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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: Lichtbringer am 9.08.2017 | 16:52

Titel: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 9.08.2017 | 16:52
Hallo Leute,

ich wollte das Video meines Nordcon-Vortrags "Der Spaß ist nicht genug! - ernste Themen im Rollenspiel" (https://youtu.be/FJbOOmvUrqw) mit euch teilen.

Viel Freude damit.

Gnadenlos ehrliche Kritik explizit erwünscht, so sie durchdacht ist.

Lars
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Swafnir am 9.08.2017 | 18:02
Hat mir gut gefallen  :d
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 11.08.2017 | 16:28
Vielen Dank.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Anro am 11.08.2017 | 17:45
Guter Vortrag,

Zwei Dinge, die vielleicht nicht wichtig sind, aber:
1. Ich hätte erwartet, dass mehr darauf hingewiesen wird, dass die Spieler klar nach Ihren Triggern gefragt werden sollten.
Ängste(Spinnen), Vergewaltigung, Gewalt gegen Kinder können unter Umständen etwas auslösen, was schwer zu begreifen/kontrollieren ist.
Andere Gruppen werden sich verschließen, oder sagen "Ich mag dich als gute Laune-Leiter, ich will in meinem Rollenspiel Schönes und Episches."
Wenn der Spielleiter also sich da verschätzt oder nicht weiß, dass der kleine Bruder überfahren wurde, dann ist das gefährlich.
Oder vielleicht etwas eingebaut, was darstellt: "Wann ist es Richtig, was muss ich abklopfen und was muss ich an der Stimmung drehen, um Ernstes ins Rollenspiel aufzunehmen."
Ich sage nicht, dass es nötig ist und ich bin vielleicht genau an der Stelle etwas abgedriftet, aber ich glaube außer "Vertrauen" und "Kenne deine Spieler" war nicht viel in diese Richtung?

2. Deine Beispiele sind etwas veraltet :-P
Du kennst viele klassische Literatur, so klassisch, dass man Sie eher als "Werke" bezeichnet als als Bücher.
Das ist lobenswert und all dies, aber für ein normales Publikum wäre mehr Popkultur sicher besser. :-P

Wie Du siehst, Beides keine wirklich großen Zacken an einem sehr sehr runden Vortrag.
Gut dich in der Community zu haben.

(Ich glaube ich stimme beim letzen Assessment nicht ganz zu - Ich bin eher einer der zu viel Emotions- und Dramaregeln als störend empfindet, aber vielleicht liegt das auch nur an meinen (fehlenden) Erfahrungen.)
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Teylen am 11.08.2017 | 17:59
Oh, das bist du :o
Ich glaube ich habe dich schonmal gesehen, und dann mit jemanden (Jiba?) verwechselt. Was du meintest, das es dir öfter passiert?

(/sub und Video in der "später schauen"-Liste)
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 12.08.2017 | 19:43
Wie Du siehst, Beides keine wirklich großen Zacken an einem sehr sehr runden Vortrag.
Gut dich in der Community zu haben.

Vielen Dank für das Lob. Bin auch gerne hier.


1. Ich hätte erwartet, dass mehr darauf hingewiesen wird, dass die Spieler klar nach Ihren Triggern gefragt werden sollten. [...]
Ich sage nicht, dass es nötig ist und ich bin vielleicht genau an der Stelle etwas abgedriftet, aber ich glaube außer "Vertrauen" und "Kenne deine Spieler" war nicht viel in diese Richtung?

Diese Frage beantworte ich mit einem klaren Jein. Die Zielsetzung ist wichtig, aber ich zweifle an der Strategie.
Das Problem ist, dass vielen Leute nicht klar ist, was sie in der Spielpraxis tatsächlich bedrängen könnte. Außerdem sind sie nicht immer so mutig, es auszusprechen. Deshalb scheinen mir Vertrauen und kleine, behutsame Schritte der besser Weg. Aber natürlich gehört dazu vielleicht auch die Nachfrage.

2. Deine Beispiele sind etwas veraltet :-P
Du kennst viele klassische Literatur, so klassisch, dass man Sie eher als "Werke" bezeichnet als als Bücher.
Das ist lobenswert und all dies, aber für ein normales Publikum wäre mehr Popkultur sicher besser. :-P

Das war tatsächlich eine bewusste Entscheidung, aus folgenden Gründen:
1) Die Klassiker sind einfach bekannter. Selbst wenn die meisten Leute sie nicht lesen, wissen sie doch in etwa, worum es geht. Es ist für uns Nerds häufig unverständlich, dass jemand unsere Lieblingsserie nicht genauso gut kennt wie wir, aber das ist oft eine Illusion. Ich hielt schon Nordcon-Vorträge, bei denen sich per Handzeichen herausstellte, dass 20 % der Zuhörer noch nie Star Wars gesehen hatten.
2) Vielleicht weil sie in der Schule behandelt werden, ist der Umgang mit ihnen oft viel analytischer. Praktisch jedem ist klar, dass Hamlet eine Tragödie ist. Aber wie vielen Star-Wars-Fans ist bewusst, dass SW ein Märchen ist? Und für einen solchen Vortrag ist reflektierter Umgang schon irgendwie wichtig.
3) Wenn man das Niveau des Rollenspiels als Kunstform heben will, schadet Hochkultur nun auch nicht gerade.  8)


(Ich glaube ich stimme beim letzen Assessment nicht ganz zu - Ich bin eher einer der zu viel Emotions- und Dramaregeln als störend empfindet, aber vielleicht liegt das auch nur an meinen (fehlenden) Erfahrungen.)

Hm, es geht mir ja nicht darum, man können so nicht spielen. Ich wehre mich eher gegen den logischen Fehlschluss, die Abwesenheit von Regeln fördere etwas. (Von nichts kommt nichts.)
Um mich selbst als Beispiel zu verwenden: Mein Lieblingssystem (Fate) hat Regeln für soziale Konflikte. Diese wende ich aber nicht immer an, sondern nur wenn sie der Szene tatsächlich gut tun. Wenn wir sie jedoch weglassen, dann ist dieses Weglassen höchstens ein Vermeiden des Unnötigen und nicht ein Fördern an und für sich.

Ergibt das Sinn?



Oh, das bist du :o
Ich glaube ich habe dich schonmal gesehen, und dann mit jemanden (Jiba?) verwechselt. Was du meintest, das es dir öfter passiert?

Als ich beim Zunftblatt schrieb, wurde ich mit Jiba verwechselt. Von Tanelornis werde ich auch gerne mit Friedensbringer verwechselt. Was bei dir der Fall war, weiß ich nicht mehr.  :)
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Anro am 14.08.2017 | 14:02
Zitat
[Paraphrased: Trigger der Spieler klären, bevor ernste Themen gespielt werden.]
Diese Frage beantworte ich mit einem klaren Jein. Die Zielsetzung ist wichtig, aber ich zweifle an der Strategie.
Das Problem ist, dass vielen Leute nicht klar ist, was sie in der Spielpraxis tatsächlich bedrängen könnte. Außerdem sind sie nicht immer so mutig, es auszusprechen. Deshalb scheinen mir Vertrauen und kleine, behutsame Schritte der besser Weg. Aber natürlich gehört dazu vielleicht auch die Nachfrage.
Ich habe mir angewöhnt meine Freunden/Spieler privat zu fragen "Gibt es etwas, was bei Dir nicht geht, wo Du nicht drüber reden willst und nicht mit konfrontiert werden willst - Kannibalismus, Spinnen, Vergewaltigung, Krankheiten?"
Bisher waren alle der Meinung "Wenn es in deiner Welt ist, dann ist das in deiner Welt." 
Wie dem auch sei, ich weiß, dass ein paar Menschen mit "Stell dich nicht so an, das ist Rollenspiel, das ist sowas wie Kunst, das muss emotional ergreifen"-Attitüde leben und leiten.
Das wäre etwas, wo ich nicht als Ressource genannt werden wollen würde. z.B. wenn die Gruppe mit starker Perversion konfrontiert wurde und eine Person an ein persönliches Trauma erinnert wurde und damit unerwartet arbeiten muss. Um so mehr, wenn die Gruppe dann falsch damit umgeht.
Wie gesagt, ist nun alles sehr konstruiert und nicht wirklich ernsthaft tragisch.
Zitat
[Paraphrased: Beispiele, Modern oder Klassiker]
Das war tatsächlich eine bewusste Entscheidung, aus folgenden Gründen:
1) Die Klassiker sind einfach bekannter. Selbst wenn die meisten Leute sie nicht lesen, wissen sie doch in etwa, worum es geht. Es ist für uns Nerds häufig unverständlich, dass jemand unsere Lieblingsserie nicht genauso gut kennt wie wir, aber das ist oft eine Illusion. Ich hielt schon Nordcon-Vorträge, bei denen sich per Handzeichen herausstellte, dass 20 % der Zuhörer noch nie Star Wars gesehen hatten.
2) Vielleicht weil sie in der Schule behandelt werden, ist der Umgang mit ihnen oft viel analytischer. Praktisch jedem ist klar, dass Hamlet eine Tragödie ist. Aber wie vielen Star-Wars-Fans ist bewusst, dass SW ein Märchen ist? Und für einen solchen Vortrag ist reflektierter Umgang schon irgendwie wichtig.
3) Wenn man das Niveau des Rollenspiels als Kunstform heben will, schadet Hochkultur nun auch nicht gerade.  8)
1) Bekannter in unserer Generation mit deutscher Schuldbildung und dann wahrscheinlich auch nur im Leistungskurs. Dann rotieren da meistens 2-3 Bücher. Selbst der LK hat meistens zu viele Bücher und zu wenig Zeit.
Ja, meine Serien kennen nicht viele :-P
Das mit Starwars hast Du doch erfunden, gibs zu. War in dem Raum vorher ein Bondage-Kurs, oder waren die einfach am Schlafen?
2) Akzeptiert.
3) Hochkultur und alte Klassiker... Ich glaube, wir setzen uns mal zu einem guten Glas Traubensaft zusammen und diskutieren das aus. Wenn Du willst, kannst Du deinen auch vorher schlecht werden lassen.
Zitat
[Partielles Veto: Dramaregeln fördern Drama]
Hm, es geht mir ja nicht darum, man können so nicht spielen. Ich wehre mich eher gegen den logischen Fehlschluss, die Abwesenheit von Regeln fördere etwas. (Von nichts kommt nichts.)
Um mich selbst als Beispiel zu verwenden: Mein Lieblingssystem (Fate) hat Regeln für soziale Konflikte. Diese wende ich aber nicht immer an, sondern nur wenn sie der Szene tatsächlich gut tun. Wenn wir sie jedoch weglassen, dann ist dieses Weglassen höchstens ein Vermeiden des Unnötigen und nicht ein Fördern an und für sich.

Ergibt das Sinn?
Es ergibt Sinn.
Ich habe kein schönes Bild dafür... also konstruiere ich ein mangelhaftes, aber auch hier ist es eher eine philosophische Grundsatzdiskussion, denke ich.
Wenn Du eine Taube in freier Wildbahn aussetzt, mit einem einprogrammierten Weg nach Hause, dann wird Sie ankommen, wo es Ihr gut geht, doch der Adler ist freier, ohne Leitsystem.

Mit anderen Worten, wenn Regeln da sind, dann werden viele Versuchen sie immer einzusetzen. Wenn keine da sind, dann werden diese "Leitsysteme(LS)" nicht genutzt.
Wenn Du eine Taube bist, die ohne LS zu feige wärst überhaupt deine Flügel zu spreizen und dich lieber tragen lässt, so ist das gut. Wenn Du mit Adlern zu tun hast, die alleine überall hin wollen und sich überall ernähren und entfalten können, dann fuck the system - wenigstens ein bisschen.

Daher... vielleicht musst Du mir einfach mal eine Fate Runde leiten :P, wie ich schon sagte ist meine Erfahrung da nur observativ und theoretisch.
(Ich finde, observativ ist ein tolles Wort, auch wenn es unterkringelt wird.)
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ucalegon am 14.08.2017 | 18:40
Ein starker Anfang. Die Kernaussage ist für mich: Viele wissen gar nicht, dass das überhaupt geht. Dass die Themen, die du danach vorstellst (Folgen von Gewalt, Krankheit und Tod, Armut, Philosophie, Romantik und Sex, "Adult Fear") auch zu Rollenspielen gehören können.

Die Mittel und Wege (Vertrauen, Dilemmata, Dekonstruktion, NSC, SC mit Schwächen) erscheinen mir soweit sinnvoll. Nicht ganz klar geworden ist mir, wie du den Zusammenhang zwischen Drama (Mittel: Dramatische Situationen/Dramatische Handlungen) und den eingangs genannten Themen siehst. Ist Drama (z.B. im Sinne von Hillfolk: Es geht um emotionale Bedürfnisse) ein besonders gutes Vehikel für die Themen oben oder gehört es eher selbst in diese Reihe?

Gar nicht einverstanden bin ich mit der zweiten Hälfte. Unabhängig davon, ob man nun mit einer traditionellen SL, Player Empowerment oder SL-los spielt: Wenn es um Spielstil und -Inhalte geht, sind meiner Ansicht nach alle gleichermaßen Mitspielende und müssen sich gemeinsam darüber abstimmen, wie sie welche Rollenspiele spielen. Deshalb kommt es für mich überhaupt nicht in Frage, Themen egal welcher Art über Sonderabsprachen (Stichwort: "Schwarzes Schaf"), einseitige "emotionale Profile"  mit dem Argument, die Mitspielenden selbst seien nicht objektiv (ein 'Sag mir, was dir Angst macht' wie in Murderous Ghosts finde ich wiederum absolut in Ordnung) oder durch andere Hintertüren einzuführen. Wenn sich Leute unwohl mit diesen Inhalten fühlen, folgere ich daraus nicht, dass sie "umzuerziehen" oder "zu konvertieren" seien, sondern führe mit ihnen ein offenes Gespräch darüber, was sie persönlich im Spiel sehen wollen und wie sie möchten, dass mit ihrem Unwohlsein umgegangen wird. Dann mag es durchaus sein, dass wir uns darauf einigen, "harte Themen in weichen Medien" zu verpacken, Metaphern zu benutzen oder die Intensität langsam zu steigern. Oder wir benutzen andere, von dir leider nicht genannte Methoden, Sicherheit und Vertrauen herzustellen wie die X-Card (https://docs.google.com/document/d/1SB0jsx34bWHZWbnNIVVuMjhDkrdFGo1_hSC2BWPlI3A/edit), Lines and Veils (https://rpg.stackexchange.com/questions/30906/what-do-the-terms-lines-and-veils-mean) oder I will not abandon you (http://fairgame-rpgs.com/index.php/fairgame/thread/32).

Schade fand ich, dass über Rollenspiele, wo all das umgesetzt wird, nur in den letzten 5 Minuten und quasi unter ferner liefen gesprochen wurde. Damit fehlt für mich die Hälfte. Gerade Fate halte ich persönlich in diesem Kontext übrigens für ein komisches Beispiel, weil die Regeln und der Großteil des publizierten Materials in erster Linie Pulp-Action versprechen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 15.08.2017 | 15:44
Ich finde deinen Vortrag toll!

Zum Heranerziehen: Ich habe früher bestimmte Verhaltensweisen stark gefördert. Als dann mal ein Spieler aus einer alten Runde dabei war, habe ich gemerkt, dass ich damit früher schlicht falsch lag — jetzt musste ich das wieder ungeschehen machen. Dadurch hat es mehr Spaß gemacht.

Fazit daraus: Ich muss mir gut überlegen, was ich wirklich für unsere Runde für richtig halte. Das führt aber zur Diskussion, was richtiges Rollenspiel ist, und die hat keine Antwort — und ist Verhandlungssache in der Runde, zumindest solange ich eine bestimmte Gruppe habe, mit der ich spielen will. In einem Verein ist das vermutlich anders, solange der eigene Stil für die meisten nicht völlig unverträglich ist.

Bei Comic Relief brach bei mir die Realität durch — mit Trump ☹

Härtere Themen anzusprechen geht meiner Erfahrung nach nur, wenn die Stimmung passt. Diese Stimmung zu erzeugen läuft bei mir bisher eher intuitiv — ich versuche mich in die Spielerinnen und Spieler hineinzuversetzen. Mir fehlt dazu aber ein "objektiver" Werkzeugkasten, auf den ich zurückgreifen kann. Sozusagen ein verlässliche Abkürzung. Wobei ich nicht sicher bin, ob es die gibt.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 1of3 am 15.08.2017 | 20:53
Oh, das bist du :o
Ich glaube ich habe dich schonmal gesehen, und dann mit jemanden (Jiba?) verwechselt. Was du meintest, das es dir öfter passiert?

Leute mit Jiba verwechseln hat uns bereits ein :T:reffen-Motto beschert.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: D. Athair am 17.08.2017 | 21:58
Wenn der Spielleiter also sich da verschätzt oder nicht weiß, dass der kleine Bruder überfahren wurde, dann ist das gefährlich.
... stimmt. Wobei meine Erfahrung da ist: Egal wie viel man da weiß und wie vorsichtig man agiert, Trigger in irgendeiner Art kann man immer erwischen. Deswegen sind die "Sicherheitsmechanismen" von denen Ucalegon schrieb so wichtig. Gerade wenn es um "härtere"/"ernste" Themen im RSP geht.

Abgesehen davon: Tolle Kritik, Ucalegon. Fängt ziemlich genau auch meine Meinung/Haltung dazu ein.


Das Eingehen auf Spiele, die speziell ernste Themen fokussieren, habe ich auch vermisst.
Insbesondere fand ich den Fokus auf story-orientierte Spiele unglücklich (Fate, WoD, story games).
Da hätte auch Kram wie Clockwork & Chivalry (BRP/d100, englischer Bürgerkrieg mit phantastischen Elementen, das einen Fokus auf gesellschaftliche Bezüge und religiös-politische Konflikte legt) oder Geh nicht in den Winterwald (Freiform-Erzählspiel um Grusel, Angst und den finsteren Wald neben dem Dorf) oder LotFP-Kram (weirdness, violence, relationship, sex) erwähnt gehört. Insbesondere um deutlich zu machen: Ernste Themen sind grundsätzlich spielstilunabhängig.

Spielmechanismen, die "erste Themen" unterstützen, können auf verschiedene Weise vorkommen. Sie können durch das Etablieren bestimmter sozialer Regeln und "How-to-Play"-Regeln forciert werden (Geh nicht in den Winterwald), es können Regelmomente/Rulings/Subsysteme/Tweaks/Regelzusätze sein (LotFP/V:tM/Clockwork & Chivalry) oder es kann auch fest in den Kern-Regeln verankert sein (z.B. The Mountain Witch).

Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Timo am 17.08.2017 | 22:02
Leute mit Jiba verwechseln hat uns bereits ein :T:reffen-Motto beschert.

Ich verwechsel ja grundsätzlich Orko mit Jiba. Lichtbringer sehe ich ja ab und an in Kiel, wobei der mich immer unhöflich ignoriert, selbst wenn ich ihn grüße, normalerweise ist das immer andersrum bei mir... :)
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 21.08.2017 | 16:25
@Timo: Da ich sogar an meiner eigenen Mutter vorbeilaufe, ist das eher ein Beleg dafür, wie niedrig mein Wahrnehmungswert ist. Ist nicht persönlich, ist ganz generelle Unfähigkeit. ;)


Das mit Starwars hast Du doch erfunden, gibs zu. War in dem Raum vorher ein Bondage-Kurs, oder waren die einfach am Schlafen?

