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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielberichte => Thema gestartet von: Chiarina am 18.08.2017 | 02:18

Titel: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 18.08.2017 | 02:18
Die eine Night´s Black Agents Runde ist eine organisatorische Katastrophe, die andere aber ist meine alte Hausrunde und trifft sich (fast) immer einmal im Monat. Vielleicht nicht die spritzigste Runde, aber auch sie ist für ein paar Überraschungen gut... und vor allem sind die Spieler inzwischen einigermaßen experimentierfreudig. Nach langen Jahren Midgard und etwa 2 Jahren Fate haben wir drei Sitzungen Fear Itself gespielt. Das Gumshoe-System wurde hier interessanterweise relativ wohlwollend aufgenommen, so dass wir ihm nun eine größere Chance geben. Natürlich ist es alles andere als sicher, ob wir so ein wahnwitziges Unterfangen wie die „Unto the fourth generation“ Kampagne aus dem Dracula Dossier wirklich durchspielen werden, aber je länger ich darüber nachgedacht habe, kam ich zum Schluss: Wenn überhaupt, dann mit dieser soliden, beständigen Runde. Und wenn´s nicht komplett klappt, dann war eben der Weg das Ziel. Gespielt wird die Geschichte der englischen Geheimdienstabteilung Edom. Die Abenteuer werden zeitlich relativ große Abstände aufweisen, die Charaktere infolgedessen schneller altern und schon deshalb häufiger wechseln. Die Abenteuer, die wir spielen, richten sich nach den Stationen von "Unto the fourth generation", ansonsten stammen sie aus The Edom Files, anderen Night´s Black Agents Veröffentlichungen, konvertierten Abenteuern für Esoterrorists, konvertierten Abenteuern aus den geläuterten cthulhoiden Horror Rezis (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,99353.0.html), hin und wieder werde ich auch mal ein selbst geschriebenes Abenteuer einfügen. Am Ende steht als krönender Abschluss das Dracula Dossier... Hybris? Naja. Ich betrachte das Vorhaben mit Humor und sehe es als meinen Beitrag an, im Luther-Jahr ein Apfelbäumchen zu pflanzen!
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 18.08.2017 | 02:27
Stoker: First Blood / 1. Sitzung
1877, Start in Konstantinopel

Beteiligte Agenten:
Major George Stoker, MD (anglo-irischer Arzt, Mitglied des X-Clubs, 23 Jahre)
Colonel Frederick Burnaby (britischer Armeeoffizier, 35 Jahre)
Mr. Andrew F. Crosse (britischer Geologe, Mitglied des X-Clubs, 25 Jahre)
Miss Annie Smith Peck (amerikanische Archäologie-Studentin, 27 Jahre)
Kerem Amanoglu (ottomanischer Soldat, 22 Jahre)

Wichtige Verbündete:
Mr. Árman Vámbéry (ungarischer Linguist, 45 Jahre)
Mr. Archibald Forbes (britischer Journalist, 39 Jahre)

(http://l7.alamy.com/zoomsde/g3amcp/die-sublime-porte-aka-die-osmanische-pforte-oder-hohe-porte-istanbul-ehemalige-konstantinopel-provinz-istanbul-turkei-im-19-jahrhundert-g3amcp.jpg)
Hohe Pforte, Konstantinopel

Colonel Frederick Burnaby ist ein Mann mit vielen Gesichtern: Der ehemalige Kavallerist ist begeisterter Ballonfahrer, war in verschiedenen Kriegen als Kriegsberichterstatter tätig und hält sich derzeit in Konstantinopel auf. Hier arbeitet er vorgeblich für die britische Hilfsorganisation für kranke und verwundete türkische Soldaten, die „Stafford House Commission“ (eine Abteilung des britischen roten Kreuzes). In Wahrheit ist das aber nur eine Tarnung für Fredericks Arbeit als Agent in den Diensten des britischen Auswärtigen Amtes.

Burnaby erhält eines Tages eine Einladung Osman Hamdi Beys, eines Beamten der ottomanischen Regierung. Nachdem er die Hohe Pforte passiert hat und zu ein paar Nebengebäuden des Sultanspalastes gelangt ist, macht er in dessen Büro die Bekanntschaft Mr. Árman Vámbérys, eines ungarischen Linguisten, und Mr. Archibald Forbes, eines britischen Journalisten. Osman Hamdi Bey begrüßt die drei Männer, lässt ihnen einen bitteren Kaffee servieren und beginnt ein lockeres Gespräch mit seinen Gästen über deren Eindrücke von Konstantinopel. Das Büro von Osman Hamdi Bey zeugt von einem kulturinteressierten Menschen: an den Wänden hängen impressionistische Gemälde, in drei Schaukästen sind archäologische Fundstücke präsentiert. Der Gastgeber raucht eine stinkende türkische Zigarette und streicht sich beim Sprechen öfter gedankenvoll seinen Bart. Seine Gäste erfahren schließlich interessante Dinge über den gegenwärtig stattfindenden russisch-türkischen Krieg: Die Russen mobilisieren in Rumänien ihre Truppen, um das Ottomanische Imperium anzugreifen. Osman Hamdi Bey vergleicht den Vorgang mit einem „modernen Kreuzzug“. Die Türkei ist scheinbar nicht gut auf einen Krieg vorbereitet und braucht britische Unterstützung. Leider ist die öffentliche Meinung der Briten über die Türkei derzeit gegen das Ottomanische Imperium gerichtet. Das liegt an der türkischen Besetzung Bulgariens: Im letzten Jahr sind Berichte über Grausamkeiten nach London gelangt, die türkische Soldaten bei der Unterdrückung eines bulgarischen Aufstands verübt haben sollen. Osman Hamdi Bey hat inzwischen allerdings erfahren, dass in einer Höhle in der Nähe der bulgarischen Stadt Tirnova auch türkische Bürger massakriert worden seien. Es gebe außerdem einen Gefangenen des ottomanischen Imperiums, der bereits in der Höhle gewesen sei und sich dort auskennt. Osman Hamdi Bey versucht seine drei Gäste zu einer Expedition zu überreden: Er braucht sie als unparteiische Beobachter, die seinen Hinweisen nachgehen und sie bei ihrer Rückkehr eidesstattlich bestätigen. Auch andere Berichte über Gewalt an Moslems im Gebiet seien hilfreich. Wenn seine Gäste in diesen Auftrag einwilligen, wird es Osman Hamdi Bey einrichten, dass der erwähnte ortskundige Gefangene an einem bequemen Ort auf ihrer Route zur Expedition dazu stoßen kann. Osman Hamdi Bey hofft, dass der Bericht der Expedition das Bild, das das vereinigte Königreich vom Ottomanischen Imperium hat, korrigieren kann. Wenn klar wird, dass die Türken nicht nur Täter, sondern ebenso Opfer wie alle anderen sind, entschließt sich das vereinigte Königreich vielleicht, seine Schiffe und Truppen dem Ottomanischen Imperium zu Hilfe gegen die Russen zu schicken.

Mit Burnaby trifft Osman Hamdi Bey auf einen Kenner der Materie: der Offizier weiß, dass die britischen Interessen im Mittelmeer und weiter östlich erheblich gefährdet wären, wenn es Russland gelänge, die ottomanische Hauptstadt Konstantinopel einzunehmen. Die russische Schwarzmeerflotte wäre dann nämlich in der Lage, durch die Dardanellen zu segeln, in das ägäische Meer vorzustoßen und von da aus Ägypten und sogar Gibraltar zu bedrohen. Von daher kommt ihm Osman Hamdi Beys Vorschlag nicht ungelegen. Zwar scheint ihm sein Gastgeber lediglich der mittleren Führungsebene anzugehören. Wenn sich aber dessen Versuche, sich bei seinen Vorgesetzten einzuschmeicheln mit den Interessen des britischen Königshauses vereinbaren lassen, dann kann der abenteuerlustige Burnaby nicht erkennen, was der Expedition eigentlich noch im Weg stehen könnte.

Auch seine neuen Bekannten scheinen Interesse an der Sache zu haben. Vámbéry lernt er als sprachkundigen und genialen Reisenden kennen, der tiefe Einblicke in die islamische Welt gewinnen konnte. Forbes scheint begierig darauf zu sein, in einer sensationellen Story London die Wahrheit über den russisch-türkischen Krieg zu verkünden.

