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Pen & Paper - Spielsysteme => RuneQuest/Mythras/BRP => Thema gestartet von: Swafnir am 15.11.2016 | 18:52

Titel: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Swafnir am 15.11.2016 | 18:52
Ich muss sagen, dass ich Runequest erst jetzt richtig wahrgenommen habe. Aber eigentlich weiß ich nur dass es dieses altbackene W100-System hat. Aber irgendwie scheint es eine sehr treue Anhängerschaft zu haben. Da frag ich mich: Warum?

Ist es die Nostalgie, die ich bei vielen Midgrad-Fans immer wieder höre, oder was macht Runequest für euch so toll?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Sagittarius am 15.11.2016 | 19:01
Deeser Frage schließe ich mich direkt an, da ich es auch nicht verstehe. Was aber auch sehr den körperlichen Attributen geschuldet ist, wobei ich vor allem das Attribut Größe nicht verstehe(n kann).
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 15.11.2016 | 19:42
Generell sind die verschiedenen D100-Regelwerke wunderbar einfach, schnell (auch in der Charaktererschaffung) und im Kampf tödlich, was sich für manche Genres einfach sehr viel besser eignet als vieles, was der Markt sonst so hergibt. Dazu kommt eine im Laufe der Jahrzehnte angesammelte unglaubliche Vielfalt an Material zu generischer Fantasy (mit einem Schwerpunkt im Sword&Sorcery-Genre, in dem RuneQuest brilliert), sowie ein extrem populäres System mit gleichem Regelkern (Call of Cthulhu), das fast jeder Rollenspieler schon kennt.

Wie sich nun RuneQuest 6 in diese Tradition einfügt, vermag ich noch nicht zu sagen (mein FLGS beschafft die Bücher grade noch), aber eine Menge Leute sind sehr begeistert davon.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Achamanian am 15.11.2016 | 19:46
Bei mir ist es schon vor allem die Rückbesinnung auf Regelmechanismen, die ich früher viel verwendet habe (Cthulhu, Sturmbringer), und die inzwischen in vielen Varianten, viele davon "stromlinienförmiger" und etwas vielschichtiger, vorliegen. Die Besonderheit der BRP-Systeme ist dabei für mich, dass sie tatsächlich fast alle sehr intuitiv sind und fast immer Ergebnisse liefern, die ich irgendwie mit meinem Vorstellungsraum vereinbaren kann. Bei gamistisch durchgestylterem Zeug (um mal zwei Pole zu nenen: D&D 3.5 und Fate) hakt bei mir oft der Einklang zwischen Fiktion und Regelgeschehen, weil diese Spiele zu sehr auf Balance und Progression setzen. Die meisten BRP-Spiele sparen sich das und versuchen einfach nur, Abläufe spielbar und nach einheitlichen Grundprinzipien zu modellieren. Wahrscheinlich macht das ja auch immer noch beliebte GURPS was ganz ähnliches, nur bin ich halt mit GURPS nicht "aufgewachsen".
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 15.11.2016 | 21:03
[...]Wahrscheinlich macht das ja auch immer noch beliebte GURPS was ganz ähnliches, nur bin ich halt mit GURPS nicht "aufgewachsen".

Ich habe in den letzten, na, fast zwanzig Jahren viele Kampagnen mit GURPS geleitet. Es eignet sich für eine Menge Zeug, aber es ist mehr Aufwand als BRP - in eigentlich allem. Und ob sich das lohnt, kann man schon hinterfragen, wenn man gerade sowieso nur humanoide Charaktere (mit bestenfalls leicht überkompetenten Fähigkeiten und ohne Superkräfte) abbilden will.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: D. Athair am 15.11.2016 | 21:38
Aber eigentlich weiß ich nur dass es dieses altbackene W100-System hat. Aber irgendwie scheint es eine sehr treue Anhängerschaft zu haben.
Mit der Weiterentwicklung des theoretischen Beoachtungsinstrumentariums wurde die "Prozesshaftigkeit" der Spielregeln und die sinnhafte Verknüpfung von "sozialer Umgebung von Charakteren" und Regeln von RQ neu entdeckt. Außerdem hat - ausgehend von GB einen RQ-Renaissance stattgefunden, welche die Regelintension von RQ besser verstand und modernisiert hat.

Wie immer gilt: Renaissance ungleich Original. Antike und Renaissance - griechische Demokratie und moderne Demokratie - sind nicht dasselbe.


In dem Sinne ist die Meinung RQ sei altbacken - genau das: Altbacken! So dachte man in den 2000ern.


Was immer ne Stärke von RQ war und mit der Entzauberung von New-School-D&D wieder aufgefallen ist: Taktisches Spiel, das auf Spielweltplausibilität beruht und das in Regeln abbilden kann. M:tG-Feat-Power-Combo-Play-Regeln haben in der Diskussion darum, was taktisches Spiel sei, die Deutungshoheit verloren.

Wobei man generell sagen kann, dass die Entwicklungen "Indie wird Mainstream" (Fate, pbtA), die "kreative Explosion der OSR" und der dauerhafte Erfolg von Pathfinder die Paradigmen, was ein "gutes Rollenspiel sei" kräftig durcheinander geschüttelt hat. Das hat den Blick geweitet - und eben auch RQ einen neuen Frühling beschert.

Ich glaub ich könnte da ewig weiterschreiben. Darüber wie das Story-Paradigma oder das Paradigma vom einheitlichen Regelmechanismus erst zerstört und dann teilweise rehabilitiert wurde, ... Die Rückkehr der Sandbox. Das Phänomen, dass das, was gerade erfolgreich veröffentlicht wird selten als "antquiert" gelten kann. Wie Nostalgie ein Faktor wurde und trotzdem bei den damit bedachten Spielen nicht der entscheidende Faktor ist. Von Markentreue, Settingimmersion und der Neuen Stärke von Glorantha. Usw.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Bildpunkt am 15.11.2016 | 22:15
Hmm vielleicht sollte ich mir Runequest nun doch mal anschauen. Nachdem ich vor ca 1 bis 2 Jahren nach 15 Jahren Spielpause wieder ins Hobby eingestiegen bin und mir jetzt diverseste Regelsysteme reingezogen habe, ist mein aktuelles Zwischenfazit das es mittlerweile so viele Iterationen und Varianten div. Regelsysteme/familien gibt, dass es oft vielmehr auf das Setting ankommt, wenn man sich schon mal grob für einen gewünschten Spielspiel entschieden hat.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Weltengeist am 16.11.2016 | 06:33
(mit einem Schwerpunkt im Sword&Sorcery-Genre, in dem RuneQuest brilliert)

Siehst du, und genau das ist ein Punkt, den ich nie verstanden habe.

Ich mag ja RQ als ziemlich realistisch-tödliches Rollenspiel. Aber realistisch-tödlich ist exakt NICHT das, was Sword&Sorcery ausmacht. Da haben wir eigentlich eher die total überkompetenten Helden (Conan, Fafhrd/Mausing, Kane,...), die gewöhnliche Gegner im Dutzend billiger niedermachen. Und genau das geht mit RQ überhaupt nicht, ganz egal wie gut besagter Held regeltechnisch ist - eher früher als später kriegt er gegen die Übermacht den Treffer ab, der ihn verkrüppelt oder tötet.

Ich selbst verwende RQ eher als System für nicht-pulpige Settings, wenn ich Kämpfe gerne hart und gefährlich haben möchte.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Rhylthar am 16.11.2016 | 06:40
Ich bin auch neugierig.

Wenn Runequest in tödliches System ist und für Fantasy geeignet...welches Grim&Gritty-Setting im Fantasy-Bereich hat es zu bieten?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 16.11.2016 | 07:12
Siehst du, und genau das ist ein Punkt, den ich nie verstanden habe.

Ich mag ja RQ als ziemlich realistisch-tödliches Rollenspiel. Aber realistisch-tödlich ist exakt NICHT das, was Sword&Sorcery ausmacht.