Du unterschätzt, wie sehr die Nerd-Szene unterteilt ist. Wenn auf dem Nordcon das Wetter schlecht ist, haben wir oft jede Menge Larper im Raum. Und die sind viel mehr an Fantasy und Mittelalter interessiert. Auf die Frage, wer noch nie SW gesehen habe, meldeten sich etwa ein Fünftel der Gruppe.


Gar nicht einverstanden bin ich mit der zweiten Hälfte. Unabhängig davon, ob man nun mit einer traditionellen SL, Player Empowerment oder SL-los spielt: Wenn es um Spielstil und -Inhalte geht, sind meiner Ansicht nach alle gleichermaßen Mitspielende und müssen sich gemeinsam darüber abstimmen, wie sie welche Rollenspiele spielen. Deshalb kommt es für mich überhaupt nicht in Frage, Themen egal welcher Art über Sonderabsprachen (Stichwort: "Schwarzes Schaf"), einseitige "emotionale Profile"  mit dem Argument, die Mitspielenden selbst seien nicht objektiv (ein 'Sag mir, was dir Angst macht' wie in Murderous Ghosts finde ich wiederum absolut in Ordnung) oder durch andere Hintertüren einzuführen. Wenn sich Leute unwohl mit diesen Inhalten fühlen, folgere ich daraus nicht, dass sie "umzuerziehen" oder "zu konvertieren" seien, sondern führe mit ihnen ein offenes Gespräch darüber, was sie persönlich im Spiel sehen wollen und wie sie möchten, dass mit ihrem Unwohlsein umgegangen wird. Dann mag es durchaus sein, dass wir uns darauf einigen, "harte Themen in weichen Medien" zu verpacken, Metaphern zu benutzen oder die Intensität langsam zu steigern. Oder wir benutzen andere, von dir leider nicht genannte Methoden, Sicherheit und Vertrauen herzustellen wie die X-Card (https://docs.google.com/document/d/1SB0jsx34bWHZWbnNIVVuMjhDkrdFGo1_hSC2BWPlI3A/edit), Lines and Veils (https://rpg.stackexchange.com/questions/30906/what-do-the-terms-lines-and-veils-mean) oder I will not abandon you (http://fairgame-rpgs.com/index.php/fairgame/thread/32).

Okay, die Kritik ist durchaus berechtigt. Vielleicht hätte ich das näher ausführen müssen.
Hier mein Problem mit Lösungen wie der X-Card oder die Leute auch nur zu fragen:
Das Problem ist, dass die Selbsteinschätzung der meisten (wenn nicht gar aller) Menschen deutlich von der Realität abweicht. Ein Beispiel jenseits des Rollenspiels, das den meisten Lesern eingängig sein sollte: Wenn man ein repräsentative Stichprobe der Bevölkerung eines beliebigen Lands in der Westlichen Welt befragt, nach welchen Kriterien sie ein Auto auswählen, dann erhält man seltsame Ergebnisse. Nach der Selbstauskunft sollten die meisten Leute entweder verbrauchsarme Kleinwagen oder sehr sichere Autos fahren. So sehen aber weder Straßenverkehr noch Automarkt in Wahrheit aus.
Das liegt einerseits daran, dass vielen Leuten einfach nicht klar ist, was sie wirklich wollen. Das gilt eben auch für Rollenspieler. Viele sind einfach im Irrtum darüber, was sie möchten.
Deshalb halte ich ein Quant Einfühlungsvermögen für wertvoller als zehn Quanten bewussten Diskurses.

Um mich selbst als Beispiel zu nennen: Ich hatte das Pech, einen Mordversuch mitzuerleben. Ich hatte keine Ahnung, ob das Thema im Rollenspiel für mich schwierig werden könnte. In der Praxis zeigte sich, dass es das nicht ist und dass ich es schade fände, auf dieses Handlungselement sicherheitshalber zu verzichten.

Was das Umerziehen angeht: Da ging es ja um das Umerziehen zur Bereitschaft zu ernsten Themen, nicht zum Ertragen eine spezifischen Themas.


Das Eingehen auf Spiele, die speziell ernste Themen fokussieren, habe ich auch vermisst.
Insbesondere fand ich den Fokus auf story-orientierte Spiele unglücklich (Fate, WoD, story games).
Da hätte auch Kram wie Clockwork & Chivalry (BRP/d100, englischer Bürgerkrieg mit phantastischen Elementen, das einen Fokus auf gesellschaftliche Bezüge und religiös-politische Konflikte legt) oder Geh nicht in den Winterwald (Freiform-Erzählspiel um Grusel, Angst und den finsteren Wald neben dem Dorf) oder LotFP-Kram (weirdness, violence, relationship, sex) erwähnt gehört. Insbesondere um deutlich zu machen: Ernste Themen sind grundsätzlich spielstilunabhängig.

Das ergibt für mich jetzt gar keine Sinn. Erstens scheint es mir offensichtlich falsch. Wenn mein Spielstil sich vor allem mit Kobolde fressen Babys! deckt, dann steht ernsten Spiel gar nicht im Raum.
Es ist sicherlich so, dass es eine Vielzahl von Spielstilen gibt, die mit ernsten Themen umgehen können und es vielleicht auch tun. Ob das System sie auch fördert, ist eine andere Frage.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ucalegon am 21.08.2017 | 22:44
Viele sind einfach im Irrtum darüber, was sie möchten.
Deshalb halte ich ein Quant Einfühlungsvermögen für wertvoller als zehn Quanten bewussten Diskurses.

Um mich selbst als Beispiel zu nennen: Ich hatte das Pech, einen Mordversuch mitzuerleben. Ich hatte keine Ahnung, ob das Thema im Rollenspiel für mich schwierig werden könnte. In der Praxis zeigte sich, dass es das nicht ist und dass ich es schade fände, auf dieses Handlungselement sicherheitshalber zu verzichten.

Das auszuprobieren - wie in deinem Fall - oder eben nicht, ist eine Entscheidung, die allein die betroffene Person treffen kann. Und wenn da ein bestimmtes Thema von vorneherein und grundsätzlich ausgeschlossen wird, dann ist das eben so, egal, ob ich als Außenstehender das jetzt für falsche Selbsteinschätzung halte.

Aber: Wenn du dir die drei von mir verlinkten Techniken anschaust, wirst du feststellen, dass es da nur zu einem kleinen Teil darum geht, sicherheitshalber auf Dinge zu verzichten und sie vorab auszuschließen.

Was das Umerziehen angeht: Da ging es ja um das Umerziehen zur Bereitschaft zu ernsten Themen, nicht zum Ertragen eine spezifischen Themas.

Darauf bezog sich meine Kritik auch. Die Bereitschaft, beispielsweise Grey Ranks zu spielen, ist entweder da oder nicht. Ich kann mit meinen Mitspielenden über ihre Befürchtungen reden, weniger intensive Alternativen anbieten und Sicherheitstechniken vorstellen, klar. Aber ich habe ganz eindeutig niemanden umzuerziehen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 22.08.2017 | 11:36
Um mich selbst als Beispiel zu nennen: Ich hatte das Pech, einen Mordversuch mitzuerleben. Ich hatte keine Ahnung, ob das Thema im Rollenspiel für mich schwierig werden könnte. In der Praxis zeigte sich, dass es das nicht ist und dass ich es schade fände, auf dieses Handlungselement sicherheitshalber zu verzichten.
Um noch ein verbreiteteres Beispiel zu nennen, das mich gerade umgekehrt getroffen hat. Ich habe letztens den Monitor vom 6.7. gesehen. Dort wurde noch gewarnt, dass die Bilder heftig sind. Als sie ein schreiendes Mädchen gezeigt haben, dem von den Ärzten Granatsplittern aus dem Körper gezogen wurden, habe ich für einen kurzen Augenblick meine eigene Tochter da gesehen. Es war das erste Mal, dass ich beim Fernsehen wirklich würgen musste. Selbst jetzt laufen mir die Tränen über das Gesicht, wenn ich nur davon schreibe. Dass ich so reagieren würde, hatte ich selbst nicht erwartet.

Ich weiß nicht, ob es im Rollenspiel ähnlich wäre, aber ich hoffe, dass meine Runde pausieren würde, wenn mich etwas so erwischen sollte.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: D. Athair am 23.08.2017 | 12:07
Das ergibt für mich jetzt gar keine Sinn. Erstens scheint es mir offensichtlich falsch. Wenn mein Spielstil sich vor allem mit Kobolde fressen Babys! deckt, dann steht ernsten Spiel gar nicht im Raum.
Es ist sicherlich so, dass es eine Vielzahl von Spielstilen gibt, die mit ernsten Themen umgehen können und es vielleicht auch tun. Ob das System sie auch fördert, ist eine andere Frage.
Missverständnis!

Der Spielstil einer Runde bezieht sich auf Spielinteressen (der von emotionalen Befindlichkeiten wie sie Seadracula, Low Life, ... zu unterscheiden ist) . Wenn man theoretische Konzepte braucht (und die verkürzen einiges), sind die Laws'schen Spielertypen oder so Sachen wie Sandboxing, Storytelling, Freiform, OSR/DIY, StoryGaming, ... nennen.


Ansonsten: Pendragon, Clockwork & Chivalry und andere Spiele haben ein System, das ernste Themen fördern kann. (MMn mehr als Vampire & Co.) Allerdings sind die regelseitigen Werkzeuge leicht zu übersehen, weil sie a) nicht so auffällig sind und b) weil sie leichter ignoriert werden können als bestimmte Mechanismen in Story Games und c) weil Leute, die sich mit Indie-Design und RSP-Theorie befassen, für das, was außerhalb liegt, kein gutes Auge/ keine gute Wahrnehmung haben.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 28.08.2017 | 10:34
Darauf bezog sich meine Kritik auch. Die Bereitschaft, beispielsweise Grey Ranks zu spielen, ist entweder da oder nicht. Ich kann mit meinen Mitspielenden über ihre Befürchtungen reden, weniger intensive Alternativen anbieten und Sicherheitstechniken vorstellen, klar. Aber ich habe ganz eindeutig niemanden umzuerziehen.

Warum nicht?
Das würde ich eben abstreiten. Man erzieht seine Spieler immer. Die Frage ist, ob man das bewusst tut. Und da es eben vielen Spielern Freude bereiten kann, in solche Themen zu gehen, sehe ich kein Problem darin, das zu tun.
Zumal ich selbst ja auch ein Interesse daran haben. Und der SL hat auch ein Anrecht auf Freude am Spiel.


Aber: Wenn du dir die drei von mir verlinkten Techniken anschaust, wirst du feststellen, dass es da nur zu einem kleinen Teil darum geht, sicherheitshalber auf Dinge zu verzichten und sie vorab auszuschließen.

Diese Techniken waren mir bereits bekannt. Ich halte nur wenig von ihnen. Diese Methoden versuchen, etwas durch Mechanismen zu abzuhandeln, was mit Vertrauen und Einfühlungsvermögen besser funktioniert. Und zwar weil:


Ich weiß nicht, ob es im Rollenspiel ähnlich wäre, aber ich hoffe, dass meine Runde pausieren würde, wenn mich etwas so erwischen sollte.

Ich würde das auch sehr hoffen. Daher ist Vertrauen und Einfühlungsvermögen eben so wichtig. Weil explizite Mechanismen nur vorgesehen werden, wenn man Schock vorhersieht, Schock aber kann auch unerwartet eintreten.
Deshalb bedarf es der Empathie auch in wenig ernsten Runden. Und wenn man diese schon hat, kann man sie auch gleich bei ernsteren nutzen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ucalegon am 28.08.2017 | 11:03
Warum nicht?
Das würde ich eben abstreiten. Man erzieht seine Spieler immer. Die Frage ist, ob man das bewusst tut. Und da es eben vielen Spielern Freude bereiten kann, in solche Themen zu gehen, sehe ich kein Problem darin, das zu tun.
Zumal ich selbst ja auch ein Interesse daran haben. Und der SL hat auch ein Anrecht auf Freude am Spiel.

Ich erziehe in meinen Rollenspielrunden niemanden und finde die Vorstellung wie gesagt krude. Zumal eine SL schon problematisch genug ist ohne dass sie sich anmaßt, "ihre" Spielerinnen erziehen zu wollen.

Stattdessen:
Ich kann mit meinen Mitspielenden über ihre Befürchtungen reden, weniger intensive Alternativen anbieten und Sicherheitstechniken vorstellen, klar.

ergänze: kann ihnen sagen, welche Themen mich interessieren und was ich mir vom Spiel bzw. von ihnen als meinen Mitspielenden wünsche.

So findet sich entweder ein Kompromiss oder man muss sich für bestimmte Themen eben Leute suchen, die darauf Lust haben.

Diese Techniken waren mir bereits bekannt. Ich halte nur wenig von ihnen. Diese Methoden versuchen, etwas durch Mechanismen zu abzuhandeln, was mit Vertrauen und Einfühlungsvermögen besser funktioniert.

Allen verlinkten Techniken geht es ausdrücklich darum, Vertrauen zu schaffen und das Rollenspiel zu einem Raum zu machen, in dem sich die Mitspielenden aufeinander verlassen. Insofern macht die Behauptung, das funktioniere mit "Vertrauen und Einfühlungsvermögen" besser schlicht keinen Sinn.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 28.08.2017 | 11:30
Warum nicht?
Das würde ich eben abstreiten. Man erzieht seine Spieler immer. Die Frage ist, ob man das bewusst tut. Und da es eben vielen Spielern Freude bereiten kann, in solche Themen zu gehen, sehe ich kein Problem darin, das zu tun.
Zumal ich selbst ja auch ein Interesse daran haben. Und der SL hat auch ein Anrecht auf Freude am Spiel.
...
Ich erziehe in meinen Rollenspielrunden niemanden und finde die Vorstellung wie gesagt krude. Zumal eine SL schon problematisch genug ist ohne dass sie sich anmaßt, "ihre" Spielerinnen erziehen zu wollen.

...
Es ging in Lichtbringers Post eben nicht (nur) um die "Anmaßung", sondern eben auch das "unbewusste Erziehen".
Mithin ist deine Behauptung, du erzögest nicht, kein Gegenargument, sondern erst mal eine haltlose Behauptung, schließlich könnte es nach Lichtbringer ja sein, dass du "unbewusst" erzögest.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ucalegon am 28.08.2017 | 12:12
Es ging in Lichtbringers Post eben nicht (nur) um die "Anmaßung", sondern eben auch das "unbewusste Erziehen".
Mithin ist deine Behauptung, du erzögest nicht, kein Gegenargument, sondern erst mal eine haltlose Behauptung, schließlich könnte es nach Lichtbringer ja sein, dass du "unbewusst" erzögest.

Ok, schauen wir mal, was Lichtbringer mit unbewusstem Erziehen meint:

Seine These ist, dass die SL nicht nicht erziehen kann, weil sie belohnt und bestraft und damit ihre Spielerinnen operant konditioniert.

Er fordert dazu auf, sich das bewusst zu machen, weil es Einfluss auf die Entscheidungen von SC nehme.

Sein Beispiel: Die SC werden ständig vergiftet -> die Spielerinnen werden paranoid und lassen SC nur noch eigenes Essen kochen.

Höhere Formen dieses Prinzips, mit denen man zu ernsten Themen erziehen kann, sind laut Lichtbringer:
> Positive Rückkopplung: Die Spielerinnen dafür belohnen, dass sie Schwächen ausspielen.
> Gruppennorm erzeugen: Einer Runde mit "zu Konvertierenden" werden 1-2 Interessierte beigegeben und das so lange wiederholt, bis man in Lichtbringers Beispiel nach ein paar Jahren 60-70% eines Rollenspielvereins zu ernsten Themen umerzogen hat.
> Schrittweises Erhöhen
> Durch die Hintertür
>> Metapher, Harte Themen in weichen Medien, Komisch überzeichnet -> Zunächst wirkt es gar nicht ernst, es gibt aber eine zweite, ernste Bedeutungsebene

Mit diesen "erzieherischen" Techniken habe ich an sich kein Problem. Solange sie vorher als solche angekündigt werden, den Mitspielenden bekannt sind, diese sie für sinnvoll halten und möchten, dass sie angewandt werden.

Belohnungssysteme, die XP oder sonstige Punkte verteilen, wenn die Spielerinnen bestimmte Inhalte einbringen bzw. ihre Figur genregerecht ausspielen, sind nett, aber ich würde sie nicht überschätzen. Was die SL betrifft, bin ich der Ansicht, dass es überhaupt keinen Sinn macht, Wünsche und Probleme beim Spielinhalt und -stil über Belohnung und Bestrafung im Spiel anzugehen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: YY am 28.08.2017 | 14:11
Seine These ist, dass die SL nicht nicht erziehen kann, weil sie belohnt und bestraft und damit ihre Spielerinnen operant konditioniert.

Das geschieht ja auch jenseits von XP und anderen Belohnungsmechanismen sowie recht unabhängig vom System einfach dadurch, was an SC-Handlung ich als SL in welcher Form "durchgehen" lasse, also in welchem Ausmaß mit Boni oder Mali belege und/oder in welcher Weise ich den Erfolg darstelle usw.

Davon kann ich mich als SL nicht frei machen, ohne die SL-Aufgabe zu großen Teilen hinzuwerfen oder zumindest auszulagern.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 28.08.2017 | 14:25
Sagen wir mal so:
Wenn ich als SL einfach stur was belohne oder bestrafe um meine reine Lehre von "gutem Rollenspiel(tm)" durchzuexerzieren.... ja, nee.... nicht gut.(A)

Wenn ich als SL so etwas belohne, was dem allgemeinen Spielspaß, Spannung (sofern gewünscht), Dramaturgie (sofern gewünscht) etc. dient, schon besser.(B)
Wenn ich mal abundzu in mich gehe und überlege "Ist der Weg des Spielers vielleicht genauso gewinnbringend wie mein Standardweg?" bin ich schon relativ auf der besseren Seite.(C)

Mal sollte A als Drohgebilde immer im Hinterkopf haben.
Aber man sollte auch nicht den Fehler machen, positives Verhalten, von dem man hinreichend überzeugt ist, dass es dem Gruppenspaß dient, zu belohnen.
Und umgekehrt hat man nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, Spielspaß störendes Verhalten zu unterbinden oder kleinzuhalten.
Aber immer mal wieder an C denken.

Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 28.08.2017 | 18:44
Zitat
Warum nicht?
Das würde ich eben abstreiten. Man erzieht seine Spieler immer. Die Frage ist, ob man das bewusst tut. Und da es eben vielen Spielern Freude bereiten kann, in solche Themen zu gehen, sehe ich kein Problem darin, das zu tun.
Zumal ich selbst ja auch ein Interesse daran haben. Und der SL hat auch ein Anrecht auf Freude am Spiel.


Du suchst Spieler die diese Themen unterstützen, weil sie Dir selbst Spaß machen. 
Das ist der Ausgangspunkt.
Und nun fragst Du Dich wie man Spieler dahin gehend bewegen könnte, dass sie auch daran Freude empfinden.
Nach deiner Aussage gibt es viele Spieler die das möchten - Das macht deine bevorzugten Themen, doch schon fast gesellschaftsfähig, oder?
Klingt so, als würde jeder zweite Spieler das wollen, vielleicht weiß er oder sie es nur noch nicht.

Erziehung und  Manipulation liegen dicht beeinander, nicht vergessen.
Ohne ganz klare Absprachen, und offenlegen Deiner persönlichen Spielziele schaffst Du leider die besten Voraussetzungen dafür.
Erwachsene erziehen?
Mit welchen Werten? Mit deinen eigenen?
Mit welchen Ziel? Mit deinem eigenen?
Mit welchem Recht? Mit einem selbst gegebenen?

Nein, das hat in diesem Kontext mMn. nichts zu suchen.