Nach der Zusage seiner drei Gäste, merkt Osman Hamdi Bey an, die Expedition führe in gefährliches Gebiet. Die rumänisch-bulgarische Front sei nicht weit. Vielleicht sei daher die Teilnahme eines Mediziners angebracht. Außerdem sei ja eine Höhle das Ziel der Reise. Von daher wäre vielleicht auch noch hilfreich, wenn ein Geologe oder Höhlenkundler mit von der Partie wäre.

Burnaby hat Glück: Er hat in der „Stafford House Comission“ einen jungen anglo-irischen Arzt namens George Stoker kennengelernt, den er noch am selben Abend sprechen kann. Er erzählt dem Mann von der Expedition und erhält eine Zusage. Wie es der Zufall will, bereitet Stoker sowieso schon eine Reise in das Gebiet vor: Er ist seit kurzer Zeit Mitglied der neu gegründeten Gesellschaft des roten Halbmondes und wurde von ihr beauftragt, in Shipka in Frontnähe eine Ambulanzeinheit zu leiten. Shipka ist unweit von Tirnova gelegen und das ist letztlich der Grund, warum Stoker zusagt.

Und Burnaby hat noch mehr Glück: Er erzählt Stoker von der Höhle, die das Ziel der Expedition ist und erfährt, dass Stoker gemeinsam mit dem jungen Geologen Andrew F. Crosse Mitglied im Londoner X-Club ist. Dieser Club ist eine Vereinigung von Wissenschaftlern, scheinbar alles überzeugte Darwinisten, die sich „ungebunden von religiösen Dogmen“ einmal im Monat im Londoner St. George´s Hotel zum Abendessen treffen (vorausgesetzt natürlich, dass sie sich in London aufhalten). Wie es der Zufall will, befindet sich Andrew F. Crosse derzeit in Konstantinopel. George Stoker verspricht Burnaby, den Geologen am folgenden Abend in den diplomatischen Club Konstantinopels mitzubringen. Burnaby will für diese Gelegenheit ein Treffen aller Expeditionsteilnehmer organisieren.

Das Treffen kommt zustande und Andrew F. Crosse stellt sich als reisefreudiger Abenteurer ohne wirkliche Verpflichtungen heraus. Die Aussicht, in ein geologisch nur schwach erforschtes Gebiet zu reisen, dort eine Höhle erkunden und dabei auch noch seinen Freund George Stoker begleiten zu können, lässt ihn schnell zustimmen.

Die eigentliche Attraktion des Abends ist aber eine junge Amerikanerin, die einen Tisch weiter sitzt und in einem Buch über archäologische Höhlenfunde liest. Burnaby – etwas irritiert – bemüht sich um ein unverfängliches Gespräch und wird mehrfach vor den Kopf gestoßen. Miss Annie Smith Peck erweist sich als... gänzlich unbritisch. Im Gespräch muss sich Burnaby einiges anhören: Nein, Archäologie ist keine Männersache, sie sei hier in Konstantinopel um Wissen über untergegangene Kulturen zu sammeln und in den Vereinigten Staaten zu verbreiten, es sei wichtig, dass sich Amerika um eine eigenständige Forschung bemühe und seine Abhängigkeit von der europäischen Forschung endlich abstreifen kann. Der perplexe Burnaby erfährt außerdem, dass Miss Annie Smith Peck davon ausgeht, in den Höhlen Kleinasiens und auf dem Balkan Zeugnisse vergangener Kulturen zu entdecken, von denen in der Gegenwart nichts mehr bekannt ist. Während der junge Geologe Andrew F. Crosse dem Monolog der Amerikanerin interessiert zuhört, nimmt Burnaby eine defensive Haltung ein: Was Smith Peck erzähle sei ja gut und schön, im erwähnten Gebiet herrsche derzeit aber ein bitterer Krieg, in dem eine Dame nichts zu suchen habe. Smith Peck fragt den Armeeoffizier, ob er an ihren Fähigkeiten zweifele worauf Burnaby, einer derart direkten Person im Gespräch nicht gewachsen, peinlich berührt schweigt. Miss Annie Smith Peck behauptet, dass Frauen in der Regel subtilere Methoden kennen als Männer – und daraufhin drückt sie Burnaby dessen Taschenuhr in die Hand, die sie ihm offensichtlich vor wenigen Augenblicken unbemerkt entwendet hat. Burnaby ist fassungslos – so ein tolldreistes Weibsstück ist ihm noch nie begegnet. Die anderen Expeditionsteilnehmer beäugen die Dame aber mit Interesse und der junge Geologe Andrew F. Crosse sagt schließlich: „...sie könnte uns um eine alternative Sichtweise bereichern!“ Noch bevor Annie Smith Peck erfährt, worum es überhaupt geht, entsteht eine Diskussion, ob man es verantworten könne, eine Dame ohne zwingende Notwendigkeit in ein Kriegsgebiet zu bringen. Besagte Dame bleibt auch jetzt nicht untätig und bekommt heraus, was die Expeditionsteilnehmer vorhaben. Ein wenig muss sie schlucken. Das Vorhaben klingt wahrhaftig nicht allzu attraktiv. Schließlich aber siegt die Neugier angesichts einer unbekannten Höhle und vor allem der Drang, sich gegenüber den chauvinistischen Briten zu beweisen. Zuletzt lenkt Burnaby ein. Mit den Worten, sie werde schon sehen, was sie mit ihrer Dickköpfigkeit erreiche, stimmt er der Teilnahme Annie Smith Pecks an der Expedition zu.

Wenige Tage später verfrachten die Expeditionsteilnehmer ihre Ausrüstung in einen Zug und fahren von Konstantinopel ins 160 Kilometer entfernte Adrianopel, wo der Zug über Nacht Halt macht. Noch 65 Kilometer weiter verlassen sie mittags den Zug in einem kleinen Dorf namens Hermanli. Es liegt am Fuß einer steilen, gewundenen Straße, die über das Gebirge nach Tirnova, dem Ziel ihrer Reise, führt. Hier entladen sie ihr Gepäck und werden von einem raubeinigen und ruppigen Baschi-Bozuk (irreguläre Infanterie) Anführer namens Demir Kozen Akinji begrüßt. Sein Trupp besteht aus 6 Reitern und einem Gefangenen namens Kerem Amanoglu. Dieses Zusammentreffen ist vom Auftraggeber der Expedition, Osman Hamdi Bey, organisiert worden.

Zuallererst befragen Burnaby und Crosse den Gefangenen. Kerem Amanoglu berichtet, er sei vor etwa einem Jahr Mitglied eines Trupps Baschi-Bozuks gewesen, der nach Tirnova abgeordert wurde, um den dortigen bulgarischen Aufstand niederzuschlagen. Bei einem Hinterhalt bulgarischer Rebellen im bewaldeten Hügelland in der Nähe der Stadt starben seinen Worten zufolge alle Kameraden Kerems. Er selbst konnte aber fliehen, stieß dabei auf eine nahe Höhle und suchte dort Zuflucht. In dieser Höhle sah Kerem Amanoglu unheimliche Felsformationen und fand dann viele Tote, die unnatürlich verrenkt auf dem Boden lagen. Ihre Hände waren gefesselt und ihre Kehlen aufgeschlitzt. Burnaby und Crosse fragen Kerem Amanoglu daraufhin, warum er ein Gefangener sei. Der Mann schluckt ein wenig und berichtet dann, er habe die Höhle nach Entdeckung der vielen Toten entsetzt verlassen, sei dann nach verschiedenen Abenteuern im Hauptquartier des Trupps von Salim Pascha in Osmanbazar angelangt und dort unglücklicherweise für Feigheit und Fahnenflucht verurteilt worden. Was die Zukunft für ihn bereithält, das wisse nur Allah.

