes Gefäß. ... Aber sie ist trotzdem wertvoll. ... Vielleicht könnte ich sie ... anleiten, sie auf den rechten Weg führen? ... Als wüßte ich, welcher das ist." Ich muss plötzlich an Merlin und die Fee denken. "Der weise alte Mann, der hilflos den Verlockungen jenes heidnischen Wesens erliegt ... Nimue, Viviane, Elaine, Niniane, Herrin vom See ... gleichgültig, bei welchem Namen man sie nannte, immer war sie für die Kraft ihrer Verführung bekannt. Merlin wusste das. Und doch konnte er sich ihrer Verführung nicht entziehen. ... Ayana ist kein keltischer Wassergeist. Sie ist eine Katze des alten Reiches. ... " Ich blicke Ayana nachdenklich an, wie sie sich in dem Sessel räkelt. "... Was bringst Du? Freude oder Verderben? Fruchtbarkeit oder Siechtum? Bist Du eine Tochter der Bastet oder der Sachmet?"

Ich betrachte Luni. Der Wolf, der die Katze leckt. Und irgendwie ist es damit entschieden. Matilde ist fort. Ayana wird bleiben.

"Dann sei es so. Es steht Dir frei zu bleiben ... vorerst. Du bist mein Gast und meine ... Dienerin ..." Das letzte Wort kommt mir schwer über die Lippen. Aber es scheint mir ... notwendig. "Du wirst mit mir Dein Wissen teilen. Und Du wirst mir schwören, mich nicht zu hintergehen ... Verstehst Du mich? Ich werde Dich mit all meiner Macht verfluchen, wenn Du es tust! ... Wenn Du Dich entschließt, bei mir zu bleiben und mir zu dienen, dienst Du ab heute niemandem sonst mehr!"

Das Unwetter verleiht meinen Worten Nachdruck und ich selbst bin einen Augenblick versucht zu glauben, dass ich in diesem Moment mit einem Wink über die Naturgewalten gebieten könnte. Dann blicke ich tief in diese dunklen Augen und frage mich, ob ich nur die Maus bin, mit der Ayana spielt, oder ob sie das Kätzchen in meiner Hand ist. Ich könnte nicht sagen, welche Vorstellung mich mehr erschreckt.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 22.10.2016 | 00:24
Ayana streckt Dir ihre Hand entgegen. Ihr makelloser, dunkler Arm gleitet aus ihrem weiten Ärmel, wie eine süsse Schokolade aus ihrer Verpackung. Eine Versuchung ohne gleichen. "Ich werde Euch auf jegliche Weise so dienen, wie Ihr es verdient, Doktor. Ihr seid mein ehrwürdiger Meister. Ich bin Eure getreue Sklavin und werde Euch auf jede erdenkliche Weise Vergnügen bereiten und Euch eine Hilfe und Stütze sein."

Sie schaut an die Decke des Zimmers, als würde sie dort hindurchsehen können. "Ihr habt Macht über die Elemente. Ihr spült die Schwachen und die Zweifler hinfort und ertränkt sie in Euren Tränen. Ich werde Euch folgen, wohin Ihr auch geht. Ich werde Euch nicht verlassen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 22.10.2016 | 15:41
Clive

Ich nicke kurz. "Sie will mir dienen, wie ich es verdiene? Bleibt die Frage, was ich verdiene.

Mir fällt wieder ein, dass wir nicht alleine sind. Ohne den Blick von Ayana abzuwenden, frage ich Ove, der schweigend die Szenerie beobachtet und sich vermutlich gerade wenig freundliche Gedanken über mich macht.

"Ayana ist nicht eingeladen. Kristine würde sie vermutlich auch nicht gleich ins Herz schließen... Ayanas Anwesenheit widerspräche auch den eigentlichen Zweck des gemeinsamen Essens, nämlich Kristines Fragen zu beantworten, soweit wir das können."

"Ove, ich vermute es wäre gut, wenn Du schon vorgehst ... bis ich Ayana ihr Zimmer gezeigt und hier Klarschiff gemacht habe. Ich komme dann später nach. Bitte richte Kristine meine Entschuldigung wegen der Verspätung aus und wartet nicht auf mich."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 22.10.2016 | 16:06
Das Gewitter untermalt sehr treffend, was sich hier abspielt.
Ein Wendung wie ein Paukenschlag.

Ich glaube meinen Sinnen nicht trauen zu können.
Was ist nur in Clive gefahren? Wo ist Matilde und was zu Henker passiert hier?

Mir ist völlig unklar, was dieser Schwur soll. So habe ich Clive noch nicht erlebt. Ich habe Clive nie etwas schwören müssen. Ich musste ihm versprechen gut auf Kristine aufzupassen. Aber das ist selbstverständlich für mich.
Aber wie soll ich dieses Versprechen einlösen? Sind wir jetzt nicht in größerer Gefahr als je zuvor? Clive hat eine mysteriöse Fremde ins Haus geholt - im Haus gelassen. Hatte er mich nicht wegen der Fremden geholt? Damit ich ihm Rückendeckung bieten kann?

Wem kann ich denn hier überhaupt noch vertrauen?

Am liebsten würde ich mit Kristine nun sofort abreisen. Aber das wäre nicht angemessen. Ich würde Clives Gefühle und seine Gastfreundschaft verletzen. Und wüsste ich doch auch nicht wohin. Doch zu Kristines Eltern, wie sie es so lange nun schon fordern? Vielleicht wäre das sicherer.

Ich muss zuvor Clive um Erklärungen bitten. Sie einfordern. Etwas was ich von Clive noch nie gewollt habe. Er war mir nie Erklärungen schuldig, ich ihm und Matilde aber zu tiefem Dank verpflichtet.
Ich muss auch wissen, was mit Matilde ist. Warum ist Luni hier, sie aber nicht?

Mir stellen sich die Haare auf den Armen und im Nacken auf.

"Wir... würden uns dennoch sehr freuen, wenn du uns nachher zumindest kurz besuchen könntest, Clive."

"Ich wünsche dann einen guten Abend... und eine gute Nacht."

Meine Gedanken überschlagen sich.

FLUCHT FLUCHT!

Dann verlasse ich vielleicht etwas zu hastig den Raum und gehe sofort zu Harry und Kristine. Sie schauen mich erwartungsvoll an, doch ihre Minen spiegeln schnell Sorgen wider. Ich stehe bleich und rastlos vor ihnen. Mache Anstalten mich zu setzen, gehe dann aber doch im Raum auf und ab.

"Clive... wir haben Gäste... Clive hat Gäste. Collins war auch da. Ich sollte aber in Ruhe anfangen!", fasel ich zuerst. Dann schenke ich mir einen Whiskey ein. Ein Getränk, das mir nicht zusagt. Doch es ist ein Geschenk von Clive, soweit ich mich erinnere. Und ich brauche nun einen Drink.

Dann setze ich mich und sehe nun das erste mal den gedeckten Abendbrottisch. Doch ich habe keinen Appetit.

Ich fasse kurz zusammen, was im Salon passiert ist. Als ich zu der Stelle kommen an der er Ayana einlädt zu bleiben, obwohl alles in mir danach schrie sie sofort aus dem Haus zu werfen, stehe ich auf und verriegel alle Türen und Fenster in unserem Bereich des Hauses. Der Revolver von Collins gibt mir noch Sicherheit.
Ich verriegel auch die Tür zu Clives Teil des Anwesens.

Harry und Kristine versuchen mich zur Mäßigung aufzurufen, doch ich bleibe hektisch. Erst als alles verschlossen und verriegelt ist, komme ich zur Ruhe und berichte den Rest.

Harry kann meine Sorgen offensichtlich nur begrenzt teilen, doch Kristine ist ebenfalls in Unruhe, das merke ich ihr an.

"Ich weiß nicht, was wir tun sollten. Wir sollten aber ... auf alles gefasst sein. Diese Frau versprüht UNHEIL.... alles an ihr versprüht die Aura von Gefahr. Ich lasse nicht zu, dass wir in ihrer Nähe wohnen bleiben werden. Wir müssen hier fort, doch zuvor muss ich wissen was Clive vor hat und ich muss wissen wo Matilde hin ist. Das sind alles zu viele Zufälle für einen Tag."

Ich sacke auf meinem Stuhl zusammen und greife mir einen kleinen Apfel aus dem Obstkorb und beiße hinein. Langsam und nachdenklich kaue ich den säuerlichen Apfel.
Ich muss unwillkürlich an den Sündenfall denken und verschlucke mich fast an dem Apfel. Ich würge ihn hinunter und frage mich, ob dies nun der Punkt ist, an dem wir aus dem Paradies, das uns Clives Anwesen die letzten Jahre wohl bot, fliehen müssen.


Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.10.2016 | 11:45
Clive

Auch nachdem Ove fort ist, ruht mein Blick weiter auf Ayana. Das Bild, das sie bietet, wie sie lasziv im Sessel liegt, ist eine einzige Herausforderung. Die Szenerie ist absurd, berücksichtigt man mein Alter. Nichts an mir ist für eine solche Frau tatsächlich anziehend. Mit Emma (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99555.msg134409176.html#msg134409176) war es anders ... Emma war auf der Suche nach Zuneigung und Zärtlichkeit. Ayana sieht etwas anderes in mir und sie will etwas anderes von mir. Ihr lächeln wirkt auf mich fast schon spöttisch, als sich unsere Blicke wieder treffen. Sie scheint sich ihrer Sache gewiss.

Und ich kann nicht leugnen, dass mir ihre Selbstsicherheit imponiert. "Sie ist eine Ahnung dessen, wie Matilde einmal gewesen sein muss ... wie sie wieder hätte werden sollen: stark und unabhängig. Ayana ist bereit alles zu tun, um ihre Ziele zu erreichen. Nur welche Ziele sind dies? Und wird sie bereit sein, von mir zu lernen ... einen neuen Weg zu gehen? Wenn nötig alten Götzen abzuschwören?"

"Wir werden sehen, wie wir miteinander zurechtkommen. ... Dein Dienst für mich wird zunächst einmal darin bestehen, mir von Dir zu erzählen, von Deinem Leben, Deinen Fähigkeiten, Deinen bisherigen Lehrern oder Meistern, was Dich tatsächlich zu mir geführt hat. Ich muss Dich kennen, bevor ich Dir etwas zurückgeben kann.

Du wirst also tatsächlich in einer Beziehung dienen müssen: Du wirst Dich meinen Weisungen und Regeln beugen müssen, wirst akzeptieren müssen, was ich Dir auftrage ...

Wir werden einander Vertrauen müssen. Verstehst Du mich? Noch kann ich Dir nicht vertrauen und eine gemeinsame Nacht könnte daran nichts ändern. Ich bin zu alt, um mich von körperlichen Genüssen noch um den Verstand bringen zu lassen. Und gesund wäre es für mich vermutlich auch nicht. Vor allen bin ich jedoch hoffentlich zu klug, um mich noch wie ein Gockel aufzuführen.

Und ich glaube, Du bist zu klug, um das nicht zu erkennen! Andernfalls wärst Du nutzlos für mich. Also benutze Deinen Kopf, nicht Deinen Körper, um mich zu beeindrucken."

Ich versuche, meine Worte zwar bestimmt, aber nicht zu scharf klingen zu lassen.

Dann zeige ich Ayana ihr Zimmer ... Cainnechs altes Zimmer ... direkt neben meinem. Die wenigen Habseligkeiten von Cainnech sind ohnehin zusammengepackt, so dass ich sie mitnehmen kann. Das Bett ist dennoch bezogen und nur mit einem Leinentuch abgedeckt. Ich zeige Ayana die Waschmöglichkeiten und was sonst im Alltagsleben von Bedeutung ist. Dann lasse ich Sie auf ihrem Zimmer allein und wünsche ihr eine gute Nacht.

Nochmals kontrolliere ich, dass mein Arbeitszimmer gesichert ist. Erst dann verlasse ich das Manor durch den Nebeneingang, durch den Braddock von ein paar Stunden gekommen ist, und begebe mich zu Ove und Kristine. Dort ist alles verriegelt: Die Fensterläden sind geschlossen. Auf mein Klopfen höre ich, wie der Schlüssel herumgedreht wird. Mir kommen Zweifel, ob uns Schloss und Riegel schützen können, aber einen besseren Rat wüßte ich im Augenblick auch nicht.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 29.10.2016 | 14:09
Ich bin gerade damit fertig geworden Harry und Kristine die drängensten Fragen zu beantworten, die Fensterläden zu schließen und zu verriegeln und Harry zu überzeugen heute hier zu bleiben. Ich vermute, dass er nur hier geblieben ist, weil er sich um unseren Geisteszustand sorgt. Vermutlich noch mehr um meinen als um den von Kristine. Aber das ist mir egal. Ich bin froh noch jemanden im Haus zu wissen, der auf unserer Seite steht. Ich habe keine andere Wahl als Harry zu unterstellen, dass er auf unserer Seite ist. Wenigesten wird er wohl mehr auf unserer Seite stehen, als auf der irgendwelcher wirrer Abgott-Anbeter. Und ob ich Clive noch trauen kann, kann ich gerade nicht beantworten. Zu viele Antworten ist er mir schuldig geblieben.

Ich habe den Revolver von Collins bei mir und ich habe noch eine Hand voll normaler Kugeln dabei. Ich hatte allerdings noch nicht die Zeit und Ruhe diese an Stelle der von Collins geladenen Kugeln auszutauschen. Vielleicht will ich es auch gar nicht, weil mir seine verwirrenden Worte und sein Schutzversprechen vielleicht doch etwas Vertrauen schenkten.

Habe ich die Freiheit an seinen Worten zu zweifeln?

Kann man es sich leisten dem Feuerwehrmann zu misstrauen, der einem versucht klar zu machen, dass man in seiner Wohnung nicht mehr sicher ist, weil es im Stockwerk darüber brennt?!


Ich habe Kristine überzeugen können, dass sie meine Pistole nehmen soll. Die handliche Faustfeuerwaffe, die ich noch aus meiner Zeit bei Kilmister und Stratton habe. Hoffentlich wird sie diese nie brauchen.

Ich bin gerade dabei die Haustür ein zweites mal zu überprüfen, als ich einen Schemen durch unseren Garten gehen sehe. Ich schrecke kurz zusammen. Ich schaue ich durch einen Spalt im Fensterladen und meine Clive zu erkennen, wie er auf die Haustür zuhält. Je näher er kommt, desto deutlicher erkenne ich ihn. Er sieht nicht gut aus.

Als er klopft, warte ich einen Moment. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn hineinlassen sollte. Ich noch immer wütend, aber er schuldet mir zu viele Antworten, als dass ich es mir erlauben könnte ihn nun abzuweisen. Ist er doch der einzige echte Verbündete, der über alles bescheid weiß und mir jetzt gerade geblieben ist. Erneut frage ich mich, wo Matilde nun ist.
Das ist also auch noch seine Frage, auf die Clive mir eine Antwort liefern könnte, wenn nicht gar sollte.

Schließlich drehe ich den Schlüssel im Schloss herum und öffne den zusätzlichen Riegel. Ich fühle unnötiger Weise erneut nach, ob ich Collins Revolver noch immer bei mir habe - ja.
Dann öffne ich die Tür, und bitte Clive mit einer knappen Geste ins Haus.

Er bedankt sich ebenso knapp und wortlos mit einer Geste und tritt ein. Er sieht älter aus, als gestern. Viel älter.

Ich schließe und verriegel die Tür sofort wieder. Ich vermeide es dabei Clive anzusehen.
Dann wende ich mich ihm wieder zu - hinundhergerissen, ob ich ihn anbrüllen sollte, so tun sollte als wäre nichts oder ihn gleich wieder rauswerfen sollte. Oder sollte ich einfach nur nüchtern nach Antworten verlangen?

Ich kann mich nicht entscheiden. Ich bitte Clive zunächst in die Küche. Dort sitzt Harry noch immer vor einer inzwischen erkalteten Tasse Tee. Kristine hat sich im Nebenzimmer auf einen Sessel gesetzt. Sie ist inzwischen in einen unruhigen Schlaf gefallen. Sie zuckt immer wieder zusammen und gibt leise Stöhnlaute von sich. Es ist ein Anblick an den ich mich gewöhnt habe, auch wenn es mir jedes Mal wieder das Herz aus dem Körper zu reißen scheint, wenn ich sie so sehe.
Dieser Tag hat sie erneut sehr angestrengt und ermüdet. Sie sollte vermutlich ins Bett gehen, doch kann ich nur zu gut verstehen, dass sie nicht alleine im Obergeschoss sein mag.

Harry schaut auf und fragt sofort, ob er gehen soll.
"Nein! Bleib bitte hier", sage ich nur knapp.

Dann drehe ich mich zu Clive: "Setz dich!"
Ich sage es nicht im Befehlston und doch fehlt meinen Worten die sonst bei einem guten Freund als Gast gebotene Wärme und Freundlichkeit. Ich klinge als würde ich mit einem Fremden oder gar einem Vertreter reden.

Dann setze ich Tee Wasser auf. Es dauert eine Weile, bis das Wasser kocht. Solange sage ich nichts. Und auch Clive und Harry scheinen die Worte zu fehlen.
Als der Tee vor uns zieht setze ich mich ebenfalls.
Ich falte meine Hände. Ringe mit ihnen und lehne mich dabei im Stuhl zurück.
 
Ich habe mir viele Fragen überlegt. Vieles ist mir durch den Kopf geangen.

Dann lehne ich mich wieder etwas vor, lege meine Hände ruhig auf die Taschplatte, schaue Clive in die Augen und frage:

"Nun?"



Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 2.11.2016 | 19:03
Clive

Ich spüre den gereizten Unterton in Oves Worten. Seine Verärgerung ist greifbar. Es wird nicht einfach werden, ihn zu beruhigen, denn sein Zorn basiert auf Angst. Angst vor dem Unbekannten und vor allem Angst um Kristine...

Harry Blackberry ist mir weitgehend fremd. Ich kenne ihn nur flüchtig. Es ist mir unangenehm, vor ihm über die Ereignisse zu reden. Ich bin mir unsicher, wie sehr ich ihm vertrauen kann. Es ist nicht zu erwarten, dass er meinen Worten überhaupt glauben schenkt. Vermutlich wird er mich für einen Irren halten und am liebsten einweisen lassen. Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass Ove Mr. Blackberry gerade deshalb bittet zu bleiben, um mir die Situation ruhig ein wenig schwerer zu machen. Vielleicht will er mir auch einfach zeigen, dass er Blackberry mehr vertraut als mir.

Ich rufe mir in Erinnerung, wie unterschiedlich mein Lebensweg von dem Oves ist. Vermutlich ist es Ove überhaupt nicht möglich, meine Entscheidungen nachzuvollziehen oder gar zu billigen.

Mir bleibt nur, so viele Karten auf den Tisch zu legen, dass Ove eine Chance hat, meine Verhalten zu verstehen.

Für die Dauer meiner Überlegungen hängt ein unschlüssiges Schweigen im Raum.

Dann beginne ich langsam und stockend:

"Nun, Ove, ... Du bist offensichtlich verärgert über mich. ... Vermutlich weil ich Ayana nicht fortgeschickt habe. ... Ich begreife das. Du willst verstehen, warum ich so entschieden habe. Du hast ein Recht auf eine Erklärung ... und Kristine auch. Aber es ist nicht eben wenig, was Du von mir erwartest! Um mich wirklich verstehen zu können, müsste ich Dir sehr viel aus meiner Vergangenheit erzählen ... und selbst dann wäre es nur ein Bericht, der nur ein schwaches Abbild der Ereignisse darstellen könnte.


Ich könnte an Deine Ehre appelieren und darauf hinweisen, dass Ayana nur eine einzelne Frau ist, vor der ein Mann sich nicht zu fürchten braucht. Ich könnte auf Lunis Instinkte verweisen und darauf, wie zutraulich er zu dieser Frau war. Eine Frau zudem, die in diesem Land für jeden erkennbar fremd ist. Eine schöne Frau, die kein Gentleman bei einem solchen Unwetter und bei Einbruch der Nacht schutzlos ins Freie jagd. ...

Aber wir wissen beide, dass Ayana sehr genau weiß, was sie tut, und wahrscheinlich gefährlicher ist als jeder hiesige Mann, der sich gegen ihren Willen an ihr zu vergreifen versuchen könnte. Solche Kerle würden vermutlich in größerer Gefahr schweben als Ayana.


Ich denke, Du kennst mich auch gut genug, dass ich Ayana nicht aus unmoralischen Motiven heraus bei mir behalten habe. Auch wenn ich einräumen muss, dass sie etwas in mir berührt ...


Was waren also meine Gründe?"

Ich halte eine Weile inne und überlege. Es ist schwer, eine spontane Entscheidung zu erklären, die vor allem auf einem Gefühl basiert, selbst wenn dieses Gefühl seinerseits wieder das Ergebnis einer Fülle von Erlebnissen ist. "Weiß ich selbst überhaupt, warum ich Ayana aufgenommen habe?"


"Ove, ich kannte Dich nur flüchtig und Kristine überhaupt nicht, als ich Euch hier aufgenommen habe. Das wenige, was ich von Euch wusste, reichte mir, Euch hierher einzuladen.

So bin ich mein ganzes Leben zumeist verfahren: Ich habe sehr schnell Menschen eingeschätzt und ich habe mich selten geirrt.

Hat Dir Matilde einmal von Herm (http://scontent.cdninstagram.com/t51.2885-15/s480x480/e35/14449334_132876187176493_6261043890627805184_n.jpg?ig_cache_key=MTM1NzQxMjkyNTk0NTY0OTkzOA%3D%3D.2) erzählt ... wie wir uns kennengelernt haben? Nein? Also, wir waren dort beide im Böcklin Haus, einer Klinik. Wir waren damals beide auf der Flucht ... irgendwie. Matilde vor 'La Main Droit' und ich vor ... etwas, das man schwer in Worte fassen kann und von dem ich glaube, dass es mich seit Jahrzehnten beharrlich sucht.

Ich hatte mir mit dem Böcklin Haus (http://www.ormerod.uk.net/Places/Ormerod/Ormerod_House_Pictures/Ormerod_Entrance_Hall.jpg) den abgelegendsten Ort gesucht, den ich finden konnte, um zumindest eine Weile, vielleicht sogar für immer von der Bildfläche zu verschwinden. Ein Ort, an dem jeder Neuankömmling sofort auffallen würde. Ein Haus auf einer Insel, nicht viel mehr als ein karger Felsen im Meer. Auch in der Klinik habe ich lange keinen Kontakt zu anderen Gästen aufgenommen. Ich wollte mich frei machen von allen äußeren Einflüssen ... von Farben, dem zunehmenden Lärm der Menschen in den Städten, dem Trubel. Ich hätte auch in ein Kloster gehen können ... aber das schien mir unpassend, drehten sich meine Gedanken doch vor allem um Erkenntnisse über heidnische ... zutiefst unchristliche Lehren, die ich auf meinen Reisen gewonnen hatte.

Auf Herm kam es zu ... Anomalien ... die Realität schien sich irgendwie zu verschieben. Der Klinikleiter, Dr. Livingstone (http://images4.fanpop.com/image/photos/17300000/Christopher-Lee-christopher-lee-17378721-440-560.jpg), sprach plötzlich in einer fremdartigen Sprache ... Ich habe schon so manche Sprache gehört, aber keine wie diese! Ich war nicht der Einzige, der das bemerkte. Auch Paul Anderson, ein Patient, den ich wenige Minuten zuvor kennengelernt hatte, nahm dies wahr. Und wir hörten eine Frau schreien. Wie sich später herausstellte, war das Matilde. Paul erkannte ihre Stimme sofort und war sehr besorgt. Paul ... liebte Matilde ... auf eine schmerzhafte, hoffnungslose Weise.

Ich bin Paul gefolgt, lernte Matilde kennen und überstand mit ihnen die nächsten Stunden, in denen fast alle Bewohner der Insel verschwunden waren. Sie waren einfach fort, als hätte sich die Realität wie die Schienen bei einer Weiche aufgespalten und unser Wagon hätte sich losgerissen, um auf dem falschen Gleis weiterzufahren ... Die ganze Insel machte diese Veränderung durch ... die Tiere ... waren tot und lebten doch ... der Wind in den Bäumen wisperte mir zu ... Mehrere Menschen verschanden an diesem Tag ... oder starben. Unter ihnen auch Paul. ..."

Ich werfe einen vorsichtigen Seitenblick auf Harry Blackberry, als ich merke, was ich hier erzähle und mir bewusst wird, wie unglaubhaft das alles klingen muss.

"Aber ich schweife ab. Was ich sagen will: Wir waren in einer Notlage und ich habe Matilde und Paul vom ersten Augenblick vertraut. Es bedurfte keiner Worte dafür. Ich WUSSTE einfach, woran ich mit ihnen war. Das war für mich ganz selbstverständlich. Ich habe keinen Moment gezweifelt. Und ich wusste, wem ich NICHT trauen konnte."

Meine Züge verhärten sich, als das immer noch verschwommene Bild von Amandas Gesicht (http://www.welt.de/img/psychologie/crop127929502/6246939182-ci3x2l-w900/Disfigured-2-.jpg) in meiner Erinnerung erscheint. Gleichzeitig merke ich, wie mich noch heute ein Schauder packt, wenn ich an Amanda ... an Annephis ... denke. Ich wische die Erinnerung mühsam fort.


"Ayana hat einen starken Willen. ... Ein wenig so wie Matilde ... bevor ... nun, bevor sie ..." "... sich aufgab?"

Ich blicke Ove direkt in die Augen. "Matilde ist fort, Ove! ... Ich glaube nicht, dass ich sie wiedersehen werde! Es ist nur ein Gefühl ... aber Paul war ganze sechs Jahre fort, bevor er heute plötzlich im Dorf erschien. Sechs Jahre wie vom Erdboden verschwunden ... ohne irgendeine Spur zu hinterlassen ... ohne dass es für ihn einen Möglichkeit gegeben hätte, die Insel zu verlassen. Da war kein Schiff und kein Flugzeug ... rein garnichts.

Heute haben sich hier merkwürdige Dinge ereignet, die mich an Herm erinnert haben: Die Veränderung der Pflanzen ... die Farben ... das merkwürdige Verhalten der Dorfbewohner. Das waren nicht alles Zufälle! Wie sonst hätte Paul hier plötzlich erscheinen sollen, wenn es keine Verbindung zu den Ereignissen auf Herm gibt? Und wie hätten die Fremden hierher gelangen können ... alle zur gleichen Zeit?

Ich glaube, Paul hat Matilde mit sich genommen. Wo auch immer sie nun ist, ich hoffe es geht ihr dort gut ... besser als hier ... und sie findet sich selbst wieder."

Noch einmal verliere ich mich für einen Moment in der Vorstellung einer gemeinsamen Zukunft mit Matilde (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/88/9d/56/889d56a5a3bc73e1babc52cfc6fec13d.jpg) auf dem Manor. Ich brauchen einen Augenblick, um den roten Faden in meinen Ausführungen wiederzufinden.

"Matilde ist fort. Und mir bleibt nicht mehr viel Zeit, Ove. Ich bin alt ... und krank. Mein Körper ist ausgelaugt von den Jahren. Ich brauche jemanden, mit dem ich mein Wissen und meine Erlebnisse teilen kann." Ich vermeide es, Ove bei diesen Worten anzusehen. "Ove ist nicht der Mensch, der von den Schrecken hören möchte, um die ich weiß. Er ist nicht der Mensch, der mit dem Wissen umgehen könnte. Wenn er ehrlich zu sich selbst ist, wird er das selbst erkennen. Und doch könnten ihn meine Worte verletzen."

"Und Ayana könnte so ein Mensch sein ... Sie könnte stark genug sein! Ich weiß es nicht. Noch nicht. Aber ich möchte es herausfinden, kannst Du das verstehen?

Möglicherweise verfolgt sie im Moment keine Ziele, die wir als ... 'gut' oder 'nobel' bezeichnenen würden. Und ihr Benehmen ... entspricht nicht unseren hiesigen Vorstellungen von Moral. Sicher! ... Aber, dürfen wir sie überhaupt an diesen christlichen, europäischen Maßstäben messen, Ove? Bedenke woher sie stammt und wer sie ist! Sie verkörpert eine ganz andere Kultur und ich lehne es ab, diese als primitiv abzutun, nur weil der Wissenschatz solcher Kulturen sich von unserem unterscheidet!

Wir können nicht wissen, was Ayana zu dem Menschen gemacht hat, den wir heute hier kennengelernt zu haben glauben. ... Du kannst Dir nicht ausmahlen, wie sehr der schwarze Kontinent einen Menschen formen ... und verändern kann. ..." Wieder strömen Erinnerungen aus Afrika auf mich ein und meine Mimik spiegelt die Anstrengung deutlich wieder.

"Sie hat diese ... Veränderungen ... genutzt, um hier her zu kommen. Vielleicht kann sie mir helfen, die Ereignisse hier und auf Herm zu verstehen. Vielleicht kann sie mir helfen, etwas über Matildes Verbleib herauszufinden.

Ich möchte Ayana einfach kennenlernen. Etwas sagt mir, dass Ayana ANDERS ist als Karim oder Collins oder die deutschen Zwillinge. Sie ist MEHR. Sie befolgt nicht nur Befehle. Auch wenn sie jemand hergeschickt haben mag, handelt sie eigenständig. Sie ist nicht so ... servil ... ja, sklavisch, wie die anderen. Das lässt sie bedrohlicher wirken ... aber es macht sie auch wertvoller!

Urteilen wir nicht vorschnell über diese Frau, so fremd sie Dir auch erscheinen mag. Ich möchte herausfinden ... ob ich sie noch anleiten und auf den rechten Weg führen kann ..." "... oder ob sie mächtiger ist als ich."

"Wir können noch nicht einmal behaupten, Ayana in den wenigen Minuten 'kennengelernt' zu haben. Also bleibt uns nur unser Gefühl. ... Und mein Gefühl sagt mir, dass ich sie nicht fortschicken sollte ... anders als bei Matilde und Paul ... und doch irgendwie ähnlich."


"So ist es mir mit anderen Menschen in meinem Leben oft gegangen. Meine teuersten Freundschaften habe ich in wenigen Augenblicken geschlossen."

Ich denke an Ruairí und an Cainnech und an all die anderen toten Gesichter meiner Vergangenheit.

"Als ich jung war, mein Studium abgeschlossen und eine Erbschaft gemacht hatte, begann ich mit meinen Reisen. Das war Ende des vorigen Jahrhunderts. Ich habe die ganze Welt umsegelt, ferne Länder besucht, die man sonst nur aus Büchern kennt, ... und ich habe auch solche Orte gesehen, die noch auf keiner Landkarte verzeichnet waren oder deren Darstellung alleine auf Vermutungen und Gerüchten basierten ... in Afrika, in Asien und in Südamerika. Ich lernte unter anderem Sir Roger Casement ... oder Ruairí Dáithí Mac Easmainn, wie er tatsächlich hieß ... kennen. Auch diese Freundschaft entstand in Sekunden. Ruairí fragte mich und ich begleite ihn auf seiner berühmten Expedition im Auftrag der britischen Regierung in den Kongo ... Ich war damals noch jung und diese Reise veränderte mein ganzes Leben. ..."

Ich halte einen Augenblick inne und mein Blick schweift durch Oves realen Körper hindurch an weit entfernte Orte in eine lang vergangene Zeit.

"Es ist ... eine Qual, sich an diese Reise zu erinnern und sich den schrecklichen Bildern jener Tage zu stellen ... und doch vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht dorthin zurückkehren würde ...

Du weißt, ich war im Großen Krieg. Zu Beginn des Krieges befand ich mich im Osmanischen Reich. Später war ich in Flandern und habe den ganzen Schrecken des Krieges erlebt ... Es war schlimm. Menschen verwandelten sich in gesichtslose Monstren (http://www1.wdr.de/radio/wdr5/giftgas104~_v-gseapremiumxl.jpg). Ein Kommandeur (http://media.gettyimages.com/photos/field-marshal-douglas-haig-reviewing-canadian-troops-drocourtqueant-picture-id463957939), der ... in seinem militärischen Ehrgeiz ... Grenzen überschritt ... Überall Tote und Sterbende (https://archiveowl.files.wordpress.com/2014/09/vogt-schc3bctzengraben-tote.jpg) ..."
Ich halte kurz inne und mein Mund formt still die Worte: "Mkubwa Mkongwe Moja Mchinjaji"
"Ich konnte vielen nicht helfen (http://www.stahlgewitter.com/02.jpg), weil meine Kräfte nicht reichten, weil die Versorgung mit Medikamenten und Verbandsmaterial unzureichend war oder weil das Gas keine Chance auf Heilung gewährte (http://polpix.sueddeutsche.com/polopoly_fs/1.1942170.1398246157!/httpImage/image.jpg_gen/derivatives/900x600/image.jpg).

Aber Flandern war ... nichts ... im Vergleich ... zum Kongo ...

Vielleicht empfinde ich das nur aus dem Grunde so, weil ich in Flandern älter war und schon so viel Leid davor gesehen hatte." Ich fühle mich plötzlich sehr müde und streiche mir über das Gesicht. "Ja, vielleicht ...", versuche ich mich selbst zu überzeugen.

Ich schüttele resigniert den Kopf, als könnte ich damit die Geister der Vergangenheit vertreiben.

"Der Kongo hat mich damals verändert. ... Er hat mich BERÜHRT!" Mich schaudert angesichts der Mehrdeutigkeit dieser Aussage und ich verdränge das Bild der pulsierenden schwarzen Adern aus meinen Gedanken.

"Ayana erinnert mich an eine Begebenheit im Kongo ...
... an eine afrikanische Frau ...
... den TOD einer afrikanischen Frau. ...
... Ich habe noch eine Rechnung offen ... eine Schuld zu begleichen, weil ich dieser Frau nicht helfen konnte ...
... und ich habe das Gefühl, dass Ayana der Schlüssel sein könnte, um diese Fessel zu lösen, die ich seit bald vierzig Jahren mit mir herumschleppe."

 
Ich blicke Ove ernst an:

"Ich verstehe es, wenn Du weglaufen möchtest ... wenn Du mit Kristine schnellstmöglich das Weite suchst ... Ihr beiden seid noch jung! Und ich selbst bin die meiste Zeit meines Lebens davongelaufen ... vor meine Erinnerungen ... vor dem, was ich im Kongo gefunden habe ... vor dem Tod.

Aber mein Weg ist bald zuende. ... Ich will nicht mehr fortlaufen.

Ich habe mich dem Tod im Pentonville Prison gestellt und ihm getrotzt. Und ich habe daraus gelernt, dass ich mit der Vergangenheit nur abschließen kann, wenn ich ihr entgegentrete, nicht wenn ich davonlaufe. Was bedeutet es für mich schon noch, wenn ich durch eine Flucht noch paar Monate oder wenige Jahre gewinnen sollte? Was ich will, sind Antworten! Ich will verstehen, was in London geschehen ist und davor. Ich will wissen, warum 'La Main Droit' Matilde verfolgt und gequält hat, damit ich ihr vielleicht doch noch helfen kann. Ich will wissen, was in der Änderungsschneiderei mit mir geschehen ist. Ich will WISSEN! ... Und glaube mir, niemand ist sich mehr bewusst als ich, dass das WISSEN, nach dem ich strebe, keine Heilsbotschaft ist. ..."

"Nein, es ist ein VIRUS ... ohne Chance auf Heilung!", stelle ich nur in Gedanken klar. An Ove gewandt resümiere ich lediglich:

"... Aber ich kann nicht so weitermachen wie bisher. Ich bereue es, mein Leben lang fortgelaufen zu sein.

Du musst entscheiden, ob Du um den Moment willen fliehen willst oder ob Du der Gefahr ins Auge blicken und kämpfen willst. Egal, wie Du Dich entscheidest, ich werde Dich verstehen und Dir helfen, wenn ich es vermag. Du kannst mit Kristine fortgehen ... aber ... es tut mir aufrichtig leid, Dir das sagen zu müssen ... wo auch immer Ihr hingeht ... ich fürchte, das hier wird Euch früher oder später wieder einholen.

Ihr würdet ÜBERLEBEN, aber Ihr könntet nie wirklich LEBEN. Ihr würdet immer fruchtsam über Eure Schultern blicken und könntet an keinem Ort in Ruhe etwas Beständiges aufbauen."

"Wie soll man auf der Flucht an Kinder denken? Wie kann man auf der Flucht eine Liebe leben? Ich konnte es nicht ...", erinnere ich mich.

"Glaub mir, ich weiß wovon ich rede!", schließe ich traurig meinen Monolog, worauf es am Tisch still wird. Erst nach einer kleinen Weile traue ich mich, Ove wieder in die Augen zu sehen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 24.11.2016 | 18:23
Endlich fängt Clive an zu reden. Doch schnell merke ich, dass ich nicht zu hören will. Ich will nicht hören, was er da sagt. Ich kann es nicht glauben, ich will es nicht glauben.
Ich verkrampfe. Ich möchte ihn unterbrechen. Doch merke ich, dass er sich öffnen will, dass er erklären WILL. Auch wenn seine Erklärungen in mir nur den Drang erhöhen ihn wach zu schütteln und zu sagen, dass es die Einbildung eines senilen alten Mannes ist, der sich ein Traumschloss herbeigedacht hat.

Doch ich kann es nicht.
Er hat sich mir noch  nie so geöffnet. Tatsächlich hat er sich so gut wie gar nicht geöffnet. Er hat eher berichtet. Wie ein Naturforscher einen Bericht abhält. Er erzählte knapp und ohne viel Emotionen. So von dem was ihm und Matilde vor wenigen Jahren in London passiert ist. Und danach berichtete er ebenso nüchtern von Irland. Allerdings ließ seine Art der Erzählung zumindest den Schluss zu, dass er Irland sehr tief verbunden ist und war. Aber er hat sich nie emotional geöffnet. Und genau das lässt mich fasziniert zuhören, meine Wut mehr und mehr vergessen und fängt mich ein.

Nach langem Schweigen, das den Tisch und den Raum ergriffen hat, nachdem Clive endete, setze ich an.

"Clive... Danke!"


"Danke, für deine Offenheit. Ich habe noch immer viele Fragen, sehr viele... es sind sogar mehr geworden. Zum Beispiel diese: Wieso und wohin ist Matilde gegangen? "

Bevor Clive zu einer Antwort ansetzen kann, fahre ich fort:
"Ich vermute du weißt es selber nicht so genau. Aber ... Clive. Du lässt diese Frau... und mir ist es dabei egal... ernsthaft egal, welche Hautfarbe sie hat.... aber du lässt diese Frau hier übernachten. An einem Tag voller sehr vieler, verstörender...", ich betone dieses Wort, "...ZUFÄLLE! Du scheinst in ihr eine Möglichkeit der Erlösung oder der Wiedergutmachung zu sehen. Aber woran machst du das fest? An deinem BAUCHgefühl? An deinem reichlichen Erfahrungsschatz im Umgang mit Personen? All diese Personen, die heute zu Besuch kamen - außer Harry - sind mindestens von zweilhafter Glaubwürdigkeit ... oder noch erschreckender... von beängstigendem Antrieb gesteuert.

Und du sagst selbst, dass diese Frau vermutlich die gefährlichste von allen ist. Ich neige dazu diese Leute als Spinner zu bezeichnen, aber nach allem was vorgefallen ist, in den letzten Jahren und heute und zusammen mit dem was du erzählt hast, ist VIEL mehr dran an dem was sie sagen, als ich mir eingestehen möchte. Ich muss damit zu leben lernen. Einen Weg finden damit umzugehen. Das schaffe ich aber nicht heute abend... dazu brauche ich mindestens .... " Ein Leben? Ein Jahr? Ein Jahrzehnt? Eine Nacht? Ich weiß es nicht

"... dazu brauche ich Zeit.
Aber der Punkt ist: Diese Frau ist die berechnendste, vermutlich gefährlichste Person all diese "Jünger". Und lässt sie sich hier nicht nur einnisten. Du hofierst sie. Weil du dir von ihr Erlösung versprichst."
Auch wenn ich das Wort einnisten mit Absicht gewählt habe, so ist meine Schlussfolgerung über die Erlösung nicht als Vorwurf formuliert. Es ist lediglich eine Feststellung, in neutralem Ton formuliert.

"Aber... hast du mal darüber nachgedacht, dass Ayana oder wer auch immer diese Frau wirklich ist, genau DESHALB hier ist? Sie sticht aus der Masse aller heraus, sie ist dreist, sie spricht dich genau an... sie berechnet. Sie weiß genau was sie tut... und vielleicht will sie nicht dich, nicht etwas ... ein Ding ... sondern dein Wissen?!

Clive, ich weiß... oder zumindest ahne ich es ... ich kann von deiner Entscheidung nicht abbringen."
Ich hatte vor seinem Monolog gehofft er würde es selbst einsehen. Doch das ist nun nicht mal mehr eine Utopie. Das wird nicht machbar sein.

"Aber bitte ... mach nichts, nur weil du das Gefühl einer Verpflichtung hast. Du hast keine Verpflichtung. Nicht zu dieser Person. Zu niemanden dieser Leute, die uns heute unaufgefordert 'besucht' haben. Du hast eine Verpflichtung dir selbst gegenüber. Und wenn dein Wissen so wichtig ist, so gib es nicht leichtfertig her.

Wenn wir... nein!"
Ich kann nicht für die anderen sprechen. Nicht in einer so wichtigen Sache.

"Wenn ICH dir helfen kann... egal wie. Werde ich es tun. Aber ich kann nicht gegen meine Überzeugungen handeln... ebenso wenig, wie du es wohl kannst. Aber gib mir zumindest das Gefühl, dass du dir die Sache gut überlegst.

Rede nicht vom Ende deines Lebens, wenn bis dahin noch Zeit ist. Lass den Teufel nicht ins Haus, nur weil es dir gerade eine gute Idee schien."

Der letzte Satz tut mir leid, sobald ich ihn ausgesprochen habe, doch merke ich, dass es mir wichtig war es zu sagen... vielleicht sogar es so zu sagen.

"Es tut mir leid. Das war unangebracht. Aber ich kann mein Unbehagen nicht verstecken. Heute gab es viel zu viele Zufälle. Zu vieles kam zusammen, als dass ich dem ganzen etwas Gutes abgewinnen könnte."

Ich habe noch viele, viele Fragen, aber am wichtigsten ist mir die Antwort, die ich von Clive nun erwarte.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 24.11.2016 | 20:40
Clive

"Wie soll ich nicht über das Ende meines Lebens nachdenken, wenn ich dem Tod heute ins Auge geblickt habe?", denke ich und streiche mir dabei unbewusst über die Brust, die noch immer schmerzfrei ist. "Noch schlägt es ... NOCH ... aber wie lange noch?"

"Du hast Recht, wenn Du Unbehagen empfindest Ove. Und ich glaube - wie gesagt - nicht an Zufälle, was die heutigen Ereignisse angeht.

Es muss einen Grund für die Geschehnisse des heutigen Tages geben. Und wir wissen nicht, ob es schon vorbei ist ... Wir wissen nicht, was heute nacht oder morgen geschieht. ... Wir wissen nicht, ob uns die Zeit bleibt, die Du zu brauchen meinst! Und die einzige, die uns den Schlüssel zu diesem Rätsel vielleicht geben könnte, schein mir Ayana zu sein.

Und was erwartest Du von mir? Ayana hat mir nichts getan, sondern mir bisher nur ihre Dienste angeboten. ... Soll ich diese Frau wirklich nachts in dieses Unwetter jagen?"

Mein Blick sucht Kristine in der Hoffnung, von ihr den Beistand einer mitfühlenden Frau zu erhalten.

"Sind das tatsächlich die Gründe, aus denen ich Ayana nicht fortschicken will?", überlege ich. "Sicher nicht die einzigen! Noch nicht einmal die wichtigsten!" Ich empfinde eine wachsende Verärgerung bei der Vorstellung, mich für meine Entscheidung rechtfertigen zu müssen. Oves Worte gehen mir noch einmal kurz durch den Kopf und komme für mich zu dem Schluss: "Du sagst es selbst, Ove. Ich habe keine Verpflichtung gegenüber irgendjemanden! ... Auch nicht gegenüber Dir oder Kristine! ... Wenn ich entscheide, Ayana bei mir zu behalten, dann ist das mein gutes Recht!" Aber ich schlucke diesen Impuls herunter und versuche es stattdessen weiter mit vermittelnden Worten:

"Zunächst einmal nehme ich Ayana nur bei mir auf ... Ich werde sie beobachten. Ich glaube nicht an Teufel, Ove. Das Böse wohnt nach meiner Erfahrung in den Menschen selbst, ohne dass wir einen gefallenen Engel dafür verantwortlich machen könnten! Ich werde Ayana kennenlernen. Und ich hofiere sie entgegen Deinem Eindruck ganz sicher nicht, Ove. Sie hat gesagt, dass sie mir dienen will. Du weißt, dass ich kein Mensch bin, der sich mit Dienern umgeben würde. Aber Ayana habe ich klar gesagt, dass sie mir ... und NUR MIR ALLEINE ... gehorchen muss, wenn sie bei mir bleiben will.

Es kann sein, dass ich sie schon bald fortschicke. Es kann sein, dass sie schon in den nächsten Tagen von selbst wieder verschwindet. Ich kann es nicht sagen. Und ich kann es heute nicht entscheiden. Schickte ich sie heute fort, wäre das eine endgültige Entscheidung. Wir würden möglicherweise eine Chance vergeben. Wäre das eine rationale Entscheidung? Wäre es nicht ebenso eine Entscheidung aufgrund eines Gefühls ... aus FURCHT? Dein Wunsch, Ayana fortzuschicken, ist mindestens genauso emotional, wie meiner, sie zunächst einmal aufzunehmen.

Natürlich kann es sein, dass Ayana wegen meines Wissens hier ist. Aber es ist nicht leicht, mir mein Wissen zu entlocken. Oder hast Du mich in den letzten Jahren als besonders redseligen Menschen empfunden? Ich glaube auch eigentlich nicht, dass sie mit der Absicht gekommen ist, von mir zu lernen. All die anderen 'Huldiger' sind nicht gekommen, weil Sie uns für weise, sondern weil Sie uns für 'auserwählt' hielten, was immer das bedeuten soll.

Wir sollten uns morgen früh erst einmal anhören, was Braddock uns zu sagen hat ... falls er diesmal überhaupt etwas sagt. Viel Hoffnung setze ich nicht in ihn. Aber das ist vermutlich unsere letzte Gelegenheit für ein Gespräch mit ihm. Vielleicht täusche ich mich und wir sind danach schlauer.

Ich muss morgen auch nach Marie sehen ... ob sei bei Matilde oder bei ihrer Großmutter ist. Es gibt viel zu tun."

Ich blicke einmal in die Runde. Dann ergänze ich: "Mr. Blackberry, bleiben Sie doch über Nacht hier. Ich denke, das würde Ove beruhigen. Und bei dem Wetter sollten auch Sie keinen Fuß mehr vor die Tür setzen!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 24.11.2016 | 22:21
Harry nickt Dir zu. "Vielen Dank, Doktor..."

Der Mann stutzt kurz, so als müsste er überlegen, was er als nächstes sagen soll. Ein verlegenes Lächeln, dann erhebt sich Blackberry und kratzt sich gedankenverloren am Kinn. Wieder ein verlegenes Lächeln, nur diesmal noch gekünstelter und unbeholfener als zuvor. "Nach allem, was ich gehört habe, bzw. was ich glaube davon verstanden zu haben, wäre das Schicksal des Ertrinkens eine möglicherweise erstrebenswerte Alternative zu einer Übernachtung."

"Und dennoch, meine professionelle Neugierde ist wahrhaftig geweckt. Ich bin darum mehr als interessiert, wie es weitergeht und was noch geschehen wird."

"Ausserdem... Wenn ich jetzt noch raus müsste, würden mir wohl Schwimmhäute und Kiemen wachsen."

Erneut ein unbeholfenes Lächeln. "Ich würde mich in der Tat über ein Zimmer hier bei Ihnen freuen, Doktor, obwohl ich nicht glaube, dass ich ein Bett benötigen werde. Ich habe über vieles nachzudenken und werde wohl kaum einen erholsamen Schlaf finden. Ich habe über zu vieles nachzudenken."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 25.11.2016 | 17:22
"Harry, da bist du nicht der einzige. Ich müsste über so vieles nachdenken. Aber ich weiß nichtmal, wo ich anfangen sollte.

Clive. Du bist mir keine Erklärung schuldig... und es tut mir leid, dass ich dich dazu gedrängt habe. Das steht mir nicht zu. Und meine Angst, scheint mir auch übertrieben. Aber ... Clive, du weißt selbst, was vor 3 Jahren alles passiert ist. Und ... ich hatte doch so inständig gehofft, dass es hinter uns wäre. Ich habe nicht gedacht, dass ich mich in der Hinsicht als derartig naiv ansehen muss. Ich WUSSTE, dass es uns nie loslassen wird. So wie das Jucken in meiner Hand nie wirklich aufgehört hat. Aber ... ich hatte gehofft. Und der heutige Tag hat mir diese Hoffnung zu einem großen Teil genommen. Aber noch ist nichts klar. Wir wissen nicht, was Ayana will. Ob wir es je erfahren werden, weiß ich nicht. Doch wie du sagst, sollten wir ihr die Chance geben.

Wir sollten aber mit allem rechnen."

Wir sollten auf alles vorbereitet sein. Aber... was auch immer diese Besucher erzählt haben... ich habe das Gefühl darauf werden wir nie vorbereitet sein können. Zu wenig wissen wir. Zu gering sind unsere Mittel. Aber versuchen.... versuchen müssen wir es. Das sind wir uns und unseren Freunden schuldig.
Ich schaue Kristine an. Ich stehe auf und lege ihr meinen Arm um die Schultern.

"Clive, ich weiß es ist schon spät. Doch... ich muss das noch fragen. Weißt du etwas über die Dinge, von denen die Besucher gesprochen haben? Diesen "Azza-tohd"? Und was es mit der Flöte auf sich hat? Sagt dir das etwas? Siehst du da zusammenhänge zu dem etwas, was uns verbindet? Dieser Collins hat mich aufgesucht und mir davon erzählt. Aber es ergab so wenig Sinn, was er sagte."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.11.2016 | 01:11
"Doktor Savage?"

"Ich hätte da noch zwei kleine Bitten, wenn es nicht zu viel Mühe bereitet. Das Zimmer sollte von Innen zu verriegeln oder abschliessbar sein. Und als zweites benötige ich für das Zimmer noch einen möglichst massiven Stuhl mit einer hohen Lehne."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 27.11.2016 | 20:11
Clive

Zuerst gehe ich auf die einfachere Frage ein:

"Das sollte sich machen lassen, Mr. Blackberry. Aber wenn Sie sich hier sicherer fühlen, wird sicher auch Ove Ihnen ein Zimmer herrichten. Dieser Trakt des Hauses kann von den anderen Teilen vollständig abgeriegelt werden."

Auf Oves Frage zu antworten, erscheint mir schwieriger:

"Ganz ehrlich, Ove, ich weiß es nicht. ... Ich kann nur rätseln. ... Aber wie sollte da keine Verbindung existieren? Ich sagte es schon: ich glaube bei den heutigen Geschehnissen nicht an Zufälle. ...

Trotzdem glaube ich, dass die Geschehnisse schon viel früher ihren Anfang genommen haben, auf Herm oder noch eher, vielleicht in Matildes Vergangenheit. Du ... und vielleicht auch ich ... wir sind möglicherweise nur in Eregnisse hereingezogen worden, die viel früher begannen."

Ich denke an die Fundstücke von der Insel: an die Anbetung auf dem Ziegenleder (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24251-nightmare-files-kapitel-6-der-lachende-tod/?p=422118), die vielen Hinweise auf Gebirgsreisen ... wenn auch nicht nach Tibet, die astronomischen Forschungen des Dr. M.D. Ludwig Theodor Wilfried von Wittgenstein und meine damaligen Zweifel an deren Qualität, die Zeichnungen des Dr. Dr. Hawthorne (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24251-nightmare-files-kapitel-6-der-lachende-tod/?p=421817), das Pergament mit dem Zauber (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24672-nightmare-files-kapitel-7-immer-a-l-ein/?p=427239) der Annephis bzw. Joanne Smith ... alles wohl gehütet und sicher verwahrt  ... bis heute.

Ich denke an die damaligen Hinweise auf 'ny'Ar La Hotep' und die enge Verbindung, die - wie unterschiedlich sie auch gedeutet wird - zwischen Nyarlathothep und dem Dämonenfürsten Azathoth bestehen soll.

Und dann, seit meiner letzten Reise nach London, seit jenem Ereignis in der Schneiderei, wandte ich plötzlich meine Konzentration vor allem auf Yog Sothoth. Als würde ich von einer inneren Stimme dazu getrieben ... aber da war keine Stimme ... da war nur noch Stille. Aber es war wie ein Schlüssel, zu einem Tor, hinter dem die Antworten auf meine Fragen liegen. Es war der Schlüssel zu dem Tor, das Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft miteinander verbindet.

"Aber all dies kann ich Ove nicht sagen. Wie sollte er es begreifen, wo ich es selbst nach all den Jahren nicht verstehe?"

"Azathoth ist ein mythisches Wesen, dem sehr viel Macht zugesprochen wird. Er wird sehr oft mit Musik in Verbindung gebracht. Aber ansonsten es gibt äußerst widersprüchliche Angaben über dieses Wesen. Und es ist meistens noch viel schwerer, die Texte richtig zu deuten als sie zu entziffern. Wann darf man einen Text wörtlich nehmen? Wann ist er nur ein Gewand für eine Botschaft, die sich darunter verbirgt und die zu verstehen weiteres Wissen voraussetzt? Mythen bedienen sich gerne ausdrucksstarker Metaphern, Allegorien, Übertreibungen und Übertragungen, um diejenigen, für die sie gedacht sind, zu erreichen. Und um diese Bilder verstehen zu können, muss man das Hintergrundwissen derjenigen haben, für die die Texte ursprünglich gedacht waren. Die Mythen, über die wir hier reden, sind unglaublich alt, so alt, dass man glauben kann, die ersten Menschen seien mit ihnen erwacht. ... Und damit meine ich nicht nur, dass sie eine Erklärung für die Schöpfung der Menschen beinhalten würden, wie eigentlich jede Religion. Ich meine das in einem ganz wörtlichen Sinn. Die Mythen sind viel älter als alles, was wir sonst an Überlieferungen kennen. Und selbst Bruchstücke hiervon zu finden, ist sehr schwer. Um sie zu finden, muss man gewöhnlich tief in unerforschtes Land vordringen, zu Zivilisationen, deren Kultur uns völlig fremd ist oder die in den Schatten der Geschichte versank ... wie die Cambridge-Utrecht-Expedition ... Es wird daher wohl nie möglich sein, diese Mythen vollständig zu verstehen.

Es KÖNNTE einen Bezug zu der Maske geben, die in London versteigert wurde. Aber diese Annahme ist SEHR vage, eher ein Schuss ins Blaue, basierend auf ein paar ... Andeutungen und Vermutungen. Azathoth wird mit einer anderen Wesenheit in Beziehung gesetzt, die wiederrum mit Masken in Verbindung gebracht wird. ... Aber das alles ist viel zu unsicher, um uns hier und jetzt weiterzuhelfen ... einmal ganz abgesehen von der Frage, ob man derartigen Mythen überhaupt einen wahren Kern zuzubilligen bereit ist oder nicht.

Mehr kann ich Dir heute abend dazu leider auch nicht sagen, Ove. Aber vielleicht hilft uns ein Gespräch mit Braddock weiter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 28.11.2016 | 08:50
"Doktor, das was Sie da sagen widerspricht allem, was ich je gehört habe."

"Ich bin zwar Mitglied der anglikanischen Kirche, aber weder ein gläubiger Mensch noch leicht aus der Fassung zu bringen. Doch was Sie hier andeuten, beunruhigt mich doch etwas. Mehr noch, es spottet allen bekannten Lehren. "

"Hinzu kommt, wenn Ihre Aussagen wahr wären, dann hätte das katastrophale Auswirkungen auf unser aller Leben. Nicht nur auf uns hier im Raum, sondern auf das Leben und Wirken aller Menschen auf der Erde."

"Das hätte nicht nur Auswirkungen auf die Geisteshaltung oder die Weltanschauung, wie es das kopernikanische Weltbild oder die Evolutionstheorie getan haben."

"DAS würde jedem zeigen, dass wir nur erbärmliche Insekten under den Schritten von gewaltigen, unfassbaren, und jenseits unseres Verstandes handelnden, Mächten sind."

"DAS würde die Welt in ihren Grundfesten erschüttern und unser alltägliches Leben in Chaos und Verzweiflung stürzen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 28.11.2016 | 11:00
Clive

"Willkommen in meiner Welt!", denke ich mit dem Rest an Bitternis, der mir im Verlauf der Jahrzehnte verblieben ist, als das VIRUS sich so rasend schnell dieses armen Teufels bemächtigt. Wie so oft flüchte ich mich in eine berufliche Distanz: Wenn eine Krankheit nicht heilbar ist, dann bleibt dem Arzt nur, dem Patienten Linderung zu verschaffen...

"Wie gesagt, es ist schwer, alte Mythen zu deuten oder gar Wahrheit und Bildersprache voneinander zu trennen.

Für heute sollte die Erkenntnis ausreichen, dass jedenfalls die 'Huldiger' an diese Mythen zu glauben scheinen ... so wie in London Hugh Stratton von der Existenz der Tcho-Tcho überzeugt war ... so wie Elisa Marquard daran glaubte, die mit besonderen Kräften versehene Hand eines Tcho-Tcho-Priesters oder Schamanen oder was auch immer stünde zur Versteigerung an ..."

Ich blicke Ove nur an, ohne ihn und seine juckende Hand als weiteres Beispiel aufzuführen. Es ist ohnehin offensichtlich.

"Der Glaube alleine hat bereits so viel Macht über Menschen, dass sie sich durch ihn zu den fürchterlichsten Handlungen hinreißen lassen." Ich wische mir mit einer Hand über das müde Gesicht, als könnte ich damit die Bilder der Vergangenheit vertreiben. "Wir müssen uns mit diesen Fremden befassen, ganz gleich ob es die in den Mythen beschriebenen Dämonen gibt oder nicht und ganz gleich ob sich diese mythischen Wesen tatsächlich für uns interessieren oder nicht. ... Es sind die MENSCHEN, über die wir uns zuallererst Gedanken machen müssen. ... Und ich werde mit Ayana beginnen."

Mein letzter Satz soll den anderen eine Entschlossenheit beweisen, ohne die Zweifel und Sorgen zu offenbaren, die mich in Wahrheit erfüllen. Darauf erhebe ich mich. Das Geräusch des zurückgleitenden Stuhls durchbricht lautstark die Stille und reißt alle Anwesenden aus ihren Gedanken von Angst und Dunkelheit zurück in die reale, greifbare Welt.

"Versucht ein wenig zu schlafen! ... Bei Tageslicht sieht die Welt schon wieder anders aus", unternehme ich einen letzten Versuch, meinen Gästen einen vorübergehenden Halt zu geben. Dann mache ich Anstalten zu gehen und überlasse es Blackberry, sich mir anzuschließen oder bei Ove und Kristine zu bleiben.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 28.11.2016 | 21:10
"Sie können uns nicht einfach so stehen lassen, Doktor." Blackberry springt wie von der Tarantel gestochen auf.

"Reden Sie, Mann." Er fasst Clive an den Schultern. Nicht fest aber energisch und schüttelt ihn leicht. "Sie können nicht einfach unsere Welt zerschlagen, wage Andeutungen machen und uns dann zu Bett schicken, wie kleine Kinder."

"Doktor, Sie sind uns Antworten schuldig. Worauf müssen wir uns vorbereiten? Was glauben Sie wird passieren? Wir sind in grosser Gefahr, nicht wahr?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 28.11.2016 | 23:10
Clive

Ich wende mich wieder um und betrachte gerade lange genug missbilligend die Hand auf meiner Schulter, um Harry zurückzucken zu lassen. Seine Segelohren unter dem Lockenschopf leuchten rot vor Erregung. Das gibt dem jungen Psychiater ein noch bübischeres Aussehen als ohnehin schon.

"Ja, Du solltest Ayana nicht in die Quere kommen. Mit Dir würde sie sich nicht lange aufhalten."

Ich will schon an Oves Aussage (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134439952.html#msg134439952) erinnern, ich sei niemandem verpflichtet, außer mir selbst, besinne mich dann aber doch eines besseren:

"Warum sollten Sie in Gefahr sein, Mr. Blackberry? Ihnen galt das Interesse dieser Fremden doch überhaupt nicht. Besinnen Sie sich auf Ihre Aufgabe, Herr Kollege!"

Ich überlege einen Moment.

"Woher sollte ich denn wissen, war passieren wird ... ob überhaupt etwas passieren wird? Ich rechnen nicht damit, dass heute Nacht etwas geschieht. Die Fremden haben nichts dergleichen angedeutet. ... Es hat erst ANGEFANGEN", wiederhole ich die Formulierung in Braddocks Botschaft (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134420672.html#msg134420672).

Ich bin erschöpft. Es ist ein Wunder, dass ich nach diesem Tag überhaupt noch auf den Beinen stehe. In versöhnlicherem Ton fahre ich nach einem Augenblick fort:

"Ich glaube, es wäre besser, wenn Sie doch hier bei Kristine und Ove bleiben?", versuche ich Blackberry erneut eine Ausflucht zu öffnen.

"Mr. Blackberry ... es ist spät ... ich hatte heute eine Herzattacke ... meine T... ... Matilde ist fortgegangen. Ich möchte meinen 'Gast' nicht zu lange unbeaufsichtigt lassen. ... Morgen ist auch noch ein Tag, davon bin ich überzeugt. ... Also bitte beruhigen Sie sich!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 29.11.2016 | 15:48
Ich bin müde, so furchtbar müde geworden.
Und ich merke wie müde Clive ist.

"Harry, du kannst  bei uns bleiben. Ich würde mich freuen, wenn du bei uns übernachten würdest. Vielleicht kann ich dir eine Fragen beantworten. Allerdings fürchte ich, dass mein Wissen beschränkt ist. Und ich bin mir sicher, dass wir morgen schlauer sein werden.... so oder so."

"Du kannst ins Kinderz... ins Gästezimmer einziehen. Wir haben dort ein Bett stehen. Ich kann es dir schnell bereiten. Und morgen besprechen wir dann alles Weitere.

Clive, dürfen wir dich morgen zum Frühstück einladen? Es hat ja nun schon mit dem Abendessen nicht so geklappt, wie wir es gehofft hatten. Und wenigstens eine gute Mahlzeit sollte es doch geben. Und ... vielleicht kann ja auch dein Gast, diese Ayana, mitkommen... bevor sie alleine im Rest des Hauses verweilt."

Ich möchte Antworten. Doch ich weiß, dass ich diese heute nicht mehr kriegen werde. Da ist es besser eine Mütze voll Schlaf zu erhalten.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 29.11.2016 | 17:07
Clive

Ich bin Ove dankbar, dass er mir hilft, Blackberry's Fragen zu entkommen.

"Kommt Ihr doch besser morgen früh zu mir. Das ist einfacher. Wir alle können ein wenig Ruhe morgen früh gut gebrauchen. Ich lege Caitlin (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99947.msg134421493.html#msg134421493) ohnehin einen Zettel hin ... wegen Ayana ... und wegen Matilde ... und wegen der Hundemeute. Morgen ist Caitlins Backtag. So bekommen wir alle frisches, ofenwarmes Brot."

Die Aussicht auf Caitlins selbstgebackenes Brot hebt ein wenig meine Stimmung.

Dann Grüße ich zum Abschied noch einmal ich die Runde und werfe einen letzten sorgenvollen Blick auf Kristine, die während der ganzen Unterhaltung stumm geblieben ist. "Das Kinderzimmer?", überlege ich. Aber ich lasse mir nichts anmerken.