Ich bin als SL dazu angehalten, angemessene Konsequenzen für die Handlungen der SC zu bieten, um die Welt im Rahmen des Spiels einigermaßen plausibel zu halten.
Aber weiter geht mein Job nicht. Er reicht erst Recht nicht die persönlichen Vorlieben meiner Mitspieler hinein.
Diese habe ich ganz definitiv NICHT in meinem Sinne zu beeinflussen.






Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: YY am 28.08.2017 | 18:46
Ich bin als SL dazu angehalten, angemessene Konsequenzen für die Handlungen der SC zu bieten, um die Welt im Rahmen des Spiels einigermaßen plausibel zu halten.
Aber weiter geht mein Job nicht.

Er geht zwingend und automatisch weiter, auch wenn es keine Absicht ist.
Man ist als SL niemals neutral.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 28.08.2017 | 18:58
Er geht zwingend und automatisch weiter, auch wenn es keine Absicht ist.
Man ist als SL niemals neutral.
Man sollte aber versuchen so neutral wie möglich zu sein. Sonst macht man an seinem Job was falsch.
Ich habe dem Spieler damit nicht zu suggerieren, was er gut zu finden hat und was nicht, das ginge zu weit.
Und überschreitet eine persönliche Grenze. Die des Spielers.
Das hat was von: "Ich mache, dass es Dir auch Spaß macht."

Wenn die Gruppe jedoch merkt, dass die Spaßquellen eines Mitspielers extrem vom Rest der Gruppe abweicht, klärt man das in einem outgame Gespräch.
Und muss sich gegebenenfalls voneinander trennen.
Man sollte Vorlieben von Spielern nicht ingame beeinflussen wollen und schon gar nicht durch subtiles Einwirken durch den Spielleiter.

My Opinion.

Edit. Als Spielleiter ist es mein Job heraus zu finden, was den Spielern Spaß macht. Und das zu lassen, was ihnen keinen Spaß macht. Ich bin da ein Dienstleister.
Es ist nicht meine Aufgabe sie dahingehend zu erziehen, dass ihnen das Selbe Spaß macht wir mir.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: YY am 28.08.2017 | 19:35
Man sollte aber versuchen so neutral wie möglich zu sein. Sonst macht man an seinem Job was falsch.
Ich habe dem Spieler damit nicht zu suggerieren, was er gut zu finden hat und was nicht, das ginge zu weit.

Ich bringe als SL immer mindestens meine Perspektive auf ein bestimmtes Genre mit und kann natürlich auch ansonsten nicht aus meiner Haut, was meine Ansichten und Erfahrungen angeht.
Da gibt es mMn schlicht keinen neutralen Standpunkt, auf den ich mich stellen könnte.

Die Spieler müssen sich da auch ein Stück weit auf den SL einlassen - der muss sich jedenfalls gegenüber den Spielern nicht weiter zurücknehmen als die Spieler untereinander. Eher weniger, gerade wenn er ein (oder noch "schlimmer": sein) Setting vermitteln soll.


Das hat mit Erziehungsabsicht nichts zu tun - und auch nicht damit, beeinflussen zu wollen, was wem Spaß macht.
Aber jeder Spieler wird natürlich mit der Zeit merken, was bei einem bestimmten SL läuft und was nicht und sich darauf einstellen.

Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Swafnir am 28.08.2017 | 19:41
Mann wird als SL auch zangsläufig mal Sachen dranbringen, die die Spieler bisher nicht kannten und gar nicht wussten ob sie ihnen Spaß machen, oder nicht. Viele Dinge werden ja vorher schon abgelehnt, weil die Spieler denken, dass ihnen sowas keinen Spaß macht.

Erziehen find ich dafür auch einfach ein unglücklich gewähltes Wort. Nicht weil es falsch wäre, aber das ist in unserer Szene in diesem Kontext einfach eher negativ behaftet. Das macht die Diskussion zu dem Thema etwas schwierig.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: YY am 28.08.2017 | 19:44
Erziehen find ich dafür auch einfach ein unglücklich gewähltes Wort.

Besser zum Sachverhalt passen würde "unbeabsichtigt und implizit konditionieren", aber das ist letztlich nicht viel besser ;D

Erziehen klingt halt immer so nach Absicht, aber das ist mit der Fomulierung "man kann nicht nicht erziehen" mMn ausreichend ausgeräumt.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Swafnir am 28.08.2017 | 19:49
Unser früherer SL hat uns auch "erzogen". der hat das aber auch klar und deutlich so gesagt. Am Anfang war es komisch, aber wir haben uns drauf eingelassen und damit sauviel Spaß gehabt. Da muss halt ein entsprechendes Vertrauen und ein Wille da sein, das so direkt zu machen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: YY am 28.08.2017 | 19:54
Ja, wenn das von SL-Seite Absicht ist, muss man es auch entsprechend ansagen.
Das nicht vermeidbare Maß muss man dagegen nicht thematisieren, weil es nicht anders geht.

Problematisch ist es nur dann, wenn der SL die Spieler erziehen will, aber kein Wort darüber verliert.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 28.08.2017 | 20:29
Sorry, aber weder Belohnung noch Bestrafung hat hier in diesem Kontext irgendwas zu suchen. Denn das erst bringt eine persönliche Wertung mit rein.
"Was deine Figur getan hat gefällt mir,  also kriegst Du einen Goody "versus "was deine Figur getan hat ergibt eine Konsequenz, die im Rahmen der Umstände plausibel ist."

Diese Konsequenz sollte sich nicht danach richten,  ob sie dem Spielleiter persönlich zusagt oder nicht.
Ansonsten hast Du ein Zuckerbrot und Peitsche Spiel mit dem Spielleiter als Dompteur.
Hier lernt der Spieler lediglich auf die Vorlieben und Abneigungen des Spielleiters zu reagieren. Das hat mit Entscheidungsfreiheit nichts mehr zu tun.


Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Sir Markfest am 29.08.2017 | 08:47
Besser zum Sachverhalt passen würde "unbeabsichtigt und implizit konditionieren", aber das ist letztlich nicht viel besser ;D

Erziehen klingt halt immer so nach Absicht, aber das ist mit der Fomulierung "man kann nicht nicht erziehen" mMn ausreichend ausgeräumt.

"Inspirieren" (in eine bestimmte Richtung) hört sich für mich viel sinniger an :)
Bei allen anderen Wörter von Erziehen auf/abwärts schwngt tatsächlich immer die Panik durch, dass man von fremden Personen geformt oder gelenkt wird.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 29.08.2017 | 09:11
@Issi
Du kannst auch nicht nicht belohnen oder nicht nicht bestrafen.
Schon wenn du eine ingame Konsequenz vermeintlich logisch erstellst, kann das aus Sicht des Spielers eine Bestrafung oder Belohnung darstellen.*

Geh mal weg von Schwarzweißbildern. Es geht hier weniger um den gefühlskalten Egomanen, der sein Rezept von gutem Rollenspiel (tm) durchpeitscht.
Es geht hier mehr um all die unter uns, die eine bestimmte Sicht auf die Dinge, ein bestimmtes "Das ist logisch und das nicht"-Ding im Kopf haben, die mit dem der Spieler nicht oder noch nicht deckungsgleich sein muss.

Schon dann bist du im Bereich "erziehen", "inspirieren", "belohnen/bestrafen", ob jetzt ganz geplant oder nicht oder bewusst oder nicht.

EDIT:
* Und das ist ja durchaus beabsichtigt:
Beispiel:
Die SC raunzen einen Räuberhauptmann an, er solle sich nicht mit ihnen anlegen:
Konsequenz A: Er tillt aus und schreit "Angriff"
Konsequenz B: Er verzieht sich, plant aber seine Rache
Konsequenz C: Er verzieht sich kleinlaut
Konsequenz D: "Nun gut, gebt uns was von eurem Wein und wir essen zusammen und belassen es dabei!"
Konsequenz E: Zufällig ermittelt.

Damit haben wir bereits eine Belohnung/Bestrafung

Gib mir verschiedene SL und die tendieren zu verschiedenen Konsequenzen, ganz unbewusst. Weil jedem einzelnen eine bestimmte Konsequenz logischer erscheint, als eine andere.
Passt die Gruppe jetzt nach und nach ihr Verhalten anhand ihrer Erfahrungswerte mit dem SL an, haben wir eine "Erziehung/Inspiration" etc.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ucalegon am 29.08.2017 | 09:27
Es geht hier mehr um all die unter uns, die eine bestimmte Sicht auf die Dinge, ein bestimmtes "Das ist logisch und das nicht"-Ding im Kopf haben, die mit dem der Spieler nicht oder noch nicht deckungsgleich sein muss.

Also zumindest Lichtbringer ging es darum nicht. Er hat diese Erwartungshaltungen, die natürlich alle am Tisch mitbringen und die man meinetwegen als "sich gegenseitig erziehen" fassen kann - ich dagegen gehe davon aus, dass wer erziehen sagt, auch erziehen meint. Da steht ja eine Haltung dahinter - lediglich angeführt, um seine Techniken zur bewussten Umerziehung zu rechtfertigen - worum es sich bei denen handelt, hat er in seinem Vortrag ja auch sehr klar gesagt.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 29.08.2017 | 09:41
Danke für die Klarstellung!
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 29.08.2017 | 09:46
Allgemein :Ein guter Gradmesser ob eine Konsequenz des Spielleiters neutral bzw. den Umständen angemessen ist, zeigen mMn. die Reaktionen der Spieler. Wenn etwas unangemessen oder falsch erscheint, und das von der Mehrheit der Gruppe so empfunden wird, sollte das auch kundgetan werden. Das gibt auch dem Spielleiter Rückmeldungen, falls er in der ein oder anderen Situation keine neutrale Haltung bewahren konnte. Das kann passieren, weil alle nur Menschen sind.
Es ist nur dann nicht in Ordnung, wenn etwas gezielt geschieht, um die Interessen des Spielleiters über die der Spieler zu stellen, wenn diese Entscheidungen von den Spielern weder angezweifelt noch hinterfragt werden dürfen und wenn diverse Ungereimtheiten dann nicht offen angesprochen werden, bzw. der Spielleiter nicht bereit ist, sowohl seine Haltung als auch seine Entscheidungen hin und wieder kritisch  zu reflektieren.

Bei diesen heiklen Themen HIER, die nichts mit Spaß zu tun haben, halte ich es für angebracht die persönlichen Spielziele fuer alle potentiellen Spieler sichtbar und transparent zu Spielbeginn sofort auf den Tisch zu packen, damit die Spieler selbst entscheiden können, worauf genau sie sich hier einlassen.
Die Thematiken bewusst zu verschleiern, aus Angst, viele Spieler wären voreingenommen und würden deshalb nicht mitspielen,  ist in meinen Augen keine akzeptable Option.

Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 29.08.2017 | 09:52
Ich erziehe in meinen Rollenspielrunden niemanden und finde die Vorstellung wie gesagt krude. Zumal eine SL schon problematisch genug ist ohne dass sie sich anmaßt, "ihre" Spielerinnen erziehen zu wollen.
Bewusst oder unbewusst beeinflussen wir uns immer, nicht nur die SL die Spielerinnen, sondern auch die Spielerinnen die SL. Sich dessen bewusst zu sein macht es leichter, den anderen ihren Raum zu gewähren.

Meine Interpretation ist, dass das zum Erziehen wird, wenn jemand denkt, etwas besser zu können als andere, also die Vorstellungen der Anderen nicht gleichberechtigt zu sehen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ucalegon am 29.08.2017 | 10:08
Oder wir benutzen andere, von dir leider nicht genannte Methoden, Sicherheit und Vertrauen herzustellen wie die X-Card (https://docs.google.com/document/d/1SB0jsx34bWHZWbnNIVVuMjhDkrdFGo1_hSC2BWPlI3A/edit), Lines and Veils (https://rpg.stackexchange.com/questions/30906/what-do-the-terms-lines-and-veils-mean) oder I will not abandon you (http://fairgame-rpgs.com/index.php/fairgame/thread/32).

Als Randnotiz dazu:
Ben Lehman (Polaris), hat heute auf G+ einen interessanten Beitrag (https://plus.google.com/117301572585814320386/posts/DTaEThFLZAR) dazu geschrieben, wann Veil und X-Card die falschen Methoden sein können.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 29.08.2017 | 10:37
Rollenspiel wird als Technik auch in der Therapie eingesetzt, wo man dann mit professioneller Betreuung, nochmal ganz gezielt an die eigenen Trigger rangeht oder sich auf die Suche nach ihnen macht. Hier weiß die betreffende Person auch genau worauf sie sich einlässt  und hat einen geschulten Therapeuten an ihrer Seite.

Pen and Paper ist mMn. ein völlig anderer Rahmen, der nicht unter dem Vorwand "Spiel" zur Fremd oder Selbsttherapie missbraucht werden sollte.

Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 29.08.2017 | 10:38
Bewusst oder unbewusst beeinflussen wir uns immer, nicht nur die SL die Spielerinnen, sondern auch die Spielerinnen die SL. Sich dessen bewusst zu sein macht es leichter, den anderen ihren Raum zu gewähren.

Meine Interpretation ist, dass das zum Erziehen wird, wenn jemand denkt, etwas besser zu können als andere, also die Vorstellungen der Anderen nicht gleichberechtigt zu sehen.

Ketzerisch:
Wenn jemand etwas tatsächlich besser kann, lasse ich mich gern "erziehen"!
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 29.08.2017 | 11:26
Ketzerisch:
Wenn jemand etwas tatsächlich besser kann, lasse ich mich gern "erziehen"!

Wie wäre es mit "voneinander lernen"?
Wobei ich mir sicher bin, dass jeder in seiner Kindheit vielleicht auch das ein oder andere gelernt hat, was ihm jetzt mehr schadet als nutzt.
"Nicht alles was man lernt, ist gut, nicht alles was man lernt, ist schlecht."
Aber als volljährige Person, sollte man sich, finde ich, aussuchen können, was man sich von wem abschauen will und was nicht.
In diesem Alter sind wir bereits in der Lage zu differenzieren, was uns gut tut und was nicht.
Ebenso können wir entscheiden was wir ausprobieren wollen und was nicht.
Erwachsene wollen in der Regel nicht gewollt werden.
Kinder können sich das leider manchmal nicht aussuchen.

Wenn klar ist: "Leute, in meinen Spiel gibt es Folter, Leid und Vergewaltigung, als Schwerpunkt, denn "Der Spaß ist (mir!!) nicht genug!" Seid ihr bereit das mal auszuprobieren?"
Und alle schreien. "Yeh! Das reizt uns."
Dann ist das eine freie Entscheidung von erwachsenen Personen gewesen, die wissen worauf sie sich einlassen. :)

Edit: Ich denke, ich habe bereits alles was mir wichtig war zum Thema geschrieben.
Die Auffassung Spieler als Personen zu betrachten, die nicht selbstständig entscheiden und wissen können, was sie wollen, halte ich für nicht zu treffend und außerdem für höchst gefährlich.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 29.08.2017 | 12:38
Du setzt den Idealfall "was wollen wir heute voneinander lernen, Sitzkreis?" dem Extremfall "ICH hochheilig führe euch zu neuer Spielweisheit!" gegenüber.  :Ironie:
Oft bewegen wir uns dazwischen.

Manchmal sieht es nämlich auch so aus:
A
"Ich habe hier ne total verrückte Minikampagne, sehr mystisch etc. Ich will nicht zu viel verraten und bin etwas unsicher, aber ich denke es wird witzig."
Antwort:
2x "Ach herjeh, na meinetwegen!", 1x "hossa, ich bin schon gespannt", 1x "was? Verrat doch nicht so viel, mach einfach"

B
"Die nächste Minikampagne soll etwas dreckiger werden. Sie orientiert sich an MadMax, Fallout und The Walking Dead"
Antwort:
Je 1x "Ich steh eher auf Fantasy, aber wenn alle wollen, gerne!", "Wird das sehr eklig? Auf der anderen Seite wollte ich sowieso mal ne Motorradrockerin spielen!", "Kann man da Echsenmenschen spielen", "Klaro, freu!"

C
"Eine Zombieverschwörung in der Schlachterszene angelehnt an Sweeny Todd, Das Parfüm und Gangs of New York. Euer befreundeter Schlachter ist da irgendwie involviert und ich hatte euch ja schon verraten, dass er des Mordes an seinem Vater verdächtigt wurde, der aber in die Wurst kam"
1x "Würrgh. Schluck. Hört sich aber spannend an. Bitte ohne Alptraumpotential" 1x"Cool, bei deiner letzten verrückten Idee hatte ich Alpträume, gerne wieder", 2x "Verrat doch nicht so viel!" Alle: "Lasst uns thematisch passend eine Wurstplatte statt Chips machen".

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Das habe ich alles schon in der oder ähnlicher Form gehabt. Und in all diesen Fällen hat der SL die Pflicht, dass, was er als Spaß ansieht irgendwie in Spaß für die Spieler umzuformen.
Da gibt es unterschiedliche, teilweise widerstreitende Mittel:
I Langsameres Heranführen
II Kurze Schockmomente mit schnellem Themenwechsel
III Längere Angstmomente, in denen der Spieler überlegen kann, wie er da raus kommt
IV Vages Abhandeln "Jeder weiß, was er seinen Kindern angetan hat und so beschließt auch ihr ihn zu töten".
V Hängen lassen "In Al'Anfa ist das legal. Ihr könnt da nichts machen. Für Hintterücks lynchen ist er zu mächtig."
uswusf

V mag ich persönlich beispielsweise nicht. IV versuche ich zu vermeiden..... falsch...... besonders extreme Themen versuche ich zu vermeiden, damit komme ich gar nicht erst zu IV. Allgemein spare ich Gewalt an Kindern möglichst aus und bin damit sehr vorsichtig.

Risikofaktor
Was viele vollkommen vergessen:
-- Spielleitung hat auch einen Kompensationsfaktor. Ich beispielsweise kann eklige Dinge wesentlich besser verkraften, wenn ich sie selbst erzähle = "Sender". Sogar besser, als wenn ich sie für mich behalte. Das heißt längst nicht, dass ich sie als "Empfänger" ebenso locker aufnehmen würde.
-- Dadurch entsteht eine verzerrte Wahrnehmung. Tatsächlich ist der SL ja im Gefühlszustand "Das ist gar nicht so eklig". Als Spieler wäre dieselbe Person aber im Zustand "Ieeh bah, mir ist schlecht. Nächstes Mal weniger explizit bitte!"

Wenn man das etwas im Hinterkopf behält, ist man schon auf ner sichereren Seite.

Aber bei besonders außergewöhnlichen Plots und erst recht bei Plots, die man selbst schon eklig findet,
bitte besser einmal zu oft nachfragen als einmal zu wenig.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 29.08.2017 | 13:18
Aber als volljährige Person, sollte man sich, finde ich, aussuchen können, was man sich von wem abschauen will und was nicht.
Da sind wir bei der Frage der Entscheidungsfreiheit. In meinem Menschenbild ist die begrenzt: Wir können uns eben nicht aussuchen, was wir abschauen, sondern es nur verstärken oder abschwächen. Der einzige Weg, uns nicht von anderen beeinflussen zu lassen, ist, keinen Kontakt zu haben.

Insofern ist das übrigens ein klares Ja dazu, vorher klarzumachen, wie man sich das Spiel vorstellt (oder halt ein System zu nutzen (und ihm entsprechend zu spielen), das eine bestimmte Spielweise vertritt).
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 29.08.2017 | 13:30
Okay, ich versuche mal, eine halbwegs passende Antwort auf die letzte Seite Diskussion zu geben (mein ewiges Problem: Ich komme nicht so oft zum Schreiben durchdachter Beträge).