Also, was ich da so an Sword and Sorcvery gelesen habe in meinem Leben, da wird schon ordentlich gestorben, in nennenswerter Zahl. Und verwundet werden Sword & Sorvery-Helden auch immer wieder.

Zitat
Da haben wir eigentlich eher die total überkompetenten Helden (Conan, Fafhrd/Mausing, Kane,...), die gewöhnliche Gegner im Dutzend billiger niedermachen.
[...]
1

Ich habe nun Fafhrd und Kane nicht gelesen, aber Conan oder Elric von Melniboné sind kompetent, nicht überkompetent. Sie werden verwundet, verlieren Freunde an feindliche Klingen, und fliehen hin und wieder auch einfach.

Eine grimmige, tödliche, zur Vorsicht gemahnende Welt ist ein ganz wesentlicher Bestandteil von Sword & Sorcery. Die Helden sind dann innerhalb dieser Welt sehr kompetent, klar, aber keineswegs unbesiegbar.

Nur wissen die das im Gegensatz zu manchen Spielercharakteren auch und kompensieren es mit kluger Taktik.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 16.11.2016 | 07:23
[...]
Wenn Runequest in tödliches System ist und für Fantasy geeignet...welches Grim&Gritty-Setting im Fantasy-Bereich hat es zu bieten?

Glorantha zum einen, das Ursprungssetting. Eine sehr detaillierte Fantasywelt. die mir allerdings immer recht fremdartig vorkam. Mir fehlte da etwas der Zugang, andere sind begeistert.

Aber ganz besonders zu nennen sind da natürlich die diversen "Stormbringer"-Versionen, die in der Welt des Elric von Melniboné (die Romane von Michael Moorcock) spielen.  Mit "Elric" (das eigentliche Stormbringer 5th edition, sozusagen, auch wenn die tatsächliche 5. Edition erst danach kam - und dann aber fast wie Elric war) hatte ich seinerzeit eine Menge Freude. Und meine bisher größte Runde mit 10 Spielern (das wurde mir zwar irgendwann zu anstrengend, aber das System ist eben schnell genug, dass das überhaupt vernünftig funktionieren kann).

Pendragon ist ebenfalls ein BRP-Setting, was ich durchaus passend finde (Rüstung ist wirklich nützlich in BRP-Derivaten, so dass man schon Ritter sein muss, um in dem Setting zu überleben).

In jüngere Zeit kamen diverse "Mythic"-Settings hinzu, die historisches mit mythologischem mixen. Island, Britannien, Rom... die kenne ich nun nicht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass das für viele was ist.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Achamanian am 16.11.2016 | 09:16
Ich verbinde Sword&Sorcery auch sehr stark mit der oft überraschenden Tödlichkeit von BRP-Systemen, kann aber auch daran liegen, dass ich sehr intensiv Elric gelesen und parallel Sturmbringer gespielt habe und sich beides dadurch in meinem Kopf sehr stark verbunden hat ... und Elric ist natürlich auch schon "postmoderne" S&S, die ästhetisch sowohl auf Conan/Fafhrd aufbaut als auch diese Helden auf den Kopf stellt.

Jedenfalls: Für mich passen BRP-Systeme wunderbar, weil sie dazu anregen, taktisch klug vorzugehen und sich gerade im Kampf wo es nur geht Vorteile zu verschaffen - etwas, wofür sich die klassischen S&S-Helden nie zu schade waren. Und auch, weil sie eine gewisse Blutigkeit vermitteln, die für mich in die S&S gehört.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: munchkin am 16.11.2016 | 12:34
Die Stärken von RuneQuest:

- schnell durchschaubar, auch für Anfänger
- sehr plausibel (keine Levels, keine Explosion von HPs etc.)
- ein in sich logisches Regelsystem, das Magie, Fertigkeiten und Kampf mit dem gleichen Mechanismus umsetzt
- die "Helden" bleiben besiegbar, nicht nur durch Glück sondern auch durch gutes Taktieren
- das Kampfsystem (vor allem seit RQ5, aber auch schon vorher) hat eine gute taktische Komponente

RQ2+3 waren stark von Glorantha geprägt, high-magic Fantasy ohne die Klischees von den frühen D&D-Welten und deren Plagiaten. Glorantha-Fans und RuneQuest-Fans haben sicherlich eine Schnittmenge, die Heute aber weniger groß ist als früher.

Als dreckige S&S kann ich Mythic Britain empfehlen. Eine Sandbox mit 7 Szenarios (als Kamapgne verküpft) drin.

Wer mehr Fantasy und mehr Freiheiten haben möchte, der ist mit dem Book of Quests gut beraten. Eine kurz umrissener Fantasy Hintergrund mit 7 Szenarios, die auch als Kampagne spielbar sind.

Und für die ganz Harten gibt es ja noch Monster Island. Eine Sandbox mit vielen Monstern und Szenario Hooks.

Shores of Koranthia kenne ich nicht so gut, aber es scheint mir was für die eher Bodenständigen Gruppen zu sein die gerne langfristig ihren SC "aufbauen" möchten.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Achamanian am 16.11.2016 | 12:46
@munchkin:
Da kann ich komplett zustimmen, bis auf:

Als dreckige S&S kann ich Mythic Britain empfehlen. Eine Sandbox mit 7 Szenarios (als Kamapgne verküpft) drin.

"Mythic Britain" hat mit Sword & Sorcery nun wirklich gar nichts zu tun - das ist doch eher an den sehr historisch-erdigen Bernard Cornwell angelehnt, als dass es da irgendwelche parallelen zu Elric, Conan und Fafhrd gäbe. Und von Sorcery kann ja wohl auch kaum die Rede sein in diesem absoluten Low-Magic-Setting.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: munchkin am 16.11.2016 | 12:58
Das führt jetzt zu einer Grundsatzdiskussion über S&S. Grundsätzlich gibt es bei Mythic Britain Magie, dreckige Magie die auch das Opfern von Menschen beinhaltet. Solomon Kane ist dann auch keine S&S sondern ein mythisch/ historisches Setting? Denke eher nicht. Streng genommen ist Conan auch historisch / mythisch, genau wie Kull oder Bran Mak Morn. Ich denke MB kann man getrost in diese S&S-Reihe einfügen. Sicherlich gibt es da Überschneidungen und man kann MB auch als reines Kelten RPG ansehen, aber egal ob Thulsa Doom oder Merlin, die Magie ist böse, düster und gemein. Eben Sorcery... und Schwerter gibt es auch.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Achamanian am 16.11.2016 | 13:05
Okay, die Grundsatzdiskussion hat hier tatsächlich echt nix verloren ...
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Boba Fett am 16.11.2016 | 13:22
Da frag ich mich: Warum?

Ist es die Nostalgie, die ich bei vielen Midgrad-Fans immer wieder höre, oder was macht Runequest für euch so toll?

Runequest (und auch Midgard) haben eine sehr introvertierte Community.
In Deutschland ist es bei RQ die Runequest Gesellschaft (ein Verein), die viele Mitglieder vereint und versorgt.
(Bei Midgard ist es auch eine sehr homogene Spielerschaft.)
Beide Communities sind für sich in sich gekehrt, kommunizieren wenig nach aussen, werden dadurch aber natürlich auch wenig von aussen "beeinflußt".