Ich schlage meinen Mantelkragen auf, als mich das Unwetter trifft. Auf dem Weg um Ceallaigh Manor werden meine Schritte von dem vertrauten Knirschen im Kies begleitet. Die kleinen weißen Steine sind selbst bei diesem Wetter noch deutlich sichtbar. Aber selbst wenn man in der Dunkelheit vom Weg abkäme, würde man es sofort hören. Außerdem ragt zu meiner Rechten das Gemäuer des Manor steil in den Nachthimmel auf. Die Mauern werden höher, dicker und älter, je mehr ich mich dem Haupteingang nähere.

"Was wird mich erwarten?" Hier draußen, alleine im Sturm, ängstigt mich die Aussicht, Ayana gegenüberzutreten nun doch ein wenig. "Ich wünschte, Matilde würde mir beistehen. Aber vermutlich ist es besser so. Auf diese Weise kommt vielleicht wenigstens einer von uns mit dem Leben davon."

Ich denke auch noch einmal kurz an Emma (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99555.msg134409176.html#msg134409176) und was hätte sein können, wenn ... Aber dann schüttele ich diese Phantasien am Eingangsportal ab wie das Regenwasser von meinem Mantel und ich trete in die Dunkelheit der Eingangshalle. Ein schwaches Licht dringt aus dem Salon und ich höre Lunis gleichmäßige Schritte auf den Steinen sich nähern. Es erleichtert mein Herz, einen Freund bei mir zu wissen. Gleichzeitig spüre ich einen Hauch dieser vertrauten Wehmut in meiner Brust, die so lange mein Begleiter war. "Danke, Matilde, dass Du ihn bei mir gelassen hast!"

Gemeinsam mit Luni betrete ich den Salon. Der Raum ist verlassen. Ayana ist offenbar bereits zu Bett gegangen.

Nach kurzem Zögern trete ich an die überschaubar bestückte Hausbar und gieße mir noch einen Scotch ein. Mit dem Glas in der Hand trete ich an das Fenster und beobachte die Bäume im Sturm. Wieder muss ich an die Nacht auf Herm denken ... als ich Matilde in den Armen hielt ... als ich Annephis zurück zerrte und entgegen meinen Grundsätzen diesen unheiligen Zauber anwandte, um die Zustände wieder gerade zu rücken ... Ich erinnere Amandas Kreischen, als ich sie auf den Treppenabsatz schleifte und die Kellertür hinter ihr verschloss. Ich meine das Trommeln ihrer Hände zu hören ... und die Stille danach. "Irgendwo da draußen ist jetzt Matilde ... wenn Paul sie nicht an einen anderen Ort bringen konnte. Es wäre sinnlos, sie suchen zu wollen. ... Irgendwann wird sie wiederkommen ... wegen Marie ... irgendwann ... Aber werde ich dann noch leben?"

Nachdem ich das Glas geleert habe, lösche ich das Licht und gehe herauf in Matildes Zimmer. Ich bin nicht überrascht, dort eine Botschaft (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134416530.html#msg134416530) von ihr zu finden: "Danke für alles Clive. Bitte pass auf Marie auf. Es geht bei mir wieder los. Ich werde wieder verrückt. Ich will das nicht mehr. Ich kann das nicht mehr. Verzeih mir" Ich lese die Worte, aber sie vermögen heute nicht wirklich zu mir durchzudringen. "Es gibt nichts zu verzeihen", sage ich in den leeren Raum. "Auf die eine oder andere Art gehen sie alle. Es war nur eine Frage, wann auch Du von mir gehst. Ich bin froh, dass Du lebst und nicht alleine bist. Pass gut auf sie auf, Paul!"

Sorgsam falte ich das Blatt und schiebe es in meine Brusttasche. "Morgen werde ich meinen Koffer öffnen und es all den anderen Briefen hinzufügen."

Ich setze mich an Matildes Tisch und greife zu der Feder, mit der sie vor wenigen Stunden die Botschaft an mich geschrieben hat. Auf einem leeren Blatt Papier verfasse ich eine kurze Nachricht an Caitlin Ó hEidirsceóil, meine Haushälterin. Ich setze sie darüber in Kenntnis, einen Gast aus Afrika zu beherbergen, bitte sie, nach der Hündin und ihren Welpen zu sehen und ein Frühstück für fünf Personen vorzubereiten. Schließlich erkläre ich, Matilde sei abgereist und weise Caitlin an, die Möbel bis zu ihrer Rückkehr mit Leinentüchern abzudecken.

Dann gehe endlich zu Bett.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 29.11.2016 | 19:54
Du begibst Dich in Dein Herren-Schlafzimmer. Der Raum ist gross und geräumig, das Bett ist weich und behaglich. Fast schon liebevoll hüllt Dich die warme Bettwäsche ein.

Was für ein eigenartiger Tag nach drei Jahren der Ruhe.

Du brauchst einige Zeit, um Schlaf zu finden, doch dann breitet sich der sanfte Schleier der Müdigkeit doch über Dir aus. Dein Schlaf ist ruhig aber kurz.

Eine Stimme...
Eine Stimme in der Dunkelheit.
Ein Flüstern.
Ein Wispern.
Ein Seufzen.

Ein Schatten huscht durch den Raum. "Doktor?"

Leicht drückt sich die Matratze Deines Bettes nach unten und die Bettdecke bewegt sich.
"Sind Sie noch wach, Doktor?" Es ist die warme, weiche Stimme einer Frau. Ruhig. Von angenehmer Klangfarbe.

https://static.pexels.com/photos/167964/pexels-photo-167964.jpeg (https://static.pexels.com/photos/167964/pexels-photo-167964.jpeg)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 29.11.2016 | 21:58
Clive

"Ja", sage ich leise. Nicht mehr.

Ich bin nicht überrascht.

Ich schicke sie nicht fort.

Ich schließe die Augen und horche in die Dunkelheit.

Ich versuche ihren Duft einzufangen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 2.12.2016 | 19:32
Die Frau hat eine Art Zeremonien Kopfschmuck angelegt
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/1e/30/42/1e3042360c31d3fecea575dbf3cd859c.jpg (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/1e/30/42/1e3042360c31d3fecea575dbf3cd859c.jpg)
und ihre Haut glänzt im fahlen Mondschein, als habe sie sich frisch eingeölt. Es riecht nach frischen Gräsern und nach Sandelholz.

Seltsame Tiermenschen, allesamt mit den Köpfen afrikanischer Tiere, tanzen vor Deinen Augen und Du hörst das Schlagen afrikanischer Trommeln.
https://mir-s3-cdn-cf.behance.net/project_modules/max_1200/8ccd1436241521.5715df138e859.png (https://mir-s3-cdn-cf.behance.net/project_modules/max_1200/8ccd1436241521.5715df138e859.png)
Ein leichter Brandgeruch liegt in der Luft. Zwischen das rhythmische Trommeln mischt sich das Knistern des brennenden Holzes.

"Was begehrst Du, Doktor?"
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/564x/86/74/91/8674916f5dd0ac193e5a63ec44678c3d.jpg (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/564x/86/74/91/8674916f5dd0ac193e5a63ec44678c3d.jpg)
"Was ist Dein Begehr?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 3.12.2016 | 16:05
Clive

"Was ist mein Begehr? ... Was für eine Frage! ... Die Zeit um vierzig Jahre zurückdrehen können? ... IHR Leben im Kongo gerettet zu haben? ... Ein anderes Leben gelebt zu haben, ein glückliches Leben, ohne das Meer in meinem Kopf, ohne die Patrone in meiner Tasche? ... Die frühere Matilde an meiner Seite zu haben, stark und ungebrochen? ... Ich weiß es nicht! Und das alles KANN NICHT SEIN!" Ich spüre, wie eine Träne an meiner Schläfe herabrinnt.

Ich atme tief ein und sauge den Geruch von Gras und Sandelholz in meine Lungen. Es ist zwar kein Zedernholz, aber es erinnert mich doch an meine Kindheit in Main (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24675-nightmare-files-kapitel-7-immer-a-lll-ein/?p=428208). "Ich war so lange nicht mehr dort." Ich stelle mir vor, wie die vertrauten Bäume, in denen ich als Kind kletterte, heute (http://prod-images.exhibit-e.com/www_josephbellows_com/white_cedars_1995_me_688x4650.jpg) wohl aussehen ...

Der Duft ist betäubend und sinnlich zugleich. Er verspricht Vergessen und Geborgenheit. Als wäre alles andere in diesem Augenblick gänzlich bedeutungslos im Vergleich zu einem Moment des Glücks. Ich erinnere mich an den Moment (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99555.msg134409176.html#msg134409176) mit Emma (http://i.telegraph.co.uk/multimedia/archive/03344/3_3344425b.jpg). Ich erahne ihre geschmeidigen Bewegungen. Ich spüre, wie mein Körper sich nach der Nähe dieser Frau sehnt, nach ihrer Wärme, nach ihrer Lebendigkeit.

Aber ich bin, wer ich bin ... wer ich immer war. Nicht ohne Bedauern formen meine Lippe daher flüsternd die Worte:

"Ich begehre eine Freundin ... eine Gefährtin ... eine Vertraute. Ich begehre einen Menschen, in dessen Hände ich vertrauensvoll legen kann, was ich niemandem anzuvertrauen wage. Ich begehre einen Seelenverwandten, der aus freien Stücken bereit ist, mein Schicksal zu teilen. ... Vielleicht könntest Du ein solcher Mensch sein. Du bist stark.

Aber ja, ich begehre auch Dich!", gestehe ich. Erneut atme ich ihren verheißungsvollen Duft. "Aber ... sieh mich doch an! Ich bin gebrochen, alt und krank. Ich vermute, Du selbst bist das Geschenk, das Du mir überbringen sollst. Karim brachte ... eine Flöte? Die Zwillinge brachten einen Stab. Und Du brachtest ... Dich? Warum sonst solltest Du jetzt hier bei mir liegen?"

Ich streiche ihr sanft über die Wange.

"Kein Mensch sollte das Geschenk des einen für einen anderen Menschen sein. Ich habe derartiges mit ansehen müssen. Und es verfolgt mich. Ich würde mir das morgen nicht verzeihen.

Und ich will auch keinen Pakt schließen, dessen Inhalt ich nicht kenne.

Vergiss nicht: Du hast versprochen, mir und keinem anderen zu dienen, solange Du mein Gast bist", flüstere ich unverändert sanft. "Und warum bist Du nun hier in meinem Bett? In wessen Namen liegst Du hier bei mir?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 4.12.2016 | 09:46
"Was würdest Du an Deinem Leben ändern wollen, Doktor, wenn Du etwas ungeschehen machen könntest. Aber überleg Dir gut, was Du Dir wünschst." Der letzte Satz entweicht ihrem Mund schärfer und schneidender als ihre Sätze zuvor.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 4.12.2016 | 10:10
Ove

Du liegst auf dem Bett und starrst in die Dunkelheit an der Decke. Die Finsternis ist total und noch immer prasselt der Regen auf das Dach.
Neben Dir liegt Kristine. Sie war erstaunlich ruhig nach den Worten von Clive. Aber vielleicht ist es nur die Schockstarre im Angesicht des Schreckens.
Wie lange liegst Du nun bereits wach? Stunden? Oder nur wenige Minuten? Vielleicht Jahre?
Dein Gehirn arbeitet. Fragen um Fragen jagen nach Antworten, doch alles löst sich in Seifenblasen auf und hinter der Finsternis wartet ruhig die Fratze des Grauens.

"Was wird nun werden?" Kristine's klare Stimme schneidet durch die Stille. "Wir können nicht immer fliehen, Ove, das weisst Du. Dieses Es holt uns immer wieder ein, nicht wahr?" Die Bettdecke bewegt sich leicht.

"Ich werde bei Dir bleiben, egal was geschieht. Unser beider Schicksal scheint eng mit dem des Doktors verbunden zu sein. Vielleicht auch mit dem von Fräulein Matilde."

Kristine deht sich zu Dir um und das Bett knarzt. "Wo ist sie eigentlich? Ich habe sie heute Abend weder gesehen noch gehört?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 4.12.2016 | 11:32
Clive

"Was würde ich ändern wollen?", überlege ich und frage mich, ob Ayana meine Gedanken lesen kann ... oder ob es so offensichtlich ist, was ich mir wünsche. "Was würde ich ändern wollen? Vielleicht hätte ich meinen Frieden, wenn ich nie gelebt hätte? Was würde Ayana zu diesem Wunsch wohl sagen? Wie sollte sie hier sein, gäbe es mich nicht?

Ich würde mir vieles anders wünschen, aber es KANN NICHT SEIN. Es folgte alles einem Zweck, auch wenn ich ihn nicht immer verstehe. Wie hätte ich IHRE Seele retten können? Wie hätte ich IHN bergen und in dem Tabernakel schützen können? Wie hätte ich Matilde kennenlernen sollen, wäre ich nicht nach Herm gegangen? Was wäre aus Matilde geworden, wäre ich nicht bei ihr gewesen? Selbst das Unrecht, das Ruairí widerfahren ist, hatte positive Folgen. Ich darf die Vergangenheit nicht ändern. Das ist uns Menschen nicht gegeben. Ich kann nur versuchen, jetzt das richtige zu tun."


Ich überlege, ob ich Ayanas Vergangenheit verändern könnte? "Was wenn ich sie früher getroffen hätte? Was wenn ich sie in meine Obhut genommen hätte, BEVOR sie in den Einfluss anderer geriet? Wäre sie dann so stark, wie sie jetzt ist? Hätte ich sie nicht von all dem ferngehalten, um sie zu schützen?"

Ich frage mich, ob Ayanas Frage nur der Versuch ist, mir ein anderes Geschenk zu machen. Bietet sie mir einen Zauber anstelle eines Körpers, um mich auf diese Weise 'einzufangen'? Ich versuche mir vorzustellen, über welche Macht Ayana verfügen müsste, um tatsächlich die Vergangenheit verändern zu können.

"Es gibt NICHTS, dass ich ändern könnte oder ändern dürfte. ... Es bleibt mir nur, in die Zukunft zu blicken und jetzt das richtige zu tun.

Ich wünschte mir, dass Du die Antwort auf meine Fragen bist. Ich wünschte mir, dass Du verkörperst, was ich mir für meine Zukunft erhoffe. Du bist der Strohhalm, an den ich mich jetzt, verlassen und alt, klammere. Aber Du verfolgst andere Ziele ... und Du brauchst mich wohl auch nicht lebend, wenn Du die Macht besitzt, die Vergangenheit zu ändern.

Darum ist die eigentliche Frage doch, was DU von MIR willst! Du weichst mir aus ...

Du hast versprochen, mir zu dienen. Und meine erste Bitte ist, dass Du mir die ganze Wahrheit sagst, warum Du hier bist und was das für mich bedeutet."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.12.2016 | 22:25
"Ich bin nicht hier, Doktor, um Deine fleischlichen Gelüste zu befriedigen."
http://40.media.tumblr.com/75d72be984e24434c34478ff1266b9e5/tumblr_n6vkyn5RJ21twidybo1_500.jpg (http://40.media.tumblr.com/75d72be984e24434c34478ff1266b9e5/tumblr_n6vkyn5RJ21twidybo1_500.jpg)

"Wenn Du das glaubst, bist Du ein Narr. Würde ich mich zu Dir legen, dann nur weil es MIR gefällt."
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/13/27/08/13270864297465caaad18d9057b065e7.jpg (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/13/27/08/13270864297465caaad18d9057b065e7.jpg)

"Du möchtest nichts an Deinem Leben ändern, Doktor? Nichts rückgängig machen? Nichts ungeschehen machen? Nicht doch etwas tun, was nicht von Dir getan wurde?"
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/1c/fd/21/1cfd213a5fd032d06fc2297cc76baf3f.jpg (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/1c/fd/21/1cfd213a5fd032d06fc2297cc76baf3f.jpg)

"Das ist interessant. Überrascht mich aber nicht."

"Wenn Du etwas Konkretes wissen willst, Doktor, dann solltest Du auch konkrete Fragen stellen."
Sie streckt sich lasziev, geschmeidig wie eine Katze. "Ich werde Dir alles sagen, doch Du musst mich auch alles fragen, Doktor."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 6.12.2016 | 16:23
Clive

Ich muss leise lachen, als Ayana ihre Krallen ausfährt und mir meine Grenzen aufzeigt. Damit kann ich umgehen. Das ist zumindest plausibel. Diese Sprache verstehe ich. Und in ihrem verletzten Stolz hoffe ich einen Blick auf den Menschen, bar jeder Maske, werfen zu können.

"Nun, Du hast Dich zu mir gelegt ... in mein Bett, oder nicht? Ich entschuldige mich, dass ich diese für mich nicht ganz alltägliche Situation missdeutet habe. Aber ich habe auch nie behauptet, kein alter Narr zu sein. Eigentlich war es ungefähr das, worauf ich Dich hinweisen wollte."

Dann werde ich wieder ernst: "Es gibt so vieles in meinem Leben, von dem ich wünschen würde, es wäre nicht geschehen oder anders verlaufen. Aber es IST geschehen. Es zu ändern würde bedeuten, mein ganzes nachfolgendes Leben zu verändern ... mich zu ändern. Und das erschiene mir nicht richtig. Wozu auch noch? Für die kurze Zeit, die noch vor mir liegt?"

Ich betrachte Ayana und die geschwungenen Konturen, die ihr Körper der Decke gibt. Ich möchte sie berühren, über ihre samtene Haut streichen. Ich versuche mir vorzustellen, welche Katze Ayanas geschmeidigen Bewegungen gleichen könnte. Zu den Großkatzen, die ich in Afrika beobachtet habe, gesellt sich in meiner Vorstellung schließlich auch Lord Penhews Katze (https://40.media.tumblr.com/29863000cf94e779ced1d7252ef79edd/tumblr_o11r70RvLC1syb4puo1_500.jpg)1 und ich muss angesichts der enttäuschenden Vorstellung, Ayana verwandele sich in Penhews nackten Stubentiger, nochmals leise lachen. Es erstaunt mich selbst, dass ich angesichts dieser Situation so entspannt und gelassen bin. Aber ich fühle mich durch Ayanas Gegenwart nicht bedroht ... eher herausgefordert.

"Ich frage mich zunächst einmal, was mir die Ehre Deines Besuchs beschert", fahre ich fort und lasse mit der Formulierung zunächst offen, ob ich Ayanas Anwesenheit auf dem Manor allgemein oder ganz konkret ihren Besuch in meinem Bett meine.

"Wenn Du wie Karim und die Hölderlin-Zwillinge glauben solltest, ich sei auserwählt, Azathoth zu dienen, für ihn die Flöte zu spielen und zu tanzen, muss ich Dich enttäuschen: Ich bin ein diletantischer Flötenspieler und vermutlich ein noch schlechterer Tänzer. ... Ich hatte in meinem Leben nicht viel Zeit, mich mit solchen Dingen zu beschäftigen."

Erneut ernsthaft setze ich hinzu: "Außerdem habe ich das unbestimmte Gefühl, dass schon ein anderer Dämon Anspruch auf mich erhebt. Azathoth müsste sich da schon hinten anstellen."

Ich drehe mich zu Ayana herum und stütze meinen Kopf auf eine Hand.

"Dein Wunsch sei mir Befehl. Ich schätze, wir sollten uns auf eine lange Nacht einstellen. Ich habe viele Fragen. Hoffentlich sind diese ersten Fragen konkret genug, meine schöne Blume2: Was erhoffst Du Dir von Deinem Besuch bei mir? Was konkret willst Du hier erreichen? Und was würde das für mich bedeuten?"

1 vgl. 'Wieviel Pharao braucht der Mensch?' (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25798-nightmare-bites-kap1-wie-viel-pharao-braucht-der-mensch/?p=476712)
2 Ayana = die schöne Blume (äthiopisch)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 7.12.2016 | 10:17
Ove
Durch meinen Kopf rasen viele bruchstückhafte Gedanken.
Nachdem Kristine und ich wortlos für Harry das Zimmer bereitet hatten, sind wir ebenso wortlos in unser Zimmer gegangen. An der Tür dreht ich mich noch einmal um und wünschte Harry eine gute Nacht.

Ich hatte mich versichert, dass alle Türen und Fensterläden gut verrriegelt sind und ich legte Collins Revolver in die oberste Schublade meiner Nachttischkommode, auf der eine kleine Lampe steht und auf die ich für gewöhnlich den Roman lege, den ich noch im Bett, bis kurz vor dem Einschlafen, lese.
Heute liegt dort kein Roman. Lediglich ein Wasserglas vom Vorabend steht dort noch. Halb leer getrunken steht es da.

Ich kann meine Gedanken kaum sortieren. Ich sehe immer wieder unseren "Einbruch" in die Ausstelllungshalle vor mir. Ich spüre wieder, wie die Maske tief in mich schaut, durch meinen Geist schneidet, wie ein heißes Messer durch warme Butter und dabei ein Stück aus meiner Geist heraus nimmt. Wie ein Schlachter mit gekonnter Bewegung das Filet aus dem Rind trennt: geschmeidig, fließend, schnell, routiniert, ohne etwas anderes zu beschädigen oder anzuschneiden als das, was er schneiden will. Am Ende hält er ein sauber herausgetrenntes Stück Fleisch in der Hand - so wie die Maske nun ein klitzekleines aber sauber herausgetrenntes Stück meines Geistes bei sich hält.

Ich sehe die afrikanische Schönheit, die in der Auktionshalle war. Ich stelle mir vor, wie Baxter es nicht schafft sie aufzuhalten. Ich sehe mich die Hände einsammeln. Die furchtbaren Hände, dir ich gleich vor Ort hätte verbrennen sollen. Oder die Maske, die wir hätten zertrümmern müssen. Aber hätte das irgendwas verändert? Vermutlich nicht.

Ich bin mir nicht sicher, ob Kristine wach liegt. Doch ich glaube es nicht. Wir liegen schon so lange hier. Sie muss eingeschlafen sein. Ich überlege mehrfach, ob ich mach dicht an sie schmiege, meinen Körper an ihren drücke, um ihre Wärme und Nähe zu spüren. Aber ich entscheide mich dagegen. Sie kann jede Minute an Schlaf gebrauchen. Ich will sie nicht aufwecken.

Ich zucke innerlich zusammen, als ich Kristines klare Stimme höre.
Ihre Worte haben eine überzeugende Kraft und Stärke.

Während ich überlege, was ich ihr antworten soll, schiebe ich mich näher und nehme sie in den Arm. Ich halte ihren ganzen Körper mit meinem... oder ist es umgekehrt? Vermutlich geben wir uns gegenseitig Halt. Ich genieße ihre Nähe und es beruhigt mich ihre Wärme zu spüren.

"Ja, ... du hast sicher Recht. Ich hatte gehofft, wir könnten weglaufen. Aber es ist immer nur eine Frage der Zeit, bis 'Es' uns einholt. Ich weiß nicht, was 'Es' ist, aber... niemand kann ihm entfliehen. So sehr ich es mir auch wünsche. Wir müssen uns dem Unvermeidlich.... wir müssen uns 'ihm' stellen. ICH muss mich ihm stellen."

Mir ist völlig unklar, wie ich das tun soll. Aber ich weiß, dass ich es zumindest versuchen muss.

"Und wo Matilde ist, weiß ich nicht. Clive sagte mir nur, sie sei fort gegangen. Ich weiß aber nicht wohin und warum. Ob sie etwas gespürt hat? Ob sie sich "ihm" ebenfalls stellt? Ich weiß es nicht, Stine. Ich weiß es nicht. Sie hat aber sogar Luni hier gelassen. Ich kann nur hoffen, dass sie bald wohlbehalten zurückkommt. Wir sollten Clive morgen nach ihr Fragen und sie Suchen gehen. Vielleicht weiß sie mehr als wir."

Ganz sicher weiß sie mehr als wir. Sie hat viel mehr erlebt. Schlimme Dinge. Gute Dinge. Unverständliche Dinge. Aber weiß sie was sie zu tun hat? Weiß sie in der Hinsicht mehr als wir? Ich glaube, wir sollten sie suchen. Ich habe das Gefühl, sie kann uns der Lösung dieser Misere näher bringen.


Oh Matilde, warum hast du nicht mehr gesagt, bevor du verschwunden bist? Du hättest uns doch Hinweise geben können. Oder habe ich die übersehen?!


"Stine, hast du eine Ahnung, wo Matilde hin sein kann? Hat sie zu dir etwas gesagt, was nach einem Grund für ihre Abreise klang?", ich will das Wort "Verschwinden" vermeiden.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.12.2016 | 20:39
Ove

"Ich weiss auch nicht, wohin sie gegangen sein könnte. Sie hat mir nichts gesagt. Das letzte Mal habe ich sie, glaube ich, zur Mittagszeit gesehen."

"Aber sie ist auch immer so schrecklich in sich gekehrt. Ich konnte nie richtig warm mit ihr werden."

"Vielleicht ist sie ja nur für einen Einkauf in die nächste Stadt gefahren und wurde durch das schlechte Wetter aufgehalten? Was denkst Du?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.12.2016 | 21:21
Clive

"Es war ein Fehler, Karim fortzuschicken. Die Zwillinge sind nur zwei Kasper; ich hätte ihr Blut trinken sollen. Ich wäre darin geschwommen." Ihre Stimme wird für einen Augenblick schneidend, als sie die Luft zwischen den Zähnen einsaugt.

"Ich weiss, dass meine Begleitung Dir nützen wird. Ich habe die Nebel beiseite geschoben. Ich werde Dich vor einigen Gefahren schützen können. Du bist wichtig. Zu wichtig. Du musst überleben. Und wenn Du überlebst, wirst Du Unsterblichkeit erlangen, als Auserwählter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 7.12.2016 | 23:47
Clive

Als Ayana meint, es sei ein Fehler gewesen, Karim fortzuschicken, stimmt mich das nachdenklich, denn ich selbst sah in Karim keine Bedrohung und ich habe ihm vielleicht sogar mein Leben zu verdanken. ... Es war merkwürdigerweise nicht Karim, sondern sein Geschenk, das mich beunruhigte. Dabei habe ich es nicht einmal gesehen. Es war nur die Angst vor dem, was es hätte sein können.

Doch als Ayana von der Unsterblichkeit spricht, entfährt mir ein: "Gott behüte!"

Obschon ich annehme, dass diese unbedachten Worte ein Fehler waren, setze ich nach: "Es gibt wohl nichts, was weiter von meinen Wünschen und Zielen entfernt wäre als ein ewiges Leben. ... Das ist eine schreckliche Vorstellung! ... Was Du als Verlockung darstellst, ist in Wahrheit eine unendliche Agonie ohne Aussicht auf Erlösung."

Ich schüttle den Kopf. "Ich muss Dich enttäuschen: Du irrst Dich! ... ICH bin NICHT wichtig. ... Ich bin nur ein alter Narr. ... ICH bin auch nicht in Gefahr. Ich habe den Tod lange genug vor Augen. Ich folge nur denen nach, die ich liebte. Der Tod alleine kann mich nicht schrecken. ... Es sind andere Dinge die mir Sorgen bereiten. Andere Menschen. Ich muss lange genug leben, um sie in Sicherheit zu bringen, nicht mehr."

Erneut frage ich mich: "Warum hier? Warum jetzt? Warum in meinem Bett? Was hat keine Zeit bis morgen?"

Ich seufze: "Du magst die Nebel beiseite geschoben haben, was immer das bedeuten mag. Aber meine Nebel hast Du nicht gelichtet. Ich sehe noch immer nicht klar, was Du Dir von diesem Besuch erhoffst. ... Warum glaubst Du ich wäre wichtig? Wichtig für wen?" ... "Denn da ist NIEMAND mehr, nachdem Matilde gegangen ist. ... Marie ist zu jung, als dass ich noch von großer Bedeutung für ihr Leben sein könnte. ... Nein, es gibt niemanden mehr ... nicht einmal in meinem Innern. Alles ist leergefegt. Ich muss nur noch übergeben, was ich behüte ... oder alles zerstören. Dann hält mich nichts mehr."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 8.12.2016 | 13:15
Ove

"Ja, vermutlich hat es eine ganz einfache Erklärung, wo Matilde nun hin ist. Vielleicht wollte sie auch einfach mal etwas Abstand zwischen sich und uns bringen. Ich glaube sie verbindet viel Unschönes mit Clive und zu einem gewissen Teil auch mit uns. Sie hat sich auch Vorwürfe gemacht, dass du mit in unsere Arbeit hineingezogen wurdest. Aber es ist wenn dann meine Schuld."

Ich atme tief durch, da ich merke, dass ich abzuschweifen drohe und die Schuldfrage werden wir sowieso nie klären können, und Kristine interessiert es auch nicht. 'Was passiert ist, ist passiert, Ove' hat sie immer wieder gesagt, wenn ich mir Vorwürfe gemacht habe. Oder auch nur, wenn ich so aussah als hätte ich mir welche gemacht.

"Sie wird sicherlich bald wieder kommen ... wir können Clive morgen nach ihr fragen. Vielleicht weiß er dann mehr. Es ist nicht ihre Art ganz wortlos zu verschwinden."
Zumindest glaube ich das.

"Und du hast Recht. Sie ist unnahbar. Sie ist eine attraktive Frau, aber sie ließ niemanden an sich heran... weder körperlich... aber erst recht nicht an ihre Gefühle. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sie vorher war. Und was sie so verändert hat. Sie muss, nach allem was ich gehört habe, eine sehr lebensfrohe Person gewesen sein. Früher."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.12.2016 | 19:28
Clive

Du spürst Ayana's Augen durch die Dunkelheit. "Weshalb hast Du Karim fort geschickt? Er hat Dir geholfen, vielleicht sogar Dein Leben gerettet. Und doch hat er Dir eine Todesangst eingejagt. Nun. Es ist Deine Entscheidung. Dein Weg."

"Du magst das ewige Leben nicht? Aber bedenke, man vermag auch die Unsterblichkeit zu erlangen und muss dennoch sterben. Nur dass einem ewig gedacht wird, Doktor. Bedenke die Namen der grossen Könige, Heerführer, Entdecker, Erfinder, Dichter und Musiker. Deren Namen sind unsterblich. Zu ihren Ehren werden sogar Standbilder errichtet und Strassen und Plätze nach Ihnen benannt."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 11.12.2016 | 00:48
Clive

"An meinen Namen wird man sich nicht lange nach meinem Tod erinnern. Ich hinterlasse nichts, an das es sich zu gedenken lohnen würde. Und ich hinterlasse niemanden."

Es ist nur die Feststellung eines Umstandes, der mir schon vor vielen Jahren bewusst geworden ist. Ich habe es mir nicht ausgesucht. Aber es ist richtig so, wie es ist. Was hätte ich schon von mir weitergeben können? Ein schwermütiges Wesen und verbotenes Wissen, das die meisten Menschen in den Wahnsinn treibt? Darum habe ich auch einer Beziehung mit Emma keine Chance gegeben.

"Daran ist nichts falsch. Diejenigen, deren Namen in Erinnerung bleiben, haben selten persönlich große Taten vollbracht. Es waren andere Menschen, an deren Namen sich niemand mehr erinnert, die ihnen zur Größe verholfen haben. Menschen, deren Blut die Schlachtfelder getränkt hat. Menschen, die Schiffe durch gefährliche Gewässer gesteuert haben. Menschen, die sich auf den Feldern oder in Minen zu Tode geschuftet haben. Nach ihnen müssten die Straßen benannt werden. Aber die Menschen vergessen schnell. Und die Mächtigen bestimmen, welche Namen in die Geschichtsschreibung aufgenommen werden.

Es tut mir leid, wenn das bedeutet, dass ich eine Enttäuschung für Dich bin. Aber mir bedeutet es nichts, ob sich die Menschen im Allgemeinen nach meinem Tod noch an mich erinnern. Da ist kein Mensch mehr übrig, bei dem es mir wichtig wäre.

Karim hat mir keine Todesangst eingejagt. Es war sein Geschenk, das ich gefürchtet habe. ... Außerdem fühlte ich mich betrogen. Ein Pakt ist ein Vertrag ... eine Übereinkunft. Man muss sich dafür entscheiden, muss ihn schließen wollen. ... Die anderen wollten mich und Ove in eine Falle locken. Sie wollten uns hereinlegen. Sie versuchten, uns durch die Übergabe von Geschenken in eine Pflicht zu setzen, die wir nicht übernehmen wollten. ... So etwas mag ich nicht!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 14.12.2016 | 19:04
Clive

"Du bist spassig, alter Mann. Und Du hast seltsame Ansichten, weisst Du das? Wenn jene, die die Strassen bauen, dann auch deren Namensgeber würden, dann gäbe es in England viele John Smith Strassen, in Irland wäre jeder Dorfplatz ein Jack Murphy Platz und in Deutschland wäre jede Brücke nach Hans Schmidt benannt." Ayana lacht herzlich.

"Du hast einen Pakt geschlossen. Der Pakt ist ein Vertrag. Du hast dich dafür entscheiden, die Hand haben zu wollen. Du wolltest sie. Du hast sie bekommen. Du bist der Meister der Rechten Hand."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 14.12.2016 | 20:54
Clive

Das Adjektiv 'spaßig' wirkt mir in Bezug auf meine Person etwas deplatziert. Aber Ayanas samtenes Lachen hüllt mich ein, wie eine warme Decke. Ich genieße es zu sehr, als dass ich mir hierüber länger Gedanken machen würde.

"Würde man den Menschen, die eine Brücke bauen mehr Achtung entgegen bringen, wäre die Welt sicher ein besserer Ort. Ich hätte nichts dagegen", denke ich. Aber es würde nur von den aktuell wichtigen Fragen ablenken, wollten wir dies jetzt diskutieren.

Kurz bin ich versucht, darauf hinzuweisen, dass Ove die Hand an sich genommen hat, dass er sie wollte und dass dann vielleicht Collins als einziger den 'Auserwählten' korrekt identifiziert hat. Aber etwas hält mich davon ab. Natürlich will ich Ove nicht wieder in den Fokus rücken und in Gefahr bringen. Um seine Verfassung steht es auch so schon nicht zum besten. Und er und Kristine haben ihr Leben noch vor sich. Aber das ist es nicht alleine ... das ist nicht der entscheidende Grund, wie ich mir eingestehen muss. Tatsächlich fasziniert mich Ayana zu sehr, um sie jetzt schon zu vertreiben.

"Nun ... ich war kurz im Besitz der Hand. Das ist korrekt. Aber ich WOLLTE sie nie besitzen und habe sie nie berührt. Ich habe mich nur bereit erklärt, sie zu nehmen, um sie zu zerstören. Und ich habe sie zerstört. Wenn Du recht hast, bin ich der Meister von NICHTS.

Wenn das einen Pakt bedeutet, müssen schon viele Menschen vor mir ihn bereits geschlossen haben:

Da wären zum Beispiel Elisa Marquard (https://frisbeebookjournal.files.wordpress.com/2010/09/daphne-du-maurier.jpg). Ich kann nicht sicher sagen, ob sie dieses Kuriosum jemals in ihren Händen gehalten hat. Sie war Mitglied der Expedition; darum erscheint es naheliegend, dass sie den Fund auch begutachtet hat. Sie hat damals auch einige Fotos von der Tulcu-Hand angefertigt. Und ... wenn ich sie recht verstanden habe ... glaubte sie wohl, durch die Hand krank geworden zu sein. Jedenfalls wollte sie später die Hand besitzen ... wie schon ihr Vater, Gotthilf von Höllsang, vor ihr. Von Höllsang wollte die Hand zurück bringen, Mrs. Marquard erhoffte sich von ihr die Heilung ihrer Krankheit.

Und natürlich wäre James Mac Mannaman (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/26656-nightmare-bites-kap1-schöne-aussichten-oder-steiles-karriereende/?p=478693) zu nennen, der die Hand ursprünglich mitgebracht hat und in seinem Labor bei einem 'Unfall' (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/26656-nightmare-bites-kap1-schöne-aussichten-oder-steiles-karriereende/?p=478945) ums Leben kam."

An das von Frau Marquard berichtete Detail der Chlorgasvergiftung kann ich mich noch gut erinnern, rief sie doch Erinnerungen an den Krieg in mir wach.

"Mac Mannaman gabe die Hand zur Untersuchung an verschiedenen Spezialisten.

Und nach seinem Tod wechselte der Besitzer der Hand vermutlich noch mehrmals, bevor sie wieder in dem londoner Auktionshaus als Teil einer ... ungewöhnlichen ... Sammlung auftauchte.

Was ist mit all diesen Besitzern? Waren auch sie alle auserwählt?

Jedenfalls die mir bekannten Personen sind eines unnatürlichen Todes gestorben. Das wirft für mich die Frage auf, ob ich Karim überhaupt dafür dankbar sein sollte, dass er mir heute sein Mittel verabreicht hat. Vielleicht wäre es besser gewesen, er hätte mich dort auf der Dorfstraße liegen lassen!"

Ich denke kurz darüber nach, wie sich all dies sinnvoll zusammenfügen könnte. Die neuen Puzzle-Teile scheinen sich nirgendwo in das Bild einzufügen, das ich nunmehr seit über drei Jahren zusammenzusetzen versuche.

"Warum bist Du also hier? Ich verstehe es noch immer nicht. ... Du sagst, Du willst mich beschützen, weil ich der 'Auserwählte' sei. ... Dabei scheint den Auserwählten der Tod bestimmt zu sein. ... Bist Du also nur hier, um darüber zu wachen, dass ich auf die rechte Weise sterbe? Oder willst Du mich vor anderen Menschen schützen, die mich vor dem Schicksal eines Auserwählten bewahren wollen, indem sie mich töten? ... Erkläre es mir!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 14.12.2016 | 22:54
Ayana's glockenhelles Lachen ist entwaffnend. "Du warst der Letzte, der die Hand wollte und an sich nahm, bevor die Sternenkonstellation am Himmel erschien."
"Und Du hast sie vernichtet? Du hast DIE HAND vernichtet?"

"Also zerstört. Sie ist demnach weg? Und kommt nicht wieder?"

"Die Wege des Herrn sind wahrhaftig unergründlich. Du bist wahrlich der Auserwählte, Doktor. Nur der Auserwählte würde es wagen, sich eines derartig mächtigen Gegenstands zu berauben und seinen einzigen Vorteil wegzugeben."

"Du bist ein Mann voller Überraschungen."

"Und Du bist ein Mann mit Überzeugungen. Vielleicht nicht klug, aber mit Überzeugungen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 15.12.2016 | 12:16
Clive

Das Lachen mag trügerisch sein. Aber es ist trotzdem Balsam für meine Seele, in dieser Situation überhaupt ein offenes Lachen zu hören. Ein Sinnbild für die Kraft des sich ständig erneuernden Lebens, das in der Dunkelheit auflodert ... wie ich es in meinem Leben schon wiederholt erlebt habe. Ich bade förmlich in diesem Lachen. Ich sehe die Gefahr, aber ich verdränge die Gedanken ... an die Katze (http://www.suedkurier.de/storage/pic/news/einzelbilder/7288914_1_katze.jpg?version=1360087884) und das Rotkehlchen (http://images.fotocommunity.de/bilder/wild-lebende-voegel/z-sonstige-voegel/rotkehlchen-im-schnee-d3996e70-f8d3-4a02-9d57-f8ed4089e9a1.jpg)1 ... an Merlin und Nimue ... Nur die Zeit kann zeigen, wer hier tatsächlich welche Rolle spielt! Und was habe ich schon zu verlieren?

"Ich habe nie behauptet, klug zu sein. Und ja, die Hand ist vernichtet. Ich denke nicht, dass sie wiederkehren kann. ... Vielleicht wird man sich also DOCH künftig meiner erinnern, .... als eines alten Narren, der eine so leichtsinnige Entscheidung getroffen und sich selbst damit ins Verderben gestürzt hat? Dann hätte ich mir letztendlich doch noch ein Denkmal gesetzt, indem ich zerstöre, statt erbaue. Zwar leider nicht so gloreich wie der listenreiche Odysseus, der Zerstörer Trojas, aber immerhin ..."

Was hatte ich als Reaktion auf die Offenbarung der Vernichtung der Hand erwartet? Jedenfalls nicht ihre Belustigung! Es hätte mich nicht überrascht, wäre sie bestürzt gewesen, weil sie der Hand eine rituelle Bedeutung beigemessen hätte ... im Sinne es einer heiligen Reliquie oder eines anbetungswürdigem Totems. Ich hatte befürchtet, dass Ayana wütend geworden wäre, etwa wenn sie selbst hierher gekommen wäre, um sich in den Besitz der Hand zu bringen. Die Leichtigkeit, mit der sie die Zerstörung der Hand akzeptiert, nimmt mich wieder ein Stück mehr für sie ein. Es stellt sie in dieser Sache 'auf meine Seite'.

Wieder versuche ich, aus Ayanas Worten mehr über diese Frau zu erfahren:

"Die Wege des Herrn sind wahrhaft unergründlich?", frage ich zweifelnd ins Dunkel. "Du bist eine Frau voller Überraschungen. Im einen Moment willst Du noch das Blut der Hölderlin-Zwillinge trinken und im nächsten preist Du den Herrn? Wenn Du Christin bist, dann bin ich wohlmöglich ein 'Narr um Christi willen'2 ..."

1 Clives Traum (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24675-nightmare-files-kapitel-7-immer-a-lll-ein/?p=425021) auf Herm
2 1 Kor 4, 10 (http://www.bibel-online.net/buch/luther_1912/1_korinther/4/)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 15.12.2016 | 18:52
"Ich zitiere gerne, Doktor. Und eine Christin bin ich nun wirklich nicht. Deine Kirche würde mich bestimmt als Heide und Barbar einstufen. In früheren Jahrhunderten bestimmt sogar als Hexe." Wieder lacht sie, als hätte sie einen Witz gemacht.

"Nun, Doktor, die Hand soll einer Kreatur gehört haben, so sagt es zumindest die Legende, die durch nichts zu verletzen ist, als durch sich selbst. Die Hand wäre somit die perfekte Waffe gegen diese Kreatur gewesen."

Sie kichert wie ein kleines Mädchen. "Aber wie alle Legenden, so ist auch diese etwas verrückt. Wie soll die Kreatur diese Hand verloren haben, wenn sie nur durch sich selbst zu verletzen ist? Entweder hat sie sich die Hand aus Langeweile abgenagt, oder an der Erzählung stimmt wohl etwas nicht."

"Wie auch immer. Du wirst diese Kreatur töten, Doktor, denn Du bist der Auserwählte."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 15.12.2016 | 20:05
Clive

Ich horche auf. "Dies alles hört sich nicht danach an, als ob Braddocks Warnung berechtigt wäre. Wenn mich Ayana auffordert, dieses Wesen zu töten, von dem die Hand stammt, erscheint sie mir eher als eine Verbündete ... jedenfalls wäre sie das wohl gewesen, wenn ich noch jünger wäre. Das Wesen, von dem die Hand stammt, erscheint mir nicht wirklich freundlich gesonnen, wenn es bei den Tcho-Tcho lebt. ... Ich wünschte mir, Matilde wäre hier und ich könnte mich mit ihr beraten ... aber sie ist fort."

Ein kleiner unvernünftiger Teil von mir ist allerdings auch mit der gegenwärtigen Situation ganz zufrieden. Auch wenn Ayana mich nicht berührt, spühre ich doch die Wärme ihres Körpers ... ganz zu schweigen von ihrem Duft. Auch wenn ich alt und krank bin, bliebt dies nicht ganz ohne Wirkung auf mich. Und seit jenem Tag in London bin ich ... hungriger ... eher bereit mir zu nehmen, was ich begehre ...

"Aber wenn Braddocks Warnung unbegründet war ... welcher Fraktion gehört er an? Welche Interessen verfolgt er? ... Ich würde Ayana gerne nach ihm befragen, aber dann kann ich morgen vermutlich nicht mehr mit Braddock reden. ... Braddock stand in Verbindung mit dem Brandstifter aus London ... nehme ich an. Warum und wie ist der Brandstifter gestorben? Warum wollte er verhindern, dass Mrs. Marquard die Hand erhält? ... So viele Rätsel bleiben ... Zumindest nach dem Brand kann ich Ayana fragen, ohne die Anwesenheit von Braddock im Dorf zu erwähnen."

Aber zunächst wende ich mich einer grundlegenderen Frage zu:

"Warum soll ich diese Kreatur töten? Mir jedenfalls hat sie nichts getan ...

Soviel ich weiß, lebt sie bei den Tcho-Tcho auf dem Plateau von Leng ... so berichtete es jedenfalls Mrs. Marquard bevor sie starb. Welche schreckliche Gefahr geht von der Kreatur aus, obwohl sie so weit abseits jeder Zivilisation lebt?

Und schließlich ... ich bin weit entfernt von der körperlichen Verfassung, den Himalaya zu besteigen. Ich würde die Hochebenen von Leng nicht einmal erreichen!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 18.12.2016 | 12:23
"Diese Kreatur ist ein Wesen aus den Tiefen des Universums. Eine uralte Kreatur, die alle Vorstellungskraft der Menschen sprengt. Du kannst sie nicht töten, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Du kannst sie bannen aber Du wirst es schwer haben, denn Du hast die sechs-fingerige Hand zerstört."

"Du wirst Deinen ganzen Mut und Deinen Einfallsreichtum brauchen, um zu bestehen."

"Und jetzt schlaf. Du musst morgen ausgeruht sein."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 18.12.2016 | 13:38
Ove

"Schlaf gut." Kristine dreht sich zu Dir herüber und drückt Dir einen Kuss auf die Wange. "Morgen ist ein neuer Tag. Wir werden sehen, was dieser bringt. Vielleicht ist dann auch Matilde zurück. Sie würde ihren Luni doch niemals allein lassen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 18.12.2016 | 15:37
Clive

Ich schließe gehorsam die Augen und überlasse mich dem, was Ayana für mich geplant hat. Würde ich mich ihr überhaupt widersetzen können? Der Schlaf lässt auf sich warten und so denke ich über das Gesagte nach.

"Morgen werde ich mit Ove Braddock aufsuchen. Wir werden sehen, was er zu der Angelegenheit zu sagen hat. ... Aber vermutlich bin ich anschließend noch verwirrter als jetzt schon.

Kristine hat schon so viel durchgemacht. Ich wünschte, den beiden würde das hier erspart bleiben. Zumindest habe ich sie nicht in diese Misere gebracht, wenn Ayana die Wahrheit spricht. Es ist ein Trost, dass diese Hypothek nicht auch noch auf meinem Gewissen lastet."


Ich horche in die Dunkelheit und höre Ayanas Atem. Wieder nehme ich die Wärme ihres Körpers und ihren Duft nach frischem Gras und Sandelholz intensiv wahr. Ich würde sie gerne berühren. Ich versuche mich von diesen Gedanken abzulenken, indem ich Vermutungen darüber anstelle, woran sie gerade denken könnte. Aber es ist aussichtslos, Ayana durchschauen zu wollen. Und ich versuche mir einen Reim darauf zu machen, welche Bedeutung dem Kopfschmuck (http://www.feinripp.net/wp-content/uploads/2016/01/12-2.jpg) zukommen mag und warum sie ihn gerade jetzt angelegt hat. "Wartet sie nur darauf, dass ich eingeschlafen und ihr wehrlos ausgeliefert bin? Bin ich das nicht ohnehin schon? Warum sollte sie mich dann erst geweckt haben?" Aber unwillkürlich driften meine Gedanken schon wieder in andere Gefielde ab und ich frage mich, ob Ayana mich von nun an jede Nacht aufsuchen wird. Ich beschließe, mich dieser absurden Vorstellung hinzugeben ... zumindest für diese eine Nacht mich in der Vorstellung einer Zukunft zu ergehen, die nicht durch die Einsamkeit geprägt ist, die nun auch Matilde hinterlassen wird.

So gleite ich langsam in einen hoffnungsvollen Schlaf. ... Und das ist mehr, als ich nach diesem Tag hätte erwarten dürfen.

Und so gleite ich hinab in die eine erholsame Leere ...


Doch nach anfänglich ruhigem Schlaf kehren - wie meist - meine Träume zurück.

Ich befinde mich auf einer Insel. Es ist Herm. Ich folge der Bruchsteintreppe (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/54/d3/3a/54d33a9bb37dcfb8590d70427197b9a5.jpg) aus dem verwilderten Garten des Sanatoriums (http://2.bp.blogspot.com/-eigkJP-me-Y/UwUgYfYYMRI/AAAAAAAAAYU/v7yLHOx722Q/s1600/Abandoned+garden+or+just+needing+spring+cleaned.JPG). Auf dem Boden liegt ein toter Vogel (http://3.bp.blogspot.com/_btP4cNgbeWM/TIfh1ix7OOI/AAAAAAAAAA0/XQq8Y78J8oU/s1600/DSC_0294.JPG). Erneut durchschreite ich den Torbogen ohne Mauer und ohne Sinn (http://www.terragalleria.com/images/black-white/np-tropics/viis1589-bw.jpeg).1

Als ich mich dem kleinen heruntergekommenen Hafen nähere, sitzen auf einer Mauer zwei Katzen (http://agentur-focus.de/Lightboxen/ANGEBOTE/FEATURES/2015/Tiere/Lbox_Silvester_Katzen_15/tn_51172337_43.jpg). Eine Katze ist weiß wie Schnee und die andere Schwarz wie die Nacht. Die weiße Katze betrachtet mich aus kristallblauen Augen (http://funnycatsgif.com/wp-content/uploads/2015/02/cats-with-blue-eyes.jpg), kalt wie Eis und abgrundtief wie ein Aqaumarin (https://www.hofer-antikschmuck.de/documents/image/58/58859/15-1288-Femininer-Aquamarin-Anhaenger-des-Art-Deco-.jpg). Die Augen der schwarzen Katze (https://hdwallsbox.com/wallpapers/l/1920x1080/36/fire-black-cat-yellow-eyes-1920x1080-35258.jpg) hingegen leuchten wie von einer inneren Glut erhellt, als wolle sie mich mit ihrem Blick verbrennen.

Die weiße Katze lässt sich hinter der Mauer in den Abgrund fallen. Ich frage mich, wie tief es dort wohl herabgeht und mache mir Sorgen. Die schwarze Katze streckt sich genussvoll in der Sonne und stolziert über die Mauer. Sie ist sich meines Blickes bewusst. Sie will gesehen werden. Sie weiß sich in Szene zu setzen. Gelassen springt sie in eine Mauernische mit einer Ikone. Ihr Gang wird eher noch aufreizender ... respektloser ... selbstsicherer. Dann springt sie auf meiner Seite der Mauer herab. Mir wird plötzlich bewusst, wie klein ich bin. Die Katze scheint hingegen immer größer zu werden. Als sie faucht (https://horrorpediadotcom.files.wordpress.com/2014/11/black-cat-lucio-fulci-1981.jpg) und nach mir schlägt, versuche ich mich durch einen gewagten Sprung (http://agentur-focus.de/Lightboxen/ANGEBOTE/FEATURES/2015/Tiere/Lbox_Silvester_Katzen_15/tn_51172294_22.jpg) in Sicherheit zu bringen. Aber es gibt kein Entkommen. Sie spielt mit mir (http://agentur-focus.de/Lightboxen/ANGEBOTE/FEATURES/2015/Tiere/Lbox_Silvester_Katzen_15/tn_51172296_23.jpg). Immer wieder fischt sie mich mühelos mit ihren Tazen aus der Luft (http://agentur-focus.de/Lightboxen/ANGEBOTE/FEATURES/2015/Tiere/Lbox_Silvester_Katzen_15/tn_51172297_24.jpg). Sie will micht nicht töten ... noch nicht ... nicht ohne zuerst ihren Spaß mit mir gehabt zu haben. Die Jagd ist das Ziel ... der Tod nur der finale Höhepunkt.


Schweißnass erwache ich. Mein Herz pocht in meiner Brust. Die Schläge sind schwer und krampfhaft. Ich greife mir an die Brust.

"Wie lange wird Karims Mittel mich schützen?", überlege ich. "Vermutlich war es wirklich ein Fehler ihn fortzuschicken."

Ich rieche, wie sich der Duft von Sandelholz mit dem Geruch meines Schweißes vermischt. Wieder werde ich mir meines Alters und meiner Unvollkommenheit bewusst.

"Ob ich sie geweckt habe? ... Ob sie meine Träume sieht?"

Ich wage nicht, mich zu bewegen. Stattdessen horche ich in die Stille, bis sich behutsam mein Puls verlangsamt.

Ich nehme keine Regung wahr. "Liegt Ayana noch neben mir oder ist der Geruch nach Sandelholz nur eine Erinnerung? ... War Ayana überhaupt jemals in meinem Bett ... auf dem Manor? Oder ist das alles nur eine Einbildung ... ein Traum ... gewesen?" Für einen Moment bin ich verunsichert. Die Geschehnisse waren so absonderlich ... surreal ..., dass sie einem Traum entsprungen sein könnten. Erneut bin ich versucht, meinen Arm auszustrecken, aber fast fürchte ich, nur Leere vorzufinden.

Und so liege ich da und dämmere dem Morgen entgegen, denke über Matilde, Ayana und die Katzen (https://i.ytimg.com/vi/NlFg3FXZsaY/hqdefault.jpg) nach, bis sich die Bilder in meinem Kopf zu vermengen beginnen (http://static4.album.ee/files/1128/67/orig_28216843_eS9C.jpg) und ich erneut in einen leichten Schlaf falle.

1 ein früherer Gang zum Hafen (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24251-nightmare-files-kapitel-6-der-lachende-tod/?p=412536)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 20.12.2016 | 16:30
Ove
Ich liege noch eine Weile wach, nachdem sich Kristine zum Schlafen umgedreht hat.
Ja, morgen ist ein neuer Tag... hoffentlich wird es ein besserer Tag. Aber wenigstens haben wir wieder alle Möglichkeiten etwas aus dem Tag zu machen.

Ich drehe mich schließlich auch auf die Seite, mache das Licht aus und übergebe mich dem Schlaf.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 22.12.2016 | 21:16
Am Morgen scheint die Sonne ins Haus. Der Regen hat irgendwann in der Nacht aufgehört.

Clive hatte eine gute, erholsame Nacht wie schon lange nicht mehr. Erfrischt wachst Du auf. Der frische Duft von Kaffee steigt Dir in die Nase, während Ayana Dir die Hand leckt. Jeden einzelnen Finger genüsslich, leidenschaftlich und ergeben.

Du schlägst die Augen auf. Luni liegt einige Meter vom Bett entfernt auf dem Teppich und schaut, den Kopf zwischen den Pfoten, zu Dir hoch.
Seine blauen Augen schauen traurig. Ungläubigkeit und Unverständnis liegt in seinem Blick.

Du brauchst einige Sekunden, um Dich zu orientieren. Die schwarze Gazelle steht vor dem Fenster und schaut auf die Landschaft hinaus. Ihr pralles, rundes Gesäss blickt Dich an, wie das pausbäckige, strahlend glückliche Gesicht eines kleinen Kindes. "Guten Morgen, Doktor. Frischer Kaffee steht auf dem Tisch. Ich war so frei und habe ihn zubereitet. Er ist ein wenig kräftig. Seien Sie gewarnt."

Noch immer werden Deine Finger geleckt. Es ist die Wolfshündin...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 22.12.2016 | 21:18
Donnerstag, 13.07.1933
Ceallaigh Manor, nahe dem Dorf Seillean-Mòr Blàr zwischen Bramble Hill und Lough Key, Landkreis Roscommon, Irland


Clive

Irritiert beobachte ich die Wolfshündin, die das Salz der Nacht von meiner Haut leckt. Im ersten Moment bin ich zu verwirrt, um ihr meine Hand zu entziehen.

Es fällt mir schwer, das Bild von Frieden und Eintracht, das sich mir bietet, mit dem gestigen Tag in Einklang zu bringen. Alles wirkt wie gemalt: Ayana, die aus dem Fenster blickt, der treue Luni und die fürsorgliche Wolfshündin, der Duft von frischem Kaffee, der in der Luft hängt. ... Alles scheint schon zu perfekt, wie aus meinen Wunschträumen entsprungen. ... Und ungewohnt ... nah.

Als der Geruch des Kaffees meine Sinne weckt, vermag ich eins nach dem anderen die Dinge an ihre rechte Position zu rücken: Die Zunge der Wolfhündin ebenso wie die Ayanas Rundungen ...

Noch während ich in Lunis Augen blicke und versuche zu erraten, was sie mir sagen wollen, meine ich zu Ayana: "Wunderschön!"

Mein Blick gleitet wieder zu Ayana herüber. Als sie sich umwendet, setze ich erklärend hinzu: "Das Land meine ich." Aber die Pause nach meinem ersten Satz war wohl zu lang, denn Ayana hat schon wieder ein Lächeln aufgesetzt, das sowohl anzüglich wie abschätzig sein könnte. "Die Landschaft hier ist sehr malerisch. Wenn sich morgens der Nebel lichtet, kann man bis zum Fluss hinabsehen. Der An Bhúill (http://biologos.org/files/resources/boyle_5_1-1.jpg)1 beschreibt hier einen sehr idyllischen, sanften Bogen." Ich deute mit der Hand eine Rundung an und ziehe sie mitten in der Bewegung wieder verlegen zurück. "... Und der Wald ... ja der Wald ist etwas ganz besonderes. Mit seiner urtümlichen Kraft erinnert er einen daran, wie unbedeutend man selbst doch ist und wie kurz die Spanne, die wir hier verweilen." Gedankenverloren setzte ich etwas leiser nach: "Ich hatte immer das Gefühl, er blickt zurück und wartet ab ... wartet darauf, dass wir Menschen wieder von dem Antlitz der Erde verschwinden und er den Boden wieder in Besitz nehmen kann ... oder darauf, dass etwas geschieht oder ich etwas tue ..." Dann werde ich mir wieder der Situation bewusst und ergänze mit festerer Stimme: "Aber das ist natürlich Unsinn. Selbst der Wald verändert sich. Seit einigen Jahren machen sind unaufhaltsam wilder Wein, Efeu und Waldreben darin breit. Muss wohl mit dem Klima zu tun haben. Sie werden den Wald irgendwann ersticken, wenn sich nichts ändert."

1 Boyle River
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.12.2016 | 16:59
Der Morgen geht voran. Nach dem Aufstehen folgt das Zurechtmachen und dann das Frühstück. Gefolgt von einem Blick in dir Zeitung.

Roscommon Tribune DO., 13. JULI 1933

SOWJETUNION
Der amerikanische Pilot, Jimmie Mattern, der seit dem 14. Juni
als verschollen galt, als er sich auf dem ersten Solo-Flug rund
um die Welt befand, hat ein Lebenszeichen von sich gegeben.
Am 7. Juli verschickte er aus der sibirischen Stadt Bocharova
ein Telegramm mit den Worten: - Sicher in Anadyr, Chukotka,
Sibirien. Jimmie Mattern. -

BAILE ÁTHA LUAIN / ATHLONE
Wie die Polizei mitteilte, wurde auf dem Gelände der städtischen
Müllkippe der Stadt ein weiblicher Leichnam entdeckt. Das Opfer
der Tat wurde bereits vor einer Woche entdeckt, doch erst jetzt
konnte der Leichnam identifiziert werden. Bei der Frau handelt es
sich um die 19-jährige K. Ó Brian aus dem Dorf Seillean-Mòr Blàr.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.12.2016 | 17:30
Ayana setzt sich zu Dir an den Frühstückstisch. "Ich habe wenig Sinn für die Landschaft. Ob idyllisch oder was auch immer. An so etwas habe ich kein Interesse. Wenn Dich das Kraut im Wald stört, dann kack alles um, reiss alles mit den Wurzeln heraus, pflüg es um, pflanz neue Bäume und in dreissig oder vierzig Jahren steht hier ein neuer Wald."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 27.12.2016 | 18:49
Clive

Ich schüttle nur geistesabwesend den Kopf über Ayanas Bemerkung. Sie beweist lediglich mangelndes Wissen über die verheerenden Abholzungen des letzten Jahrhunderts. Und zu viel Ignoranz gegenüber Glauben und Magie der frühzeitlichen Einwohner Irlands liegt darin. Menschen, die nicht viel mehr als ihren Glauben hatten, um sich gegen finstere Mächte zur Wehr zu setzen. Menschen, die den Shannon schon vor Jahrtausenden gerade dort überquerten, wo nun Kayleighs Körper wie der andere Unrat weggeworfen wurde ...

Aber jetzt ist nicht der Zeitpunkt für eine Belehrung. In meinem Kopf ist nur Raum für die Bilder der kleinen Kayleigh, die mit mir Tee trinkt und meinen Kandis klaut. Und dann stelle ich mir vor, was dieses arme Mädchen erdulden musste, wenn sie Opfer einer Bluttat nach dem Vorbild der Whitechapel-Morde geworden ist.

"Mein Gott!", seufze ich. "Das arme Mädchen. Und ich habe gestern noch mit Ihrer Mutter über sie gesprochen (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134407045.html#msg134407045) ..."

Dann blicke ich von der Zeitung auf. Ich erinnere mich nur zu gut an den Artikel in der Irish Times (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99516.msg134407484.html#msg134407484) ... es ist nicht schwer, 1 und 1 zusammenzuzählen. Oder sollte es sich um zwei Morde handeln?

"Ein Mädchen hier aus dem Dorf wurde bei Baile Átha Luain tot aufgefunden. Das ist ... vielleicht 45 Meilen von hier entfernt. Ich vermute, sie war auf der Heimreise ... vielleicht von Dublin", erkläre ich Ayana.

"Das ist kein Zufall", überlege ich. "Ich muss keinen kurzen Brief schreiben ... an meinen Jäger. Er soll die Augen offen halten."

Ohne weitere Erklärung gehe ich herüber zum Sekretär und beginne zu schreiben:

Zitat
"Lieber Niall (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99947.msg134448429.html#msg134448429),

ich habe eben mit großer Bestürzung gelesen, dass die Polizei offenbar glaubt, Kayleigh Ó Brians Leiche bei Baile Átha Luain gefunden zu haben. Sie scheint das Opfer eines Verbrechens geworden zu sein.

Dieser Vorfall ist schon schrecklich genug, sollte er sich bestätigen. Aber zu allem Übel fürchte ich, die Angelegenheit könnte mit dem Sebastians-Mord (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25544-nightmare-letters-briefwechsel-zwischen-matilde-und-clive/?p=448007) vor fünf Jahren und diesen Tieropferungen im Wald zusammenhängen.

Darf ich Dich bitten, besonders vorsichtig und umsichtig zu sein, wenn Du im Forst unterwegs bist? Halte die Augen offen und unterrichte mich bitte, wenn Dir irgendetwas ungewöhliches auffällt, sei es auch nur eine Kleinigkeit.

Gestern hat Matilde mit einem alten Bekannten das Manor verlassen. Weil sie schnell abreisen musste, konnten wir nicht mehr miteinander sprechen. Ich fürchte, sie könnte zu Fuss unterwegs sein. Sie lässt sich eben nicht aufhalten, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. ... Gestern Nacht das Unwetter und nun diese Nachricht. Auch wegen ihr mache ich mir also ein wenig Sorgen, obwohl sie John mitgenommen hat.

Ich wäre Dir sehr verbunden, wenn Du ein wachsames Auge auf die Gegend hättest und vertraue auf Deine Diskretion."

Nachdem ich den Brief um ein paar höfliche Umgangsfloskeln ergänzt und unterschrieben habe, stecke ich ihn in ein Couvert, welches ich sorgsam versiegele und beschrifte. Dann rufe ich Mrs. Ó hEidirsceóil und bitte sie, den Brief nachher für mich beim Haus des Jägers abzugeben

"Wie geht es nun weiter? Ich kann schwerlich Ayana mit zu Braddock nehmen. ... Ich werde mich für ein, zwei Stunden entschuldigen müssen. Dann kann ich mich mit Ove beraten und gemeinsam mit ihm Braddock aufsuchen."