Nach dem Verhör nehmen die Expeditionsteilnehmer die Pferde entgegen, die ihnen die Baschi-Bozuks von Demir Kozen Akinji mitgebracht haben und der Ritt beginnt. Die Straße schlängelt sich aufwärts durch die Hügel und wird steiler, je näher sie den Bergen kommt. Das erste Ziel ist die etwa 50 Kilometer entfernt liegende Ortschaft Jeni-Zagra. Demir Kozen Akinji möchte diesen Ort nach Möglichkeit noch vor einbrechender Nacht erreichen und legt deshalb ein äußerst strapaziöses Tempo vor, bei dem der Gefangene Kerem Amanoglu allerdings nicht mithalten kann. Burnaby verlangt daraufhin, den Gefangenen in Zukunft ungefesselt reiten zu lassen, was der Baschi-Bozuk-Anführer gestattet, vorausgesetzt, der britische Armeeoffizier übernehme die Verantwortung für den Gefangenen. Trotz allem hat die Gruppe bereits zu viel Zeit verloren und eine Nacht im Freien wird unausweichlich. Demir Kozen Akinji errichtet unter Beschwerden, wilden Gesten und finsteren Blicken mit seinen Männern ein Lager am Wegesrand. Am Abend müssen viele Expeditionsteilnehmer feststellen, dass ihre Beschützer eine grobe Direktheit und fremdartige Gewohnheiten besitzen. Die vielen Flüche, das häufige Ausspucken einer Art von Kautabak und verschiedene obszöne Gesten lassen einige Expeditionsteilnehmer außer Fassung geraten.

Die Expeditionsteilnehmer beschließen, nicht auf die Wache der Türken zu vertrauen, sondern selbst den Schutz der Expedition in die Hand zu nehmen. Kaum haben sie sich aber notdürftig in ihr Feldlager gebettet, ist Wolfsheulen zu vernehmen, das die Reisenden die gesamte Nacht über unterhält. Immer wieder klammern sich die Expeditionsteilnehmer an persönliche Erinnerungsstücke und denken an Vertraute und Verwandte, was ihnen die nächtlichen Qualen etwas leichter macht. Arg erwischt es aber dennoch George Stoker und Kerem Amanoglu, die unter neu erwachten, verborgenen Ängsten und bösen Träumen leiden. In der Wache, die Andrew F. Crosse hält, wird zudem eine Gestalt sichtbar, die heimlich um das Lager herumschleicht. Als Crosse sie anruft, verschwindet sie schnell im Gebüsch. Der junge Geologe wendet sich daraufhin an die Baschi-Bozuk und befragt diese, ob sie die Gestalt ebenfalls gesehen haben. Die Verständigung ist allerdings nicht einfach und letztlich bleibt es dabei, dass die türkischen Reiter versichern, wachsam zu sein und irgendetwas von „Drachenbrüdern“ plaudern. Andrew F. Crosse nimmt an, dass es sich um eine lokale Räuberbande handelt und geht wieder auf seinen Posten. Ansonsten verstreicht die Nacht ereignislos und im Laufe des nächsten Vormittags erreicht die Expedition Jeni-Zagra.

Vor Ort haben die Charaktere eine Entscheidung zu treffen. Demir Kozen Akinji empfiehlt den Expeditionsteilnehmern, den längeren aber einfacheren Weg über Eski-Zagra und den Shipka-Pass über die Berge nach Tirnova zu nehmen. Die Alternative liegt in der direkteren, aber schwierigeren Hainkoi-Passstraße. In typischer Kolonialherrenmanier beschließen die Expeditionsteilnehmer, trotz gegenteiliger Empfehlung die direktere Route zu nehmen.

Parageröchel:
Viel passiert ist eigentlich noch gar nicht, was daran lag, dass Gumshoe hier zwar schon ein wenig bekannt, Night´s Black Agents aber neu war. So gab es an einigen Stellen ein paar Regelexkursionen. Ansonsten stand der Abend vorrangig unter dem Aspekt der Gruppenzusammenführung. Auch das hat eine Weile gebraucht, aber auf diese Weise hat jeder einen eigenen Auftritt bekommen, was auch ´ne schöne Sache war. Die Spieler haben sich die vorgegebenen Charaktere untereinander aufgeteilt. Wir sind diesmal ziemlich geschlechtervertauscht unterwegs: Major George Stoker und Colonel Frederick Burnaby werden von Spielerinnen gespielt, Miss Annie Smith Peck dafür von einem Spieler. Ich finde, zumindest diesmal hat das unser Spiel bereichert. Es war interessant, zu beobachten, wie unsere Spielerin den überheblichen und etwas chauvinistischen Burnaby gespielt hat und es war lustig zu sehen, wie unser Spieler die selbstbewusste Annie Smith Peck noch ein Stückchen weiter ausgereizt hat, bis sie fast zur Suffragette wurde. Ihr Auftritt im diplomatischen Club Konstantinopels war sicherlich der Höhepunkt des Abends. Die Investigationsarbeit der Spieler könnte noch etwas intensiver sein (ist aber nicht so schlimm, wir spielen ja Gumshoe), die Refresh-Regeln haben sie schon ganz gut drin. Die Sonderfertigkeiten für viktorianische Abenteurer, die ich dann auch noch(wie alles andere auch) ins Deutsche übersetzt habe, bereiten manchmal noch ein wenig Nachschlagarbeit. Im Großen und Ganzen geht´s aber noch. Alles in allem hat der Abend wohl gefallen. In einem Monat geht´s weiter.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: LushWoods am 21.08.2017 | 07:13
Danke für's aufschreiben und teilen, ich lese gerne mit  :d
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 14.09.2017 | 01:22
Stoker: First Blood / 2. Sitzung
1877, Über den Shipka-Pass in die Höhle des Teufels

Beteiligte Agenten:
Major George Stoker, MD (anglo-irischer Arzt, Mitglied des X-Clubs, 23 Jahre)
Colonel Frederick Burnaby (britischer Armeeoffizier, 35 Jahre)
Mr. Andrew F. Crosse (britischer Geologe, Mitglied des X-Clubs, 25 Jahre)
Miss Annie Smith Peck (amerikanische Archäologie-Studentin, 27 Jahre)
Kerem Amanoglu (ottomanischer Soldat, 22 Jahre)

Wichtige Verbündete:
Mr. Árman Vámbéry (ungarischer Linguist, 45 Jahre)
Mr. Archibald Forbes (britischer Journalist, 39 Jahre)

(http://c7.alamy.com/comp/HWPEHP/view-by-tirnova-also-tarnovo-veliko-tarnovo-veliko-tarnovo-a-town-HWPEHP.jpg)
Blick auf Tirnova, vom Gebirge aus

Kurz vor dem Aufbruch in Richtung Gebirge werden Bedenken hinsichtlich der weiteren Planung laut: Miss Annie Smith Peck wäre nicht undankbar, wenn die Männer die leichtere Route nähmen. Major George Stoker steht nach dieser Expedition die Leitung eines Militärlazaretts am Shipka-Pass bevor. Wenn die Expedition an dieser Stelle das Gebirge überquert, könnte er schon einmal das im Bau befindliche Lazarett in Augenschein nehmen. Außerdem vermutet er, dass sich aus diesem Grund Briten dort befinden. Dieses Argument bringt schließlich die Entscheidung: nach ihrer Rast in Jeni-Zagra wählt die Gruppe im letzten Moment doch den leichteren Weg. Am Abend des Tages ist über eine bequeme Straße Eski-Zagra erreicht, die letzte nennenswerte Siedlung vor der Überquerung des Gebirges.

Am nächsten Tag beginnt der Aufstieg und Shipka kommt zur Mittagszeit in Sicht. Das Bergdorf ist eher enttäuschend. Stokers zukünftiges Militärlazarett befindet sich noch im Bau. Der Expedition wird aber deutlich, warum an diesem Ort ein Lazarett gebaut wird: Über den Shipka-Pass gelangen viele Flüchtlinge aus dem Norden in den Süden und die türkische Regierung hat tausende von Soldaten am Pass stationiert. Offenbar soll hier der russische Vorstoß gestoppt werden. Bei einer Befragung der Flüchtlinge erfahren die Expeditionsteilnehmer von den Zielen der Bevölkerung: Die meisten fliehen in den Süden nach Rumelia oder Istanbul, einige auch in die Vierecksfestungen im Osten. Die Alten und Schwachen seien zu dem timur (Lehnsgut) von Ekim Dal – möge Gott im Himmel ihm seinen Segen geben – geflohen. Dort hat seine Witwe den Bedürftigen ein paar Meilen vor Tirnova die Tore geöffnet. Die Villa von Ekim Dal sei allerdings nicht gerade stark befestigt. Spätestens nach den Gesprächen mit den Flüchtlingen wissen die Expeditionsteilnehmer, dass sie nicht allzu großzügig mit ihrer Zeit umgehen sollten: Niemand hat ein Interesse daran, den herannahenden russischen Truppen in die Quere zu kommen. Die Reisenden ziehen weiter und müssen sich am Ende des Tages unter freiem Himmel ein Nachtlager errichten. Beim Abstieg ist immer wieder der Donner der russischen Artillerie zu hören: Die Russen bombardieren die Donaufestungen der Türken. Am folgenden Tag erreicht die Expedition Tirnova kurz vor der Mittagszeit.