Das hat mehrere Auswirkungen und auch Ursachen.
Ich vermute, eine Ursache resultiert aus der Situation, dass beide Systeme nicht von Verlagen produziert werden, die noch mehrere 'artfremde' Systeme im Angebot haben.
So war DSA (als Vergleich) seit es von Fanpro kam, immer mit Shadowrun, Earthdawn und ähnlichem (Pathfinder) konfrontiert, schlicht, weil der Verlag der DSA brachte natürlich alle Medien nutze, um die Käufer auch auf andere Produktlinien zu stoßen.
Dazu kommt, dass weder der Verlag um Midgard (seit dem Pegasus Midgard nicht mehr verlegt) noch die Runequest Gesellschaft wirklich massiv durch Produktwerbung und Neukundenrekrutierung auffällt.
Eine andere Wechselwirkung ist zB (bei Midgard), dass es für die Spieler mehrere (Midgard-)Cons im Jahr gibt, an denen man teilnehmen kann. Dadurch ensteht gar keine Notwendigkeit, für Coninteressierte, zu den "offenen" Cons zu fahren und andersherum wird auf den üblichen Cons das System auch nur sehr wenig wahrgenommen.

Bei Runequest kommt es erschwerend hinzu, dass es über 20 Jahre keine deutsche Version eines Regelwerkes gab und dass sich das über die gesamte Entwicklungszeit der üblichen Internetcommunities erstreckte.
Dementsprechend tauschten sich interessierte deutschsprachige Runequestler hauptsächlich in den internationalen (englischsprachigen) Internetmedien aus, schrieben ihre Fanprodukte (oder offizielle) in englisch.

International ist RQ eigentlich nicht wenig erfolgreich. Moongoose hat das System nicht umsonst jahrelang zu ihrem Haussystem gemacht, nachdem die d20 Welle abgeklungen war.
Und wenn man schaut, welche Settings es für RQ gibt, dann sind da auch bekanntere dabei (die gesamte "ewige Held" Reihe von Moorcock zB).

Welchen Reiz das System hat? Kann ich nicht beantworten, da es auf mich wenig Reiz hat (was aber auch daran liegen könnte, dass ich derzeit ja von Midgard sehr überzeugt bin).
Im Gegensatz zu Midgard, dass in seiner 5. Auflage ja etliche Altlasten zum besseren "aufgeräumt" hat, empfinde ich RQ immer noch als sehr "oldschool" und das ist nicht nostalgisch gemeint.


Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: munchkin am 16.11.2016 | 13:41
Runequest (und auch Midgard) haben eine sehr introvertierte Community.

Das gilt für RuneQuest, wenn überhaupt nur für Deutschland. Aber wie du schon schreibtest ist RQ eher international aktiv, aber genau da haben die deutschen Fans mitgemacht. Gegen DSA kann RQ hier in Deutschland nicht ankämpfen, was aber für die meisten deutschen Fantasy Regelssysteme gilt.

Gerade diese extrovertierte deutsche Community hat RuneQuest hier am Leben gehalten. Die internationalen Macher (Whitakter, Nash und Richard, früher auch Stafford, Krank und Petersen) waren (und sind) in Deutschland regelmäßig auf Cons, nicht als VIPs sondern als Spieler und Spielleiter. Man trinkt zusammen mit denen ein Bier und quatscht über Rollenspiel. Auf dem Eternal Con (der ja aus dem RuneQuest-Con entstanden ist) sind 50% der Gäste aus über einem Dutzend verschiedener Länder. Eine Woche vorher ist der Midgard-Con auf der selben Burg, da sieht es womöglich eher introvertierter aus.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Swafnir am 16.11.2016 | 13:55
Das gilt für RuneQuest, wenn überhaupt nur für Deutschland. Aber wie du schon schreibtest ist RQ eher international aktiv, aber genau da haben die deutschen Fans mitgemacht. Gegen DSA kann RQ hier in Deutschland nicht ankämpfen, was aber für die meisten deutschen Fantasy Regelssysteme gilt.

Gerade diese extrovertierte deutsche Community hat RuneQuest hier am Leben gehalten. Die internationalen Macher (Whitakter, Nash und Richard, früher auch Stafford, Krank und Petersen) waren (und sind) in Deutschland regelmäßig auf Cons, nicht als VIPs sondern als Spieler und Spielleiter. Man trinkt zusammen mit denen ein Bier und quatscht über Rollenspiel. Auf dem Eternal Con (der ja aus dem RuneQuest-Con entstanden ist) sind 50% der Gäste aus über einem Dutzend verschiedener Länder. Eine Woche vorher ist der Midgard-Con auf der selben Burg, da sieht es womöglich eher introvertierter aus.

So extrovertiert kann die nicht sein, wenn ich in den letzten 15 Jahren von denen nichts gehört habe  ;) Von Midgard hab ich dagegen regelmäßig was mitbekommen.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: munchkin am 16.11.2016 | 13:57
So extrovertoiert kann die nicht sein, wenn ich in den letzten 15 Jahren von denen nichts gehört habe  ;) Von Midgard hab ich dagegen regelmäßig was mitbekommen.

Das ist bei jedem wahrscheinlich persönliches Interesse, bei mir ist es genaus andersrum   :)
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 16.11.2016 | 13:59
Der Mangel an deutschsprachigem Material ist glaube ich bisher das deutlich größte Problem für RQ hierzulande. Darum bin persönlich sehr froh, dass die RQG dem nun abgeholfen hat.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Swafnir am 16.11.2016 | 14:02
Das ist bei jedem wahrscheinlich persönliches Interesse, bei mir ist es genaus andersrum   :)


Nö, ich find beides gleich interessant. Ich hab auch Glorantha/Heroquest daheim, aber selbst mit Interesse daran, hab ich kaum mal was dazu gefunden oder auf Cons/Messen gesehen.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Chiarina am 16.11.2016 | 14:06
Und ich finde Runequest interessanter. Können wir hier Midgard ´mal draußen lassen? Fände ich sehr angenehm.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Swafnir am 16.11.2016 | 14:14
Und ich finde Runequest interessanter. Können wir hier Midgard ´mal draußen lassen? Fände ich sehr angenehm.

Nun, da ich das oben explizit erwähnt habe, wirst das wohl aushalten müssen  ;)
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Achamanian am 16.11.2016 | 14:15
Ich muss, nachdem ich es jetzt auch endlich mal gespielt habe, auch noch mal betonen, dass RQ6/Mythras in meinen Augen sehr gut aufgeräumt hat mit gewissen Altlasten. Beispielsweise sind Kampf-Sondereffekte jetzt gut vereinheitlicht, ohne dass dabei die taktische Vielfalt leidet; Die leidliche doppelte Buchführung mit Zonen-HP und Gesamt-HP ist dahin und durch ein reines und eigentlich sehr einfaches Zonensystem ersetzt; Blutverlust, Ertrinken und Anstrengung sind einheitlich über ein Erschöpfungssystem geregelt; überhaupt haben alle Erschwernisse jetzt ein einheitliches Abstufungssystem; und wenn ich noch mal einheitlich schreibe, dann kriege ich Drehschwindel ...

Apropos Erschöpfung und Trefferpunkte: Was RQ6 auch sehr schön macht, sind die "many ways to die" - man kann verbluten, ersticken, an einem Waffentreffer sterben; all das ist trotz der empfundenen Vielfalt der Lebensbedrohlichkeiten allerdings (ächz) ziemlich einheitlich geregelt, d.h. bekannte Grundmechanismen greifen und werden nur in den Feinheiten an die jeweilige genaue Situation angepasst.

Dadurch fühlt sich RQ6 zumindest im Kampf wirklich enorm "real" an - und mit der Einführung von Glückspunkten ist gleichzeitig doch wieder eine kleine Lebensversicherung für Helden da, man muss halt bloß insgesamt etwas besonnener sein.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: munchkin am 16.11.2016 | 14:21
RuneQuest ist kein deutsches Rollenspiel und der deutsche Markt ist für (jetzt) Chaosium auch nicht interessant. Die Leute die RuneQuest spielen in Deutschland kaufen sich auch die Originale, da wäre eine deutsche  Ausgabe (von einem Supplement, nicht beim Regelwerk) theoretisch sogar eine Konkurrenz zum englichen Produkt. Das behindert natürlich die Verbreitung auf dem deutschen Markt, aber wen stört das? Chaosium nicht...