Dann fällt mein Blick wieder auf Ayana und mir geistern ihre Worte der letzten Nacht über die Hölderlin-Zwillinge durch den Kopf. Weit entfernt von der Wärme ihres Körpers und dem Duft ihrer Haut lässt die Gleichgültig, mit der sie erklärte 'Ich hätte ihr Blut trinken sollen' (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134444035.html#msg134444035) auch jetzt noch einen Schauder über meinen Rücken fahren. "Wie ernst war das gemeint?"

"Weist Du etwas über diesen Mord ... oder diese Morde?", frage ich geradeheraus und in sehr bestimmten Tonfall.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.12.2016 | 20:34
"Wie kommst Du darauf, Doktor, ich könnte etwas mit dieser Sache zu tun haben?" Sie zeigt Dir ihr unschldigstes Lächeln und entblösst dabei zwei Reihen strahlend weisser Zähne.

"Hältst Du mich für eine skrupellose Mörderin? Oder hältst Du mich nur für skrupellos?" Ayana scheint entrüstet, doch lächelt sie sogleich wieder.

"Nein. Ich habe hier niemanden getötet."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 28.12.2016 | 02:46
Clive

Ich weise die Unterstellung rasch von mir, auch wenn Ayana damit in Wahrheit meine Befürchtung sehr genau erfasst.

"Das habe ich auch nicht behauptet.

Ich habe nur gefragt, ob Du etwas darüber weißt ... konkrete Fragen, klare Antworten ...", erinnere ich sie.

Tatsächlich bin ich erleichtert. Natürlich könnte Ayana lügen, aber etwas lässt mich glauben, dass Ayana selbst bei einer solchen Tat die Scham fehlen würde, sie vor mir einzuräumen. Außerdem glaube ich nicht, dass die Huldiger auf dem Landweg nach Seillean-Mòr Blàr gekommen sind ... ebensowenig wie Paul.

"Der Mord an Kayleigh und das Auftauchen der Fremden ... sollte das aus reinem Zufall zusammenfallen?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 28.12.2016 | 07:51
"Doktor! Ich habe doch gerade erst gesagt, dass ich nichts damit zu tun habe." Ayana's Stimme klingt leicht entrüstet. "Weshalb nimmst Du noch immer an, dass mein Auftauchen mit dem Mord etwas zu tun haben könnte? Ich gebe mein Wort nicht leichtfertig."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 28.12.2016 | 15:34
Clive

Ich hebe in einer abwehrenden Geste die Hände und erkläre noch einmal in etwas resigniertem Tonfall:

"Ich habe nicht behauptet, dass Du etwas damit zu tun hast. Trotzdem könnte es sein, dass Du eine Verbindung siehst."

Ich suche die Irish Times heraus und lege ihr beide Artikel in.

"Diese ganze Geschichte mit der Hand nahm ihren Anfang in London. Dort wo Tcho-Tcho leben sollen. In London ist es vor Jahrzehnten zu den Whitechapel-Morden gekommen. Jetzt kommt es hier zu vergleichbaren Vorfällen. Nur ein beliebtes Bild der Presse, mit der sie die Leser einfangen wollen? Ein Nachahmungstäter? Möglich! Aber ich glaube vorsorglich doch zunächst einmal an einen Zusammenhang. Du selbst hast schließlich gesagt, mir drohe Gefahr."

Nach einer kurzen Pause greife ich nach meinem Gehstock.

"Sei dem, wie es will ... Ich muss für ein oder zwei Stunden mit Ove etwas im Dorf erledigen. Wir sehen uns dann vor dem Mittag wieder."

Damit mache ich mich auf den Weg um das alte Gemäuer, um Ove abzuholen und ihm von den Todesfällen zu berichten.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 28.12.2016 | 19:14
"Die Whitechapel-Morde liegen lange zurück. Zu lange, um noch von Bedeutung zu sein, möchte ich meinen. Den Täter kannst Du sicher in einem Grab suchen."

"Aber warte. Was haben die Tscho damit zu tun?" Ayana klingt interessiert.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 28.12.2016 | 19:53
Clive

Ich wende mich in der Tür noch einmal zu Ayana um:

"Nun ... genau weiß ich es natürlich auch nicht.

Ein Informant brachte die Auktion, auf der die Hand angeboten wurde, und die Vorkommnisse in London allgemein mit den Tcho-Tcho, die dort leben sollen, in Verbindung.

Mrs. Marquard, die in London die Hand ersteigern wollte und Jahre zuvor an der Expedition teilgenommen hatte, mit der die Hand nach Europa kam, erzählte uns kurz vor ihrem Ableben noch, die Hand stamme von dem Hochplateau von Leng. Und dort sollen die Tcho-Tcho heimisch sein. Die Hand stammt wohl aus einem Dorf der Tcho-Tcho."

Dann trete ich durch die Tür, um Ove aufzusuchen.

"Ayana weiß offenbar vieles. Sie weiß um die Existenz der Tcho-Tcho. Aber tappt Sie bei den Verbindungen tatsächlich genauso im Dunkeln wie wir? Oder spielt sie nur die Unwissende? ... Es ist einerlei. Mir hilft das eine im Moment ebensowenig wie das andere."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 29.12.2016 | 22:14
Clive

Ich gehe durch den Park des Ceallaigh Manor um das alte Gemäuer herum. Dabei muss ich mich selbst davon abhalten, zu den Fenstern heraufzublicken, denn ich bilde mir ein, Ayanas Blick auf mir zu spüren. Es verwundert mich, dass sie keine Einwände gegen mein Vorhaben erhoben hat. Ich hatte erwartet, sie würde mir nicht mehr von der Seite weichen. Schließlich hat sie erklärt, ich befinde mich in einer Gefahr, vor der sie mich bewahren will.

"Es ist schwer zu Ayana Vertrauen zu fassen. Ich möchte es ja. Mir gefällt ihre selbstbewusste Art. Mir gefällt, dass ihr gleichgültig ist, was andere Menschen denken ... über sie und alles andere. Mir gefällt, dass ich offen zu ihr über Erlebnisse und Gegebenheiten reden kann, die mir kein normaler Mensch glauben würde. Das macht alles so viel einfacher ... wie mit Matilde. ... Ich sehne mich nach dieser Selbstverständlichkeit des Unbegreiflichen! ... Aber da sind so viele Dinge unausgesprochen, dass wirkliches Vertrauen nur langsam wachsen kann."

Unvermittelt muss ich an ein Gemälde von Sir Edward Coley Burne-Jones (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4d/The_Beguiling_of_Merlin_by_Edward_Burne-Jones.jpg) denken. Ich verdränge den Gedanken an 'meine' Nimue. Und konzentriere mich auf das, was vor mir liegt: auf Ove und Kristine, Braddock und Marie.

"Was soll ich nur Marie sagen ... wo ihre Mutter ist. Wie kann ich ihr erklären, dass ihre Mutter sie hier zurückgelassen hat? ... Ich bin überzeugt, sie konnte nicht anders handeln. Aber wie mache ich das dem armen Kind begreiflich?" Das plötzliche Bewusstsein, welche Last mir Matilde damit auferlegt hat, trifft mich wie ein Schlag. Ich merke, dass ich stehen geblieben bin und Tränen meine Augen zu füllen beginnen. "Warum jetzt? Was ist los mit mir? ... Ich glaube, ich habe noch garnicht wirklich begriffen, wie groß die Katastrophe ist, die gestern über mich ... über uns ... hereingebrochen ist. ... Kein Stein meines Lebens scheint auf dem anderen geblieben zu sein."

Ich zwinge mich auch diese Gedanken mit meinen Tränen fortzuwischen und setze meinen Weg trübsinnig fort.

Ove will ich von den Morden erst auf dem Weg ins Dorf zu erzählen. "Kristine muss nicht noch mehr verunsichert werden."

Dann stehe ich vor der Tür zum hinteren Anbau des Manor und bediene den schweren eisernen Klopfer. Düster hallt der der stumpfe Klang des Eisenrings durch die dahinter liegenden Räume.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 1.01.2017 | 22:32
Ove
Es ist ein sonniger, wunderschöner Morgen. Die Sonnenstrahlen wecken mich. Kristine neben mir ist bereits wach. Sie liest in einem Büchlein, vielleicht ist es ihr Tagebuch oder eine Kurzgeschichte. Durch meine schläfrigen Augen kann ich es nicht erkennen. Ich habe einen traumlosen Schlaf hinter mir und fühle mich extrem platt.

Kristine scheint guter Laune zu sein. Sie lächelt mich an.
"Schau, wie schön das Wetter ist. Hättest du das gestern gedacht? Wunderschön, oder?"

"Ja, wunderschön." Sage ich. "So wie du." Ich richte mich etwas auf, und noch bevor ich mir den Schlaf aus den Augen reibe, drücke ich ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange.

Kristine küsst mich liebevoll und enegerisch zurück und ich verliere mich in ihrem Kuss.
"Ove..." sagt sie mit leicht besorgtem Tonfall. "Es wird nie wieder sein, wie es mal war. So oder so nicht. Wir müssen uns der Zukunft stellen."

Ich bin noch immer schläfrig und erst langsam verstehe ich, was sie meint. Mir wurde die Gnade des Vergessens zu Teil, doch nun kehrt die Erkenntnis zurück, was gestern vorgefallen ist - was vor 3 Jahren in London passierte.
Mein Mund ist plötzlich trocken. Ich schlucke.

"Du hast recht." sagte ich mit festerer Stimme als ich es mir zugetraut hätte.

Später, als wir den Frühstückstisch decken wollen und Harry schon zu uns gestoßen ist, fällt uns wieder ein, dass wir eigentlich bei Clive zum Frühstück geladen waren. Peinlich berührt, räumen Kristine und ich die Marmeladen wieder in den Eisschrank. Kristine eilt anschließend ins Schlafzimmer zurück und zieht sich etwas eleganteres an. Ich folge ihr etwas später und hole mir mein Jacket.

Harry, der ohne frische Kleidung angereist war, steht etwas verloren in der Küche herum, als es an der Tür klopft.

Er ruft uns halb laut zu: "Es ist Doktor Savage!"

Schnell ziehe ich mir das Jacket über und eile in den Eingangsbereich. Kristine folgt mir dicht auf. Ich stecke mir noch schnell Collins' Revolver in die Jackettasche und stecke mein Notizbuch und einen gespitzen Bleistift in die Innentasche.

Ich entriegel die Tür und öffne sie.
"Clive. Guten Morgen. Es ist mir eine Freude dich hier zu sehen. Bitte entschuldige, dass wir noch nicht zu dir gekommen sind  Wir haben verschlafen. Wir wollten dich nicht beunruhigen."

Mir fällt tatsächlich eine leichte Last von den Schultern,  als ich bemerke, dass Clive gesund ist und hier vor mir steht. Das gute Wetter trägt ebenfalls seinen Anteil an der Verbesserung meiner Laune, im Vergleich zum gestirgen Tag, bei.

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 2.01.2017 | 19:43
Clive

"Das gemeinsame Frühstück ... das ist mir doch tatsächlich entfallen. Trotz der Nachricht für Caitlin. Ich selbst habe nur den Kaffee getrunken, den mir Ayana gebracht hat. Mrs. Ó hEidirsceóil wird nicht erfreut sein. Es wundert mich, dass Sie mich nicht darauf angesprochen hat. Ob das an Ayana liegt? ... Es ist vorstellbar, dass sie die Anwesenheit einer Afrikanerin ... und dann auch noch einer solchen Frau ... missbilligt ... vor allem, wenn sie sich in 'ihrer' Küche zuschaffen macht. Ob Mrs. Caitlin Ó hEidirsceóil mitbekommen hat, dass Ayana in meinem Zimmer geschlafen hat? ... Mir ist auch der Geruch des frischen Brotes entgangen. Backtag. Normalerweise weckt spätestens dieser Duft meinen Appetit. Der Tag hat ganz anders begonnen, als ich es mir vorgenommen hatte."

Meine Hand fährt zu meiner Brusttasche und ich lausche auf das Knistern des Papiers ... Matildes Botschaft, die ich heute morgen als erstes verschließen wollte.

"Nun, ich dachte, ich sehe mal nach Euch", antworte ich Ove ausweichend und bemühe mich, mir nichts anmerken zu lassen. Möglicherweise helfen die Zeichen, die die kurze Nacht in meinem Gesicht hinterlassen haben dürfte, meine vorübergehende Verunsicherung zu entschuldigen. "Gut wenn ihr ausschlafen konntet. Ich denke, Mrs. Ó hEidirsceóil sollte alles vorbereitet haben. Macht Euch keine Gedanken, mir scheint der gestrige Tag auf den Magen geschlagen zu sein. Oder es ist einfach das Alter. Bei mir hat sich jedenfalls noch nicht recht der Appetit eingestellt.

Und ich war auch ein wenig abgelenkt ... aber dazu später."

"Vielleicht kann ich Ove dazu bewegen, sich etwas früher mit mir auf den Weg ins Dorf zu machen. Nicht dass uns Braddock abreist, bevor wir mit ihm sprechen konnten", überlege ich. Aber ich bin selbst zu sehr im Zweifel, ob es eine gute Idee ist, Ayana mit Kristine und Mr. Blackberry alleine zu lassen, um diesen Vorschlag auszusprechen.

"Also, wenn Ihr noch nicht gefrühstückt habt, sehen wir mal nach, was Mrs. Ó hEidirsceóil für uns auf die Schnelle gezaubert hat."

Ich nehme mir vor, Ayana unauffällig zur Seite zu nehmen und um Zurückhaltung zu bitten ... um Kristine nicht noch weiter in Aufregung zu versetzen. Aber ich glaube nicht ernsthaft, dass Ayana meiner Bitte nachkommen wird. "Einen Versuch zumindest ist es wert!", denke ich resigniert.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 2.01.2017 | 22:31
"Fein. Wir kommen gerne mit. Wir sind auch so weit."

Mit einer Geste bitte ich Harry und Kristine, Clive nach draußen zu folgen. Als alle drei aus unserer Wohnung getreten sind, schließe und verschließe ich die Tür.

"Clive, wie geht es dir?" Fragt Kristine auf dem Weg in den Hauptteil des Manor und kommt mit damit zuvor.
Sie erspart Clive einen Kommentar zu seinem abgekämpft wirkenden Aussehen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 3.01.2017 | 02:38
Clive

Wider Erwarten verläuft das gemeinsame Frühstück ohne Zwischenfälle. Alle scheinen allerdings daran interessiert zu sein, es schnell hinter sich zu bringen. Bald schon kehren Kristine und Harry Blackberry in den Anbau des Manor zurück und Ove, der bereits mit seinem Notizbuch bewaffnet ist, folgt mir ins Dorf.

Nachdem wir die Pforte des Manor Ceallaigh Manor (http://www.rootsweb.ancestry.com/~irlcar2/Dunleckney_Hse_Gate.jpg) gerade durchschritten haben und bevor wir die Anhöhe erreichen, hinter der die Straße hinab in die Senke führt, in der das Dorf liegt, beginne ich vorsichtig, Ove von den Zeitungsartikeln über die beiden Morde in Mullingar und in Baile Átha Luain zu berichten.

Als wir uns dem Camàn Inn (https://comeheretome.files.wordpress.com/2012/12/priory-robert-french.jpeg?w=500&h=378) nähern, hat Ove die Neuigkeiten offensichtlich noch nicht vollständig verdaut.

Um das Thema zu wechseln und Oves auch etwas positives mitzuteilen, erzähle ich noch kurz, dass ich mich noch eine Weile mit Ayana unterhalten habe, nachdem ich mich gestern von ihm verabschiedet habe. Die Umstände und den Ort des Gesprächs lasse ich unerwähnt, aber ich erkläre, dass Ayana nach ihren Angaben zu uns gekommen ist, um uns dabei zu helfen, die Kreatur zu vernichten, von der die Hand stammte.

"Sie war auch nicht erschrocken darüber, dass ich die Hand vernichtet habe. ... Ich meine 'nicht erschrocken' in dem Sinne, dass sie offensichtlich nicht hier war, weil sie die Hand für sich haben wollte. Ayana meinte, uns hätte die Hand vielleicht helfen können, aber sie war offensichtlich nicht auf der Suche nach der Hand. Sie schien eher verwundert, dass ich die Hand überhaupt vernichten konnte. Sie meinte, uns hätte die Hand möglicherweise irgendwie helfen können, weil wir sie gegen die Kreatur hätten wenden können, von der sie stammt. Einer alten Legende zufolge sei dieses Wesen 'durch sich selbst zu verletzen'. Aber diese Legende - wenn sie überhaupt mehr als eine Legende ist - kann viele Deutungen zulassen.

Ich denke, wenn uns dieses Wesen aus Leng tatsächlich bedrohen sollte, dann scheint Ayana unsere Verbündete zu sein. ... Vielleicht hat sie recht und es war ein Fehler, Karim fortzuschicken! ... Ich weiß es nicht. Aber zu viele Fremde auf einmal hätten mich wohl überfordert. Ich will nicht behaupten, dass wir nicht weiter vorsichtig sein sollten, was Ayana betrifft. Aber sie hat mich immerhin nicht in der Nacht angegriffen und sie behauptet von sich, mich schützen zu wollen. Und sie hat mir immerhin ein paar Fragen beantwortet. ... Also sehen wir erst einmal, wohin uns das führt."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.01.2017 | 13:13
Schwer von Efeu umrankt liegt das Gebäude des Camán Inn ganz in Grün vor Euch.

Die Regentropfen der vergangenen Nacht glänzen im Sommenlicht auf den Blättern wie Smaragde.
Es verspricht ein wunderschöner Tag zu werden.

Iefan Brothaigh ist vor der Tür, fegt den Kies und liest einige Zigarettenkippen auf. Als er Euch sieht, nickt er Euch zu.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 5.01.2017 | 16:29
Clive

Als wir den Hof des Camán Inn erreichen, halte ich die Augen nach der olivgrüne Vauxhall D-Type Limousine (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134409040.html#msg134409040) offen, um mich zu vergewissern, dass Braddock noch nicht abgereist ist.

"Dia duit, Iefan! Bhfuil an aimsir go h-álainn?1", versuche ich die Konversation unauffällig zu beginnen. Aber meine Stimme strahlt keine gute Laune aus. Und dann verdüstert sich mein Gesicht, als mir wieder die Zeitungsartikel einfallen. Leiser fahre ich fort:

"Dabei gibt es keinen Grund zur Freude heute ..., wenn das stimmt, was die Zeitung über die arme Kayleigh berichtet hat. Ganz schrecklich ist das. ... Ich mochte das Mädchen. Sie hat mich früher öfters zum Tee besucht, als sie noch klein war."

Nach dem das Gespräch sich eine Weile um aktuelle Dorfthemen gedreht hat, werfe ich ein, was mir seit letzter Nacht nicht aus dem Kopf geht:

"Sag mal, gestern waren eine Menge Fremde hier im Dorf, die uns aufgesucht haben. Die meisten von ihnen unterlagen offenbar einem Irrtum und sind sofort wieder gegangen. Sind noch mehr von denen bei Dir abgestiegen? Außer Mr. Braddock meine ich. Ein kleiner Mann arabischer Herkunft vielleicht?"

"Und schon beginnt Ayana, Einfluss auf meine Entscheidungen zu nehmen ...", ärgere ich mich ein wenig über mich selbst. "Aber vielleicht war es tatsächlich ein Fehler, Karim so einfach gehen zu lassen. Eigentlich gefiel er auch mir im Gegensatz zu den Zwillingen. ... Nur ... ist es tatsächlich Karim, den ich in meiner Nähe wissen will, oder vielleicht doch eher sein Medikament? ... Habe ich doch mehr Angst vor dem Unvermeidlichen, als ich mir selbst eingestehen will?" Und wieder kommen mir die Worte Ayanas über die Unsterblichkeit in den Sinn. Aber sie fühlen sich für mich auch heute noch genauso fremd an, wie in der letzten Nacht.

1 Dia duit, Iefan! Bhfuil an aimsir go h-álainn? = Gott sei mit Dir, Iefan! Ist das Wetter nicht wunderbar?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.01.2017 | 17:57
Braddock ist wohl noch nicht abgereist. Der dunkelgrüne Mietwagen steht noch immer im Hof unter der Linde.

"Usere Kayleigh." Iefan's Hände krampfen sich um den Besenstiel und seine Stimme wird düster. Verärgerung, Zorn, Ohnmacht und Trauer schwingen in seiner Stimme mit, während seine Augen feucht werden. "Da ist die Süsse kaum flügge und macht sich auf die Welt ein paar Schritte zu erkunden und wird dann wie Müll behandelt. Und dann sagt man ihr noch nach, sie sei eine Bordsteinschwalbe gewesen."

Iefan rümpft die Nase und schnieft. Er reibt sich die Augen und macht eine längere Pause, bevor er weiter spricht. "Ja. Die Männer haben sich gestern Abend ihr Maul zerrissen, aber gesehen hat diese Fremden wohl niemand. Nur die Frauen haben ihre Männer mit der Neuigkeit scharf gemacht."

"Aber Du, Clive, Du scheinst doch mal wieder mehr zu wissen, als alle anderen zusammen. Erzähl bitte mal, was hier so angesagt ist."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 6.01.2017 | 00:09
Clive

"Ach, wenn ich das nur wüsste! ... Bei mir waren diese Leute zum größten Teil falsch. Deswegen sind sie ja wieder gegangen. Sie verschwanden so plötzlich, wie sie kamen. Ich frage mich ernsthaft, wohin sie gestern bei diesem schrecklichen Unwetter gegangen sind, wenn nicht zu Dir. ... Ich muss schon sagen, sehr merkwürdig ist das ganze.

Aber nicht alle Besucher waren Fremde. Ein alter Bekannter ist gekommen, um Matilde abzuholen. Sie muss leider für eine Weile fort ... Familienangelegenheiten.

Falls Du doch noch etwas über den Verbleib der Fremden hörst, wäre ich Dir verbunden, wenn Du mir sofort Bescheid geben würdest.

Und was Kayleigh betrifft, sollten die Leute zurückhaltender mit solchen Gerüchten sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da etwas dran ist. Und über Tote soll man bekanntlich nichts Schlechtes sagen. Die Journaille hat schon wieder hinsichtlich eines Mordes in Mullingar vor einer Woche in bekannter Manier Vergleiche zu den Whitechapel-Morden gezogen. Das verschafft manchem Leser eine Gänsehaut und fördert die Verkaufszahlen. Dran war aber bisher nie etwas. Der Ripper ist und bleibt tot. Und selbst wenn die ermordete Frau aus Mullingar eine Hure gewesen sein sollte, was hat das mit Kayleigh zu tun? ... Manchmal beneide ich Dich nicht darum, was Du Dir so alles anhören musst!"

Ich schüttele verständnislos den Kopf.

"Jetzt müssen Ove und ich wohl Mr. Braddock noch einen kurzen Besuch abstatten, falls er da ist. Er hat mir gestern eine Nachricht zukommen lassen, dass er mich gerne noch einmal hier sprechen würde."

Fragend blicke ich Iefan an und warte auf eine Auskunft, wo ich Braddock finden kann.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 6.01.2017 | 10:01
Iefan's Miene hellt sich auf. Er erscheint wie ausgewechselt. Er lässt den Besen fallen und stürzt auf Dich zu.
"Oh gütiger Gott. Ich bin ja so froh." ...
"Sie hat Cainnech gefunden. Ja?!" ...
"Er lebt also. Ich wusste es." ...
"Wann? Wo? Wie?" ...
"Holt sie ihn ab?" ...
"Geht es ihm gut?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 6.01.2017 | 10:37
Clive

Iefan stürzt so plötzlich auf mich zu, dass ich für einen Moment zu perplex bin, um mir auf sein Verhalten einen Reim zu machen. Dann dämmert mir langsam, dass er das Wort 'Familienangelegenheiten' missdeutet hat. Dabei ist der Gedanke, Cainnech zur 'Familie' zu zählen, mir in den letzten drei Jahren fast selbstverständlich geworden.

"Merkwürdig, wie sich das Verhältnis zu einem Menschen noch nach seinem Tod verändern kann. ... Cainnech war für mich schon vor London mehr als nur ein Angestellter ... aber eben doch nicht Familie. Ich nahm ihn nicht als Kind wahr, wie Matilde. Dafür kannte ich wohl auch seine Eltern zu gut. ... Aber die Rolle eines Schwiegersohns fühlte sich dann posthum doch sehr angenehm an. ... Und ich hätte es sehr begrüßt, wäre es nicht lediglich eine Rolle geblieben. ... Wenn die Dinge anders gekommen wären ... Dann wäre Matilde jetzt vermutlich nicht fort. Dann hätte sie hier vielleicht glücklich werden können."

Traurig sage ich zu Iefan: "Nein, leider nicht. Cainnech fehlt mir auch. Nein, es geht um Matildes Familie in Italien. ... Über Cainnechs Verbleib habe ich bis heute nichts herausfinden können. Eine Mauer des Schweigens. Kein Wunder, so wie sich die Polizei damals aufgeführt hat. ... Aber ich gebe nicht auf. Und vielleicht habe ich nun einen Kontakt, der mir weiterhelfen könnte. ... Aber rede noch nicht darüber. Es wäre nicht gut, seiner Familie falsche Hoffnungen zu machen. Bisher haben alle Spuren nur in Sackgassen geführt."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 6.01.2017 | 10:58
"Ohhh." Deine Antwort lässt die Gesichtsfarbe aus Iefan weichen. "Ich... Ich... Ich weiss nicht, was ich sagen soll. Das ist bedauerlich."

Nachdem er sich gefasst hat. "Braddock ist hinten und frühstückt. Ich glaube, er wird heute noch abreisen. Er hat heute morgen auch die Zeitung gelesen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 6.01.2017 | 12:13
Clive

Bevor ich mit Ove hereingehe, frage ich Iefan noch:

"Meinst Du damit, dass er wegen des Mordes abreist? Hat er sich denn zu dem Zeitungsartikel geäußert?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 6.01.2017 | 12:25
"Ich glaube schon. Aber vielleicht hat er auch einfach nur genug von unserem Dorf."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 6.01.2017 | 12:40
Clive

Wir verabschieden uns bei Iefan. Dann gehen Ove und Clive nach hinten in den Frühstücksraum.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.01.2017 | 14:24
Der Frühstücksraum ist unbeleuchtet und stark beschattet. Licht fällt nur durch die Fenster mit Ausrichtung nach Westen hinein.
Braddock ist allein im Frühstücksraum. Er sitzt an einem runden Tisch in der Mitte des Raumes und lässt sich das Frühstück schmecken. Eier, Speck, Toast und Würstchen.

Als Ihr den Raum betretet, nickt er Euch zu. Er kaut noch, während er Euch begrüsst. "Guten Morgen, Doktor. Ist der junge Mann Ihr Leibwächter oder Ihr Anwalt?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 7.01.2017 | 15:40
Clive

Ich bin angesichts des exponierten Sitzplatzes etwas erstaunt. Eigentlich hätte ich Braddock als angebliches Mitglied eines Geheimbundes (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134420672.html#msg134420672) in irgendeiner Nische oder Ecke des Raumes vermutet, wo er selbst im Halbdunkel sitzt und den Raum beobachten kann ... aber das ist selbstverständlich nur ein Klischee.

"Darf ich vorstellen: Ove Eklund ... Raymond Edward Braddock.

Mr. Braddock ist im normalen Leben Mitarbeiter der Brandschutzbehörde von London. Daneben arbeitet er für eine Organisation mit dem namens S.A.V.E.

Mr. Eklund ist ein Freund und wurde gestern aus den gleichen Gründen von einem Fremden aufgesucht, aus denen auch ich unverhofften Besuch erhielt. Die Angelegenheit, über die Sie mit mir zu reden wünschten, betrifft ihn also ebenso wie mich.

Hier sind wir nun, um uns anzuhören, was Sie uns sagen wollen."

Bewusst lasse ich unerwähnt, dass Ove auch bei dem Hotelbrand in London anwesend war.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.01.2017 | 17:46
"Mmm... meine Herren." Braddock kaut genüsslich zu Ende. Dann bietet er Euch mit einer Handbewegung zwei Stühle an, während er sich leicht von seinem Platz erhebt. "Nehmen Sie doch bitte Platz." Er wischt sich den Mund mit einer Serviette ab und kramt eine Pfeife heraus, stopft sie und zündet sie sich an. "Wischen Schie." Er nimmt die Pfeife aus dem Mund und bläst den Rauch in die Luft, während er langsam ausatmet. "Die Lage hat sich geändert. Ich werde noch heute abreisen." Er nimmt einen langen Schluck Guinness und stellt das Glas hörbar wieder ab. "Vermutlich habe ich mich geirrt was Sie betrifft, Doktor."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 8.01.2017 | 17:42
Clive

Auch wenn Braddock sich vermutlich tatsächlich geirrt hat, verärgert mich seine ausweichende Antwort. Er reiht sich in eine lange Schlange von Personen ein, die uns mit Andeutungen abgespeist haben: Hartmut, Lord Penhew, die Huldiger, die Erpresser aus London, selbst das Wesen in der Schneiderei ... Egal wie sehr wir uns bemüht haben, ihnen war nicht mehr an Informationen zu entlocken. Ich möchte am liebsten mit der Faust auf den Tisch schlagen, aber ich verkneife es mir. Es würde ja auch nichts ändern.

"Ich verstehe Sie nicht. Gestern schien es Ihnen noch ungeheuer wichtig, mich vor einer rätselhaften Gefahr zu warnen. Sie sind auf meinem Grundstück herumgeschlichen und haben Ihre Karte in einer Teetasse versteckt, wofür Sie sich vermutlich sogar Zutritt zu meinem Haus verschafft haben. Sie haben hier im Dorf herumgeschnüffelt. Und jetzt war alles nur ein bedauerlicher Irrtum? Das erscheint mir doch etwas mager ...

Vielleicht verraten Sie mir, worin Sie sich genau geirrt haben, bevor Sie abreisen? Und was hat sich an der Lage seit gestern geändert?"

"Vielleicht meint er den Umstand, dass ich Ayana bei mir beherberge? Oder ist in der letzten Nacht etwas geschehen, von dem ich nichts mitbekommen habe? Oder geht es um den Mord an Kayleigh?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 9.01.2017 | 06:46
"Doktor, Sie sind ein intelligenter und gebildeter Mann. Sie sind weit gereist und haben viel erlebt. Und Sie machen sich Sorgen. Das kann ich verstehen. Ich kann auch verstehen, dass Sie verschnupft sind, weil Ihnen Informationen vorenthalten werden."

"So weit so gut." Braddock zieht an seiner Pfeife, "Dieser Pall Mall Tabak ist wirklich starkes Kraut. Ich sollte mir das Rauchen abgewöhnen."

"Hören Sie. Ich habe mehr über die Hand, die Frau Marquard ersteigern wollte, herausgefunden. Henry, mein Kollege, hat die Frau beobachtet. Leider wurde die Hand gestohlen und Frau Marquard verstarb bei dem Hotelbrand. Mein Kollege wurde ermordet. So weit das, was Ihnen bekannt ist. SAVE ist der Ansicht, dass diese Hand kein Katalysator des Bösen ist, sondern vielmehr ein Mittel zur Vernichtung eben dieses Bösen darstellen könnte. Ich selbst bin sogar fest der Ansicht, dass dem so ist."

Braddock schaut Euch abwechselnd in die Augen. "Sie wirken nicht überrascht, Doktor. Wohingegen Ihr Kollege sich unwohl zu fühlen scheint."

Braddock faltet die Hände. "Meine Herren, Sie wissen anscheinend mehr, als Sie zugeben wollen. Wenn ich hier auspacken soll, dann sollten auch Sie die Karten auf den Tisch legen."

"Mir ist hier im Dorf einiges aufgefallen. Ich habe noch ganz gute Ohren und mein Blick ist auch noch recht gut." Braddock lehnt sich in seinem Stuhl zurück. "Diese Fremden, die gestern hier im Dorf erschienen sind, waren zumindest sehr eigenartig. Sie zeigten Interesse an Ihnen, Doktor, nicht wahr?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 9.01.2017 | 10:27
Clive

"Ja, das ist richtig. Die Fremden waren eigenartig ... und sie kamen zu uns auf das Manor. Sie sagten über die Hand in etwa das Gleiche wie Sie. ... Aber wir haben die Hand nicht. Wie Sie sagten: Die Hand wurde gestohlen, bevor das Büro 'Kilmister & Stratton' sie für Mrs. Marquard ersteigern konnte. Ich denke, die Hand ist verloren.

Ich habe Zweifel, ob die Einschätzung, die Hand sei ein Mittel gegen das Böse, zutreffend ist. Bisher habe ich als Begründung lediglich einen Hinweis auf eine alte Legende erhalten. Aber solche Legenden sind vieldeutig und meist im Laufe der Jahre durch Ausschmückungen und vergessene Teile auch verfälscht.

Alles was wir über die Hand erfahren haben ist, dass sie Krankheit und Tod über ihre früheren Besitzer gebracht hat.

Ich denke nicht, dass man das Böse überhaupt verwenden kann, um das Böse zu vernichten. Das ist nicht, als würde man Feuer mit Feuer bekämpfen. Das Feuer lässt sich kontrollieren; es ist nicht böse oder gut; erst der Einsatz durch den Menschen (https://timeglobalspin.files.wordpress.com/2013/02/indo_film_0206.jpg?w=720) gibt dem Feuer ein gutes oder böses Ziel. Böse bleibt böse. Das Böse fordert seinen Tribut. Und es findet seine Nahrung in uns Menschen. Man kann sich des Bösen nicht bedienen und danach weitermachen, als sei nichts geschehen. Es schwelt im Inneren weiter und bricht irgendwann aus einem hervor ... Das Böse gewinnt letztendlich immer, wenn man zu solchen Mitteln greift."

Ich denke an 'Mkubwa Mkongwe Moja Mchinjaji', General Douglas Haig. Ich denke an die Zauber, die ich kenne und doch nie verwende ... fast nie ... "Ich habe Matilde auf Herm zurückgeholt ... aber habe ich ihr damit geholfen? Ich weiß es heute wenigen denn je. Würde Cainnech heute noch leben, hätte ich auf Herm anders gehandelt? ... Aber da ist Marie ... immerhin Marie. Es kann nicht ganz falsch gewesen sein."

"Um ehrlich zu sein: Wir vermuten, dass es gerade Ihr Kollege war, der den Brand in dem Hotel damals gelegt hat. Ich glaube, dass wir ihn im Fahrstuhl getroffen haben, als wir Mrs. Marquard besuchten. Wenn das stimmt, dann verließ er das Hotel unmittelbar bevor der Brand ausbrach und beobachtete alles von der anderen Straßenseite. Und dann wurden wir von eben diesen Häusern aus von einer Person unter Beschuss genommen, als wir uns zu retten versuchten. DAS war der wirkliche Grund, warum Mrs. Marquard gestorben ist.

Beschwören könnte ich selbstverständlich nicht, dass der Mann, der zu uns in den Lift stieg, der Mann auf dem Photo war, welches Sie mir gestern gezeigt haben. Aber ich glaube schon, dass es Joseph Henry war. ... Vielleicht wollte er ja verhindern, dass Mrs. Marquard die Hand ersteigert? ... Oder dass sie uns zu viel über die Hand erzählt?

Wir wurden damals in London von dem Tag an bedroht, an dem ich aus dem Zug gestiegen bin. Und diese Personen vermuteten in mir einen 'Spezialisten' (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25801-nightmare-bites-kap1-bühne-auf-eis/?p=454694) ... für was genau auch immer. Aber die Männer irrten sich schon darüber, wer der Grund meines Besuchs in London war. Sie glaubten, ich sei als 'Spezialist' für irgendetwas nach London gerufen worden. Aber das war nicht richtig. Ich bin damals aus einem ganz anderen Grund (http://en.ozonweb.com/wp-content/uploads/2010/09/Zigfield-Follies-Girls-2.jpg) nach London gereist."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.01.2017 | 05:15
"Jaaa. Die HAND wuuurde gestooohlen." Braddock kaut den Satz wie zuvor sein Frühstück. "Aber von wem? Und zu welchem Zweck? Der Rufpreis der Hand für die Auktion war nicht hoch angesetzt. Weshalb also stehlen? Das sind Fragen, die mir das Hirn zermartert haben. Beweisen kann ich bislang aber noch nichts."

"Und..." Braddock breitet seine Arme aus. "...es gibt weitere Fragen. Der Detektiv, Herr Stratton, ist kurz vor dem Auktionstermin aus London abgereist. Weshalb? Momentan weilt er wohl in Süd-Ost Asien. Und seine Frau? Frau Stratton, geborene Visconti, ging zu Ihnen nach Irland. Weshalb? Flüchtet sie vor etwas? Interessant ist noch etwas anderes. Frau Stratton war am Abend des Diebstahls im Auktionshaus und ist gesehen worden. Das ist gesichtert. Ein paar Professoren haben sich an sie erinnert. In dieser Nacht verbrannten zwei unbekannte Personen im Auktionshaus und die Hand wurde gestohlen. Das macht alles wenig Sinn. Eigentlich gar keinen und recht mysteriös ist es zudem."

"Zuerst glaubte ich, dass Frau Visconti die Hand gestohlen haben könnte, das Feuer im Hotel legte, um die Auftraggeberin zu beseitigen und dann noch den Zeugen, meinen Kollegen, aus dem Weg räumte, und dann zu Ihnen nach Irland floh." Wieder faltet Braddock seine Hände. "Aber ich hatte mich geirrt. Sie, Herr Doktor, waren ja bereits dort. Der Liftboy des niedergebrannten Hotels konnte sich an Sie und an Frau Stratton, sowie eine drive Person erinnern." Er lächelt schwach. "Auch das ergab für mich keinen Sinn. Aber jetzt fällt mir auf, dass die Beschreibung der Personen im Hotel auf Ihren Begleiter passt" Erneut lächelt Braddock. "Ove Ecklund, nicht wahr?"


"Und jetzt diese Fremden. Das ist ja fast wie bei den heiligen drei Königen, die zum Jesuskind in der Krippe pilgern." Er lacht. "Welch ein Unsinn."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 11.01.2017 | 22:09
Wieder ein Pfeiferaucher... diese Pfeiferaucher scheinen immer dann aufzutauchen wenn kurz danach etwas furchtbares passiert.

Die jüdische Schlägertruppe, als ich gerade erst bei Kilmister und Stratton angefangen hatte... haben die nicht auch Pfeife geraucht? Und der andere Bewerber auf die Stelle als Fotograf... rauchte er nicht auch? Und dann war dort der Raucher im Hotel von Mrs. Marquard. Gut... hier im Dorf gibt es auch einige Raucher... aber das sind keine so ungewöhnlichen Typen, die plötzlich irgendwo auftauchen. Ich sah sie auch häufig ohne Pfeife und die anderen Leute hier kannten sie bereits. Aber diese zugereisten Typen, sind schon sonderbar.

Bei dem Gedanken, dass Kristine vielleicht wieder etwas zustoßen könnte; dass wieder etwas schlimmes passiert; dass nun die Geschehnisse und Personen aus England uns wieder erreicht haben, machen mich nervös, doch noch kann ich es verbergen - mich zusammenreißen.

Als Braddock davon spricht, dass wir die Hand als Waffe gegen DAS oder ETWAS Böses verwenden könnten... hätten verwenden können, macht mich nun aber wirklich nervös. So ein verdammter Mist! Wie kann das sein? Warum haben wir es zerstört?
Oder ist das alles nur eine falsche Fährte? Und warum juckt meine Hand wieder so?!

Es ist zum Haare ausreißen, dieses Jucken, dieses Spannen der Haut.

Auf meine Unruhe angesprochen, ärgere ich mich über mich selbst. Ich zeige zu deutlich, wie ich mich fühle. Schnell bemühe ich mich wieder Kontrolle über mich und meine Erscheinung zu erlangen. Es gelingt mir und kurz denke ich: Vielleicht ist es gar nicht schlecht, dass meine Hand vielleicht DIE Hand ist... oder wird. So kann es meine Hand sein, die das Böse besiegt.
Ich reiße mich nicht darum das BÖSE kennenzulernen, mich ihm zu stellen. Aber es scheint mir auf lange Sicht unausweichlich. Da beruhigt es mich etwas, dass ich vielleicht nicht so wehrlos und unbewaffnet bin, wie ich mich ohne meine Pistole oder eine andere Waffe fühle.

Ein kurzer Gedanke: Ich sollte Kampftraining nehmen.


Als Braddock auf das Hotel und die dritte Person, mich, zu sprechen kommt, bleibe ich weitgehend ungerührt. Ich verbessere lediglich seine Aussprache:
"Der Name ist: Eeeklund. Langes 'E'..."

Sein letzter Satz passt nun sogar in mehrfachem Sinne, sowohl als Kommentar über die absurde Pilgerreise unserer "Huldiger" und den "Zufall", dass sie alle gleichzeitig ankamen... und auch zu meiner unsinnigen Verbesserung seiner Aussprache, doch ich hielt es für Ratsam seinen selbstgefälligen Monolog zu stören und ihn auf wenigsten EINEN offensichtlichen Fehler anzusprechen. Dieser kleine Fleck auf der Fassade seines Wortgebäudes könnte vielleicht der erste Hinweise auf einnen Riss, einen grundlegenden Fehler in seinen Worten und seinem sicheren Auftreten sein.

Da er allerdings zu Clive und weniger zu mir zu reden scheint und es der Anstand gebietet, schweige ich weiter. Ich bin ja nur Clives "Anwalt"... besser wohl ... sein Journalist.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 12.01.2017 | 14:08
Clive

"Ja, ganz erstaunlich, dass so viele Fremde hierher pilgern ... und sich in meinen 'Stall' schleichen." Dabei sehe ich Braddock unverwandt an.

Ich habe den Eindruck, dass Braddock überwiegend spekuliert und Behauptungen ins Blaue hinein aufstellt, um uns aus der Reserve zu locken und so an Informationen zu gelangen.

"Nun, es waren wohl viele Menschen im Auktionshaus, um die Objekte zu begutachten. Ich gehöre jedenfalls nicht dazu. Ich habe das Auktionshaus nicht betreten. Ich hatte auch nie die Absicht, die Hand zu erwerben.

Meiner Erinnerung nach fand der von Ihnen erwähnte Vorfall im Auktionshaus sogar einen Tag vor meiner Anreise statt. Zu der Zeit dürfte ich mich auf einem Schiff mitten auf dem Muir Bhreatan ... oder wie Sie sagen würden: dem St. George's Channel ... befunden haben. Gleichzeitig gab es in der Straße einen Banküberfall, wenn ich mich recht entsinne. Ich habe einen Artikel darüber in der Zeitung gelesen, als ich mit dem Zug in London eintraf.

Die Hand könnte jeder genommen haben. WENN sie überhaupt jemand entwendet hat. Soviel ich weiß, wurde die Maske als das Prunkstück der Versteigerung doch in einem Schrank im Auktionshaus wiedergefunden, nicht wahr? Vielleicht hat auch die Hand damals in Wahrheit garnicht das Haus verlassen. Ich habe keine Ahnung. Vielleicht gab es noch mehr Menschen, die Ihre Quellen kannten und der Hand einen besonderen Wert beigemessen haben. Was bedeutet dann schon das Startgebot, wenn man überboten werden kann?

Wo Mr. Stratton geblieben ist, kann ich Ihnen nicht sagen. Dass er sich in Süd-Ost-Asien aufhalten soll, ist mir neu. Und auch Matilde wusste nichts davon. Sie hätte es mir gesagt. Ich kannte Mr. Stratton nur flüchtig, bin ihm zweimal begegnet. Und wir mochten uns nicht, wenn ich das so sagen darf! ... Hugh Stratton war ... SPEZIELL. Ich denke es ist schwer, eine neutrale Haltung gegenüber einem solchen Menschen einzunehmen. Da gibt es wohl nur SCHWARZ und WEISS ohne viele Zwischentöne ... Wir waren uns sehr unähnlich in unseren Ansichten, unserer Lebensweise und unseren Umgangsformen. Aber Sie werden sich selbst eine Meinung gebildet haben.

Ich kann Ihnen aber sagen, WARUM er abgereist ist: Weil sich Matilde von ihm getrennt hat. Huge Stratton ist nicht der Typ, der mit einer solchen Zurückweisung gut umgehen kann ... Ich denke, er hält sich eher für unwiderstehlich.

Und ich versichere Ihnen, dass Matilde die Hand nicht gestohlen hat. Wenn dann schon eher Hugh Stratton ... Wurde nicht ein blonder Mann, dessen Beschreibung auf Mr. Stratton passte, in einem Zeitungsartikel erwähnt? ... Ich bin mir nicht mehr sicher."

Ich überlege, ob ich gerade Matildes Sohn in Gefahr bringe. Aber diesen kleinen Seitenhieb konnte ich mir nicht verkneifen. "Wenn Braddock den Aufenthaltsort von Hartmut kennt, dann verfolgt er ihn ohnehin bereits. Daran kann ich nun auch nichts mehr ändern."

Auf die Bemerkungen über Ove gehe ich nicht ein.

"In London begleitete mich ein ... Angestellter und Schüler ... hier aus dem Dorf. Ich glaube, ich erwähnte ihn bereits. Er wurde von der Polizei übel misshandelt und verschleppt. Seither fehlt von ihm jede Spur. DAS war dann auch der Grund MEINER Abreise. Ich war Englands Gastfreundschaft für Iren überdrüssig, wenn ich es einmal so formulieren darf!"

Ich blicke Braddock fordernd an.

"So, nun habe ich meine 'Karten auf den Tisch gelegt', wie Sie wollten. Jetzt ist es an Ihnen, 'auszupacken'!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 12.01.2017 | 15:11
'Chapeau, Clive! Chapeau!'
Dieser Braddock ist nicht unbedingt ein Sympathieträger. Er scheint mir eher ein erfahrener Ermittler zu sein, der wenigstens etwas Erfahrung damit hat Leute zu befragen... auszufragen.

Mir gefällt es sehr, wie Clive ihn nicht unhöflich aber bestimmt auflaufen lässt, ihn aber dennoch mit einem gewissen Minimum an Informationen bei Laune, bei Interesse zu halten versucht.


Ich entspanne mich etwas, als ich merke, dass Clive sich von Braddock nicht sonderlich aus der Ruhe bringen lässt.

Mr. Braddock ist nicht so weit gereist um ohne Informationen oder weitere Erkenntnisse wieder abzureisen. Blufft er vielleicht? Aber wenn nicht, welche Infos hat er gesucht? Wollte er vielleicht wissen, ob es bereits "Huldiger" gibt? Macht ihm das Angst? Macht ihm das Probleme? Will er vielleicht deswegen wieder abreisen, weil er sich bedroht sieht oder sieht, dass er zu spät ist?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 13.01.2017 | 19:24
"Bei derartig vielen Huldigern sollten Sie am Loch ein Hotel errichten, Doktor, und noch eine grosse Statue von Ihnen auf der vorgelagerten kleinen Insel. Das würde sicherlich ein wahrhaft grosser Erfolg werden." Er lächelt gequält.

"Aber Sie haben sicherlich Recht. Es müssen viele Menschen im Auktionshaus gewesen sein. Doch wie viele davon hatten Kontakt zu Frau Marquard? Und wie viele davon haben die Aufmerksamkeit von Huldigern erregt?"

"Dieser Ansatz brachte mich weg von Frau Stratton und hin zu Ihnen, Doktor."

"Ich habe mir über die Jahre eine gewisse Menschenkenntnis erworben. Und Sie, Herr Doktor, verschleiern viel mehr als Sie sagen."

"Ich gehe davon aus, dass es drei Parteien gibt, die ihr Spiel mit Ihnen treiben, bzw. treiben wollen. Die einen, die wollen, dass die Kreatur bekämpft wird. Die anderen, die Sie für die Kreatur benutzen wollen. Und dann... ja dann gibt es wohl noch eine dritte Gruppe, die nicht weiss, was Sie von Ihnen zu erwarten hat. Ob Sie der einen oder der anderen Seite zugeneigt sein werden. Das stellt für Sie natürlich ein gewisses Problem dar."

"Wer auch immer Sie in London begleitet hat, Doktor, blond ist nicht nur Herr Stratton, sondern auch Ihr jetziger Begleiter, Herr Ecklund. Aber was weiss ich schon. Ich bin nur ein kleiner und unbedeutender Ermittler. Und die Familienverhältnisse eines Privatschnüfflers interessieren mich nicht, ganz gleich, was Sie von ihm halten."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 14.01.2017 | 15:30
Clive

"Nun, immerhin sind Sie überraschend gut über Hugh Strattons Aufenthaltsort informiert, dafür dass Sie sich für ihn nicht interessieren.

Wenn ich ehrlich bin, erinnern mich Ihr Gehabe sogar zunehmend an Hugh Stratton. Ich habe das Gefühl, dieses Gespräch schon einmal geführt zu haben.

Ihr Ton gefällt mir nicht besonders:
SIE werfen mir vor, ich würde viel mehr verschleiern als preisgeben?
SIE schleichen sich auf mein Grundstück und in mein Haus,
SIE geben vor, von der Brandschutzbehörde zu sein, um Auskünfte zu erhalten, und behaupten kurz danach einer ominösen Geheimorganisation mit dem Namen S.A.V.E. anzugehören,
SIE fragen meine Nachbarn und Pächter aus und fordern von mir rückhaltlose Offenheit ...
OBWOHL ich Sie nicht kenne,
OBWOHL Sie selbst mir im Ergebnis nichts von Wert sagen,
OBWOHL Ihr bisheriges Benehmen nicht gerade geeignet war, bei mir Vertrauen zu erwecken?
Das ist lächerlich! Verlangen Sie nichts von anderen, was Sie selbst nicht zu tun bereit sind! Bisher habe ich Ihnen viel mehr Informationen gegeben als Sie mir. Wie ich es sehe, wären Sie am Zug, einmal offen zu reden. Sie kommen hier her, auf mein Land, und wollen, dass ich Ihnen dabei helfe, die Wissensfragmente zusammenzufügen. Dann müssen Sie mir schon alles sagen, was Sie wissen. Oder Sie hätten sich den Weg sparen können. Wenn man gewinnen will, muss man auch bereit sein etwas zu riskieren. Und wie groß wäre Ihr Risiko denn schon? Wir beiden sind hier ganz alleine auf dem Land. Sie haben eine ganze Organisation hinter sich.

Ich bin es leid, mich mit Personen zu unterhalten, die mich nur ausfragen wollen, ohne selbst etwas mitzuteilen. Entweder wir sprechen auf Augenhöhe oder das hier ist sinnlos.

Aber noch einmal: Ich war nicht im Auktionshaus. Ich bin erst am Tag nach dem Diebstahl im Auktionshaus in London angekommen. Weder Ove Eklund noch Cainnech haben mich daher ins Auktionshaus begleitet, weil ich überhaupt nicht dort war. Falls Ihnen jemand etwas anderes gesagt haben sollte, dann hat er gelogen. Mr. Eklund habe ich sowieso erst danach kennengelernt ... ich glaube zwei Tage nachdem die Hand gestohlen worden war.

Ich gehöre also NICHT zu den Menschen, die im Auktionhaus waren UND die Aufmerksamkeit von 'Huldigern' erregt haben. Die Fremden müssen aus irgend einem anderen Grund zu mir gekommen sein. Den Bezug, den Sie zu sehen glauben, gibt es daher garnicht. Zumindest die meisten Fremden sind auch sofort wieder abgereist. Auch die gehen also wohl von einem Irrtum aus. Und auch Sie wollen ja offenbar wieder fortgehen. Also gehen Sie auch nicht davon aus, dass ich der bin, für den mich diese Fremden halten.

Woher wollen Sie wissen, dass es nicht noch mehr Menschen gibt, für die sich die Huldiger interessieren ... und die vielleicht sogar das Auktionshaus aufgesucht haben?

Außerdem wurden weitere Gegenstände im Auktionshaus gestohlen. Die Diebe hatten es also wohl nicht speziell auf die Hand abgesehen.

Ich kann Ihnen versichern: Ich habe die Hand nicht! Falls Sie zu denjenigen gehören, die nicht wissen, was sie von mir zu erwarten haben: Ich will ganz sicher nicht für die Zwecke irgendeiner mystischen Kreatur aus dem Himalaya 'benutzt' werden. Eigentlich sollte Ihnen das klar sein, nach all den Informationen, die Sie über mich gesammelt zu haben scheinen. Und die Zeiten, in denen ich Abenteuer in fremden Ländern erlebt habe, sind auch vorüber. Nachdem ich in meinem Leben mehr als genug vom Tod gesehen habe, wollte ich hier eigentlich nur noch in Ruhe meinen Lebensabend verbringen ...

Interessanter ist doch die Frage, wer das Hotel in Brand gesetzt hat. ... Wer hatte ein Interesse daran, Mrs. Marquard zu ermorden? ... Dort sollten Sie suchen! Was wissen Sie darüber?

Können Sie ausschließen, dass ich richtig liege und es Ihr eigener Mann war, der das Hotel in Brand gesteckt und Mrs. Marquard und den Feuerwehrmann ermordet hat? Was hat er denn unternommen, um den Brand zu verhindern? Was hat er unternommen, um Mrs. Marquard zu retten? Was suchte er überhaupt in dem Hotel an diesem Tag?

Ich habe nur Matilde begleitet, die Mrs. Marquard wegen eines Auftrages der Detektei aufgesucht hat. Sie hatte einen Grund, dort zu sein. Aber Joseph Henry ... welchen plausiblen Grund hatte er, dort zu sein, wenn nicht den, Mrs. Marquard auszuschalten? Und wenn er in dem Mord an Mrs. Marquard verwickelt war, handelte er dann im Auftrag von S.A.V.E., falls es diese Gruppierung überhaupt gibt? Was soll mir das über Sie sagen? ... Ich finde, Sie erwarten etwas viel Vertrauensseligkeit von uns!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 14.01.2017 | 18:28
"Hören Sie, Herr Doktor, es bringt nichts, wenn wir an einander hochgehen. Ich reise ab und das war es dann für Sie mich betreffend."

"Ich habe übrigens noch das Exemplar des jüngsten NATIONAL GEOGRAPHIC MAGAZINE in meinem Koffer. Ich lasse Ihnen das Exemplar da, dann können Sie den Artikel über Herrn Stratton selbst nachlesen."


Braddock öffnet einen neben ihm stehenden kleinen Koffer und holt eine Zeitschrift mit gelbem Rand heraus. Das Exemplar ist schon etwas abgegriffen. "Das ist sie. Das ist die jüngste Ausgabe. Vol. LXIII, No 6."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 15.01.2017 | 02:26
"Interessant.  Ist das Ihre Version Huldigung?"
Ich bemühe mich um einen neutralen Tonfall.

"Mr Braddock, könnten Sie mir vielleicht nochmal erklären, warum Sie den weiten Weg zu Doktor Savage aufgenommen haben um nun schon wieder abzureisen? Das habe ich noch nicht so richtig verstanden. Es wäre sehr freundlich von ihnen, wenn Sie mir das nochmal erklären könnten.

Und könnten Sie mir auch berichten was das für eine Organisation ist, deren Mitglied sie wohl sind."

Ich schaue ihn selbstsicher und ehrlich interessiert an.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 15.01.2017 | 16:26
"Also gut. Es macht eh keinen Unterschied, ob Sie es auch wissen, Herr Ecklund."

Braddock faltet die Hände. "Ich arbeite für die S.A.V.E.-Gesellschaft. Die Abkürzung steht für Societas Argenti Viae Eternitata; zu deutsch: Die ewige Gesellschaft des silbernen Weges. S.A.V.E. ist ein Geheimbund, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Unschuldige vor... nun... also... sagen wir... vor den Kreaturen des Unbekannten zu schützen oder zumindest danach zu trachten. Ich bin nach Irland gekommen, um den Doktor zu beseitigen, sollte er sich als Gefahr für die Allgemeinheit herausstellen. Ich bin jedoch zu dem Schluss gelangt, dass er keine grosse Gefahr darstellt. Anders sieht es dagegen mit den Huldigern und ihrem Streben aus. Vermutlich wird er entweder von den einen geopfert oder von den anderen aus dem Spiel genommen werden."

Er hebt die Augenbrauen und zuckt mit den Schultern. "Sein Tod scheint unvermeidlich zu sein."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 17.01.2017 | 13:40
Clive

"Schön das zu wissen", denke ich in einem Anflug von Sarkasmus. Grimmig blicke ich Braddock an.

"Ist nicht unser aller Tod unvermeidlich ...", antworte ich abweisend und muss dabei an meine nächtliche Unterhaltung mit Ayana denken.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 17.01.2017 | 19:46
"Das sind wenig erbauliche Aussichten. Aber wie Doktor Savage bereits sagt... unser aller Tod ist unausweichlich. Wir können nur hoffen, dass er noch in weiter Ferne liegt und nicht all zu qualvoll wird."
Eilig ziehen Bilder von Kristines gebrochenem Körper an mir vorbei. Bilder aus dem Londoner Krankenhaus und auch Bilder aus späterer Zeit, als ich erstmals sehen kann, wie es unter den Verbänden aussieht.

Ich verdränge diese Eindrücke schnell wieder.

"Ich muss dazu sagen, dass es mich erfreut zu hören, dass es eine Gesellschaft gibt, die sich für das Wohl oder zumindest für den Fortbestand der Menschheit einsetzt. Und es erfreut mich noch mehr, dass Sie zur richtigen Einschätzung gekommen sind, dass von Doktor Savage keine Gefahr ausgeht."
Was ich nicht sage ist, dass ich erleichtert bin, dass es außer uns noch mehr Leute zu geben scheint, die versuchen Licht ins Dunkel zu bringen und das "Richtige" zu tun. Bleibt nur zu hoffen, dass wir unter dem "Richtigen" das ultimativ Richtige verstehen.

"Welche Bedeutung messen Sie denn den Personen bei, die Sie als "Huldiger" bezeichnen? Müssen Sie oder Ihre Gesellschaft vielleicht gegen diese Personen tätig werden, oder sehen Sie in denen nur "harmlose Irre"?"

Ich schaue kurz von Braddock zu Clive, der ein wenig missgelaunt oder mürrisch zu sein scheint. Ich ziehe den von Braddock abwandten Mundwinkel zur Andeutung eines Lächelns in die Höhe. Ich freue mich endlich mal Informationen zu erhalten. Informationen die mich nicht gleich verstören oder überrumpeln.

Ich schaue Braddock wieder in die Augen und warte seine Antwort ab.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 17.01.2017 | 21:33
"Meine Herren, der Tod wird uns alle ereilen, doch muss ich die Begegnung mit dem Gevatter noch forcieren? Mit Sicherheit nicht."

"Welche Bedeutung ich den Huldigern beimesse? Diese Leute gehören entweder zur Gruppe eins oder zur Gruppe zwei. Also entweder wollen sie den Gott befreien oder ihn vernichten. Die Frage ist nun, wer gehört zu welcher Gruppe?"


"Und harmlose Irre sind diese Leute mit nichten. Ich schätze nur den Doktor als intelligenten Menschen ein. Als positives Regulativ der Kräfte."

"Nur bevor es besser wird, wird es in jedem Fall erst einmal besonders unschön und hässlich. Ich werde mich in die Untersuchung des Todes von Fräulein O'Brian einmischen."

"Und noch eins. Die Menschheit ist für den Fortbestand des Universums in ihrer Bedeutung überbewertet, um nicht zu sagen absolut entbehrlich."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 17.01.2017 | 22:06
Clive

"Die Menschheit ist entbehrlich?", wiederhole ich Braddocks Worte noch einmal still. "Was soll das bedeuten? Was gäbe es für uns noch zu schützen, sollte die menschliche Art augelöscht werden? ... Hätte Braddock die Bedeutung des Indivduums der menschlichen Spezies untergeordnet, so hätte ich dies noch verstanden. Aber was wäre für einen Menschen schützenswerter als die Menschheit ansich? ...

Und was soll die Andeutung, es werde 'erst einmal besonders unschön und hässlich' bedeuten? Phrasen und Andeutungen ... nichts weiter. Das hilft uns kein bisschen!

Und was meint er mit 'positives Regulativ der Kräfte'? Wir haben erst wenige Sätze miteinander gewechselt und er meint mich zu kennen? Das ist doch Nonsens: Entweder er meint mich einschätzen zu können, dann könnte er offen reden. Oder er vertraut mir in Wahrheit nicht, dann lügt er und das hier ist für ihn und für uns Zeitvergeudung."


Meine innere Stimme sagt mir, dass ich nun mit meinem Urteil vielleicht ein wenig zu voreilig bin, aber Braddocks Verhalten verärgert mich. Es erinnert mich immer mehr an Hartmut und seine Salami-Taktik: ... das Gegenüber mit Andeutungen ködern und sich dann zieren, um den anderen im luftleeren Raum hängen zu lassen. Das widerspricht völlig meinem Wesen: Entweder ich vertraue einem Menschen, dann bin ich auch offen. Oder ich halte den Mund ... und daran hätte ich mich bei Braddock besser auch halten sollen.

Von der ersten Begegnung an reizte mir Braddocks selbstherrliche, indiskrete Art. Darum erstaunt es mich nicht, dass er sich zum Richter über Leben und Tod aufschwingt. "Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich mich mit diesem Vorwurf auf glattem Eis bewege ... denn ich selbst habe immer wieder Entscheidungen über Leben und Tod treffen müssen ... in ein paar Fällen sogar treffen wollen. Aber ich habe mir das Töten ausgewählter Personen immerhin nicht zur Lebensaufgabe gemacht ... und nur sehr selten habe ich tatsächlich getötet."

Ich überlege, ob Braddock Ayana töten würde, wenn er wüsste, dass sie auf dem Manor geblieben ist ... oder ob er dann seine Meinung über mich revidieren würde ...

Und ich frage mich, warum genau ich Ayana zu vertrauen bereit bin, Bradock hingegen nicht ... obwohl ich Ayana tatsächlich für gefährlicher halte als Braddock. "Vielleicht ist es das Gefühl, Ayana beeinflussen zu können? Wohingegen Braddock ganz von seinen Ansichten gefangen zu sein scheint?"

Ich bemerke Oves Blick, unterdrücke meinen Wunsch, zu gehen, und versuche mich wieder auf die Unterhaltung zu konzentrieren:

"Was meinen Sie mit 'in die Ermittlungen einmischen'? Wollen Sie die Polizei unterstützen oder behindern? Was wissen sie über diesen Mord?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 18.01.2017 | 07:37
Ich warte Braddocks Antwort über seine Rolle in den Ermittlungen der Polizei ab, bevor ich eine weitere Frage zu dem von ihm gesagten Stelle.

"Von was für einem Gott reden Sie eigentlich, Mr. Braddock? Es klingt nicht so als würden Sie vom christlichen Gott sprechen. Um was für eine Gestalt geht es und wofür steht dieser Gott, den Sie meinen?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 20.01.2017 | 20:11
"Nein, Herr Eklund, der gnädige, verzeihende Gott der Christenheit ist nicht gemeint, sondern ein Gott, der viel älter ist, als alle uns bekannten Glaubensrichtungen. Eine zornige, selbstgefällige Wesenheit, deren Handlungen kein Mensch verstehen kann und deren ganzes Ausmass an Macht und Zerstörungskraft der menschliche Verstand nicht einmal ansatzweise zu erfassen vermag. Keiner weiss genau, was dieser Gott ist und ich denke, dass der Mensch auch nicht dazu geschaffen wurde, bzw. nicht stark genug ist, um das alles zu erfassen, ohne dabei dem Wahnsinn anheim zu fallen. Ihn zu verstehen, ist daher auch nicht das Ziel. Er muss gebannt werden."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 20.01.2017 | 22:16
"Fakt ist, dass der Einfluss des Gottes in einem Zyklus zwischen 8.666 und 10.775 Tagen neu aufflammt. Das ist ein Zyklus von 24 bis 29,5 Jahren auf der Erde. Ersteres entspricht zwei Jahren auf dem Jupiter; letzteres einem Jahr auf dem Saturn. Was immer das auch bedeuten mag."