Mir scheint, hier liegt ein fundamentaler Unterschied vor, in welchem Maße man die Rolle des Bewusstseins im Allgemeinen sieht. Das wird nicht gerade leicht, aufzudröseln, aber ich versuche es mal.

Als man in Stockholm Brückenmaut einführte, war der Großteil der Bevölkerung dagegen. Ein Jahr später hatte sich die Verkehrslage dadurch massiv entspannt. In Folge dessen war der Großteil der Wähler nun für die Maut.
So und jetzt das Entscheidende: Die meisten dieser Befürworter waren ehrlich davon überzeugt, von Anfang an dafür gewesen zu sein.
Durch unsere Erfahrungen werden unser Urteil und unsere Erinnerungen und deren Bewertung immer wieder im Nachhinein verändert, ohne dass uns das bewusst wäre.

In ähnlicher Weise kann man zeigen, dass viele Studenten ökologisch denken, weil sie Rad fahren - und nicht etwa anders herum. Unsere Taten formen unseren Willen genauso wie unser Wille unsere Taten formt.

Weitere spannende Beispiele hier, auch wenn sie nicht ganz zum Thema passen:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

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Und hier liegt mein Problem mit Dingen wie X-Karten. Sie gehen entgegen den Tatsachen davon aus, Menschen wären fundamental bewusstseinsgesteuerte Wesen und dieses Bewusstsein wäre monolithisch.
Das ist aber nicht der Fall. Und Gefühle sind besser mit Empathie anzugehen als mit solchen Werkzeugen.

Wenn wir eine neue Runde bilden und ein Jahr zusammen spielen, dann werden wir einander Spiel deutlich formen und auch einander Geschmack deutlich formen. Das ist ganz normale Beeinflussung - sehr wertvoll in einer Freundschaft. Das gilt für die Taten aller Mitspieler.

Der Spielleiter hat jedoch noch einen erheblich größeren Einfluss. Seine Rückkopplungen in Form von Urteilen, Fokus, Zeitverwaltung (sehr viel wichtiger, als man denken mag), Erfahrungs- oder Gummipunktvergabe usw. werden das Spiel und den Geschmack der Spieler siginifikant verändern.
Und weil der SL in dieser Machtposition ist, halte ich den Begriff "erziehen" für berechtigt. Wobei ich ihn vor allem deshalb aufgriff, wie im Vortrag auch erwähnt, weil sich viele Leute dagegen wehren, man solle als SL erziehen. Es ist also nicht meine Begriffswahl, sondern ich stelle mich damit explizit gegen die Kritik, die jenen Begriff dafür verwendet, solches Verhalten des SLs zu kritisieren.

Nun halte ich diese Kritik eben für unrealistisch. Man kann nicht nicht erziehen.
Die einzige Wahl besteht darin, dies unkontrolliert zu tun oder es kontrolliert zu tun.
Ich halte die erste Option für schlecht und bei einer Machtposition ganz allgemein fragwürdig. Tatsächlich sah ich in meiner Karriere als Rollenspieler mehrfach Fälle von Spielern, die von ihrem SL geradezu traumatisiert wurden. Und das waren immer Fälle, in denen der Meister sich eben keine Gedanken darüber machten, in welche Richtung er die Spieler formte.

Jetzt zu meinem "Erziehungsprojekt" für Vereine o. Ä.
Ich frage mich nicht, ob ein Spieler in seinem jetzigen Zustand Freude an ernsteren Themen hätte. Ich frage auch ihn nicht, denn dafür müsste ihm das bewusst sein. (Aus den oben genannten Gründen ist das unwahrscheinlich.) Natürlich tauscht man sich ein wenig aus, woran man Interesse hat. Aber ich nehme diese Themen auf und nicht deren Ernsthaftigkeit. Das funktioniert nämlich nicht gut. (Übrigens in beide Richtungen, Spieler können sich irren, was sie ertragen können, aber auch bezüglich dessen, was ihnen zu weit gehen wird.)
Deshalb leite ich einfach mit harmlosen Dingen los. Und dann steigere ich den Grad langsam und schrittweise mit den erwähnten Methoden. Und dabei achte ich auf ihre Reaktionen und schaue, wie weit ich gehen kann. Das Kunststück und die ideale Immersion ist dann erbracht, wenn es den Spielern eben nicht bewusst wird, dass ich Spiel und Spielwelt an sie anpassen und sie an Spiel und Spielwelt.
Am Ende habe ich Spieler, die froh sind, wie toll ich ihren Horizont erweitert habe (wie die zufriedenene Stockholmer).

Das ist kein hypothetisches Szenario. Ich machte das schon öfter und hatte am Ende jedes Mal eine begeisterte Runde. Alles dank bewusster Erziehung mittels unbewusster Methoden.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Chiarina am 29.08.2017 | 13:58
Zitat von: Lichtbringer
Nun halte ich diese Kritik eben für unrealistisch. Man kann nicht nicht erziehen.
Die einzige Wahl besteht darin, dies unkontrolliert zu tun oder es kontrolliert zu tun.
Ich halte die erste Option für schlecht und bei einer Machtposition ganz allgemein fragwürdig.

Dir ist schon bewusst, dass es Tendenzen gibt, die Machtposition des Spielleiters zu relativieren oder ganz abzuschaffen?
Es gibt Spiele, die Möglichkeiten schaffen, dass Spieler auch ihren Spielleiter ein Stück weit erziehen können (Player Empowerment).
Und auch in Spielen, die diese Möglichkeiten nicht haben, ist es machbar, auf ähnliche Art und Weise Setting, Ton und Stil als Gruppe gemeinsam zu etablieren.
Und es gibt Spiele, die den Spielleiterjob gleich ganz abschaffen oder nur in rotierender Funktion zulassen.

Die Sprüche über "Erziehung", die automatisch entsteht, sind ja gut und schön, aber warum wird stillschweigend davon ausgegangen, dass das immer nur in eine Richtung geschieht? Es ist genau diese Annahme, die deine bisherigen Beiträge in meinen Augen zweifelhaft macht. Nur weil ich Spielleiter bin, habe ich doch nicht automatisch das geheime Wissen über das ertragreichste Spielerlebnis! Das kann doch genausogut auch von jemand anderem kommen (oder vielleicht sogar gemeinsam entstehen)!

Und nur ein Spielleiter, der dafür offen ist, wird ein Spiel leiten können, in dem er mit seinen Spielern auf gleicher Augenhöhe agiert. Das ist für mich ziemlich wichtig.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ucalegon am 29.08.2017 | 14:07
Und hier liegt mein Problem mit Dingen wie X-Karten. Sie gehen entgegen den Tatsachen davon aus, Menschen wären fundamental bewusstseinsgesteuerte Wesen und dieses Bewusstsein wäre monolithisch.
Das ist aber nicht der Fall. Und Gefühle sind besser mit Empathie anzugehen als mit solchen Werkzeugen.

Nochmal: Die genannten Techniken sind Hilfestellungen, die Vertrauen schaffen. Das Argument, das ginge mit Empathie und Vertrauen besser macht deswegen keinen Sinn. Wenn eine Gruppe sich entscheidet, die X-Card oder irgendeine andere Methode, mit Gefühlen und schwierigen Situationen am Tisch umzugehen, zu benutzen, dann passiert das, um es allen Beteiligten leichter zu machen, aufeinander zu achten.

Zum Thema Erziehungsprojekt habe ich alles gesagt: Krude. Gibt es bei mir nicht. Egal ob ich gerade traditionell oder SL-los spiele.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 29.08.2017 | 14:56
Die Sprüche über "Erziehung", die automatisch entsteht, sind ja gut und schön, aber warum wird stillschweigend davon ausgegangen, dass das immer nur in eine Richtung geschieht?
Ich habe versucht, genau das klarzumachen :)

Allerdings stimme ich Lichtbringer zu, dass üblicherweise die SL mehr Einfluss hat als die Spieler und Spielerinnen.

Natürlich gibt es Spiele, die die Macht anders verteilen. Inwieweit das allein durch Regeln passiert, bin ich allerdings nicht sicher. Also ob Regeln zum Player Empowerment mehr bewirken als die ungeregelte Rückmeldung der Spielerinnen und Spieler.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: YY am 29.08.2017 | 15:01
Nur weil ich Spielleiter bin, habe ich doch nicht automatisch das geheime Wissen über das ertragreichste Spielerlebnis! Das kann doch genausogut auch von jemand anderem kommen!

Mein Paradebeispiel ist das Vorstellen/Einführen von unbekannten Settings oder Regelwerken - da ist man als SL erst mal automatisch der Vortänzer und prägt damit bestimmte Dinge.
Ich mache ansonsten öfter mal die Erfahrung, dass ich bestimmte Dinge auf die Spieler abwälzen will und die das aus verschiedenen Gründen gar nicht wollen.

Und selbst bei Spielen mit viel Player Empowerment muss der SL ab und zu lenkend eingreifen, wenn das Ganze sich zu sehr von dem entfernt, was ursprünglich beabsichtigt war.
Es bleibt eine Sonderrolle, auch wenn man diesen Status ein Stück weit reduzieren kann.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ginster am 29.08.2017 | 15:07
Und hier liegt mein Problem mit Dingen wie X-Karten. Sie gehen entgegen den Tatsachen davon aus, Menschen wären fundamental bewusstseinsgesteuerte Wesen und dieses Bewusstsein wäre monolithisch.
Das ist aber nicht der Fall. Und Gefühle sind besser mit Empathie anzugehen als mit solchen Werkzeugen.

Wenn jemand an meinem Tisch eine X-Card zückt, dann gibt er oder sie damit zu verstehen, dass da eine Grenze ist, die nicht überschritten werden soll. Ich traue der Person durchaus zu, dass sie in dem Fall eine Entscheidung treffen kann, was in diesem Rahmen gut für sie ist. Ob das jetzt gut oder schlecht für die persönliche Aufarbeitung dieses Themas ist, habe ich nicht zu entscheiden. Wir sind beim Rollenspiel, nicht bei der Gruppentherapie.

Bei dem SL, der mir zu verstehen gibt, dass er mich erziehen möchte hätte ich die längste Zeit gespielt. Sicher lernt man beim Rollenspiel einiges über sich und andere. Aber davon auszugehen, dass eine Person in der Gruppe (SL) hier eine Erziehungsfunktion (oder gar -auftrag) hat, finde ich absurd.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ginster am 29.08.2017 | 15:09
Mein Paradebeispiel ist das Vorstellen/Einführen von unbekannten Settings oder Regelwerken - da ist man als SL erst mal automatisch der Vortänzer und prägt damit bestimmte Dinge.
Ich mache ansonsten öfter mal die Erfahrung, dass ich bestimmte Dinge auf die Spieler abwälzen will und die das aus verschiedenen Gründen gar nicht wollen.

Und selbst bei Spielen mit viel Player Empowerment muss der SL ab und zu lenkend eingreifen, wenn das Ganze sich zu sehr von dem entfernt, was ursprünglich beabsichtigt war.
Es bleibt eine Sonderrolle, auch wenn man diesen Status ein Stück weit reduzieren kann.

Moderieren, damit das Spiel und der "gemeinsame Vorstellungsraum", gut funktionieren würde ich aber nicht Erziehung nennen. Ersteres ist Aufgabe der SL, letzteres mE nicht.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Chiarina am 29.08.2017 | 15:13
Zitat von: ArneBab
Allerdings stimme ich Lichtbringer zu, dass üblicherweise die SL mehr Einfluss hat als die Spieler und Spielerinnen.

Warum ist das so?
In aller Regel doch deshalb, weil die SL sich einfach mehr Arbeit macht. Und nicht, weil sie der Messias ist.
Und genau deshalb hat sie zwar üblicherweise mehr Einfluss, es muss aber nicht so sein.
Ich finde es schön, wenn man sich darum bemüht, das Geben und das Nehmen möglichst ausgeglichen zu gestalten. Das ist für mich ein zentrales Spielziel, dass ich eigentlich immer verfolge... mal erfolgreicher, mal weniger erfolgreich.

Zitat von: YY
Es bleibt eine Sonderrolle, auch wenn man diesen Status ein Stück weit reduzieren kann.

Es bleibt vor allem die Frage, in welcher Hinsicht man diese Sonderrolle zu akzeptieren bereit ist. Bei Versuchen, irgendwelche Tabubereiche von Spielern aufzuweichen oder Grenzen zu überschreiten finde ich´s völlig deplaziert.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: YY am 29.08.2017 | 15:18
Es bleibt vor allem die Frage, in welcher Hinsicht man diese Sonderrolle zu akzeptieren bereit ist. Bei Versuchen, irgendwelche Tabubereiche von Spielern aufzuweichen oder Grenzen zu überschreiten finde ich´s völlig deplaziert.

Da stimme ich zu - aber davon hat hier auch keiner geredet.


Moderieren, damit das Spiel und der "gemeinsame Vorstellungsraum", gut funktionieren würde ich aber nicht Erziehung nennen. Ersteres ist Aufgabe der SL, letzteres mE nicht.

Wie gesagt: Das lässt sich ab einer gewissen Schwelle (wohlgemerkt nach unten) nicht mehr sauber trennen.
Es ist unmöglich, im Zuge dieser Moderation keine Handlungsanreize in irgendeine Richtung zu schaffen.
Man kann sich ja schon glücklich schätzen, wenn man das in Abhängigkeit von Genre und Spielfokus signifikant variieren kann. Weglassen kann man es aber nie.

Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 29.08.2017 | 15:32
Zitat
Da stimme ich zu - aber davon hat hier auch keiner geredet.
Du solltest sicherheitshalber noch ein paar Posts zurück lesen, bevor Du eine solche Aussage tätigst.  ;)
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 29.08.2017 | 21:43
Warum ist das so?
In aller Regel doch deshalb, weil die SL sich einfach mehr Arbeit macht. Und nicht, weil sie der Messias ist.
Und genau deshalb hat sie zwar üblicherweise mehr Einfluss, es muss aber nicht so sein.
Stimmt. Die SL hat allerdings dadurch oft auch mehr Einblick darein, welche Spielstile das gewählte Spiel am besten unterstützt. "nicht der Messias" ist daher eine Aussage, die ich zwar vom Inhalt her unterschreiben würde, aber nicht vom Subtext her: Oft kann es sinnvoll sein, dass die SL hier eine Sonderrolle hat. Und da es in den meisten sozialen Gruppen jemanden gibt, der eine ähnliche Sonderrolle hat — nicht nur im Rollenspiel, sondern auch in anderen Bereichen — muss das kein reines Artefakt der Strukturierung von Rollenspielen sein, sondern kann einfach aus der Menschlichen Psyche kommen.
Zitat
Ich finde es schön, wenn man sich darum bemüht, das Geben und das Nehmen möglichst ausgeglichen zu gestalten. Das ist für mich ein zentrales Spielziel, dass ich eigentlich immer verfolge... mal erfolgreicher, mal weniger erfolgreich.
Das ist dann etwas, mit dem du alle anderen in der Runde "erziehst"¹ — je nach Situation gewollt oder ungewollt und offen oder verdeckt.

¹: In Anführungszeichen, weil Lichtbringer vor ein paar Beiträgen geschrieben hat, dass er das Wort erziehen auch gewählt hat, weil es die Bezeichnung des Weitergebens von Erfahrung ist, bei denen Leute am Wahrscheinlichsten gegenschießen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Chiarina am 30.08.2017 | 07:25
Zitat von: ArneBab
Das ist dann etwas, mit dem du alle anderen in der Runde "erziehst"¹ — je nach Situation gewollt oder ungewollt und offen oder verdeckt.

Seine Vorlieben in die Waagschale werfen, wenn das alle anderen auch machen, nenne ich nicht Erziehung. Du scheinst außerdem ganz massiv meine Möglichkeiten zu überschätzen. Und meinen Willen zur Mission.
Das Thema ist für mich gelutscht.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 30.08.2017 | 08:02
Ich finde beides gut:
1.) Das Modellieren des gegenseitigen Geschmacks mit tendentiell eher sanften Methoden.
2.) Das Zücken der X-Card oder auch der Y-Card*,**

* Y-Card meint: Die innere Selbstzensur nach dem Motto "Huch, da bin ich als SL vielleicht zu weit gegangen". Da geht man dann nicht nur in sich, sondern man fragt auch mal bewusst nach, ob jemand die X-Card zeigen will

** Als ich mal eine Schlachterei sehr bildlich beschrieb und im Hintergrund die ganze Zeit mitschwebte "Vielleicht verwursten die hier auch Mafiaopfer". Zusätzlich hatten wir eine Wurstplatte auf dem Tisch.
Da sagte einer meiner Spieler "Uh, jetzt wurde mir ein Mal kurz schlecht!" und dann habe ich kurz gebremst (Y-Card) und mich kurz vergewissert, ob das eine ungewöhnliche Qualitätsbezeugung gewesen sein kann ("Mir wurde schlecht = Sehr authentisch, gut geleitet!")
, eine X-Card ("Mir wurde schlecht = Bitte weniger explizit!!!") oder eine Mischung ("Ja, das war gut, aber mir wurde schlecht, bitte nicht öfter und auf gar keinen Fall noch extremer")

Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 30.08.2017 | 09:45
@
Greifenklause
Die Frage ist doch, ob es zwischen Spieler und Spielleiter eine gemeinsame, gleichberechtigte Basis gibt, auf die es sich lohnt zu bauen. Das ist die Grundvoraussetzung bevor ich überhaupt mit jemandem spiele.
Meinem Spielleiter sind meine Spieleziele und Spassquellen wichtig. Die der anderen Spieler auch. Ein echter Gedankenaustausch bzgl. Spielzielen und Spassquellen ist gewollt und erwünscht. Taboos werden gemeinsam besprochen und abgesegnet.
Auf dieser sauberen und für alle transparenten Basis darf er gerne auf das Spiel Einfluss nehmen. Spieler tun das ja auch.
Ich habe deshalb auch keine Angst, dass ich wider meinen Willen mit Taboo Themen konfrontiert und von ihm heimlich und zielgerichtet gegenüber Leid und Gewalt desensibiliert werde.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 30.08.2017 | 10:41
@
Greifenklause
Die Frage ist doch, ob es zwischen Spieler und Spielleiter eine gemeinsame, gleichberechtigte Basis gibt, auf die es sich lohnt zu bauen. Das ist die Grundvoraussetzung bevor ich überhaupt mit jemandem spiele.
Nein, ist es nicht. Eine "gemeinsame" Basis reicht da oft aus.
Zitat
Meinem Spielleiter sind meine Spieleziele und Spassquellen wichtig. Die der anderen Spieler auch. Ein echter Gedankenaustausch bzgl. Spielzielen und Spassquellen ist gewollt und erwünscht. Taboos werden gemeinsam besprochen und abgesegnet.
Auf dieser sauberen und für alle transparenten Basis darf er gerne auf das Spiel Einfluss nehmen. Spieler tun das ja auch.
Ich habe deshalb auch keine Angst, dass ich wider meinen Willen mit Taboo Themen konfrontiert und von ihm heimlich und zielgerichtet gegenüber Leid und Gewalt desensibiliert werde.
Das eine hat ja mit dem anderen nichts zu tun.
Wenn du tatsächlich nicht schadhaft (!) "desensibilisiert" werden würdest, müsstest du davor ja auch keine Angst haben...
Hier werden vielzuviele Dinge durcheinander geschmissen, die nicht zwingend zusammengehören.