Die Stadt ist in heilloses Chaos gestürzt. Der russische Angriff steht unmittelbar bevor, schon beschießen erste Geschütze die Stadtmauern, während sich die russischen Truppen in einiger Entfernung sammeln. Die Charaktere halten sich nicht lang auf und weisen den Gefangenen Kerem Amanoglu an, er möge sie zu der Höhle führen, von der er erzählt habe.  Auf dem Weg dorthin erklären die Baschi-Bozuks, dass die Höhle ein böser Ort sei: Es gebe dort übelkeiterregende Schwefelquellen und immer hätten dort schlimme Gesetzlose ihr Versteck gehabt. Die Baschi-Bozuks hätten jedenfalls keine Lust, dort hinein mitzukommen. Mit einem wissenden Blick gibt Colonel Frederick Burnaby seinen Mitreisenden zu verstehen, dass das von diesen Strauchdieben auch nicht anders zu erwarten war. England und seine Freunde müssten die Angelegenheit dann eben selbst in die Hand nehmen. Nur der Anführer der Baschi-Bozuks, Derem Kozen Akinji, konnte sich mit der Feigheit seiner Männer nicht so einfach zufrieden geben. Er ordnete an, dass sie den Höhleneingang bewachen sollten und versprach den Expeditionsteilnehmern, dass zumindest er selbst mit in die Höhle kommen will.

Dann beginnt die Höhlenexpedition. Die Gruppe erreicht einen muldenförmigen Bereich mit ein paar Stalagmiten und Stalagtiten. Hier lagen vor etwa einem Jahr laut Kerem Amanoglu die Toten. Heute ist davon allerdings nichts mehr zu sehen. Immerhin macht Crosse ein paar interessante Entdeckungen. Das Gestein besitzt offenbar einen hohen Eisengehalt und außerdem sind in der Höhle Zeichen von tektonischer Aktivität zu erkennen. An den Wänden befinden sich Risse, die nicht älter als 5 Jahre sind. Sie sehen nach Gesteinsbewegungen oder leichten Erdbeben aus. Stoker entdeckt in einem der Risse ein paar Holzperlen, die Vámbéry als Mishaba (Gebetsperlen, die hauptsächlich von Sufis verwendet werden, um die Tashib – kurze Gebete – Fatimas zu sprechen und die die 99 Namen Gottes symbolisieren) identifiziert. Crosse fällt schließlich noch ein Bereich in der Mulde auf, durch den eine Art Rinne führt, deren Seitenwände wie blutroter Marmor aussehen – das Gestein ist allerdings brüchiger und bröckelt leicht, was für Marmor sehr untypisch ist.

Hinter dem muldenförmigen Bereich befindet sich eine eindrucksvolle Tropfsteinhöhle. Vámbéry entdeckt hier hinter einem Stalagmiten versteckt einen alten, blutverschmierten, wasserfleckigen Koran.

George Stoker erkundet einen abwärts führenden Gang, an dessen Ende ein steiler Schacht abwärts führt, der sich nach einem Dutzend Metern auch noch zu verengen scheint. Stoker beschließt, diesen Fluchtweg nur in Betracht zu ziehen, wenn die Verzweiflung groß ist.

Kerem Amanoglu erforscht mit Miss Annie Smith Peck einen aufwärts führenden Gang und erreicht eine Sinterhöhle, deren Wände und Boden teilweise von rostfarben-orangenen Mineralien bedeckt sind. Stellenweise macht die Höhle den Eindruck eines versteinerten Pilzgartens. In der Mitte der Höhle kann die Archäologin eine uralte Feuerstelle ausfindig machen. Amanoglu findet in einer Höhlenecke ein Sinkloch. Dessen Boden lässt sich nicht erkennen. Ein hinabgeworfener Stein offenbart jedoch eine Tiefe von vielleicht 20 oder 30 Metern, unten befindet sich Wasser. Von dieser Höhle aus lässt sich über eine etwa 6 Meter hohe Klippe ein Blick hinab zur tiefer gelegenen Tropfsteinhöhle werfen. Und was Annie Smith Peck und Kerem Amanoglu dort zu sehen bekommen, ist furchteinflößend.

Colonel Burnaby, der die Tropfsteinhöhle noch ein wenig weiter untersucht, wird plötzlich von einem schauerlichen, eingefallen, völlig barbarisch aussehenden menschenähnlichen Wesen angegriffen. Es haut blitzschnell mit gefährlichen Klauen nach Burnaby und hat sich schon wenig später blitzschnell mit seinen Zähnen in dessen Schulter verbissen. Zwei weitere dieser abscheulichen Kreaturen erscheinen an anderen Stellen der Tropfsteinhöhle und des Eingangsbereiches. Die Expeditionsteilnehmer geben ihr Bestes: Burnaby und der nahe bei ihm befindliche Stoker feuern ihre Schusswaffen ab, An anderer Stelle sind Crosse und Vámbéry beschäftigt, sich mit einem weiteren Gegner auseinanderzusetzen, der dritte Gegner wird von Forbes und Derem Kozen Akinji bekämpft.

Im Verlauf des Kampfes wird Colonel Burnaby verletzt und verliert das Bewusstsein. Noch schlimmer erwischt es Demir Kozen Akinji: Auch er verliert das Bewusstsein und ist dem Tode nahe. Mit einiger Mühe gelingt es den übrigen, die Gegner, die sich als überraschend zäh erweisen, zu vernichten. Stoker verlässt dabei das Kampfgeschehen, um Colonel Burnaby das Bewusstsein zurück zu verleihen und ihm soweit gut zuzusprechen, dass er sich von selbst fortbewegen kann.

Kaum sind die Gegner bezwungen, raschelt es erneut im Eingangsbereich der Höhle. Schatten streichen an den Wänden entlang, weitere Gegner lauern auf die Expeditionsteilnehmer. Stoker realisiert als erster die Lage und ruft „Flucht“. Da der Höhlenausgang versperrt ist, gibt es dafür im Moment zwei Möglichkeiten: Ein tollkühner Sprung in das Sinkloch oder ein halsbrecherisches Hinabklettern des Schachtes... beides keine angenehmen Aussichten, aber vielleicht doch besser als der Kampf gegen weitere dieser zähen Monstren.

Parageröchel: Der Übergang über das Gebirge war unproblematisch und eine ganz nette Reiseepisode. Die Regeln im Abenteuer musste ich mir vorher ganz genau anschauen, dann aber ging´s reibungslos. Der Kampf lief diesmal aber irgendwie nicht rund. Ich muss nochmal genau überlegen, wie ich das zukünftig organisiere. Das waren 4 Charaktere, die von den Spielern geführt wurden. Ich habe die 3 Gegner geführt und vier Nichtspielercharaktere, die auf Seiten der Spieler gekämpft haben. Das hat mich doch etwas gestresst. Ich muss außerdem sagen, dass ich von der Aussichtlosigkeit etwas überrascht war. Meine Spieler haben den Fehler gemacht, alle Baschi-Bozuks draußen vor der Höhle zu lassen. Die hätten sie gut gebrauchen können. Letztlich habe ich aber nur 3 Ghule eingesetzt, an Iblis Akbar war gar nicht zu denken. Die Ghule sind aufgrund ihrer harten Rüstung für die Schützen der Gruppe nur schwer auszuschalten. Und die Spezialfertigkeiten der vorgefertigten Charaktere sind zwar nett, reichten aber zumindest bei uns nicht aus. So wird beim nächsten Mal wohl die Flucht angetreten... warum auch nicht?