"Wir tappen mit unseren Forschungen zu dieser Wesenheit bei S.A.V.E. noch sehr im Dunkeln. Wir wissen aber, dass der Gott immer Katastrophen apokalyptischen Ausmasses mit sich bringt."

"Wir wissen noch nicht einmal, ob es sich bei dieser Wesenheit um ihn oder sie handelt. Und mit ihm oder sie ist nicht das Geschlecht gemeint, sondern die Anzahl. Welche Aspekte vertritt dieser Gott? Oder werden die einzelnen Aspekte vielleicht durch unterschiedliche Wesenheiten repräsentiert? Sprich, sind es mehrere oder ist es nur einer. Dies ist in etwa vergleichbar mit der Dreifaltigkeit im christlichen Glaubensbekenntnis - Vater, Sohn und heiliger Geist. Alle sind eins und doch dreigeteilt. Oder sehen sie es als eine Art Hexensabbat. Betrachtet man den Sabbat oder doch jede einzelne Hexe für sich?"

"Der Glaube an diesen Gott herrschte einst im alten Reich in Ägypten und auch in Babylon. Heutzutage sind es nur noch kleine Gemeinschaften, die dem Gott huldigen. Es sind keine Weltreiche mehr, die sich vor diesem Gott in den Staub werfen, sondern unzivilisierte, barbarische Gemeinschaften in den hintersten Ecken der Erde, die verborgen vor den Augen der Welt, ihre unheilige Riten praktizieren. Sie leben in Höhlen, in Ruinenstädten, in abgeschiedenen Wäldern oder hoch auf abgelegenen Bergen. Überall trägt der Gott einen anderen Namen, der für unsere Zungen fast unaussprechlich ist und immer stark von den Namen in anderen Regionen abweicht."

"Dort wartet er, versteck im Dunklen brütend und brodelnd. Mitunter schwappt etwas von seiner Essenz in unsere zivilisierte Welt herüber und infiziert diese. Dann kommt es zum Ausbruch. Und dieses Ereignis ist nah."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 21.01.2017 | 03:33
"das klingt erschütternd und interessant zugleich. Welche Namen hat dieser Gott oder diese Götter denn?

Und wenn sie sagen er muss gebannt werden, wie ist so ein Bann möglich? Und welche apokalyptischen Katastrophen haben sich vor gut 20 Jahren ereignet? Meinen sie denn großen Krieg? Sicher, das war eine herausnehmend furchtbare Zeit, aber war es die Apokalypse? Darunter Jahre ich bisher noch verheerendere Dinge verstanden. Etwas was ganze voller ausrottet, ganze Zivilisationen zerstört. Frankreich existiert noch und auch wenn das deutsche Kaiserreich und nun vielleicht sogar die Republik ein Ende gefunden hat, so existiert Deutschland und das deutsche Volk noch immer weiter."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 21.01.2017 | 08:40
"Und DAS wiederum klingt so, als würden SIE mich für verrückt halten bzw. meine Befürchtungen leichtfertig vom Tisch wischen. Was für mich aber nichts Neues ist. Die Menschen reagieren immer auf die gleiche Weise... mit Handwedeln. Weshalb Dämme bauen, wenn das Meer doch so ruhig ist. Und solange dann ein paar Menschen überleben, können die ja auch hinterher aufräumen. Machen Sie sich nichts daraus, Herr Ecklund, Sie sind nicht anders als das gros der Menschen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 21.01.2017 | 09:32
wie gerne wäre ich wie das Gros der Menschen? Aber ich bin es nur zum Teil.

"Ich bitte um Verzeihung. Sie haben recht, ich habe das abgetan oder relativiert, was man nicht relativieren sollte. allerdings habe ich mit dem Begriff der Apokalypse immer das Ende der Welt oder das Ende der Menschheit verbunden. beides scheint mir in dem letzten 30 Jahren nicht eingetreten zu sein, auch wenn es dir Welt, die wir einst kannten nicht mehr gibt. 
Aber kommen wir zurück zu dem was sie zuvor gesagt hatten.

War das letzte Ereignis, das Sie meinen, das vor 20 bis 30 Jahren, der Große Krieg? Oder bezieht sich ohne Einschätzung auf ein anderes Ereignis?

Und wissen Sie bzw. weiß man in ihrer Organisation, wie dieser apokalyptische Gott zu bannen ist?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 21.01.2017 | 12:46
"Es ist ja anscheinend so, dass Sie ein grosses Interesse an der Angelegenheit haben, nicht wahr? Was wissen Sie denn über das ominöse Verschwinden dieser mumifizieten Hand? Haben Sie irgendwelche wichtigen Informationen?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 21.01.2017 | 14:48
Clive

Ich bin versucht, Braddock zu erklären, dass ich die Hand nicht gestohlen, aber vernichtet habe, ... dass die Hand nun weder gegen noch für dieses Wesen verwendet werden kann.

"Aber das würde nur zu weiteren Fragen führen ... wie ich in den Besitz der Hand kam ... wie ich sie vernichtet habe ... und vermutlich auch zu Vorwürfen, dass ich sie vernichtet habe, diese einzige Waffe gegen ein übermächtiges Wesen.

Ich könnte nun behaupten, Elisa Marquard sei im Besitz der Hand gewesen und hätte mich am Tag ihres Todes gebeten, die Hand zu vernichten. Aber wie ließe sich das mit meinen früheren Aussagen in Deckung bringen? Zwar habe ich nie irgendwo die Unwahrheit gesagt, aber eben doch bewusst nicht alles gesagt.

Ich könnte mich nochmals auf eine sehr knappe Aussage beschränken und sagen: 'Ich habe wie gesagt am Tag des Hotelbrandes mit Mrs. Marquard gesprochen. Den Inhalt des Gesprächs betrachte ich als vertraulich. Aber ich kann Ihnen nur nochmals sagen: Die Hand ist verloren. Ich gehe sicher davon aus, dass sie zerstört wurde.'

Aber auch damit würden wir nur weiter Braddocks Interesse wecken. Und ich sehe noch immer keinen Grund, ihm zu vertrauen. Er wirft uns ein paar Brocken hin, aber auch das sind keine Informationen, die uns wirklich weiterhelfen. Will er das Wesen ... vermutlich meint er Azathoth ... wirklich bannen? Oder dient er ihm tatsächlich?

Wem sollen wir glauben und vertrauen? ... Warum bin ich gewillt, Ayana zu vertrauen? Obschon Karim gesagt hat, sie alle, die 'Huldiger', würden dem Fürsten Azathoth dienen und Ayana es als Fehler dargestellt hat, Karim fortzuschicken! Kann ich auf meine Menschenkenntnis nicht mehr vertrauen?"


Ich beschließe, Ove das Feld fürs Erste weiter zu überlassen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 21.01.2017 | 23:00
"Doktor." Braddock lehnt sich zurück und der Stuhl knarrt. "Haben Sie nichts zu sagen?" Er zieht an seiner Pfeife.

"S.A.V.E. geht davon aus, dass es sich um den Beginn des Grossen Kriegs handelte, Herr Ecklund. Möglicherweise ist auch die Spanische Grippe gemeint."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 22.01.2017 | 13:32
Clive

Ich bleibe stumm und beobachte das Gespräch zwischen Ove und Braddock.

"Erst mein Schweigen hat Braddocks Zunge ein wenig gelöst. ... Auch wenn es mich reizen würde, wäre es nur zu Braddocks Nutzen. Mit S.A.V.E. ist es letztendlich wie mit allen anderen Geheimorganisationen: Sie drehen sich um sich selbst allein! Kleine Sekten, die alles um sich herum gering schätzen ... und wer nicht zu ihnen gehört, den darf man töten, wenn es den eigenen Zwecken dient oder es der eigene Glaube zu fordern scheint. ... Ich sollte nicht so dumm sein, mich wieder in den Fokus seiner Meuchelpläne zu manövrieren."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 22.01.2017 | 15:34
"Mr. Braddock, der Besuch dieser "Huldiger" hat tatsächlich mein Interesse geweckt. Es hat mich unerwartet getroffen, dass der Doktor Besuch dieser Huldiger bekommen hat. Und ich versuche seitdem zu verstehen, was diese Leute wollen, warum Sie zum Doktor gekommen sind und um was für Personen und Hintergründe es sich handelt.

Das liegt wohl an meinem Hintergrund Mr. Braddock. Ich bin Journalist und daher an den Hintergründen besonderer Vorfälle interessiert. Und ganz ehrlich. Neben dem Mord an Kayleigh und dem Auftauchen dieser Fremden, gibt es hier in der Gegend nicht wirklich vieles, was mein journalistisches Interesse weckt."

Ich lege eine kurze Pause ein.

"Aber Sie brauchen sich keine Gedanken machen. Ich plane nicht darüber zu schreiben. Ich versuche lediglich für mich selbst die Dinge zu ergründen, zu verstehen. Ihnen nach Möglichkeit einen Sinn zu geben."

"Natürlich, die Grippe ... Sie haben Recht. Das war tatsächlich eine dunkle, bedrohliche Zeit. Es zeigt mir aber auch, dass das Leid und die apokalyptischen Ereignisse, die wohl möglich nun auch zu erwarten sind, nicht schnell, sondern schleichend und in Etappen auftreten."

Der schleichende Ausbruch des Krieges, der über Tage und Wochen ging....das Attentat, das Ultimatum und bis dann der große Konflikt schlussendlich alle Beteiligten erreicht hat, das hat lange Zeit gedauert. Und auch die Grippe fing erst klein an und wurde dann immer bedrohlicher. Braddocks Gesellschaft könnte Recht haben. Das war ein mehr als einschneindes Erlebnis. Noch heute gibt es einen starken Männermangel, aufgrund von Krieg und Krankheit.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 22.01.2017 | 15:40
"Wie dem auch sei. Meine Herren, ich werde aufbrechen. Sie dürfen mich gerne begleiten, wenn Sie das möchten. Sollte dem nicht so sein, dann finden Sie mich bei dieser Frau O'Brian. Danke für Ihre Zeit. Ich empfehle mich. Ich möchte mein Beileid bekunden."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 22.01.2017 | 18:34
Clive

"Dann haben wir den gleichen Weg. ... Wir wollen Mrs. O'Brian ebenfalls kondolieren, wenngleich ... mir die Worte fehlen, mein Mitgefühl angemessen auszudrücken. Kayleigh war ein liebenswertes Kind. Sehr offen und fröhlich. ... Ich mag nicht glauben, in welchen Zusammenhang man sie nun offenbar bringen will. Die Presse ist immer so begierig darauf, den Ripper ins Leben zurückzurufen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, was man den armen Angehörigen damit antut."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 22.01.2017 | 20:56
"Also gut." Braddock erhebt sich. "Ich bringe noch schnell mein Gepäck in den Wagen, dann können wir los. Warten Sie bitte kurz. Ich möchte vorschlagen, dass wir den kurzen Weg zu Fuss zurücklegen." Dann verschwindet er und kehrt kurz darauf wieder zurück.

"So, meine Herren. Können wir dann?" Braddock schlägt den richtigen Weg ein. Er scheint genau zu wissen, wo Frau O'Brian wohnt.

"Ich widerspreche Ihnen ungern, Doktor, doch der Vorwurf, die Tochter sei eine Bordsteinschwalbe gewesen, wird für die Mutter weit schwerer wiegen, als alles andere. Vielleicht sogar schwerer, als der Tod der Tochter selbst. Meinen Sie nicht?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.01.2017 | 09:58
Clive

"Das ist es ja gerade, was ich sage. Es ist schon schrecklich genug, was Kayleigh zugestoßen ist. Sie nun auch noch zu verunglimpfen, ohne dass sie sich dagegen wehren kann, ist grausam. Es verharmlost dieses schreckliche Verbrechen unangemessen, weil die Menschen denken, es könne nur Frauen dieses Gewerbes treffen und sie selbst seien in Sicherheit.

Der Vergleich zu den Whitechapel-Morden bezog sich ohnehin auf den Mord in Mullingar, nicht auf den in Athlone. Aber die Menschen zählen 1 und 1 zusammen ... und schon ist ein Gerücht in der Welt, gegen dass man kaum noch ankämpfen kann.

Ich habe Kayleigh in den letzten Jahren wenig gesehen ... aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich prostituiert hat. ... Nur, Not und Verzweiflung können die Menschen zu Handlungen treiben, die man ihnen unter normalen Umständen nicht zutrauen würde. ... Aber Kayleigh hätte hierher zurückkehren können ..."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.01.2017 | 11:14
"Noch habe ich keine Erkundigungen bei der Polizei eingeholt, doch ich denke, dass die Morde in Athlone und Mullingar ein und dasselbe Verbrechen beschreiben."

"Ich habe mir die Landkarte mal etwas genauer angesehen. Wie Sie sicher wissen, Doktor, wird die Stadt Athlone durch den Shannon geteilt. Die Stadt liegt westlich und die Müllkippe östlich des Flusses. Und soweit ich die Karte richtig gelesen habe, befinden sich beide Teile in der Provinz Leinster mit dem Landkreis Westmeath."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.01.2017 | 13:25
Clive

"Nun, ich hatte mir diese Frage auch schon gestellt. Jedenfalls sind die Angaben in den Zeitungen unpräzise. Allerdings beträgt die Wegestrecke von Mullingar nach Athlone fast dreißig englische Landmeilen1 über Bellinea, Ballymore und Walderstown ... Diese erhebliche Abweichung ließ mich annehmen, es müsse sich um zwei verschiedene Morde handeln."

1 ca. 46 km
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 23.01.2017 | 14:05
Ove

Die Ortsnamen sagen mir noch immer nicht viel. Ich komme mit der Schreibweise und der abweichenden Aussprache nicht gut klar. Kristine versteht die Namen besser. Sie war nicht nur sprachlich schon immer der klügere Kopf von uns beiden.

Ebenso wenig wie mir die Ortsnamen etwas sagen, sagen mir die Entfernungsangaben etwas. Ich muss hier ganz und gar auf Clive und seine Heimatkunde vertrauen, solange ich keine Karte vor mir haben.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.01.2017 | 18:58
"Zu den Zyklen, die S.A.V.E. herausgefunden hat, Herr Eklund." Er dreht sich nach dir um und schaut Dich an. "Die grosse Hungersnot, die Mitte des letzten Jahrhunderts hier in Irland wütete, liegt jetzt etwa drei Zyklen zurück."

"Zwei Zyklen zurück liegt die Flut des Gelben Flusses 1887, mit drei bis fünf Millionen Toten durch Hochwasser, Schlamm und Seuchen."

Dann hält Braddock inne. "Das hier muss es sein. Wer soll nun vorgehen und klopfen, Doktor? Sie oder ich?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.01.2017 | 20:06
Hof der Ponyzüchterin Meabh Ó Brian (http://www.everyculture.com/images/ctc_03_img0815.jpg) (Witwe, Mutter von Kayleigh)

Clive


Anstelle einer Antwort trete ich zur Tür und klopfe zurückhaltend.

Derweil spüre ich, wie sich ein Klos in meinem Hals bildet.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 24.01.2017 | 18:50
Du klopfst verhalten und wartest respektvoll... Keine Antwort.

Erneut klopst Du und wartest wieder... Und abermals keine Antwort.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 24.01.2017 | 19:20
Clive

Ich sehe mich auf dem Gelände des kleinen Hofs um und suche nach Anzeichen dafür, wo Mrs. Ó Brian sich aufhalten könnte. Der Stall, die Scheune, der Abort. Manche Dinge im Leben müssen weitergehen, ganz gleich was geschieht ...

Mich beschleicht ein ungutes Gefühl. Ich mache mir Sorgen um Mrs. Ó Brian, widerstehe jedoch der Versuchung, durch eines der trüben Butzengläser in die Stube zu schauen.

Ich sehe mich nach Anzeichen der täglichen Arbeit um und lausche auf die Geräusche der Tiere, ob sie gefüttert und getränkt, gemolken und sonst versorgt wurden. Die Tiere melden sich, wenn die Abläufe durcheinander geraten. Die Pony-Zucht hat die Witwe aufgegeben, aber da sind immer noch ein paar Tiere, die ihr Gnadenbrot erhalten. Und natürlich hält auch die Witwe - wie jeder hier - Tiere für den eigenen Bedarf: Hühner, Ziegen, eine Kuh und ein paar Schweine.

Als ich mich in Richtung Scheune und Stall wende, drehe ich nervös den Hut in meinen Händen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 24.01.2017 | 20:13
Kein Zeichen von der Witwe O'Brian ist irgendwo zu sehen oder zu hören. Nervös und mit einem unguten Gefühl in der Magengegend wendest Du Dich wieder von der Scheune ab und gehst zurück zum Haus.

Eine alte, mitgenommene Holzbank steht unter dem Fenster, das zur Küche gehört. Die grüne Farbe ist bereits an vielen Stellen abgeblättert und gibt den Blick auf graues, verwitterndes Holz frei. Von unten wachsen Gräser und Blumen durch die Latten der Sitzfläche.
Eine Eidechse auf der Rückenlehne blickt zu Dir auf, zuckt kurz mit dem Schwanz und rennt dann über einen dürren, abgestorbenen Ast zur Hauswand und verschwindet sogleich in einer Mauerritze.

Das Fenster oberhalb der Bank hat eine einfache Doppelverglasung. Auf dem Fensterrahmen wachsen kleine, graue Flechten.
Ein Spinnennetz, in dem eine Fliege ihren verzweifelten Todeskampf ausfechtet, schwingt mit dem leichten, warmen Wind, der Euch umspielt.
Das Glas ist matt und stumpf, als sei es von aussen lange nicht gereinigt worden.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 24.01.2017 | 20:31
Clive

"Das letzte, was Meabh Ó Brian jetzt gebrauchen kann, sind neugierige Blicke Dritter."

Ich muss an sensationslüsterne Journalisten denken, die hier aufkreuzen könnten. Daher widerstehe ich meinem Impuls, durch das Fenster zu sehen, erneut.

"Wenn Mrs. Ó Brian alleine sein möchte, sollten wir das respektieren. Vielleicht ist sie auch bei Pater Breandán ... oder bei einem anderen Menschen, der ihr in dieser schweren Stunde beistehen kann. ... Vielleicht ist sie auch in Athlone, um sich von Kayleigh zu verabschieden oder sie nach hause zu holen, wenn die Polizei das zulässt.

Wir sollten später wiederkommen."

Meine Erleichterung, dem Kondulenzbesucht entgangen zu sein, ist nur gering, ist er doch nur aufgeschoben. Ich überlege, wen Mrs. Brian hier im Dorf wohl aufgesucht haben könnte, um Trost zu erhalten.

Und einen kurzen Moment bin ich froh, dass ich mir keine Gedanken darüber zu machen brauche, wo Ayana in der letzten Nacht gewesen sein könnte.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 24.01.2017 | 20:42
"Wo kann die Frau nur sein?"

"Wann findet hier in Irland gewöhnlich die Beerdigung statt? Nach einem oder nach drei Tagen, Doktor? Ich kenne die hiesigen Gepflogenheit nicht."

"Ich werde vorne nochmals etwas energischer klopfen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 24.01.2017 | 21:38
Clive

"Beerdigungen finden meist nach etwa drei Tagen statt ... je nachdem, ob Feiertage anstehen und was die Witterung gebietet ..."

Erinnerungen an frühere Beerdigungen im Dorf (http://freepages.genealogy.rootsweb.ancestry.com/~rosdavies/photos/LordBangorsFuneral.jpg), an denen ich schon teilgenommen habe, erwachen. Bilder von dem alten, am Waldrand gelegenen Friedhof (https://farm8.static.flickr.com/7184/26545745144_677ee54994_b.jpg) mit seiner überwucherten Pforte (https://edmooneyphoto.files.wordpress.com/2013/09/monasteroris-2.jpg) und den unter der Last der Ranken ächzenden Bäumen flackern auf. Mir kommt der Gedanke, der Friedhof könnte der Ursprung der sich immer mehr ausbreitenden Pflanzen sein. Vor Jahren habe ich einmal versucht, in den Unterlagen des Manor herauszufinden, wann der Gottesacker angelegt wurde. Damals hatte ich festgestellt, dass die lose geschichtete Umfassungsmauer (http://l7.alamy.com/zooms/a43ec325e72a4367aabf87ccb45a7f73/carved-stone-capital-head-on-the-walls-of-12th-century-templecronan-f76k3p.jpg) auffällig bearbeitete Steine (http://crsbi2-images.cch.kcl.ac.uk/iip/iipsrv.fcgi?FIF=a/a52127e9-7f76-4eae-bb84-488b10c1b5cc.jp2&RST=*&QLT=100&CVT=JPEG) preisgegeben hatte, wo sie an der einen oder anderen Stelle von den Wurzeln der Bäume oder umstürzenden Stämmen eingerissen (http://catherinekcampbell.com/Images/Ancient-Stone-Wall.jpg) worden war. Eine Datierung ist mir nicht gelungen. Es scheint diese Begräbnisstätte schon immer gegeben zu haben.

Mich schaudert, als ich an die bevorstehende Trauerfeier denke. Und als mir dann auch noch meine überspannte Phantasie Bilder von Kayleighs Sarg, wie er mit roten Blüten bedeckt von der Kirche vom Friedhof überführt wird, vorgaukelt, werden meine Knie für einen Augenblick weich. Ich spüre wie die Farbe aus meinem Gesicht weicht.

Ich halte mich abseits von Braddock und betrachte skeptisch sein Vorgehen. Mit seinem unhöflichen Verhalten will ich nicht in Verbindung gebracht werden. Die Distanz zwischen mir und Braddock ist eben groß genug, um nicht mit ihm in einen Topf geworfen zu werden.

Von meiner Position aus werfe ich einen kurzen Blick herauf zum Schornstein. Der in den Himmel steigende Rauch beruhigt mich. Die Witwe kann noch nicht allzu lange fort sein, überlege ich.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 25.01.2017 | 18:40
Ihr bleibt hinter dem Haus und wartet, während Braddock nach vorne eilt. Nach ein paar Augenblicken hört es sich an, als würde er mit der Faust gegen die Tür schlagen. "Brandschutzverantwortlicher Braddock. Frau O'Brian? Machen Sie bitte auf."

Ihr hört nach ein paar Augenblicken einen Stuhl oder einen Tisch quietschen, gefolgt von einigen unverständlichen Sätzen. Dann herrscht erst einmal Ruhe.

Dann klappt eine Tür, eine Truhe oder etwas ähnliches. Dann wieder einige Worte und abermals klappt eine Tür.

Und abermals ist Braddock's Stimme vom Eingang her zu hören. Nur diesmal leiser.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 25.01.2017 | 18:49
Clive

"Was ist da nur los?", sage ich gedankenverloren mehr zu mir selbst als zu Ove.

Eigentlich wollte ich Braddock aus angemessener Entfernung im Blick behalten. Aber ich habe mich von meinen abschweifenden Gedanken ablenken lassen. Nun folge ich Braddock zur Vorderseite des Gebäudes.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.01.2017 | 05:34
Als Du Dich näherst, dreht sich Braddock zu Dir um. "Wir sollten es mal in der Kirche versuchen, Doktor. Die Frau scheint nicht zuhause zu sein. Ich habe jetzt unüberhörbar versucht Aufmerksamkeit zu erzeugen. Lassen Sie es uns später noch einmal versuchen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.01.2017 | 10:20
Clive

"... unüberhörbar versucht Aufmerksamkeit zu erregen? Ich habe Sie doch im Haus gehört! Sie sind unerlaubt in das Haus eingedrungen! Schon wieder! ... Was erlauben Sie sich?"

Ich eile zielstrebig auf die Eingangstür zu und bin ersichtlich gewillt, mich notfalls an Braddock vorbeizudrängen, sollte er sich mir in den Weg stellen. Gleichzeitig rufe ich nun laut:

"Mrs. Ó Brian! ... Geht es Ihnen gut?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 26.01.2017 | 21:20
Clive und ich schauen uns noch in der Umgebung des kleinen Hauses um, als Braddock offensichtlich unbemerkt von uns wieder zum Hauseingang geht. Wie konnte es nur passieren, dass wir Braddock so unbeaufsichtigt lassen?

Clive scheint es gleichzeitig mit mir zu bemerken und gemeinsam eilen wir ihm nach, als wir Geräusche und Gepsrächsfetzen vom Hauseingang oder aus dem Haus hören.

Als Clive Braddock zur Rede stellt, beginnt dieser mit sonderbaren Ausflüchten und will offensichtlich weg von diesem Ort.
Ist das ein Trick, um uns hier wegzulocken?
Vermutlich. Aber warum? Will er uns schützen? Will er etwas verbergen? Will er sich schützen? Was mag er gesehen oder was mag ihm erzählt worden sein.

Ich beobachte Braddock genau und versuche mir ein Bild davon zu machen, was er vor hat. Gibt er mir ein verschwörerisches Zeichen, dass wir besser an einem anderen Ort reden sollten, über das was er gerade erlebt hat? Oder versucht er viel eher uns hier fort zu bringen, weil er mit der oder dem unter einer Decke steckt, die offensichtlich in der Nähe ist? Wieso hat er es so eilig hier fort zu kommen.

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Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 28.01.2017 | 00:38
Braddock scheint wirklich nichts gehört zu haben. Allem Anschein nach will er uns also nicht hier weg locken.

In einem etwas dramatischer als beabsichtigen Tonfall sage ich:
"Haben sie den die Geräusche und nicht gehört? Hatten sie nicht auch mit jemanden gesprochen?"

An Clive gewandt:
"Hast du das auch gehört? Liegt dort die Küche? Kamen die Geräusche von dort?"

Ich schaue hektisch zwischen Clive und Braddock bin und her, in den Versuch sie zur Eile anzuhalten.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 28.01.2017 | 16:22
"Doktor! Ich bin nicht eingebrochen!" Braddock's Stimme klingt ehrlich entrüstet. "Wenn Sie etwas gehört haben, dann spucken Sie es aus, Mann. Das ist kein Versteckspiel mehr."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 28.01.2017 | 16:42
Clive

Ich halte kurz inne und blicke mich verunsichert zu Braddock um. Er wirkt überzeugt von dem, was er sagt. "Wie lässt sich das mit seiner plötzlichen Eile vereinbaren?"

"Nicht? ... Aber ich habe doch Stimmen gehört ... drinnen ... das Rücken von Möbeln ... eine Tür ...? Irgendetwas stimmt hier nicht!"

Ich wende mich wieder der Tür zu, greife nach der Klinke und versuche vorsichtig, die Tür zu öffnen. Dabei bin ich weiter bemüht, auf mich aufmerksam zu machen: "Mrs. Ó Brian! Bitte antworten Sie doch ... ich mache mir schon Sorgen. Ich habe Sie doch eben gehört. Brauchen Sie Hilfe?"

"Wer außer Mrs. Ó Brian könnte drinnen geredet haben ... und zu wem? Die Witwe wohnt hier alleine ... seit ihr Ehemann starb und Kayleigh das Dorf verließ. ... Oder war es nicht Kayleigh, die ermordet wurde? ... Warum ist sich die Polizei so sicher, dass es sich bei der Leiche um Kayleigh handelt?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 28.01.2017 | 17:08
Die Tür ist nicht abgeschlossen und geht etwa 1-2 mm auf, dann blockiert ein Riegel von Innen das weitere Öffnen der Tür.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 28.01.2017 | 17:52
Clive

"Mrs. Ó Brian ... Meabh ... Sie kennen mich nun schon so lange! ... Ich mache mir wirklich Sorgen! Ich weiß doch, dass Sie zuhause sind. ... Sie haben ja den Riegel vorgeschoben! Ich will Sie auch wirklich nicht behelligen. Ich will mich nur vergewissern, dass Sie ... gesund sind. Bitte antworten Sie mir doch ..."

Dann wende ich mich um. Ich habe aus Sorge, Meabh könne sich etwas angetan haben, beschlossen, die Zurückhaltung aufzugeben.

"Ove, gehe bitte noch einmal ums Haus und sieh nach, ob Du von dort etwas sehen oder hören kannst."

"Er hat für die Detektei gearbeitet ... Er wird wissen, was zu tun ist!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 28.01.2017 | 19:20
Ove

Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. Und es ist nicht zwingend Braddock, der hier deplatziert wirkt.

"Ja" antworte ich nur knapp als Clive mich bittet uns Haus herum zu gehen und nachzusehen.

Ich gebe zügig den Weg, den wir eben gekommen sind zurück und horche nach weiteren Geräuschen von drinnen und behalte sowohl die Umgebung des Hauses als auch das Haus an sich im Blick. Hat sich hier etwas getan?

Ich stecke meine Hand in die Jackentasche mit dem Revolver von Collins und löse die Sicherung. Dann schließe ich meine Hand um den Griff, bereit die Waffe schnell und sicher ziehen zu können.

Ich schleiche so schnell es geht zur Seite des Hauses, so dass ich in die Küche schauen kann.

Dort angekommen blicke ich vorsichtig durch die Scheibe, ohne dabei meinen Kopf deutlicher als irgend nötig ins Fenster zu rücken.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 28.01.2017 | 23:06
Hinten am Haus. Du steigst auf die grüne Bank und schaust am unteren Eck des Fensterrahmens ins Haus hinein. Du kannst nichts erkennen. Das Glas ist so verdreckt, dass Du nicht einmal Schemen ausmachen kannst. Leise fluchst Du in Dich hinein. Dann hörst Du, wie etwas Hartes abgelegt wird - vermutlich auf einen Tisch. Danach herrscht Ruhe. Das Klappen einer kleinen Tür ist zu hören; so als wäre diese verglast. Erneut trifft etwas Hartes aber Leichtes auf Holz und scheint dabei zu zerbrechen, denn Teile davon fallen auf den Boden, wonach ein leises Fluchen zu vernehmen ist.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 31.01.2017 | 18:02
Ich wischen mit zwei Fingern meiner linken Hand [die Hand ohne Waffe] über die Scheibe. Der Schmutz löst sich nur sehr widerwillig.
Beim Blick zu den anderen Fenstern sehe ich, dass es dort nicht unbedingt besser aussieht. Die alte Dame hätte häufiger die Scheiben putzen sollen.

Hoffentlich hat sie zumindest von Innen manchmal geputzt.

Ich wische weiter und kratze sanft und dann etwas stärker über die Scheibe, bis sich der verkrustete Dreck löst. Ich werde hektischer, als ich die Geräusche von drinnen höre. Ich spucke mir auf die Finger und wische nun mit feuchten Fingern, was sich als keine gute Idee herausstellt, da der verkrustete Dreck jetzt verschmiert und mir nur einen sehr verschwommenen Blick durch dieses kleine Guckloch ermöglicht.
Schließlich ziehe ich mein Taschentuch heraus und wische damit den verschmierten Film ab und schaue angestrengt durch den schmalen Spalt, den ich freigeputzt habe.

Was ich sehe, lässt mir das Blut in den Adern gefrieren.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 31.01.2017 | 20:39
Ekel übermannt Dich und es läuft Dir kalt den Rücken hinab. Du schüttelst Dich angewidert, als Du in die Küche siehst.
Das Innere des Raums ist ein Durcheinander par excellence. Überall steht etwas herum - schmutzig und verkrustet. In der Spüle türmen sich Töpfe und Geschirr.

Auf dem Tisch liegt eine Art Essen, in welchem ein Küchenmesser steckt, das sich aber noch zu bewegen scheint. Daneben liegt eine alte, doppelläufige Schrotflinte.

Die Alte steht mit dem Rücken zum Fenster, bückt sich und hebt mit einem leichten Stöhnen einige Dinge vom Boden auf. Dann nimmt sie die graue Schachtel vor sich und läd die Flinte.


"Moment, Moment!" ruft sie laut in Richtung Strasse.


"Nicht so eilig. Ich bin gleich an der Tür." Dann lässt sie mit einem klicken die Läufe zurückschnappen, spannt die Hähne und macht sich auf den Weg zum Eingang.

"Bin gleich bei Ihnen. Moment bitte!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 1.02.2017 | 09:58
Clive

Ich höre durch die Tür gedämpft Meagh Ó Brians Stimme irgendwo hinten aus dem Haus.

Daraufhin lasse ich beruhigt von der Tür ab und trete einen Schritt zurück und zur Seite, um auch Braddock Gelegenheit zu geben, sich vorzustellen, sobald die Tür sich öffnet.

Dabei wende ich mich halb herum, um Braddocks Reaktion auf die Entwicklung zu beobachten.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 1.02.2017 | 12:07
Ove

Oh Gott, was hat sie vor?

"Frau Ó Brian! Geht es Ihnen gut!", rufe ich, während ich versuche an die Scheibe zu klopfen. Dabei verliere ich den Halt und kann mich nur mit einem Sprung von der Bank herunter vor einem Sturz bewahren.
Ich muss den Revolver loslassen, um mit beiden Armen das Gleichgewicht zu wahren.

"Frau Ó Brian, legen Sie doch bitte die Flinte weg!", rufe ich ihr eindringlich zu, in dem Versuch sie von gefährlichen oder gar tödlichen Dummheiten abzuhalten.

Ich lege all meine ehrliche Überzeugungskraft in meine Worte:
"Frau Ó Brian, ich bin es! Ove Eklund! Und Doktor Savage ist auch hier. Bitte, lassen Sie uns doch herein. Wir wollen doch nur mit Ihnen reden. Bitte sagen Sie uns, dass es Ihnen gut geht. Und bitte... BITTE legen Sie die Waffe weg. Sie kennen uns doch! Bitte, lassen Sie uns reden... und legen Sie die Waffe weg."

Gewürfelt 2d6+1 : 4, 3 + 1, Summe 8


Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 1.02.2017 | 19:10
Als Du das Gleichgewicht auf der Gartenbank verlierst, löst sich aus der Flinte ein Schuss.

Ein gewaltiger Knall.

Deine Stimme ist nicht mehr als ein Säuseln im Wind. Nur der erbärmliche Versuch, die Situation nicht eskalieren zu lassen. Nur das Piepsen eines kleinen Vogels im Gekreische eines Wespenschwarms.
Du sagst Deine Sprüchlein auf. Betest Deine Sätze runter, während um Dich herum die Welt explodiert.

Über Dir schwirren Glasscherben und Holzsplitter durch die Luft; in einem Nebel aus Staub, Mörtel- und Gesteinsfragmenten. Dann rieseln sie herab und bedecken Dich mit einem schmutzigen Schleier.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 1.02.2017 | 20:42
Die Stimme der Frau bellt durch die Küche, prallt vom schmutzigen Geschirr ab und findet seinen Weg in Deine klingelnden Ohren. Wie aus sehr weiter Entfernung hörst Du ihre Worte, gedehnt, wie in Zeitlupe. "Scheeerrr Diiichhh zuuummm Teuuufeeel, Duuu Baaastaaard. Miiichhh krieeegssst Duuu niiichhht." Dann ist ein Poltern und Scheppern aus der Küche zu hören.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 2.02.2017 | 12:25
Clive

Als ich das peitschende Geräusch des Schusses von der rückwärtigen des Hauses zu uns herüberhallt, springe ich instinktiv neben der Tür in die Deckung der Wand. Automtismen aus dem Krieg greifen Platz. Mein Herz beginnt vor Schreck pocht ... und schmerzt.

Die unterschiedlichsten Möglichkeiten, was sich dort abgespielt haben könnte, rasen durch meinen Kopf. Dann endlich besinne ich mich und rufe laut: "Ove? ... Geht es Dir gut? Bist Du verletzt?"

Ich beginne, mich an der Hauswand entlangzuschieben, immer darauf bedacht, unter den Fenstern und außer Sicht zu bleiben.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 2.02.2017 | 18:53
Ove liegt auf dem saftig grünen Gras des, vom Gewitter noch nassen, Bodens.
"Dääämooon weiiicheee!" Ein Klicken ist zu hören. Überall um Dich herum liegen Fragmente des Fensters und des Rahmens.
Du blickst Dich hastig um und siehst zu Deinem Schrecken, dass beide Läufe der Flinte aus dem Fenster zeigen. Und erneut ist ein Poltern aus der Küche zu hören. Dann gibt es ein Geräusch, als würde viel Geschirr zu Boden stürzen und zerspringen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 3.02.2017 | 08:03
Ove
Ich setze alle meine Hoffnungen darauf, dass das Rumpeln des Geschirrs die offensichtlich wahnsinnige Frau ablenkt. Ich springe auf und sprinte in Deckung, indem ich so schnell ich kann zur nächst gelegenen Hausecke renne und mich dort an die Hauswand presse.
Mit bis zu meinem Hals schlagenden Herzen schaue ich kurz und sehr auf der Hut um die Ecke, um zu sehen, was hinter mir passiert (ist).
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 3.02.2017 | 18:20
Du hast die Gefahr erkannt und versuchst Dich in Sicherheit zu bringen. Du robbst über das Gras und die Scherben. Deine Reflexe sind etwas eingerostet. Du willst Dich zur Seite rollen, doch Du bist starr vor Schreck, als Du in die Läufe der Flinte blickst.

Die dunklen Rohre der Flinte werden von einem grellen Licht erhellt - dann trifft Dich die Schrotladung voll aus beiden Läufen gleichzeitig.

Blut fliesst Dir über Deine linke Gesichtshälfte und über Deinem Hals. Vor Schmerz schreist Du laut auf. Die zweite Ladung hat Deine linke Schulter voll getroffen. Der Schmerz brennt wie Feuer und Du hast auf dieser Seite kein Gefühl mehr. Deine Jacke und Dein Hemd sind durchlöchert und liegen in Fetzen. Blut läuft Deine Brust hinab.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.02.2017 | 21:19
Je eine volle Ladung aus beiden Läufen der Flinte hat Dich erwischt. Im Gesicht und am Oberkörper.
Du müsstest tot sein. Tot!
Und doch lebst Du noch. Noch! Doch wie lange?
Du wirst verbluten.
Das Einzige, das Dich noch am Leben hält, ist sicher nur der Schock.
Oder Du bist bereits tot, liegst am Boden und blutest aus.
Und alles, was Du glaubst zu tun, ist nur noch das schwache Flimmern Deines verlöschenden Gedächtnises, das sich noch ans Leben klammert, obwohl es weiss, dass der Körper tot ist.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 7.02.2017 | 10:56
Ich liege blutend auf dem Boden und weiß gar nicht wie mir geschehen ist. Eben noch stand ich dort und wollte die Witwe vom Selbstmord abhalten und plötzlich hat sie mich einfach erschossen.

Ich  brauche eine gefühlte Ewigkeit um zu begreifen, dass ich noch denken kann und somit auch eine Chance habe etwas zu machen. Als ich mich auf meinen Körper konzentriere und versuche mit aufzurichten bricht der Schmerz wie eine Flutwelle über mich herein.
Nur sehr stockend kann ich mich aufrichten. Immer wieder breche ich zusammen, wenn ich die getroffene Schulter belaste.
Ich schaffe es schließlich mich auf den Bauch zu drehen und schiebe mich langsam mit den Beinen vor.

Ich muss bei jeder Vorwärtsbewegung vor Schmerz stöhnen.

Ich muss es schaffen! Ich muss aus dem Schussfeld.

Meine Sicht wird trüber. Verliere ich das Bewusstsein? Ist es die Anstrengung? Der Schmerz? Oder doch nur das Blut, das mit immer weiter in die Augen läuft?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.02.2017 | 20:57
Du kriechst über den Boden des Gartens von Witwe O'Brian über das Gras.

Als die Winde leicht wehen, steigt Dir ein ekelhaft süsslicher Geruch der Verwesung in die Nase. Blut rinnt Dir ins linke Auge, so dass Du nur mit dem rechten etwas sehen kannst. Du kriechst weiter auf die Hauswand zu, um Dich aus der Schusslinie zu ziehen. Deine linke Brust schmerzt von den Schrotkugeln. Dort am Haus ist das Kraut hoch. Und dann siehst Du den Urheber des Geruchs.

https://mobile.twitter.com/deadcatguy/photo (https://mobile.twitter.com/deadcatguy/photo)

Eine mumifizierte Katze lässt Dich frösteln. Und dann greift Deine Hand beim Vorwärtsrobben in etwas Weiches. Etwas Schleimiges. Etwas Feuchtes.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/12/Dead_cat_1380901.jpg (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/12/Dead_cat_1380901.jpg)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 8.02.2017 | 12:01
Clive

Sorgsam darauf bedacht, mich unterhalb der Fenster dicht an der Mauer zu halten, setze ich meinen Weg an den Hauswänden entlang fort und beschleunige meine Schritte zunehmend, je weiter ich mich von der Haustür entfernt habe.

Noch hoffe ich inständig auf ein Lebenszeichen von Ove, ein Signal, dass es ihm gut geht ... aber da ist nichts, was mich beruhigen könnte. Kurz komme ich auf den irrwitzigen Gedanken, Matilde könnte aus dem Hinterhalt geschossen haben, um Ove vor etwas zu schützen ... aber ich kenne inzwischen Johns Ruf. Nein, der Schuss kam aus dem Haus. Mein Herz schlägt schwer in der Brust und beginnt wieder zu schmerzen.

"Ove!", rufe ich erneut, als ich die Hausecke erreiche.

"Verdammt, warum antwortet Ove nicht? ... Bitte nicht schon wieder! ... Warum er?"

Fieberhaft überlege ich, welche Verletzungen er erlitten haben könnte und was zu tun ist ... mit den wenigen Mitteln, die mir hier zur Verfügung stehen. Ich sehe Ove und Kristine in meinen Gedanken vor mir und ich beginne mich schuldig zu fühlen ... es ist völlig bedeutungslos, dass ich nicht den Abzug betätigt habe ... es ist völlig bedeutungslos, dass ich Ove und Kristine helfen wollte, als ich sie nach Irland holte ... wenn Ove sterben sollte, dann geschieht dies letztendlich doch alleine, weil er mir begegnet ist.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 8.02.2017 | 19:15
Der warme Sommerwind weht um das Haus der Witwe und trägt den würzigen Geruch von Blüten und Gäsern mit sich. Die Strahlen der Sonne scheinen auf Euch herab und spielen sich auf den Fensterscheiben des Hauses. Die Situation erscheint surreal.

Noch hat Ove kein Lebenszeichen von sich gegeben.

Aus dem Innern des Hauses sind Geräusche zu vernehmen. Eines hört sich an, als würde etwas über den Boden geschoben; ein Tisch oder ein kleiner Schrank vielleicht.
Das zweite Geräusch klingt, als würde viel Geschirr auf einmal zu Boden fallen und zerbrechen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 8.02.2017 | 19:52
Ove
Ich sollte angewidert sein, aber dazu fehlt mir die Kapazität. Sämtliche Emotionen sind vom Wunsch nach Flucht und Sicherheit verdrängt. PANIK, macht sich in mir breit und immer breiter.

Nocheinmal raffe ich mich auf, schiebe mich mit aller Kraft weiter. Ich weiß nicht, ob ich in die richtige Richtung robbe. Ich weiß noch nicht einmal, ob es überhaupt eine richtige Richtung gibt.
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Doch irgendwie komme ich weiter, auch wenn die  Schmerzen mich fast besinnungslos werden lassen. Und immer wieder sehe ich die Fratze der mumifizierten Katze. Und selbst vor meinem blutverschmierten Auge, sehe ich die Gedärme der ausgeweideten Katze.
Wieso Katzen? Wieso sind sie tot? Wie kann hier eine Katze mumifizieren? Regnet es hier nicht ständig?
Ein kurzer Gedankenblitz, beschäftigt sich mich dem eben gesehenen, doch das Bild der ausgeweideten Katze erinnert mich an mich selbst. An meine Situation. Ein Schuss in den Bauch und meine Eingeweide würden ebenfalls aus mir herausfallen.

Panische schiebe ich mich weiter. Um die Ecke des Hauses... wenn es denn eine Ecke ist... meine Sicht ist zu stark eingeschränkt, um es genau erkennen und einordnen zu können.

Plötzlich komme ich an einen Baum. Oder... Nein! Es scheint ein Mensch zu sein.

Jetzt ist es vorbei! Auf die Entfernung kann niemand daneben schießen. , denke ich. Doch langsam erkenne ich, dass es sich hier um eine andere Person handeln muss. Ich schaue mühsam weiter hoch. Und in meinem verschwommenen Blickfeld meine ich Clives Züge zu erkennen.

Ich muss ihn warnen!

"S'ss v'rückt!", kommt es auch meinem knochentrocknen Mund. Meine Kehle ist vor Anspannung, Panik und Anstrengung wie zugeschnürt.
Ich schlucke schwer und versuche es erneut:
"Si's v'rückt! 'auf weg! Renn!"

Als Clive nicht beginnt wegzulaufen fahre ich fort und werde dabei eindringlicher und panischer:
"Du m'sst weg! In Sich'rheit! L...auf! Sie hat 'f mich g'schossen."

Ich versuche meine Worte mit einer Armbewegung in die Richtung aus der er gekommen sein muss zu unterstützen, doch genau das hätte ich unterlassen sollen. Der Schmerz durchfährt mich erneut und ich breche mit einem lauten Stöhnen vor ihm zusammen. Wie vom Donnerschlag getroffen liege ich vor ihm, ich atme heftig von der Anstrengung un dem Schmerz und mag und kann mich nicht weiter bewegen.

Pause...! Ausruhen! Ich muss mich ausruhen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 8.02.2017 | 20:27
Ein lauter Schlag und das Splittern von Holz ist von der Strassenseite aus zu hören. Vielleicht hat Braddock gerade die Haustür eingetreten.

Dann ist das Splittern von Glas zu vernehmen, als sei soeben ein Fenster eingeschlagen worden.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 10.02.2017 | 18:22
Clive

Als ich hinter das Haus schauen kann und Ove unmittelbar vor mir im Gras erblicke, greife ich ihn unter den Achseln und ziehe ihn vollständig hinter die Mauer, um ihn in Deckung zu bringen. Dann rolle ich ihn vorsichtig auf den Rücken und sehe mir seine Verletzungen an. Ich ziehe man Jacket aus, rolle es auf und lege es ihm unter den Kopf. Dann begutachte ich seine Wunden. Ich reiße Streifen aus meinem Hemd und versuche, die Blutung zu stoppen.

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Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 11.02.2017 | 06:33
Ove sieht schlimm aus. Er blutet aus zahllosen Wunden.

Er steht sichtlich unter Schock.

Doch er lebt. Noch immer bist Du davon überrascht.

Die Einschussstellen der Schrotkörner sind verblüffend klein.

... Vogeldunst?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 11.02.2017 | 16:13
Ich merke, wie ich fortgezogen werde.
Wie ein nasser Sacke werde ich herum gedreht. Dann sehe ich, wie Clive sich über mich beugt. Mit routinierten Griffen versorgt er meine Wunden notdürftig.
Ich merke, dass es mir Schmerzen bereitet, wenn er die Wunde berührt, aber müsste der Schmerz nicht eigentlich viel stärker sein?

Der anfängliche Schock weicht langsam, sehr langsam aus mir und ich beginne mir Gedanken über meinen Zustand zu machen.
Ich müsste tot sein. Es kann nur Glück sein, dass noch lebe. Ich muss mich im richtigen Moment weggedreht haben oder die Witwe hat schlecht gezielt. Aber... selbst wenn dem so ist: Warum kann ich beide Arme noch bewegen? Es tut zwar weh, aber müsste ich nicht komplett in Stücke geschossen worden sein?! 

Ich versuche in Clives Gesichtsausdruck eine Antwort zu lesen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 12.02.2017 | 18:09
Aus dem Inneren des Hauses sind Schüsse zu hören. Erst einer, dann zwei weitere, die kurz aufeinander folgen.

Etwas Schweres fällt um, Holz knirscht und Glas splittert. Kurz darauf folgt das Donnern der Schrotflinte und das knirschende Splittern von Holz.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 12.02.2017 | 18:42
Clive

Oves Wunden begutachte ich mit konzentrierter Miene. Es ist mir in Fleisch und Blut übergegangen, mir gegenüber meinen Patienten bei der ersten Untersuchung keine Gefühlsregungen anmerken zu lassen. Der Patient soll sich sicher und ernst genommen fühlen. Er soll sich beruhigen, indem ihm vermittelt wird, sich in professionellen Händen zu befinden und nun Hilfe zu erhalten. Bevor ich meine Untersuchungen abgeschlossen habe und eine erste Diagnose stellen kann, wäre es verfrüht, dem Patienten ein Signal zu geben. Und da bildet Ove keine Ausnahme. Ich gehe also zur Routine über und blende für einen Augenblick aus, dass hier Ove und nicht irgendein Unbekannter liegt.

Als die weiteren Schüsse aus dem Inneren des Hauses ertönen, ziehe ich instinktiv den Kopf ein und beuge mich über Ove.

"Ich muss Dich hier wegschaffen. Du musst zum Manor. Ich hole einen Karren aus der Scheune, sobald die mit dem Schießen aufhören."

"Es kann nicht lange dauern, bis die ersten Nachbarn hier auftauchen und nach dem Rechten sehen. Eine Schießerei mitten im Dorf wird alle Einwohnen im Umkreis von mehreren Meilen aufschrecken."

Mir kommt der beruhigende Gedanke, dass wir diesmal wenigstens weitgehend aus der Schusslinie der Untersuchungen bleiben werden.

"Nun ... Braddock wird hingegen einige Fragen zu beantworten haben. Seine Abreise dürfte sich nach diesem Vorfall erheblich verzögern. ... Aber warum gehe ich eigentlich so sicher davon aus, dass er den Schusswechsel überstanden hat?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 13.02.2017 | 11:25
Ich höre wieder Geräusche aus dem Haus. Weitere Schüsse.

Ich will hier weg. Aber was ist mit der Witwe?

"Clive... " sage ich und versuche so gefasst wie möglich zu klingen.

" ... wir müssen weg. Aber ... was passiert... drinnen? Wir müssen... der Witwe helfen...."

Ich taste nach dem Revolver in meiner Jackentasche. Ich ziehe ihn etwas umständlich heraus und weise Clive darauf hin.
"Ich ... kann eine Weile... auch mich selber aufpassen...! Finde du ... raus, was... hier passiert"

Dann drücke ich mich umständlich so hoch, dass ich mit dem Rücken an der Hauswand lehne.

Die Wand im Rücken, den Rest im Blick... und eine Waffe. Ich bin erstmal sicher... sicherer als alle in dem Haus.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 13.02.2017 | 13:12
Clive

Ove erweckt nicht den Eindruck, als dass ich ihn alleine lassen könnte, wie er unsicher an der Hauswand lehnt und umständlich den Revolver in der Hand hält, während das Blut an ihm herabrinnt und seine Kleidung dunkel färbt. Eines seiner Augen ist blutverschmiert. Am liebsten würde ich den Revolver wegnehmen, bevor er damit noch Unsinn anstellt. Aber dann entscheide ich mich dagegen.

"Steck die Waffe besser ein!", sage ich zögerlich. "Hier werden gleich vermutlich Nachbarn auftauchen. Wenn die Dich verwundet mit einer Waffe in der Hand sehen, ziehen sie vielleicht die falschen Schlüsse! ... Und alle benehmen sich hier merkwürdig seit gestern."

"Fast wie die Menschen in London, damals ... die Aggressivität, die um das Auktionshaus herum anstieg.", ergänze ich für mich und denke an die Männer im Pub, an die Polizisten, an den Taxifahrer ...

Aber Ove nicke ich nur zu und berühre noch einmal zum Abschied flüchtig Oves Arm. "Pass auf Dich auf! ... Ich bin so schnell wie möglich zurück."

Dann schiebe ich mich weiter an der Hauswand entlang und versuche, ungesehen das zerborstene Küchenfenster zu erreichen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 13.02.2017 | 14:25
Umständlich schiebe ich die gesicherte Waffe wieder in meine Jackentasche.
Dann schaue ich Clive hinterher, wie er leise  und unauffällig um die nächste Hausecke verschwindet.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 16.02.2017 | 10:34
Clive

Schritt für Schritt taste ich mich an der Häuserwand entlang, immer dicht an das Mauerwerk gepresst. Die Sonne hat den Stein in meinem Rücken bereits erwärmt. Nahe am Haus wuchert Gestrüpp (https://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fbildagentur.panthermedia.net%2Fmedia%2Fpreviews%2F0007000000%2F07507000%2F~klatschmohn-und-kornblumen-in-rapsfeld_07507673_high.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fbildagentur.panthermedia.net%2Fm%2Flizenzfreie-bilder%2F7507673%2Fklatschmohn-und-kornblumen-in-rapsfeld%2F&docid=WW8p-2NvkPGCCM&tbnid=bXL5eqg6dHhJSM%3A&vet=1&w=1400&h=983&bih=904&biw=1680&q=klatschmohn%20und%20Kornblumen&ved=0ahUKEwjGltyDtJTSAhVBFCwKHY8RD3cQMwgsKBIwEg&iact=mrc&uact=8#h=983&imgrc=bXL5eqg6dHhJSM:&vet=1&w=1400), vor allem Gras, Disteln, Klatschmohn und wilde Kornblumen. Aber von der Hausecke bis zum Küchenfenster ist das Gesträuch etwa einen halben Meter breit flachgedrückt ... und blutverschmiert ... Oves Blut ... Insekten bahnen sich ihren Weg durch die niedergedrückten Pflanzen und untersuchen gierig, was hier in die Reichweite ihrer kurzen Beine geraten ist. Die knalligen Tupfer in Rot und Blau der Blüten vermengen sich mit dem dunklen roten Streifen am Boden. Der Anblick schmerzt in meinen Augen. Der metallische Geruch von Blut ist mir als Arzt vertraut, doch hier vermischt er sich mit Pulverrauch, einem süßlichen Dunst von Verwesung und dem Atem der Erde ... es riecht nach Schlachtfeld ... und gleichzeitig erinnert es mich an die Mischung von Gerüchen in der Änderungsschneiderei (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25801-nightmare-bites-kap1-bühne-auf-eis/?p=455750). Weil ich merke, dass Übelkeit in mir aufsteigt, presse ich mir ein Taschentuch vor Mund und Nase. Die farbigen Flecken aus Blut und zerquetschten Blütenblättern am Boden beginnen immer mehr vor meinen Augen zu unscharfen Gebilden zu verschwimmen und sich zu drehen. Ich versuche erfolglos, den Effekt wegzublinzeln und blicke darum wieder nach vorn.

Vor dem Küchenfenster reflektiert die Sonne in unzähligen Scherben, die dort verstreut im Gras liegen.

Und dann erblicke ich die toten Katzen, die am Rand von Oves Spur liegen. Scheinbar wahllos löst der Anblick eine Flut von Erinnerungen in den Synapsen meines Gehirns aus: Ich sehe die beiden Katzen (http://agentur-focus.de/Lightboxen/ANGEBOTE/FEATURES/2015/Tiere/Lbox_Silvester_Katzen_15/tn_51172337_43.jpg) aus der vergangenen Nacht (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134446795.html#msg134446795) und spüre ein Echo der Todesangst (http://agentur-focus.de/Lightboxen/ANGEBOTE/FEATURES/2015/Tiere/Lbox_Silvester_Katzen_15/tn_51172296_23.jpg). Ich sehe die Katze (http://www.suedkurier.de/storage/image/4/1/9/8/7288914_storagepic-frame-945x560_1oEGpO_ABrrZK.jpg) aus dem Traum auf Herm (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24675-nightmare-files-kapitel-7-immer-a-lll-ein/?p=425021). Lord Penhews (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25798-nightmare-bites-kap1-wie-viel-pharao-braucht-der-mensch/?p=476712) unnatürliche Züchtung (https://40.media.tumblr.com/29863000cf94e779ced1d7252ef79edd/tumblr_o11r70RvLC1syb4puo1_500.jpg) taucht aus den Schatten der Vergangenheit. Ich erinnere mich an Nialls Gesicht (http://www.metmuseum.org/toah/images/hb/hb_2000.329.jpg), als er mir von den mit schmiedeisernen Nägeln gespickten Tierkadavern im Wald (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25544-nightmare-letters-briefwechsel-zwischen-matilde-und-clive/?p=463898) berichtete. ... So viele Katzen ... immer wieder. Aber ich sehe auch Ayana und Matilde vor mir ... Was ist das, was mich die beiden mit Katzen in Verbindung bringen lässt? Ist es ihr eigenwilliges Temprament? Sind es ihre Bewegungen? ... Zwei Frauen, zwei Katzen, zwei Kadaver ... was will mir das mitteilen? Soll es mir überhaupt etwas sagen oder sind das nur Hirngespinnste meiner überspannten Phantasie? ... Zum ersten mal kommt mir der Gedanke, Matilde könnte tot sein. ... Ich dränge diese wirren Gedanken entschieden beiseite ... sie helfen mir hier nicht!

Nur noch wenige Schritte trennen mich von der zertrümmerten Scheibe ... nur noch wenige Zentimeter und ich werde um die unregelmäßige Kante der Fensterlaibung herumspähen können. Ich versuche, mich innerlich auf den Anblick vorzubereiten, der sich mir bieten wird ... ich male mir aus, die Witwe Ó Brian in einer Blutlache am Boden liegen zu sehen, mehrfach getroffen von den Kugeln aus Braddocks Revolver ... Eintrittswunden und Austrittswunden ... Blutspritzer an der Wand ... aber ich bin mir gleichzeitig sicher, dass nichts mich auf die Realität vorbereiten wird.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 17.02.2017 | 10:42
Cive

Nachdem ich einen Augenblick ruhig verharrt und gelauscht habe, ohne etwas verdächtiges zu hören, presse ich meine Brust an die Wand, schiebe meinen Kopf bis an die Fensterlaibung und werfe einen kurzen ersten Blick in die Küche, um den Kopf sofort wieder in Deckung zu bringen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 17.02.2017 | 14:20
Ove

Wie lange ist Clive wohl nun schon fort? Sekunden? Minuten?!

Ich horche in die Gegend.... doch ich höre nichts. Kein Rumpeln, keine Schritte, keine Atmung außer meiner eigenen, nicht einmal Vögel.

Vermutlich hat der Schuß, nein sogar die mehreren Schüsse sie verstummen lassen.

Erleichtert höre ich in der Ferne Hundegebell.

Immerhin bin ich nicht taub. Und tot werde ich auch nicht sein, warum sollte ich wenn ich tot bin, einen Hund hören?! Das wäre unsinnig. Ebenso unsinnig wie diese Gedanken über den Tod.

Ist es vielleicht Luni? - Nein, unwahrscheinlich. Luni ist zu weit weg, als dass er die Schüsse gehört haben könnte.


Ich taste erneute nach dem Revolver. Er liegt sicher in meiner Jackentasche. Dann schaue ich mich erneut um. Meine Position ist allerdings nicht gut genug dafür. Ich sehe nur wenig, hier vom Boden aus. Aber immer hin bin auch ich schlecht zu erkennen.

Als ich weiter hin keine Geräusche vernehme, schaue ich mir meine Verletzung näher an.

Es stellt sich allerdings als schmerzhaft und äußerst schwer heraus die Wunde zu beschauen. Also beginne ich das Ausmaß meiner Verletzungen mit den Finger zu betasten. Das meiste hat Clive bereits verbunden, aber ich drücke hier und dort, um die Grenzen der Verletzung und die Stärke des Schmerzes zu ergründen.

Was für ein übler Treffer. Wieso nur, ist es kein Durchschuss?

Vermutlich das Schrot. Es hat mich förmlich in den Boden gedrückt, vor Wucht. Ja, auch aus so kurzer Distanz, scheint die Schrotladung weit genug aufgefächert gewesen zu sein, um nicht den Durchschlag eines massiven Geschosses zu haben. Aber trotzdem hätte diese Ladung mit meinem Kopf verheerendes anrichten können. Wenn mir nur das Ohr fehlt, dann bin ich noch gut dran.

Ove... Woher kommt dieser Galgenhumor?! Reiß dich zusammen!

In Ordnung. Wo wurde ich überall getroffen: linke Schulter, linker Hals, linkes Gesicht.

Wie paasend... ich bin doch laut diesem Collins auch die "rechte" Hand. Die Linke kann ich eh erstmal nicht wirklich benutzen.

REISS DICH ZUSAMMEN!


Ich taste an meinem Kopf, meinem Ohr ... ist es noch da?

Durch den Schmerz kann ich nicht fühlen, ob es noch dran, aber verletzt oder sogar abgerissen ist.

Wie konnt es nur so weit kommen? Und was macht Clive? Ist er nicht schon ewig fort?!

Hauptsache die direkte Gefahr ist beseitigt.


Erneut muss ich an die fehlenden Tierstimmen denken:

Wo kamen die Katzen her? Wurden sie angelockt, oder wurden sie hier getötet?

Und von wem? Der alten Witwe?

Oder gar ihrer Tochter?

Sicherlich wurden sie getötet. Eine Katze verliert nicht einfache ihre Gedärme im Vorgarten einer alten Damen. Wäre sie im Kampf mit Artgenossen oder einem anderen Tier gestorben, dann hätte man doch Spuren sehen müssen. Aber habe ich genau genug geschaut? Vielleicht wurde sie von einem Hund, einem Dachs, einem großen Marder, Fuchs oder sonst etwas gerissen. Vielleicht auch einem Wolf...?

Aber solche Tiere, außer vielleicht Hunde und Füchse trauen sich nicht nah genug an Häuser heran. Nein, es muss etwas anderes gewesen sein. Die Katze wäre doch dann wohl auch verspeist worden und nicht einfach nur getötet worden.

Und selbst wenn, das mag vielleicht EIN Mal passieren, aber doch nicht gleich zwei Mal. Und die mumifizierte Katze wird wohl kaum aufstehen und Artgenossen anlocken und aufreißen. Nein, das wäre wirklich absurd.

Nur Menschen sind grausam genug andere Tiere, andere Spezies zu töten, nur weil sie den Anblick mögen, oder es ihnen eine Art Befriedigung verleiht.
Hat es vielleicht die Tochter der Witwe gemacht? War es vielleicht auch der Grund warum sie getötet wurde? Aus Rache für das Töten von Hauskatzen? Weil man sie dunkler Riten verdächtigt? Aber warum sollte man das junge Mädchen töten und nicht die Witwe?

War es wirklich das unschuldige Mädchen? Oder war sie sogar die Fortführung dieser tierischen Mordserie... erst eine Katze, dann noch eine und dann ein unschuldiges Mädchen?

REISS DICH ZUSAMMEN!
Hier sind mindestens zwei bewaffnete Menschen, und du machst dir Gedanken um tote Katze. Pass auf! Bleib am Leben! DANN kannst du dir Gedanken über die Hintergründe machen. Und vielleicht finden sich hier noch weitere Hinweise. Vielleicht in der Scheune.

Genau! Wenn Clive in wenigen Minuten nicht wieder da ist, dann gehe ich zur Scheune. Ich muss mir das ansehen bevor die Polizei herkommt und alles durchsucht. Danach wird man hier nichts von Interesse mehr finden können.


Mühsam suche ich nach meiner Taschenuhr. Ich ziehe sie aus meiner rechten Westentasche.

In Ordnung... es ist nun drei Minuten vor halb... um halb gehe ich los. Spätestens.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 19.02.2017 | 15:35
Als Clive sich an das Mauerwerk schmiegt und unter das Küchenfenster tritt, ist das Knacken von Holz unter seinem Schritt zu hören. Es ist eine etwa 50 cm lange und ca 30 cm breite Holzlatte.
Ein Schwarm grüner Schmeissfliegen lösst sich vom Boden und fliegt brummend und surrend hoch.
Dann hörst Du die Stimme der Witwe aus der Küche "Bleiiib wooo Duuu biiissst, Dääämooon."

"Duuu hooolst miiichhh niiichhht. Miiichhh niiichhht."

"Geeeh zuuurüüück iiin daaas Laaand deees Tooodeees uuund deeer Veeerweeesuuung, vooon wooo Duuu heeergeeekooommeeen biiissst."