RQ6 wurde ja diversen deutschen Rollenspielverlagen angeboten, aber keiner war bereit sich darauf einzulassen. Unter anderem auch, weil man dann ein Konkurrenzprodukt zur eigenen Produktlinie veröffentlichen würde mit einem Regelwerk das im Vergleich nur wenige Fans in Deutschland hat.

Ein Vergleich mit Midgard (oder DSA) ist daher sinnfrei, da man RQ international betrachten muss.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: munchkin am 16.11.2016 | 14:24

... Apropos Erschöpfung und Trefferpunkte: Was RQ6 auch sehr schön macht, sind die "many ways to die" - ...


Ohja, bei RQ kann man sehr schnell an Erschöpfung sterben, vor allem wenn der SC krank ist   :gasmaskerly:
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Swafnir am 16.11.2016 | 14:46
RuneQuest ist kein deutsches Rollenspiel und der deutsche Markt ist für (jetzt) Chaosium auch nicht interessant. Die Leute die RuneQuest spielen in Deutschland kaufen sich auch die Originale, da wäre eine deutsche  Ausgabe (von einem Supplement, nicht beim Regelwerk) theoretisch sogar eine Konkurrenz zum englichen Produkt. Das behindert natürlich die Verbreitung auf dem deutschen Markt, aber wen stört das? Chaosium nicht...

RQ6 wurde ja diversen deutschen Rollenspielverlagen angeboten, aber keiner war bereit sich darauf einzulassen. Unter anderem auch, weil man dann ein Konkurrenzprodukt zur eigenen Produktlinie veröffentlichen würde mit einem Regelwerk das im Vergleich nur wenige Fans in Deutschland hat.

Ein Vergleich mit Midgard (oder DSA) ist daher sinnfrei, da man RQ international betrachten muss.

Es ging mir ja auch im den Nostalgiefaktor und nicht die vertriebswege, Verbreitung oder sonstiges.

Für mich klingt das mit den vielen Arten zu sterben ein wenig kompliziert bzw. sehr buchhalterisch. Wie sieht denn die Welt aus, oder ist Runequest ohne Setting?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: munchkin am 16.11.2016 | 14:52
Das RuneQuest über das wir hier reden also Edition #6 ist ohne Setting. Gerade weil man kaum Buchhaltung hat, ist das System so toll.

Mit Nostalgie hat es meiner Meinung wenig zu tun. RQ6/ Mythras ist eine kontinuierliche Verbesserung des ursprünglichen BRP. Wenn ich Nostalgie will, spiele ich RQ2, aber RQ6 ist ein modernes Rollenspiel von dem sich andere Systeme gut was abgucken können.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Achamanian am 16.11.2016 | 20:59

Für mich klingt das mit den vielen Arten zu sterben ein wenig kompliziert bzw. sehr buchhalterisch.

Nö, ist es eigentlich nicht. Meistens stirbt man ja gerade nur auf eine Art auf einmal, und das ist dann ganz einfach.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Blizzard am 17.11.2016 | 23:00
Neben all der Begeisterung eine kurze OT-Frage: Wie einsteigerfreundlich/-tauglich ist RQ 6 denn?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 18.11.2016 | 05:36
Neben all der Begeisterung eine kurze OT-Frage: Wie einsteigerfreundlich/-tauglich ist RQ 6 denn?

Ich würde sagen: Extrem, schon weil jeder normale Mensch etwas mit den Prozentwahrscheinlichkeiten des Fertigkeitssystems anfangen kann. Rechnerei gibt es nicht viel, auch bei der Charaktererschaffung nicht (darum gibt es auch nicht so viele Excel-Charakterbögen oder gar Java-Tools zur Charaktererstellung - es ist einfach unnötig).
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Curwen am 18.11.2016 | 12:37
Neben all der Begeisterung eine kurze OT-Frage: Wie einsteigerfreundlich/-tauglich ist RQ 6 denn?

Ich kann mich Thot nur anschließen. Das System ist eingängig und wird trotz der Vielseitigkeit nicht komplizierter. Als ich Runequest 6 das erste Mal gelesen habe, war ich auch vom logischen Aufbau des Buches überrascht. Auch wenn ich neuen Spielern Runequest am Anfang grob umreiße, kommt immer wieder so eine Antwort wie "das ist ja einfach". Es hat viele "bewegliche Teile" möchte ich sagen, die aber nicht aus der Reihe tanzen.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Blizzard am 18.11.2016 | 13:37
Vielen Dank für die Einschätzungen. :d Das hört sich doch gut an. So gut, dass ich es mir direkt mal bestellt habe. ;)
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Mr. Ohnesorge am 18.11.2016 | 17:54
Ich frage mich immer, ob eine so kleinschrittige Aufteilung, wie sie ein Prozentsystem hat, am Spieltisch hilfreich ist. Oder wird eher in 5er und 10er Schritten gemessen?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 18.11.2016 | 18:26
Ich frage mich immer, ob eine so kleinschrittige Aufteilung, wie sie ein Prozentsystem hat, am Spieltisch hilfreich ist. Oder wird eher in 5er und 10er Schritten gemessen?

Wer 51% in einer Fertigkeit hat, hat in einer "stressigen Situation" halt 51% Erfolgsschance mit dieser Fertigkeit. Ich habe noch keinen wenigstens annähernd erwachsenen Menschen getroffen, der den Zahlenraum bis 100 nicht überschaut, von daher wüsste ich nicht, wieso das ein Problem sein sollte.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Achamanian am 18.11.2016 | 18:31
Ich frage mich immer, ob eine so kleinschrittige Aufteilung, wie sie ein Prozentsystem hat, am Spieltisch hilfreich ist. Oder wird eher in 5er und 10er Schritten gemessen?

Ich stimme dir da zu - die 20er-Skala reicht eigentlich total. Andererseits ist die 100er-Skala für jeden ebenso leicht zu verstehen, und der W100 bietet noch ein paar interessante Extra-Möglichkeiten (man kann z.B. leichter Bruchteile eines Werts als Boni auf andere Werte anrechnen, was für RQ relevant ist; und was RQ zwar nicht macht, aber andere W100-Spiele, ist das ablesen unterschiedlicher Werte aus einem Wurf: Man kann der Einerstelle z.B. Trefferzonen zuordnen wie bei Renaissance oder der Summe der beiden Würfel einen Schadenswert wie bei Unknown Armies).
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: nobody@home am 18.11.2016 | 18:56
Ich frage mich immer, ob eine so kleinschrittige Aufteilung, wie sie ein Prozentsystem hat, am Spieltisch hilfreich ist. Oder wird eher in 5er und 10er Schritten gemessen?

Sagen wir mal, mir persönlich bringt sie nichts. Ich halte ja schon den W20 für eigentlich übertrieben frickelig, weil ich meine Kompetenz (bzw. meinen Mangel daran) auf einem bestimmten Gebiet definitiv nicht einfach mal aus dem Bauch heraus auf fünf Prozent genau abschätzen kann, und toleriere ihn eigentlich nur noch in bestimmten Systemen, weil ich nun mal andererseits dank DSA, D&D und Midgard damit aufgewachsen bin; ein Prozentsystem ist dann logischerweise dasselbe noch fünf mal kleinteiliger, und dann muß ich die Werte für mich tatsächlich oft erst zumindest näherungsweise in eine grobkörnigere Skala umrechnen, damit sich so etwas wie ein konkretes Gefühl für meine aktuellen Chancen im nächsten Wurf einstellt.

Soviel zu meiner Meinung zum Thema "Prozente kann jeder". ;)
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 18.11.2016 | 18:59
[...]
Soviel zu meiner Meinung zum Thema "Prozente kann jeder". ;)

Hast Du gerade versucht zu sagen, dass Du zu blöd für eine überall in der Öffentlichkeit verwendete Skala für Wahrscheinlichkeiten seist?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Achamanian am 18.11.2016 | 19:03
Hast Du gerade versucht zu sagen, dass Du zu blöd für eine überall in der Öffentlichkeit verwendete Skala für Wahrscheinlichkeiten seist?