Umgekehrt breche ich mir als Spieler auch keinen Zacken aus der Krone, wenn ich bei Dingen, die mir dann doch zu weit gehen oder ich dies befürchte, sage: "Bitte nicht noch mehr Details"

Je ungenauer meine Einschätzung des Gegenübers ist, desto eher sollte der SL aber frühzeitig Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.
In langjährigen Gruppen kann man den Geschmack des Gegenübers sicherlich zuverlässiger einschätzen als in Con-Runden.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 30.08.2017 | 10:49
Nein, ist es nicht. Eine "gemeinsame" Basis reicht da oft aus

**Gleichberechtigung ist mir ebenso wichtig**

Das eine hat ja mit dem anderen nichts zu tun.

**Fuer mich schon.**

Wenn du tatsächlich nicht schadhaft (!) "desensibilisiert" werden würdest, müsstest du davor ja auch keine Angst haben...

**Nein, der Wunsch nicht gegen Leid und Gewalt desensibiliert werden zu wollen,  reicht aus. **

Hier werden vielzuviele Dinge durcheinander geschmissen, die nicht zwingend zusammengehören.

**Also ich sehe recht klar**

Umgekehrt breche ich mir als Spieler auch keinen Zacken aus der Krone, wenn ich bei Dingen, die mir dann doch zu weit gehen oder ich dies befürchte, sage: "Bitte nicht noch mehr Details"

**Das ist klar. Etwas über das man nicht diskutieren braucht. **

Je ungenauer meine Einschätzung des Gegenübers ist, desto eher sollte der SL aber frühzeitig Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.
In langjährigen Gruppen kann man den Geschmack des Gegenübers sicherlich zuverlässiger einschätzen als in Con-Runden.
Bei Taboothemen, wie Leid und Gewalt,  geht es nicht darum lange im Dunkeln zu stochern, die gehoeren aus meiner Sicht sofort auf den Tisch.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 30.08.2017 | 11:11
@ Issi:
Bei extremen Themen, die einem selbst schon schaudern oder würgen lassen, ist das vollkommen klar. Da laufe ich mit dir d'accord.
Aber bei der großen Grauzone, wo man sich nicht sicher ist, ob das nur ein seltener Plot ist oder ob der schon zu weit geht, ist das eben nicht so klar.
Da muss man raten, schätzen, einschätzen und eben auch, ob man die Y-Card zieht oder nicht.

Es kann nämlich bei nicht so extremen Plots, die man dennoch Y-carded recht schnell passieren, dass die Spieler schreien "och, jetzt hast du das halbe Abenteuer verraten".

Wenn ich "Orgien in den Thermen" leite, empfiehlt ja schon das Abenteuer die Y-Card zu spielen.
Banal. Natürlich spiele ich die dann nur nicht aus, wenn ich mir 110%ig sicher bin, dass meine bevorzugte Variante auch für die Mitspieler akzeptabel ist. Bin ich aber nicht, deshalb frage ich nach ("die Y-Card ausspielen")
Im Schlachter-Abenteuer war ich es auch nicht, da habe ich angeboten, jederzeit adhoc die X-Card zu legen und ich unterbreche sofort.
War gar nicht gewollt. Die haben mir da blind vertraut.

'"Leid und Gewalt" gehört sofort besprochen', ist Unfug, sind diese doch zentrale Themen, zumindest immer wiederkehrende Versatzstücke, fast aller Rollenspiele. Niemand käme auf die Idee zu fragen "Dürfen SC und NSC Waffen verwenden?".
Mithin geht es wohl weniger um das "Ob" als vielmehr um das "Maß" bzw "Wie explizit darf es beschrieben werden".
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 30.08.2017 | 11:24
@ Issi:
Bei extremen Themen, die einem selbst schon schaudern oder würgen lassen, ist das vollkommen klar. Da laufe ich mit dir d'accord.

**Tja aber die Schmerzgrenze ist individuell verschieden, deshalb ist es ja so wichtig mit den Spielern vorher darüber zu sprechen und bestimmte Themen auszuschließen.**

Aber bei der großen Grauzone, wo man sich nicht sicher ist, ob das nur ein seltener Plot ist oder ob der schon zu weit geht, ist das eben nicht so klar.
Da muss man raten, schätzen, einschätzen und eben auch, ob man die Y-Card zieht oder nicht.
** Was von den Spielern  nicht vorher ausgeschlossen wurde, liegt dann automatisch  im Grauzonenbereich.**

Es kann nämlich bei nicht so extremen Plots, die man dennoch Y-carded recht schnell passieren, dass die Spieler schreien "och, jetzt hast du das halbe Abenteuer verraten".

Wenn ich "Orgien in den Thermen" leite, empfiehlt ja schon das Abenteuer die Y-Card zu spielen.
Banal. Natürlich spiele ich die dann nur nicht aus, wenn ich mir 110%ig sicher bin, dass meine bevorzugte Variante auch für die Mitspieler akzeptabel ist. Bin ich aber nicht, deshalb frage ich nach ("die Y-Card ausspielen")
Im Schlachter-Abenteuer war ich es auch nicht, da habe ich angeboten, jederzeit adhoc die X-Card zu legen und ich unterbreche sofort.
War gar nicht gewollt. Die haben mir da blind vertraut.

'"Leid und Gewalt" gehört sofort besprochen', ist Unfug, sind diese doch zentrale Themen, zumindest immer wiederkehrende Versatzstücke, fast aller Rollenspiele. Niemand käme auf die Idee zu fragen "Dürfen SC und NSC Waffen verwenden?".
Mithin geht es wohl weniger um das "Ob" als vielmehr um das "Maß" bzw "Wie explizit darf es beschrieben werden".
Das alles gehört vorher in den Gruppenvertrag.
Ich meinte hier explizit harte Gewalt, die Spielern zu wider ist. Zu definieren was das ist und was man davon nicht haben will,  gehört ebenfalls vor dem Spiel in den Gruppenvertrag.

Erst wenn das alles geklärt ist, kann ich als Spielleiter im Grauzonenbereich arbeiten.
Wenn ich dennoch gegen den Gruppenvertrag verstoße, oder ein Spieler sich unwohl fühlt, wird das auffallen und die Spieler koennen mich darauf aufmerksam machen.

Edit. Ohne Gruppenvertrag  gibt es keine Grauzone. Ohne Gruppenvertrag ist alles Grauzone- auch das was für  viele Spieler ein Taboo wäre.

Wenn man einen Menschen nicht kennt, geht man zunächst meist wohlwollend  davon aus, dass sie die gleichen Taboos  und Grenzen wie man selbst haben. Da kann man sich aber ganz böse täuschen.

Aber man ist ja als Spieler nicht ausgeliefert und auf den Mund gefallen und kann solche Dinge sofort ansprechen auch wenn der Rest der Gruppe, inklusive Spielleiter, dazu schweigt.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 30.08.2017 | 12:24
Das alles gehört vorher in den Gruppenvertrag.
Ich meinte hier explizit harte Gewalt, die Spielern zu wider ist. Zu definieren was das ist und was man davon nicht haben will,  gehört ebenfalls vor dem Spiel in den Gruppenvertrag.
Das geht, wenn deine Spieler wissen, was das ist.

Ist es harte Gewalt, Zombies das Gehirn aus den Schädeln zu blasen, während die um die Augäpfel von Kindern kämpfen?

Ist es harte Gewalt, wenn eine ganze Stadt von mutierenden Aliens ausgelöscht wird, während die SCs im letzten Rettungsschiff entkommen?

Ist es harte Gewalt, wenn die Frau, die ein Spieler in eine Feenwelt getroffen hat, ihm beim nächsten Besuch eröffnet, dass sie ein Kind von ihm hat?

Die letzten beiden Situationen habe ich geleitet. Beide waren für alle Beteiligten toll, gerade die letztere ging aber tief. Mir war zu dem Zeitpunkt nicht klar, dass der betroffene Spieler in seinem wirklichen Leben einmal seinen Wunschberuf für sein Kind aufgegeben hat. Er hat die Verzweiflung seines Chars so plastisch ausgespielt, dass ich zwischendrin kurz unterbrochen habe, um zu fragen, ob alles OK ist. Er hat es outgame bestätigt (konnte problemlos von völliger Verzweiflung auf "jepp, alles Gut" wechseln) und ist dann wieder ingame gegangen. Sein Char hat sich dann entschieden, seine Träume vor seine Familie zu stellen.

Hätte ich vorher eine rote Liste mit verbotenen Themen erstellen sollen, dass ich beim Improvisieren nicht auf die Idee komme, dass die Frau, die er verführt hat, vielleicht schwanger werden könnte? Oder ist es doch besser, hier darauf zu vertrauen, dass wir im Spiel aufmerksam sind (nicht nur ich als SL, aber ich besonders, weil ich Themen aufgreifen kann und mehr Überblick über die Entwicklungen habe) und wir uns die Freiheit nehmen, die Spieler wichtiger zu nehmen als die Konsistenz der Welt, wenn irgendein Thema für jemanden schwierig wird?

Ich habe deshalb auch keine Angst, dass ich wider meinen Willen mit Taboo Themen konfrontiert und von ihm heimlich und zielgerichtet gegenüber Leid und Gewalt desensibiliert werde.
Geht es dir vor allem um das "heimlich" und geplant — also im Endeffekt darum, ob etwas mit dir gemacht wird, dem du nicht zustimmen würdest, wenn du gefragt würdest?
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 30.08.2017 | 12:24
Seine Vorlieben in die Waagschale werfen, wenn das alle anderen auch machen, nenne ich nicht Erziehung.
Deswegen ist die Begriffsdefinition des Threaderstellers/Vortragenden hier wichtig.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 30.08.2017 | 13:52
Das geht, wenn deine Spieler wissen, was das ist.

Ist es harte Gewalt, Zombies das Gehirn aus den Schädeln zu blasen, während die um die Augäpfel von Kindern kämpfen?

Ist es harte Gewalt, wenn eine ganze Stadt von mutierenden Aliens ausgelöscht wird, während die SCs im letzten Rettungsschiff entkommen?

Ist es harte Gewalt, wenn die Frau, die ein Spieler in eine Feenwelt getroffen hat, ihm beim nächsten Besuch eröffnet, dass sie ein Kind von ihm hat?

** Das klingt für mich jetzt eher nach einer normalen Runde. Ich glaube, das weißt Du auch. Bei uns würden vor Allem Themen wie Folter und Vergewaltigung der SC, Kindesmisshandlung etc. kurz pervertiertes Rollenspiel  auf der roten Liste landen.
Ich denke da hat auch jeder, der nicht pervertiert ist, eine Vorstellung davon, was das ungefähr sein könnte. Näher ausführen werde ich das nicht. ;)**

Die letzten beiden Situationen habe ich geleitet. Beide waren für alle Beteiligten toll, gerade die letztere ging aber tief. Mir war zu dem Zeitpunkt nicht klar, dass der betroffene Spieler in seinem wirklichen Leben einmal seinen Wunschberuf für sein Kind aufgegeben hat. Er hat die Verzweiflung seines Chars so plastisch ausgespielt, dass ich zwischendrin kurz unterbrochen habe, um zu fragen, ob alles OK ist. Er hat es outgame bestätigt (konnte problemlos von völliger Verzweiflung auf "jepp, alles Gut" wechseln) und ist dann wieder ingame gegangen. Sein Char hat sich dann entschieden, seine Träume vor seine Familie zu stellen.

Hätte ich vorher eine rote Liste mit verbotenen Themen erstellen sollen, dass ich beim Improvisieren nicht auf die Idee komme, dass die Frau, die er verführt hat, vielleicht schwanger werden könnte? Oder ist es doch besser, hier darauf zu vertrauen, dass wir im Spiel aufmerksam sind (nicht nur ich als SL, aber ich besonders, weil ich Themen aufgreifen kann und mehr Überblick über die Entwicklungen habe) und wir uns die Freiheit nehmen, die Spieler wichtiger zu nehmen als die Konsistenz der Welt, wenn irgendein Thema für jemanden schwierig wird?
Geht es dir vor allem um das "heimlich" und geplant — also im Endeffekt darum, ob etwas mit dir gemacht wird, dem du nicht zustimmen würdest, wenn du gefragt würdest?
**Auch aber nicht nur. Mir und wie du nachlesen kannst,  auch anderen, geht es auch um die Einstellung gegenueber Spielern als angeblich entscheidungsunfaehige und steuerbare Individuen,  die nicht wissen koennen was sie wollen und die man deshalb auch in die genauen Spielziele nicht einweiht. Das gezielte Steuern des Spielleiters zu Gunsten seines persönlichen Spielspasses, in Unwissenheit der Spieler, finde ich besonders schlimm. Habe mich bereits zu Genüge dazu geäussert. Ist auch besser,  wenn ich das nicht noch genauer tue, glaub mir. Ist meine Freizeit.**
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Chiarina am 30.08.2017 | 13:54
Zitat von: ArneBab
Deswegen ist die Begriffsdefinition des Threaderstellers/Vortragenden hier wichtig.

Wenn er dasselbe denkt, wie ich, dann brauche ich hier nichts zu schreiben (und dann sind mir auch Definitionen egal). Den Eindruck hatte ich aber nicht.

Ich hatte den Eindruck, hier stellt sich jemand hin und behauptet, er wisse besser, wie die Freizeitgestaltung anderer Menschen aussehen soll, als diese Menschen selbst. Mit ist ganz egal, ob das Erziehung heißt oder nicht. Ich will selbst (mit)entscheiden, was ich spiele. Und zwar von Anfang an. Das ist alles.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 31.08.2017 | 07:52
...
**Auch aber nicht nur. Mir und wie du nachlesen kannst,  auch anderen, geht es auch um die Einstellung gegenueber Spielern als angeblich entscheidungsunfaehige und steuerbare Individuen,  die nicht wissen koennen was sie wollen und die man deshalb auch in die genauen Spielziele nicht einweiht. Das gezielte Steuern des Spielleiters zu Gunsten seines persönlichen Spielspasses, in Unwissenheit der Spieler, finde ich besonders schlimm. Habe mich bereits zu Genüge dazu geäussert. Ist auch besser,  wenn ich das nicht noch genauer tue, glaub mir. Ist meine Freizeit.**

Jetzt geht mir aber der Hut hoch!  >:(

Das hat in dieser Schärfe doch niemand behauptet.
Lediglich, dass du und ich beeinflussbar sind, positiv wie negativ. In gewissen Maßen.
Und das eine prognostische Aussage nicht immer identisch ist mit einer anschließenden Aussage.

Solange die tatsächliche Absicht eine positive Beeinflussung ist und weniger ein "Ich finde das toll und alle anderen gefälligst (!) auch", ist alles in Butter.
Kann immer noch schief gehen, keine Frage.
Ständiges Teasern und Spoilern, weil man sich zum xten Male unsicher ist, ob dieses neue Thema für die Gruppe geeignet ist, hat auch das Potential den Spaß zu vermiesen.

Denkt doch nicht immer so oft in Extremen.
Ja gut, das klingt jetzt widersprüchlich: Gemeint ist: Geht nicht von nem asozialen hochherrschaftlichen SL aus, sondern gefälligst von nem "Du und ich"-SL, der überlegt, ob er Thema a) "außergewöhnlich grausam", b) "Bordellbetrieb und andere sexuelle Themen" oder c) "chinesisches Martial Arts in klassischem EDO-Fäntel-Setting" anspricht bzw, wie er sie umsetzt.

Hier werden immer ganz schnell, die Sachverhalte geändert. Das ist nicht richtig. Wir behandeln hier, ob und wie man verschiedene Themen anspricht. Das Thema und dessen Qualität kann dann gerne geändert werden. Nicht aber der SL. Der muss in allen Fällen gleich bleiben, sonst können wir die Vergleichbarkeit in die Tonne treten.

Bzw. wenn Poster A von einem "GoodWill"-SL ausgeht und eine Frage stellt, ob dieser ein bestimmtes Thema ansprechen sollte, DARF NICHT Poster B die Frage auf Basis eines "asozialen" SL beantworten. Unredlich.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 31.08.2017 | 09:54
Jetzt geht mir aber der Hut hoch!  >:(

Das hat in dieser Schärfe doch niemand behauptet.
Lediglich, dass du und ich beeinflussbar sind, positiv wie negativ. In gewissen Maßen.
Und das eine prognostische Aussage nicht immer identisch ist mit einer anschließenden Aussage.

Solange die tatsächliche Absicht eine positive Beeinflussung ist und weniger ein "Ich finde das toll und alle anderen gefälligst (!) auch", ist alles in Butter.
Kann immer noch schief gehen, keine Frage.
Ständiges Teasern und Spoilern, weil man sich zum xten Male unsicher ist, ob dieses neue Thema für die Gruppe geeignet ist, hat auch das Potential den Spaß zu vermiesen.

Denkt doch nicht immer so oft in Extremen.
Ja gut, das klingt jetzt widersprüchlich: Gemeint ist: Geht nicht von nem asozialen hochherrschaftlichen SL aus, sondern gefälligst von nem "Du und ich"-SL, der überlegt, ob er Thema a) "außergewöhnlich grausam", b) "Bordellbetrieb und andere sexuelle Themen" oder c) "chinesisches Martial Arts in klassischem EDO-Fäntel-Setting" anspricht bzw, wie er sie umsetzt.

Hier werden immer ganz schnell, die Sachverhalte geändert. Das ist nicht richtig. Wir behandeln hier, ob und wie man verschiedene Themen anspricht. Das Thema und dessen Qualität kann dann gerne geändert werden. Nicht aber der SL. Der muss in allen Fällen gleich bleiben, sonst können wir die Vergleichbarkeit in die Tonne treten.

Bzw. wenn Poster A von einem "GoodWill"-SL ausgeht und eine Frage stellt, ob dieser ein bestimmtes Thema ansprechen sollte, DARF NICHT Poster B die Frage auf Basis eines "asozialen" SL beantworten. Unredlich.

Ich bin mit dem Thema schon durch, deshalb kurz und knapp: Mit einem Spielleiter der meint, er wüsste besser was Spielern Spass macht als die Spieler selbst, nämlich Themen bei denen der Spaß nicht genug ist, und meint sie bewusst ohne ihr Einverständnis in seine bevorzugte Richtung lenken zu können, mit dem würde ich auch nicht "Wer backt den schönsten Kuchen, morgen kommt die Feenkoenigin. "spielen wollen.

Ist bei mir also definitiv nicht unabhängig vom Spielleiter.
Ganz und gar nicht, sorry, aber ist so.

Ein "Du und Ich Spielleiter", oder was ich darunter verstehe, habe ich auch schon mal geschrieben, siehe Antwort #56: Deshalb kurz: Ehrlichkeit, Transparenz, Augenhöhe, vorab Austausch über Spielziele und Taboos,  ist  für mich eine entscheidende Grundvoraussetzung.

Ist das alles gegeben, darf der Spielleiter selbstverständlich mit Einfluss auf das Spiel nehmen, ohne sich aus Angst vor Fehlern die Fingernägel abzuknabbern. Der Spieler kann auch jederzeit sagen,  wenn ihn was unangenehm gruselt oder unverhofft triggert.

Hier besteht und bestand aus meiner Sicht auch keine Meinungsverschiedenheit.

Ich möchte als Spieler selbst entscheiden können,  ob mir der Spass genug ist.
Daran ist denke ich auch nichts Missverständliches.


Edit. Der "normale" Spielspass in Gruppen ist in meinen Augen auch nicht ohne. Und da der nun scheinbar nicht ausreicht, kann ich mangels Eingrenzung der Themen nur spekulieren was dann wohl noch amüsanter sein soll, auch wo und ob es da Grenzen gibt.

Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 31.08.2017 | 10:27
....
Ist das alles gegeben, darf der Spielleiter selbstverständlich mit Einfluss auf das Spiel nehmen, ohne sich aus Angst vor Fehlern die Fingernägel abzuknabbern. Der Spieler kann auch jederzeit sagen,  wenn ihn was unangenehm gruselt oder unverhofft triggert.
...