"Iiichhh haaabeee Diiichhh duuurchschaaaut uuund iiichhh haaabeee Diiichhh iiim Viiisieeer."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 19.02.2017 | 18:31
Clive

Abrupt ziehe ich meinen Kopf zurück, bevor er in der Fensteröffnung erscheint und presse meinen Körper wieder fest an die Wand.

"Ich konnte zwar keinen Blick in die Küche werfen, aber ich weiß auch so, was ich wissen wollte: Die Witwe lebt. Das wirft natürlich die Frage auf, was mit Braddock geschehen ist ... Aber der sollte wohl selbst auf sich aufpassen können, so selbstbewusst wie er aufgetreten ist."

Ich versuche, die Situation zu analysieren. Ich blicke um mich, in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis zu entdecken, der mir weiterhilft. Ich suche nach einer Idee ... flehe innerlich um eine Eingebung. Ich schiele vorsichtig zu dem Loch in der Scheibe herüber, durch das auch jetzt noch unheilverkündend Pulverdunst ins Freie strömt strömt. Die dunkle Öffnung ist umgeben von einem Kranz aus hell glänzenden Glassplittern, in denen sich der blaue Himmel und die Wolken spiegeln. Die Scherben ragen aus dem Fensterrahmen wie im Kreis angeordnete schlanke Schneiden, die allesamt mahnend auf die gähnende Leere in ihrer Mitte weisen. "Ein Rund aus Klingen (http://www.al-so.de/legende/tafelrun.jpg) und ich alleine ohne Waffe ... ich trage die Verantwortung für das, was hier passiert ... irgendwie ... ich sollte es richten und lenken ... nur wie? ... Wo bist Du meine Nimue? Schließlich wolltest Du mich schützen! ... Aber das bedeutet nicht, dass Du meine Arbeit tust, nicht wahr?"

"Wenn ich den Schaden begrenzen will, muss ich zuerst die Witwe dazu bringen, die Waffen niederzulegen." Also versuche ich das einzige, was mir möglich erscheint: In der Hoffnung, dass die Witwe nicht gerade mich für einen Dämon hält, setze ich auf ein in dreieinhalb Jahrzehnten des Zusammenlebens gewachsenes Vertrauen und versuche die verwirrte Frau zu beruhigen:

"Mrs. Ó Brian ... Meabh ... ich bin es, Clive!", rufe ich dem gähnenden Loch in der Scheibe entgegen. "Du kennst mich doch ... schon seit über 30 Jahren! ... Ich habe Kayleigh das erste mal in den Armen gehalten, da war sie gerade erst geboren. ... Du weist, dass ich kein Dämon bin! Leg bitte die Flinte weg, bevor noch mehr passiert! Du willst doch niemanden verletzen!

Erzähl mir von diesem Dämon. Ich höre Dir zu. Ich habe weiß Gott in meinem Leben Dinge gesehen, die mir niemand glauben würde. Mir kannst Du vertrauen! Ich werde Dich verstehen. Und wir können Dich beschützen, wenn Du uns lässt ...

Bitte, Meabh! Gleich werden Deinen Nachbarn kommen, um nach dem Rechten zu sehen. Willst Du auf die auch schießen? Auf Menschen, die Du von Kindesbeinen an kennst? Willst Du die Kinder Deiner Freunde zu Waisen machen?

Lass Dir bitte von mir helfen! Leg die Waffe weg und lass uns reden!"

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Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 19.02.2017 | 19:19
"Cliiiveee? Biiist Duuu dasss, Cliiiveee? Odeeer iiist daaas eeein Triiick?"

Das Donnern der Flinte ist zu hören, doch am Fenster bleibt alles heil. Ein Aufschrei aus dem Haus ist zu hören und ein dumpfer Schlag, als wäre etwas Schweres zu Boden gefallen, gefolgt von Stöhnen.

"Waaar eees aaalsooo eeein Triiick. Haaab iiichhh Diiichhh, Dääämooon."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 19.02.2017 | 19:48
Clive

"Nein, Meabh, ... ich beschwöre Dich ... das ist kein Trick! Ich bin es, Clive!

Leg bitte die Waffe weg! Einen Dämon könntest Du gewiss nicht mit einem einfachen Gewehr töten. Du bringst nur brave Menschen um!

Ich bin hier draußen. Leg die Flinte weg und komm heraus zu mir!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 19.02.2017 | 20:48
"Cliiiveee? CLIIIVEEE?" Ein schrilles, fast unmenschliches Lachen folgt. Dann splittert das restliche Glas des Küchenfensters und die Flinte fliegt heraus und landet auf dem Gras des Hinterhofs, gefolgt von einem kindlichen Kichern.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 19.02.2017 | 22:51
Clive

Ein Seufzer der Erleichterung entweicht meiner Brust.

"Danke, Meabh! ... Danke!

Ich komme jetzt zu Dir herein und Du erzählst mir alles ... Und dann überlegen wir gemeinsam, was zu tun ist", sage ich so laut, dass es auch Braddock hören sollte.

"Hoffentlich ist Braddock nicht verletzt", denke ich und stelle mir den Ärger vor, den sein Tod nach sich ziehen würde. Braddock ist mir zwar noch immer suspekt, aber lieber wüsste ich ihn zurück in London als im Leichenschauhaus. Andererseits halte ich es auch weiterhin nicht für ausgeschlossen, dass Braddock etwas mit dem Mord an Kayleigh zu tun hat.

"Ove hat die beiden Schüsse überlebt ... warum sollte es bei Braddock anders sein? Er war vorgewarnt und wird mit mehr Vorsicht vorgegangen sein."

Dann gebe ich mir einen Ruck und werfe vorsichtig einen Blick durch das Fenster.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.02.2017 | 10:49
In der Küche der O'Brians ist ein höllisches Durcheinander. Manches erscheint neu, doch vieles ist altes Chaos. Reinlichkeit und Ordnungsliebe scheint der Witwe bereits vor langer Zeit abhanden gekommen zu sein. Umgestürzte Küchenmöbel, zerbrochenes Geschirr und die Frau mittendrin.
Sie steht da, dreht sich im Kreis und rauft sich ihr graues Haar, während viele Schmeissfliegen in kleinen Wolken sie umkreisen und ein unwirtliches, brummendes Surren von sich geben.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.02.2017 | 16:35
Clive

Bestürzt betrachte ich die Verwandlung, die schon äußerlich mit der Witwe Ó Brian von statten gegangen ist. Gestern noch (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134406627.html#msg134406627) habe ich sie mit ihrer Tabakspfeife die Straße kehren sehen. Gut, sie war schon gestern unfreundlich und angriffslustig ... aber das war angesichts der Nachricht vom Tod ihrer Tochter nachvollziehbar. Jetzt wirkt sie desorientiert und vernachlässigt. Die Haare zerrauft, die Kleidung kraus und verdreckt, wirkt Meabh Ó Brian, als sei sie gerade einer Nervenheilanstalt für Minderbemittelte entsprungen.

Es erscheint mir nicht ratsam, Meabh jetzt auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen. Ich setze einen Fuß auf die grün getünchte Bank unter dem Fenster (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134460673.html#msg134460673), die mit kleinen roten Sprenkeln übersäht ist.

"Meabh ... öffne mir das Fenster. Aber sei vorsichtig, dass Du Dich nicht schneidest", bitte ich sie freundlich, als sei es das normalste der Welt. "Ich komme zu Dir und wir überlegen gemeinsam, was wir unternehmen können."

Schmerzlich wird mir bewusst, dass Ove gleichermaßen meiner Hilfe bedarf und mir die Zeit davonläuft ... wieder einmal.

"Wo steckt nur dieser Braddock?", überlege ich in der Hoffnung, ihn zu Ove schicken zu können.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 24.02.2017 | 16:40
Witwe O'Brian zieht sich an den Haaren und stösst markerschütternde Schreie aus. Hohe, schrille Schreie, die lang anhaltend durch das Haus gellen.

Unmenschlich erscheinende Schreie, weinend und wehklagend, eine Totenklage, die Dich unweigerlich an das Geheul des Banshee denken lassen. Nur eine Legende. Nur eine Legende. Eine Legende, weiter nichts.

Ein Geist aus der anderen Welt, der Welt der Feen, der den nahen Tod ankündigt. Die Frau sieht bleich und ausgezehrt aus. Ihr geblümtes Kleid scheint aschfahl, fast weiss, zu sein. Sie reisst sich büschelweise ihr ergrautes Haar vom Kopf, während sie sich dreht. Sich dreht wie eine uralte Primaballerina zu Pjotr Iljitsch Tschaikowski's Schwanensee, während grüne und schwarze Schmeissfliegen voller Melancholie 'le lac des cygnes' dazu surren.

https://m.youtube.com/watch?v=IkiAiDrXGfg (https://m.youtube.com/watch?v=IkiAiDrXGfg)

Dann... inmitten der Drehungen und völlig unvermittelt greift sie einen Kochtopf und wirft ihn krachend durch das Fenster, dass das Glas splittert.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 24.02.2017 | 20:47
Clive

Ich greife durch das gähnende Loch in der Scheibe und öffne vorsichtig das Fenster. Die Scherben auf dem Fensterbrett schiebe ich sorgsam beiseite.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 25.02.2017 | 18:05
Die Witwe kümmert es nicht, dass Du Dich am Fenster zu schaffen machst. Sie dreht in der Küche weiter wie verrückt ihre Pirouetten und kreischt dazu.

Aus dem Inneren der Wohnung hörst Du, wie sich etwas bewegt. Es ist Braddock "Doktor? Ist alles draussen bei Ihnen in Ordnung?"

Es hört sich an, als würde Braddock Bretter zur Seite räumen. "Hier war etwas drin. Irgendein Ding. Ein Affe oder etwas ähnliches. Ich habe darauf geschossen. Doch es ist geflohen. Durch's Fenster raus. Haben Sie etwas gesehen?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.02.2017 | 08:29
Clive

"Braddock? ... Nein, ich habe nichts gesehen. Ove ist verletzt ... ich muss ihn dringend behandeln. ... Und wir müssen dafür sorgen, dass hier nicht noch mehr Unheil geschieht. ... Ich komme jetzt herein."

"Meabh, ich komme jetzt zu Dir!", setzte ich an die Witwe gewandt leiser und in ruhigerem Ton nach.

Ich blicke noch einmal zurück auf das Gewehr, das im hohe Gestrüpp nur halbwegs verborgen liegt. Ich lasse die Waffe nicht gerne dort liegen, wenn hier etwas oder jemand herumstrolcht. Ich hoffe, dass die Scheibe, die Blutspur am Boden und der gut sichtbare Topf, der ein ganzes Stück weiter geflogen und gerollt ist, die Aufmerksamkeit von der Waffe ablenken. Dann steige ich ungelenk von der Bank auf das Fensterbrett und vom Fensterbrett in die Küche.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.02.2017 | 11:10
Der Boden der Küche ist noch chaotischer als der Rest des Raumes. Als Du Deinen Fuss auf den Boden stellst, merkst Du es sofort.

Der Boden ist tückisch. Geschirr, Besteck, Scherben, Müll, Unrat, Essensreste, Flüssigkeit und schleimiger Brei.

Die Witwe ist nicht weit von Dir entfernt. Sie hat sich in der Zwischenzeit einige Haarbüschel herausgerissen.

Unvermittelt hört sie auf sich zu drehen und schaut Dich verwirrt an. Sie schwankt leicht.

Dann setzt sie ein breites Grinsen auf und kichert.

Du hörst das Schaben von Metall auf Metall und siehst mit Erstaunen zwei Küchenmesser in ihren Händen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.02.2017 | 12:13
Ove ist noch immer leicht benommen.

Dein Blick ist getrübt. Alles erscheint verzerrt und sieht leicht verschwommen aus. Das Blut auf Deinem Gesicht gerinnt langsam.

Der Schock sitzt tief, aber langsam erholst Du Dich. Deine Atmung wird ruhiger und kommt nicht länger stossweise, doch nach wie vor hämmert das Herz in Deiner Brust.

Du hörst Schritte auf dem Kiesweg neben dem Haus. Schnelle, hastige Schritte, die schneller zu werden scheinen. Noch immer lehnst Du mit dem Rücken an der Wand. Du sitzt zwischen dem hohen Unkraut. Insekten summen um Dich herum. Etwas krabbelt über Deine rechte Hand.

Das helle Licht der Sonne scheint auf Dich herab, wie das Licht am Ende des Tunnels.

Irgendwie ist es ein sehr friedlicher Moment.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.02.2017 | 18:06
Clive

Der schleimige Brei lässt mich einen Moment an das Wesen in der Schneiderei denken. Aber ich will lieber gar nicht so genau wissen, durch was ich hier wate. Am liebsten würde ich mir die Witwe unter den Arm klemmen und mit ihr hinaus laufen, um Ove zu suchen.

"Zuviel für mich allein ... Zuviel für mich allein!", denke ich hektisch und versuche doch, mir meine Unruhe nicht anmerken zu lassen.

Ich nähere mich Meabh nicht weiter, sondern zeige nur beschwichtigend meine leeren Hände.

"Meabh, was machst Du da?", frage ich mit einer vorgeschobenen Gelassenheit und Verwunderung. "Was willst Du mit den Messern? ... Du brauchst Sie nicht mehr. Ich werde Dich jetzt schützen! ... Ich bringe Dich weg von hier und Du erzählst mir genau, was passiert ist. Dann kümmern ich und ein paar Männer aus dem Dorf sich um den Dämon. Wir erledigen das für Dich! ... Ich weiß, dass Du nicht verantwortlich bist für die schrecklichen Dinge, die geschehen sind. Dieser Dämon ist schuld und wir müssen ihn unschädlich machen, bevor er noch mehr Unheil stiftet!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.02.2017 | 18:31
Metallisch quietschend schwaben die Messer aneinander entlang.
Die Witwe bekommt grosse Augen aber ihre Stimme ist ruhig. "Kayleigh? Bist Du das?" Sie legt den Kopf schief und schaut Dich fast mitleidig an, während sie weiter die Messer wetzt.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 26.02.2017 | 22:05
Clive

"Meabh, ich bin es ... Clive Savage", versuche ich sie mit eindringlicher Stimme wachzurütteln.

Gleichzeitig schließt sich meine Hand fester um meinen Gehstock. Ich habe mit ihm eine größere Reichweite als die Witwe, aber ich will sie nicht verletzen, wenn es vermeidbar ist.

"Was soll ich tun? Ich könnte sie mit einem gezielten Stoß vor die Brust zurückstoßen ... das würde sie aber nicht hindern, mich erneut anzugreifen. Oder ich könnte versuchen, sie mit einem Schlag auf den Kopf zu betäuben ... das erscheint mir sehr unsicher: Schlage ich zu schwach, wird es kaum Wirkung zeigen, schlage ich zu fest, könnte ich ihren Schädel brechen. Ich könnte fest auf ihre Hände schlagen, um die alte Frau zu entwaffnen ... ich würde ihr vielleicht die Hände brechen, aber das würde heilen ..."

"Meabh ... Du musst zur Besinnung kommen, bevor noch mehr Menschen zu Schaden kommen! Ich flehe Dich an: Leg die Messer weg!"

Es bereitet mir Sorgen, dass ich nichts mehr von Braddock höre: "Was würde dieser merkwürdige Kerl tun? Ist er zu Ove gelaufen? Verfolgt er dieses ... affenartige Wesen? Oder wird er gleich hier eingreifen ... wohlmöglich auf die Witwe schießen? Gott bewahre, ein Angeschossener reicht mir für heute!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 27.02.2017 | 07:36
Ove
Ich genieße den Moment der Ruhe, der sich um mich herum ausbildet, als diese Ruhe durch Schritte von der Straße Herr gestört wird.


Immerhin kommen die Schritte nicht von der Rückseite des Hauses, dann könnte es dir Witwe sein, denke ich. Aber wer sagt mir dass sie es nicht trotzdem ist, hinterfrage ich mich selbst.

Ich überlege kurz ob ich jetzt aufstehen sollte und meine Chance nutzen sollte die Scheune erkunden, dich schaffe ich es nicht. Ich kann mich nicht aufraffen. Ich werde nur einen viel erbärmlicheren Eindruck machen als so wie jetzt, teilnahmslos an der Wand angelehnt.

Zufrieden stelle ich fest, dass ich hier schwer zu sehen bin.

Mal sehen, wer der Ruhestörer sein wird, denke ich als ich meinen glasigen Blick in die Richtung der Schritte richte.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 27.02.2017 | 11:07
Etwas Grosses steht vor Ove und nimmt ihm das Licht der Sonne. Schatten fällt auf Dich und das Summen der Insekten nimmt zu, die gerade aufgeschreckt wurden.
Noch immer lehnst Du an der Hauswand, als Du einen üblen Geruch wahrnimmst, wie von fauligem Fleisch. Der Geruch wird stärker, bis Du heissen, feuchten Atem neben Deinem Gesicht wahrnimmst und Du spürst die Atembewegungen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 27.02.2017 | 12:12
Was ist das?
Ist mein erster Gedanke.

Doch instinktiv halte ich still, ich warte ab, Stelle mich tot, oder etwas ähnliches wie tot....
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 28.02.2017 | 12:04
Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich meine Augen geschlossen hatte. War ich vielleicht sogar eingeschlafen? Oder bin ich schlicht zu erschöpft um mich an die letzten Sekunden oder gar minuten zu erinnern?

Vorsichtig öffne ich meine Augen ein wenig, doch kann ich nur das eine Auge öffnen, das noch nicht vom Blut verkrustet ist.

Zaghaft nehme ich das riesge Maul, das zottelige Fell und den fauligen Gerucht aus dem Maul des Wesens wahr.
Riesige Zähne, ein riesiges Maul, das sich mir nähert, immer weiter. Heisser, feuchter Atem schlägt mir entgegen.

Ich vergesse das Atmen.

Die Ansapnnung lässt mich den Schmerz vergessen. Ich öffne meine Augen weiter.

Das riesige Maul ist ganz nah, ich kann die Zähne schon fast spüren, die sich in meinen Hals, mein Gesicht, mein Fleisch bohren werden.
Ich bin voller Ansapnnung.

Das war's! Jetzt wirst du sterben. Ich liebe dich Stine, verzeih mir.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich das Maul öffnet, Geifer tropft von den Zähnen. Ich bin unfähig zu entfliehen.

Dann ist es so weit.

Eine riesige, nasse, warme Zunge wischt über meine Wange. Erst die unversehrte Seite, dann die blutverschmierte Seite.
Immer wieder wischt der Fleischlappen über mein Gesicht, befreit mein Auge vom Blut, wischt mir die Blutverkrustungungen vom Gesicht.

Meine Anspannung weicht etwas. Vermutlich kann ich so eine Anspannung einfach nicht solange ertragen.
Als ich mich erneut traue beide Augen zu öffnen, probiert das Monster nicht mehr mein Blut als Vorgeschmack auf den Rest von mir.

Tatsächlich steht es vor mir... ER steht vor mir.

Luni, schaut mich mich seinen grossen Augen an. Ich kann meine Überraschung weder in Worte noch in Taten bringen.

ich will meine Hand ausstrecken, als Luni mich aufmunternd in die Seite stupst.

Zärtlich und unsagbar erleichtert streiche ich ihm über sein Fell.

"Luni!" flüstere ich. "Was machst du denn hier?"

Statt zu antworten, stupst er mich erneut, auffordern, aber nicht zum Spiel ... eher drängend.

Mühsam richtige ich mich auf, indem ich mich an der Wand hochschiebe.
Dann stütze ich mich mit meiner unverletzten Hand leicht auf Luni ab, und lasse mich von ihm leiten.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 1.03.2017 | 15:19
Lunis Anwesenheit gibt mir Stärke. Die Gewissheit, dass jemand bei mir ist, unterstützt mich. Und Luni scheint zu wissen, wo er hin will.
Zielstrebig führt er mich, doch ich kann nur langsam folgen.
Immer wieder wünsche ich mir, dass ich stehen bleiben und mich ausruhen kann, aber ich muss weiter gehen.

ich gehe den Weg, den ich eben noch gerobbt oder von Clive gestützt gegangen bin. Diesmal stützt mich Luni.

An der Hausecke angekommen bleibt Luni stehen, schnuppert kurz und knurrt grimmig Ich schaue mich um, doch ich kann nichts sehen. Die grüne Bank steht immer noch vor dem Fenster, aber von Clive, der Meab oder von Braddock ist keine Spur.

Luni legt seine Ohren an, und schaut hinter uns. Für mich ist es zu anstrengend mich umzudrehen. Ich vertraue auf Lunis Reaktion und Intuition.

Luni dreht sich teilweise um und gibt ein scharfes Knurren, nach Hinten weiter.
Etwas muss dort sein, aber dann nimmt er seine Bewegung wieder auf und wir gehen weiter. Offensichtlich gehen wir immer näher an die Scheune.
Ich sollte vielleicht verwundert sein, darüber dass Luni mich zur Scheune führt, doch bestärkt es doch nur mein Gefühl, dass wir dort hinein gehen sollten.

An der kleinen Seitentür der Scheune angekommen, lasse ich Luni los und stütze mich stattdessen an die Wand.

Blitzschnell und vermitelt dreht sich Luni um, flätscht die Zähne, stellt das Nachfell hoch.

Erneut schießt Adrenalin durch meinen Körper.

Was ist da?!


An die Wand gelehnt, kann ich mich leichter umdrehen, als eben noch auf dem freien Weg.
In einer Entfernung steht ein riesiger Hund, oder etwas in der Art. Und Luni funkelt dem Wesen abweisend entgegen. Tiefe Abscheu und die klare Aufforderung an den anderen Hund sofort zu verschwinden liegt deutlich in Lunis Körpersprache. Das ist sogar für Menschen überdeutlich.

Luni lauert und es scheint einen Wettbewerb im Anstarren zu geben. Dann dreht sich der andere Hund um, als hätte er von dort etwas gehört, dreht sich zögerlich um, schaut dann aber noch mal in unsere Richtung.
Ich höre ein Wort., das zu uns herüber weht, worauf hin der Hund erneut seinen Kopf in die Richtung aus der wir kamen wendet und dann widerwillig um die Hausecke trottet.

War das eine von O'Loughlins  Bestien?

Erschöpft lehne ich an der Wand zur Scheune und atme durch, als Luni sich entspannt und mich anschaut, als wolle er fragen, was zum Teufel wir hier an der Scheune machen. Als hätte ICH ihn hier hingeführt.

Geh zu Herrchen!, denke ich mir als ich O'Loughlins Hund nachschaue und Kraft sammel um in die Scheune zu gehen.

Als ich mir zur Tür drehe, fällt mir Lunis Blick auf.
"Was denn?", flüstere ich schwach. "Du hast mich hier hingeführt... oder etwa nicht?!"

Luni legt den Kopf schief und schaut mich von unten her an, wie es nur Tiere und Kinder können, die einem damit zu sagen scheinen man sein ein Dummkopf, der keine Ahnung hat.

Habe ICH Luni hergeführt? .... Nein. Das glaube ich nicht. Und selbst wenn. Wenn ich schon hier bin, dann muss ich dort reinschauen. Wenigsten reinschauen.

Ich begebe mich auf die andere Seite der Tür, damit ich durch den Türspalt schauen kann, dann drücke ich die Klinke und ziehe an der Tür.

Sie lässt sich öffnen, was jeden anderen überrascht hätte, doch hatte ich mir darüber vorher nie Gedanken gemacht. Ich halte es also für selbstverständlich.

Dann schaue ich vorsichtig durch den Türspalt ins Dunkel.
Es dauert eine gewisse Zeit, bis sich meine Augen an das Dunkel gewöhnt haben.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 3.03.2017 | 23:09
Die Witwe verdreht ihre Augen, bis nur noch das Weisse zu sehen ist. Ihre Mundwinkel zucken nervös. Auch ihr Kopf zuckt. Sie hält ihn fragend schief. Geifer rinnt ihr aus einem Mundwinkel über das Kinn und tropft zu Boden. "Khhhooo Nghhhooo."

Dann blitzen ihre Augen und sie springt mit den Messern in den Händen nach vorne auf Dich zu.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 3.03.2017 | 23:12
Die Tür rechts von den Scheunentoren führt Dich in etwas, was vermutlich eine Art Lager oder Werkzeug Schuppen ist.

Vorsichtigen Schrittes schiebst Du Dich langsam in die gähnende Finsternis hinein.
Der Boden ist lehmig-erdig, leicht uneben und hier und da liegen Inseln mit Stroh darauf.
Durch wenige schmale Spalten zwischen den Brettern der Aussenwand fällt etwas Licht von Osten hinein.

Du machst ein paar Schritte vorwärts. Der Lehm ist weich und gibt unter Deinen Schritten nach.

Von weiter hinten im Raum hörst Du das Miauen einer Katze. Luni knurrt, bleibt aber zurück.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 4.03.2017 | 19:26
Clive

Als die Witwe auf mich zu stürzt, schlage ich mit meinem Gehstock nach den Messern, um ihr diese aus den Händen zu prellen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 6.03.2017 | 23:32
"Iiichhh hoooffeee, Duuu leiiidessst niiichttt." Die rechte Hand der Frau lässt die Klinge des Messers über den Tisch kratzen. Und mit einer schnellen Bewegung aus dem Handgelenk, schleudert sie etwas von dem Unrat in Deine Richtung "... niiichttt zuuu weeeniiig."

Danach befördert sie mit einem schnellen Tritt eine Holzkiste in Richtung Deiner Schienbeine.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 7.03.2017 | 13:14
Clive

Mir wird endgültig klar, dass weiteres Einreden auf die Meabh hier wohl nichts mehr ausrichten kann. Also bereite ich mich darauf vor, mich gegen die offenbar dem Irrsinn verfallene Alte zu verteidigen und ihr dabei möglichst wenig Schaden zuzufügen.

Mein Stand ist ohnehin unsicher. Die breiige Masse aus Unrat und stinkenden Abfällen, die den Boden bedeckt oder sogar den Boden darstellt, macht jeden Schritt zu einem Wagnis.

"Wie konnte die Witwe das Cottage seit meinem letzten Besuch so verkommen lassen? Seit wann geht das so? Das hier ist nicht das Ergebnis von wenigen Tagen. Dieser Verfall kann nicht alleine der Nachricht über den Mord an Kayleigh geschuldet sein. Hier muss schon wesentlich länger etwas im argen liegen!"

Ich beschließe, nicht das Wagnis einzugehen, der Kiste mit einem Sprung auszuweichen. Stattdessen stütze ich mich mit der Linken auf die Fensterbank hinter mir und halte den Stock schützend wie einen Degen vor mich. Die Kiste versuche ich mit einem Fuss abzuwehren und hoffe, dass mir dies mit der gleichen Leichtigkeit gelingt, wie es der Witwe möglich war, die Kiste in meine Richtung zu treten. Die alte Frau ist rüstig, aber sie macht auf mich nicht den Eindruck, plötzlich übermenschlichen Kräfte entwickelt zu haben.

Ein stechender Schmerz in meiner linken Hand lässt mich zusammenzucken und für einen kurzen Augenblick befürchten, die Katzen seien wieder zu geisterhaften Leben erwacht, um mich zu beißen oder zu kratzen. Doch dann fallen mir die Scherben ein, die überall um das Fenster verstreut liegen ... Schnell wird das Fensterbrett unter meiner Handfläche feucht und rutschig.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 7.03.2017 | 18:01
Ove
Wie üblich besteht auch hier der Boden aus gestampftem Lehm. Der starke Regen des gestrigen Abends muss ihn aber durchweicht haben. Offensichtlich hat es nicht nur über dem Manor wie aus allen himmlischen Kübeln zugleich geschüttet. Das Wasser muss die leichte Schräge vom Hof hinab hier hinein gelaufen sein.

Ich überlege, ob es so viel geregnet haben kann, dass der Boden hier komplett durchweicht ist und deswegen so rutschig ist, doch dann merke ich, dass meine Füße nicht sehr tief einsinken. Es ist doch nur die obere, gewöhnlich staubige, Schicht des Bodens, die nun zu einem rutschigen Schmierfilm geworden ist.

Ich schaue mich nach Halt um. Dicht neben der Tür, zu meiner Rechten, befindet sich eine alte Werkbank. Sie ist unaufgeräumt. Überall liegen, Werkzeuge und Gerümpel herum. Für den Besitzer sicher keine allzugroße Unordnung, aber für Fremde sieht es schlicht chaotisch aus.
Während ich meinen Blick über das Gerümpel gleiten lasse, um meinen Augen mehr Zeit zu geben sich an das Dämmerlicht anzupassen, fallen mir die Gerüche um so stärker auf. Die Gerüche in diesem Raum sind zahlreich.
Zuerst der erdige Geruch, des Lehmbodens, gemischt mit dem staubigen Geruch der Luft. Eine Mischung aus Heustaub, Holzmehl, der Holwürmer in den Dachbalken und dann der Dung. Die Ausdünstungen der Tiere sind hier nur wenig zu riechen. Dafür riecht es nach Metall und Rost. Alles in allem ein Geruch nach Alter, Verwirrterung und Muff.
 
Es fällt mir schwer zu atmen. Der Geruch ist schwer und legt sich zunächst wie Teer in meine Lungen. Ich brauche ein paar Atemzüge um mich zu gewöhnen.
Ich stütze mich an der Werkbank ab und hebe hier und da forschend ein paar Werkzeuge an um zu sehen, was es ist aber auch um zu sehen, was darunter liegt.

Liegen hier Schnitzmesser? Waffen? Oder doch eher nur Hämmer, verrostete Sicheln und alte, schartige Klingen von Sensen, rostige Nägel und alte Bohrer?

Während ich dort suche höre ich das Miauen einer Katze.

Was macht eine Katze an einem Ort voller toter Katzen? Ist sie freiwillig hier? Ist sie doch soetwas wie der Chef hier im Revier und hat die Katzen, die nun Katzenleichen sind, so zugerichtet, dass sie verstorben sind? Ist es eine gefangene Katze? Das nächste Opfer der unheiligen Mordaktion? Oder ist sie doch nur durch Zufall hier und hofft darauf, dass ich ihr ein paar Essensreste oder einen Schluck Milch bringe?

Wo sind überhaupt die anderen Tiere? Ich kann sie riechen, aber noch nicht sehen.


Während ich mich suchend weiter voranziehe in der Hoffnung die Katze, die Tiere oder sonstige Hinweise zu finden, halte ich mich zunächst an der Werkbank fest, und schaue mich suchend in die  Richtung um, aus der das Miauen kam. Dabei fällt mir zu meiner linken der alte Leiterwagen (http://file1.npage.de/004468/46/bilder/adi_60928_leiterwagen_sw.jpg) auf. Es ist kein großer Wagen, sicher nur für zwei Ponys ausgelegt, aber ausreichend, um das Heu und Stroh für diesen kleinen Hof einzufahren. Zumindest war es das mal, bis er hier abgestellt und sicher seit Jahren nicht mehr genutzt wurde.
Auf dem Wagen liegt eine Plane oder schlicht Unrat und dieser Wagen und der Unrat darauf scheinen die einzige Barriere zu sein, die den Arbeitsbereich des Schuppens von der Tierhaltung und der Lagerung von Heu und Futter trennt. Ich will mich dorthin bewegen und taste mich in die Richtung vor.

Am Leiterwagen angekommen, hebe ich die staubige Plane an, um hinunter zu spähen. Ich brauche beide Hände um die ölige, schwere Plane zu heben. Meine Wunden protestieren, aber ich muss herausfinden, was hier zu finden ist.

Luni schaut inzwischen in die Richtung des Hauses, als würde er von dort etwas hören. Doch weder Luni, noch das was draußen passiert bemerke ich, in dieser wie betäubend wirkenden, dunklen, muffigen Abgeschiedenheit.

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Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 9.03.2017 | 11:29
Wie eine lepröse, eiterige, Geschwulst beherbergende Haut kommt Dir der Küchenboden vor, der unter den Bewegungen Deiner Schuhe schmatzende, glucksende, rülpsende und furzende Geräusche von sich gibt. Unter Deinen Sohlen bilden sich zähe, klebrige Fäden, die Deine Schuhe mit der garstigen Oberfläche der Küche verbinden.

Das Innere der Küche spiegelt anscheinend so ziemlich auch das Innere der Alten wieder. Von Wahnsinn verfallen, mit sich im Unreinen und verwirrt. Gedanken von abgrundtiefer Verderbtheit und Verkommenheit stürzen auf Dich ein. Verwirrende Gedanken. Und Du weisst nicht woher oder weshalb.

Die Holzkiste, von Deinem Stock und dem Unrat am Boden abgestoppt, stellt keinerlei Bedrohung für Dich dar. Vielmehr scheint es mehr eine Art Ablenkung, denn ein Angriff gewesen zu sein

Unrat landet in Deinem Gesicht, das von dem breiten Messer in Deine Richtung geschleudert wurde und bleibt, zähem Haferschleim gleich, an Stirn und Wangen kleben. Doch Deine Augen bleiben klar und Dein Blick fest. So siehst Du, wie die Alte zum Sprung ansetzt.

Mit der Witwe ist anscheinend nicht zu spassen. Von dem lichten Moment, als sie die Flinte aus dem Fenster warf, ist nichts mehr zu spüren. Ihre Augen funkeln böse vor maligner Mordlust.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.03.2017 | 00:42
Die Tischplatte der Werkbank sieht aus, als wurde der Arbeitsplatz überhastet verlassen. Staub bedeckt Holz und Eisen. Die unterschiedlichsten Werkzeuge sind dort zu finden. Die Schubladen stehen halb offen und im Schraubstock ist noch ein Brett eingespannt. In dieses Brett sind Messer hindurch getrieben und am Heft krumm geschlagen worden. Eine alte Petroleumlampe hängt blind an der Wand.

Hinter der Werkbank befinden sich die Pferche aus groben Brettern; nur hüfthoch umfriedet und leer. Tiere sind keine zu sehen, obwohl ihr abgestandener Geruch noch über den Pferchen hängt. Hier und da sind Fellreste an einigen Holzspleissen zu sehen. Zwischen den Pferchen führt ein Weg nach Hinten in die Finsteren hinein. Rechts und links des Wegs sind Tröge am Boden. Leer. Verdreckt. Verstaubt.

Der lehmige Boden ist nass. Hier und dort liegt Stroh auf dem Boden. Ebenfalls nass. Grau. Faulig. Schimmelig. Erneut hörst Du das klagende Miauen einer Katze.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 16.03.2017 | 12:10
Clive

Der Kontrollverlust steht der Witwe ins Gesicht geschrieben. Wahn blitzt mir aus ihren Augen entgegen. Ich kenne diesen Blick. Nichts was ich täte und nichts was ich sagen würde, könnte noch zu ihrem Verstand durchdringen. Ich verstehe ihren Zustand. "Es ist das VIRUS! Gott weiß, es ist schwer, sich ihm zu widersetzen. Hat man einmal einen Blick hinter den Vorhang geworfen, weiß man, dass es keinen Weg mehr zurück gibt. Ich sehe die Erkenntnis, dass es keine Rettung gibt, in den tiefen Abgründen ihrer Augen ... hinter dem unkontrollierten Funkeln der Mordlust. ... Es ist so verlockend, sich der Hoffnungslosigkeit zu ergeben und seinen Geist fallen zu lassen. Ich kann Dir das nicht vorwerfen, Meabh!"

Ich möchte die Witwe nicht verletzen. Sie ist krank. Einer spontanen Eingebung folgend gebe ich mich erstaunt, blicke an der Witwe vorbei und spreche gegen jede Fairness das grausame Wort laut und in gespielter Verwunderung aus: "Kayleigh? ... Wie kann das sein?"

Etwas verändert sich in der Mimik der Witwe, als sie herumfährt. Ich schäme mich, aber ich nutze die Chance, die sich mir bietet: Mein Stock durchschneidet mit einem leisen, boshaften Geräusch die Luft. Das Geräusch erweckt Ekel in mir; es erinnert mich an Ruten auf schwarzer Haut. Dann trifft der Stock mit einem dumpfen Schlag auf den Schädel der Witwe. Ich kann nur hoffen, das rechte Maß gefunden zuhaben ...

"Nun kann ich Dir nicht mehr helfen, Meabh. Du wirst mir nie mehr vertrauen. Du musst mich nun hassen! Jetzt habe ich Dir den Grund dafür gegeben. ... Ich verachte mich selbst dafür!"

Traurigkeit bemächtigt sich meiner: Ich mag den Kampf gegen Meabh gewonnen haben. Aber ich habe den Kampf um Meabh gerade verloren!
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 16.03.2017 | 17:11
Ove

Unter der Plane verbirgt sich nichts von Interesse.
Die Plane hatte sich lediglich in Falten gelegt und sah viel versprechender aus, als sie es war. Was wir zarte menschliche Konturen unter einer schweren Plane aussah, war nur in sich verdrehte Plane, die von sich selbst bedeckt, wie ein dickes Leichentuch über einem toten Körper wirkte.

Ich bin erleichtert und enttäuscht zugleich.

Wieder wende ich mich der Werkbank zu. Das Brett im Schraubstock weckt mein Interesse. Mit weniger Anstrengung als erwartet, kann ich das Brett aus dem Schraubstock befreien.
Es ist nicht sehr lang. Es ist wie ein mit Dornen bewehrter Knüppel, den man bei sehr blutigen Straßenschlachten häufiger sehen konnte. Ein Knüppel, durch den zumeist am dickeren Ende lange Nägel getrieben wurden.  Ich schaue mir die Messer und die Konstruktion näher an. Sie wirkt nicht übermäßig stabil, aber es ist eindeutig eine Waffe oder ein Folterinstrument.

Ich fasse es wie eine Art Schläger und schwinge es leicht und vorsichtig, wie zum Test.

Ja, es könnte eine Waffe sein. Allerdings keine gute... nicht für mich in diesem Zustand. Aber ... ich will auch nicht schießen. Auf nahe Entfernung, wie hier in der Scheune, kann ich mit einem Hieb mit diesem gespickten Brett mehr Schaden verursachen und viel eher treffen als mit einem Schuss.

Ich nehme das Brett mit, als ich mich tiefer in die Scheune hinein bewege. Gelegentlich nutze ich das Brett als Gehhilfe, wenn der Untergrund unerwartet uneben wird, oder mich der Schmerz meiner Wunden bei einer falschen Bewegung durchzuckt.

Ich höre wieder das Miauen der Katze und muss an die dunkle Sphinx denken, die ich in der Penhew-Stiftung gesehen habe. http://www.aegyptenfans.de/Aegypten/BritischesMuseum/London_1/ammenemes.jpg (http://www.aegyptenfans.de/Aegypten/BritischesMuseum/London_1/ammenemes.jpg)
Ich erinnere mich an den Flyer in meinem Notizbuch, doch dann konzentriere ich mich wieder auf die Herkunft des Rufs der Katze.

Es scheint aus einem der Pferche zu kommen. Ich begebe mich immer näher dort heran.
Meine Angst, oder etwas anderes in mir rät mir das Brett zu heben, als ich näher an den Pferch komme. Mit dem erhobenen Brett, schaue ich zaghaft über die niedrige Einfriedung des Pferchs, und versuche die Katze zu erkennen.
Ich fahre vor Schreck zusammen, als ich das Miauen erneut höre.

Diesmal lauter,

durchdringender.


Ich bin ihr ganz nah.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 16.03.2017 | 19:41
Die Alte macht einen ausladenden Schritt, fast eine Art Sprung.

Die nach vorne gestossene Kiste dient ihr dabei als erhöhte Ebene, um über Dich zu kommen. Mit einem Fuss auf der Kiste rutscht sie nach vorne, während die Klinge des einen Messers die Luft durchschneidet.

Die andere Klinge wird durch Deinen Stock zur Seite bewegt, so dass es sein Ziel verfehlt und der Witwe aus der Hand gehauen wird.

Doch dadurch wird auch Dein Schlag abgelenkt. Der Knauf Deines Stocks trifft sein Ziel auf der linken Seite ihres Schädels, genau auf Höhe des Jochbeins.

Ein knirschendes Geräusch ist zu hören. Knochen und Zähne vermutlich.
Die faltige Haut der Alten platzt auf und Blut spritzt aus der Wunde und dem Mund.

Ein überraschtes Stöhnen ist zu hören, dann bricht der Angriff der Frau abrupt ab und sie sackt wie tot in sich zusammen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 16.03.2017 | 19:45
Du hebst das Brett an. Ein schmatzendes Geräusch ist zu hören, als sich das Holz vom nassen Lehm löst.

Zu Deiner Überraschung ist das Brett länger als erwartet. Stroh fällt rechts von der Planke ins Dunkel hinab.

Du trittst näher und entdeckst eine Grube; abgedeckt mit maroden Latten, Reisig, Lehm und Stroh. Die Grube scheint tief zu sein. Tief und düster.

Die Planke führt auf die gegenüber liegende Seite der Grube.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 17.03.2017 | 19:07
Clive

Mit dem Stock fege ich die beiden Messer aus der Reichweite der Witwe. Der Boden bleibt ein unsicheres Terrain. Gleichzeitig hält mich die Sorge, die Witwe könnte erneut eine Wandlung vollziehen und wieder zum Angriff übergehen, zur Vorsicht an. Darum nähere ich mich Meabh nur vorsichtig und nutze den Stock, um einen sicheren Stand zu bewahren. Als ich endlich neben der dem Wahnsinn verfallenen Frau in die Hocke gehe, fühle ich mit Erleichterung ihren Puls. Aber ich weiß, dass auch sie dringend einer eingehenden Behandlung bedarf ... wie Ove. Das Gesicht ist erschlafft und aschfahl. Die Falten scheinen sich tiefer eingegraben zu haben, seit ich sie gestern zuletzt gesehen habe. In den hängenden Mundwinkeln sammelt sich Speichel. Der Geruch der Alten raubt mir den Atem ... oder geht der Gestank von der dicken Schicht aus Unrat aus, dem ich in der Hocke und ein paar Schritt vom Fenster entfernt erst jetzt vollends ausgesetzt bin? Dort, wo mein Stock den Kopf getroffen hat, beginnt sich die Haut bereits zu spannen.

Ich löse meinen Gürtel und binde der Alten damit fest die Hände. Aber auch als ich meine Arbeit abgeschlossen habe, beruhigt mich das nur ein wenig. Ich weiß, dass Wahnsinnige nicht unbedingt ihre Hände brauchen, um Verletzungen zu verursachen.

Dann richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Verletzungen und beginne mit meiner Untersuchung.

"BRADDOCK!", rufe ich, ohne den Blick von meiner Patientin zu wenden. "Ich brauche sauberes Wasser und ein Stück Stoff, um ihre Verletzungen zu kühlen! ... Wir brauchen Hilfe! Ove wurde angeschossen. ... Wir brauchen einen Wagen, um beide zum Manor zu bringen! ... RASCH, EILEN SIE SICH!"

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 18.03.2017 | 12:55
Nachdem Du die Witwe sorgfältig gefesselt hast, fühlst Du beinahe körperlich, dass Du beobachtet wirst. Ein Blick in ihr Gesicht lässt Dich zusammenzucken.

Unter den zerzausten Haaren, die ihr in die Stirn hinab hängen, siehst Du ein hektisch herum blickendes Auge. Es blinzelt, als sich Euer Blick trifft.

http://2.bp.blogspot.com/-iCXApJ73-5c/VXfk-9IjF9I/AAAAAAAAxvo/UW9FFCNmjKc/s1600/q.jpg (http://2.bp.blogspot.com/-iCXApJ73-5c/VXfk-9IjF9I/AAAAAAAAxvo/UW9FFCNmjKc/s1600/q.jpg)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 18.03.2017 | 13:57
Clive

"GOTT IM HIMMEL!", stoße ich erschrocken aus, als ich das Auge erblicke. Ich taumele aus der Hocke zurück und verliere den Halt. Auf allen vieren versuche ich rückwärts möglichst schnell Abstand zwischen mich und Meabh zu bringen, bis ich die Wand in meinem Rücken spüre. Die Absätze meiner Schuhe schaben über den Boden und hinterlassen längliche Spuren, die sich von den Seiten her langsam mit Flüssigkeit füllen. Meine Hände versinken im schmierigen Untergrund. Die träge Masse quillt zwischen meinen Fingern hindurch. Und über allem liegt dieser bestialische Gestank, der meine Sinne immer stärker zu dominieren scheint.

Unbeholfen rappele ich mich unter Zuhilfenahme meines Gehstocks und der Wand in meinem Rücken auf. Das Küchenfenster liegt nur wenige Schritte neben mir. Es verspricht Licht und frische Luft. Ich beginne mich vorsichtig in diese Richtung zu bewegen. Der Schreck sitzt mir noch tief in den Gliedern, so dass meine Hände zittern.

"Das kann nicht real sein! ... Ich muss mir das eingebildet haben! ... Dieser Gestank ... vielleicht ist es ein Gas, das die Sinne beeinflusst?"

Mit Widerwillen blicke ich zu Meabh herüber, die im Zwielicht liegt. Die Sonne strahlt so hell durch das Küchenfenster, dass alles außerhalb des scharf abgegrenzten Rechtecks auf dem Boden dagegen finster erscheint, als würde man gegen das Licht fotografieren. Es ist unmöglich zu erkennen, was sich unter den zerzausten Haaren verbirgt. ... Aber ich meine, den stechenden Blick noch immer auf mir zu spüren. ...

"Ich muss Meabh hier herauszerren ... ans Tageslicht ... und mir eine Bestätigung einholen. Ich muss sichergehen, dass nicht nur ich das Auge sehe! ... Ich wünschte mir, Matilde wäre hier ... oder Cainnech! ... Wem kann ich DAS zeigen? ... Ove? Selbst wenn er nicht verletzt wäre, würde er derartiges verkraften? ...", zweifele ich. "Kann ich Braddock vertrauen? Welche Rolle spielt er hier? Ist er nicht vielleicht der Ursprung dieses Irrsinns? Alles begann mit ihm ... Ayana? Selbst wenn ich ihr trauen könnte, wer würde ihr später glauben, wenn es darauf ankommen sollte? Sie ist SCHWARZ. Und die Menschen sind erfüllt von Vorurteilen. ... Wem kann ich in einer solchen Sache vertrauen?"

Meine zitternde Hand stößt gegen das Fensterbrett, während ich noch nachdenke. Ich wende mich kurz zur Seite und sauge die frische Luft durch die zerborstene Scheibe ein.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 20.03.2017 | 07:46
Ove

Das Miauen kommt ganz offensichtlich nicht aus dem Pferch, in dem ich es vermutet habe.
Es kommt noch weiter aus dem Dunkel.
Ich wende mich dahin um.

Oder sind es mehrere Katzen, die an verschiedenen Stellen Miauen? Bilde ich mir das ganze vielleicht auch nur ein?
Alles scheint möglich.

Prüfend hebe ich eine dicke Planke etwas an, die sich schmatzend leicht vom Boden erhebt. Sie ist schwer und lang.
Ich lasse sie sinken und schaue mir die Umgebung an. Erst jetzt erkenne ich, dass die Planke ein Loch überspannt. Eine Grube.

Ist das ein Brunnen? Eine Dung-Grube? Aber warum sollte jemand das mitten im Stall bauen? Wäre es nicht viel zu gefährlich? Man selbst oder die Tiere könnnten dort hineinstürzen.
Ist es vielleicht eine illegale Mine? Kann man hier Erze oder Kohle abbauen?

Ich kann mich nicht erinnern. Zu sehr schwindelt mir der Kopf, schießen mir Gedankenfragmente durch den Geist.

Wer auch immer diese Grube ausgehoben hat, es muss lange her sein. Die Deckbretter sind morsch... alle, bis auf die Planke, die auf die andere Seite führt.

Rationalität treibt mich nicht mehr an. Jeder geistig und körperlich gesunde Mensch, würde entweder vermutlich den Weg über die Pferche suchen, um die Grube zu überwinden. Oder würde einfach umdrehen und das verdammte Katzenvieh in Ruhe lassen. Eine Katze, die von selbst auf den Baum klettert, kann auch von selbst wieder herunter, auch wenn sie in der Zwischenzeit herzzereissend schreit und maunzt. So verhält es sich doch auch mit dieser Katze. Wenn die von alleine her kam, dann kommt sie auch von alleine wieder heraus.

Aber Rationalität hat mit meinen Entscheidungen wenig zu tun. TROTZ treibt mich an.

Da meint der Boden hier mir also weitere Hinternisse entgegen zu bringen! Da wollen wir mal sehen!

Mit einer Mischung aus Schocksymptomen, Selbstüberschätzung und purem Trotz, schreite ich auf die Planke zu. Die mit Messern bewährte Latte, muss ich abstellen, bevor ich einen Schritte auf die stabile, große Planke wage. Ich halte mich an der Begrenzung des benachbarten Pferches fest, als ich meine Füße vorsichtig auf der Planke voran schiebe.

Mehrfach rutsche ich fast weg, doch im letzten Moment kann ich mich immer wieder fangen. Beim letzten Schritt, muss ich mich jedoch so stark festhalten, dass es mir die Tränen vor Schmerz in die Augen treibt. Nur mit Mühe konnte sich mein geschundener linker Arm in dem Pferch festklammern, als mein rechter Fuß wegrutscht.
Ich schleppe mich erschöpft auf die andere Seite der Grube und übergebe mich.

Es dauert einige Zeit, bis ich mich wieder gesammelt habe und weiter gehen kann. Vorsichtig schleppe ich mich weiter.

Wie konntest du den Ort des Miauens nur so falsch einschätzen?! Warum interessiert es dich überhaupt? Dieser Stall hat doch gar nichts interessantes zu bieten. Ove, du musst verrückt sein!

Diese Gedanken verhallen in mir ungehört. Es geht ums Prinzip! Ich will es jetzt wissen! Ich will keinen Hinweis übersehen. Allerdings trägt diese Sichtweise die Gefahr mit sich genau wegen dieser Fokussierung, diesem "Überanspruch" das Wichtige zu übersehen.

Bin ich dem miauen, der Katze NUN endlich nah?!
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 28.03.2017 | 18:52
Die Planke ist schlüpfrig, doch trägt sie Dein Gewicht mit Leichtigkeit, während Du darüber hinweg balancierst und dich dabei mit einer Hand an der Einfriedung des Pferchs festhältst.

Auf der anderen Seite der Grube angekommen, packt Dich die Neugier. Du trittst mit der Spitze Deines Schuhs etwas Lehm los, trittst von der anderen Seite vorsichtig an die Grube heran, schaust hinab und wirfst gleichzeitig den Klumpen hinunter.

Du weisst nicht, was Du erwartest oder erwarten sollst. Das, was passiert, enttäuscht Dich etwas, denn nichts Aufregendes geschieht. Obwohl Du gespannt wartest, und genau hinhörst, hörst Du nichts besonderes. Tief scheint die Grube jedenfalls nicht zu sein und einen festen Boden scheint sie auch aufzuweisen.

Dann wendest Du Dich wieder dem hinteren Teil der Scheune zu. Du bist jetzt etwas entspannter und so merkst Du sogleich wieder, wie Deine vielen kleinen Wunden schmerzen.

Du schaust Dich um. Hier hinten ist es noch dunkler als etwas weiter vorne. Fast glaubst Du, dass die Finsternis jeden Lichtstrahl verschlingen würde. Erneut drehst Du Dich, bis sich Deine Augen besser den Lichtverhältnissen angepasst haben, da entdeckst Du auf einem Sims am Verschlag eine Petroleumlampe stehen. Daneben liegt ein Metallkanister und drei Schachteln mit Streichhölzern.

Du fixierst die Lampe. Und je intensiver Du sie anschaust, desto stärker scheint die Dunkelheit der Umgebung auf Dich eindringen zu wollen. Das wenige, spärliche Licht wirft seltsam bewegte Schatten, die ein eigenes Leben zu haben scheinen. Die langen Schatten der Balken scheinen belebt. Bewegen sie sich tatsächlich Schlangen gleich am Boden, oder sind dies alles nur Hirngespinste?!
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 30.03.2017 | 10:49
Ove
Immer wieder schaue ich auf den Boden und dann hinüber zur Petroleumlampe.

Sicher sind es nur die Strohhalme, die im Licht wie Schlangen sind. Ich merke ja auch nichts, wenn ich dort hintrete... wenn ich dort hintreten WÜRDE.

Obwohl ich mir sicher bin, dass dort keine Schlangen auf dem Boden sind, wage ich es nicht diese Annahme auf die Probe zu stellen.
Licht wäre hilfreich. Aber nicht immer möchte man sehen, was vor sich geht. Doch jetzt, wo ich schon so weit gegangen bin, MUSS ich es probieren.

Ich gehe zur langsam und mit so viel vorsicht, wie es meine zerschundener Körper erlaubt, auf die Lampe zu. Ich nehme sie hoch. Sie ist spakig und matt, aber sie wird zumindest etwas Licht liefern können, da bin ich mir sicher.
Ich schüttel die Lampe leicht um zu hören, ob noch Öl darin ist. Es plätschert leise. Es ist nicht viel Öl, aber ich überlege, ob ich ohne viel Öl zu verschütten nachfüllen könnte. Ich bin mir nicht sicher. Ich greife nach einer Schachtel Streichhölzer, schüttel sie ebenfalls. Ich höre nicht das übliche Klappern der kleinen Hölzchen. Sie ist leer.

Um den Docht zugänglich zu machen, muss ich die schützende, aber beschlagene Glasscheibe öffnen. Vorsichtig, schiebe ich den Sicherheitskäfig, hinter dem später die Flamme gefangen bleiben soll, hoch. Mir strömt träge der süßliche, schwere Geruch des Lampenöls entgegen.

Ich greife mir die nächste Packung. Ich schüttel sie erneut und höre ein leises klappern. Mit schweren, tauben Fingern, schiebe ich die Schachtel auf, nehme mir ein Streichholz heraus und reiße es an. Im ersten Moment blendet mich das Licht des auflodernden Streichholzes. Doch noch bevor ich blinzeln kann, ist die helle Flamme zu einem kümmerlichen Flämmchen geworden. Kaum mehr als ein Glimmen.
Hastig, aber bemüht nicht durch schnelle Bewegungen die Flamme zu löschen, versuche ich den Docht zu entzünden.

Es funktioniert erst beim dritten Versuch.
Vorsichtig senke ich den gläsernen Käfig wieder über die Flamme und drehe dann den Docht höher, um mehr Licht zu haben.

Sind es Schlangen?
Und wo ist das Katzenwesen? In der Grube oder doch im Pferch?

Gerade als ich mich frage, warum ich so lange den jämmerlichen Ruf der Katze nicht mehr gehört habe, ruft sie wieder. Die Laterne vor mich haltend, um besser sehen zu können, schreite ich in die Richtung des Rufs.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 30.03.2017 | 22:23
Als Du den Docht hochdrehst, leuchtet das Licht der Petroleumlampe schwach auf. Doch das schwache Leuchten, einem Glimmen gleich, genügt, damit sich die Schatten nicht noch weiter auf Dich zu bewegen. Sie zucken kurz und ziehen sich dann schlagartig zurück. Nur noch kleine Schatten. Obwohl die Lampe nicht viel Helligkeit erzeugt, so scheint sie doch die Finsternis verbannt zu haben.

Seile hängen von der höheren, hölzernen Ebene herab wie Lianen. Schaufeln, Spaten und Sensen an den Balken erinnern an grosse Blätter aus Eisen. Hämmer, Sicheln, Messer und Scheren hängen an der Wand wie skurrile, metallische Blüten. Nägel in den Wänden gemahnen an die dornigen Pflanzen eines dichten Dschungels.

Du gehst weiter. Weiter in den hinteren Teil der Scheune hinein. Nur ein paar kleine Schritte und doch fast in einer anderen Welt. Eine Welt apokalyptischer Gefahren. Ein undurchdringlicher, eiserner Urwald, dessen Blätter stumpf und matt, schwach das Licht Deiner Lampe spiegeln.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 31.03.2017 | 12:20
In der Küche

Das Auge in der Stirn blinzelt, während die beiden anderen Augen geschlossen sind. Zuerst blickt es Dich an und seine Pupille weitet sich. Dann geht sein Blick hektisch nach links, rechts, oben, unten und erneut nach rechts und links. Danach schliesst sich das Auge mit einem glucksenden Geräusch, als würde das letzte Wasser eines Beckens in den Siphon abfliessen.
Und das Auge ist so plötzlich wieder verschwunden, wie er aufgetaucht war.

Sprachlos vor Erstaunen und vor Schreck sitzt Du auf dem siffigen, schlonzigen Boden und starrst auf das zerfurchte Gesicht der Witwe. Sie sieht alt aus; älter als noch Tags zuvor. Ihre Gesichtsfarbe ist zu einem teigigen Grau verkommen.

Ein eiseskalter Schrecken fährt Dir durch die Glieder, als durch das zerschossene Küchenfenster Braddock herein schaut. "Der Schwede. Er ist fort."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 1.04.2017 | 13:58
Clive

Eine gnadenlose Laune der Natur muss eine einzige Wolke an dem strahlend blauen Himmel vor die Sonne geschoben haben, denn das blendende Rechteck auf dem Boden erlischt und im selben Moment taucht das Auge wieder auf ... für einen Augenblick nur, bevor es sich zurückzieht in den Kopf der Witwe, wie ein polypenartige Wucherung der Zirbeldrüse.

"Dieses DING scheint mich verhöhnen zu wollen: Erst zeigt es sich mir noch einmal zum Beweis, dass es tatsächlich existiert, um dann jeden Hinweis auf sich von Meabhs Stirn zu tilgen. ... Niemand wird mir glauben! Es gibt niemandem mehr, dem ich DAS erzählen könnte! ... Irgendwie muss ich die Witwe aus dem Verkehr ziehen. Wer weiß, was dieser Parasit in ihrem Kopf sie sonst noch anstellen lässt?"

Als Braddocks Stimme mich aus meinen Gedanken reist, finde ich mich auf dem Küchenboden neben dem Fenster wieder. Offenbar haben angesichts des Schauspiels meine Knie nachgegeben. Besorgt fühle ich in mich hinein und greife mir an die Brust, aber noch scheint Karims Medizin zu wirken. "Wie lange noch?", frage ich mich.

"Ove ist fort?", frage ich nach einer Weile verwirrt, noch immer den Blick starr auf die Stirn der Witwe geheftet. "Das kann nicht sein. ... Haben Sie Blut gesehen? Oder Spuren im Gras? ... Ove war verletzt. Er kann nicht weit gekommen sein!" Meine Überlegungen sind fahrig. Zu sehr nimmt mich noch das Geschehen in der Küche in Anspruch. "Wie gut hatte ich Oves Wunden verbunden? Wieviel Blut war noch an ihm, das heruntertropfen müsste? ... Ich könnte Luni holen."

Ich richte mich wieder auf, den Rücken an die Wand gelehnt und sage jetzt fester zu Braddock: "Wenn Sie Ove nicht finden, muss ich meinen ... Matildes ... muss ich Luni holen. Luni verliert keine Spur. ... Ove wird Hilfe brauchen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 2.04.2017 | 12:28
Am Küchenfenster

"Bei allen schleimigen Haaren auf des Teufels schwarzem Arsch. VERDAMMT!" Braddock scheint leicht angesäuert. "Ja, der Schwede ist fort. Und jetzt reissen Sie sich zusammen, Doktor. Schlucken Sie ihre Skrupel runter und verpassen Sie der abgetakelten Fregatte eins mit dem Gewehrkolben. Dann sperren Sie sie in einen Schrank und dann kommen Sie schnell raus."

Braddock schaut sich um. Nach einer kurzen Pause. "Hier ist keine Blutspur zu sehen und darüber sollten wir froh sein. Dennoch ist der Schwede nirgends zu sehen."

"Wenn Sie die Schreckschraube schlafen gelegt haben, dann haben wir nur noch zwei Probleme. Den Affen und den Schweden. Los, Mann, machen Sie. Machen Sie schon."

"Und vergessen Sie die Töle. Das kostest uns zuviel Zeit. Wir müssen handeln. JETZT!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 3.04.2017 | 19:47
Clive

Der unnötige verbale Ausbruch des Engländers befremdet mich. "Er kann nicht ernsthaft annehmen, jemanden mit diesem Schwall von Zoten und Beleidungen motivieren zu können. Aber warum will er mich provozieren?"

"Was reden Sie da? An der ganzen Wand entlang zieht sich die Spur von Oves Blut! Sperren Sie gefälligst die Augen auf ... oder kümmern Sie sich um 'den Affen'."

Ich habe das Gefühl, dass ich mich besser selbst um Ove kümmern sollte, als ihm Braddock auf den Hals zu hetzen.

"Weder habe ich einen Gewehrkolben, noch werde ich Meabh damit eins überziehen!"

Ich sehe mich nach weiteren Gegenständen um, mit denen ich Meabh's Fesseln verstärken könnte.

"Mit Luni werde ich Braddock und dieses Vieh schon einholen, sobald ich hier fertig bin und Ove gefunden habe", hoffe ich.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 5.04.2017 | 10:18
Clive

Obwohl von der Witwe mit gefesselten Händen zumindest keine Gefahr körperlicher Gewalt mehr ausgehen sollte, mache ich einen Bogen um sie herum, als ich mich zu dem kleinen Küchenschrank begebe. Während ich den Korpus wieder aufrichte, rutschen die Schubladen heraus und bleiben am Boden liegen. Schnell finde ich, was ich gesucht habe: Ein Bund mit gesammelten kräftigen Schnüren und Lederbändern.

Aufmerksam nähere ich mich der Witwe und beginne auch ihre Beine an den Fersen und die Arme um den Oberkörper herum zu fesseln. Immer wieder betrachte ich sorgenvoll Meabhs Stirn, aber nichts deutet auf ein drittes Auge hin. Schon beginne ich selbst, an meiner Wahrnehmung zu zweifeln. Während ich hektisch die Knoten binde, rede ich beruhigend auf Meabh ein, in der Hoffnung, dass doch noch ein Rest Vernunft in ihrem wirren Verstand zurückgeblieben ist. Immer wieder entgleitet eine Schnur meiner blutverschmierten Hand, aber ich unterdrücke mühsam meine Ungeduld. Als ich mich nach etwas umsehe, woran ich Meabh fixieren könnte, bleibe ich erfolglos. Außer dem brennenden Herd, der zu heiß ist, um die Witwe daran festzubinden, finde ich nichts geeignetes. Stattdessen entdecke ich jedoch ein paar Patronen für die Schrotflinte, die ich hastig abwische und in meine Tasche stopfe. Schließlich spanne ich eine Schnur von den Fussfesseln zu ein paar Töpfen, deren Henkel und Griffe ich fest verknote. "Nun sollte es ordentlich scheppern, wenn Meabh wegzukriechen versuchen sollte."

"Ich komme wieder, so schnell ich kann, Meabh. Ich verspreche es! Aber zuerst muss ich nach Oves Verletzungen sehen ... und dieses Vieh erledigen, auf das Du vermutlich eigentlich schießen wolltest."

Vorsichtig steige ich durch das Küchenfenster wieder nach draußen, ohne mich erneut zu schneiden. Dann lese ich die im Gras liegende Schrotflinte auf und lade sie. Mir ist bewusst, dass diese Munition keinen ernsthaften Schaden anrichten wird, aber immerhin wird mein Gegenüber das nicht wissen und ich habe ein wenig mehr als nur meinen Stock zu meiner Verteidigung.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 6.04.2017 | 21:21
In der Scheune

Du biegst rechts ums Eck und vor Dir siehst Du einen Vorhang aus schweren Ketten, die nebeneinander und hintereinander von der Decke hängen. Rotbraun und rostig. Feuchtigkeit glänzt auf den Kettengliedern.

Schwach erkennst Du im fahlen Licht Deiner Lampe die Umrisse einer fetten Person, einem Buddha gleich, am hinteren Ende des Ganges. Es ist jedoch keine Person, sondern eine Statue.
Krudes, zusammengenageltes Holz. Nicht geschnitzt. Aus zwei Baumstümpfen, Klötzen, Holzscheiben, Ästen und Brettern zusammengesetzt. Alles gespickt wie ein Nadelkissen mit Nägeln verschiedenster Grössen und Spiessen aller Art. Diese Statue erinnert an Werke primitiver Eingeborener. Sie ist überlebensgross und sehr massiv.