Ich kann's ganz gut nachvollziehen, vom Gefühl her ist "das schaffe ich nur bei einer 6 auf W6" auch etwas klarer für mich als als so was wie 17,4 nochwas Prozent Erfolgswahrscheinlichkeit ... wobei ich es andererseits wieder für eine Illusion halte, dass das "Gefühl", das man bei "nur 6 auf W6" hat, viel mit der tatsächlichen Wahrscheinlichkeit zu tun hat.
Das Problem ist aber in jedem Fall nicht die Kleinschrittigkeit, sondern die Gewöhnung.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Weltengeist am 18.11.2016 | 19:15
Ich frage mich immer, ob eine so kleinschrittige Aufteilung, wie sie ein Prozentsystem hat, am Spieltisch hilfreich ist. Oder wird eher in 5er und 10er Schritten gemessen?

Das ist ein bisschen wie beim Flipper, wo du auch nicht 1 Punkt für einen Treffer kriegst, sondern gleich 100 oder 1000. Lernt man in jeder Vorlesung zum Game Design - auch wenn es total irrational ist, stehen die meisten Leute auf große Zahlen. Vor allem, wenn es IHRE großen Zahlen sind.  ~;D

Umgekehrt tun sich erstaunlich viele Leute schwer damit, einen Wert zwischen 0 und 20 in eine Erfolgswahrscheinlichkeit auf W20 umzusetzen. Beim D100 kriegst du die Erfolgswahrscheinlichkeit halt gleich mitgeliefert.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Chruschtschow am 18.11.2016 | 21:06
Hast Du gerade versucht zu sagen, dass Du zu blöd für eine überall in der Öffentlichkeit verwendete Skala für Wahrscheinlichkeiten seist?
Das ist in der Mathedidaktik in alter Hut, dass sehr viele Menschen mit Wahrscheinlichkeiten in Prozentangaben wenig bis nichts anfangen können. Du wirst einige Leute finden, die nicht ohne weitere Einhilfe merken, dass 6 auf W6, 18+ auf W20 und 85+ auf W100 fast das gleiche sind. Und ein einigermaßen verlässliches Gefühl für die zu erwartende absolute Häufigkeit gibt am ehesten der W6.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 19.11.2016 | 04:00
Das ist in der Mathedidaktik in alter Hut, dass sehr viele Menschen mit Wahrscheinlichkeiten in Prozentangaben wenig bis nichts anfangen können. [...]

Na ist doch prima, dann erfüllt BRP sogar noch einen gesamtgesellschaftlichen Bildungsauftrag.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: nobody@home am 19.11.2016 | 10:52
Hast Du gerade versucht zu sagen, dass Du zu blöd für eine überall in der Öffentlichkeit verwendete Skala für Wahrscheinlichkeiten seist?

Oh, Prozentwerte lesen kann jeder. Tatsächlich intuitiv schnell und bis auf die Einerstelle genau begreifen, was im Einzelfall konkret dahintersteckt? Das ist schon eine etwas andere Kiste, und entsprechend bin ich da in Bezug auf das Fähigkeitsniveau des angenommenen statistischen Durchschnittsbürgers etwas skeptischer...

Bei Prozentsystemen im Rollenspiel kommt meiner Meinung nach noch erschwerend hinzu, daß sie ihre Prozentwerte hauptsächlich gerade da einsetzen, wo sie es eben normalerweise tun, nämlich beim Bewerten von Fertigkeiten. Das hat aus meiner Sicht zwei Haken:

1.) Den Menschen will ich sehen, der es tatsächlich fertigbringt, sich selbst oder eine andere Person oder einen Charakter in Sachen Kompetenz prozentgenau einzuschätzen. Also wirklich punktgenau auf einer Skala von 0 bis 100 mit der Einerstelle bitte auch exakt richtig, denn wenn ich bloß grob über den Daumen peilen wollte ("also, auf einer Skala von 1 bis 5 würde ich sagen..."), bräuchte ich ja den ganzen hundertundeinteiligen Wertebereich erst gar nicht. Wenn aber eine derart genaue Messung oder Einschätzung normalerweise eh nicht machbar ist, wird die durch Prozentangaben scheinbar gebotene Präzision auf dem Charakterblatt schnell unglaubwürdig.

2.) Prozent von was eigentlich? Die Frage stellt sich fast schon automatisch, schließlich sind Prozentangaben für gewöhnlich relativ und brauchen also etwas, worauf sie sich beziehen können. Wenn mein Charakter beispielsweise Schleichen auf 77% hat -- heißt das, daß er 77% von allem weiß und kann, was es zum Thema Schleichen zu wissen und zu können gibt, und wäre er perfekt, wenn er erst mal die 100% erreicht? Nun, letzteres kann's in den meisten Prozentsystemen nicht sein, weil die sich um garantierte Erfolge sofort wieder mit irgendeiner Mindestfehlschlagschance herumdrücken oder ein Erreichen von 100% auch schon mal von vornherein gar nicht erst erlauben...also, von was mißt das System hier den konkreten Prozentanteil?

Nimm alles zusammen und ich ziehe ein deutlich grobkörnigeres Charakterbeschreibungssystem ohne solche Allüren -- meinetwegen buchstäblich "Bogen 1 = hat schon mal ein paar Pfeile verschossen, Bogen 3 = durchschnittlicher Armeebogenschütze, Bogen 5 = Robin Hood" -- definitiv vor.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: am 19.11.2016 | 11:06
Oh, Prozentwerte lesen kann jeder. Tatsächlich intuitiv schnell und bis auf die Einerstelle genau begreifen, was im Einzelfall konkret dahintersteckt? Das ist schon eine etwas andere Kiste, und entsprechend bin ich da in Bezug auf das Fähigkeitsniveau des angenommenen statistischen Durchschnittsbürgers etwas skeptischer...

Bei Prozentsystemen im Rollenspiel kommt meiner Meinung nach noch erschwerend hinzu, daß sie ihre Prozentwerte hauptsächlich gerade da einsetzen, wo sie es eben normalerweise tun, nämlich beim Bewerten von Fertigkeiten. Das hat aus meiner Sicht zwei Haken:

1.) Den Menschen will ich sehen, der es tatsächlich fertigbringt, sich selbst oder eine andere Person oder einen Charakter in Sachen Kompetenz prozentgenau einzuschätzen. Also wirklich punktgenau auf einer Skala von 0 bis 100 mit der Einerstelle bitte auch exakt richtig, denn wenn ich bloß grob über den Daumen peilen wollte ("also, auf einer Skala von 1 bis 5 würde ich sagen..."), bräuchte ich ja den ganzen hundertundeinteiligen Wertebereich erst gar nicht. Wenn aber eine derart genaue Messung oder Einschätzung normalerweise eh nicht machbar ist, wird die durch Prozentangaben scheinbar gebotene Präzision auf dem Charakterblatt schnell unglaubwürdig.

2.) Prozent von was eigentlich? Wenn mein Charakter beispielsweise Schleichen auf 77% hat -- heißt das, daß er 77% von allem weiß und kann, was es zum Thema Schleichen zu wissen und zu können gibt, und wäre er perfekt, wenn er erst mal die 100% erreicht? Nun, letzteres kann's in den meisten Prozentsystemen nicht sein, weil die sich um garantierte Erfolge sofort wieder mit irgendeiner Mindestfehlschlagschance herumdrücken oder ein Erreichen von 100% auch schon mal von vornherein gar nicht erst erlauben...also, von was mißt das System hier den konkreten Prozentanteil?

Nimm alles zusammen und ich ziehe ein deutlich grobkörnigeres Charakterbeschreibungssystem ohne solche Allüren -- meinetwegen buchstäblich "Bogen 1 = hat schon mal ein paar Pfeile verschossen, Bogen 3 = durchschnittlicher Armeebogenschütze, Bogen 5 = Robin Hood" -- definitiv vor.