Hier haben wir Konsens, belassen wir es dabei.
Unterm Strich kommen wir auf unterschiedlichen Wegen wohl zu einem ähnlichen Ergebnis, faszinierend.

Ich bin halt in den Details ja auch deshalb anderer Meinung, weil mindestens zwei in meiner Runde mich gebeten haben, nicht soviel zu spoilern, nach dem Motto "Zieh es einfach durch, du weißt schon, was du tust!"
Das war das Abenteuer in der Schlachterszene.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: bobibob bobsen am 31.08.2017 | 10:36
Hat etwas gedauert bis ich mir den anschauen konnte. Sehr gelungen.

Vielen dank für´s teilen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 31.08.2017 | 12:18
Hier haben wir Konsens, belassen wir es dabei.
Unterm Strich kommen wir auf unterschiedlichen Wegen wohl zu einem ähnlichen Ergebnis, faszinierend.

Ich bin halt in den Details ja auch deshalb anderer Meinung, weil mindestens zwei in meiner Runde mich gebeten haben, nicht soviel zu spoilern, nach dem Motto "Zieh es einfach durch, du weißt schon, was du tust!"
Das war das Abenteuer in der Schlachterszene.
Aber dann ist das doch auch eine bewusste Absprache zwischen Dir und den Spielern. Und ein Zeichen, dass sie Dir bereits  blind vertrauen.
Wenn dann kein anderer Spieler schreit: Um Himmels Willen, lieber nicht. Dann scheint das auch für den Rest der Gruppe OK zu sein.

Edit: Die Spieler kennen Dich sicher schon länger, können sicher abschätzen wo bei Dir die Spassgrenzen sind und gehen damit d`accord.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 1.09.2017 | 07:29
...

Edit: Die Spieler kennen Dich sicher schon länger, können sicher abschätzen wo bei Dir die Spassgrenzen sind und gehen damit d`accord.

Teilweise ja, teilweise nein....... wobei ich bin alt.... selbst die "frischen" kenne ich schon seit ein paar Jahren.
Also doch "Ja"!
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 1.09.2017 | 09:57
Ich glaube, ich weiß jetzt wo die Quelle der Missverständnisse liegt.
Wenn ich einen Spielleiter gut kenne, besteht das Problem des Vertrauens nicht.
Wenn ich dagegen zum ersten Mal bei einem Spielleiter spiele, gehe ich zunächst davon aus, dass ihm der Spaß auch genug ist, und er deshalb bestimmte Taboothemen auslässt, ohne, dass man da groß drüber sprechen müsste.

Wenn nun aber der noch unbekannte Spielleiter findet "der Spass ist nicht genug". Dann gehen die neuen Spieler erstmal fälschlicherweise davon aus, dass ihm "der Spaß genug ist", und dass deshalb bestimmte Grenzen im Spiel gewahrt werden. Die Spieler werden ohne Vorwarnung und Absprache also nicht wissen,  worauf sie sich einlassen.
Wenn zudem der Fokus des Spielleiters ist, die Spassgrenzen der Spieler langsam und systematisch aufzuweichen, werden die Spieler vom Spielleiter weiterhin in dem Glauben gelassen, es würde sich um eine Spielrunde handeln, wo der Spielspass genug ist.
Was natürlich nach wie vor nicht der Fall ist.

Allgemein gehört mMn.  alles, was über den normalen und zu erwartenden  Spielspass hinausgeht, vorab entsprechend gekennzeichnet und deutlich gemacht, damit die neuen Spieler eine informierte Entscheidung treffen können.

Ansonsten ist man halt schlimmsten Falls in ein Karussell eingestiegen und findet sich dann später in einer Achterbahn wieder. Auch wenn das Tempo gezielt erhöht, wird,  damit die Spieler nichts ahnen, wird man das erst merken, dass der Deal ein anderer war, wenn man irgendwann das Kotzen bekommt oder einem schwindelig wird.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Grubentroll am 1.09.2017 | 10:02
Da ich ja gar nicht in "der Szene" und auf Cons, usw, unterwegs bin, ist es immer interessant ein Gesicht oder gar eine Stimme zu den Namen hier zu sehen und zu hören.

Und ja, guter Vortrag.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 1.09.2017 | 10:26
@ Issi:
Ja, so wird n Schuh draus, den ich mir gerne anziehe.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 6.09.2017 | 14:48
So, zurück aus dem Urlaub kann ich antworten. Der Beitrag hat sich indes ziemlich weiterentwickelt und scheint fast tot.

Deshalb wollte ich hier nur einen wichtigen Punkt betonen.


Ich hatte den Eindruck, hier stellt sich jemand hin und behauptet, er wisse besser, wie die Freizeitgestaltung anderer Menschen aussehen soll, als diese Menschen selbst.


Ich bin mit dem Thema schon durch, deshalb kurz und knapp: Mit einem Spielleiter der meint, er wüsste besser was Spielern Spass macht als die Spieler selbst, nämlich Themen bei denen der Spaß nicht genug ist, und meint sie bewusst ohne ihr Einverständnis in seine bevorzugte Richtung lenken zu können, mit dem würde ich auch nicht "Wer backt den schönsten Kuchen, morgen kommt die Feenkoenigin. "spielen wollen.

Nein, darum geht es eben nicht. Meine Aussage war zu keinem Zeitpunkt, ich wüsste besser als die Spieler, was ihnen gefallen wird. Meine Aussage war, es wisse niemand. (Und welch Wunder, "niemand" schließt mich ein. Ein Hoch auf den deutschen Wortschatz!)


Es bleibt vor allem die Frage, in welcher Hinsicht man diese Sonderrolle zu akzeptieren bereit ist. Bei Versuchen, irgendwelche Tabubereiche von Spielern aufzuweichen oder Grenzen zu überschreiten finde ich´s völlig deplaziert.


Nein, damit geht es auch nicht. Es geht darum, dass man diese Grenzen nicht kennt, bevor man es nicht ausprobiert. Hier ist alle Theorie grau.

Ich lasse hierzu noch einmal Stanley Milgram zu Wort kommen:

Zitat
If you think it is easy to violate social constraints, get onto a bus and sing out loud. Full-throated song now, no humming. Many people will say it's easy to carry out this act, but not one in a hundred will be able to do it.
 The point is not to think about singing, but to try to do it. Only in action can you fully realize the forces operative in social behavior. That is why I am an experimentalist.

Zitat
The social psychology of this century reveals a major lesson: often it is not so much the kind of person a man is as the kind of situation in which he finds himself that determines how he will act.


Die Annahme, man wüsste vorher, wie man sich im Realfall fühlen oder verhalten wird, ist eine Illusion, der wir Menschen gerne anhängen. Aber sie ist eben nur eine Illusion, die unserem Ego schmeichelt.
Deswegen ist das Mittel der Wahl eben, deutlich innerhalb Grenzen zu beginnen und dann langsam zu schauen, wohin man das Spiel bringen kann.
Außerdem sind solchen Grenzen eben nicht monolithisch, sondern hängen sich von der Situation ab und können sich verschieben. Deshalb ist eben Flexibilität von allen Beteiligten gefragt.


Ich weiß nicht, was ich dazu noch schreiben soll. Wenn ich im Vortrag mehrfach erkläre, diese Form von Spiel sei nicht für jeden und das sei in Ordnung und man solle niemanden dazu zwingen oder gar traumatisieren, wenn ich in diesem Beitrag im Detail erkläre, warum niemand weiß, was mir vorgeworfen wird, wissen zu wollen, und ihr dann Positionen angreift, die ich gar nicht vertrete, dann kann ich euch einfach nicht mehr helfen.

Wenn jemand Thesen angreift, die ich nicht aufstellte, dann kommen diese Thesen offenkundig nicht aus meinem Kopf.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 6.09.2017 | 14:56
Zitat
Nein, damit geht es auch nicht. Es geht darum, dass man diese Grenzen nicht kennt, bevor man es nicht ausprobiert.
Die Entscheidung ob ,man es ausprobieren will, diese Grenzen auszutesten, sollte aber den Spielern überlassen bleiben, nicht?
Kein Spieler wird gerne ohne Kenntnis Teilnehmer von so einem "Experiment."

Immer noch nicht verständlich?

Nun dann fürchte ich, kann ich nicht weiterhelfen, sorry  ;)

Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ucalegon am 6.09.2017 | 15:30
Die Annahme, man wüsste vorher, wie man sich im Realfall fühlen oder verhalten wird, ist eine Illusion, der wir Menschen gerne anhängen.

Es ist vollkommen wurscht, ob man das vorher wissen kann oder nicht. Darum ging es hier nicht. Manche Leute werden ihre Lines und Veils vorab festlegen und auf bestimmte Themen lieber ganz verzichten. Gut für sie. Manche Leute werden, weil sie nicht wissen, wie sie sich im Spiel fühlen werden, lieber eine X-Card benutzen. Gut für sie. Manche Leute werden anders vereinbaren, wie sie sich aufeinander verlassen wollen (siehe auch: I will not abandon you). Gut für sie.

Dass niemand wissen könne, was ihr oder ihm gefalle oder nicht gefalle, ist umso mehr ein Argument dafür, sich vorher transparent auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Man kann von einer Runde nicht einfach Flexibilität verlangen und ihr dann auf der anderen Seite nicht zugestehen, sich gemeinsam darüber abzustimmen, was wie gespielt wird.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 6.09.2017 | 23:01
Die Entscheidung ob ,man es ausprobieren will, diese Grenzen auszutesten, sollte aber den Spielern überlassen bleiben, nicht?
Kein Spieler wird gerne ohne Kenntnis Teilnehmer von so einem "Experiment."
Die Frage ist für mich: Ist allen Beteiligten klar, dass das Austesten von Grenzen Teil des Spiels ist? Können alle darauf vertrauen, dass sie aufeinander achtgeben und alle Handlungen wohlwollend Interpretieren?

Wenn ja, dann ist es nicht notwendig, die Grenzen im Einzelnen anzusprechen. Wenn nein, dann könnte es problematisch werden.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 7.09.2017 | 07:35
Zitat
Die Frage ist für mich: Ist allen Beteiligten klar, dass das Austesten von Grenzen Teil des Spiels ist?

Genau, das ist schon mal die entscheidende Grundvoraussetzung. Die Teilnehmer werden über das Experiment informiert.

Zitat
Können alle darauf vertrauen, dass sie aufeinander achtgeben und alle Handlungen wohlwollend Interpretieren?

Wenn ja, dann ist es nicht notwendig, die Grenzen im Einzelnen anzusprechen. Wenn nein, dann könnte es problematisch werden.
Ab dem Punkt an dem die Teilnehmer wissen, dass ein Experiment mit ihnen stattfinden soll, müssen sie mehrere Dinge entscheiden.
1. Will ich überhaupt daran teilnehmen?
2. Unter welchen Bedingungen will ich daran teilnehmen? Und unter welchen nicht?
Diese Teilnahme Bedingungen müssen dann zuerst verhandelt werden. Bevor es mit dem Spiel losgeht. Siehe #76 von Ucalegon.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 7.09.2017 | 14:59
+1
Kudos für Lichtbringer.
So wird n Schuh draus.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 8.09.2017 | 15:35
Besteht denn realistisch gesehen die Möglichkeit, dieses "Experiment" (eure Formulierung) abzulehnen?

Wie soll das aussehen?
In jedem Moment, wo ihr euch in Richtung eines ernsten Themas bewegt, lauft ihr doch immer auf irgendeine Grenze zu.
Gibt es ein Rollenspiel, in dem keins der folgenden Themen vorkommt: Gewalt, elterliche Liebe, Romantik, Sexualität, Verbechen, Furcht/Angst, (körperliche und psychische) Krankheit, Tod, Armut, Moral, Religion/Spiritualität, Philosophie?
Und wenn ja, würde das irgendwen überhaupt interessieren?

Und sobald diese Elemente drin sind, wird das Maß, in dem sie vorkommen, nie konstant bleiben. In einer Szene ist mehr Gewalt als in einer anderen, in einer kommt mehr Angst vor usw. Wir bewegen uns also ständig und damit bewegen wir uns auch regelmäßig auf Grenzen zu.

Die Aussage ist weiterhin nicht, völlig ins Extrem zu gehen. Es geht darum, dass man sich im Spiel bei der ganz normalen Handlungsentwicklung immer entlang dieser Gradienten bewegt - oft ungeplant und unbeabsichtigt.
Mein Anliegen ist weiterhin nicht, dass jeder diesen Gradienten bis zum Ende folgen sollte. Ich behaupte, dass man diesen Gradienten immer folgt, ob man das mit Absicht tut oder nicht. Und es geht darum, dass schwer vorhersagbar ist, wie weit es geht. (Und ich viel mehr Leute sehe, die sich unnötigerweise nicht trauen zu versuchen, was alle am Tisch begeistern könnte oder sie unvorhergesehene Grenzen übertreten, weil sie nicht auf die Reaktionen ihrer Mitspieler achten.)

Ein simples Beispiel:
Ein muslimische Freundin von mir spielte einmal unter mir eine Schamanin. Und es kam eben dazu, dass ich die Religiösität dieser Figur in einem Abenteuer zentral wurde.
Nun waren die religiösen Gefühle der Dame plötzlich etwas, das im Raum stand (auch weil sie in der Runde die Quotentheistin ist, alle andere sind ungläubig). Aber es war weder für sie noch für uns klar, wo da die Grenze läge, weil es eben sehr von der Gruppe und der Situation abhing. (So zumindest ihre Selbstauskunft im Nachhinein, welche natürlich nur bedingte Beleglast hat - aber immerhin mehr als im Voraus.)
Also warf ich ihr immer wieder Brocken zu, die sie aufnehmen und ausbauen oder auch mit drei Worten abhandeln konnte - schrittweises Erhöhen. Und ich als SL achtete natürlich darauf, was sie ansprach und was nicht. Dadurch konnte sie eine sehr wichtige Spielerfahrung machen, ohne sich in einer Lage zu bringen, in der sie sich unwohl fühlen könnte. (Für diejenigen, die es interessiert: Spirituelle Erfahrung und auch Seelsorge begeisterten sie; Predigen und Fragen nach dem Nachleben wich sie aus.)
Hätte vorher keiner von uns erraten können - sie auch nicht (s. o. zumindest nach Selbstauskunft). Und hätte ich sie direkt dort gefragt, hätte sie es abgelehnt, weil sie von zwei Mitgliedern der Gruppe wegen ihrer Religion schon einmal deutlich gepiesakt worden war.
So wurde es aber zu einem sehr wertvollen Spielerlebnis für sie.

Ich sehe wirklich weiterhin nicht das Problem. Und ich habe ein bisschen die Befürchtung, diese ganze Aufregung sei nur durch den Begriff "Erziehen" entstanden - was durch den neuen Begriff "Experiment" vermutlich nicht besser wird.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Ucalegon am 8.09.2017 | 16:11
spielte einmal unter mir

Schon bei dieser Ausdrucksweise zieht sich mir alles zusammen. Ich habe genug geschrieben und bin raus.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 8.09.2017 | 17:00
Schon bei dieser Ausdrucksweise zieht sich mir alles zusammen. Ich habe genug geschrieben und bin raus.

Womit du eingestehst, dass es dir nicht um Fakten geht, sondern um Bezeichnungen. Leider sind Sachverhalte wie sie sind, egal welche Euphemismen oder Dysphemismen wir darauf werfen.


Zumal ich gerne eine andere Konjunktion nähme, wenn du einen vorschlügest.
"Sie spielte mit mir." ist ziemlich sexuell konnotiert. Außerdem trifft sie keine Unterscheidung zwischen Spieler und SL, welche in den meisten Rollenspielen nun einmal existiert.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 8.09.2017 | 17:04
"Sie spielte mit mir." ist ziemlich sexuell konnotiert.
Nicht mehr als der Begriff "Rollenspiel" selber.
Zitat
Außerdem trifft sie keine Unterscheidung zwischen Spieler und SL, welche in den meisten Rollenspielen nun einmal existiert.
Diese Unterscheidung beschreibt aber keine Hierarchie sondern eben nur eine Aufgabenteilung.
Dicker Unterschied!
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 8.09.2017 | 17:06
Schon bei dieser Ausdrucksweise zieht sich mir alles zusammen. Ich habe genug geschrieben und bin raus.
Auch wenn ich mir vorstellen kann, woher dein Gefühl kommt, finde ich deine Reaktion übertrieben: Dein Gefühl kommt aus deiner Interpretation der Worte, nicht notwendigerweise aus dem, was sie für Lichtbringer bedeuten.

"Spielte unter mir" kann auch einfach eine Verkürzung der Aussage sein: "Spielte in einer Runde, in der ich SL war".

In Spielen mit SL gibt es ein Einfluss-Gefälle zwischen SL und Spielern, das hier seinen Einschlag findet.

PS: Die Reaktion ist ein typisches Beispiel für eine verfahrene soziale Reaktion, die in einer Rollenspielrunde sehr problematisch wäre: Statt Aussagen wohlwollend zu interpretieren und anderen einen Vertrauensvorschuss zu geben, werden Aussagen moralisch interpretiert. Ich habe einmal mit jemandem hier aus dem :T: eine Runde gespielt, mit dem ich einige Zeit vorher hier im :T: eine harte Diskussion hatte. Er hat alles in der Runde durch die Brille der Diskussion gesehen und Probleme einerseits regelrecht provoziert und andererseits dann sehr negativ interpretiert. Die Runde war die unangenehmste, die ich in 25 Jahren erlebt habe und sie hat mich noch Monate später verfolgt. Wohlwollen und Achtsamkeit sind für intensive Rollenspielrunden eine notwendige Voraussetzung.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 8.09.2017 | 17:13
"Spielte unter mir" kann auch einfach eine Verkürzung der Aussage sein: "Spielte in einer Runde, in der ich SL war".
Eigentlich eher "Spielte eine Runde unter meiner Leitung".

Kann man machen. Habe ich auch schon (Also unter einem SL gespielt). Da spielte ich dann aber mit einer anderen Einstellung (und Erwartungshaltung) als bei einer Rollenspielrunde in der ich mit dem SL zusammen gespielt habe.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 8.09.2017 | 17:21
Eigentlich eher "Spielte eine Runde unter meiner Leitung".
Das ist eine mögliche Interpretation, aber nicht die einzige plausible — und nicht die wohlwollende.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: KhornedBeef am 8.09.2017 | 17:27
Ich wäre jetzt auch für weniger Haarspalterei und mehr wohlwollende Interpretation. Ich bin nicht der zurückhaltendste aber das wirkt jetzt von außen völlig übertrieben. Unterm Strich torpediert das die Diskussion für mehr Leute als es einigen wenigen klärend hilft
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 8.09.2017 | 17:44
Das ist eine mögliche Interpretation, aber nicht die einzige plausible — und nicht die wohlwollende.
Okay. Was bitte ist an der Beschreibung "unter der Leitung von..." bei der Beschreibung des Spielleiterposten jetzt genau nicht wohlwollend?
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 8.09.2017 | 18:07
Um die Begriffsdiskussion etwas abzuschwächen:
Statt "Spielleitung" "Moderation"
Statt "Erziehen" "Bälle zuwerfen" (oder "anmoderieren"?)
Statt "unter jemanden spielen" "mit jemanden als Moderator spielen"

Und schon hat man die Hierarchie raus und meiner Meinung nach passt das zu den Erklärungen Lichtbringers wesentlich besser.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 8.09.2017 | 18:57
Okay. Was bitte ist an der Beschreibung "unter der Leitung von..." bei der Beschreibung des Spielleiterposten jetzt genau nicht wohlwollend?
Die Erklärung danach klang so, als würdest du einen bestimmten Spielstil damit verbinden ("kann man machen").