@ LushWoods: Danke für dein Interesse. Freut mich!
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: LushWoods am 14.09.2017 | 07:27
Ich bediene mich gerne eines einfachen und plumpen Tricks um mehrere freundliche NPCs in einem Kampf einfließen zu lassen ohne irgendwelche Massenkampfregeln zu verwenden oder mich mit jedem einzeln zu befassen:
Freundliche NPCs geben einfach Boni für die PCs. Bei GUMSHOE könnte man einfach z.B. pro NPC für jeden PC einen zusätzlichen Punkt für einen oder mehrere Kampf Abilities vergeben.
Und wenn defensiv Punkte ausgegeben werden heißt das das NPCs verletzt werden oder sterben.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 14.09.2017 | 09:14
Ja, hätte man so machen können. Hätte ich den Stress vorausgeahnt, hätte ich mir sicher auch noch irgendwas überlegt. Es geht damit los, wie man eigentlich für die sinkenden Pools und die sinkende Gesundheit Buch führt. Ich war zu viel am blättern und hätte die ganzen Leute einfach einmal vorher irgendwo auf ein Blatt schreiben sollen. Na, beim nächsten Mal.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 6.10.2017 | 03:46
Stoker: First Blood / 3. Sitzung
1877, Von der Höhle des Teufels zur Villa der Witwe von Ekim Dal

Beteiligte Agenten:
Major George Stoker, MD (anglo-irischer Arzt, Mitglied des X-Clubs, 23 Jahre)
Colonel Frederick Burnaby (britischer Armeeoffizier, 35 Jahre)
Mr. Andrew F. Crosse (britischer Geologe, Mitglied des X-Clubs, 25 Jahre)
Miss Annie Smith Peck (amerikanische Archäologie-Studentin, 27 Jahre)
Kerem Amanoglu (ottomanischer Soldat, 22 Jahre)

Wichtige Verbündete:
Mr. Árman Vámbéry (ungarischer Linguist, 45 Jahre)
Mr. Archibald Forbes (britischer Journalist, 39 Jahre)

(http://fr.academic.ru/pictures/frwiki/67/CossackWW2-03.jpg)
Kosaken

Die Charaktere entscheiden sich für das Sinkloch als Fluchtweg. Sie befestigen ihr Seil an einem Stalagmiten. Als erster klettert Colonel Burnaby das Loch hinunter, dann wird der bewusstlose Demir Kozen Akinji hinabgelassen. Die seltsamen Kreaturen sind den Charaktere inzwischen immer näher gekommen. Als sie sehen, dass die Charaktere fliehen wollen, greifen sie an. Das hat zur Folge, dass die restlichen Charaktere kurzerhand in das Loch springen.

Unten angekommen sieht die Situation nicht gut aus. Die Charaktere müssen sich schwimmend einen unterirdischen Fluss entlang bewegen. Colonel Burnaby hat dabei auch noch den bewusstlosen Baschi-Bozuk-Anführer im Schlepptau. Es ist pechschwarz, das Wasser ist eiskalt, und wie lange es noch eine Kopffreiheit über dem Wasserspiegel gibt, die das Atmen ermöglicht, weiß niemand so genau. Major Stoker gerät bei dem Vorgang in Panik, schlägt um sich und verletzt sich dabei an einem hervorstehenden Felsen. Schließlich aber gelingt es den Expeditionsteilnehmern, über den Fluss ins Freie zu gelangen. Sie erreichen eine felsige Hügelflanke, hin und wieder von Büschen bewachsen, durch die sich der Fluss weiter hinab schlängelt.

Außer Atem gelangen die Charaktere ans Ufer. Wie durch ein Wunder ist Demir Kozen Akinji noch am Leben. Major Stoker hingegen sieht mitgenommen aus. Die Ereignisse in der Höhle haben ihn erschüttert und ängstlich und passiv gemacht. Seine Reisegefährten reden ihm gut zu und verhindern das Schlimmste, trotzdem braucht Stoker ganz dringend eine Aufmunterung.

Die aber lässt noch ein wenig auf sich warten. In einiger Entfernung erblicken die Charaktere plötzlich eine Handvoll russischer Kosaken zu Pferd: offensichtlich ein Aufklärungstrupp. Die Charaktere verbergen sich in einem Gebüsch an der Flussböschung und beobachten die Kosaken von da aus. Zunächst scheinen sich die Kosaken vom Aufenthaltsort der Charaktere zu entfernen. Dann aber bricht eine Diskussion unter ihnen aus. Einer der Kosaken deutet immer wieder auf den Fluss und schließlich macht der Trupp kehrt. Das ist der Moment, an dem die Charaktere zu rennen anfangen. Der sterbende Demir Kozen Akinji musste bei dieser Flucht allerdings zurückgelassen werden. Da die Kosaken noch weit entfernt sind, gelingt es den Charakteren, die Bergflanken zu umrunden und dem Sichtfeld der Kosaken zu entkommen. In einiger Entfernung erblicken sie ein abgelegenes Bergdorf.

Noch etwas später kehren die Charaktere an den Fluss zurück. Die Kosaken sind inzwischen weitergezogen. Major Stoker will wenigstens versuchen, den Baschi-Bozuk-Anführer zu retten. Der Mann atmet noch flach. Stoker stabilisiert seine Wunden, die übrigen konstruieren eine Liege und schließlich bringt man den Schwerverwundeten in das Bergdorf. Andrew Crosse fragt, auf welcher Seite des Konflikts sich wohl die Dorfbewohner befinden. Niemand weiß es. Immerhin aber entdecken die Charaktere eine Kirche im Dorf – und keine Moschee! Vielleicht ist das schon Antwort genug.

Auf dem zentralen Dorfplatz laufen einige Bewohner der Siedlung zusammen und begutachten die Charaktere misstrauisch. Árman Vámbéry spricht griechisch mit ihnen und erzählt, dass sie  Kriegsberichterstatter seien, die auf ihrer Reise zur Front von zwei hinterhältigen türkischen Spionen beobachtet worden wären. Dabei deutet er auf den schwerverletzten Demir Kozen Akinji und auf Kerem Amanoglu. Vámbéry berichtet weiter, dass die Expeditionsteilnehmer die Spione gestellt hätten. Bei dieser Konfrontation sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen, wodurch der Baschi-Bozuk-Anführer lebensgefährlich verletzt wurde. Miss Annie Smith Peck hingegen versteht die Hintergedanken Vámbérys nicht. Sie beschimpft Vámbéry als Lügner und Verräter, der seine eigenen Reisegefährten in ein schlechtes Licht rücke. Der Auftritt vor den Dorfbewohnern hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Achselzuckend deuten die Dorfbewohner auf eine nahe Scheune, in der die Charaktere die Nacht verbringen dürfen. Mehr für sie zu tun, sind sie nicht bereit.

In der Scheune finden Miss Annie Smith und Major George Stoker zueinander. Miss Annie Smith Peck trocknet ihre Kleidung und bereitet sich ein Nachtlager im Stroh. Diskret verziehen sich die Männer der Expedition in eine andere Ecke der Scheune. Major Stoker allerdings erblickt den begehrenswerten, nackten Leib der Amerikanerin und legt sich zu ihr. Das Erlebnis mit Miss Annie Smith Peck scheint genau das zu sein, was seine angeschlagene Psyche wieder auf Vordermann bringt. Stoker scheint vor Liebe entbrannt – während die selbstbewusste Amerikanerin das Erlebnis allerdings distanzierter betrachtet. Pflichtbewusst kümmert sich Major Stoker nach dem Schäferstündchen wieder um die Wunden seiner Reisegefährten.

Colonel Burnaby macht am späten Nachmittag mit Árman Vámbéry noch einen Gang durchs Dorf und begegnet einem griechisch-orthodoxen Priester, der gerade den Kirchhof fegt. Diesmal gelingt es Árman Vámbéry besser seine kulturellen Kenntnisse vorteilhaft einzubringen. Er entsteht ein Gespräch, in dessen Verlauf Vámbéry und Burnaby erfahren, dass vor drei Tagen ein junges Mädchen aus dem Dorf entführt worden war. Derartige Dinge seien in den letzten drei Jahren bereits dreimal geschehen. Diese Entführungen schreibt der Priester dem verbrecherischen Ekim Dal zu. Seltsam sei allerdings, dass es jetzt wieder zu einer Entführung gekommen sei... Ekim Dal gilt nämlich als verstorben. Dann erfahren die beiden Männer noch etwas mehr über Ekim Dal, der in der Darstellung des Priesters wie ein türkischer Teufel erscheint. Sie erfahren außerdem, dass seine Villa ganz in der Nähe läge. Dort wohne noch seine Witwe mit ihrem Hausstand. Die Frau habe derzeit einige türkische Flüchtlinge aufgenommen.