Am Boden neben der Statue stehen und liegen Kreuze, auf die Katzen genagelt wurden. Die Tiere sind allesamt bereits tot und befinden sich in den unterschiedlichen Stadien des Verfalls. Ihre Körper sind mit Nägeln gespickt, so dass sie wie eine perverse Form von rostigen Igeln wirken.

Am Boden, einige Meter vor der Statue entfernt, liegt eine Tür auf dem nassen, lehmigen Boden, die von einem Türrahmen umgeben ist, als würde es unter diesem Teil der Scheune noch eine Art Keller geben. Deren Klinke ragt aufreizend, wie eine Stolperfalle, nach oben.

Das Miauen ist von der Decke der Scheune zu hören, wo an einer Kette hängend, eine, auf ein Kreuz geschlagene, Katze baumelt und leicht hin und her schwingt. Bis auf die vier Nägel in den Beingelenken, scheint das Tier unverletzt zu sein. Dennoch ist es unerreichbar von Deiner jetzigen Position aus.

Im Schatten der Decke siehst Du unzählige, scharfe und spitze Gegenstände baumeln. Messer, Sensen, Sägen, Spiesse und Bajonette - wie der gezahnte Oberkiefer einer monströsen Kreatur. Bedrohlich. Sekundenbruchteile vor dem Zuschnappen.

Ein zartes Lüftchen weht durch die Ritzen in den Wänden und trägt den satten, freundlichen Duft von Heu mit sich.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 10.04.2017 | 14:33
Clive

Als ich wieder draußen in der Sonne stehe, blicke ich bedauernd an meinem ruinierten Anzug herab. Dann sauge ich die frische, kühle Luft in meine Lungen und sehe mich um. Braddock ist verschwunden. Ich überdenke, was ich bislang über Braddock zu wissen meine, und komme zu dem Schluss, dass er vermutlich nicht nach Ove sucht, sondern eher dieses 'Affenwesen' ... diesen Dämon, korrigiere ich mich in Anlehnung an die Formulierung der Witwe, ... verfolgt. Auf der Suche nach einer Spur von Braddock streift mein Blick den Saum des Waldes, der von dieser Anhöhe wie ein dunkler Streifen die Sicht begrenzt.

Da höre ich ein leises, mir vertrautes Geräusch. Luni blickt aus der geöffneten Tür des Stalls. Ein aufforderndes Nicken genügt und das Tier setzt sich in Bewegung. Als der Wolf sich neben mich gesellt und ebenfalls zum Wald herüberschaut, streiche ich ihm über den Kopf. "Sie fehlt Dir, ich weiß ... mir fehlt sie auch!"

Ich frage mich still, ob Matilde irgendwo dort in die Wälder geflohen ist, um sich alleine ihren Jagdinstinkten hinzugeben. So wie sie es in der Vergangenheit wohl auch schon getan hat. Nur noch sie und John und das Wild ... einfache Regeln ... klare Ziele ... keine Fragen. Ein Augenblick entscheidet über Sieg oder Niederlage ... über Weiterleben oder Tod. Ich gestatte mir die Frage, ob sie jemals zurückkehren wird, obwohl ich die Antwort schon zu kennen meine. Aber ein Wiedersehen als Möglichkeit in meine Überlegungen einzubeziehen, wärmt mich mehr als es die Sonne könnte. Doch gleichzeitig wird mir bewusst, dass sie nichts außer John mitgenommen hat ... nicht Luni ... nicht Marie ... "Sie hat alles hinter sich gelassen, was sie liebt. Das muss ihre schwer gefallen sein. Luni hat sie so lange begleitet. Wenn sie nicht mit Paul gegangen ist, was will sie dann alleine mit John anfangen? ... Der romantischen Idee von einem Einsiedlerleben im Wald nachhängen? ... Wohl kaum! ... Was ist könnte Dein Ziel sein, Matilde?" Ich ziehe das Unaussprechliche in Betracht und meine Hand fährt einer alten Gewohnheit folgend in die Hosentasche. Aber sie findet dort nicht das kalte Eisen, das lange irgendwo in der undurchdringlichen Nacht des Kanals versunken liegt, sondern nur die Schrotladungen für Meabhs Flinte, die mich aus meinen Gedanken ins Hier und Jetzt zurückrufen.

"Ove ... Du musst Dich um Ove kümmern!", ermahne ich mich selbst. Es ist nicht schwer, die doppelläufige Flinte im Gras auszumachen. Mit einem leisen Klicken öffnet sie sich und Luni blickt mich erwartungsvoll an. Ich wechsle die Patronen aus und lasse den Verschluss wieder einschnappen. Dann wende ich mich an Luni: "Wo ist Ove? Such Ove!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 12.04.2017 | 12:03
Ove
Erschrocken weiche ich einige meiner angeschlagenen Schritte zurück. Ich bringe mich außer Reichweite dieser schauerlichen Sammlung an Damokles-Schwertern, -Äxten, -Beilen, -Sensen und -Stangen.

Ich beginne erst zu Stammeln, und schaue dabei mit Schreckgeweiteten Augen auf die abnorme Szenerie vor mir. Während das klägliche Miauen der Katze über mir wie die Geräusche eines Racheengels in meinen Ohren widerklingen, gewinnt meine Stimme an Kraft:
langsame wiederhole ich immer wieder ein Wort: " ... ii...fffff"

" ....."

"Klei.... ffffff"

" .... "

"Clive..... "

"Clive!"

"Clive.... komm her!"

"CLIVE! ... HIER!...."

Ich erschrecke über meinen eigenen Lärm, ich werde wieder leiser, schaue mich um.

Im Tor der Scheune sehe ich eine Person.

Ob das Clive ist? Hat er so schnell reagieren können? Wie lange stehe ich hier überhaupt schon herum?!

Als die Gestalt näher kommt  fällt mir das Loch im Boden wieder ein. Aufgebracht rufe ich ihr immer noch heiser zu:

 "VORSICHT! Dort ist ein Loch!"

"Geh über die Planke und halt dich fest...!"

Das Miauen der Katze über mir verwandelt sich in meinem Kopf zu einen Sirenen gleichen Gesang. 
Mühsam, wie Odysseus versuche ich auf Kurs zu bleiben, mich auf die Gestalt die sich mir näher zu konzentrieren und nicht dem Verlangen nachzugeben die Tür im Boden zu öffnen, um zu sehen, welche Hölle dort auf mich wartet.

In einem klareren Moment fordere ich die Person, die sich mir nähert auf "Dort, rechts! Dort liegt ein Kanister Lampenöl! Und Streichhölzer! Frag nicht warum, aber bring sie mit!! Es ist wichtig..."

Vielleicht wird es wichtig!
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.04.2017 | 17:29


                        SCHEUNE
---------------:.---------------------------------------------------|
                Ket:.ten            _____                 ^(- ¥ -)^        |
                    .:.                [ Tür ]           T      (|T  T|) krude Statue
                O  :.                                 T         _/W-W\_   T T |
----|            |--:.--------------------------------------------------|
     ~           ~    Sechs Pferche zu beiden Seiten
----|  # #  #|-------
     |    ##    | ### Pferch                  T tote Katze
     | ### # |  #### Stroh
----|||#-##-|-------
     ||| ####|
     |||#### | Pferch
----|||#### |-------
     |||-###--|
     | ####   | Pferch
----| ##  #   |---------------------------
         Weg                          ________
                                         [             ] Werkbank
                                         [_______]
     W
       A               C
         G
           E                  L
             N
--[ Haupttor Scheune ]------------[ Tür ]-------

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.04.2017 | 18:38
Clive

Luni scheint mich verstanden zu haben ... oder er will mir etwas anderes Zeigen. Jedenfalls kehrt er zielstrebig um und trottet zurück zur Scheune. Ich fasse die Schrotflinte fest mit der einen Hand, den Stock mit der anderen und folge dem Wolf nach. Das Gelände fällt in Richtung Scheune leicht ab. Ich bin froh, den Stock bei mir zu haben, denn taufeuchte Gras ist rutschig. Oder ist es noch der schleimige Belag des Küchenbodens, der hartnäckig an den Sohlen meiner Schuhe haftet? Schon meine ich wieder den Geruch wahrzunehmen und ich kämpfe kurz mit der aufkommenden Übelkeit.

Kurz vor dem Wirtschaftsgebäude flacht das Niveau wieder ab und ich springe über einen schmalen Graben, der ablaufendes Regenwasser auffängt und vor der Scheune ableitet. Der Boden knirscht unter meinen Füßen. Über Jahrzehnte wurden hier Steine verteilt, die fleißigen Hände von den Feldern gesammelt haben. Gerade als ich angesichts der neu gewonnenen Standsicherheit schneller ausschreiten will, höre ich Oves Rufe aus der Scheune. Luni bleibt stehen und blickt unschlüssig zu mir zurück.

Ich wechsele den Stock in die linke und die Flinte in die rechte Hand und eile dann schnellen Schrittes zum Tor. Kurz bevor ich mein Ziel erreiche, fällt der Schatten des hoch vor mir aufragenden Giebels auf mich. Die Fassade aus altem, verzogenem Holz erhebt sich bedrohlich über mir, als neige sich die Wand über mich. Das Gebäude scheint mir im Begriff zu sein, sich jeden Augenblick auf mich zu stürzen und meinen zerbrechlichen Körper gänzlich unter sich zu begraben. Ich haste weiter zu der Öffnung, die mir noch als rettender Ausweg hinter die einstürzende Wand erscheint. Stattdessen tauche ich aus dem Tageslicht erneut in eine undurchdringliche Finsternis, die mich für eine Weile mehr blind als sehend meinen Weg suchen lässt. Schließlich finde ich meinen Weg aus dem ersten Gebäudeteil in die dahinterliegenden Stallungen. Aber hier ist es noch dunkler.

Irgendwo aus dieser Finsternis höre ich das leise klirren von Metall auf Metall. Mein Geruchssinn scheint noch betäubt von dem pestilenzartigen Gestank in der Küche. Tiefer im Gebäude sehe ich ein verhaltenes Flackern einer kleinen Lichtquelle.

"Ich komme, Ove", antworte ich dem Freund. "Ich bin gleich bei Dir. ... Es ist zu dunkel. ... Wo ist das Loch?!?"

Dann sehe ich Oves auf den Gang treten mit einer Öllampe in der Hand. das Glaszylinder scheint rußgeschwärzt oder verdreckt, die Flamme klein und rußig. "Die Witwe scheint am Öl gespart zu haben ... oder sie hat gleich Talg von Tieren verwendet", vermute ich, während ich mich vorsichtig voran taste. Dann verändert sich das Geräusch meines Gehstocks, mit dem ich vor mir den Boden abklopfe, um das Loch zu finden. Die eiserne Spitze trifft auf Holz. "Das muss die Planke sein", denke ich und meine die Umrisse erkennen zu können, während sich meine Augen an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen beginnen. Aber immer wieder kehrt mein Blick zu Ove zurück, dessen Gesicht im flackernden Licht der Lampe wie eine verzerrte, amorphe Maske wirkt. Im Zusammenspiel mit der Erinnerung an seine Schussverletzungen entwickelt sich ein diabolisches Schauspiel in meinem Kopf, dessen Wirkung ich trotzdem vor Ove zu verbergen versuche. Das ganze wird untermalt von dem gelegentlichen Klirren von Metall, das einem trägen Rhythmus zu folgen scheint. "Ich wünschte, er würde die Lampe so weit anheben, dass sie keine Schatten mehr auf sein Gesicht wirft. Ich wünschte, ich sähe wieder das tatsächliche Ausmaß der Verletzungen anstelle von dieser Andeutung weit schlimmerer Verunstaltungen."

Fast hätte ich den Halt auf der Planke verloren, weil ich mich von dem Bild vor mir ablenken ließ. Ich besinne mich auf die vor mir ... unter mir liegende Gefahr und kneife meine Augen zusammen, um den Steg unter mir erkennen zu können. "Wie tief mag der Abgrund unter mir sein? Ein Höllenschlund? Langgezogen und rechteckig wie ... ein Grab? ... Wer hat es geschaufelt ... und für wen? ... Ist das tatsächlich Ove vor mir? ... Oder könnte es der Dämon sein, der die Witwe heimsuchte ... mit Oves Gesicht als Maske ... ein fetzen Fleisch und Haut, um mich in mein Grab zu locken?" Ich verfluche meinen rastlosen Verstand und seine Abschweifungen, wünsche mich für einen Moment zurück in das Weiße Zimmer, in dem die Farben und die Bilder verschwanden. "War Matilde nur eine Verlockung, um mich aus dieser tröstlichen Einöde herauszulocken? ... Herrje, KONZENTRIER DICH, Clive! ... Es wird immer schlimmer mit Dir!"

Als ich endlich die Gestalt vor mir erreiche, hebe ich ihren Arm mit der Linken bis das Licht der speckigen Lampe den Alb in meinem Kopf zurück in die Schatten jagt.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 25.04.2017 | 16:12
Ove
Dem Himmel sei Dank! Es ist Clive, der mich erreicht.

Noch immer scheint mich der Ruf der sterbenden Katzen sirenengleich zu locken.

In dem Augenblick in dem Clive mich erreicht, hebt er meinen Arm an und mit ihm hebe ich die Lampe höher. Ich lasse das ganze völlig passiv geschehen, doch versteh ich nicht warum er das tut. Er hat das Grauen um uns herum doch noch gar nicht wahrnehmen können.

"Clive... Schau!", fordere ich ihn auf. Ich schlucke kurz, ich fühle mich schuldig Clive unvorbereitet das Grauen um uns herum zu zeigen und versuche ihn noch zu warnen.
"Es ist grausam!", füge ich hastig und leise, fast erfurchtsvoll an.

Ich wende die Lampe in die Richtung der Statue und der toten und sterbenden Katzen.

Während ich Clive Zeit lasse einzuordnen was er dort sieht, schaue ich mich stehend um. Ich zucke kurz zusammen als ich Lunis feuchte Nase an der Hand meiner verletzten Schulter spüre. Das Zucken jagt Schmerzen durch meinen Körper. Ich stöhne vernehmlich auf, sauge zischend Luft zwischen meinen zusammengebissenen Zähnen ein und versuche beim Ausatem auch den Schmerz auszuatmen.

"Braver, Luni!", sage ich als der kurze Schmerz wieder abebbt.

Ich wende meinen Blick in die Richtung in die Clive schaut und sehe erst jetzt wie mein Zucken auch die Lampe leicht ins Schwanken brachte. Schaurige, widerwertige Schatten zeichnen nicht im fahlen Licht der trüben Lampe ab.
Widerliche Gestalten in Form von Schatten huschen über die Ketten, die Klingen, Schwerter und diese Götzen-Statue.

Ich war nie ein bibelfester Mensch. Ich halte nicht viel vom christlichen Glauben oder anderen Religionen. Aber ich glaube an Übernatürliches, an Mächte, Dinge jenseits unseres Verstädnisses, an Fabel- und Traumwesen. Doch waren sie in meiner Vorstellung friedlich, frech selten garstig, gemein und hinterhältig. Aber nichts war so abscheulich wie das Wesen, das dieser Götze versinnbildlichen könnte.

Ich will den Docht höher drehen, gehe ich doch davon aus, dass Clive mehr Lampenöl mitgebracht hat. Doch kann ich meinen anderen Arm nicht heben um das kleine Rädchen zu drehen, das für mehr Helligkeit sorgen könnte.

Da ich den Anblick nicht ändern kann, versuche ich zumindest die Geräusche zu verändern und beginne zu reden:

"Es ist widerwärtig! Hat die Witwe das gemacht?

Warum die Katzen?

Was soll das Metall??

Hast du eine Erklärung? Hast du soetwas schon mal gesehen?!"

Die letzte Frage enthält gleichzeitig einen unbeabsichtigen Vorwurf für jeden der diese Frage mit "ja" beantworten kann.

"Und dieses Tür? Wo ... wo führt sie hin?!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 25.04.2017 | 18:29
Clive

Nachdem Oves Gesicht nicht weiter mehr als das verletzte Gesicht des Freundes ist, folge ich seinem Hinweis, schiebe die Ketten beiseite und trete in die Nische.

Ich brauche eine Weile, bis ich alles erfasst habe. Den monströsen Puckelmann, die leise klirrenden Ketten, die sich im Gleichklang mit den Schatten zu wiegen scheinen, die Kadaver ... Meine Augen fahren an den Wänden entlang und folgen den Ketten hinauf in die Düsternis über uns. "Als ich den Bericht über den Mord an Kayleigh (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134407666.html#msg134407666) in Mullingar gelesen habe, fühlte ich mich noch sicher ... 60 Meilen zwischen mir und dem Tatort ... keine Hinweise auf einen Bezug zum 'Sebastians-Mord' ... aber das hier kann ich nicht ignorieren!" Ich betrachte die zweckentfremdeten Werkzeuge, die als stumme Zeugnisse nach einem weiteren Einsatz zu dürsten scheinen. Ich registriere die Nägel in den Körpern der Tiere.

Und mein Blick wandert zurück zu dieser den Raum dominierenden ungeschlachten Skulptur. Sie widert mich mehr an als es die armen gepeinigten Kreaturen um diese Abscheulichkeit herum jemals könnten. "Er ist wie eine monströsen Karikatur eines Nkisi. Ein finsterer Golem ... ohne Seele so hoffe ich! ... Oder doch mehr? Ein dunkler, böser Bruder von IHM? Ein Nkisi voller schwarzer Magie, weit abseits eines ausgewogenen Gleichgewichts und ohne das Versprechen einer Erlösung?"

"Ein Nachahmungstäter vielleicht? Nein, die Zeichen sind zu offensichtlich. Das hier gilt mir. Ich SOLLTE das hier finden!", vermute ich.

Ich bin versucht, den Leib der Statue zu öffnen, um zu sehen, ob darin etwas verborgen ist. Aber wie sollte ich ein so gezieltes Vorgehen Ove erklären, wenn ich fündig würde? "Vielleicht in einem unbeobachteten Moment?"

Und die Tür im Boden ... was mag sie bedeuten?

Über allem liegen die qualvollen Laute der Katze und machen es mir schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Angesichts der denkbaren Tragweite dieses Fundes ist mir das Tier eher lästig als dass ich in mir Raum für Mitleid schaffen könnte. Ich frage mich, warum Ove dem Leiden des Tiers nicht längst ein Ende gemacht hat. Die Gliedmaßen des Tiers sind in einem unnatürlichen Winkel abgespreizt. Die kräftigen Nägel können nicht ohne bleibenden Schaden die Knochen, Sehnen und Muskeln des Tiers durchdrungen haben.

"Diese Katze wird nie wieder jagen können", stoße ich mit heiserer Stimme hervor, ohne mich zu Ove umzuwenden. "Wir können nur ihr Leiden beenden."

Ich blende den Rest der mir an diesem Ort verbliebenen Gefühle aus. Ich habe gelernt, die Grenzen meiner Kunst zu akzeptieren und den Sterbenden beim Loslassen zu helfen. Bis ich ein humaneres Mittel besorgt könnte, müsste das Tier weiter elend leiden. Darum hole ich spontan mit meinem Gehstock aus und beende das grausame Spektakel mit einem einzigen heftigen Schlag. Obwohl ich überzeugt bin, richtig entschieden zu haben, vermag ich Ove nicht sofort wieder in die Augen zu sehen.

"Nein, es fällt mir NICHT leicht, zu töten, Ove. ... Aber hier gab es keinen anderen Ausweg", antworte ich auf eine Frage, die Ove nicht gestellt hat ... zumindest nicht laut. "Hast Du schon mal eine lahme Katze gesehen? ... Diese Tiere brauchen ihre Freiheit. Du kannst Sie nicht einfach einsperren und umsorgen. ... Irgendwann laufen Sie Dir davon, egal welche Schäden sie mit sich herumschleppen und verenden elend und allein." Plötzlich merke ich wie meine Gedanken wieder um Matilde kreisen. "Habe ich sie eingesperrt? Mit unsichtbaren Fesseln auf dem Manor festgehalten? War es von Anfang an aussichtslos?" Ich erinnere mich, in welcher hoffnungslosen Verfassung Matilde war, als ich sie überredete mit nach Irland zu kommen ...

Gegenüber Ove versuche ich mir nichts anmerken zu lassen. Aber auch ihm kann nicht ganz verborgen bleiben, dass ich abgelenkt bin. "Was ihn wohl mehr entsetzt? Dieser Ort oder die Tatsache, dass mich diese Darstellung der unbändigen Gewalt nicht gänzlich aus der Fassung bringt! ... Nein, nicht die Zeichen sadistischer Gewalt können mich noch erschüttern ... Es ist die Botschaft, die all dies hier mir möglicherweise übermitteln soll."

"Soetwas habe ich noch nicht gesehen. Aber ich habe davon gehört. Im Sommer '28 gab es hier schon einmal solche Vorfälle. Damals ist ein Mann ... ein Landstreicher vielleicht ... in einem Bootshaus ermordert (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25544-nightmare-letters-briefwechsel-zwischen-matilde-und-clive/?p=448007)aufgefunden worden. In dem alten Bootshaus am Boyle, das zum Manor gehört. Die arme Seele wurde getötet, indem man ihr unzählige Nägel in den Körper getrieben hat. Deswegen sprach man damals von dem 'Sebastians-Mörder', weil die Leiche an den Heiligen Sebastian erinnert haben soll. Auch die Polizei ging von einem religiös motivierten Ritualmord aus."

Ich entschließe mich, die geräucherte und getrocknete Hand eines Afrikaners, die im Bauch der Leiche plaziert worden war, zunächst unerwähnt zu lassen. "Eine abgeschlagene Hand würde Ove jetzt nur auf eine falsche Fährte setzen. Er hat schon an der Last einer Hand genug zu tragen. ... Und ich werde nicht jetzt und hier in diesem finsteren Gemäuer meine Lebensgeschichte vor ihm ausbreiten." Also entschließe ich mich, zum eigentlichen Thema zurückzukommen und überspringe in meinem Bericht ein paar Details und Wochen.

"Eine Weile später fand man dann im Wald einen verborgenen Platz an dem ... Tiere mit Nägeln gemartert (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25544-nightmare-letters-briefwechsel-zwischen-matilde-und-clive/?p=463898) worden waren. Pater Brendan hat damals in einem Anflug religiösen Eifers alle Spuren zerstört. Darum konnte ich selbst den Ort nicht mehr in Augenschein nehmen. Es soll dort merkwürdige Zeichen und Tierbilder in die Bäume geschnitzt worden sein ... aber der Pater hat nichts übrig gelassen, was mir einen Hinweis hätte geben können. Inspektor McFlaherty (http://images.npg.org.uk/264_325/8/8/mw190588.jpg) war darüber nicht erfreut. Wahrscheinlich hat ihn das noch misstrauischer gegenüber den Bewohnern von Seillean-Mòr Blàr gemacht. Er nimmt vermutlich an, der Pater habe jemanden aus dem Dorf schützen wollen. Aber dann liegt er falsch! ... Das habe ich jedenfalls bisher immer gedacht. Ich war der Überzeugung, wer oder was auch immer das getan hat, kam nicht von hier ... nicht einmal aus Irland."

"Aber wenn ich mir das hier so ansehe ... Es fällt mir trotzdem schwer zu glauben, dass die alte Meabh selbst dahinter steckt. ... Vor allem nicht hinter dem 'Sebastians-Mord'. Wie hätte sie alleine den Mann überwältigen und so zurichten sollen? ... Aber wenn doch, stellt sich wohl vor allem die Frage, was in drei Teufels Namen sie zu so etwas getrieben haben könnte?!?"

"Du darfst niemandem hiervon erzählen, Ove! Verstehst Du mich? Inspektor McFlaherty muss das sehen, bevor wieder irgend jemand etwas verändert!"

"Gib mir einmal die Lampe ... wollen sehen, ob hier auch Zeichen und Tierbilder zu finden sind ..."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 30.04.2017 | 15:41
Wie in Tance schaue ich zu, was Clive macht.
Ich sehe den wuchtigen Hieb, den der alten, rüstige Mann nutzt um die jammernde Katze von ihrem Leiden zu erlösen. Mir läuft es kalt den Rücken hinab, als ich das dumpfe knirschende Geräusch höre, als der Stock den Kopf der Katze trifft und zertrümmert. Doch ich rege mich nicht. Ich schaue weiter stumm und still zu.

Clive redet mit mir, auch darauf reagiere ich nicht. Ich bewundere nur seine strukturierte und zielstrebige Vorgehensweise und ich genieße den Moment ohne stechenden Wundschmerz.

Als Clive mich direkt anspricht fühle ich mich genötigt etwas zu sagen.

Meine Stimme ist ruhig, der melodische Dialekt, den meine Schwedische Abstammung mit sich bringt gibt dem ganzen etwas heiteres. Doch Clive wird merken, wie monoton ich spreche. Fehlt mir doch die Kraft und die Fähigkeit noch mehr Stress zu erleiden, um aufgewühlter, angespannter zu klingen.

"Ich sag keinem was. Aber... wer... wer macht soetwas, Clive?! Warum? ... Tieropfer? Nageltotem? War es Kayleigh? Musste sie deswegen sterben? Und ... Meab... sie ist doch von Sinnen!

Heißt es nicht auch, Irre würden übermenschliche Kräfte entwickeln? Wie Menschen in Panik? Und wer weiß wie lang hieran schon gebaut... gearbeitet... wie lang das DING schon erschaffen wurde.

Und was ist mit ... Braddock? Wo ist er... wo ist die Witwe?"

Jetzt schaue ich mich doch noch mal um. Und auf Clives Bitten nach der Lampe trete ich langsam näher. Nur ungern reiche ich ihm die Lampe, das Einzige, was die Geister der Dunkelheit um uns herum fernhält.

"Clive... was sollten wir zuerst tun? Das DING hier verbrennen? Zerstören? Was machen wir mit der Witwe? ... Clive, wem können wir trauen?!"

Ist das ganze hier überhaupt real?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 30.04.2017 | 22:44
Clive

Ove erscheint mir wie in Trance, als nehme er seine Umwelt nur unvollständig und verschwommen wahr, als habe er Schwierigkeiten, meinen Ausführungen gänzlich zu folgen. "Ich muss Ove beruhigen. Die heutigen Erlebnisse werfen ihn wohlmöglich um Jahre zurück!" Gleichzeitig ist mir bewusst, dass auch ich längst einen Panzer aus unangemessener Rationalität um mich gebaut habe ... wie ich es so oft tue. "Ove kennt das. So war es auch, als ich ihn und Matilde aus London fortgebracht habe, als ich mich um die Zerstörung der Hand kümmert, seine Unterbringung, die Überfahrt noch Irland. Ich ließ mich wahrscheinlich sogar nur auf Emma (http://i.telegraph.co.uk/multimedia/archive/03344/3_3344425b.jpg) ein, um nicht zurückdenken zu müssen. Irgendwann wird dieser Schild fallen ... wie in jener Nacht der Flammen ... und wie auf Herm ... Und dann? ... Wer wird mir dann zur Seite stehen?" Schmerzlich wird mir die Stille in meinem Innern bewusst. Aber ich reiße mich zusammen und versuche meine Konzentration auf das Hier und das Jetzt zurückzulenken. Ich muss die Zeit nutzen, solange ich noch einen ungetrübten Blick habe.

"Ich glaube nicht, dass Meabh das hier alleine angerichtet hat", sage ich zu Ove. "Entweder es haben ihr andere geholfen oder sie war überhaupt nicht dabei und ist auch nur ein Opfer. Meabh fühlte sich bedroht. Sie wollte sich verteidigen, als sie auf Dich geschossen hat. Sie wollte verhindern, dass irgendein 'Dämon' sich ihrer bemächtigt. ... Andererseits hat sie gestern noch normal die Straße gefegt ... und das hier ist wohl nicht in einer Gewitternacht entstanden, nicht wahr?"

Ich denke einen Augenblick über Oves Fragen nach: "Ob Kayleigh etwas hiermit zu tun hat ... oder auch nur ihr Tod? ... Ich weiß es wirklich nicht. Aber sie war ein liebes, aufgewecktes Kind. Es will mir nicht in den Kopf, dass sie etwas mit DEM HIER zu tun haben könnte ..." "... gehabt haben könnte", verbessere ich mich still. "... Kayleigh hat schon vor einer Weile Seillean-Mòr Blàr verlassen. Wir müssen herausfinden, wie lange genau sie fort war! ... Ich vermute, nachdem 1928 der geheime Treffpunkt im Wald gefunden wurde und sich die Polizei dafür interessiert hat, haben diese kranken Geister erst mal eine Weile still gehalten, bis sich die Wogen geglättet hatten. Irgendwann nach 1928 muss dann das hier begonnen haben ... vielleicht erst vor wenigen Wochen? ... Aber das sind alles nur Spekulationen."

"Zuerst einmal sehen wir uns hier vorsichtig um und zerstören keine Spuren, die uns irgendwelche Hinweise geben könnten." Ich halte die Lampe auf Augenhöhe dicht an die Wand des Verschlages und suche sie Schritt für Schritt ab, während ich weiter in ruhigem Tonfall auf Ove einrede. "... Sonst fängt das ganze nur an anderem Ort wieder von vorne an. Und dann bemerken wir es möglicherweise erst zu spät. Außerdem wird Inspektor McFlaherty uns verdächtigen, wenn er irgendwie herausbekommt, dass wir dies hier verbrannt haben. ... Stell Dir vor, die alte Meabh erzählt ihm in ihrem Zustand hiervon. Dann wird McFlaherty eins und eins zusammenrechnen. Wir waren hier. Braddock weiß das und Deine Verletzungen sind unübersehbares Zeugnis. Nein, wir dürfen hier nichts zerstören!"

"Eigentlich glaube ich nicht, dass Menschen aus dem Dorf dieses Monstrum zusammengezimmert haben. ..." Gerade habe ich beschlossen, Ove von afrikanischen Nkisi zu erzählen, die ich auf meinen Afrikareisen gesehen habe. Ich habe mir die Worte schon zurecht gelegt, mit denen ich diesen Brauch als Aberglauben und Ausdruck eines noch nicht ganz überwundenen heidnischen Glaubens an Zauberei bagatellisieren will, als ich innerlich aufschrecke. "Hat Ove eben von einem 'Nagel-Totem' gesprochen? Woher kennt er solche Dinge?" Ich bin mir sicher, nichts dergleichen ihm gegenüber erwähnt zu haben. "Ist das nur seine zufällige Deutung dieses blasphemischen Götzen? ... Oder könnte es mehr sein?" Ich versuche meine aufkeimende Angst zurück zu drängen, rufe mir die letzten Jahre in Erinnerung und bin bemüht mir zu versichern, dass Arglist und Hinterhältigkeit Oves Wesen fremd sind. Ich erinnere mich an die Schussverletzung, die Ove immerhin gerade erst erlitten hat ... die andererseits so überraschend glimpflich verlaufen ist. Ich halte mir vor, wie sehr dieser Ort Ove offenbar aus dem Gleichgewicht gebracht hat ... oder wohlmöglich nur zu haben scheint? Aber die Saat des Zweifels ist gesät. "Könnte Ove aus anderen Gründen hier sein, als ich bisher annahm? ... Oder trägt er mir etwas nach? ... Macht er mich insgeheim für das verantwortlich, was ihm oder Kristine (http://www.gettyimages.de/detail/foto/model-aristocrat-stock-fotografie/HN1235-001) widerfahren ist und will sich an mir rächen? ... Welchen Einfluss hat Harry Blackberry auf ihn und ist es nicht merkwürdig, dass er den beiden hierher gefolgt ist ... in eine ländliche Region eines ärmlichen Landes mit einer fremden Sprache? Wie kann Mr. Blackberry hier überhaupt seinen Lebensunterhalt bestreiten? ... Sind Ove und Kristine in Wahrheit nur wegen IHM hier? ... Hat Ove mich etwa bewusst hier in die Scheune gelenkt, damit ich das hier sehe und dann vielleicht etwas unbedachtes sage oder unternehme?!? ... Warum will er all dies so schnell durch ein Feuer vernichten und verhindern das Inspektor McFlaherty es sieht?" Mir schwirrt der Kopf angesichts dieser Gedanken. Es erscheint mir noch wichtiger, den Götzen zu untersuchen ... sein Inneres zu erkunden.

Ohne mich umzuwenden frage ich lauernd und mit einem so ruhigen Tonfall, wie es mir in dieser Situation möglich ist: "Ein NAGEL-TOTEM? Hast DU so etwas schon gesehen, Ove? ... Oder hat Dir jemand von solchen Dingen erzählt?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 3.05.2017 | 21:50
Ove

Ich bekomme kaum mit was Clive macht und sagt. Mein Blick schweift durch die Dunkelheit, über die Schatten, zum Götzen vor uns und immer wieder zur Sicherheit versprechenden Flamme der Öllampe.
Ich höre, dass er redet, aber von seinen Worten bleibt nicht viel bei mir hängen. Immer wieder höre spüre ich den Schmerz, der mich an die Schusswunde erinnert.

Ich hätte tot sein müssen. Das überlebt doch kein normler Mensch.
Ist es ... die Hand? Ist das ihre Wirkung?

Sollte ich Clive davon erzählen?


Ich überlege noch, ob ich Clive von der Wunde erzählen sollte, von meinen Überlegungen dazu, als ich die Wunde in Gedanken abtaste, erspüre, sie in Gedanken sich wieder verschließen lasse. Ich kann fast schon spüren, wie sich die Wunde schließt. Wie diie Haut wieder ihre normale Form annimmt, die Wunde sich schließt und die eingedrungenen Projektile aus meinem Körper heraus gedrückt werden. Ich spüre wie die Ladung sich in den improvisierten Verband drückt.
Ein Impuls den Verband zu entfernen, damit die Kugeln, die Projektile, nicht weiter auf die sich schließende Wunde drücken, überkommt mich, doch ich kann mich beherrschen. Ich konzentriere mich lieber weiter auf die Wundheilung.

Doch etwas ist sonderbar.

Clive schweigt. Er hat aufgehört zu reden, macht eine Pause, die den Raum mit einer anderen Art der Spannung und Anspannung erfüllt. Diese Spannung holt mich in meine Umwelt zurück, fort aus den Gedanken, die sich nur um mich, meinen Zustand, meine Verwundung drehen.

Ich höre Clives Frage. Er stellt sie ruhig, aber betont.

Mir stellen sich die Haare am Nacken leicht auf. Irgendetwas kommt mir komisch vor in Clives Art, doch ich weiß nicht genau zu sagen, was es ist.

"Nagel....Totem?", ich brauche einen Moment zurückzufinden zu den Zusammenhängen.

"Ich... ich habe soetwas noch nie gesehen. Ich habe von Totempfählen gelesen, und einige Abbildungen gesehen. Krude gestalten aus Holz. Tiere. Oder andere Wesen... Geister? Götter? Fantasiegestalten? ... Aus Holz. Oder?"

Clive antwortet mir nicht, er wartet ab. So war meine Ausführung auch weniger eine echte Frage als eher eine Aneinanderreihung von Gedanken - Assoziationen.

Wartet er, bis ich fortfahre? Ist etwas lauerndes in seiner Art?


Ich fahre fort: "Dieses ... Ding... dieses Wesen ist ähnlich.... auf eine krude Art. Und voller ... Metall.... wie Nägel.... nur ... anders.... größer.

Aber ich verstehe nicht... warum? Warum Holz und Metall? Warum DAS?!

Hast du soetwas schon mal gesehen?"

Mir dämmert, dass ich vielleicht noch mehr sagen sollte, dass Clive noch mehr Fragen gestellt hat, aber ich kann mich nicht erinnern. Etwas lässt mich auf der Hut sein.... aber ist das vielleicht gerade das Problem?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 4.05.2017 | 13:27
Clive

Ich lasse Oves Antwort auf mich wirken. "Er ist verunsichert ... Aus welchem Grund? Merkt er, etwas unbedachtes gesagt zu haben und fühlt sich ertappt? ... Oder kreisen wir gerade lauernd wie zwei Kater mit ausgefahrenen Krallen umeinander, jederzeit zum Sprung bereit?"

Ich wende mich zu Ove um und betrachte im Schein der Lampe sein bleiches, verunsichertes Gesicht mit dem Verband, der bereits rote Flecken aufweist. Ich vermag keinen Argwohn darin zu lesen. "Das Bild, das Ove im Moment abgibt, ist so weit von einem angriffslustigen Raubtier entfernt, wie es nur sein könnte. Vermutlich ist seine Verunsicherung nur seiner Verfassung und diesem Ort geschuldet? ... ... Für gewöhnlich trägt Ove seine Gefühle am Revers. Warum nicht auch jetzt? ... Und irgendjemandem MUSS ich vertrauen! Es ist völlig irrational, dass ich bereit bin Ayana zu vertrauen aber jetzt nach Jahren an Oves Loyalität zweifle. ... Ich werde Ove im Auge behalten, aber ich muss mich zunächst auf ihn verlassen. Sonst verschwindet er mit Kristine wie Matilde. ... Allerdings wäre das für die beiden vermutlich sicherer." Erneut werfe ich stirnrunzelnd einen Blick auf den provisorischen Verband.

"Wir sollten uns um Deine Wunde kümmern, Ove! Du hast unglaubliches Glück gehabt. Trotzdem müssen wir das Schrot entfernen, die Wunde reinigen und desinfizieren, damit Du keine Entzündung oder gar eine Blutvergiftung bekommst."

Betrachte ich den mitgenommenen Freund, kommen mir meine Zweifel an ihm lächerlich vor. "Ove wäre nicht imstande, mich so zu hintergehen. Vielleicht wenn ihn jemand mit Kristine unter Druck setzen würde, aber sie ist hier ... nun ... wohl nicht in Sicherheit aber doch immerhin nicht in fremder Gewalt. ... Oder? ... Was mich zu Blackberry und seiner Rolle zurückbringt. ... Nein, ich drehe mich im Kreis und kann diese Fragen im Moment nicht lösen." Ich frage mich, ob dieser Ort hier den Zweifel in mir gesäht haben könnte. Aber das scheint mir doch zu abwegig. "Beruhige dich, Clive! Ja, Oves Absicht, hier einen Brand zu legen ist radikal ... und in diesem Zusammenhang ... für mich mit bitteren Erinnerungen (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24251-nightmare-files-kapitel-6-der-lachende-tod/?p=422963) belegt. Und ja, Ove hat eine Kategorisierung vorgenommen, indem er die Besonderheit der Nägel hervorhob, aber man braucht kein Ethnologe zu sein, um bei diesem Anblick auf den Gedanken zu kommen. Ich hätte von einem unbedarften Menschen bei dieser kruden Statue eher das Wort 'Götze' erwartet. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass Ove zufällig diese Begrifflichkeit verwendet. Seine Forschungen über Naturgeister und Fabelwesen der nordischen Sagenwelt haben ihn vermutlich annehmen lassen, einer solchen Statue solle im Volksglauben ein Geist innewohnen ... also ein Totem. ... Und woher sollte Ove wissen, welche Bilder (https://timeglobalspin.files.wordpress.com/2013/02/indo_film_0206.jpg?w=720) er mit dem Vorschlag, dieses Gehöft in Brand zu stecken, bei mir wachruft."

Ich ordne ungeschickt Stock und Flinte die in meiner Linken immer wieder verrutschen und klemme mit schließlich resignierend den Stock unter die linke Achsel.

Als meine Denkpause unangenehm zu werden droht, antworte ich Ove zögerlich: "Es gibt ... geschnitzte Figuren ..., die dem hier zumindest ein wenig ähneln. In Teilen Afrikas sind sie verbreitet. Sie sind aber sonst viel kleiner ... und dienen eher dem Schutz, wenngleich der Glaube verbreitet ist, dass man mit ihrer Hilfe auch Flüche ausbringen kann." "Der Glaube? ... Ich WEISS nur zu gut, dass man es kann." "... Aber dies hier ist viel größer ... und unförmiger ... und zusammengezimmert, nicht geschnitzt. Immerhin die Nägel erinnern daran. ... Jeder Nagel steht bei einem Nkisi für eine Bitte. ... Wenn man das auf diese Statue überträgt, spräche dies dafür, dass es sie schon eine Weile gibt. ..."

"Vielleicht erlaubt sich da jemand aber auch einen ziemlich üblen Scherz und will mich irgendwie an meine Expeditionen erinnern ... oder an den Sebastians-Mörder?", füge ich in dem unbeholfenen Versuch, Ove zu beruhigen, hinzu, als würde in dem hier irgendjemand einen Scherz sehen können.

Ich versuche die Zahl der Nägel in der Statue abzuschätzen und frage mich, wieviele Bitten wohl bereits gewährt wurden und wieviele noch ihrer Erfüllung harren ... und wem sie gelten. ... Es fällt mir nicht schwer, hierüber Vermutungen anzustellen.

"Ob Matildes Zustand auf ihn zurückzuführen ist?", überlege ich und bin in aufkeimendem Zorn versucht, dem hier sofort ein Ende zu bereiten. "Aber es braucht mehr, als einfach eine Figur zusammenzuzimmern und ein paar Nägel hereinzuschlagen, um einen derart gewichtigen Fluch zu wirken."

"Ich gebe Dir recht, Ove, wir sollten die Statue vermutlich vernichten. Aber wenn wir sie nicht Inspektor McFlaherty (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,99947.msg134449378.html#msg134449378) zeigen und er irgendwie hiervon erfährt, macht uns das verdächtig. Ich hoffe, der Inspektor wird uns nicht davon abhalten, diese Ungeheuerlichkeit zu zerstören, nachdem er sie gesehen hat. ... Vielleicht könnten wir Pater Breandán (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,99947.msg134449395.html#msg134449395) einen Wink hiervon geben und hoffen, dass er sich der Sache annimmt ... nachdem wir alles untersucht haben? Einen solchen 'heidnischen Götzen' dürfte er mit Freude anzünden ..."

"... und die Folgen solchen Handelns fielen auf ihn zurück, nicht auf uns", ergänze ich mit verhaltenem Unbehagen still. Ich vertraue Pater Breandán nicht, habe es nie getan. Er hat etwas an sich, was sich mir die Nackenhaare aufstellen lässt. Über die Jahre habe ich es aufgegeben, mit ihm zu diskutieren. Aber ich wünsche schon lange vergeblich, der Bischof würde ihm eine andere Kirche und eine andere Gemeinde anvertrauen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 6.05.2017 | 21:10
Die Statue ist mit vielen, vielen Nägeln unterschiedlicher Grösse gespickt. Kleine, viereckige, geschmiedete Nägel, teils alt und verrostet. Unzählige. Gestanzte Zimmermannsnägel. Gross und rund. Und allerhand andere Grössen dazwischen.

An den Wänden der Scheune wurden vereinzelt Tiere in die Planken geritzt bzw. eingebrannt. Hirsche. In unterschiedlichen Positionen und Stellungen. Darunter auch Hirsche in aufrechter Haltung. Ähnlich einem Tänzer in einem Hirsch Kostüm mit wehenden, langen Haaren und einem enormen, gewundenen Geweih. Ähnlich alten Steinzeit Zeichnungen.

Aus einiger Entfernung sieht man bereits, dass die Nägel zum Teil Fellstücke auf der Götzen Statue fixieren und festklammern. Die Fellstücke sind Handflächen-gross und in unterschiedlichen Stadien. Von frisch - erst einige Stunden alt, bis hin zum verrotteten Leder mit ausfallenden Haarbüscheln.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 8.05.2017 | 22:42
Clive

Ich betrachte die Tierzeichnungen und -ritzungen (https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/736x/3c/a9/e8/3ca9e8479d62945509fd55d6f6c64233.jpg) an den Wänden. Auch wenn ich die Kultstätte im Wald vor ihrer Zerstörung nicht gesehen habe, habe ich nun keinen Zweifel mehr, dass ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.

"Und auch die Befestigung von Fellstreifen an Minkisi (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e5/Brooklyn_Museum_22.1455_Male_Figure_with_Strips_of_Hide_%28Nkisi%29.jpg) habe ich bereits im Kongo gesehen. Aber die Bedeutung ist mir leider nicht bekannt. Es ist parktisch unmöglich, die Männer, die in die Geheimnisse der Minkisi1 eingeweiht sind, zur Preisgabe ihres Wissens zu bewegen. ... Mir sind auch keine schriftlichen Niederlegungen ihres Glaubens aus erster Hand bekannt. ... Trotz all der Jahre ist mein Wissen über die Minkisi noch so schrecklich begrenzt", denke ich verzweifelt.

Ich nehme die alten Fellreste in Augenschein. "Auf jeden Fall ist dieser hier älter, als ich angenommen hatte!"

"BAKISI! Seit wann verweilst Du an diesem Ort?", murmele ich gedankenverloren. "Wer brachte Dich hierher? Bist Du ein Nkondi? Willst Du das hier oder bist Du ebenso ein Opfer wie die armen Tiere um Dich herum?"

Dann werde ich mir wieder bewusst, dass Ove hinter mir steht. Ich beschließe, dass es am besten ist, ihn in einen Teil meiner Überlegungen einzuweihen:

"Im Kongo sind die Minkisi ein fester Bestandteil der Religion. Es gibt sie dort schon seit Jahrhunderten. Spätestens seit den ersten christlichen Missionierungen gibt es Minkisi mit Nägeln. Teilweise wird vermutet, dass dies eine Verbindung von christlichen und heidnischen Einflüssen ist. Der tratditionelle Nkisi soll sich mit der Geschichte des Heiligen Sebastianus verbunden haben ... Das wäre also dann ein wenig wie die keltischen Ringkreuze mit ihren vorchristlichen Mustern und Motiven. ... Ich habe jedoch Zweifel an dieser Theorie. Zu leicht ist die christliche Welt geneigt, Bezüge in ihrem eigenen Erkenntnishorizont zu suchen, die es oft in Wahrheit nicht gibt."

"Minkisi beherbergen Geister, die Bakisi. Manchmal dient ein Nkisi als transportables Grab für die Seele eines bestimmten Verstorbenen. Zu diesem Zweck wird etwas Erde oder ... etwas anderes aus dem Grab in den Nkisi gefüllt. Mit Hilfe der Geister in den Minkisi kann man Heilen oder auch Krankheiten verursachen. Man kann die Bakisi veranlassen, ein Vorhaben oder einen Menschen zu segnen ... oder zu verfluchen. Aggressive Geister unter ihnen nennt man auch Nkondi. Sie werden eingesetzt, um Straftaten aufzuklären und die Täter zu bestrafen. ..."

"Allgemein dienen die Nkisi den Menschen und damit eher guten Zwecken. ... Nur kann man sie auch missbrauchen."

Mir wird klar, dass ich gerade von den Bakisi und Zauberkräften als Fakten spreche und ich relativiere meine Ausführungen sicherheitshalber gegenüber Ove, auch wenn es sich nicht gut anfühlt:

"Ich mache das, um DICH zu schützen!", rechtfertige ich mich vorsorglich stumm, als könnte ER in seinem Tabernakel meine Gedanken lesen. Und ich bin mir dabei keineswegs sicher, ob ER es nicht kann ... oder jedenfalls früher einmal konnte.

"Das ist natürlich heidnischer Aberglaube, Ove. Aber wer immer diese Figur hier errichtet hat, wollte offenbar einen Nkisi erschaffen oder zumindest den Anschein erwecken. Und er wollte etwas mit diesen Ritualen bezwecken ... ... ... Mir ist nur noch nicht klar, ob der Nkisi mit den Misshandlungen der Tiere gequält werden sollte ... oder ob es sich um eine mir nicht bekannte finstere Variante der Minkisi handeln soll, die boshafte Bakisi beherbergt."

Schweren Herzens wende ich mich während meiner Ausführungen von den Zeichnungen ab und beobachte stattdessen Oves Reaktionen auf meine Ausführungen. Ich lauere auf Anzeichen, die mir Aufschluss darüber geben können, ob meine Ausführungen für ihn neu oder doch garnicht so fremd sind. Aber Oves geschundenes Gesicht im dämmrigen Licht der Laterne bleibt stumm.

"Zudem sind da diese Hirsche", fahre ich mit meinen Ausführungen fort. "Gibt es Hirsche in Afrika? Wenn ja, wie sehen sie aus? Welche Form haben ihre Geweihe?", frage ich mich. Ich lasse meine Gedanken schweifen: "Menschen mit Hirschgeweihen ... frühzeitlicher Schamanismus? ... Gehörnte Menschen? ... DER GEHÖRNTE? Der keltische Gott Cernunnos? ... Ein Gott der Natur, der Tiere und der FRUCHTBARKEIT ... das göttliche Versprechen an den Menschen auf Leben." Ich erschauere bei der Erkenntnis, wohin mich dieses Gedankenspiel führt und sehe ihn vor meinem inneren Auge: den Sarg, der Leben verspricht (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24675-nightmare-files-kapitel-7-immer-a-lll-ein/?p=424042).

"Nein, ein Feuer zu legen, ist im Augenblick KEINE Option!", wird mir klar. "So einfach liegen die Dinge leider nicht."

"Wenn wir diese ... Statue vernichten ... und rein hypothetisch unterstellen, es gäbe Bakisi ... dann würde wir den Geist töten und eine heilige Stätte schänden. Auch bei heidnischen Religionen sollte man soetwas nicht leichtfertig tun."

Ich hasse die Arroganz der sogenannten zivilisierten Welt, die aus meinen sorgsam gewählten Worten spricht. Aber ich kann es mir auf keinen Fall leisten, jetzt auch noch das Ansehen eines heidnischen Götzendieners zu bekommen. "... Nicht nachdem ich Ayana aufgenommen habe ... in der gleichen Nacht, in der Matilde an einen unbekannten Ort verschwunden ist ... in der gleichen Nacht, in der Blitz und Donner und Sturm vom Himmel gesandt wurden. Nicht nachdem fremdländische Pilger sich wie ein Schwarm Heuschrecken aus dem Nirgendwo auf Seillean-Mòr Blàr gestürzt haben ... Nicht nachdem ich vor aller Augen herzkrank auf der Dorfstraße zusammengebrochen bin ... um dann wie von Geisterhand binnen Stunden zu gesunden." Ich schlucke, als mir das Ausmaß der Situation bewusst wird. "Bisher war ich ein Sonderling, der Expeditionen zu den weißen Flecken auf der Landkarte unternommen hat. Wenn ich jetzt nicht aufpasse, halten die Leute mich wohlmöglich bald für den Antichrist! Und nur zu gerne wird so mancher vergessen, dass er in Wahrheit in meiner Schuld steht."

"Ove, ich bin ganz ehrlich: Ich weiß nicht, ob wir das hier vernichten oder an einem anderen Ort verstecken oder Inspektor McFlaherty (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,99947.msg134449378.html#msg134449378) zeigen sollten. ... Egal wie wir uns entscheiden, es könnte zu unserem Schaden sein. ..."

"Ich muss versuchen, das hier zu VERSTEHEN, um eine Entscheidung treffen zu können. ..."

Ich wende mich wieder dem Nkisi zu.

"Wie könnten wir Dich nur hier wegschaffen, ohne dass jemand etwas merkt oder Verdacht schöpft?", frage ich gedankenverloren in Richtung Nkisi. "Wenn McFlaherty wegen der Witwe hierher kommt, dann kann er nicht übersehen, dass an dieser Stelle irgendein großes Objekt gestanden hat. Das würde Fragen aufwerfen. Und wohin sollten wir Dich bringen? ... ... Vielleicht könnte ich McFlaherty ... BENUTZEN? ... Das auffälligste Verhalten ist oft zugleich das unscheinbarste. ... McFlaherty wird Dich als Beweismittel verwahren wollen ... Photos machen und dergleichen ... Aber er wird Dich kaum bis nach Mullingar verfrachten wollen, damit man es am nächsten Tag in allen Zeitungen sieht. ... Ich könnte ihm anbieten, das Beweisstück auf dem Grundstück des Manor zu verwahren ... nicht im Manor selbst ... in einem der Wirtschaftsgebäude ..."

Ich gehe zu der Tür im Boden und stampfe mit dem Stiefelabsatz darauf. Unter der Tür scheint ein Hohlraum zu sein. "Was ist da drunter?", frage ich Ove. Es ist mehr eine Aufforderung als eine Frage, weil mir klar ist, dass er noch nicht nachgesehen hat. "Eine Grube im lehmigen Boden (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24675-nightmare-files-kapitel-7-immer-a-lll-ein/?p=424042)!" Mein Körper scheint schon einen Schritt weiter zu sein, als mein Verstand, denn er reagiert bereits auf ein Grauen, welches mein Verstand erst langsam zu ertasten beginnt. "Piloerektion", klammert sich mein Geist in aufkeimender Furcht an die Rationalität der Profession. "Ist das ein Grab? ... ... Was oder wen werde ich dort finden? ... Nur den Tod ... oder auch das Versprechen auf Leben?" Und plötzlich beschleicht mich ein böser Verdacht, der mein Herz wieder schmerzhaft in meiner Brust klopfen lässt. "Cainnech? ... Oder Matilde?", flüstere ich bestürzt, während das Blut aus meinem Gesicht weicht. Es ist mehr ein atemloser Hauch als gesprochene Worte. Aber ich MUSS jetzt Gewissheit haben.

"Halte Du die Lampe", sage ich ohne Ove anzusehen und reiche ihm das schwache Licht herüber. Als ich fühle, wie er die Laterne aus meiner Hand nimmt, lege ich Stock und Flinte neben mir ab und greife nach dem Knauf der Tür. "BITTE ... erlaube das nicht ... nur DAS NICHT!"


1 Minkisi ist ein Plural des Wortes Nkisi
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 16.05.2017 | 15:41
Ove

Nkisi, Bakisi, Mkisi.... WAS faselt Clive? Ich versteh doch gar nicht was er meint!

Nur langsam fügen sich seine Worte zu so etwas, das mir eine grobe Idee davon gibt, was er meint.
Ich höre ich zögernd, abwartend und anfangs ohne zu verstehen zu.

"Clive!", sage ich in einer der kurzen Pausen, die er zum Nachdenken oder Betrachten des DINGS zu brauchen scheint.

"Clive, du hast SOETWAS also schon mal gesehen?! In Afrika? Was macht es dann hier?! Warum Geister? Und hier dran muss doch schon LANGE gebaut worden sein. Das kann niemals der Werk wengier Tage  oder Wochen gewesen sein. Hälst du es wirklich für eine gute Idee hinter diese Tür zu schauen?!"

Ich schlucke und trete wie mir von Clive geheißen mit der Lampe näher, meine Stimme wird rauh. Der Schmerz und die Anstrengung haben mich durstig werden lassen. Mein Mund ist trocken.

"Was ... wenn dieser Geist etwas hinter dieser Tür ... zurück halten soll?! Wenn es ein Schutzgeist ist... eine Art GUTER Geist."

Ich schlucke erneut trocken.

"Aberglaube hin oder her. Dieses DIng wurde nicht ohne Grund erschaffen. Es hat einen Zweck. Sollten wir dieses Kisi nicht erstmal weiter untersuchen? Gibt es hier nicht noch mehr zu finden? Und... Clive... wo ist Braddock?!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 16.05.2017 | 16:30
Clive

Ich halte inne, als Ove zur Vorsicht mahnt. Während meine Hand unverändert auf der Tür ruht, blicke ich noch einmal zu Ove auf.

"Was ich in Afrika gesehen habe, war ähnlich, aber doch anders. Ich glaube nicht, dass diese Statue aus Afrika stammt. Sie ist zusammengezimmert, nicht aus einem Stück geschnitzt. Sie ist auch viel größer als ein afrikanischer Nkisi. Und sie weist nicht diesen unverkennbaren Stil afrikansicher Schnitzerein auf, einfach und doch eindrucksvoll, mehr als der erste Blick verrät. Afrikanische Schnitzereien wirken einfach ... "primitiv", würden viele sagen ... sagen aber in Wahrheit viel mehr aus, als eine Photographie. Wenn man die Geschichten kennt, von denen die Schnitzereien erzählen ... oder die Tiere lange genug beobachtet hat, die sie darstellen, beginnt man zu verstehen, WIE tief das Verständnis der Künstler war, als sie ihre Arbeiten erstellten. ..."

"Vielleicht sind die Unterschiede zwischen einem afrikanischen Nkisi und dieser Statue hier auch bedeutungslos? Ich kann es Dir nicht sagen. Aber ich glaube nicht, dass es ein Zufall ist. Jemand hat die Statue hier aufgestellt, DAMIT ich die Ähnlichkeit mit einem Nkisi sehe. ... Ich denke, ich sollte das hier finden. Jemand schickt mir eine Botschaft. Und was man mir mitteilen will, befindet sich unter dieser Tür!"

"Ove, ich habe den furchtbaren Verdacht, dass jemand Cainnech ... oder sogar Matilde hier begraben haben könnte. ... Um mich zu quälen. Um mich einzuschüchtern. ... Um meinen Willen zu brechen. ... Ich weiß, dass wirkt jetzt weit hergeholt ... ist es vermutlich auch ... aber ich kann nicht in der Ungewissheit darüber, was sich unter dieser Tür befindet, wieder fortgehen. ... Und Braddock wird uns nicht helfen. Er jagt einem Geschöpf hinterher, das im Haus der Witwe steckte und sie um den Verstand gebracht hat. ... Ich MUSS nachsehen, mit Dir oder ohne Dich! Es ist zwar vielleicht keine gute Idee, denn ich erwarte bei Gott nichts Gutes hinter dieser Tür, aber ich MUSS mich vergewissern."

Daraufhin wende ich meinen Blick erneut auf die Tür und bereite mich innerlich auf das Schlimmste vor. Dann ziehe ich mit einem Ruck an der Tür.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 20.05.2017 | 23:11
Du bewegst den Knauf der alten Holztür.
Das Holz ist bereits etwas verwittert. Das Metall ist rostig. Etwas Stroh liegt auf der Tür. Etwas Dreck. Der Staub vieler Jahre. Sowie altem und frischem Vogelkot.

Du versuchst die Tür vom Boden anzuheben. Sie scheint schwer zu sein oder sie klemmt.
Die Tür bewegt sich kaum. Du legst mehr Kraft hinein - ziehst und rüttelst.

Dann bewegt sich die Tür etwas. Metall knirscht und quietscht.

Ein leichtes Zittern geht durch die Tür. Das metallische Knirschen pflanzt sich an den Wänden der Scheune fort. Ein Zittern geht durch die Brettern und die Gegenstände an der Wand.
Staub rieselt von der Decke.

Eine Taube, die irgendwo unter dem Dach ihr Nest zu haben scheint, fliegt hoch und flattert über Eure Köpfe fort.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 20.05.2017 | 23:48
Wie lange ist Cainnech nun schon fort - tot?
Vermutlich liegt er unter dieser Tür nun bereits seit Jahren. Ermordet. Hingeworfen. Verscharrt. Verrottend. Vergessen. Ein seelenloses, einsames Grab. Ohne Einsegnung. Ohne Blumen.

Vielleicht hält sein ruheloser Geist die Tür von innen krampfhaft geschlossen, um Dir, Clive, seinen Grauen-erregenden Anblick und den Schock zu ersparen.

Vielleicht haben sich aber auch die Säfte seines modernden Körpers bereits sowohl Kleister-artig mit der Unterseite der Tür, als auch mit dem Untergrund verbunden und bilden eine kompakte Masse, die sich gegen ein Öffnen stemmt.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 21.05.2017 | 00:27
Zwei Federn der Taube sinken langsam zu Boden. Eine landet direkt auf der Tür. Auch Staub rieselt herunter.

Ist dies ein Zeichen? Wenn ja, ein Zeichen wofür?
Liegt die schöne Matilde Visconti unter der Tür? Vielleicht in inniger Umarmung mit Cainnech?

Gibt es einen Keller unter dieser Scheune?
Eine Treppe? Einen Schacht? Vielleicht ein Verlies, wie in alten Burgen?
Wird hier jemand gefangen gehalten? Wer darbt hier under der Erde?

Ist dies der Eingang zur Hölle? Und wenn ja, wessen Hölle wird sich offenbaren?

Du bist neugierig. Unsicher. Erwartungsvoll. Ängstlich. Abgestossen.

Was steckt dahinter? Weshalb ist hier überhaupt eine Tür? Birgt diese Tür die Erkenntnis?

Könnte überhaupt jemand die Wahrheit erfassen? Begreifen? Ertragen?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 21.05.2017 | 00:59
Nur wenige Augenblicke sind seit dem drehen des Knaufes vergangen. Doch Deine Gedanken fliegen umher. Hierhin und dorthin. Sie haben die Zeit gedehnt. Das Gurren und Flattern der Taube mischt sich mit dem Knirschen und Quietschen von Metall.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 21.05.2017 | 01:17
Einen Apfelbaum gepflanzt? Ein Haus gebaut? Ein Kind gezeugt?

Gibt es ein Leben nach dem Tode?

Existiert Gott?

Wie leicht ist Dein Herz?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 21.05.2017 | 15:57
Du öffnest die Tür.

Sofort wird die Scheune hell ausgeleuchtet. Eine gleissende Helligkeit brandet Euch entgegen, als würdet Ihr in die Sonne selbst blicken. Eure Augen sind wie geblendet.

Das Innere der Scheune erstrahlt gänzlich in hellstem Weiss. Licht durchflutet jeden Winkel.

Knapp unterhalb des Türrahmens liegt eine Gestalt am Boden. Ihr könnt nicht erkennen, ob Mann oder Frau, ob alt oder jung, aber von gross gewachsener Gestalt.

Das strahlende Licht kommt von unterhalb des Körpers, zeigt lediglich die scharfe Silhouette und wirft einen langen Schatten.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 22.05.2017 | 09:57
Clive

"Oh Gott!", rufe ich aus. "Cainnech ... bist Du das?!"

Ich versuche die gleißende Helligkeit hinwegzublinzeln und beuge mich mehr blind als sehend tiefer in die Öffnung herab, den Arm weit ausgestreckt. Ich versuche nach dem Köper zu greifen ... die Hand zu ertasten ... etwas vertrautes zu erkennen ...

"Cainnech!?!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 22.05.2017 | 12:28
Geblendet schaue ich an Clive vorbei in das gleißende Licht.

Wo kommt das Licht her?!

Ich glaube zu halluzinieren. Als Clive sich auf das Licht zu bewegt schaue ich für einen Augenblick versonnen zu, doch als er die Hand ausstreckt ....

"NEIN! Was tust du?!", rufe ich, während ich mit der unverletzten Hand nach ihm greifen will ohne zu beachten, dass ich die lächerliche Lichtquelle in Form der Öllampe noch in dieser Hand halte.

"Das kann niemals Cainnech sein!"
 
"PASS AUF!" rufe ich als wäre das Licht Lärm, den es zu übertönen gilt. Und erst jetzt bemerke ich, dass dieser Ausruf auch mir  gilt - scheine ich doch gerade die Laterne gegen Clive werfen zu wollen.
Ich versuche meine Arm in seiner Bewegung zu bremsen, komme ins Straucheln und falle kurz vor der offenen Tür auf den Boden. Ich versuche die Lampe aufrecht zu halten, nicht loszulassen, doch dabei falle ich unsanft auf meine verletzte Seite und stöhne laut auf während die Schmerzen trotz des gleißenden Lichts Schwärze vor meinen Augen auftauchen lässt.

Mit schmerzverzerrter Mine und krafthaft die Lampe umklammernd und aufrecht haltend, liege ich heftig atmend und immer wieder stöhnend auf dem Boden der Scheune.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 22.05.2017 | 17:34
Clive

Ich nehme kaum wahr, dass Ove hinter mir ruft und stürzt. Das Flackern der Lampe geht unbemerkt unter im gleißenden Licht aus der Grube, als sich meine Finger um die Hand in der Grube schließen und ich mich anschicke, mit aller mir verbliebener Kraft daran zu ziehen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 22.05.2017 | 21:05
Deine Hand tastet nach vorne. Tastet nach dem Körper. Tastet blind herum. Und ertastet dennoch nichts. Nichts. Du fühlst nichts. Deine Hand ertastet nichts.