Da stimme ich Dir vollkommen zu. "Eigentlich" wäre ein grobörnigeres System in dieser Hinsicht sinnvoller. Da gibt es sogar lustige Forschung zu, denn derlei Fragestellungen haben beispielsweise in der empirischen Sozialforschung eine große Bedeutung bei quantitativen Erhebungen: wie viele Skalenpunkte liefere ich den Leuten bei einer Frage? Statistisch betrachtet lautet die Antwort natürlich: möglichst viele. Das kollidiert aber leider mit der Verarbeitungskapzitätät des Menschen. Da ist es tendentiell so, dass je weniger Kategorien zur Verfügung stehen, desto leichter fällt uns die Einordnung. Es gibt also einen Trade-Off. Empirisch hat sich dabei herausgestellt, dass 5 bis 7 Skalenpunkte das Optimum darstellen. Das entspricht ziemlich genau dem Vorschlag von nobody@home.

Man kann das so formulieren. Eine Beschränkung auf diesen Blickwinkel hat aber einen großen Nachteil. Er lässt nämlich die Liebe der Leute zum Barbiespiel außen vor. Es gibt Spieler, die mögen nun einmal Systeme sehr, die Komplexität und Simulation stark in den Vordergrund schieben. Runequest, Rolemaster, DSA, Harnmaster operieren mit Komplexitätsstufen der Charakterbeschreibung, welche die Verarbeitungskapazität der Leute schlicht übersteigen. Eigentlich wäre vor dem Hintergrund des oben beschriebenen Trade Offs eine weniger "genaue" Fähigkeitsmessung viel, nunja, genauer. Aber es geht den Spielern ja nicht alleinig um eine diesbezügliche Genauigkeit der Messung, sondern auch um ein liebevolles Drehen und Wenden des Charakterzettels. Ich mache das auch gerne und fühle mich wohler mit Rolemaster als mit FATE. Irrational, aber wahr  :) Entsprechend kann ich Punkt bei Runequest durchaus verstehen, auch wenn ich das System sonst total scheiße finde und eine Begeisterung dafür ebenfalls nicht mal im Ansatz nachvollziehen kann. Offensichtlich eine Geschmacksfrage.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Chruschtschow am 19.11.2016 | 11:19
Das ginge dann im Prinzip in Richtung der These, dass viele Leute überkomplizierte Systeme spielen, weil durch das Fehlen eines intuitiven Zugangs das System trotz seiner Regelschwere in den Hintergrund tritt, weil ich ad hoc das Ding eh nicht durchschauen kann. Bestes Beispiel: 3W20-Probe bei DSA.

Ist aber nicht mehr wirklich Rolemaster. Höchstens in dem Sinne, dass deutlich wird, dass die Talentwerte in dieser Spanne nur eingeschränkt der Präzision einer Simulation dienlich sind. ;)
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 19.11.2016 | 12:01
Oh, Prozentwerte lesen kann jeder.

Eben. ;)

Zitat
Tatsächlich intuitiv schnell und bis auf die Einerstelle genau begreifen, was im Einzelfall konkret dahintersteckt?

Das ist ja gar nicht gefragt.  Der Anwendungsfall ist doch eher:


Zitat
Bei Prozentsystemen im Rollenspiel kommt meiner Meinung nach noch erschwerend hinzu, daß sie ihre Prozentwerte hauptsächlich gerade da einsetzen, wo sie es eben normalerweise tun, nämlich beim Bewerten von Fertigkeiten. Das hat aus meiner Sicht zwei Haken:

1.) Den Menschen will ich sehen, der es tatsächlich fertigbringt, sich selbst oder eine andere Person oder einen Charakter in Sachen Kompetenz prozentgenau einzuschätzen.

Die Prozentwerte sind ja auch kein "Charakterwissen", genauso wenig wie die Fertigkeitswerte in anderen Rollenspielsystemen. Insofern ist dieser Punkt schon etwas im Thema vorbei, oder?

Zitat
[...]
2.) Prozent von was eigentlich? Die Frage stellt sich fast schon automatisch, schließlich sind Prozentangaben für gewöhnlich relativ und brauchen also etwas, worauf sie sich beziehen können.

Das ist doch nun wirklich trivial: Prozent der Fälle, in denen eine im Fertigkeitssystem als "Standard" angenommene Situation gemeistert werden wird.

Zitat
[...]
Nimm alles zusammen und ich ziehe ein deutlich grobkörnigeres Charakterbeschreibungssystem ohne solche Allüren -- meinetwegen buchstäblich "Bogen 1 = hat schon mal ein paar Pfeile verschossen, Bogen 3 = durchschnittlicher Armeebogenschütze, Bogen 5 = Robin Hood" -- definitiv vor.

Und Dein ursprünglicher Anfänger-Bogenschütze ist dann nach 4 Spielsitzungen Robin Hood, weil Du gar keine Möglichkeit hast, graduell besser zu werden, ohne gleich Qualitätssprünge zu machen. Klar, Du könntest eine "Nachkommastelle" einführen, also Steigerung von 1.0 auf 1.1, auf 1.2 usw... aber dann hast Du auch wieder die gleiche Granularität wie bei BRP, nur hintenrum und komplizierter.

Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Weltengeist am 19.11.2016 | 12:04
Und Dein ursprünglicher Anfänger-Bogenschütze ist dann nach 4 Spielsitzungen Robin Hood, weil Du gar keine Möglichkeit hast, graduell besser zu werden, ohne gleich Qualitätssprünge zu machen. Klar, Du könntest eine "Nachkommastelle" einführen, also Steigerung von 1.0 auf 1.1, auf 1.2 usw... aber dann hast Du auch wieder die gleiche Granularität wie bei BRP, nur hintenrum und komplizierter.

Das ist vermutlich tatsächlich eines der Hauptargumente für ein feingranulares System. Die meisten Spieler, die ich kenne, wollen lieber möglichst oft wenigstens ein bisschen besser werden, als lange auf einen plötzlichen, dicken Anstieg zu warten. Und dieses "ein bisschen besser" lässt sich bei D100-Systemen halt besonders gut darstellen.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Selganor [n/a] am 19.11.2016 | 12:30
Und Dein ursprünglicher Anfänger-Bogenschütze ist dann nach 4 Spielsitzungen Steigerungen Robin Hood, weil Du gar keine Möglichkeit hast, graduell besser zu werden, ohne gleich Qualitätssprünge zu machen.
Fixed it for you.

Du gehst davon aus, dass bei jeder Spielsitzung eine Steigerung der Faehigkeit moeglich ist.
Das muss nicht so sein, und auch "Nachkommastellen" sind nicht unbedingt noetig (vgl. Steigerungssysteme wie bei Fate oder Ars Magica)
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Thot am 19.11.2016 | 12:45
Fixed it for you.

Du gehst davon aus, dass bei jeder Spielsitzung eine Steigerung der Faehigkeit moeglich ist.