Mit diesen Neuigkeiten kehren Colonel Burnaby und Árman Vámbéry in die Scheune zurück. Dort wird das weitere Vorgehen besprochen. Nach langer Diskussion beschließen die Expeditionsteilnehmer, am nächsten Tag der Witwe einen Besuch abzustatten. Archibald Forbes wollen sie allerdings mit dem schwerverwundeten Demir Kozen Akinji in der Scheune zurücklassen. Die Charaktere hoffen, in der Villa der Witwe von Ekim Dal etwas über das verschwundene Mädchen erfahren zu können.

Und so geschieht es. An der Villa angekommen geraten die Charaktere in eine turbulente Szene. Etliche ältere oder kränkliche Türkinnen und Türken packen ihre Siebensachen und laden sie auf Esel oder kleine Wägen. Sie haben gehofft in der Villa Zuflucht vor dem Vorrücken der russischen Truppen finden zu können. Als aber am gestrigen Abend ein Aufklärungstrupp von fünf Kosaken in unmittelbarer Nähe des Hauses vorbei ritt, ahnten viele Flüchtlinge, dass ihnen dieses Haus keinen ausreichenden Schutz bieten kann. Diese Menschen versuchen jetzt über das Gebirge weiter nach Süden zu fliehen.

Im Haus selbst werden die Charaktere daraufhin von einem Eunuchendiener begrüßt. Die Charaktere können sich Gästezimmer auswählen (Miss Annie Smith Peck belegt ein Zimmer gemeinsam mit Major Stoker!) und gehen hinterher zum Essen in den Speisesaal. Im Großen und Ganzen sind sie von der Gastfreundschaft erfreut. Sie werden allerdings von zwei etwa zehnjährigen Sklavenkindern bedient, auf die ein beobachtender Eunuch einen strengen Blick wirft. Kerem Amanoglu fällt auf, dass die Hände der Kinder beim Servieren zittern. Darauf angesprochen fragen die Kinder erschreckt, ob den Gästen irgendetwas nicht schmeckt. Wovor sie Angst haben, erfahren die Charaktere aber nicht.

Im Speisesaal essen noch ein paar andere Gäste. Von ihnen erfahren die Charaktere, dass die Witwe eine ganze Menge dieser Sklavenkinder beschäftige. Burnaby platzt relativ schnell mit dem Vorwurf der Entführung heraus, worauf eine anwesende alte Frau aber erklärt, es sei doch nichts dagegen einzuwenden, wenn Kinder aus bedürftigen Familien ein wenig dazuverdienen. Burnaby gibt zu verstehen, er habe sich auf die Fälle bezogen, in denen die Familien damit nicht einverstanden seien, worauf die alte Frau erwidert, dass das Beschäftigen von Kindern gegen den Willen ihrer Eltern natürlich verwerflich sei. Auf die Witwe angesprochen, erzählen die Anwesenden den Charaktere noch, dass diese sich ihren Gästen in der Regel erst am Abend zeigt. Die Charaktere beschließen, sich bis es soweit ist, ein wenig das Haus und das Gelände anzuschauen.

Parageröchel: Das war diesmal relativ viel Rollenspiel. Meine Spieler haben auch relativ viel Zeit mit der Frage verbracht: „Was machen wir jetzt?“ Auch die Refresh-Regeln mussten wir uns nochmal in Erinnerung rufen. Ansonsten haben wir heute gelernt, dass es ein geschickter Schachzug sein kann, seine Medic- und Shrink-Punkte komplett zu verbraten und sich für diese Fertigkeiten dann nach einer Stunde in einem Haven (in unserem Fall: die Scheune) wieder einen Refresh zu besorgen. Nach so einer Aktion sehen selbst stärker angeschlagene Charaktere wieder wirklich gut aus. Die Verfolgungsjagd durch die Kosaken würde ich beim nächsten Mal nicht wie im Abenteuer beschrieben, sondern als Thriller Verfolgungsjagd durchführen. Das ist spannender. Interessant fand ich auch, dass George Stoker heute bei -4 Stability war. Das ging relativ schnell. Eigentlich bin ich gar nicht unglücklich darüber, dass wir den Showdown erst beim nächsten Mal spielen werden. Ich muss mir noch genauere Vorstellungen davon machen, was an den einzelnen Orten der Villa zu finden ist. Außerdem brauche ich noch ein paar Szenenideen für die wichtigeren Nichtspielercharaktere. Das Abenteuer ist da doch recht knapp.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 10.11.2017 | 02:12
Stoker: First Blood / 4. Sitzung
1877, In der Villa der Witwe von Ekim Dal

Beteiligte Agenten:
Major George Stoker, MD (anglo-irischer Arzt, Mitglied des X-Clubs, 23 Jahre)
Colonel Frederick Burnaby (britischer Armeeoffizier, 35 Jahre)
Mr. Andrew F. Crosse (britischer Geologe, Mitglied des X-Clubs, 25 Jahre)
Miss Annie Smith Peck (amerikanische Archäologie-Studentin, 27 Jahre)
Kerem Amanoglu (ottomanischer Soldat, 22 Jahre)

Wichtige Verbündete:
Mr. Árman Vámbéry (ungarischer Linguist, 45 Jahre)
Mr. Archibald Forbes (britischer Journalist, 39 Jahre)

(http://c8.alamy.com/compde/dr9r37/turkische-frau-in-agypten-dr9r37.jpg)
Arzu Dal

Nach dem Essen begegnen die Charaktere einer niedergeschlagen wirkenden Küchensklavin. Annie Smith Peck versucht Vertrauen in der Frau zu erwecken und erfährt, dass sie voller Ängste ist, weil es in der Villa der Witwe Ekim Dals nicht geheuer sei. Da gebe es dieses unheilvolle Badehaus, das verriegelt sei und das niemand betrete. Außerdem sei im Haus hin und wieder das Weinen eines kleinen Kindes zu hören... ein Kind, das aber niemand zu Gesicht bekomme!

Im Folgenden begutachten die Charaktere eine nahegelegene Festungsruine, wandern durch Pfirsich- und Olivenhaine und schauen sich das nahe der Villa gelegene Familienmausoleum an, in dem die Sarkophage der Ahnen einer neben dem anderen aufgebahrt sind. Ein Sarg des verstorbenen Hausherrn ist jedoch nicht zu entdecken. Der jüngste Sarg trägt den Namen Arzu Dal und ist etwa 2 Jahre alt.

Schließlich durchstöbern die Charaktere noch ein wenig die Bibliothek des Hauses und finden alte Karten, auf denen der Ort, an dem sie sich befinden unter dem Namen „Festung der Drachenbrüder“ aufgeführt ist. Außerdem finden sich bulgarische Schriften zur Landeskunde, in denen beschrieben ist, dass irgendwo in der Nähe die Gefahr einer „Ansteckung aus der Tiefe“ und eines „Blutfluches“, der aus dem Inneren der Erde kommen soll, bestehe.

Am Abend empfängt die Witwe die Charaktere. Sie trägt einen Trauerschleier und ist ziemlich verhüllt. Die wenigen Stellen, an denen ihre bloße Haut zu sehen ist, wirken ungewöhnlich blass. Trotzdem gibt sich die Witwe als gute Gastgeberin und unterhält die Charaktere angenehm. Die Witwe hat besonders an dem jungen Geologen Andrew F. Crosse Gefallen gefunden und wirft ihm über ihren Schleier hinweg mit ihren dunklen Augen schwülstige Blicke zu.

Nach etwa zwei Stunden verabschiedet sich die Witwe von ihren Gästen. Die Charaktere beschließen daraufhin noch, dem Badehaus einen nächtlichen Besuch abzustatten. Das Haus ist allerdings gesichert. Kerem Amanoglu zögert nicht lang und knackt das schwere Vorhängeschloss mit professioneller Leichtigkeit. In der Badestube selbst befindet sich ein großes Becken, das offenbar schon lange nicht mehr benutzt wurde, und eine übergroße Badewanne, die zwar gesäubert ist, deren Boden aber noch ein paar Spuren von Blut erkennen lassen. George Stoker tippt auf ein Alter von etwa 2 Wochen. In einem Nebenraum findet sich eine Art Massageliege, daneben lagern irritierenderweise Stricke und Messer. Auf dem Boden stehen zwei Dutzend große, metallene Flaschen mit Schraubverschluss. Im Schraubgewinde zweier Flaschen sind ebenfalls alte Blutreste zu erkennen.