Deine Hand wirft einen Schatten auf Dein Gesicht, so dass Du Deine Augen nicht länger zukneifen musst. Und Du greifst durch den dunklen Körper hindurch.

Du greifst in das Licht hinein. Und Deine Hand verschwindet im Licht.
Blind tastest Du im gleissenden Licht herum, als plötzlich ein stechender Schmerz Deinen Oberkörper durchzieht.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.05.2017 | 13:02
Clive

Noch während ich zu verstehen versuche,
  warum dort NICHTS ist, wo ich Cainnech vermute,
  warum dieses NICHTS dennoch einen Schatten wirft,
  warum meine Hand im Licht verschwindet und ich doch mit ihr tasten kann,
trifft mich unvorbereitet der Schmerz. Ich reiße erschrocken meinen Arm zurück und presse ihn gegen meine Brust.

Obwohl ich stechende Schmerzen im Oberkörper nunmehr gewohnt bin, kommt dies doch überraschend und fühlt sich auch anders an. Der Schmerz strahlt nicht in den Magen aus, wie es für einen Herzinfarkt zwar nicht zwingend, aber doch typisch wäre. "Nein, dies hier ist anders ...", analysiere ich überflüssigerweise und kämpfe gegen die aufkeimende Panik an. Ich rolle mich von der Öffnung fort auf meinen Rücken. Mit geschlossenen Augen konzentriere ich mich alleine auf den Schmerz und hoffe inständig, dass er nachlässt.

Was neben dem Schmerz bleibt ist nur die bittere Erkenntnis: "Du bist mir entglitten, Cainnech! ... Wie mir alles zu entgleiten scheint ..."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.05.2017 | 19:04
Du windest Dich. Drehst Dich weg. Drehst Dich zurück. Streckst Deinen Arm aus. In dem Versuch, die Tür wieder zu schliessen. Und Deine zittrigen Fingerspitzen berühren etwas.

Etwas Hartes. Etwas Glattes. Etwas Rundes.
Etwas, das sich wie ein länglicher, schmaler Zylinder anfühlt.

Ein Ast?
Ein Stab?
Ein Rohr?
Ein Knochen?

Du ertastest es. Du ergreifst es. Du umklammerst es. Du hältst es fest.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 23.05.2017 | 20:34
Clive

Ich klammere mich an den unsichtbaren Gegenstand.

"... Es liegt nicht an mir, dass mir die Dinge entgleiten. ... Es ist die Welt, die weiter aus den Fugen gerät! ... Erst die Huldiger, die auf unerfindlichen Wegen hierher gelangten ... alle zur selben Zeit ... Jetzt Dinge, die ich sehe, aber nicht greifen kann, und solche, die ich zwar greifen kann, die sich dafür aber meinem Augenlicht entziehen. ..."

Obwohl die Berührung mit dem unbekannten ETWAS mich wohl weiter verängstigen sollte, ist erstaunlicherweise das Gegenteil der Fall. Etwas körperliches in der Hand zu haben, beruhigt mich. Etwas Körperliches kann man zerstören, man kann es bekämpfen, man kann es binden, selbst wenn man es nicht sehen kann. "Was man greifen kann, kann man auch begreifen, nicht wahr?", lautet meine durch nichts als einen urtümlichen Instinkt gerechtfertigte Schlussfolgerung.

"Was geschieht hier nur?", frage ich Ove, ohne zu wissen wo er sich gerade befindet. Die Erinnerung an die Schmerzen in meinem Brustkorb lassen mich vorsichtig sprechen, so dass die Worte nur mehr kraftlos meine Lippen verlassen.

Ich versuche mich weiter aufzurichten und an dem ETWAS zu zerren. Ich erinnere mich an den Schattenriss des unsichtbaren Menschen an die Decke. Hoffnung und Bangen halten sich die Waage, als ich langsam meinen Blick hebe. Ich suche nach einem Schatten, der mir einen Hinweis darauf geben könnte, was ich wohl in meinen Händen gepackt haben mag ... und was menschlichen Augen offenbar nicht zu sehen bestimmt ist.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.05.2017 | 20:56
Du richtest Dich auf. Du ziehst Dich hoch. Erneut dieser Schmerz in Deiner Brust.

Der Gegenstand lässt sich durch Dich bewegen, ändert aber kaum seine Position im Raum. Rechts. Links. Vor. Zurück. Er widersteht allen Anstrengungen, Dich seiner zu bemächtigen. Als würde er durch etwas, eine Macht oder Kraft, in seiner Position gehalten. Du kannst Dich ihm nähern, kannst ihn aber nicht zu Dir ziehen.

Ein Ast?
Ein Stab?
Ein Rohr?
Ein Knochen?
???
Was ist das?

Die Person im Türrahmen verschwindet, bis nur noch Licht in den Raum hinein scheint.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 24.05.2017 | 12:34
Die Person entfernt sich vom Türrahmen und geht langsam in das Licht hinein, bis sie immer kleiner geworden und schliesslich verschwunden ist.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 25.05.2017 | 18:31
Clive

"Cainnech!", rufe ich verzweifelt dem schwindenden Schatten nach, halte mich an dem unsichtbaren ETWAS fest und greifen noch einmal mit dem anderen Arm in die Tiefe. Noch immer kann ich nicht von dem Gedanken lassen, an diesem unwirklichen Ort eine Antwort auf sein Verschwinden zu finden. Aber da ist kein Wort, das mir Trost spenden könnte. Nur Schweigen ... und Licht ... und Schmerz. Der Schatten ist fort.

"Immerhin nicht Matilde ... es war nicht Matilde!", versuche ich mich zu beruhigen, als ich mich hochgezogen habe und den Arm wieder an meinen Körper presse. "Vielleicht war der Schatten auch nicht Cainnech. ... Sei nicht so selbstsüchtig: Eine Antwort würde nur Deine Bedürfnisse stillen. Dem Jungen hilft das gar nicht!"

Ich bedenke meine Optionen, ohne auch nur einen Augenblick von diesem Gegenstand abzulassen.

"Was ist das?", flüstere ich immer noch innerlich aufgewühlt. Ich konzentriere mich auf meine Hand. Gibt sie mir Informationen über die Oberflächenstruktur des Gegenstandes?

"Ove ... kannst Du die Tür schließen? Ich halte etwas in meiner Hand. Ich kann es nicht bewegen ... und ich will es nicht loslassen. ... Vielleicht reicht es, wenn Du mit dem Fuß an der Tür ziehst? ... Probiere es!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 26.05.2017 | 12:53
Deine Hand umklammert den Gegenstand. Er ist glatt. Und er scheint Dir zu entgleiten, als Du einen Druck auf Deiner Brust verspürst, der Dich nach unten und hinten drückt.
Die Kraft ist stark. Der Gegenstand aus Porzellan, Bakelit oder ähnlichem entgleitet Deinen Fingern.
Dann verspürst Du einen schmerzhaften Stich in Deiner linken Schulter.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 29.05.2017 | 10:07
Clive

Erfolglos versuche ich, nachzufassen und den kühlen, glatten Gegenstand erneut zu packen, aber ich vermag dem Druck auf meiner Brust nichts entgegenzusetzen.

Der Schmerz in meiner Schulter beendet meinen Kampf. Ich stöhne auf und lasse mich zurück auf den Boden fallen.

"Ove! ... Die Tür! Schließe die Tür!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 29.05.2017 | 18:36
"Ruhig. Ganz ruhig, Herr Doktor Savage."
Erneut spürst Du die Hand auf Deiner Brust. "Lassen Sie los und entspannen Sie sich. Sie befinden sich in Sicherheit."
"Sie haben geträumt. Nur geträumt. Beruhigen Sie sich bitte." Du spürst ein ermutigendes Klopfen auf Deine Schulter.
"Sie haben eine Spritze von mir bekommen. Und Sie werden gleich etwas schlafen."
"Sie sind robuster als Sie aussehen. Sie haben eine bärenstarke Konstitution."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 29.05.2017 | 18:37
Benommen muss ich mit ansehen, was um mich herum passiert.
Ich sehe, ohne wahrzunehmen, höre, ohne zu verstehen.

Ich sehe wie Clive sich zu winden scheint. Wie er einen Kampf mit einem unsichtbaren Gegner zu führen scheint. Eine Art Ringkampf, oder einfach nur Zuckungen, wie durch mehrere schwache elektrische Schläge.

Ich versuche zu begreifen was passiert. Doch mir gelingt es nicht.

Clive ringt auch mit der Tür, die er eben so zielstrebig geöffnet hat. Ich verstehe nicht genau, was er will. Alles wirkt so unnatürlich in diesem gleißenden Licht.

Ich kann nicht unterscheiden, ob ich wach bin oder träume.

Doch auch im Traum sollte man sich nicht gehen lassen! So stemme ich mich hoch, merke wieder die Schmerzen meiner Wunden, was eigentlich gegen einen Traum sprechen müsste.

Mühsam schiebe ich mich auf die Knie. Ich setze die Lampe neben mir ab, um näher an die Tür zu krabbeln, wozu ich meinen unverletzten Arm brauche. Ich will in den Türrahmen schauen, schauen wo das Licht herkommt, was dort zu sehen ist. Doch Clives mühsame Worte, dienen mir als Mahnung.
Ich muss mich zusammennehmen meiner Neugier nicht nachzukommen.

Ich krabbel auf die andere Seite der Türöffnung, bewege mich hinter das Türblatt, hebe es soweit hoch, dass ich meinen Körper zur Hilfe nehmen kann, falls es zu klemmen beginnt. Dann drücke ich mit meinem Oberkörper dagegen. Ich stemme die Tür zu. Erst jetzt, als ich mit dem Türblatt zusammen in Richtung Boden falle, erinnere ich mich, dass ich eigentlich jetzt, im Moment kurz bevor die Tür sicher geschlossen ist, doch noch einen Blick riskieren wollte. Doch ich schaffe es nicht. Die Tür fällt mit mir darauf zu.

Das Licht ist verschwunden. Es scheint stockfinster. Das schmierig, dämmrige Licht aus der Öllampe fällt nicht auf, im Meer der Dunkelheit.
Noch haben sich unsere Augen nicht an die Dunkelheit gewöhnt. An das Dämmerlicht, das die Lampe verbreitet.

Ich halte meinen Atem an. Ich kann Clive ganz in der Nähe stoßweise atmen hören.

Ich fühle das Türblatt unter mir. Ich fürchte ich würde Schläge spüren. Spüren, wie sich etwas von unten befreien will. Doch nichts dergleichen passiert.

Ich schelte mich einen Hasenfuß und versuche nicht darüber nachzudenken, dass hier und heute schon so vieles passiert ist, dass diese Schläge nicht das abwegigste wären, was mir heute geschehen wäre.
Ich konzentriere mich auf das was um mich herum ist.

"Clive. Alles in Ordnung?"

"...."

"Was ... woher kam das Licht? War dort Cainnech? Hast du IHN gesehen?!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 29.05.2017 | 18:43
"Schwerster. SCHWESTER! Schnell. Holen Sie zwei Pfleger."
"Machen Sie schon. Patient Ecklund versucht aufzustehen."
"Wenn er stürzt könnten die Nähte wieder aufgehen. Machen Sie. Los. Los."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 30.05.2017 | 00:00
Clive

Ich schüttle den Kopf: "Nein, ich darf jetzt nicht schlafen! ... Was haben Sie mir gegeben? ... Ich kann Sie nicht sehen! ... Was ist mit mir geschehen?"

Kurz bin ich versucht, an meinem Verstand zu zweifeln und diese bequeme Erklärung zu akzeptieren: "Vielleicht habe ich das Weiße Zimmer (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/23963-nightmare-files-kapitel-5-ein-guter-tag-zum/?p=410940)1 auf Herm nie verlassen? ... Und alles danach hat sich nur in meinem Kopf abgespielt! Matilde ist mir genauso wenig begegnet wie Hartmut. Auch nicht Paul oder Ove oder Emma oder Ayana. Cainnech lebt noch. Kein leuchtender Mönch ... keine Änderungsschneiderei ... keine Hand ... kein Roy Dalgliesh ... kein Edward Gavigan ... kein Lord Penhew ... keine Elise Marquard ... kein Feuerwehrmann ... kein Hotelbrand ... keine Auseinandersetzung mit der Londoner Polizei ... keine Tcho-Tcho ... keine Huldiger"

Wie verlockend erscheint mir diese Ausflucht, wie gering der Preis des eigenen Verstandes aufgewogen gegen diese Menschenleben. Logisches Denken, die Wissenschaften und ein aufgeklärter Geist schreien förmlich nach diesem Ausweg, der all jene unerklärlichen Erlebnisse der letzten Jahre mit einem Handstreich wegwischen würde. Die Angst vor der Einsamkeit und eine Sehnsucht nach meiner früheren innengekehrten Sicht erfassen mich.

"Wenn dies alles nicht real war, dann ist auch das Meeresrauschen nicht verstummt. Dann kannst Du es wiederfinden, wenn Du es nur zulässt ... und ich könnte SIE noch spüren ... irgendwo jenseits des Meeres!", lockt es in mir.

Während meine Glieder schwer werden und die Müdigkeit meinen Verstand zu überschwemmen beginnt, lausche ich in mich hinein. Aber da ist nur Stille.


1 oben verlinkter Post hier archiviert unter den Reminiszenzen (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,103200.msg134510662.html#msg134510662)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 30.05.2017 | 18:25
Kräftige Hände oder die Pranken einer Bestie drücken mich wieder zu Boden.

Ich versuche nochmal dagegen aufzubegehren. Aber ich bin zu schwach.

Ich kann nicht erkennen wer oder was sich um mich herum befindet, und so ergebe ich mich meinem Schicksal und erwarte den Kehlbiss oder was auch immer mich stattdessen erwarten wird.

'Ich bin es so leid'
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.06.2017 | 11:28
Ein dämmriger Schlaf. Keine Schmerzen.

Aber Träume. Beunruhigende, rastlose Träume.

Ihr habt das Gefühl, dass etwas auf Eure Brust drückt. Etwas auf Eurem Brustkorb kniet. Vielleicht ein Nachtalb? Eines dieser kleinen, schwarzen Geisterwesen, die auf den Schlafenden hocken, ihnen die Luft abschnüren und ihnen schlimme Träume schicken.

Ihr könnt Euch nach dem Aufwachen nicht daran erinnern, was Ihr geträumt habt, aber es war Angst einflössend.
 
Immer wieder wurdet Ihr in Euren Träumen gejagt, verfolgt und gehetzt. Ihr ranntet um Euer Leben, kamt aber kaum vom Fleck, während irgendetwas Dunkles hinter Euch her war und langsam zu Euch aufschloss. Ihr habt verzweifelt versucht, dieses Etwas abzuschütteln.

Und Ihr habt Stimmen gehört. Botschaften. Euch wurden auch Botschaften gesandt. Stimmen, die auf Euch eingeredet haben. Es waren fremde Stimmen, aber sie haben Euch keine Angst gemacht. Sie waren sogar beruhigend.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.06.2017 | 11:40
Eure eigenen wilden Gefühle hatten Euch übermannt und haben Euch Angst gemacht. Sie machen Euch immer noch Angst. Eure unterdrückte Wut macht Euch Angst.

Ihr wollt Eure wütenden Gefühle ausleben und habt dies auch in Euren Träumen getan. Ihr habt aber, wie in der wachen Welt auch, nur Schuldgefühle entwickelt. Immer nur noch heftigere Schuldgefühle.

Wohin wollt Ihr rennen? Wo wollt Ihr Euch verstecken? Wohin wollt Ihr Euch wenden?
Nirgendwohin, denn Ihr wisst nicht, wem Ihr noch vertrauen könnt.
Und wenn niemand mehr da ist, dem Ihr noch trauen könnt, könnt Ihr dann Euch selbst noch trauen? Könnt Ihr Euch auf Euch selbst verlassen?
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.06.2017 | 12:16
Ihr erwacht.

Es ist kühl um Euch herum. Die Luft ist frisch und angenehm. Der Geruch von just gemähtem Gras wird in Eure Nasen geweht.

Euer Kopf fühlt sich kalt und feucht an. Flüssigkeit rinnt rechts wie links an Euren Gesichtern herab.

Ihr öffnet Eure Augen, aber Ihr könnt nichts sehen. Es ist dunkel.

Etwas weiches, feuchtes liegt auf Eurem Gesicht und bedeckt Stirn und Augen.

Ihr bewegt langsam und zaghaft Eure Gesichtsmuskeln. Irgendetwas stimmt nicht mit Euch.
Etwas ist auf Eurer Haut. Die Haut spannt und scheint aufzuplatzen. Krustig. Scheint sich abzulösen, wie bei einem Sonnenbrand.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.06.2017 | 17:37
Ihr liegt. Und Ihr seid benommen.
Eure Arme und Beine sind schwer. Fast so, als wären sie neben Euch festgeklebt.

Der Geruch von Phenol und Äther steigt Euch in die Nase.

Und wieder hört Ihr Stimmen. Dieses Mal jedoch viele. Entfernt und undeutlich. Ein Gewirr von Stimmen. Durcheinander. Unzusammenhängend. Und unverständlich.

Ihr seid nicht allein.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 5.06.2017 | 19:14
Clive

Ich versuche Antworten zu finden:

Ich horche in mich hinein und suche nach Indizien für Verletzungen. Mir kommt der Gedanke, dass sich Bréanainn so gefühlt haben könnte, als er in meinem Feldlazarett in Flandern zu sich kam. ...

Ich horche nach den Stimmen um mich herum. Welche Sprache sprechen sie? Kann ich vertraute Stimmen heraushören?

Derweil beginne ich vorsichtig, meine Finger zu bewegen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 7.06.2017 | 11:26
Ove

Ich versuche das was auf meinem Gesicht liegt wegzubewegen, als mich Bruchstücke meiner Erinnerungen, meiner Träume einholen.

Gedanken an Kristine, an ihre schweren Verletzungen, plagen mich.

Ich habe sie schon wieder alleine gelassen. Ich habe sie wieder in Gefahr gebracht. , denke ich.

Ich halte inne, bewege mich und auch die Gesichtsmuskeln nicht weiter. Ich versuche flach zu atmen und wenig von den übelkeitserregenden Äther-Dämpfen einzuatmen.
Hat man uns operiert? Ist das alles nur ein Traum?

Wo ist Clive? Wo ist Kristine? Was ist passiert?


Ich warte ab, horche, versuche die Stimmen zu verstehen, die um uns herum zu hören sind.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 12.06.2017 | 19:45
Eure Finger tasten auf der Unterlage herum, auf der Ihr liegt. Ihr liegt auf einem Bett.
Die Matratzen sind weich, die Bettlaken und Bettdecken fühlen sich jedoch hart an. Gestärkte Laken. Es riecht klinisch rein, wie Desinfektionsmittel in einem Krankenhaus.
Ihr hört die Stimmen von Kristine und Aryana, die mit Euch zu reden scheinen. Das Gemurmel; die Stimmen im Hintergrund sprechen Englisch. Aber sie sprechen so durcheinander, dass Ihr nichts versteht.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 13.06.2017 | 10:43
Clive

"Matilde ... wo bist Du? Ich brauche Dich! ... ..." Ich weiß, ich werde keine Antwort erhalten. In diesem Moment der Schwäche und Hilflosigkeit fühle ich mich verraten. Auf einer rationalen Ebene ist mir klar, dass Matilde nicht anders konnte, dass sie Marie und mich nicht verlassen hätte, wenn sie einen anderen Ausweg gesehen hätte. Aber jenseits dieser Vernunft schmerzt es, sie jetzt nicht an meiner Seite zu wissen. Kurz male ich mir aus, wie sie neben mir auf der Bettkante sitzt, die Beine übereinander geschlagen, der Blick besorgt und eine Hand sanft auf meinen Arm gelegt. Eine fürsorgliche Tochter. ... "Ein Bild aus einer Schmonzette!", denke ich wütend und empfinde gleichzeitig eine Mischung aus Verzweiflung und Selbstverachtung. "Hätte ich das Zimmer nur nie verlassen!"

"Ayana?", frage ich nach einer Weile müde in den Raum, ohne die Augen zu öffnen. Mein Hals ist trocken und meine Stimme heiser. Aber ich hebe meine Hand, strecke sie ins Nichts und warte, ob jemand sie ergreift.

Ich versuche mich zu konzentrieren, meine Gedanken zu ordnen und meinen Verstand wieder in Gang zu bringen: "Die Menschen sprechen englisch miteinander ... nicht gälisch. Wie weit wurde mein Körper fortgetragen, während ich bewusstlos war? ... Bin ich wieder in London? Ist Braddock dafür verantwortlich? ... Oder bin ich tatsächlich an einem ganz anderen Ort jenseits der Grenzen menschlichen Wissens ... bin durch die Tür in das Licht gezerrt worden? ... Oder bin ich auf den geheimen Pfaden fortgetragen worden, auf denen die Huldiger Seillean-Mòr Blàr erreicht haben? ... Vielleicht liegt mein Körper auch noch immer in dieser Scheue und das alles ist nur eine Illusion? ..."

Ich besinne mich auf Ayanas schlanke Hände und auf ihren besonderen Duft. Ich will beides spüren, bevor ich die Augen öffne. Meinen primitiveren Sinnen vertraue ich im Moment mehr als meinem Verstand. Ich brauche ein sinnlich erspürbares, körperliches Versprechen von Normalität, um mich zu überwinden, meine Lider zu heben.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 14.06.2017 | 17:30
"Clive. Clive. Da bist Du ja wieder. Clive. Schön zu sehen, dass Du wieder unter uns bist. Ich habe mir ja solche Sorgen um Dich gemacht. Der treue Luni hat Dich gefunden und wir haben Dich dann hier her gebracht. Woran kannst Du Dich als letztes erinnern? Clive. Clive, hörst Du mich?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 16.06.2017 | 15:46
"Var är du, Stine? [Wo bist du, Stine?]

Var är jag? [Wo bin ich?]

Vad har skett? [Was ist passiert?]"


"Jag kan inte se!" [Ich kann nicht sehen!]

"Varför kan ja inte se?!" [Warum kann ich nicht sehen?]

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 19.06.2017 | 13:34
Clive

Da ist keine Hand, die nach meiner greift. Und es ist nicht Ayana, die mir antwortet. Ich höre Matildes Stimme und rieche ihren Duft. Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube.

"Etwas stimmt hier nicht ... etwas stimmt hier ganz und garnicht! Das alles hier ist nicht real! ... Matilde ist fortgegangen ... für immer. Sie ist kein Mensch, der solche Entscheidungen halbherzig treffen und nach kurzer Zeit wieder zurückkehren würde. Sie hat Matilde und Luni zurückgelassen. Sie hat ihr ganzes Leben hinter sich gelassen. Und jetzt soll sie an meinem Bett sitzen, als sei nichts geschehen?"

Ich weigere mich, die Augen zu öffnen. Schon jetzt dreht sich alles in meinem Kopf, auch ohne Farben und Bilder.

"So sehr ich es mir wünschen würde: Das hier ist FALSCH ... es ist IRREAL ... es ist eine Falle für meinen Geist. Ich werde ihn nicht öffnen. Ich werde mich nicht treiben lassen und meinen Träumen hingeben!"

Aber die Versuchung ist groß. Ich weiß um die Kraft von Träumen, ich habe in meinen Träumen bereits Raum und Zeit überwunden ...

"Aber irgendetwas ist hier anders ... irgendetwas ist nicht richtig. Was ist es nur?"

Ich versuche herauszufinden, was mich an diesem Trugbild so erschreckt.

"Ist es nur der Umstand, dass meine früheren Träume mich immer an düstere Orte entführt haben?"

"Oder die Tatsache, dass diese Träume immer einen nachgeholten Abschied betrafen? ... Ist dies der persönliche Abschied von Matilde, der mir im realen Leben verwehrt blieb ... wie der Abschied von Ruairí? ... Will ich mich diesem Abschied verweigern, weil ich die Trennung nicht akzeptieren will? ... Bedeutet es, dass Matilde tot ist?"


"Matilde, wie kommst Du hier her?", frage ich matt, ohne meine Augen zu öffnen. Und dann setze ich nach: "Ist Ruairí auch hier?"

Ein Schuss ins Blaue ... mein erster Zug in einem Spiel, von dem ich nicht glaube, es gewinnen zu können. Ein Spiel, von dem ich noch nicht einmal weiß, wer mein Herausforderer ist ... ob es überhaupt einen Gegenspieler gibt oder ob ich gegen meinen eigenen wirren Verstand antrete.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 3.07.2017 | 22:11
Clive schafft es, seinen Oberkörper leicht aufzurichten, obwohl es ihn erhebliche Anstrengungen kostet.

Du liegst auf einem Bett. So weit so gut. Die kühlen Laken sind sauber und frisch. Vielleicht etwas zu stark gestärkt.

Du schaust an die Decke. Du horchst in den Raum und Du horchst in Dich selbst hinein.

Du liegst hier bereits geraume Zeit und fragst Dich jeden Tag aufs Neue, ob das nun das Ende einer sehr langen Reise ist.
Und an jedem Morgen hat sich das Ende der Reise um weitere 24 Stunden gedehnt. Findet man den Frieden für sich nur in der unendlich scheinenden Endlichkeit?
Wohin kann man gehen, wenn das selbst überall bereits vorher ist?
Wie lange liegst Du nun bereits hier.

Du schaust zur Seite und erkennst Matilde.
Matilde.
Wie kann das sein? War sie nicht bei der Flucht aus dem brennenden Hotel in London ums Leben gekommen? Weshalb wart Ihr doch gleich nochmal dort gewesen? In der Nähe des Paddington Bahnhofs? Chelsea. Das Hotel hiess Chelsea.

Matilde's Parfüm duftet herrlich.
Sie lächelt Dich an. Es ist ein sanftes, mitfühlendes Lächeln.
Ein warmes, freundliches Lächeln. "Guten Morgen, Clive."

"Hier ist jemand, den Du kennenlernen solltest."
Ein gross gewachsener, blonder Mann mit Links-Scheitel und einer Pocken-narbigen, rechten Gesichtshälfte tritt vor.

Er ist schlank, von heller Haut und seine klaren, blaue Augen blicken gleichmütig auf Dich herab. Er sieht jung aus, aber auch bereits seltsam erfahren und abgeklärt. Nur die Fältchen um seine Augen verraten, dass es bereits älter ist als er aussieht.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 4.07.2017 | 15:54
Ove steht in einem etwa 4x4m grossen Raum.

Du betrachtest lang die Wände. Die Reste von Tapeten sind noch zu sehen. Es sind aber keinerlei Muster zu erkennen. Die Tapete wurde Stück für Stück mit den Fingernägeln herunter gekratzt. Nur noch die gekalkte Wand und ein paar weisse Papier Fetzen.

"Du wirst Dich hier sehr wohl fühlen, glaube mir." Sanft berührt eine kühle, zarte Hand Deinen Unterarm. Du kennst diese Stimme nur zu gut. Sie ist Dir seit Jahren so vertraut.

Es ist Kristine's Stimme. Kristine Karolina Gren. Deine Frau.

"Du wirst Dich hier gut erholen. Die frische Seeluft ist doch herrlich. Und unterhalten kannst Du Dich auch, z.B. mit dem Schriftsteller und dem Detektiv. Die schienen mir sehr eloquent. Oder Du könntest mit den drei Physikern Bridge spielen. Das wäre doch schön, nicht wahr?"

Du blickst auf einen älteren Mann herab, der auf einem Bett liegt und seinen Blick nicht von einer Frau mit aristokratischen Gesichtszügen abwenden kann. Sie ist unwirklich schön. Ihr pechschwarzes Haar ist leicht verwuschelt. Eine Strähne hängt ihr tief ins Gesicht. Sie hat glänzende, wunderschöne, hell-blaue Augen. Doch diese Augen zeigen kein Mitleid, kein Erbarmen. Sie sind so kalt wie ihr Blau. Diese Augen haben viel gesehen und diese Augen haben hundertfach den Tod gebracht.

Ein weisses Laken, ein weisses Kopfkissen, eine weisse Bettdecke. Gestärkt, gebleicht und klinisch rein.

Der Mann auf dem Bett sieht verwirrt aus. Strohiges, langes, weisses Haar, einer Löwenmähne gleich, wie zig tausende von Silberfäden, die sich über das Kopfkissen ergiessen.

Du nimmst einen leichten Brandgeruch wahr. Schwefelig. Ein Déjà Vu? Der Brand im Hotel. Die rechte Hand. La main droite.

Ein Mann in einem weissen Kittel steht im Türrahmen. Er hat eine Pfeife im Mund und ein brennendes Streichholz in der Hand.
Kristine wendet sich an den Mann. "Ich bitte sie. Hier ist Rauchen verboten."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 4.07.2017 | 23:16
Eine junge Krankenschwester drängt sich am Pfeifenraucher vorbei, durch den Türrahmen.
"Das Zimmer ist jetzt beziehbar. Welcher der Herrschaften bekommt das Zimmer nebenan?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.07.2017 | 00:11
Drei Orthodoxe kommen durch eine, aus Stroh gesponnene, unsichtbare Tür in der Wand.
http://birthofanewearth.blogspot.de/2015/06/even-jews-ask-is-judaism-satanic-cult.html (http://birthofanewearth.blogspot.de/2015/06/even-jews-ask-is-judaism-satanic-cult.html)
Aus dem Raum dahinter dringt Rauch in das Zimmer. Es riecht nach verbranntem Holz und angebranntem Sonntagsbraten. Der Wind trägt auch den moderigen Gestank eines rot schimmernden Sumpfes mit sich.

Die Drei haben ihren Blick zur Zimmerdecke gerichtet und entblössen ihre verwundbaren Kehlen, während Du die scharf geschliffene Klinge in Matilde's rechter Hand blitzen siehst. La main droite. Lange betrachten sie die Decke, einen beunruhigenden sternumwölkten Himmel voller unbekannter Konstellationen, einen unzerbrechlichen Paravent gleich, der nicht von Menschenhand gemacht wurde und nicht länger verdecken kann, was Du nun endlich sehen sollst.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.07.2017 | 00:22
Dann intonieren die Drei eine Litanei fremder Worte, deren bekannter Rhythmus in Deinen Ohren hallt.

"Hab' Dein' Kopf in mein'r Kist' versteckt,"
...
"werd' Kleidung Dein'r Haut nun überzieh'n;"
...
"die Made, ewig in mein'm Geist begraben,"
...
"und Morast Dich untot wied'r ausgespieen."
...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 5.07.2017 | 03:47
Clive

Alles scheint sich in meinem Kopf zu drehen.

Alles scheint verkehrt herum, als hätte jemand die ganze Welt wie eine alte Socke auf links gedreht. Die Sterne stehen nicht länger am Firmament, sondern hängen an meiner Zimmerdecke. Was draußen sein sollte, ist drinnen. Nicht das Kleine ist im Unendlichen, sondern die grenzenlose Unendlichkeit in einem kleinen Raum von vier mal vier Metern Größe. Es ist nicht mehr die Welt, die sich vor meinen Augen dreht, sondern mein Verstand windet sich in meinem Schädel. ... Und davor kann ich nicht die Augen verschließen! Kein Augenlied kann mich davor bewahren.

Ich denke über die Frage der Schwester nach, die noch immer im Raum zu hängen scheint.

"Das geht nicht!", sage ich mit kraftloser Stimme in Richtung der Krankenschwester. "Im Zimmer nebenan wohnt Mr. Anderson ... Paul Anderson."

Dann frage ich Matilde verwirrt: "Ist denn der Flur (http://data.whicdn.com/images/165431783/superthumb.jpg) schon wieder hergestellt?" Nach einer kurzen Pause recke ich meinen Kopf unbeholfen Matilde entgegen und setze ich flüsternd nach: "Hat jemand das Blut (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24675-nightmare-files-kapitel-7-immer-a-lll-ein/?p=426538) weggewischt?"

Kraftlos sinke ich ins Kissen zurück.

"Er ist nicht tot. ... Paul ist nicht tot! Ich habe ihn gesehen. So sicher wie ich D... ... nein ... das war noch davor, in Seillean-Mòr Blàr. Es ist gewiss! Er lebt. Ich WEISS es!"

Es ist tröstlich, mir in all diesem Durcheinander einer Sache gewiss zu sein.

"Wissen ist eine Krankheit!", spreche ich meinen nächsten Gedanken laut aus. "Kannst Du Dich erinnern, was ich Dich gelehrt habe, Matilde? Es ist ein VIRUS! ... Nur das Vergessen bedeutet Heilung." Ich blicke Matilde tief in ihre eisblauen Augen. "Aber es gibt Dinge, die kann man nicht vergessen. Die verfolgen einen immer, vermutlich sogar über den Tod hinaus."

"SCHWESTER! Ist es nicht so? ÜBER DEN TOD HINAUS, nicht wahr? Sie wissen das!" Ich lache leise und kraftlos in mich hinein, ohne recht zu wissen, was daran lustig sein sollte. Ich frage mich, wem ich noch begegnen werde: Ruairí? Leopold? Cainnech? Meinen Eltern? Die Liste der Verluste ist so lang ...

"Ich habe nie so recht verstanden, warum das Leben ein Geschenk sein soll ... warum das Versprechen des Lebens eine Gnade ist. ... Ich meine, ich wollte es verstehen! Wirklich! Aber ich konnte nicht."

Mein Blick streicht über den Nachttisch neben meinem Bett. Genau in seiner Mitte steht aufrecht eine einzelne Patrone (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/24675-nightmare-files-kapitel-7-immer-a-lll-ein/?p=424041). Sie glänzt nicht mehr wie früher, sondern ist von einer grau-grünen Patina überzogen. "Niemand kann so tief tauchen", wundere ich mich und meine Gedanken hallen wispernd von den nackten Wänden zurück. Erschrocken blicke ich erneut zu Matilde und greife nach ihrem Arm. "Hat der Kanal ALLES zurückgegeben? ... alles was ich hinein geworfen habe?", frage ich entsetzt. Ich erinnere mich an den Geruch von Säure, Nebel und Salzwasser. Ich merke, wie fest ich Matildes Unterarm umklammere und lockere meinen Griff.

"Bist Du Alexander?", frage ich den jungen Mann neben Matilde. "Es ist gut, dass Du ihn wiedergefunden hast! Er gehört zu Dir ..."

"Das Versprechen des Lebens ...", denke ich erneut. "Ich war wohl lange fort, was? Du bist groß geworden."

"Aber Dir konnte die Zeit nichts anhaben, Matilde!" Eigentlich wundert mich das nicht. Ich konnte mir Matilde nie alt vorstellen. Vermutlich sind es ihre Augen. Sie strahlen Unvergänglichkeit aus. Ich erspähe den Anhänger (https://www.hofer-antikschmuck.de/documents/image/58/58859/15-1288-Femininer-Aquamarin-Anhaenger-des-Art-Deco-.jpg), den ich Matilde geschenkt habe ... zu ihrem ersten Geburtstag auf Ceallaigh Manor (http://www.rootsweb.ancestry.com/~irlcar2/Dunleckney_Manor.jpg). Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen: Meine Euphorie, meine Hoffnungen, meine Pläne.

Und doch bin ich wieder hier, in meinem weißen Zimmer.

"Warum bin ich hier?", frage ich Matilde. "Ich war zusammen mit Ove."

Wie aufs Stichwort erscheinen Ove und Kristine im Zimmer. Sie müssen schon gewartet haben, ohne dass ich sie bemerkt habe.

"Ihr seid auch hier!", stelle ich beruhigt fest. "Und Du siehst gut aus, Ove!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 5.07.2017 | 20:00
Ove

Ich fühle mich alles andere als "gut"... wie kann ich mich auch gut fühlen?! Der Raum ist klein. Und er wird immer voller.
Der Rauch aus der Pfeife nimmt den Raum ein, doch kann ich nur den schwefeligen Rauch riechen, der mich an die brennende Suite der Mrs. Marquard erinnert.

Ich wende mich zu Kristine, um mich zu vergewissern, dass sie auch da ist. Dass sie WIRKLICH hier ist. Dass sie echt ist.
Ich greife ihre Hand, drücke ihr Hand leicht - aber vielleicht doch ein wenig zu fest. Ich bin dankbar, dass Sie auf den Pfeiferaucher reagiert. So weiß ich, dass ich ihn mir nicht einbilde.

Ich lächele den alten, verwirrt wirkenden Mann an. Ich möchte ihn nicht weiter beunruhigen.

Ich  brauche einige Zeit um zu erkennen, dass es Clive ist.

"Clive... Bist du es?", frage ich ihn mit zweifelnder aber nicht ängstlicher Stimme.

Warum bin ich in einem Krankenzimmer? Besuchen wir Clive? Aber was machen die Gestalten hier? Was soll der Singsang? WO sind wir hier überhaupt?

An Kristine gewandt sage ich: "Schatz, es ist nett, dass du mich begleitest... aber ich möchte nicht mit den alten Herren Bridge spielen. Du weißt doch, dass dich das Spiel nicht beherrsche. Und sie wirken nicht so, als würden sie einen Neuling akzeptieren."
Ich wundere mich selbst über diese Erkenntnis. Doch ich bin mir sicher, dass sie Neulinge nicht in ihrer Runde haben wollen. Dass sie Änderungen sowieso nicht dulden.

Als sich der Raum immer weiter füllt, realisiere ich erst wie absurd, wie unwirklich das alles ist.
Lag ich nicht soeben noch in einem Krankenbett? Warum stehe ich nun?!

"Clive, Matilde, Kristine... wir sollten gehen. Ich fürchte... es ist Zeit."

Ich hoffe, dass Clive sich erhebt. Und ich bete innerlich, dass Kristine und Matilde real sind und uns unterstützen werden. Doch fürchte ich, dass außer mir hier niemand real ist.

Ich bin bereit Clive und Kristine hier herauszuführen. Matilde, DIESE Matilde wirkt als könne sie sich sehr gut selbst um alles kümmern. Doch ich würde natürlich auch sie hier heraus begleiten. Doch steht der Pfeiferaucher noch immer in der Tür.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.07.2017 | 21:18
Im Hintergrund des Zimmers steht eine Art Roll-Bahre senkrecht an der Wand.

Sie ist zur horizontalen, wie vertikalen Bewegung vor Gewalt-bereiten und Therapie-resistenten Patienten vorgesehen. Auch Anschnallgurte befinden sich an der Bahre; zur Fixierung von Armen, Beinen, Kopf und Körper.
Das Polster-Leder der Bahre ist schmutzig, Blut-verkrustet und rissig. Die Metallrohre sind, an den Stellen, an welchen die Farbe abgeplatzt ist, verrostet. Insgesamt macht das Konstrukt keinen wirklich vertrauenswürdigen Eindruck.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.07.2017 | 21:29
Kristine lächelt Dich an. Es ist ein warmherziges Lächeln.
"Nun gut. Dann gehst Du eben mit den anderen fort und ICH bleibe hier. So wie es hiess, sei das Nachbar Zimmer bezugsfertig."

Sanft erwidert sie den Druck Deiner Hand.
"Irgendjemand sollte schlafen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.07.2017 | 21:41
Der Sternenhimmel leuchtet schwach von der weissen Zimmerdecke herab. Langsam bewegen sich die Sterne auf Euch zu - kommen näher. Nur etwas. Fast unmerklich, aber ein Stückchen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 6.07.2017 | 10:45
Clive

Ich betrachte mit einem Schauder die Vorrichtung an der Wand. "Sie steht in meinem Zimmer. Es muss demnach mein Blut sein. Die Schmerzen, an die ich mich erinnere, hatten die eine ganz andere Ursache? ... mein Arm ... Meabhs Scheune ... Hat es all das in Wirklichkeit nicht gegeben?" Rasch wende ich den Blick von dem Gerät ab, das - je nach Bedarf und Verwendung - gleichermaßen als Werkzeug der Heilung wie der Folter dienen kann. Aus meiner Tätigkeit weiß ich, wie unscharf der Grenzverlauf sich im Einzelfall darstellen kann ...

Einen Augenblick gebe ich mich dem Gefühl von Wärme und Nähe hin, das in Mathildes Händedruck liegt. Begierig sauge ich Matildes Duft ein.

"Wenn all dies hier sich in wenigen Augenblicken in Rauch verwandeln sollte, wird mir diese Erinnerung zumindest für einen kleine Weile bleiben!"

"Irgendjemand?!?", versuche ich Matildes letzte Worte zu deuten. "... Nur eine Floskel, die darauf schließen lässt, dass Matilde mich für unmündig hält? Oder mehr als das, ein Fingerzeig? Eine sorgsam verborgene Botschaft?"

"Ich scheine schon viel zu lange geschlafen zu haben ...", sage ich matt und werde mir der Doppeldeutigkeit meiner Worte bewusst. Alte Schuldgefühle erwachen. Aber ich spüre auch die Müdigkeit, die mich in ihren Fängen hält. "... aber eigentlich glaube ich, ich bin noch garnicht erwacht. Wie kann dies alles sein, Matilde? Mein Zimmer unverändert ... und Du hier ... und all die anderen ... Wie sollte das möglich sein?"

"Nicht nur, dass ich nicht verstehe, was gerade vor meinen Augen abläuft. Nicht nur, dass ich an meinem Verstand zu zweifeln beginne. Viel schlimmer ist, dass ich nicht einmal weiß, ob ich mich darüber freuen oder daran verzweifeln sollte, wenn es die Jahre seit 1927 nur in meiner Phantasie gegeben hätte! Was würde das bedeuten? Hat es Paul und Matilde, Hartmut und Alexander, Ove und Kristine, Mrs. Marquard, Emma, Braddock, Ayana, ja selbst Marie nie gegeben? ... Sind sie alle nur Ausgeburten meiner Phantasie?"

Noch immer halte ich Matildes Hand fest umschlossen, bin nicht gewillt, diesen vermeintliche Fixpunkt preiszugeben.

"Ich habe so viele Fragen ... um mich wieder zurechtzufinden. ... Was ist mit Cainnech? Haben wir ihn in London verloren? Oder war das nur ein Traum von mir?", frage ich Matilde.

"Und wie geht es Marie? Und Luni? ... Du musst mir alles erzählen ... , damit ich sortieren kann, was Wahrheit ist und was Traum ..."

Ich blicke zu Ove, um mich zu vergewissern, ob er wirklich ist. Hat sich irgendetwas an ihm verändert? Als mein Starren unhöflich wird, wende ich mich wieder Matilde zu.

Das Rauschen des Meeres durchbricht meine Gedanken. Ich blicke zum Fenster. Es steht offen. "Ist es das ferne Rauschen des Ärmelkanals, das ich höre, oder erobert das Meer in meinem Kopf das Territorium zurück, aus dem es vertrieben wurde? Nur ... war es TATSÄCHLICH jemals fort?" Ich horche in mich hinein, aber keine Stimme beseitigt meine Zweifel.

"Was haben die mir nur gegeben?", seufze ich.

Wie aufs Stichwort erscheint Ayana mit einem Tablett. Für einen kurzen Augenblick treffen sich die Blicke von Matilde und Ayana und ich erwarte schon, dass sich die beiden in fauchende Katzen verwandeln. Selbst Matildes Parfum und der Duft von Sandelholz und frischem Gras scheinen sich ein erbittertes Kräftemessen um die Vorherrschaft zu bieten. Aber die bedrohliche Atmosphäre verschwindet so schnell wieder, wie sie aufgeflammt ist, als die Blicke der beiden Frauen sich voneinander lösen. Ayana drängt sich lediglich an Matilde vorbei, setzt sich geschmeidig zu meiner Seite auf das Bett ... dichter, als es der Anstand gebieten würde, ... und führt ein kleines Glas an meinen Mund. Das Rascheln ihrer Kleidung, der melodische Klang ihrer Stimme, die Unbefangenheit, mit der Sie sich über mich beugt, nehmen meine Sinne gefangen und drängen alle Ängste und Zweifel für einen Moment in den Hintergrund.

Das Gefäß in Ayanas schlanker Hand ist dickwandig und wirkt alt. Es ist mit einer milchigen Flüssigkeit gefüllt, über der sich die Andeutung eines feinen Rauchfadens kräuselt. Ein beißender Geruch wie von Säure steigt mir in die Nase, wie damals auf der Klippe ...

"Du musst das trinken", schnurrt sie, dass sich meine Nackenhaare aufstellen. Ihr Körper schmiegt sich an meinen und ich spüre ihre Wärme wie in jener Nacht (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,99261.msg134441463.html#msg134441463), die für mich erst wenige Stunden zurückliegt und doch so fern scheint. Die Erinnerung legt sich über das Jetzt wie ein Schatten. Fast meine ich den Kopfschmuck (http://www.feinripp.net/wp-content/uploads/2016/01/12-2.jpg) zu erkennen, einem nur für mich sichtbaren Schimmer gleich. Und wieder schicke ich Ayana nicht fort. Ich weise sie nicht zurecht. Ich bin nicht bereit, Rangverhältnisse zu klären oder Entscheidungen zu treffen. Tochter und ... Schülerin, mich verlangt es nach beidem! Und doch ist mir der Gedanke unangenehm, Matilde könnte trotz aller Bemühungen meinerseits erkennen, welche Wirkung Ayana auf mich hat.

"'Ich bin nicht hier, Doktor, um Deine fleischlichen Gelüste zu befriedigen. Wenn Du das glaubst, bist Du ein Narr. Würde ich mich zu Dir legen, dann nur weil es MIR gefällt', hat sie damals zu mir gesagt, aber ihr Mund und ihr Körper sprechen zwei unterschiedliche Sprachen." Meine erbärmliche Hilflosigkeit, was Ayana betrifft, ärgert mich und doch genieße ich jede Sekunde ihrer Nähe.

"Ich habe Dir gesagt, dass ich hier bin, um Dich vor Gefahren zu schützen, Auserwählter!" So, wie Ayana das Wort 'Auserwählter' in meine Richtung haucht, ist es die provokante Demonstration von Ungehorsam, eine Herausforderung ... zugleich für mich und für Matilde.

"Du sollst mich nicht so nennen, Nimue", kontere ich schwach und trinke widerwillig.

"Willst Du noch immer nichts ändern, Doctor?", fragt Ayana leichthin. Als sie sich erhebt, drücken ihre Augen, ihr Lächeln, sogar jede ihrer Bewegungen Triumph aus. Großmütig gibt Ayana wieder den Blick auf Matilde frei, aus der alle Wärme gewichen zu sein scheint.

"Ich kann jetzt nicht schlafen", knüpfe ich an Matildes Worte an. "Ich habe Angst. Ich fürchte, mir bleibt nicht viel Zeit, bevor ..." Ein verstohlener Blick zur Decke lässt mich schlucken und ich suche schnell wieder das reine Blau von Matildes Augen "... kein unschuldiges Weiß ... sehr blass, aber doch eine Farbe, ja, aber nichts beginnt sich vor meinen Augen zu drehen ... ihr Blau ist beständig und uralt ... kalt und klar und fern ... zwei unendliche Kreise ohne Anfang und Ende mit absoluter Finsternis in ihrem Zentrum ... viel zu perfekt und alt für einen Menschen ..."

"... Du musst mir helfen, Matilde, bitte! Damit ich den Weg zurück finde."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 6.07.2017 | 14:03
Du siehst wie Matilde über die Haare des Jungen streicht. Ihre blauen Augen liegen nur auf dem Kind. Dann packt sie seinen Schopf des Knaben. Ruckartig reisst sie seinen Kopf nach hinten in den Nacken, entblösst seinen Hals und zieht ihre Klinge in einer fliessenden Bewegung durch seinen Hals.
Schnell. Kaltblütig. Routiniert. Lautlos. Mit tödlicher Präzision.

Nur ein leises Gurgeln ist zu hören. Die Überraschung und die Durchtrennung der Luftröhre verhindern den Schrei. Keine Gegenwehr. Die Hände des Jungen zucken und greifen ins Leere.

Mathilde's linke Hand überstreckt das Genick des Jungen und hält die Wunde offen.
Ein Lächeln umspielt ihre blutroten Lippen. "Das ist nicht Alexander, sondern nur ein Patient. Nur ein Patient."

Dunkel ergiesst sich das Blut aus der Halswunde auf den Boden. Ständig pumpt sein Herz weiteres Blut heraus. Und mit jedem Herzschlag entströmt ein weiterer Schwall der klaffenden Wunde.

Nach wenigen Sekunden tritt die Bewusstlosigkeit ein. Die Arme hängen schlaff herab.
Letzte Zuckungen. Reflexartige Zuckungen. Letzte Befehle des sterbenden Gehirns.

Matilde lässt den Körper routiniert in die Blutlache unter sich gleiten.
Ein metallischer Geruch liegt in der Luft.

"Ich sollte Dich jetzt zu Dr. Livingston bringen. Es ist Zeit für die Therapie. Kannst Du gehen? Oder sollen wir die Bahre benutzen?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 7.07.2017 | 07:55
Ove

Ich halte Kristines Hand. Ich lasse sie nicht los. Ich lasse sie nicht gehen.
Bestimmt, aber nicht agressiv oder böswillig halte ich ihre Hand.

"Kristine! Das hier ist ein.... e Art Krankenhaus. Kein Hotel."
Doch bei beidem bin ich mir nicht sicher. Der schwefelige Geruch könnte genausogut aus dem Londoner Hotel stammen. Es könnte also eine Art Hotelzimmer darstellen. Ein unwirkliches. Und ob das hier wirklich ein Krankenzimmer ist oder ein Zimmer, das Kranke macht, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich Kristine jetzt nicht gehen lassen darf.

"Wir können hier nicht einfach ein Zimmer beziehen. Hier gibt es viele andere Personen, die ein Zimmer dringender benötigen... zum Beispiel... einer der Herren, die dort... .... singen."

Ich wünschte mir sie würden verschwinden und diesen falschen Sternenhimmel sollen sie gleich mitnehmen.

Ich schaue Kristine tief in die Augen, um zu ergründen ob sie echt ist. Aber wie in einem Traum kann ich keine Details erkennen. Ich erkenne, was ich sehen SOLL, aber ich erkenne keine Details. Ich WEISS dass es Kristines Augen sind. Aber ich kann nicht mal ihre Farbe erkennen. Ich WEISS aber, dass es die richtige Farbe ist.

Hier ist einiges Falsch.

Ich spüre einen bohrenden Blick auf mich gerichtet. Ich schaue mich um, versuche herauszufinden, woher dieser Blick kommt. Es scheint der alte Mann zu sein, der vor mir liegt. Dieses Abziehbild eines gealterten, bettlägrigen Clive.

Ich spüre wie etwas oder jemand in den Raum kommt, kann aber nicht erkennen wer oder was es ist. Die Luft vor oder neben Clive scheint zu schwirren, wie die Luft über einer mit dunklen Steinen gepflasterten Straße im Hochsommer.
Ich sehe wie Clives Mund sich bewegt und höre ein Surren, verstehe aber keine Worte. Er redet mit etwas, oder jemanden, doch höre ich seine Worte nicht.

Ich will ihm zuhören, doch überlagert der Gesang dieser Gruppe von Juden alles.

Ich weiß nicht, was zu tun ist. Ich will weglaufen, ich will ausbrechen, ich will dieses absurde Rätsel lösen und ich will nur noch in Ruhe und Sicherheit sein.

Kristine meint einer sollte schlafen. Aber schlafe ich nicht schon längst? Kann das hier realer sein als ein Traum?


Träume... manche Träume kann man steuern!
, schießt es mir durch den Kopf. Doch fühle ich mich seltsam hilflos und unfähig, bei dem Gedanken hier etwas zu machen.

Ich weiß nicht wie lange ich hier stehe und Kristines Hand halte. Wir beide schweigend. Ich schaue mich manchmal um, doch will ich eigentlich gar nicht erkennen, was ich sehe.
Ich schweige schon zu lange. Es wird Kristine zu veranlassen etwas zu sagen oder zu tun. Daher sage ich wieder: "Wir können nicht einfach ein Zimmer beziehen, das uns nicht zusteht. Die anderen Leute haben Vorrang."

Die Decke scheint näher zu kommen. Dieser falsche Himmel.

Und dann höre ich Matildes Stimme.

Das Kind vor hier... sie... Ich sollte schreien. Ich sollte mich übergeben. Ich sollte losrennen und sie von ihrem Tun abhalten. Doch stehe ich nur da und schaue fasungslos zu, was gerade passiert. Meine Beine werden schwach... ich muss etwas tun, um nicht umzufallen.

Ich mache einen Schritt auf Matilde zu. Es ist mehr ein Ausfallschritt um nicht zu stürzen, als eine gezielte Bewegung. Ich halte Kristine noch immer an der Hand.
Die andere Hand, hebe ich Matilde entgegen und rufe:
"WIESO TUST DU DAS?! DAS KANNST DU NICHT TUN!"

Egal wer das war, sie kann nicht einfach Leute töten! Wenn sie mit Kindern anfängt, wo will sie aufhören? Mit uns allen? Und wer ist Dr. Livingstone? Sind hier alle verrückt außer mir?!
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 7.07.2017 | 10:41
Clive

"NEIN! Tu das nicht!", rufe ich noch gleichzeitig mit Ove aus und stemme mich hoch ... doch es ist bereits vollbracht.

"IRGENDJEMAND sollte schlafen?!? IRGENDJEMAND? ...", setze ich in einer Mischung aus Entsetzen, Wut und Verzweiflung nach. Mein Blick wandert zwischen Matilde und Kristine hin und her, hin und her. Wer hat die Worte gesprochen? Habe ich gesehen wie sich Kristines Lippen bewegten? Ist Kristine überhaupt sie selbst? "Wie hätte ich das verstehen können? ... Das ist NICHT die Wahl, vor die Du mich gestellt hast. DAS ist NICHT FAIR! ... Du erlegst mir eine Schuld auf, der ich nicht ausweichen KONNTE! ... Du hättest MICH töten sollen! Das weißt Du genau! ... Du weißt, wie ich entschieden hätte, wenn Du mich verständlich gefragt hättest!"

Verzweifelt blicke ich auf den leblosen Körper in der stetig wachsenden Blutlache herab und erinnere mich an das Kind, dass ich einmal in meinen Armen gehalten habe.

"Ich hätte Dich mitnehmen sollen, Alexander, ... damals (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25949-nightmare-bites-kap1-np-unter-4-augen/?p=458550). Ich habe mich falsch entschieden ... Verzeih!", flüstere ich noch immer benommen. "Möge die Straße uns zusammenführen?!? ... Das war ein Fluch und kein Segen! Niemanden sollte die Straße zu MIR führen. ... Der Tod folgt mir stets auf dem Fuße."

Dann wandelt sich meine Verzweiflung in Wut.

"Wie konntest Du das tun? ... DU bist ein MONSTRUM ... Du bist BÖSE!", speie ich Matilde hasserfüllt entgegen. "Du bist nicht Matilde! ... Nur eine Kopie von ihr ... oder ein Dämon, der sich ihrer bemächtigt hat ... oder Annephis und ich habe Dich damals nicht erfolgreich gebannt, sondern Du hast mich hinters Licht geführt" Ich denke mit Schrecken an all das Wissen, dass ich mit Matilde ... mit Annephis ... dann seither geteilt habe. "... jedenfalls bist DU jetzt NICHT Matilde! ... Selbst in ihren dunkelsten Momenten ..."

Hasserfüllt blicke ich Matilde an ... die Hülle des Menschen, den ich wie eine Tochter liebe ... Ich suche in den Augen nach einem Überrest des Vertrauten, einem kleinen Funken der Reue oder der Erkenntnis ... Was ich finde ist nur eisige blassblaue Kälte.

Nach einer Weile siegt die Erschöpfung ... oder ist es Ayanas Elexier? Ich lasse mich zurück ins Bett fallen. Resigniert füge ich setze ich nach: "Tu was Du willst! ... Dr. Livingstone? ... Der ist nicht mein behandelnder Arzt. ... Aber tu Dir keinen Zwang an. ... Nur lass Ove und Kristine gehen! Gib die beiden frei! Sie können nichts dafür. Es war mein Fehler, die beiden nach Irland einzuladen. Sie können nichts dafür ..." Ich habe nicht viel Hoffnung, dass meine Worte Wirkung zeigen. Andererseits verstehe ich sowieso nicht, was hier geschieht.

"Es musste irgendwann so enden, nicht wahr?"

"Ich habe es Dir immer gesagt! ... SIE ist nicht gut für DICH! .. Du hättest Sie in der Anstalt lassen sollen ... im Körper dieses Mädchens! Dann hätte sie kein Unheil anrichten können! ... Aber Du wolltest nicht auf mich hören. ... Ich bin DIE EINZIGE, die Dich versteht ... die Dich kennt. Du bist mein und ich bin Dein. So war es immer und so wird es immer sein.", übertönt eine eifersüchtige Stimme das wütend brausende Meer.

Ich schließe die Augen und fühle eine Träne meine Schläfe herabrinnen.

"Gehe zurück auf LOS!", schießt es mir durch den Kopf.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.07.2017 | 11:33
Matilde's blaue Augen blitzen, wie ihr Messer, als sie Ove direkt in die Augen schaut.
"Wieso kann ich DAS nicht tun?"
In ihrer Stimme schwingt Überraschung mit. "Du siehst doch, dass ich es KANN."

"Und ausserdem ist jetzt wieder ein Zimmer frei. Das macht doch Sinn. Und es ist sehr praktisch."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.07.2017 | 11:46
Der Raucher nimmt einen tiefen Zug aus der kalten Pfeife.
"Doktor, Doktor. Sie können nicht über Los ziehen. Tzzz. Sie brauchen eine Ereigniskarte, dass Sie aus dem Gefängnis frei kommen. SIE müssen verrückt sein, wenn Sie glauben, es ginge so einfach."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.07.2017 | 12:07
Ein kleines blondes Mädchen kommt hinter der Bahre an der Wand vor. Sie hält einen Teddybär in ihrem Arm. "Du hast mich nicht gefunden, alter Mann. Jetzt musst Du Dich verstecken gehen. Aber renn' nicht, sonst fällst Du vielleicht."

"Du bist schon viel zu oft gerannt. Jetzt musst Du erst einmal hier verweilen. So ist es der Brauch."

"Ove und Kristine dürfen indes gehen, wann immer sie es wollen. Die zwei können jederzeit beim Pförtner auschecken, doch sie werden die Insel niemals verlassen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 7.07.2017 | 16:51
Clive

Ich presse die geballten Fäuste gegen meine Schläfen.

"Ich bin doch schon längst zurück am Anfang! Durch EUCH! ... Raus aus meinem Kopf! ALLE!", begehre ich kläglich auf.

"Ihr lest meine Gedanken ... Ihr laßt mich Dinge sehen, die es nicht gibt ... Welchen Wert habe ich für Euch, wenn ich nicht ICH bin?"

"Ich kenne Eure Bräuche nicht! Ich habe keinen Pakt geschlossen! Ich habe in keinen Bund eingewilligt! Ich habe auch kein Geschenk angenommen! Ich werde mich nicht verwandeln! Ich spiele keine Instrumente! Ich werde nichts tun, um Azathoth zu erbauen! Wenn er Freude an meiner erbärmlichen Lage hat, dann soll er sich in dieser armseligen Lust ergehen ... es wird dessen schnell müßig sein!"

"IHR SEID NICHT WIRKLICH!!! ... Ihr werden verschwinden, wenn ich nicht mehr an Euch glaube! ... Ihr seid nicht wirklich ..."

Ich klopfe mit den Handballen gegen meine Schläfen und kneife meine Augenlieder mit aller Kraft zusammen. Ich stelle mir die Zimmerdecke vor ... wie sie früher war ... weiß und leer ... ich kann mich an jede Unebenheit erinnern "... dort sind keine Sterne ... nur Kalk und darunter Putz und darunter Stein und Holz ... keine Sterne ..."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.07.2017 | 18:28
                     "Der Mann ist verrückt."
     
            "Total wahnsinnig. Ja das ist er."
"Der arme Mann braucht eine Spritze."
"Völlig von Sinnen, der alte Knabe."

                           "Jetzt dreht er gänzlich am Rad."
"Der Doc ist nicht mehr ganz knusper."

"Delirium. Er redet im Delirium."
            "Was redet er da? Hat er nicht mehr alle Latten am Zaun?"

                "Durchgeknallt. Absolut durchgeknallt."

"So helfe ihm doch endlich jemand."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.07.2017 | 19:53
Das blonde Mädchen kommt auf Dich zu. Sie geht an Dir vorbei zu Deinem Nachttisch.
"Schönes Stück." Sie hebt die Patrone auf... "Sehr alt, nicht wahr?" ...und dreht sie vor ihrem Auge.
"Brauchen Sie das noch?"
"Ich meine, wollen Sie damit den Automaten füttern, oder darf ich es haben?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 7.07.2017 | 20:08
Clive

Es ist nicht nötig, die Augen zu öffnen, denn ich weiß ohnehin welches Bild sich mir bieten würde.

"Du kannst den Schilling haben. Und nimm den Sixpence gleich auch mit. Sie gehören Dir ohnehin ... Hauptsache, Du verschwindest", flüstere ich resigniert und klopfe mir weiter gegen die Schläfen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 7.07.2017 | 21:34
"Ich will nicht die Münzen, Alter Mann." Das Mädchen lacht. "Ich will diese alte Patrone haben."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 8.07.2017 | 07:54
Ove

Matildes altkluge Besserwisserei in einer derartig abartigen Lage, lässt mich beinahe komplett die Beherrschung verlieren.
"Natürlich KANNST du das!", speie ich ihr in einem der für gewöhlich sehr seltenen Momente in denen ich aufbrause, entgegen.

Gefasster fahre ich fort: "Aber du darfst es nicht tun! Wenn du Matilde bist, dann würdest mehr Anstand, mehr Moral kennen und diese auch umsetzen. Das was du getan hast, ist unmenschlich und verabscheuungswürdig. Und vorallem grundlos und zynisch.

Niemand von uns will hier bleiben.", bei diesen Worten drücke ich Kristines Hand noch einmal etwas fester, um zu verdeutlichen, dass auch sie nicht hierbleiben sollte.
"Wieso sollten wir dann auch noch ein neues Zimmer brauchen?  -  Wir brauchen es nicht! Wir wollen es auch gar nicht."

Am liebsten würde ich alle anbrüllen, sie sollten mit diesem Irrsinn aufhören. Doch mir ist bewusst, dass das nicht viel Sinn hat. Vermutlich soll soetwas nur passieren, weil es "Sie", wer auch immer das ist, amüsiert.


Erneut wende ich mich an Clive und diesmal gleichzeitig an Kristine.
"Stine, Clive, wir sollten gehen. Dieser Ort ist nicht echt, ich weiß nicht mal, ob wir es sind. Aber wir sollten jetzt gehen!
Vielleicht ist dies ein Test, vielleicht ist es nur in meinem Kopf oder in unserer aller Kopf, aber das hier, KANN nicht real sein. Und ich möchte fort. Ich möchte wieder zurück in unsere ... die echte Welt."

"Wir sollten versuchen einen Ausweg zu finden. Hier sind auf jeden Fall alle verrückt... und sie wollen, dass wir es auch werden!"

Ohne Kristine loszulassen, berühre ich Clive an der Schulter.

"Komm, Clive... wir müsses es zumindest versuchen!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 8.07.2017 | 11:21
Clive

"Sie gehört nicht mehr mir", sage ich zu Amanda. "Aber ich warne Dich: Was da an der Patrone haftet ist kein Glück! Was willst Du damit? Das ist kein Spielzeug. Wer kann schon wissen, ob das Pulver noch scharf ist?"

Auch auf Oves Berührung hin öffne ich die Augen nicht wieder. Ich will nichts sehen. "Es hat keinen Sinn, Ove. Das hier alles ist schon längst IN MIR. Wo auch immer ich hingehe ... ich werde es mitnehmen!"