Du gehst davon aus, dass es Spieler gibt, die es nicht genießen, wenn sie nach (oder vor) jeder Spielsitzung ihren Charakter ein bisschen verbessert sehen. Warum?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Chruschtschow am 19.11.2016 | 12:51
@Thot:
Er hat eher behauptet, dass es Leute gibt, deren Spielempfinden dadurch nicht geschmälert werden, dass ihre Werte nicht dauernd steigen. Das ist etwas anderes, als du daraus machst. Es gibt diesen Spielertypus. Ich gehöre auch dazu. Das ist in einigen Systemen die Norm, sei weil sie gröber auflösen, eher horizontale Entwicklung stärker betonen, über Sonderfähigkeiten wie Stunts oder Feats einwirken, was anderes oder ein Mix mehrerer Dinge.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Rhylthar am 19.11.2016 | 12:55
Du gehst davon aus, dass es Spieler gibt, die es nicht genießen, wenn sie nach (oder vor) jeder Spielsitzung ihren Charakter ein bisschen verbessert sehen. Warum?
Das eine schließt das andere nicht aus. Es müssten z. B. nur die Kosten für die nächste Stufe immer mehr erhöht werden (von 1 auf 2 2 Punkte, von 2 auf 3 auf 4 Punkte, etc.) oder man fängt mit relativ festen Werten an und die Steigerungen sind kostspielig (vgl. Shadowrun).
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Chruschtschow am 19.11.2016 | 12:58
Oh richtig. Ich war natürlich bei Fate, aber Shadowrun ist mindestens ein ebenso gutes Beispiel. Da kann ich den Spitzenwert von 6 bei der Erschaffung nehmen und teils nach jahrelangem Spiel habe ich da immer noch eine 6. Aber da habe ich nur selten Kritik zu gehört (bzw. persönlich nie).
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Rhylthar am 19.11.2016 | 13:00
Oh richtig. Ich war natürlich bei Fate, aber Shadowrun ist mindestens ein ebenso gutes Beispiel. Da kann ich den Spitzenwert von 6 bei der Erschaffung nehmen und teils nach jahrelangem Spiel habe ich da immer noch eine 6. Aber da habe ich nur selten Kritik zu gehört (bzw. persönlich nie).
Eben. Attribute waren eh schwer zu steigern und bei Fertigkeiten hatte man halt die Wahl: In die Breite mit vielen niedrigeren oder Sparen auf die großen Zahlen.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: nobody@home am 19.11.2016 | 13:07
@Thot:
Er hat eher behauptet, dass es Leute gibt, deren Spielempfinden dadurch nicht geschmälert werden, dass ihre Werte nicht dauernd steigen. Das ist etwas anderes, als du daraus machst. Es gibt diesen Spielertypus. Ich gehöre auch dazu. Das ist in einigen Systemen die Norm, sei weil sie gröber auflösen, eher horizontale Entwicklung stärker betonen, über Sonderfähigkeiten wie Stunts oder Feats einwirken, was anderes oder ein Mix mehrerer Dinge.

Es gibt auch das ganz klassische und auch nicht völlig unpopuläre Stufensystem a la D&D und so, wo man halt nur ab und zu mal überhaupt aufsteigt (und dazwischen meist nur irgendeinem abstrakten Punktestand beim Wachsen zusieht), dann aber auch "gleich richtig" anstatt in regelmäßigen-aber-kleinen Trippelschrittchen. Wie man seine Belohnungen am liebsten dosiert haben will, ist definitiv Geschmackssache.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Blizzard am 19.11.2016 | 13:09
1.)Den Menschen will ich sehen, der es tatsächlich fertigbringt, sich selbst oder eine andere Person oder einen Charakter in Sachen Kompetenz prozentgenau einzuschätzen. Also wirklich punktgenau auf einer Skala von 0 bis 100 mit der Einerstelle bitte auch exakt richtig, denn wenn ich bloß grob über den Daumen peilen wollte ("also, auf einer Skala von 1 bis 5 würde ich sagen..."), bräuchte ich ja den ganzen hundertundeinteiligen Wertebereich erst gar nicht.
Den Menschen will ich sehen bzw. zeig'mir jemanden, der auf einer Skala von 1-10 seinen Wert genau ein-bzw. abschätzen kann (aber bitte mit Dezimalstelle und korrekt auf-oder abgerundet). Den gibt es nicht. Das hat nämlich auch immer etwas mit Selbst-und Fremdwahrnehmung zu tun, die oftmals miteinander kollidieren. Ich selbst denke vielleicht, dass ich gut in etwas bin-auch wenn andere diese Einschätzung nicht teilen.

Zitat
Wenn aber eine derart genaue Messung oder Einschätzung normalerweise eh nicht machbar ist, wird die durch Prozentangaben scheinbar gebotene Präzision auf dem Charakterblatt schnell unglaubwürdig.
Aha.Interessant. Und wenn auf dem Charakterblatt statt %-Angaben ein Wert zwischen 1-10 oder 1-20 steht ist das glaubwürdiger?

Zitat
2.) Prozent von was eigentlich? Die Frage stellt sich fast schon automatisch, schließlich sind Prozentangaben für gewöhnlich relativ und brauchen also etwas, worauf sie sich beziehen können. Wenn mein Charakter beispielsweise Schleichen auf 77% hat -- heißt das, daß er 77% von allem weiß und kann, was es zum Thema Schleichen zu wissen und zu können gibt, und wäre er perfekt, wenn er erst mal die 100% erreicht? Nun, letzteres kann's in den meisten Prozentsystemen nicht sein, weil die sich um garantierte Erfolge sofort wieder mit irgendeiner Mindestfehlschlagschance herumdrücken oder ein Erreichen von 100% auch schon mal von vornherein gar nicht erst erlauben...also, von was mißt das System hier den konkreten Prozentanteil?
Lustig, das hier erinnert mich an eine Diskussion, die ich vor Jahren mal mit Freunden bezüglich der Bewertung von Computerspielen in Printmagazinen geführt habe. Denn da gibt es ja unterschiedliche Bewertungsskalen: Von Schulnoten über eine Bewertungsskala von 1-5 Sternen hinweg bis zum guten, alten %-System. Natürlich haben wir uns auch gefragt: "Was bedeutet das jetzt, wenn das Spiel eine Wertung von 73% bekommt?" Wir haben aber auch festgestellt, dass die meisten der Magazine bei der %ualen Bewertungsskala geblieben oder wieder dahin zurückgekehrt sind. Warum wohl?
Abgesehen davon redet man ja allgemein auch davon "100% zu geben" oder um eine Werbung zu zitieren: "120% mittendrin statt nur dabei". Im Endeffekt bedeutet das für die Frage mit dem Schleichenwert von 77%, dass der Charakter schon ganz gut schleichen, aber eben noch kein Thief oder Sam Fisher.

Zitat
Nimm alles zusammen und ich ziehe ein deutlich grobkörnigeres Charakterbeschreibungssystem ohne solche Allüren -- meinetwegen buchstäblich "Bogen 1 = hat schon mal ein paar Pfeile verschossen, Bogen 3 = durchschnittlicher Armeebogenschütze, Bogen 5 = Robin Hood" -- definitiv vor.
Das ist ja völlig legitim, wenn du ein deutlich grobkörnigeres System vorziehst -weil es dir mehr liegt. Nur ist das dann
Offensichtlich eine Geschmacksfrage.
und keine Frage der (objektiven) Glaubwürdigkeit des Systems. ;)

Offensichtlich eine Geschmacksfrage.
Wer hätt's gedacht...bzw. wie sicher bist du dir da auf einer Skala von 1-10? Bitte den genauen Wert mit Dezimalstelle angeben!
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Abseits dieser Stochastik-Diskussion hier (für die ein eigener Thread wohl sinnvoller wäre?!) wollte ich noch anmerken, dass ich meiner (Vor)Begeisterung von RQ 6 hier (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,100602.0.html) kurz Ausdruck verliehen habe. ;)

Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Rhylthar am 19.11.2016 | 13:17
Zitat
Aha.Interessant. Und wenn auf dem Charakterblatt statt %-Angaben ein Wert zwischen 1-10 oder 1-20 steht ist das glaubwürdiger?
Ob glaubwürdiger lasse ich mal dahingestellt.