Aber vielleicht sollte ich hier selbst wohlwollender lesen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 9.09.2017 | 08:41
Zitat
Besteht denn realistisch gesehen die Möglichkeit, dieses "Experiment" (eure Formulierung) abzulehnen?
Schauen wir mal........
Welche der folgenden Themen stehen denn bei einer der "Spass ist mir genug" Gruppe, vermutlich auf der roten Liste ?
Zitat
Gewalt, elterliche Liebe, Romantik, Sexualität, Verbechen, Furcht/Angst, (körperliche und psychische) Krankheit, Tod, Armut, Moral, Religion/Spiritualität, Philosophie?

Lösung:Gewalt und Verbrechen, genauer gesagt, pervertierte Formen davon, und zudem alles was die Grenzen des guten Geschmacks sprengen könnte, ist  für gewöhnlich taboo.

Zitat
Und wenn ja, würde das irgendwen überhaupt interessieren?
Es wird, denke ich, alle die interessieren, die mit pervertierter Form von Gewalt, Geschmacklosigkeit oder leidvollem Erleben im Spiel generell nichts tun haben wollen.
Dafür gibt es mehrere mögliche Gründe:
1. Sie haben damit ein persönliches Problem ...oder
2. Sie finden das zu ernst oder geschmacklos
3. Sie haben darauf keine Lust.

Allein die Tatsache, dass jemand keine Lust hat ernstere Themen (als erwartet) durch zu spielen, reicht bereits als Grund, um zu sagen:
"Nein Danke, an dieser Runde nehme ich nicht Teil."

Deshalb möchten Spieler in der Regel über die Möglichkeit solcher Inhalte vor Teilnahme am Spiel informiert werden.
Damit sie eine informierte Entscheidung treffen können- ob sie daran teilnehmen wollen oder nicht.

Frage: Warum sollte man die Spieler vorab informieren?
Antwort:
1. Weil solche Themen in Rollenspielrunden, wo der Spaß genug ist, idR. nichts zu suchen haben.
2. Ohne explizierte Vorabsprache, geht ein Spieler davon aus, dass bestimmte Themen im Spiel nicht vorkommen.
Und mit nicht ist auch nicht gemeint. Und nicht ein "Bißchen nicht".
Der Unterschied ist hoffentlich erkennbar.

Es haben Beispielsweise wesentlich mehr Spieler am Tisch Probleme mit Gewalt/Verbrechen als mit Religion.
Den Versuch das eine mit dem anderen gleich zu setzen oder gar in einen Topf werfen zu wollen, finde ich absurd.
Mehr gibt es für mich dazu nicht zu sagen.

Zitat
Mein Anliegen ist weiterhin nicht, dass jeder diesen Gradienten bis zum Ende folgen sollte. Ich behaupte, dass man diesen Gradienten immer folgt, ob man das mit Absicht tut oder nicht. Und es geht darum, dass schwer vorhersagbar ist, wie weit es geht.

Oh, das ist ein Irrtum. Es ist sogar sehr gut vorhersagbar, wie weit es geht.
Es geht idR. genau soweit, wie der Spielleiter das zulässt, nicht weiter. (Falls nicht schon vorher die Spieler aussteigen)

Zitat
Ich sehe wirklich weiterhin nicht das Problem. Und ich habe ein bisschen die Befürchtung, diese ganze Aufregung sei nur durch den Begriff "Erziehen" entstanden - was durch den neuen Begriff "Experiment" vermutlich nicht besser wird.
Experiement- Wortbebeutung: "Ein Versuch, etwas anders zu machen, der ein gewisses Risiko hat."
Finde ich absolut passend.

Zitat
Und wenn ja, würde das irgendwen überhaupt interessieren?
Interessiert es dich was die Spieler interessiert?
Interessiert es dich vor Spielbeginn ob deinen Spielern "der Spaß genug ist "?
Interessiert es dich, welche Themen sie lieber nicht im Spiel haben wollen?
Interessiert es dich ob sie wirklich "Grenzerfahrungen" machen wollen oder einfach nur Spaß haben?

Fragen über Fragen.

Kritik wurde ja zu Beginn extra erbeten,- Ich denke da kam jetzt auch schon eine Menge zusammen.
Und es gibt genug zum nachlesen.
Ich bin hiermit auch wirklich raus. ;)



Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 9.09.2017 | 19:27
Lösung:Gewalt und Verbrechen, genauer gesagt, pervertierte Formen davon, und zudem alles was die Grenzen des guten Geschmacks sprengen könnte, ist  für gewöhnlich taboo.
Der "gute Geschmack" ist schwer zu definieren, weil du effektiv von einer Moral sprichst, und die ist nicht einheitlich.

Star Trek sauber, aber politisch teils tiefgehend idealistisch (Schwule! Eine Frau als Kapitän! Kommunisten!), oder Navy CIS glatt, aber den normalen Marine (=Mörder fürs Vaterland) verherrlichend, oder Criminal Minds Gewalt, aber idealistischer Hintergrund, oder Desperate Housewives fast ohne körperliche Gewalt und Verbrechen, aber emotional brutal, oder Marvel-Helden, die sich effektiv als einzige moralische Instanz sehen (wie z.B. in Watchmen schön aufgearbeitet), oder fröhliches Supernatural Monsterbashen, bei dem irgendwann die SL dem Monströsen so weit verfällt, dass es kaum mehr erträglich ist — oder glatter Disney-Zeichentrick mit Verherrlichung des gehorsamen Angestellten?

Der einzige Weg, etwas zu machen, das niemandem aufstoßen kann, ist es, nichts in die Tiefe zu behandeln — und das stößt denen übel auf, die keine übermäßige Vereinfachung wollen.

Deswegen würde ich eher sagen: Schwierig werden kann alles, was über den Spielerinnen und Spielern bekannte Genrekonventionen weiter hinausgeht als sie es erwarten. Beispiele: Eine Star-Trek-Runde nach Zusammenbruch der Föderation, Navi CIS in dem meist normale Marines die Bösen sind, Criminal Minds in dem Ermittler euch betrügen, Desperate Housewives Warhammer, Marvel als Watchmen, Supernatural ohne Magie, Disney in dem die SCs die Terrorzelle Greenwar gründen.

Das sollte dann zumindest grob geklärt sein, also wie weit die Runde von den bekannten Konventionen abweichen können soll.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 11.09.2017 | 08:49
Ich lehne mich mal aus dem Fenster und versuche einen Konsens-Ansatz zu entwickeln.

1.) "Issi-Regel"
Soweit Konventionen bekannt sind und ergo auch die "roten Linien" hinreichend kommuniziert, muss und darf ich nichts austesten, experimentieren, was signifikant von den bekannten Konventionen abweichen könnte, sondern kommuniziere das frühzeitig. Bzw ich lasse das bei auch nur geringfügigen Gegenstimmen.

2.) "Lichtbringer-Regel"
Soweit die Konventionen nicht bekannt sind oder "rote Linien" nicht hinreichend klar, kann ich sie nach und nach austesten. Auch mag ein Experiment überhaupt erst dazu führen, dass ich die Konventionen und "roten Linien" überhaupt erst genau feststellen kann.

3.) "TrollsTime-Regel"
Es gibt kein Schwarz-Weiß. Aber im Zweifel sollte Extremes vermieden werden. Ein empathischer Ansatz ist einem verkopften Ansatz zu bevorzugen. Was mir gefällt, muss längst nicht den Mitspielern gefallen. Aber was ich schon als SL widerlich finde, werden meine Spieler im Zweifelsfall genauso oder noch widerlicher empfinden. Je experimenteller oder subjektiv "widerlicher", desto eher sollte man noch mal absprechen und notfalls spoilern.

----
Wenn man 1-3 beherzigt, kann man wohl nicht viel falsch machen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Issi am 11.09.2017 | 09:22
@
Greifenklause, bitte lass das im Namen meines Nicks,  irgendwelche "Regeln" aufzustellen. Vielen Dank.
Wenn ich etwas zu "meiner Regel" erklären wollte, was ich nicht will, dann mache ich das selbst mit den passenden Worten.

In einer normalen der "Spaß ist mir genug" Gruppe habe ich auch ohne Absprache keine Extreme. Denn um die geht es ja.
Absprechen muss ich es dann, wenn ich eine Aufweichung der Grenzen zu Extremen in Betracht ziehe oder diese sogar extra fokussiere.

Wenn ich als Spielleiter für mich selbst nicht sicher Grenzen definieren kann oder will und experimentel Richtung "extra Hartwurst" Rollenspiel gehen möchte, habe ich meine Spieler darüber zu informieren.
Das gehört finde ich zur "Transparenz" und zur "empathischen Rücksichtnahme" auf die Spieler dazu.
Und zur "Fairness."
Empathie und Fairness fangen nicht erst im Spiel an wichtig zu werden, sondern schon vorher.  ;)









Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 11.09.2017 | 13:27
Diese Unterscheidung beschreibt aber keine Hierarchie sondern eben nur eine Aufgabenteilung.
Dicker Unterschied!

Wirklich? Wieso reden wir dann von Spielerermächtigung (engl. Player Empowerment)?

Versteh mich nicht falsch. Auch ich sehe Spieler und SL auf einer Seite (daher mein ständiges Pochen auf Vertrauen am Spieltisch). Aber das ändert doch nichts an der Realität eines Machtungleichgewichts innerhalb des Spiels in den allermeisten Runden. Wenn der SC sagt, es würde regnen, dann ist das allenfalls eine Wettervorhersage oder einer Wiedergabe einer schon festgelegten Tatsache. Wenn der SL sagt, es würde regnen, dann werden die SCs nass.


Lösung:Gewalt und Verbrechen, genauer gesagt, pervertierte Formen davon, und zudem alles was die Grenzen des guten Geschmacks sprengen könnte, ist  für gewöhnlich taboo.

Das ist keine Lösung, dass ist ein Strohmannargument. Sprich: Du kritisierst nicht, was ich tatsächlich schrieb, sondern konstruierst eine Position, die ich nicht vertrete, um diese dann zu kritisieren.

Das tust du, indem du so tust, als wäre es für jeden klar, was pervertiert sei und was nicht; und zwar ohne jeden Kontext und vor jeder Erfahrung. Du tust so, als teilten alle Menschen deine Vorstellung von erträglich und pervertiert.

Diese stillschweigende Annahme ist es aber, die ich in Zweifel ziehen. Das ist eben nicht offensichtlich, nicht kontextlos und nicht von Vornherein feststellbar.

Z. B.: Eine Vergewaltigung kann ich auf eine Weise beschreiben, die den meisten Leuten zu viel sein wird. Oder man kann sie nur andeuten und im Hintergrund lassen, womit die allermeisten Leute kein Problem hätten. Und wo da die Grenze ist, ist eben nicht trivial und hängt von sehr vielen Faktoren ab, die im Vornherein nicht bekannt sind. Wenn beispielsweise ein Spieler sichtlich begeistert auf die Vergewaltigung eines NSCs reagiert, dann sorgt dieser Kontext bei den meisten Leuten dafür, dass es für sie sehr viel früher abstoßend wird, als sie zuvor erwartet hätten.
Da muss der SL reagieren und sich nicht der Illusion der Sicherheit hingeben, die Absprachen hätte dieses Maß doch freigegeben. So etwas wie X-Karte usw. ist hier auch schwierig, weil ein solcher Mitspieler durchaus so erschreckend sein kann, dass die anderen sich nicht trauen. Oder es tritt Verantwortungsdiffusion ein: Weil jeder einschreiten könnte, tut es keiner. Wer einen Unfall vor drei Leuten hat, hat bessere Chancen auf Hilfe, als wer einen vor 20 hat. (Außerdem sind solche Mittel ein Problem bei langsam ansteigernder Abneigung, weil bei langsamer Reizsteigung die meisten Menschen deutlich verspätet reagieren.)


Des Weiteren schießt du dich ständig auf Gewalt als Aspekt ein. Mir geht es aber um noch viel mehr, wodurch dein Argument weiter diskreditiert wird. Denn es wäre ja sehr wohl eine Runde denkbar, die Gewalt gar nicht besprechen will, aber ernste moralische Fragestellungen wünscht.
Was bringt dir die gesetzte Grenze (wenn das möglich wäre) zwischen zu viel und erträglich viel Gewalt, wenn es plötzlich darum geht, wie nervig ein Fundamentalist sein kann, bevor die Theologin in der Gruppe zu sehr durch die Decke geht, um das Spiel noch zu genießen? (Ein reales Beispiel aus einer meiner Runden. Und wieder ein Beispiel, mit dem vorher keiner gerechnet hatte und jede Absprache diesen Fall gar nicht behandelt hätte. Hier rettete Vertrauen und Empathie die Szene.)


2.) "Lichtbringer-Regel"
Soweit die Konventionen nicht bekannt sind oder "rote Linien" nicht hinreichend klar, kann ich sie nach und nach austesten. Auch mag ein Experiment überhaupt erst dazu führen, dass ich die Konventionen und "roten Linien" überhaupt erst genau feststellen kann.

Für nur zwei Sätze eine gute Zusammenfassung.
Ich ginge sogar noch weiter: Es kann gut vorkommen, dass rote Linien zu Themenbereichen auftauchen, von denen vorher niemandem klar war, dass es dazu überhaupt so etwas wie eine Meinung zu Grenzen geben könnte, weshalb man sie nicht hätte absprechen können.
Beispiel von oben: Mit den meisten Spielern sind Fundis kein Problem (vor allem, wenn sie die später vermöbeln können). Aber mit besagter Theologin trat es eben ein, dass sie langsam nicht mehr nur sauer auf den NSC war, sondern sauer auf das Spiel.
Rote Linie spotan entdeckt und reagiert: Die Szene wurde verkürzt und später durfte sie dem Assi das Auto zerkratzen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Teylen am 11.09.2017 | 14:01
Nachdem ich mir das Video am Wochenende ansah.
Ich persönlich bin recht überzeugt davon nicht mit einem Erziehungsansatz an das Spiel zu gehen.

Einerseits weil ich dahingehend nicht ausreichend autoritär leite.
Andererseits weil ich davon ausgehe das meine Mitspieler (hinreichend) erwachsene Personen sind.

Ich gehe da eher von einer wechselwirkenden, gleichberechtigten Beziehung aus.
Wenn man den Begriff verwenden mag, ein gegenseitiges erziehen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 11.09.2017 | 14:34
@
Greifenklause, bitte lass das im Namen meines Nicks,  irgendwelche "Regeln" aufzustellen. Vielen Dank.
Wenn ich etwas zu "meiner Regel" erklären wollte, was ich nicht will, dann mache ich das selbst mit den passenden Worten.
...

Ich habe es bewusst in Anführungsstriche gesetzt. Ich brauchte irgendeinen Namen und habe mich da grob an den lautesten Vertretern der jeweiligen Fraktionen orientiert.
Ich denke gerade nach, wie ich es anders formulieren könnte, mir fällt aber nichts ein. Ich bemühe mich...

EDIT:
Und offenkundig war es ein diplomatischer Ansatz, deshalb verstehe ich den Gegenwind nicht.
Böse Absicht oder Unterstellungen hatte ich jedenfalls nicht beabsichtigt.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 11.09.2017 | 14:37
Ich lehne mich mal aus dem Fenster und versuche einen Konsens-Ansatz zu entwickeln.

1.) "Issi-Regel"
Soweit Konventionen bekannt sind und ergo auch die "roten Linien" hinreichend kommuniziert, muss und darf ich nichts austesten, experimentieren, was signifikant von den bekannten Konventionen abweichen könnte, sondern kommuniziere das frühzeitig. Bzw ich lasse das bei auch nur geringfügigen Gegenstimmen.

2.) "Lichtbringer-Regel"
Soweit die Konventionen nicht bekannt sind oder "rote Linien" nicht hinreichend klar, kann ich sie nach und nach austesten. Auch mag ein Experiment überhaupt erst dazu führen, dass ich die Konventionen und "roten Linien" überhaupt erst genau feststellen kann.

3.) "TrollsTime-Regel"
Es gibt kein Schwarz-Weiß. Aber im Zweifel sollte Extremes vermieden werden. Ein empathischer Ansatz ist einem verkopften Ansatz zu bevorzugen. Was mir gefällt, muss längst nicht den Mitspielern gefallen. Aber was ich schon als SL widerlich finde, werden meine Spieler im Zweifelsfall genauso oder noch widerlicher empfinden. Je experimenteller oder subjektiv "widerlicher", desto eher sollte man noch mal absprechen und notfalls spoilern.

----
Wenn man 1-3 beherzigt, kann man wohl nicht viel falsch machen.

2. Versuch:
1.) "Rote Linien respektieren"
Soweit Konventionen bekannt sind und ergo auch die "roten Linien" hinreichend kommuniziert, muss und darf ich nichts austesten, experimentieren, was signifikant von den bekannten Konventionen abweichen könnte, sondern kommuniziere das frühzeitig. Bzw ich lasse das bei auch nur geringfügigen Gegenstimmen.

2.) "Rote Linien finden"
Soweit die Konventionen nicht bekannt sind oder "rote Linien" nicht hinreichend klar, kann ich sie nach und nach austesten. Auch mag ein Experiment überhaupt erst dazu führen, dass ich die Konventionen und "roten Linien" überhaupt erst genau feststellen kann.

3.) "Empathie und Vorsicht"
Es gibt kein Schwarz-Weiß. Aber im Zweifel sollte Extremes vermieden werden. Ein empathischer Ansatz ist einem verkopften Ansatz zu bevorzugen. Was mir gefällt, muss längst nicht den Mitspielern gefallen. Aber was ich schon als SL widerlich finde, werden meine Spieler im Zweifelsfall genauso oder noch widerlicher empfinden. Je experimenteller oder subjektiv "widerlicher", desto eher sollte man noch mal absprechen und notfalls spoilern.

----
So besser?
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Greifenklause am 11.09.2017 | 14:48
...
Wenn ich als Spielleiter für mich selbst nicht sicher Grenzen definieren kann oder will und experimentel Richtung "extra Hartwurst" Rollenspiel gehen möchte, habe ich meine Spieler darüber zu informieren.
Das gehört finde ich zur "Transparenz" und zur "empathischen Rücksichtnahme" auf die Spieler dazu.
Und zur "Fairness."
Empathie und Fairness fangen nicht erst im Spiel an wichtig zu werden, sondern schon vorher.  ;)

Ebenso empathisch und fair ist es, nicht jedes Experiment aus voreiliger Selbstzensur heraus zu spoilern und so allen unnötig die Spannung zu nehmen.
Ein verantwortungsvoller SL befindet sich da in einer Zwickmühle zwischen "wieviel verrate ich, um mich moralisch abzusichern?" und "wann verrate ich zuviel und nehme den Spielern unnötig die Spannung?"

Da muss man abwägen. Und exakt da in der Abwägung setzt die Empathie halt an. Nicht in dem einen ("ich verrate möglichst sehr viel, um ja keine rote Linie zu übersehen") oder in dem anderen ("im Zweifel weiß ich schon, was für alle richtig ist")

Ebenso ist ein "Wir haben das doch vor dem Abenteuer besprochen!" kein Persilschein. Wenn es wider Erwarten im Abenteuer trotz vorheriger Rücksprache dem Mitspieler dann doch zu eklig ist, hat man auch das zu respektieren.