"Du hast es doch gehört: Ich kann nicht fliehen! ... Aber ihr könnt es versuchen ... ihr solltet es versuchen. Vielleicht ist es noch nicht zu spät für euch! ... Und wenn ich bleibe, wer weiß ..."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 8.07.2017 | 16:42
Das blonde Mädchen nimmt die Patrone und wiegt sie in ihrer kleinen Hand.

Dann schaut sie zu Ove und Kristine. "Wollen Sie mitkommen?"
"Ich gehe jetzt den Automaten in der Halle füttern. Wenn sie mitkommen, dann passen Sie bitte an der Treppe auf. Der Boden wurde von Paul neu gestrichen. Und es ist noch nicht ganz trocken. Doch pass auf seinen bösen Zwilling auf. Er wird Dich in die Irre leiten."

Sie grinst Euch frech an und setzt sich dann in Bewegung.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 8.07.2017 | 18:00
Bevor sie den Raum verlässt, streicht das Mädchen noch über Clive's Wange.
"Du solltes lieber aufstehen und Deinen Verstand suchen, Vogelscheuche. Auf, auf. Such geschwind."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 9.07.2017 | 18:33
Clive

Ein Glucksen entweicht meiner Kehle.

"Warum sollte ich meinen Verstand finden wollen, HEXE? ... WARUM?"

"Das wäre absurd! ... Mein Verstand ist offensichtlich das letzte, was mir hier noch helfen kann."

Ebenso plötzlich werde ich wieder ernst. Mir fällt auf, dass ich das Blut des Jungen nicht riechen kann. Ich bin dankbar, dass es so ist. "... nicht wie damals in jener blutigen Nacht im Böcklin-Haus ... als ich meinen Verstand noch hatte ... oder es zumindest glaubte."

Resigniert stelle ich klar: "Ich laufe Dir nicht mehr nach, Amanda. Das hatten wir schon. ... Ich habe offensichtlich längst unser Versteckspiel verloren ... alles verloren. Vermutlich schon vor sechs Jahren. ... Oder ich habe nie etwas gehabt. Gleichgültig! ... Lasst mich hier verrotten oder schnallt mich auf die Bahre, damit es etwas schneller geht. ... Eure Entscheidung. Mir ist es einerlei. Ich passe! Euer Zug!"

"Geh spielen und führe irgendjemand anderen an der Nase herum. ... Geh zu Deinem Bruder! Aus dem kleinen Dämon ist inzwischen bestimmt ein ausgewachsenes Monstrum geworden. ..."

Ich drehe mich herum und wende Amanda und den anderen den Rücken zu. "Irgendjemand muss schlafen. Ich bin müde. Ich bin an der Reihe zu schlafen."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 9.07.2017 | 19:03
Von der Zimmerdecke, an der die Sterne matt leuchten, tropft oder bröselt etwas herab.
Eine braun-kupferfarbene Kruste. Sie fällt von jedem Stern herunter, als ob sich die Sterne verpuppen wöllten und ihre alte, zu enge Haut abstossen würden.

"Ich werde Paul von Dir grüssen, alter Mann. Er wird sich freuen, dass Du wieder hier bist. Vielleicht wird er Dich besuchen. Vielleicht aber auch nicht. Er hat nämlich recht viel zu tun, weisst Du? Er ist ja immer noch auf der Suche nach seinem Herz.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 9.07.2017 | 20:00
Clive

"Ja, ja, mach das nur!"

Aus irgendeinem Grund bezweifle ich, dass Paul hier ist. "Ich habe ihn gestern ... oder wann immer mein 'Gestern' war ... noch in Seillean-Mòr Blàr gesehen. Das trifft zwar auf viele Anwesenden zu, aber Paul und Matilde haben Seillean-Mòr Blàr verlassen. Gemeinsam oder einzeln. Das war einen Tag bevor ich Meabh aufgesucht habe. Sie haben es geschafft. Sie MÜSSEN es geschafft haben."

Ebenso wenig, wie ich akzeptieren will, dass dieses grausame Wesen an meinem Bett Matilde ist, nehme ich Pauls angebliche Anwesenheit hier im Böcklin Haus als Wahrheit an. Amanda zu glauben, würde bedeuten, alle Hoffnung fahren zu lassen ... nicht nur für mich, sondern viel weitreichender.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 10.07.2017 | 01:00
Die stumpf-leuchtenden Sterne an der Zimmerdecke werden immer grösser und plastischer. Sie kommen bedrohlich näher, steigen von ihrem Firmament herab.

Eine Gitterstruktur ist zw. den Sternen zu erkennen.

Dann wächst aus jedem der Sterne eine Art rostiger Stalaktit heraus, ein Rost-tropfender Zapfen alten Metalls. Das Himmelsgewölbe quietscht und ächzt. Jeder Zapfen gebiert einen scharfen, spitzen Gegenstand; einen Zimmermannsnagel, ein Messer, eine Sichel, eine Säge, einen Spiess, ein Bajonett, ein Beil, einen Säbel...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 10.07.2017 | 07:36
Clive

"Entweder ich soll hier sterben, dann wird es sowieso geschehen, ganz gleich was ich tue. Oder man braucht mich für irgendetwas, dann werden mir auch diese Klingen nichts antun. ... Mir ist es gleich. ... Aber ich lasse mich von ihnen nicht durch die Gegend schubsen und helfe auch noch dabei ..."

"Du selbst hast gesagt, ich muss hier jetzt verweilen, Amanda. Nehmt die Bahre, wenn ihr mich hier raus haben wollt. Wenn nicht, lasst mich zufrieden!", murre ich.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 12.07.2017 | 10:25
"WO sind wir hier, Clive?!"

"Wer sind diese Leute? Und warum warst du schon mal hier?"

Ich versuche Clive nochmal dazu zu bewegen diesen Raum zu verlassen, der offensichtlich immer bedrohlicher wird.

"Wir müssen hier nun fort... oder ... wo sind wir ... waren wir nicht eben noch woanders?"

Wenn Clive keine Anstalten macht mir zu folgen, warte ich noch einen Moment ab, ob er mir zumindest Antworten geben kann. Dann eile ich mit Kristine an der Hand in Richtung der Tür. Ich beobachte, on man uns Platz macht oder sich in den Weg stellt. An der Tür schaue ich hinaus und sehe mich um.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 12.07.2017 | 20:32
Clive

"Wir sind auf der Insel Herm, im Böcklin-Haus, dem Sanatorium, in dem ich Matilde kennenlernte ... vor sechs Jahren. ... Oder ich soll das jedenfalls glauben! Aber wie sollte das möglich sein?"

"Wenn ... was auch immer es ist, das die Klingen an der Decke erschaffen hat ... will, dass wir dieses Zimmer verlassen, dann erwartet Euch hinter dieser Tür sicher nichts besseres. Als ich das letzte mal durch diese Tür gegangen bin, fand ich dort nur Blut und Tod und Wahnsinn ... und irgendetwas im Keller ... etwas böses, gefährliches oder eine Falle, in die mich Amanda locken wollte ... ich weiß es nicht."

"Und Matilde und Paul", setze ich stumm für mich hinzu.

"Ist Cainnech hier?", frage ich dann Matilde. Viel Hoffnung habe ich nicht, denn auch auf die Frage nach Ruairí habe ich schon keine Antwort erhalten.

"Und wer bist Du? Du bist nicht Matilde! Bist Du ... das Wesen aus der Änderungsschneiderei?"

Ich glaube nicht wirklich an diese Theorie. "Das hier wirkt intelligenter als das Wesen in der Änderungsschneiderei. Auch hätte es vermutlich kein Messer benutzt ... das hatte es nicht nötig", überlege ich.

"Nein, wohl nicht", komme ich Matilde zuvor.

Noch einmal versuche ich, meinen Verstand zu bemühen "... oder was davon übrig ist. Wenn dies hier alles nur eine Phantasie ist, liegt der einzige Ausweg dann nicht in meinem Verstand? ... Oder muss ich lange genug überleben, damit Ayana mich aus diesem Irrgarten befreien kann? ... Ich kenne sie erst wenige Stunden und doch bin ich schon bereit, ihr mein Leben anzuvertrauen?! Warum? Wieder mein Instinkt ... aber wieviel ist der wirklich wert? ... Verflucht, ich wünschte, ich könnte die Zeit ein paar Stunden zurückdrehen und ich läge wieder mit Ayana in meinem Bett ..."

"Wenn Ove ECHT sein sollte, wie steht es dann mit Kristine? Wird sie sich auch jeden Moment in ein Monstrum verwandeln, so wie Matilde? Und was ist mit Ayana? Könnte sie auf irgendeine Weise einen Weg zu mir gefunden haben? Wie kann ich die Wahrheit herausfinden? Wie kann ich die Welt um mich herum testen, wenn diese Welt in meinem Kopf ist und meine Gedanken liest?"

"Ove, frage Dich bei allem und JEDEM hier, ob es ECHT ist! Sei vorsichtig! ... Wenn das nicht Matilde ist ..." Ich verschlucke die Verdächtigung hinsichtlich Kristine und überlasse es Ove, eigene Schlüsse zu ziehen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 12.07.2017 | 23:11
Matilde schaut aus dem Fenster. Es ist schwer zu bestimmen, wie spät es gerade ist. Nebelig ist es. Das Licht ist diffus.
"Ich werde John holen und dann mit Luni jagen gehen. Es ist eine gute Zeit dafür."

Sie blickt auf den Körper des toten Jungen in seinem Blut hinunter.
"Ich werde jemanden schicken, der den Dreck hier wegräumt. Eine Unordnung ist das."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 13.07.2017 | 09:24
Clive

"Warum weichst Du meinen Fragen aus, Matilde? Bei dem Nebel willst Du auf die Jagd gehen? Du siehst doch kaum die Hand vor Augen!"

"Matilde würde mich hier nicht ohne jede Erklärung liegen lassen und jagen gehen. Warum zeigst Du mir nicht Dein wahres Gesicht? Oder sagst mir einfach, was Du willst?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 13.07.2017 | 19:20
Matilde schaut vom Fenster zurück zu Dir. Ihr Blick wandert vom Fussende zum Kopfende des Bettes. Sie geht drei Schritte auf Dich zu, während sie spricht "Du willst also spielen, alter Mann? Dann sag das noch einmal und bitte darum." während ihre hell blauen Augen sichtbar blitzen und ein fast schelmisches Lächeln ihre blutroten, feucht glänzenden Lippen umspielt.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 14.07.2017 | 11:45
Ove
Kristine folgt mir fast schon auffällig bereitwillig. Oder bilde ich mir das nur ein?
Vielleicht erwartet sie nun, dass ich mit ihr in das andere Zimmer gehe, das gerade frei geworden ist.

Man scheint uns auch bis zur Tür durchzulassen. Ich höre Clives Warnung, doch ich will wissen, was ich hinter der geöffneten Tür sehe.

Ich schaue durch die Tür, halte aber gut einen Schritt Abstand von der Türschwelle. Ich will den Raum nicht verlassen... nur meine Blicke sollen das "dahinterliegende" betreten. Nicht mein Körper... sofern mein Körper hier überhaupt anwesend ist.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 15.07.2017 | 20:02
Clive

"Habe ich denn eine Wahl? Ich bin doch schon längst in dieses Spiel geworfen worden! Aber was könnte ich gewinnen?"

"Und Du weichst mir weiter aus! Keine meiner Fragen hast Du beantwortet. ... Was soll ich wiederholen und worum soll ich bitten?"

"Dass Du mir sagst, wer Du wirklich bist? ..."

"oder dass Du mir verrätst, ob Ruairí und Cainnech hier sind? ..."

"oder dass Du preis gibst, was Du wirklich von mir willst?"

Mein Blick wandert zu Ayana, an ihr irgendwelche Hinweise zu entdecken ... eine Geste, ein Blick, irgendetwas.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 15.07.2017 | 20:51
Ayana lächelt Dich an. "Ich werde dem Doktor Bescheid geben, dass Sie nun bereit sind für die Therapie, Doktor. Wenn es Ihnen Recht ist." Dann streicht sie Dir über die rechte Wange und verlässt langsam den Raum.

Matilde nähert sich Deinem Bett. Sie beugt sich über Dich. Fast flüsternd ist ihre melodische Stimme. Ihr italienischer Akzent verleiht ihren Worten etwas süssliches und liebliches. Der Duft ihres blumiges Parfüms. Eine Strähne ihres schwarzen Haars berührt Deine Stirn und Deine Wange. Und Du blickst auf ihren schönen Busen, zwischen zwei wohlgeformten, nicht zu grossen, Brüsten.

Du bist fasziniert, elektrisiert, ekstatisch und entzückt.

Selten war Matilde Dir so nahe wie jetzt. Du bist hin und her gerissen. Fast vergisst Du, wo Du Dich befindest.

Du möchtest sie umarmen, sie an Dich pressen, sie herzen, liebkosen und streicheln...
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 15.07.2017 | 22:03
Kristine und Ove verlassen Clive's Zimmer und treten auf die Galerie hinaus. Vor Dir ist ein massives Geländer aus Holz, ebenso der Handlauf an der Treppe nach unten. Die Treppenstufen sind rot. Wie mit roter Farbe gestrichen. Überall auf den Stufen sind einzelne Flecken und grössere Flächen.
"Rosenblätter! Das sind lauter Rosenblätter, Ove." Kristine scheint überrascht zu sein.

Von weiter unten ist Musik zu hören. Eine Arie? Ein Sänger. Vielleicht ein Tenor.

Das Haus scheint viktorianisch zu sein.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 16.07.2017 | 00:05
Das Gebäude scheint recht marode und morbide zu sein. Leicht verfallen. Als sei das Innere längere Zeit der Witterung ausgesetzt gewesen.

http://spitalfieldslife.com/wp-content/uploads/2012/10/A85.jpg (http://spitalfieldslife.com/wp-content/uploads/2012/10/A85.jpg)

Etwas ausgeblichene Tapete hier... etwas bröckelnder Putz dort... schmale Risse in den Wänden anderenorts.

http://imgc.allpostersimages.com/images/P-473-488-90/73/7341/6N7S100Z/Posters/the-entrance-hall-of-the-viceregal-palace-simla-c-1890.jpg (http://imgc.allpostersimages.com/images/P-473-488-90/73/7341/6N7S100Z/Posters/the-entrance-hall-of-the-viceregal-palace-simla-c-1890.jpg)

Und überall eine eigenartige Art von organischer Struktur.
Elektrokabeln oder Schläuchen gleich, ziehen sich Adern an den Wänden, der Decke und am Boden entlang.
Adern und Nervensträngen gleich, schlängeln sich dünne und dicke Schläuche an den Wänden, der Decke und am Boden entlang, verzweigen sich, verästeln sich und finden sich wieder, laufen zusammen und enden irgendwo im oder unter dem Putz.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 16.07.2017 | 09:51
Clive

"Nein, das kann nicht Matilde sein! Ich hatte nie solche Gefühle für sie ... sie ist meine Tochter! Oder war es in einem früheren Leben ... wie auch immer ... jedenfalls war sie nie meine Geliebte. Und sie hat ihre Reize nie bei mir ausgespielt."

"Und nein, Matilde war mir bereits so nahe wie jetzt. Sie lag in meinen Armen ... hier auf Herm ... in dieser verfluchten Festung, die Hartmut als ihr Heim bezeichnete, an dem Tag, als die Verzweiflung (http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/26069-nightmare-bites-gefrorene-tränen/?p=461506) sie fast zum Äußersten trieb ... Ich habe sie umarmt als Freundin und als Tochter ... nie als Geliebte."


Diese Spielchen machen mich wütend. Sie beschmutzen die Bande, die zwischen mir und Matilde bestanden ... sollen vermutlich die Erinnerung daran zerstören, was ich einmal hatte.

"Was soll das? Soll das das Spiel sein? Das zeigt mir nur einmal mehr, dass Du nicht Matilde bist! ... Aber wer bist Du? Und was willst Du?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 16.07.2017 | 10:10
Clive

"Bitte darum. Du musst mich bitten."

Matilde ist Dir jetzt so nahe, dass Du ihren Atem riechst.

Ein infernalischer, ekelerregender Gestank, der Dir den Atem raubt, Dich würgen lässt und Dich fast in die Besinnungslosigkeit prügelt, schlägt Dir aus ihren blutroten Lippen entgegen.

Wie eine erdrückende, schwere Decke legt sich dieser Gestank nach süsslichem, verwesendem Fleisch und frischem, metallisch riechendem Blut auf Dich.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 16.07.2017 | 10:29
Ove

Die Adern scheinen organisch zu sein. Petrol-farben bzw. olivgrün.


Vielleicht ist es auch mehr Wurzel- oder Ranken-artig.

Sie kleben auf der Oberfläche, teils halb versunken und teils in das Material eindringend.

Sie transportieren Material, wie das Blut in den Adern pulsiert.


Wie Gedärme, die sich weiten und verengen, um feste Stoffe zu befördern.

Und an manchen Enden bewegen sich diese Adern wie eine Schnecke, ein Wurm oder der Fühler eines Insektes.

Vielleicht auch manchmal, nur aus dem Augenwinkel wahrzunehmen, wie der peitschende Tentakel eines wütenden Kraken.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 16.07.2017 | 13:35
Clive

Ich hebe meine Hände, um Matilde auf Abstand zu bringen, aber meine Arme sind nur schwach ... wie nach einer langen Bewusstlosigkeit.

"Wenn es Dir so viel bedeutet: BITTE sag mir, warum ich hier bin und was Du von mir willst!"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 16.07.2017 | 18:24
Wie eine Haut-artige, weit ausladende, schwarze Membran senkt sich eine unnatürliche Dunkelheit über das Zimmer und fällt wie ausflockender Aschenregen auf Dich herab.

Du ahnst mehr, als Du siehst. Du fühlst mehr, als sich Dir tatsächlich offenbart.

Du bist in dieser Finsternis allein mit Matilde.
Alle anderen Personen sind verschwunden und zu Asche geworden.
Auch die Möbel sind fort und selbst das Zimmer scheint sich aufgelöst zu haben.

Allein liegst Du in einem leeren, düsteren Raum, der mehr einer Art Gang entsprechend, sich schlauchartig zu winden scheint. Und von beiden Enden eine Art olivgrünes Licht herein schummert.

Matilde's Gesicht fliesst.
Verliert an Form und Struktur.
Verformt sich mehr und mehr.
Schmilzt dahin wie Wachs.
Bildet Schlieren.
Wirft Blasen über Blasen, bis es sich langsam, aus einer teigigen Masse heraus, wieder neu zu formen und zu verfestigen beginnt, bis...

http://www.imdb.com/name/nm0540311/mediaviewer/rm2344027648 (http://www.imdb.com/name/nm0540311/mediaviewer/rm2344027648)

Es ist Hans.

"Schön Sie wiederzusehen, Doktor." Er zeigt sein freches, herausforderndes, verschmitztes Grinsen.

"Sie haben mir das Warten versüsst. Kaum sind Sie weg, bin ich wieder da. Nun ja, ich war nie wirklich weg..."

"Matilde ist übrigens tot." Er zeigt mit keiner Regung irgend ein Anzeichen des Bedauerns - sein Gesichtsausdruck bleibt unverändert.

"Rick, der Wahnsinnige, hat sich geholt, was seit Norwegen in seinen Augen schon lange sein war..."

"Wollen wir dann gehen?"
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Joran am 16.07.2017 | 18:49
Clive

Ich bleibe skeptisch. "Alles um mich herum war nicht real ... wie ich es angenommen hatte. Warum sollte für Hartmut etwas anderes gelten?"

"Warum sollte ich glauben, dass Sie sind, wer Sie zu sein vorgeben? Warum sollte ich glauben, dass Sie Hans sind? Hans verfügt sicher über Kräfte ... aber das hier dürfte über seine Möglichkeiten hinausgehen, vermute ich!"

"Hätte Hartmut sich Hans genannt? Vor allem mir gegenüber? Für mich war er Hugh Stratton oder Hartmut Stürmer, nicht Hans Schmidt. Matilde war überzeugt, sein wirklicher Name sei Hartmut Stürmer. Wenn er schon einen Decknamen verwendet, hätte er sich dann mir gegenüber nicht Hugh genannt, wie in London?"

"Und Matilde soll tot sein? Ich wäre bereit das zu glauben, habe es selbst bereits gefürchtet ... aber aus seinem Mund klingt es ... irgendwie falsch. Und woher sollte er wissen, wie Matilde gestorben ist, wenn er nicht selbst anwesend war? Hätte er zugelassen, dass jemand anderes Matilde in seinem Beisein tötet?"
Es fällt mir schwer, das zu glauben. "Nicht das Hartmut besondere Probleme mit dem Tod eines Menschen hätte, aber Matilde ... das würde nicht zu ihm und seinen Besitzansprüchen passen."

"Andererseits wäre es durchaus denkbar, dass Hartmut für die Ereignisse in Seillean-Mòr Blàr verantwortlich ist ... seine Rache an mir, wofür auch immer. Matilde hat Hartmut nicht wegen mir verlassen. Sie ist lediglich wegen mir noch am Leben."

"Aber was meint er nur mit: 'Kaum sind Sie weg, bin ich wieder da'? WO bin ich weg und wo ist er WIEDER? Seillean-Mòr Blàr kann schwerlich gemeint sein. Ich denke nicht, dass mein Dorf für Hartmut irgendwann von Interesse gewesen wäre ... allenfalls Matilde, aber so gleichgültig, wie er über ihren angeblichen Tod spricht? Nein, das passt nicht zusammen."


"Sie weichen meinen Fragen aus: Warum bin ich HIER und WAS wollen Sie von mir?"

"Und wer zum Teufel ist dieser Rick? Der Name wurde eben auch schon erwähnt. Ich kenne keinen Rick."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 16.07.2017 | 19:23
Ove hört aus Clive's Zimmer ein metallisches Knirschen, Kreischen und Quietschen - Quietschen, Knirschen und Kreischen - Kreischen, Quietschen und Knirschen.
Wie bei einem Zug, dessen Radreifen auf den Schienen, durch eine Notbremsung, abrupt abgebremst werden.

Dann ist ein metallisches Knacken, Scheppern und Klappern zu hören, sowie ein Schaben und Kratzen, als würden schwere Gegenstände den Putz der Wände durchpflügen.

Gefolgt von einem lauten Krachen, als etwas Schweres herab fällt.

Klirrendes Metall auf Metall. Dumpfes Auftreffen eines massigen Gewichts auf morsche, alte Holzbohlen.

Berstendes Holz. Splitterndes, zerspringendes Glas.

Und ein schmatzendes Geräusch, als würde ein Schwein in der Suhle in zwei Hälften geteilt werden.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 16.07.2017 | 19:56
Nur für Clive.

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Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 17.07.2017 | 13:46
Ove
Ich bin hin- und hergerissen. Laufe ich zurück zum Zimmer? Ist Clive real? Geschieht ihm gerade etwas? Ist nicht dann alles schon zu spät?

Sollte ich nicht vielleicht doch weiter gehen, schauen wer dort singt, was das pulsieren auslöst, woher die "Säfte" kommen, die dort durch die Leitungen wabern?!

Ich kann es nicht sagen. Auch scheinen mir manche Flecken zu unförmig für Rosenblätter, doch wie in einem Traum, glaube ich, dass es Rosenblätter sind. Mein Geist ist nicht in der Lage oder will nicht erkennen was es wirklich ist. Wenn es hier überhaupt eine Wirklichkeit gibt.

Ich wende mich wieder herum zum Raum, mache die wenigen Schritte bis zur Tür, ich achte peinlich genau darauf Kristines Hand nicht loszulassen. Sie folgt mir, und schwärmt von der Musik und ist noch von den Rosen verzückt. Sie scheint die Geräusche aus dem Zimmer gar nicht zu bemerken.

Seelig sind die Unwissenden!

Ich schaue in den Raum, ich bin sowohl darauf gefasst grausiges zu sehen, doch innerlich erwarte ich eigentlich nichts anderes zu sehen, als noch in dem Moment als ich den Raum verlassen habe. Verlassen, wider meinem festem Willen zu bleiben....
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 18.07.2017 | 23:52
Die Sterne standen günstig. Rostig und gewaltig sind sie vom Himmel herab gefahren.

Das Krankenzimmer von Clive ist völlig verwüstet. Zerstört. Geschreddert. Zerstückelt. Klein gehackt.

Überall liegen Glas- und Keramikscherben. Metall- und Holzfragmente sowie -spltter. Leintuchfetzen und Gänsedaunen.

Aber nirgends Blut. Keine Leichen. Und vor allem kein Doc Savage.

Ein Metallrahmen mit Gitterstruktur ist über die gesamte Fläche des Zimmers mit titanischer Wucht von der Decke gen Boden geschleudert worden, so dass alle spitzen und scharfen Gegenstände und Werkzeuge, die überall an diesem Konstrukt fixiert waren, in die Bodendielen gerammt wurden.

Wirklich alles in diesem Raum wurde zerschnitten, zerstückelt, aufgespiesst, als seien mehrere Guillotinen und Fallgitter gleichzeitig herabgesaust.

Von der ungeheuren Kraft dieser Gewalt zeugen die breiten und tiefen Kratzer, Riefen und Rillen, die sich in den Putz der Wände hinein gegraben haben, als der Rahmen vom Himmel herab fuhr und dabei verkantete.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 19.07.2017 | 15:24
Ove
"Verflucht! Was ist das hier?", zische ich hervor. "Wo ist Clive?! Wo sind die anderen?"

Noch immer hört man das Lied aus dem Stockwerk unter uns.
Ich schaue Kristine an, die schon fast überraschenderweise noch immer neben mir steht.

"Lass uns gehen!", sage ich und gehe die Treppe hinab. Über die rote Farbe. An einer Hand Kristine, die andere Hand frei. Doch traue ich mich nicht hier etwas zu berühren.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 20.07.2017 | 06:30
Kristine führt Dich die Treppenflucht hinunter. Immer der Musik entgegen. Der Tenor hat sein Lied noch nicht beendet. Dann beginnt er erneut zu singen.

Die Stufen erstrecken sich vor Dir. Die Treppe ist lang und reicht weit.

Weiter als zuerst geglaubt streckt sich die Treppe... weiter und weiter und immer weiter, wie ein sich dehnendes Gummiband. Der Weg erscheint sehr weit zu werden.

Unten in der Halle steht ein alter Mann. Er schaut zu Euch hoch und lächelt wohlwollend.
Er hat ein Glas mit einer rosa Flüssigkeit in der Hand.

Er prostet Euch zu und winkt Euch dann zu sich heran.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 20.07.2017 | 13:14
Ove
Ich bin anfangs irritiert, dass der Weg die Treppe hinab so lang ist. Aber mit immer sichererem und entschlossenerem Schritt folge ich Kristine auf gleicher Höhe.

Mal sehen, was der will.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 20.07.2017 | 21:12
Kristine geht festen Schrittes nach unten. Die Stufen werden länger. Länger und länger, bis Ihr zwei Schritte pro Stufe benötigt. Dann sogar drei.

Der Mann am Fusse der Treppe nimmt einen tiefen Schluck "Skål!"

Dann seht Ihr beim Abstieg den Mann erst von der Seite, von Hinten und dann von der andern Seite. Und dann dreht er sich erneut. Er?!!! Die Treppe windet sich wie eine Schlange um den Mann herum. Die Treppenstufen sind so flach geworden, dass es mittlerweile eine Rampe ist, die sich um den Mann herum schlängelt.

Die Steine der Treppe sehen seltsam anders aus. Keine Rechtecke mehr. Sie bestehen aus gleich grossen, runden Platten, die sich perfekt aneinander fügen, ohne Zwischenräume entstehen zu lassen und die ein faszinierendes Muster ergeben.

Als Ihr am Fuss der Treppe angekommen seid, steht Ihr oberhalb der obersten Etage des dreistöckigen Gebäudes. Auf einer Art Gitterrost stehend, durch den Ihr hindurch und hinunter schauen könnt. Unter Euch seht ihr, in etwa 10 Meter Abstand, den Mann, wie er sein Glas leert.

Über Euch, an der Decke, ist eine schöne, verzierte Holztüre, mit einem Messing-Drehknauf.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 21.07.2017 | 15:33
Meine Entschlossenheit weicht immer wieder aufkeimender Verwirrung.

Wie kann das alles sein?

Kurz zögere ich.

"Kristine, wer ist dieser Mann dort? Kennst du ihn?", frage ich sie.

Nach ihrer Antwort hebe ich meine freie Hand in Richtung des Türknaufs. Dann öffne ich die Tür. Im ersten Moment fürchte ich, sie würde auf uns herniedersausen. Doch nichts dergleichen passiert,.
Ich spüre und höre, wie sich der Schließmechanismus öffnet.

Die Tür ist entriegelt.

Ich stoße die Tür auf, ohne dabei den Kontakt zu Kristine aufzugeben.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 21.07.2017 | 18:09
Du öffnest die Tür über Dir.

Ein Rasseln ist zu hören, als Ketten über metallne Rollen rattern.

Dann ein Ruck und der Knauf der Tür entgleitet Deinen schweissnassen Fingern.

Ein zweiter Ruck und abwärts geht die rasante Fahrt. Und der Boden kommt näher und näher.

Der Mann mit dem Glas schaut hoch und sieht den Gitterrost auf sich herunter rasen.

"Gå av! Terminus!" entfährt es ihm, als er zu Euch empor blickt.

Dann rammt das Gitter den Mann zu Boden und zerquetscht ihn unter seinem Gewicht. Doch mehr als ein Rucken ist für Euch nicht zu spüren. Unter Euch breitet sich eine rote Lache aus, als etwa sechs Liter Blut aus dem Körper heraus gepresst werden.

Der Tenor singt unermüdlich vor sich hin.
"Enrico Caruso." Ein kaum hörbares Flüstern ist zu hören. Dann Stille. Und schliesslich erneut ein Flüstern. "Regnava nel Silenzio."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 21.07.2017 | 19:25
Das Blut fliesst aus der Lache in mehreren dünnen Rinnsalen und verschiedenen Richtungen heraus, als sei es belebt oder aus Quecksilber. Es formt Buchstaben, die sich auf dem Boden ausbreiten.

yajī'u ash-shudhdhādh

Erneut ein Flüstern. "Die Widernatürlichen werden erscheinen."

Dann fliesst das Blut wieder zusammen und sammelt sich erneut und bildet wieder eine Lache.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 24.07.2017 | 11:30
Ein flaues Gefühl machte sich in meiner Magengrube breit, als wir dem Boden entgegen stürzen.  Ich erwate den Tod.

Wer war dieser Mann? Was war das?!

Wortlos, fast regungslos haben Kristine und ich das ganze aufgenommen.
Eigentlich müsste ich erschöpft, ausgelaugt und erschüttert zu Boden sinken. Doch ich stehe noch. Schaue auf die Blutlache unter uns.

Warum wache ich nicht auf?! Ist das nicht der Punkt, an dem man aufwacht?

Ich wage es nicht zu Kristine hinüber zu schauen. Doch dreht sich mein Kopf von alleine.
Sie schaut mich interessiert an. Als wäre gerade nichts passiert.

"Wir sollten mal wieder in die Oper gehen, Ove. Was hälst du davon?"

Ich muss langsam verrückt werden... oder bin ich es schon längst?

"Ja. Das sollten wir, älskling. Schade, dass Caruso bereits verstorben ist... sonst hätten wir ihn anhören können."

Ich führe Kristine von dieser Todesrampe hinunter und fast schon automatisch beginnt sie mich in Richtung der Musik zu führen. Doch kann ich kaum festellen wo genau die Musik herkommt. Schließlich hallt sie leise durch den ganzen Raum. durch meinen Kopf.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 24.07.2017 | 22:10
Ihr folgt den schönen Klängen des Gesanges, der Euch in ein grosses Esszimmer führt.

http://spitalfieldslife.com/wp-content/uploads/2012/11/C514.jpg (http://spitalfieldslife.com/wp-content/uploads/2012/11/C514.jpg)

An den Tischen sitzen Krankenschwestern, Pfleger und Ärzte.
Als ihr in den Raum hinein blickt, seht ihr einen Sänger am anderen Ende des Saales auf einem Tisch stehen, der seine Darbietung macht. Immer wenn er endet, beginnt er erneut - wie ein Automat.

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Enrico_Caruso#/media/File%3AEnrico_Caruso_1873_-_1921.jpg (https://en.m.wikipedia.org/wiki/Enrico_Caruso#/media/File%3AEnrico_Caruso_1873_-_1921.jpg)

Als Ihr den Raum betretet, drehen sich alle Personen zu Euch um, zeigen mit dem Finger auf Euch und der Sänger hört auf zu singen.

Doch er schweigt nicht. Vielmehr beginnt er zu rezitieren.

"Eckig sind die runden Fliesen,
Schwarz gefärbt das rote Blut;
Ausgedörrt die grünen Wiesen,
Ruhig still die blinde Wut."

"Der tote Sperling fliegt umher,
Staubig schmeckt der süsse Wein;
Kiesel und Stein springen im Meer,
Düsterer der Sonne Schein."

"Kürzer der Gang, der ohne Wahl,
Breite Tür, die nichts verbirgt;
Viel Rost bedeckt den blanken Stahl,
Leicht die Last, die viel bewirkt."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 25.07.2017 | 12:18
Ove

"Carusso??", flüstere ich überrascht und verdutzt, als ich die Person zu erkennen glaube.

Ich weiß nicht, ob ich mit offenem Mund dort stehe oder ob ich wie zu einer Salzsäule erstarrt bin, vielleicht tanze ich auch, ohne es zu merken. Ob mein Geist sich jetzt von meiner Körper lösen will? Ist ihm das alles zu viel geworden?

Ich warte ab. Schaue, ohne meinen Kopf zu bewegen, die Anwesenden an, dann wieder zu Carusso.

Was wohl passieren wird.....

Ich wage es kaum zu atmen.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 25.07.2017 | 22:25
Caruso macht pantomimisch eine nachdenkliche Geste, dreht sich im Kreis und deutet dann auf einen Pfleger.

Der Mann reisst erschreckt die Augen auf, als Caruso's Zeigefinger auf ihn deutet, wirft die Arme in die Luft, als würde er sich ergeben wollen, während ein schnalzendes Knallen, wie von einer Peitsche, zu hören ist.
Sein angsterfüllter Blick wandert zur Decke, wo sich ein Leuchter in Form einer schweren, eisernen Zinken-Egge aus der Verankerung löst und nach unten schnellt. Der Mann würgt noch einen erstickten Schrei heraus, bevor ihn der Leuchter trifft, zuckt noch einige Male unter der schweren Last, und liegt dann still, während aus seinem Schädel Blut und Gehirnmasse quillt, wie aus einem aufgeschlagenen Ei.

Caruso macht einen leichten Ausfallschritt mit einer zeitgleichen tiefen Verbeugung, während er seinen ausgestreckten rechten Arm huldvoll von oben bis fast zum Boden führt.
Dann richtet er sich wieder auf und deutet mit seinem Zeigefinger eine 1 an.

"Der grade Weg im Kreis verläuft,
Lahmer, der nun rennen muss;
Im Wasser mancher Fisch ersäuft,
Kurvenlos der Bogenschuss."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 26.07.2017 | 11:44
Gebannt und angewidert verfolge ich das Geschehen.


Absurd... Widerlich... krank... nicht echt... unecht... nicht real.... nicht wirklich..... nur Einbildung.... keine echten Toten ...
Ich versuche mir einzureden, dass das hier alles nicht real ist... ansonsten müsste ich jetzt schon völlig verrückt geworden sein, bei so viel Brutalität und Wahnsinn um mich herum.

Ich schaue mich diesmal im Raum um, während ich mit Kristine an meiner Seite langsam näher an den Sänger heran gehe.

Nirgends ist Musik zu hören, nirgends ist ein Flötenspieler zu sehen oder zu hören. Ich halte weiter Ausschau. Ausschau nach möglichen Priestern, die ihre Hand wiederhaben wollen. Nach Clive.

Doch niemand ist zu sehen.

Immer weiter, langsamer Schritt folgt auf langsamen Schritt, nähere ich mich dem Opernsänger, während er den Vers rezitiert.

Die Blicke des Personals sind wieder auf den Sänger gerichtet, folgen seinen Worten und Bewegungen wie in Trance. Oder sind sie schlicht weg aufmerksam?

Ich schaue mich weiter langsam um, schreite weiter voran. Auch Kristine scheint vom Sänger in den Bann gezogen zu sein.

Etwas Abseits, nur wenige Meter vom Sänger haben Kristine und ich uns nah an die Wand gestellt.

Leise flüstere ich Kristine zu: "Schatz... nimm doch bitte meine Linke!" und ohne eine Antwort abzuwarten, nehme ich, ohne den Kontakt zu ihr aufzugeben, mit meiner Linken ihre Rechte in die Hand.

Ich drücke ihre Hand freundlich, lächle ihr zu, während sie wieder ihre Aufmerksamkeit dem Sänger widmet.

Gleich.... Gleich..... !

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 26.07.2017 | 15:31
Ich spüre es wieder. Das schwere Metall des Revolvers, den Collins mir gegeben hat.

Noch immer sehe ich keine andere Person, die mir besonders ins Auge fällt. Kein Priester, kein Monster, kein Wolf, kein Elefant, kein Pfeiferaucher und auch nicht alles zusammen.
Der Saal ist weiterhin nur von den Pflegekräften besetzt und alle achten weiterhin auf Carusso, der gerade den letzten Vers beendet.

Hier ist alle möglich! Und hier ist auch alles unmöglich!
Ich war die ganze Zeit untätig. Ich war feige und wollte mich verstecken. Aber hier gibt es kein Versteck. Hier gibt es alles und nichts. Hier gibt es vielleicht nicht mal mich... aber hier, wo der Fisch im Wasser ertrinken kann, hier kann sich alles ändern. Oder es bleibt gleich. Aber man muss es zumindest versuchen etwas zum Besseren zu ändern.


Mit diesem Gedanken stecke ich meine rechte Hand in meine Jackettasche. Ich entsichere den Revolver.

Ich weiß, dass die besonderen Kugeln geladen sind. Nicht, weil ich es hier eben getan habe, nein, weil es hier einfach so ist.

In einer fließenden Bewegung hebe ich die Waffe zu Carusso, der stumm und erfurchtgebietend auf der Bühne steht. Ich ziele kurz, konzentriere mich und drücke ab.

Er mag die Flöte, er mag Musik, er mag Chaos... war es nicht so?! Ich muss versuchen ihn zu stoppen. Und wenn es stimmt, wenn nur die rechte Hand .. seine eigene Hand?? ... ihn töten kann... dann ist es ein Versuch wert.

Ich drücke ein zweies Mal ab. Ohrenbetäubend donnert der Knall durch den Saal.

Dieser Caruso... er spielt Musik, macht Musik... er macht hier auch das Chaos... er scheint hier als einziger kein Getriebener sondern ein Treiber zu sein. Hoffentlich mache ich nicht gerade einen riesigen Fehler... aber viel mehr kann ich nicht verlieren... wir sind gefangen... gefangen und verdammt.... und irgendwie müssen wir hier herauskommen.

Ich lasse Kristines Hand los, unterstütze mit der linken Hand die waffenführende Rechte, mache einen Ausfallschritt nach vorne, ziele genau auf den Kopf des Sängers und drücke erneut ab... ein drittes und letztes Mal.

Die Waffe lasse ich sinken. Ich halte sie weiter in der Hand.

Ich bewege mich in Richtung der großen Tür... behalte aber Kristine und den getroffenen Carusso im Auge, während ich mich langsam von Ihnen entferne.

Noch immer hallt der letzte Schuss durch den Saal...

Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 1.08.2017 | 18:32
BÄNG Caruso hat eine üppig rote Rose in der Hand. Und er verbeugt sich tief. Fette Blütenblätter fallen zu Boden, zerspringen wie Glas und hinterlassen dabei eine dunkle, zähflüssige Substanz. Als er die Hand wegnimmt und sich wieder aufrichtet, ist auf Höhe seines Bauchnabels ein scharlachroter Bommel an seiner Kleidung entstanden.
BÄNG BÄNG Er führt ein karmesinrotes Taschentuch zu seiner linken Einsteck-Tasche. Dem Kostüm eines Pierrot gleich erscheint auf Höhe des Solarplexus ein weiterer zweiter scharlachroter Bommel, während Caruso auf dem Tisch in einen Spreizspagat niedersinkt.
BÄNG BÄNG BÄNG In Caruso's Hand ist eine Kirschtorte mit einem dicken, puterroten Zuckerguss zu sehen, die er sich mitten ins Gesicht klatscht und dort eine Ball-artige, scharlachrote Nase entstehen lässt. Wie eine Marionette, an Schnüren hochgerissen, springt Caruso bis fast unter die Decke des Saals und landet wieder, die Glieder verdreht, verrenkt und in grotesken Winkeln abstehend, als seien sämtliche Fäden durchtrennt worden.

Ein hölzernes Knacken und Knirschen ist zu hören. Die Deckenbalken bewegen sich hin und her, wackeln und schaukeln, wanken und schwanken. Dann kracht ein riesiges Spiel-Kreuz nach unten und reisst grosse Teile des Putzes herab. Auch die Fenster werden heruntergerissen und entlarven das Ganze als Kulisse einer surrealen Theateraufführung.

Hinter den Kulissen Wänden sind an jeder Seite Metallrahmen mit einer Gitterstruktur zu sehen. Grob und rostig. Mit langen und breiten, geraden und krummen, spitzen und scharfen Werkzeugen, die überall an diesem Konstrukten fixiert sind.

Die Bodendielen verformen sich. Winden sich. Bewegen sich nach links und nach rechts. Schlängeln sich dahin. Kreisen sich ein und bewegen sich in immer enger verlaufenden Bahnen und Schlingen mit dem Zentrum in der Mitte des Raumes.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 5.08.2017 | 13:58
Nur die Dielen drehen sich. Alles andere ist starr und unbewegt. Doch der Boden bewegt sich. Er kreiselt langsam und kreiert eine Art Sprudel, der sich trichterförmig in die Tiefe stülpt. Aus diesem Trichter quillt grelles, weisses Licht, das wie Nebel heraus wabert.

Von den anwesenden Ärzten, Pflegern und Krankenschwestern ist nicht mehr viel übrig. Die Zerstörung des Zimmers hat ihre Natur offenbart. Foto-Plakate, Schaufensterpuppen, Papp-Aufsteller. Zerschnitten, zerquetscht, aufgeschlitzt, zermalmt, zerstückelt. Nur noch Reste, Fetzen, Fragmente, Teile, Überbleibsel. Doch nichts davon wird in den Strudel gezogen.

Kristine hält noch immer Deine linke Hand. Sie spricht, doch ihre Lippen formen keine Worte.

"Dass du nicht erschrecken müssest vor dem Grauen der Nacht, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, vor der Pestilenz, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die im Mittage verderbt.

Ihre Stimme kommt von irgendwo aus dem Raum her. Die genaue Herkunft lässt sich nicht bestimmen. Es scheint fast so, als sei der Raum ihr Mund.

"Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird zu deiner Hütte sich nahen."

Im Hintergrund liegt noch die verdrehte, ruinierte Gestalt von Caruso, wie ein Haufen Müll.

Die Tür hinter Dir, durch die Du gekommen bist, ist jetzt ein Riss in der Kulisse, ein Spalt. Als wäre ein schmaler Streifen aus einer Zeitung heraus gerissen worden.


[ Psalm 91 ]
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 6.08.2017 | 23:48
Kristines's Stimme wechselt in eine andere Sprache. "οἰκίας δὲ ὁκόσας ἂν ἐσίω, ἐσελεύσομαι ἐπ' ὠφελείῃ καμνόντων, ἐκτὸς ἐὼν πάσης ἀδικίης ἑκουσίης καὶ φθορίης, τῆς τε ἄλλης καὶ ἀφροδισίων ἔργων ἐπί τε γυναικείων σωμάτων καὶ ἀνδρῴων, ἐλευθέρων τε καὶ δούλων."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 12.08.2017 | 21:28
Ove

Mein erster Impuls ist es von dem Strudel fort zu kommen. Ihm zu entfliehen. Es scheint nicht sinnvoll in einen Strudel zu springen, der alles um einen herum zu verschlingen scheint.
Ich ziehe Kristine an den leblosen, aber doch eben noch belebten Figuren, der ehemaligen Zuschauer vorbei und in Richtung des Foyers.
Die offene Tür zum Foyer lockt mit vermeintlicher Sicherheit. Doch ist dahinter wirklich Sicherheit? Hat sich diese "Realität" nicht auch ständig verändert? Gingen wir dort nicht erst eine Treppe hinab, bis wir dann doch eigentlich eine schier endlose Treppe hinaus gingen?

Alles ist irreführend. Es scheint als wäre es gerade das Ziel dieser Umgebung uns in die Irre zu führen.

Wir sind an der Tür angekommen, ich schaue mich noch einmal um. Ich sehe, wie sich die Holzdielen biegen, dabei aber kein Geräusch machen. Es ist ein ohrenbetäubend leises Tosen. Kein Geräusch ist zu hören, doch eigentlich müsste das Holz doch knirschen? Oder habe ich noch ein Knalltrauma von den Schüssen?

Dann höre ich Kristines Stimme. Ich schaue sie an, sehe wie sie spricht, doch kommt ihre Stimme nicht von ihr, sondern aus dem Raum. Durchbricht die dröhnende Stille.

Rezitiert sie aus de Bibel?
Das ist untypisch für Kristine. Sie hat sich immer mal wieder mit der Bibel beschäftigen müssen - aber doch nur rein beruflich, rein wissenschaftlich, nicht aus Überzeugung oder gar aus Glaube heraus. Sie ist evangelisch getauft und auch konfimiert. Wie es in unserer Heimat verbreitet ist. Doch hat sie nie sonderlich geglaubt. So zumindest hat sie es mir gesagt. Und sie erzählte mir noch, dass sie nach dem Vorfall in Lodon noch viel weniger als einen biblischen Gott glaubt.

Aber natürlich kann das trotzdem ausreichend Wissen sein, um nun einen Psalm zu zitieren.


"Stine... wovon redest du?", frage ich noch bevor ich realisiere, dass es gar nicht genau sie ist, die das sagt. Der Raum spricht zu mir. Als ich uns durch die Tür ins Foyer treiben will stelle ich fest, dass die Tür verschwunden ist. Ein Riss in der Tapete ist zu erkennen, aber keine Tür, kein Tor, kein Ausgang.

Unmerklich drückt Kristine meine Hand und ihre Stimme wechselt in eine fremde Sprache.

Welche Sprache ist das? Griechisch?
Zitiert sie hier aus ihren Arbeiten zur Doktorarbeit? Aus ihrem Studium?
Nein.
Das glaube ich nicht. Ich verstehe ihre Worte nicht, doch habe ich das Gefühl, dass sie mir Sicherheit vermitteln möchte, dass sie sich entschuldigen möchte. Oder möchte sie sogar die Schuld auf sich laden?

"Kristine... ich verstehe dich nicht. Sprich doch bitte in einer Sprache, die ich auch verstehen kann."

Noch immer halte ich den Revolver in meiner Hand. Noch immer befinden sich einige Kugeln in der Trommel.
Ich muss nachsehen, was hier vor sich geht. Ich lasse  Kristines Hand los und reiße mit der nun freien linken Hand an dem schmalen Spalt, der ehemals die Tür war. Einiges löst sich, doch dahinter ist ... nichts.
Schwärze.

Nein, keine Schwärze... weniger als das. Dort befindet sich die Abwesenheit von ALLEM. Kein Licht, keine Farbe, keine Zeit und erst recht keine Materie.
Einen kurzen Bruchteil eines Augenblicks habe ich das Gefühl mir würde alles aus dem Kopf entweichen. Oder etwas in meinen Kopf kriechen. Als wolle sich ein Stück meines Verstands verabschieden und in das nichts, das nicht einmal nichtige, nicht existierende, unbegreifliche Nichts gehen um es zu füllen. Doch es passiert nicht. Als würde ein Stück meines Geistes bereits fehlen, das Stück das hier entweichen wollte... sollte... müsste... könnte.

Ein Bild erscheint vor meinen Augen... https://a2cmasques.files.wordpress.com/2013/07/sans-titre-3.jpg (https://a2cmasques.files.wordpress.com/2013/07/sans-titre-3.jpg)

Ich drehe mich abrupt um. Wende mich Kristine zu.
Doch Kristine ist fort... sie ist weg... nicht da.
Dort wo sie eben noch stand sitzt nun eine höchstens 30 cm große, liebliche, freundliche Holzpuppe. Ihr mädchenhaftes Gesicht wird von dunkelblonden Haaren gekrönt, die in Kristines modischem Haarschnitt ihren hölzernen Kopf umschmeicheln. Es ist die Art Holzpuppe, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne. Die Puppe trägt das Kleid, das Kristine eben noch getragen hat und scheint mich mit ihrem klaren Augen freundlich und aufmunternd anzusehen.
"Nein!", stöhne ich.
Mir brechen die Beine unter dem Körper zusammen.
Kristine. Sie war also auch nur ein Trugbild? Gehalten durch meinen Willen? Durch meine Anwesenheit? Durch den Körperkontakt hier gehalten?
Ich sacke auf die Knie und schaue die Puppe an.

Ich will sie aufheben und mitnehmen. Aber ich kann nicht. Als ich sie greifen will, greife ich ins Leere. Die Puppe sitzt nun genau wie zuvor vor mir. Aber genau außer meiner Reichweite.
Ich brauche einen Moment ehe ich es noch mal versuche. Wir müssen doch beide hier raus... wir... und Clive. Er scheint doch der einzige hier gewesen zu sein, der normal war... so wie ich. Mit Zweifeln an dem was hier passierte. Der mich auch vorher noch beglietet hatte.
NEIN! Ich muss nicht Kristine hier mitnehmen, wenn dann wäre es Clive. Kristine ist genauso wenig real gewesen, wie es das Publikum hier war und ist.
Ihr kleiner spitzer, aufgemalter Puppenmund öffnet und schließtlich und erneut erschallt Kristines Stimme aus dem Raum:  "Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird zu deiner Hütte sich nahen.", wiederholt sie was sie bereits zuvor gesagt hat.

"Kris....", ich breche ab, als ich merke wie absurd es ist eine Puppe mit Kristines Namen anzusprechen. Dann fahre ich dennoch fort: "Was willst du mir damit sagen? Ist es vollbracht? Ist die Menschheit sicher? Ist die Welt sicher? Wo soll ich nun hin?!"

Ich warte weiter ab, während der Strudel sich weiter dreht, ohne dabei größer zu werden. Doch die Puppe antwortet mir nicht, sie schaut mich ohne zu blinzeln an. Doch ihr Mund bleibt dieses Mal starr.

Ich erhebe mich und versuche erneut die Puppe zu greifen. Doch es gelingt mir wieder nicht. In dem Moment in dem ich die Puppe eigentlich berühren müsste, gibt es ein kurzes Flakern, als wären meine Sinne kurz ausgeschlatet worden, als wäre ich kurz geblendet worden. Währenddessen greife ich ins Leere und als ich wieder sehen kann sitzt die Puppe wieder außerhalb meiner Reichweite. Ich versuche es erneut, diesmal schneller. Doch wieder gibt es diesen hellen Blitz vor meinen Sinnen und ich greife daneben.
Schweren Herzens stehe ich auf. Ich schaue mich nochmal um, doch die Fassade bröckelt weiter. Und ich weiß, dass ich nicht in Kontakt mit der Leere hinter der Fassade in Kontakt kommen möchte.
"CLIVE! Wo bist du?!", rufe ich noch einmal laut.
Ich gehe auf den Strudel zu. Den Revolver noch immer in der Hand, doch ohne Kristine an meiner Seite. Doch ich bin ihr dankbar für ihre Unterstützung, auch wenn sie nicht real war. Aber was ist hier schon real?
Ich erwarte eigentlich von den strudelnden Bodendielen mitgerissen zu werden. Doch nichts dergleichen passiert. Ich kann über die Bodendielen gehen, wie über einen dicken, weichen Teppich. Ich merke ein gewisses Pulsieren, eine Bewegung, doch reißt sie mich nicht fort.
"CLIVE?! Kristine?!", brülle ich in Richtung des hellen Lichts aus dem Strudel.
In dem Moment reißt es mich von den Füßen. Ich beginne über dem Strudel zu schweben, werde von dem Licht geblendet, doch kann ich trotzdem sehen. ich meine einen menschlichen Schemen auf der anderen Seite zu sehen. Einen Schemen, der näher kommt, seinen Arm ausstreckt und dessen Arm mir immer kommt. Ist es Gottes Hand, die mich greifen will?
Ich will den Revolver auf diese Hand richten, auf den Schemen und erneut feuern. Doch ist der Revolver verschwunden. Noch immer schwebe ich ohne etwas ausrichten zu können über dem Mittelpunkt des Strudels.
Eine riesige Hand... eine Hand, die fast so groß ist wie ich selbst, kommt aus dem Strudel, sie greift nach mir. Klammert sich an mir fest. Es ist fast ein flehentlicher, verzweifelter Griff. Ich habe das Gefühl ich müsste zerquetscht werden. Doch kann ich noch immer atmen.
Ich erwarte zu sterben oder hier herausgezogen zu werden. Doch es ist als könnte Gott nicht entscheiden, was er mit seiner Hand machen wil.
Weiter zudrücken? Mich zerquetschen wie eine lästige Fliege? Oder mich herausholen, wie einen ertrinkenden im Moor oder wie den letzten Bonbon, der sich hartnäckig in der Spitze der Naschwerktüte verklebt hat?
Es dauert eine schiere Ewigkeit, bis sich die Hand bewegt, mich erst weiter in den Saal hineindrückt, dann zieht mich diese riesige Pranke weiter ins Licht. Immer näher. Langsam, aber beständig. Fast unaufhaltsam werde ich weitergezogen.
Ich erinnere mich plötzlich an .... etwas. An das Licht. Das Licht das aus der Tür im Boden kam...


Ich versinke im Licht... gehalten von der Hand....

Alles .......
            ...... ist  .......
                          ........ weiß.....
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 13.08.2017 | 12:31
Der Boden hat aufgehört sich zu drehen.
Er besteht nicht mehr aus Dielen und ist auch nicht mehr Braun. Er ist grau... nein... Weiss.
Quadratisch. Symmetrisch. Gefugt.

Du erhältst einen Impuls, aber welche Wahrnehmung ihn aufgenommen und weiter geleitet hat, weisst Du nicht. Visuell? Taktil? Auditiv? Olfaktorisch?

Träge und widerwillig reagiert Dein Körper, ohne dass Dein Geist es realisiert zu haben scheint.
Du fühlst Dich benommen. Dein Kopf hebt sich und Du blickst in helles Weiss, das Dich blendet. Nur widerwillig gewöhnen sich Deine Augen an das Licht.

Du erkennst nach einer Weile, dass Du in einen Spiegel schaust und blickst Dir selbst direkt ins Gesicht. Du siehst verzerrt aus, teigig, aber Du bist es. Doch... wo bist Du?

Dann entdeckst Du ein drittes Auge auf Deiner Stirn, das durch den Spiegel auf Dich zurück zu blicken und Dich lebhaft zu beobachten scheint, während Deine zwei gewohnten Augen Dich sehr müde und geschunden anschauen.

Noch immer hält Dich die Hand in ihrem festen Griff umklammert. Aber sie vermittelt Dir so etwas wie Behaglichkeit, Wärme, Schutz und Sicherheit.
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 22.08.2017 | 14:06
Schutz
.....
Sicherheit
....
Wärme


Gefühle, die ich nur noch aus der Erinnerung her kenne. Manche, kurze Momente mit Kristine, wenn ich sie im Arm halte, oder sie mich, lassen mich für einen sehr kurzen Moment soetwas wie Geborgenheit spüren. Aber das war immer eine Geborgenheit, die bedroht war. Ein brüchiges, flüchtiges Konstrukt, das nach wenigen Augenblicken von der Erinnerung an die Zeit in Lodon verdrängt wurde. Zermahlen von der Angst um Kristine und um mich selbst. Die Angst vor der Zukunft und dem Ungewissen.

Die Geborgenheit, die ich jetzt spüre schläfert mich ein. Die Erschöpfung der letzten Zeit, durch die Verwundung oder auch einfach nur wegen der Anspannung, der dauernden Angst vor dem was kommen mag und was war, diese Erschöpfung macht sich breit.
Ich merke den Impuls der Angst, als ich mein talgiges Spiegelbild erkenne. Sehe, wie mich das dritte Auge in  meiner Stirn mustert. Doch der Impuls ist schnell verschwunden. Übermächtig ist die Geborgenheit.

Ich weiß nicht, wie ich darauf komme, dass es um mich herum gefliest ist. Schließlich kann ich es nicht sehen. Kann es nur spüren, fühlen... oder mir einbilden. Aber ich habe das Gefühl in einem weißen, vielleicht gekacheltem Raum zu sein. Gehalten von einer großen Hand.

Ich stelle mir vor, dass diese Hand, die behütende, große Hand Kristine ist, die mich hält. Doch es ist dabei etwas viel kräftigeres. Es fehlt die Angst um Kristine, um uns, um mich, um die Welt, die Menschheit und alles was mir Lieb ist. Es ist einzig die Sicherheit und Wärme, die ich spüre.

Ich lächele dem dritten, dem munteren Auge sanft zu. Ein müdes, leicht verschmitztes Lächeln.

Eine Hoffnung, eine Mutmaßung macht sich in mir breit:
Ich habe es geschafft. Ich habe meine Ruhe gefunden.


Und jetzt... jetzt wo ich so müde bin... aber sicher und geborgen.... da ist es beruhigend zu wissen, dass doch zumindest ein teil von mir... in mir ... wachsam ist.

Pass gut auf, Auge...während ich meine Augen schließe und mir meine Ruhe hole, die ich mir so sehr wünsche.


Ich nicke dem Auge im Spiegelbild nocheinmal zu.
Dann schließe ich die Augen... und entspanne.

....


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schlafe ... ein




Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 23.08.2017 | 10:47
Du kommst zu Dir und siehst erneut im Spiegel das dritte Auge in Deinem Gesicht. "Sie sind soweit wieder hergestellt, Herr Ecklund. Es war ein harter Weg für Sie." Der Mann, Dir gegenüber, nimmt den Stirnreflektor ab. "Ich werde Sie als geheilt entlassen können und Ihre Papiere noch heute unterschreiben."

"Sie dürfen nicht vergessen täglich Ihre Medikamente einzunehmen. Und gehen Sie in den nächsten zwei Monaten einmal pro Woche zu Ihrem Hausarzt. Denken Sie bitte daran."

Der Mann im weissen, langen Kittel erhebt sich von seinem Stuhl. "Und nehmen Sie ein Taxi oder lassen Sie sich abholen."

Nachdem Dir beim Packen geholfen und die Papiere unterschrieben wurden, lächelt Dir eine Krankenschwester freundlich zu. "Alles Gute, Herr Ecklund."

Im Foyer wartet Kristine auf Dich. Sie rennt auf Dich zu und schliesst Dich in ihre Arme. Im Überschwang der Begrüssung entgleitet etwas ihrer Hand und fällt zu Boden ...

https://exolinguist.files.wordpress.com/2014/07/img_2062.jpg (https://exolinguist.files.wordpress.com/2014/07/img_2062.jpg)
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Puklat am 25.08.2017 | 11:14
Noch immer nicht verstehend, was passiert ist und etwas benommen von den vielen wieder neuen Eindrücken, gehe ich mit Kristine mit.

"Ich freue mich so sehr, dass es dir wieder gut geht.  Anfangs dachten wir alle, es wäre zu spät gewesen. Aber zum Glück", sie drückt mich nochmal an sich, "aber zum GLÜCK ist es nicht so geworden."
Ich hebe die Zeitung auf und schaue kurz darauf. Ich kann mich nicht erinnern Kristine in der letzten Zeit derart aufgekratzt und gesprächig war. In London schon. Aber danach... nach dem was passiert ist. nicht mehr.

Wir gehen ein paar Schritte, ich tapse wortlos neben ihr her. Meine Tasche in der einen Hand, in der anderen die Zeitung. Kristine hat sich bei mir eingehakt und führt mich aus dem Foyer des Gebäudes.

"Ach, ich freu mich so, dass es dir wieder gut geht."

Sie erzählt weiter, doch ich kann ihr kaum folgen. Ich war doch eben noch in einem Strudel.

Inzwischen sind wir aus dem Gebäude getreten, in die kühle Herbstluft.

"Stine... wie lange war ich hier?" Ich drehe die Zeitung so, dass ich auf einen Teil der Titelseite schauen kann.
Ich muss mindestens ein paar Wochen hier gewesen sein. Es fühlt sich herbstlich frisch an. Vielleicht Anfang September, oder eine wärmerer Oktobertag?

Ich drehe mich um und werfe einen Blick auf das Gebäude aus dem wir kamen. Definitiv ein Krankenhaus.

Kristine schaut mich mit einem Anflug von Traurigkeit an.
"Ove,... es ist viel passiert. Weißt du es nicht? Hat man es dir nicht gesagt? Du bist seit 3 Jahren hier.
Du hast doch die erste Zeit im Koma gelegen. Erst seit ein paar Wochen geht es mit dir wieder bergauf. Gerade jetzt... " Kristine schaut auf die Zeitung, aber dann schnell wieder zu mir.

"Aber das Wichtigste ist, dass es dir wieder gut geht. Komm lass uns fahren... ich habe eine Automobil gemietet."

Drei Jahre?! Wie kann das sein?!
Wie kann die Zeit so schnell verflogen sein? Und warum steht etwas von Krieg in der Zeitung?
Habe ich es doch nicht aufhalten können? Ist das der Krieg gegen oder um das Ende der Menschheit?


Kristine führt mich zu einem Wagen, der etwas abseits des Krankenhauses geparkt steht.
"Ich erzähl dir alles, während wir unterwegs sind. Wir haben eine ganz schön lange Fahrt vor uns. Aber sag... kannst du dich an nichts erinnern? Die Ärzte meinten eigentlich, du wärst dir deiner Umgebung wieder bewusst und würdest dich bald wieder erinnern können... naja.. aber das kommt dann wohl noch."

"Kristine... ich... weiß nicht genau, woran ich mich erinnere... aber dass ich solange weg war... das erinnere ich nicht."

"Kein Wunder! Du warst fast zwei Jahre am Schlafen. Wobei du schon oft gezuckt und gestöhnt hast. Ich habe mir dann wirklich Sorgen gemacht. Auch die Ärzte kannten soetwas nicht von Komapatienten. Aber ganz plötzlich wurdest du ganz still. So vor einem Vierteljahr vielleicht. Dann hast du dagelegen und ausgehen wie ein schlafendes Baby. Sehr friedlich und ruhig. Und seit 4 Wochen bist du wieder wach. Aber die Ärzte vermuten, dass deine Erinnerung noch 'eingeschlafen' ist."

Ich sitze auf dem Beifahrersitz, mein Hab und Gut liegt hinter mir auf der Sitzbank. Die Zeitung halte ich noch immer fest und ruhig in den Händen.

"Kristine, was für ein Krieg ist das?", frage ich und fürchte die Antwort.

"Ove... denk da nicht dran. Wir fahren erstmal heim!"

"Nein... sag es mir.", beharre ich.

"Deutschland... das Reich... sie haben Polen angegriffen... und Österreich haben sie auch übernommen. Und... es sieht aus als wäre die Welt wieder völlig verrückt geworden, Ove."

Ich sacke in mich zusammen.

Habe ich doch versagt? Oder wäre noch etwas viel schlimmeres passiert, wenn ich Caruso nicht erschossen hätte?

Als Kristine die Fahrt beginnt sage ich:
"Erähl mir doch bitte nochmal, was genau passiert ist."
Titel: Re: Irgendwo in IRLAND
Beitrag von: Der Läuterer am 25.08.2017 | 14:01
Ladies and Gents...



Das ENDE !