Aber eine gröbere Einteilung lässt Unterschiede evtl. besser hervortreten. Ob jemand eine 51 % oder 53 %-Chance hat, macht nicht viel aus. Ob 5 oder 6 (1 - 10) lässt den Unterschied dann doch deutlicher hervortreten (wenn es nicht wie z. B. bei D&D doppelt belegte Werte gibt; 16 - 17 gelten als gleich kompetent).
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Achamanian am 19.11.2016 | 13:40
Man sollte bei der Diskussion auch bedenken, dass es nicht darum geht, dass der Unterschied zwischen 52 und 53 etwas Nennenswertes bedeutet - ich denke mal, die meisten d100-Spieler denken da (wie ich) eher in den Zehnerstellen und haben dann wieder eine überschaubare Skala von 1-10. Dabei stören die Einerstellen kein bisschen, und sie erfüllen halt im System eine zusätzliche Funktion (z.B. die Möglichkeit, sinnvoll Boni in Höhe von 1/5 eines Wertes zu vergeben, was auf einer 10er-Skala schwer wird ...).
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Swafnir am 19.11.2016 | 13:56
Also ich muss mich für die vielen Antworten bedanken. Irgendwie reizt mich Runequest jetzt schon. Allerdings hab ich die Kohle grad anderweitig ausgegeben  ~;D Aber ich behalts im Auge  :d
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Luxferre am 19.11.2016 | 16:37
Nehmen wir mal den Unterschied zwischen 53 und 56.

In HârnMaster macht das einen Krit mehr möglich (alle 5er und 0er sind Krit).
Ein ziemlich großer Unterschied.

Ich mag diverse Systeme und bin froh, mich da selbst nicht festlegen zu müssen.
Aborea, D&D5, HârnMaster sind da aktuell eine sehr gute Mischung  :d
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Chiarina am 19.11.2016 | 19:31
Nachdem ihr so viel über Steigern geschrieben habt: Wie wird denn nun eigentlich bei Runequest 6 gesteigert?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Blizzard am 20.11.2016 | 09:01
Das RuneQuest über das wir hier reden also Edition #6 ist ohne Setting.
Wenn RQ 6 ohne (eigenes) Setting daher kommt, was steht denn da auf 464 (!) Seiten abgesehen von den Regeln und Charaktererschaffung?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Achamanian am 20.11.2016 | 09:09
Wenn RQ 6 ohne (eigenes) Setting daher kommt, was steht denn da auf 464 (!) Seiten abgesehen von den Regeln und Charaktererschaffung?

Fünf Magiesysteme, ein Bestiarium, ein Kapitel zur Spielleitung und zum Troubleshooting ... das übliche halt. Knapp 500 Seiten für ein wirklich komplettes Regelwerk sind ja im Rollenspielbereich auch nicht gerade viel (ich denke mal, bei Midgard 5 oder Splittermond oder Rolemaster kommt man auf deutlich mehr ...).
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: TeichDragon am 20.11.2016 | 19:53
Fünf Magiesysteme, ein Bestiarium, ein Kapitel zur Spielleitung und zum Troubleshooting ... das übliche halt. Knapp 500 Seiten für ein wirklich komplettes Regelwerk sind ja im Rollenspielbereich auch nicht gerade viel (ich denke mal, bei Midgard 5 oder Splittermond oder Rolemaster kommt man auf deutlich mehr ...).

Die Zeiten von DSA1 sind halt lange schon vorbei. ;)
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Weltengeist am 21.11.2016 | 06:34
Die Zeiten von DSA1 sind halt lange schon vorbei. ;)

Zumal die RQ-Seiten nicht annähernd die Textdichte wie DSA oder Splittermond aufweisen.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Magister Ludi am 24.11.2016 | 17:25
Nachdem ihr so viel über Steigern geschrieben habt: Wie wird denn nun eigentlich bei Runequest 6 gesteigert?

Der Spielleiter vergibt pro Abenteuer durchschnittlich 3 Erfahrungspunkte. Mit einem Punkt kann man für eine Fertigkeit würfeln, die man steigern will. Zu dem Ergebnis des Prozentwurfes wird noch die Intelligenz (im Bereich 8 - 18) addiert. Ist die Summe mindestens so hoch wie der bisherigen Fertigkeitswert, addiert man 1W4+1%, ansonsten nur 1%. Das heißt, je besser man schon ist, desto langsamer steigt man auf. Mit einem Lehrer erhält man noch weitere Vorteile. Natürlich sollte man darauf achten, keine unplausible Fertigkeit zu steigern (nach einem Wüstenabenteuer vielleicht Überleben, aber nicht Bootfahren). 
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Chiarina am 25.11.2016 | 01:29
Klingt nicht verkehrt. Wie erklärt sich denn eine mögliche Abweichung von den standardmäßigen 3 Erfahrungspunkten?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: nugglix am 25.11.2016 | 09:51
Klingt nicht verkehrt. Wie erklärt sich denn eine mögliche Abweichung von den standardmäßigen 3 Erfahrungspunkten?

Das ist kein Standard. Nur der Mittelwert aus dem im Buch empfohlenen Rahmen.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: bobibob bobsen am 25.11.2016 | 10:46
Zitat
Der Spielleiter vergibt pro Abenteuer durchschnittlich 3 Erfahrungspunkte. Mit einem Punkt kann man für eine Fertigkeit würfeln, die man steigern will. Zu dem Ergebnis des Prozentwurfes wird noch die Intelligenz (im Bereich 8 - 18) addiert. Ist die Summe mindestens so hoch wie der bisherigen Fertigkeitswert, addiert man 1W4+1%, ansonsten nur 1%. Das heißt, je besser man schon ist, desto langsamer steigt man auf. Mit einem Lehrer erhält man noch weitere Vorteile. Natürlich sollte man darauf achten, keine unplausible Fertigkeit zu steigern (nach einem Wüstenabenteuer vielleicht Überleben, aber nicht Bootfahren). 

wieviele Fertigkeiten gibt es denn ca.?
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: munchkin am 25.11.2016 | 11:46
Es gibt 21 Standardfertigkeiten (die beherrscht jeder). Dazu kommen, je nach Kampagne und Hintergrund, noch ca 7 Spezialfertigkeiten. Zu denen u.a. auch die magischen Fertigkeiten gehören.

Ich halte es so, bei Mythic Britain reichen die 3 XP, bei Classic Fantasy gebe ich 5 XP, damit die Spieler leichter in die höheren Ränge kommen können.

Je nach Charisma können es auch +1 oder -1 XP sein. Das Regelwerk begründet das, dass ein netter Kerl leichter Hilfe und Unterstützung beim lernen findet.

Diese XP sind nicht nur zum erhöhen von Fertigkeiten, man lernt damit auch neue Spezialfertigkeiten, Zaubersprüche, manipuliert magische Gegenstände und was dem Spielleiter (oder den Spielern) noch so alles einfällt.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: bobibob bobsen am 25.11.2016 | 11:51
Dann ist der Fortschritt nach einem Abenteuer also eher klein bis minimal oder täuscht der Eindruck?
Ich frage nach weil mich das an vielen W100 Systemen stört. Nach zwei jahren in RL schaut man sich seinen Charakter an und stellt fest das sich eigentlich nichts geändert hat.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: munchkin am 25.11.2016 | 12:01
Das kommt auf den Spielstil der Runde an. Man beginnt ja relativ hoch in seinen Top-Fertigkeiten. Kampfstil hat ein Kämpfer sicher so um die 70-75% am Anfang, plus Leidenschaft kommt er in einem wirklich wichtigen Gefecht auf einen Wert über 80%.

Aber du hast Recht, RuneQuest definiert sich nicht über den Fortschritt des einzelnen Charakters. Es gibt ja auch keine Levels die dir vorschreiben was und wieviel du lernst.

Sollten Gruppen gerne eine schnelle Steigerung bevorzugen, da gibt man eben einfach mehr XP. Die Regeln überlassen das den Spielern / Spielleitern.
Titel: Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
Beitrag von: Argamae am 21.03.2017 | 18:28
Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, daß die 5 Magiesysteme absolut genial sind und - obwohl sie auf dem gleichen, veständlichen Regelkern aufbauen - sich inhaltlich komplett unterschiedlich anfühlen. Im Großen und Ganzen kommt RQ6 als eine Art Werkzeugkasten daher, zumal ihm ja ein eigenes Setting fehlt. Und es ist ein sehr gut ausgestatteter Werkzeugkasten.