Schließlich gehen die Charaktere zu Bett. Andrew F. Crosse schläft unruhig und träumt von sagenhaften erotischen Begegnungen mit der Witwe.

Am nächsten Morgen frühstücken die Charaktere ausgiebig. Durchs Fenster erkennt Annie Smith Peck den Obereunuchen, einen massigen, groben Kerl, der von draußen auf die Villa zugeht und eine der großen metallenen Flaschen im Arm hat. Annie springt auf und verfolgt den Mann bis ins Seraglio. Dort wird sie von zwei weiteren Eunuchen aufgehalten, redet aber so lautstark auf die Männer ein, dass eine ältere Frau aus einem Nebenraum herbeieilt und Annie sagt, sie könne sich im Vorraum des Seraglios gern aufhalten, die weiteren Räume seien allerdings Privaträume. Vorerst gibt es Annie auf, hier weiter vorzustoßen.

Nach dem Mitttagessen begegnen die Charaktere einem uralt wirkenden Mann, der sich mühsam in Richtung der im hinteren Bereich der Villa gelegenen Moschee bewegt. Der Mann scheint nicht ganz bei Sinnen zu sein, trotzdem erfahren die Charaktere, dass er der Imam der Moschee ist... und irgendetwas scheint ihn schier wahnsinnig zu machen. Kerem Amanoglu und Annie Smith Peck reden beruhigend auf ihn ein und erfahren, dass den Mann irgendjemand daran hindert, in der Villa auch nur ein Wort aus dem Koran zu rezitieren. Diese Antwort hat ihn aber bereits soviel Kraft gekostet, dass er ohnmächtig zusammenbricht. George Stoker untersucht den Mann daraufhin und stellt fest, dass er äußerlich zwar wirkt, als sei er fast 90 Jahre alt, seine Zähne und Konstitution seien aber die eines Dreißigjährigen. Er setzt daraufhin sein Riechsalz ein und fragt den Mann, was denn so stark sei, dass es sich seinem Glauben entgegenstellen könne. Daraufhin antwortet der Mann unter Schmerzen, es seien die fauligen, aber unwiderstehlichen Küsse der Witwe! Darauf rennt der Mann schreiend davon.

Die Charaktere versuchen nun, heimlich in die Privaträume des Seraglio einzudringen oder zumindest einen Blick dort hineinzuwerfen. Sie wollen gegen die Witwe vorgehen und vermuten, dass sie sich dort aufhält. Kerem Amanoglu klettert an der Außenwand des Hauses empor und lauscht an einem der Fenster zum Seraglio. Die Fenster sind nicht verglast und besitzen auch keine Fensterläden, sie sind nur mit schweren Vorhängen abgehangen. Leise hört Kerem ein schmatzendes Geräusch und eine leise Stimme, die ein Kinderlied singt. Kerem schiebt vorsichtig die Vorhänge ein Stück zur Seite und sieht die ältere Frau, die zuvor bereits Annie begegnet ist. Sie gibt einem Kind zu essen. Auf einem Beistelltisch steht eine große Metallflasche und eine Schale mit einer blutig roten Flüssigkeit. Kerem ist geschockt: das Kind wird offenbar mit Blut gefüttert. Noch brisanter wird die Situation, als die Amme Kerem am Fenster entdeckt. Sie ruft sofort nach Eunuchen, Kerem springt aber schnell hinab und verbirgt sich.

Nach einer Flucht ins Zimmer Ármin Vámbérys, beginnt dieser aus Gründen der Täuschung Kerem zu verkleiden. Vámbéry hat auf seinen Reisen durch den Orient in solchen Dingen viel Erfahrung gesammelt und es gelingt ihm, Kerem täuschend echt als den Imam des Hauses auszugeben. Der Imam bekommt daraufhin einen Schlaftee zugeführt, wird in Kerems Bett gelegt und Kerem verschwindet vorläufig im Zimmer des Imams.

Dann kommt der Abend und damit eine weitere gesellige Runde mit der Witwe. Sie führt die Charaktere diesmal ins Raucherzimmer und bietet ihnen eine Wasserpfeife an. Wieder wirft sie Andre F. Crosse verführerische Blicke zu, der aber nicht reagiert. Später verabschiedet sich die Witwe wie bereits am ersten Abend von den Charakteren, diesmal aber versucht Annie Smith Peck ihr zu folgen.

Die Witwe ist auf solch einen Versuch nicht völlig unvorbereitet und versucht Annie mit ihrer außergewöhnlichen Kraft einzuschläfern. Annie spürt, wie in ihrem Gehirn nach und nach alle Ströme zum Erliegen kommen, aber sie wehrt sich dagegen und bleibt bei Bewusstsein. Weil sie glaubt, dass die Witwe jetzt auf sie zukommt, lässt sie sich fallen und tut so, als sei sie ohnmächtig geworden. Annie hat sich aber getäuscht. Die Witwe flieht einfach aus dem Haus nach draußen. Annie rappelt sich auf und rennt hinterher. Die übrigen Charaktere sind inzwischen ebenfalls aus dem Raucherzimmer getreten und folgen Witwe und Annie in einigem Abstand. Auch Kerem, als Imam verkleidet, hört die Unruhe und verlässt das Zimmer des Imams.

Die Witwe eilt auf einen nahen Pfirsichhain zu, versteckt sich dort im Gesträuch und versucht Annie Smith Peck mit einem Überraschungsangriff auszuschalten. Annie ist aber reaktionsschnell und bemerkt die Gefahr rechtzeitig. Sie versucht im Folgenden die Witwe mit ihren Fäusten zu bearbeiten, was aber wenig Wirkung zeigt. Schließlich sind die übrigen Charaktere an Ort und Stelle und es kommt zum Showdown. Dabei zeigt es sich, dass nur schwere Schusswaffen in der Lage sind, der Witwe zu schaden. Annie Smith Peck steht in der Nähe und sieht, dass die Kugeln bei einem Treffer nicht in den Körper der Witwe eindringen, sondern Gesteinssplitter von ihrem Körper ablösen. Im Kampf kann die Witwe den herbeigeeilten George Stoker noch ernsthaft verwunden – unangenehmerweise, indem sie ihn beißt! Nach massivem Kugelhagel unterliegt die Witwe jedoch trotz allem ihren Gegnern.  Als George Stoker die Sterbende untersucht, entdeckt er unter ihrem Gewand einen juwelenbesetzten Dolch, den er vorerst an sich nimmt. Dann stirbt die Witwe – und ein Erdbeben erschüttert den Hügel, auf dem die Villa steht. Durch dieses Erdbeben wird vor allem die schon zuvor in Mitleidenschaft gezogene Moschee noch stärker beschädigt. Weiterreichende Enthüllungen und Folgerungen mussten aus Zeitgründen auf die nächste Sitzung verschoben werden.

Parageröchel: Die Gruselatmosphäre der Episode ist merklich spürbar gewesen. Es war spannend. Ein bisschen schade war, dass sich Andrew F. Crosse sehr standhaft gezeigt hat. Natürlich war die Gefahr greifbar und ich hätte ihm nie Vorschriften gemacht, ein bisschen mehr Wirkung hätte das Becircen der Witwe bei ihm aber zeigen können. Insgesamt hatte ich etwa 5 Tage grob vorbereitet. Dass die Gruppe schon in der zweiten Nacht losschlägt ist aber völlig o.k. Die Informationen, die sie aus dem armen Imam herausgeholt hatten, legten ein schnelles Handeln durchaus nahe. Der Kampf war nicht allzu hart. Zwar haben die Charaktere aufgrund einiger schlechter Würfe eine Menge Punkte verloren, aber letztlich haben sie auch ohne spend allein aufgrund ihrer Übermacht einen relativ sicheren Sieg eingefahren. Die Action ist damit vorbei, aber wir werden beim nächsten Mal noch ein bisschen Zeit für die Nachbereitung brauchen. Die Charaktere werden wissen wollen, was hier eigentlich los war und wahrscheinlich alle Bewohner der Villa befragen. Vielleicht habe ich auch noch ein bisschen Lust auf Action - da schwirren noch ein paar Kosaken in der Gegend herum!
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 8.12.2017 | 01:22
Stoker: First Blood / 5. Sitzung
1877, Aufräumarbeiten