Niemand kann eine 100%ige Prognose abgeben.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 11.09.2017 | 18:36
Wirklich? Wieso reden wir dann von Spielerermächtigung (engl. Player Empowerment)?
Das Zauberwort ist Empowerment. Hier im Zusammenhang sollte es Mitwirkungsmöglichkeit oder Spielerstärkung übersetzt werden. Der Begriff kommt als Kontrapunkt noch aus einer Zeit, als viele SL die irrige Einschätzung hatten, dass sie auch gegen die Spielerwünsche leiten müssten, weil sie es auf jeden Fall besser wissen als jeder andere Mitspieler.
Zitat

Versteh mich nicht falsch. Auch ich sehe Spieler und SL auf einer Seite (daher mein ständiges Pochen auf Vertrauen am Spieltisch). Aber das ändert doch nichts an der Realität eines Machtungleichgewichts innerhalb des Spiels in den allermeisten Runden. Wenn der SC sagt, es würde regnen, dann ist das allenfalls eine Wettervorhersage oder einer Wiedergabe einer schon festgelegten Tatsache. Wenn der SL sagt, es würde regnen, dann werden die SCs nass.
Auch das ist nur ein Vorschlag von Seiten des SLs. Nur meistens hat er sehr starke Argumente für den Tatbestand. Wenn die Spieler allerdings der Meinung sind, dass Regen jetzt in dieser Szene nicht reinpasst, dann sollte der SL von seiner Idee des Regens Abstand nehmen. Sonst ist er ein Ex-SL.
Wo wir wieder beim Fehlen einer Hierarchie wären.
Vermi hat das wesentlich präziser formuliert, als ich das je machen könnte. (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,103864.0.html)
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 12.09.2017 | 12:17
Ich glaube, du missverstehst, was ich aussagen wollte. Du triffst eine normative Aussage (wie sollten Runden laufen). Ich traf vor allem eine deskriptive (wie Runden meistens tatsächlich laufen). Dass es überhaupt Spielerstärkung gibt, ergibt doch überhaupt nur Sinn, wenn sie vorher schwach waren.

Daher meine Aussage weiterhin: In den allermeisten Runden ist der SL in einer Machtposition.

Meine normative Seite dazu: Ich finde, das hängt massiv von den Umständen an. Ich mag SL-lose Systeme wie Grey Ranks. Aber für ein System wie Cthulhu möchte ich nicht ermächtigt sein. Der Horror funktioniert ja gerade durch die Hilflosigkeit.
Auch für andere Runden glaube ich an den SL als Hobbschen Leviathan. Je nach Mitspielern kann es einfach besser für mich und alle sein, wenn ich als Spieler Aufgaben an den SL übertrage, damit es überhaupt zu Entscheidungen kommt. Ich bin voll bei dem Ideal dabei, dass sich proaktive Spieler zu ihrer Freude und zu Freude der Mitspieler an den Aufgaben des SLs beteiligen. Aber die meisten Leute, mit denen ich bisher spielte, waren dazu nicht bereit.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 12.09.2017 | 19:04
Ich glaube, du missverstehst, was ich aussagen wollte. Du triffst eine normative Aussage (wie sollten Runden laufen). Ich traf vor allem eine deskriptive (wie Runden meistens tatsächlich laufen).
Nee. Sorry. Deine Aussage ist normativ. Interessanterweise beschreibst Du ja selber in Deinem Beispiel mit der Spielerin und der Religion, dass Deine Aussage scheinbar noch nicht mal von Dir selber unterstützt wird.
Das ist das eigentliche Problem bei der ganzen Sache: Du meinst eine Sache, drückst sie aber in anderen Worten aus. Du erziehst nicht, sondern Du wirft Bälle zu. Die Spieler spielen nicht unter Dir sondern Du moderierst in Deiner Runde. usw.
Leider haben aber die Worte, die Du verwendest, gewisse mitlaufendene Bedeutungen, die aber Deine Aufgabe als SL zuwider laufen. Du "erziehst" Deine Spieler und "ignorierst ihre Wünsche, weil Du als SL besser weisst was sie zum Spass haben brauchen". Deine Spieler spielen "unter Dir" weil Du "besser weisst, wie Rollenspiel geht".
Ich will damit nicht sagen, dass Du das denkst, aber diese Zusatzbedeutungen schwingen auch hier im Forum immer mal wieder mit. Und genau diese Zusatzbedeutungen führen nach meiner Erfahrung recht schnell zu vermeidbaren Konflikten innerhalb der Runden.

Ach ja:
Zitat
Daher meine Aussage weiterhin: In den allermeisten Runden ist der SL in einer Machtposition.
Gedankenexperiment:
Sagen wir Du hast einen Chef. Der gibt Dir 15 Euro und sagt: "Ich habe Hunger. Bring mir mal ne Pizza. Die Sorte kannst Du aussuchen. Du hast bisher ja auch immer was Leckeres besorgt."
Bist Du dann der Chef von Deinem Chef oder hat diese "Machtposition" vielleicht garkeine Auswirkungen auf eine mögliche Hierarchie?

Du als SL hast von Deiner Runde Kompetenzen für Deine Aufgabe bekommen. Diese Kompetenzen machen Dich aber nicht zum Chef der Runde, sondern eben "nur" zum Mitspieler mit Kompetenzen für Deine Aufgabe. Erfüllst Du die nicht mehr, verlierst Du diese wieder.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 12.09.2017 | 21:22
Du als SL hast von Deiner Runde Kompetenzen für Deine Aufgabe bekommen. Diese Kompetenzen machen Dich aber nicht zum Chef der Runde, sondern eben "nur" zum Mitspieler mit Kompetenzen für Deine Aufgabe. Erfüllst Du die nicht mehr, verlierst Du diese wieder.
Nach dieser Argumentation gibt es in keiner freiwillig zusammen kommenden Gruppe irgendwelche Machtpositionen.

Das widerspricht aber meiner Erfahrung: Die Kompetenzen bringen eine gewisse Macht mit sich. Nicht insoweit, dass die SL komplett gegen die Spieler leiten kann, aber doch insoweit, dass ein Großteil der Aspekte der Szene von der SL festgelegt werden, meist Ad-Hoc als Bestandteil von Beschreibungen.

Das gleiche gilt in anderen sozialen Gruppen: Wer üblicherweise die Organisation von Zeit und Ort eines Treffens übernimmt (z.B. rumtelefoniert/-schreibt), hat dadurch einen größeren Einfluss darauf, wo und wann gespielt wird (und wird in den meisten Runden dabeisein, da für Tage an denen er oder sie nicht kann üblicherweise auch niemand rumtelefoniert).

Anders gesagt: Wer bestimmte Aufgaben übernimmt, erhält meist recht weitreichende Gestaltungskompetenzen für diese Aufgabe. Und ich denke, dass die meisten wenn es anders wäre diese Aufgaben gar nicht erst übernehmen würden. Würdest du als Spieler in einer SL-losen Runde das Monster der Woche erschaffen, wenn du es nur exakt nach Anweisungen der anderen tun dürftest? Ich bin sicher, dass es einige Leute gibt, die das trotzdem gerne machen würden, aber deutlich weniger, als es Leute gibt, die es tun, wenn sie dabei Gestaltungsfreiheit haben. Dann befriedigt die Aufgabe nämlich ein weiteres Spektrum an Grundantrieben (http://www.1w6.org/deutsch/anhang/gedanken/was-gibt-dir-kraft): Nicht nur Zuverlässigkeit, Soziales Ansehen, Fürsorglichkeit, Anpassungsbereitschaft und je nach Mitspielenden vielleicht Abwechslung, sondern zusätzlich noch Freiheit im Denken, Selbstbestimmung und Macht (und auf jeden Fall Abwechslung, falls das ihm oder ihr wichtig ist).
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 12.09.2017 | 21:28
Bitte genau lesen! Es ging hier um Hierarchien und nicht um Kompetenzen. Eben genau deshalb habe ich doch genau das Gedankenexperiment beschrieben um eben zu zeigen, dass erteilte Kompetenzen keine automatische Rangerhöhung bedeutet.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 12.09.2017 | 22:30
Bitte genau lesen! Es ging hier um Hierarchien und nicht um Kompetenzen. Eben genau deshalb habe ich doch genau das Gedankenexperiment beschrieben um eben zu zeigen, dass erteilte Kompetenzen keine automatische Rangerhöhung bedeutet.
Du hast von einer Machtposition gesprochen. Das hätte ich in meinem Zitat wohl einschließen sollen (zu knapp zitiert, sorry). Denn die Kompetenzen geben sehr wohl eine Machtposition. Teilweise ist das Gestaltungsspielraum, teilweise aber auch, dass die SL eine für andere nicht optimale Entscheidung treffen kann, wenn sie dafür viele andere konsensfähige trifft.

Aus einem anderen Blickwinkel: Es entsteht eine gewisse Abhängigkeit, weil vieles in der Runde ohne die SL nicht so weitergehen würde (oft würde die Runde gar nicht weitergehen). Das trifft zwar bis zu einem gewissen Grad auch auf Spieler zu (die Runde ändert sich deutlich, wenn ein Schlüsselspieler fehlt), aber nicht so stark: Selten wechselt die Runde dadurch das Setting, bzw. erstellt neue Chars; beim SL-Wechsel passiert das weit häufiger.

Und Abhängigkeit ist immer auch Macht.

EDIT: Ähnliches passiert übrigens wie wenn ein Char für die Geschichte absolut notwendig ist (wie z.B. die Gezeichneten). Aber das lässt sich oft vermeiden.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 12.09.2017 | 22:42
Lightbringer hat von einer Machtposition gesprochen und leitet daraus eine Hierarchie innerhalb einer Rollenspielgruppe ab. Ich habe darauf dann geantwortet. Ich zweifele diese Kompetenzen garnicht ab. Was ich aber anzweifele ist, das der SL daher eine Chefposition in der Gruppe hat.
Genau deshalb habe ich gebeten genauer zu lesen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: ArneBab am 12.09.2017 | 23:10
Lightbringer hat von einer Machtposition gesprochen und leitet daraus eine Hierarchie innerhalb einer Rollenspielgruppe ab. Ich habe darauf dann geantwortet. Ich zweifele diese Kompetenzen garnicht ab. Was ich aber anzweifele ist, das der SL daher eine Chefposition in der Gruppe hat.
Genau deshalb habe ich gebeten genauer zu lesen.
Die Chefposition sehe ich auch nicht. Allerdings sehe ich die in dem Beitrag von Lichtbringer auch nicht: Er spricht von Macht, nicht von Chef. Ich sehe nur, dass ihm seine Wortwahl so ausgelegt wird.

Um das aufzudröseln: Nimm an, der Chef sagt seiner Sekretärin: "Bringense mir Butterbrezeln", aber die Sekretärin findet das zu dekadent und bringt ihm stattdessen Brezeln ohne Butter. Der Chef ärgert sich und sagt das, aber auch beim nächsten und übernächsten Mal bringt sie ihm nur Brezeln ohne Butter. Irgendwann resigniert der Chef, denn sie ist in anderen Bereichen so gut, dass er sie nicht feuern will, und er hat niemand anderen, der für ihn einkaufen gehen würde. Hier hat die Sekretärin eine klare Machtposition (sie entscheidet, was es zu essen gibt), ohne Chef zu sein.

Es gibt also Macht ohne Rang.

Und die vielfältigen Kompetenzen der SL geben ihr eine entsprechende Macht, ohne dafür Chef sein zu müssen.

Konzeptionell: Die Kompetenzen der SL ermöglichen es ihr, Aspekte des Spiels zu korrelieren: A gibt es nur zusammen mit B. Und das muss nicht böswillig sein, sondern ist schlicht ein Ausdruck von real existierender Macht. Sie ist erst dann problematisch, wenn es für andere Beteiligte problematisch wird. Denn die SL hat vielleicht einfach keinen Spaß an einem Spiel ohne B und könnte daher "A ohne B" schlicht nicht gut leiten.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 12.09.2017 | 23:51
Die Chefposition sehe ich auch nicht. Allerdings sehe ich die in dem Beitrag von Lichtbringer auch nicht: Er spricht von Macht, nicht von Chef. Ich sehe nur, dass ihm seine Wortwahl so ausgelegt wird.
Ich zitiere mal:
Diese Unterscheidung beschreibt aber keine Hierarchie sondern eben nur eine Aufgabenteilung.
Dicker Unterschied!
Wirklich? Wieso reden wir dann von Spielerermächtigung (engl. Player Empowerment)?

Versteh mich nicht falsch. Auch ich sehe Spieler und SL auf einer Seite (daher mein ständiges Pochen auf Vertrauen am Spieltisch). Aber das ändert doch nichts an der Realität eines Machtungleichgewichts innerhalb des Spiels in den allermeisten Runden. Wenn der SC sagt, es würde regnen, dann ist das allenfalls eine Wettervorhersage oder einer Wiedergabe einer schon festgelegten Tatsache. Wenn der SL sagt, es würde regnen, dann werden die SCs nass.
Also ja: Lichtbringer sieht in dem SL-Posten einen Chef-Posten.

Ich kann Dir auch gerne den Verweis auf Hobbes Leviathan von Lichtbringer zitieren, wenn Du magst.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Eulenspiegel am 13.09.2017 | 00:08
Du hast die Stelle zitiert, wo Lichtbringer von Macht sprach. Könntest du jetzt noch die Stelle zitieren, wo Lichtbringer von Chef sprach?

Oder ist Macht und Chef für dich das gleiche?
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 13.09.2017 | 00:18
@Eulenspiegel:
Auch für andere Runden glaube ich an den SL als Hobbschen Leviathan.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Wellentänzer am 13.09.2017 | 09:13
Vielleicht kurz zur Klärung (auch wenn ich nicht den kompletten Thread gelesen habe) ein bisschen Definition:

Macht ist die Fähigkeit, das Verhalten anderer Personen zu beeinflussen. Ein SL verfügt in einer Rollenspielrunde auf verschiedene Arten über Macht: Macht durch Belohnung, Macht durch Zwang, Macht durch Wissen. Hinzu kommt, je nach Runde, noch Macht durch Legitimation. Dafür muss die Runde dem SL aber die entsprechende Entscheidungshoheit einräumen. Ist der SL also in einer Machtposition? Ja, sogar auf Basis von mindestens drei Faktoren. Üblicher Weise verfügt der SL zusätzlich noch über Legitimationsmacht. Diese wird ihm aber von der Gruppe verliehen und ist nicht selbstverständlich.

Ist aber eigentlich eine Nebensache oder? Gehts Euch um die Sache oder ums Rechthaben? Mein Ratschlag wäre ja ehrlicher Weise, sich weniger krass in derlei Details zu verbeißen und stattdessen großzügiger zu lesen.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Crimson King am 13.09.2017 | 13:04
Macht ist die Fähigkeit, das Verhalten anderer Personen zu beeinflussen. Ein SL verfügt in einer Rollenspielrunde auf verschiedene Arten über Macht: Macht durch Belohnung, Macht durch Zwang, Macht durch Wissen. Hinzu kommt, je nach Runde, noch Macht durch Legitimation.

Ausschließlich letztere Macht im Übrigen die SL zum "Chef". Das ist nämlich in Kurzfassung die Definition von Herrschaft.
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: Lichtbringer am 19.09.2017 | 16:33
@6: Ich glaube, ich muss das näher aufdröseln.

Deskriptive Aussage 1: In den allermeisten Rollenspielrunden hat der Spielleiter im Rahmen des Spiels eine höhere Autorität als andere Spieler. Nicht einmal, weil er sie ergreift, sondern weil die Spieler sie ihm geben. Dieser Zustand mag dir nicht gefallen, aber die Norm stellt er dennoch dar.

Deskriptive Aussage 2: Häufig folgt daraus auch eine höhere Autorität außerhalb des Spiels. Sie schwapt also vom Spielkontext in den Rundenkontext über. In den meistens Runden obliegt es dem SL bspw., Streit innerhalb der Runde zu schlichten oder Termine zu koordinieren.
Menschen neigen von Natur aus zu hierarchischen Strukturen. Wenn jemand regelmäßig Urteile fällt, die andere hinnehmen, dann nehmen wir instinktiv an, er wäre der Anführer. Auch wenn er das Recht auf dem Papier nicht haben mag. Sogar in SL-losen Runden gibt es regelmäßig Leute, die eher den Ton angeben, und solche, die eher passiv sind.
Die de facto anarchische Runde (selbst wenn de jure vorgesehen) ist die Ausnahme.


Aus diesen Feststellungen folgen für mich persönlich:

Normative Aussage 1: Wenn mir jemand diese Macht gibt, dann sollte ich sie reflektiert und verantwortungsbewusst einsetzen - zum Wohle desjenigen und des Rests der Runde.

Normative Aussage 2: In vielen Kontexten bin ich als Spieler gerne bereit, diese Macht an den SL abzutreten. Das liegt einfach daran, dass ich dem Urteil eines guten Leiters eher vertraue. Ich habe einfach von einigen Mitspielern schon zu viel kurzsichtigen Egoismus oder völlige Rektalverholzung erlebt, als dass ich deren Einfluss über die Grenzen ihres SC ausgeweitet sehen möchte. (daher der Leviathan-Vergleich)
Titel: Re: [Video] Der Spaß ist nicht genug!
Beitrag von: 6 am 19.09.2017 | 17:14
Deskriptive Aussage 1: In den allermeisten Rollenspielrunden hat der Spielleiter im Rahmen des Spiels eine höhere Autorität als andere Spieler. Nicht einmal, weil er sie ergreift, sondern weil die Spieler sie ihm geben. Dieser Zustand mag dir nicht gefallen, aber die Norm stellt er dennoch dar.
Kompetenzauthorität. Da waren wir uns ja einig. Ob mir das gefällt oder nicht, ist dabei vollkommen egal, zumal ich dazu noch keine Wertung getätigt habe.
Zitat
Deskriptive Aussage 2: Häufig folgt daraus auch eine höhere Autorität außerhalb des Spiels.
Und genau das stelle ich in Frage, zumal ich aus eigenen Anschauungen gelernt habe, dass der SL sehr häufig eben nicht "the Leader of the Pack" war. Unabhängig davon kenne ich zu viele Runden mit wechselnden SLs. Im Gegenteil! Eine ganze Menge Runden sind daran kaputt gegangen, weil der SL dachte auch ausserhalb der Runde das Herrschaftszepter zu besitzen.
Zitat
Normative Aussage 1: Wenn mir jemand diese Macht gibt, dann sollte ich sie reflektiert und verantwortungsbewusst einsetzen - zum Wohle desjenigen und des Rests der Runde.
Logo. Deshalb hast Du die Kompetenzen ja bekommen.
Zitat
Normative Aussage 2: In vielen Kontexten bin ich als Spieler gerne bereit, diese Macht an den SL abzutreten. Das liegt einfach daran, dass ich dem Urteil eines guten Leiters eher vertraue. Ich habe einfach von einigen Mitspielern schon zu viel kurzsichtigen Egoismus oder völlige Rektalverholzung erlebt, als dass ich deren Einfluss über die Grenzen ihres SC ausgeweitet sehen möchte. (daher der Leviathan-Vergleich)
Da ist ne Wertung, die ich so nicht unterschreiben kann. Nur weil ein Spieler in den Geschichtsverlauf eingreifen will, bedeutet das nicht, dass er ein "kurzsichtiger Egoist" ist oder "völlige Rektalverholzung" hat. Ich wiederum habe sehr häufig erlebt, dass der SL Kritik oder Verlaufsvorschläge konsequent abgeschmettert hatte, weil er dachte, dass das ein "Angriff auf seine Herrschaft" war.
Genau da ist doch der eigentliche Knackpunkt. Der SL hat eben nicht immer Recht. Er ist nur Teil der Runde, usw. Hier nochmal der Verweis auf Vermis Essay Der Spielleiter (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,103864.0.html)