Beteiligte Agenten:
Major George Stoker, MD (anglo-irischer Arzt, Mitglied des X-Clubs, 23 Jahre)
Colonel Frederick Burnaby (britischer Armeeoffizier, 35 Jahre)
Mr. Andrew F. Crosse (britischer Geologe, Mitglied des X-Clubs, 25 Jahre)
Miss Annie Smith Peck (amerikanische Archäologie-Studentin, 27 Jahre)
Kerem Amanoglu (ottomanischer Soldat, 22 Jahre)

Wichtige Verbündete:
Mr. Árman Vámbéry (ungarischer Linguist, 45 Jahre)
Mr. Archibald Forbes (britischer Journalist, 39 Jahre)

(http://c8.alamy.com/compde/eh1bjk/ein-kabyle-frau-osten-algerischen-berberin-algerien-historische-abbildung-1877-eh1bjk.jpg)
Die Amme des Kindes von Arzu Dal

Nach dem Sieg über Arzu Dal versuchen die Charaktere zunächst herauszufinden, wohin die Witwe fliehen wollte. Sie suchen die Umgebung um den Pfirsichhain ab und befinden sich früher oder später erneut im Familienmausoleum. Dort kommt ihnen dann (endlich!) die Erkenntnis, dass der Sarkophag von Arzu Dal (sie haben die Frau bisher nur als „die Witwe“ kennengelernt) mit einem Todesdatum von vor 2 Jahren offensichtlich ein Hinweis darauf ist, dass die Witwe bereits zwei Jahre tot sein sollte und demnach nach ihrem Tod in irgendeiner Form zu einer todlosen Existenz wiedererwacht ist.

Als nächstes versuchen die Charaktere herauszubekommen, wo sich die kindlichen Opfer des Hauses befinden (den Charakteren ist klar, dass die Kinder für die Blutversorgung des seltsamen Nachkommens von Arzu Dal herhalten müssen). Sie dringen in das Seraglio ein und stellen die Amme zur Rede, die daraufhin eine emotionale Ansprache hält. Kernaussage: Das Kind kann auch nichts für seine Natur. Einen Moment zögern die Charaktere daraufhin. Dann wollen sie aber wissen, wer für die Blutversorgung des Kindes zuständig war. Die Amme behauptet, es sei der Obereunuch gewesen. Dieser ist allerdings nach dem Erdbeben bereits geflohen. Die Charaktere lassen sich daraufhin von der Amme sein Zimmer zeigen – nur Colonel Burnaby bleibt einen Moment im Seraglio zurück und nutzt die Gelegenheit, den Nachkommen Arzu Dals mit einem Kissen zu ersticken! Im Zimmer des Obereunuchs finden die Charaktere unter dessen Bett eine verschlossene Kiste, die darauf hindeutet, dass der Schlächter Andenken an seine Opfer gesammelt hat: In der Kiste befinden sich dutzende kleiner Mützen, Taschentücher, Schleier, mit Bändern zusammengebundene Haarlocken und anderer Krimskrams. Die Charaktere sind angewidert und wollen den Ort möglichst bald verlassen. Eine letzte Konfrontation mit der Amme steht ihnen noch bevor. Diese beschuldigt sie, irgendetwas mit dem Tod des Erben zu tun zu haben. Die Charaktere verwenden darauf einige Mühe, sie von diesem Gedanken abzubringen. Schließlich schenkt sie ihren Lügen Glauben, weiß aber nun mit ihrem Leben nichts Rechtes mehr anzufangen.

Das ist der Moment, wo sich die Wege der Charaktere trennen. George Stoker kehrt zu dem inzwischen am Shipka-Pass errichteten Lazarett zurück und übernimmt die Führung der Einrichtung. Er bietet der Amme Arzu Dals an, an dem Ort als Krankenschwester zu arbeiten, was die Frau dankbar annimmt. Ein paar Jahre später errichtet er ein ähnliches Lazarett in Afrika, das die britischen Soldaten im Krieg gegen die Zulus versorgen soll. Noch später kehrt er nach England zurück.

Die anderen Charaktere kehren nach Istanbul zurück, wo sie Osman Hamdy Bey Bericht erstatten. Der Mann ist unzufrieden, weil die Charaktere die Geschehnisse in der Höhle des Teufels nicht aufgeklärt haben und auch sonst über keine Vergehen der russischen Aggressoren berichten können. Immerhin können ihm die Charaktere eine letzte Hoffnung machen: Sollten die Russen versuchen nach Süden vorzudringen, würden sie über den Shipka-Pass wollen, auf dem auch viele türkische Flüchtlinge unterwegs sind. Es ist anzunehmen, dass George Stoker in seinem Lazarett in Kürze einige Dinge erzählen kann, die geeignet sind, die Türken auf internationalem Parkett als Opfer darzustellen.

Die Schicksale der anderen Charaktere:

Kerem Amanoglu bekommt von Osman Hamdy Bey die Freiheit geschenkt – vorausgesetzt, er begibt sich zu George Stoker auf den Shipka-Pass und bleibt dort so lange, bis er ein paar entsprechende Berichte an Osman Hamdy Bey abliefern kann. Kerem Amanoglu fügt sich.

Colonel Frederick Burnaby: kehrt nach England zurück, heiratet, bekommt einen Sohn und unternimmt eine Ballonfahrt über den Ärmelkanal. Schließlich meldet er sich als Freiwilliger und reist nach Afrika, wo er als Befehlshaber der englischen Truppen, die den Mahdi-Aufstand niederschlagen, tätig wird. In der Schlacht von Abu Klea wird er tödlich von einem Speer in den Hals getroffen.

Ármin Vámbéry kehrt nach der Expedition wieder zu seiner Professorenstelle an der Universität Budapest zurück.

Archibald Forbes bleibt noch eine Weile in der Region und berichtet weiter über den türkisch-russischen Krieg. Er übernimmt zeitweilig Botendienste für die russische Seite. Nach dem Kriegsende bereist er weitere Kriegsgebiete in Asien und Afrika.

Andrew F. Crosse kehrt nach der Expedition nach London zurück. Hier arbeitet er als Wissenschaftler weiter und besucht die regelmäßigen Treffen des X-Clubs.

Miss Annie Smith Peck kehrt nach Amerika zurück und arbeitet als Archäologiedozentin. Sie entdeckt außerdem ihre Leidenschaft für das Bergsteigen. Für ihre Anerkennung als Wissenschaftlerin muss sie kämpfen, was sie einige Jahre später nach London führt.

Parageröchel: Etwas schade ist, dass George Stoker als Arzt nicht die Gelegenheit genutzt hat, den Leichnam Arzu Dals zu erforschen. Auf diese Weise hätte er ein paar Einblicke in das Wesen von vampirähnlichen Kreaturen gewinnen können...
Der Rest des Abends vergeht mit der Erschaffung neuer Charaktere. Am Ende kristallisiert sich die Besetzung für das nächste Abenteuer, das 11 Jahre später spielt, heraus: der Geologe Andrew F. Scott und auch Annie Smith Peck werden weiterhin eine Rolle spielen. Sie werden den Regeln entsprechend gesteigert. Außerdem wird Abraham Van Helsing einen ersten Auftritt als Spielercharakter haben. Die beiden verbleibenden Spielercharaktere werden der Kutscher Abraham Van Helsings (insgeheim auch als Einbrecher tätig) und ein Leibwächter sein. Wem der Leibwächter zugeordnet wird, ist derzeit noch nicht ganz geklärt.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 28.02.2018 | 00:30
Founding Edom / 6. Sitzung
1888, Sieben Morde und ein gestohlenes Buch

Beteiligte Agenten:
Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 65 Jahre)
Andrew F. Crosse (britischer Geologe, Mitglied des X-Clubs, 36 Jahre)
Miss Annie Smith Peck (amerikanische Archäologin, 38 Jahre)
James Clockwork (Abraham Van Helsings Kutscher, 30 Jahre?)
Mr. Jackson (Miss Smiths Leibwächter, 25 Jahre?)

Weitere, in der 1. Szene anwesende Mitglieder des X-Clubs:
Major George Stoker, MD (anglo-irischer Arzt, 34 Jahre)
Thomas Hirst (Reiseschriftsteller, 58 Jahre)
James Allen Harker (Insektenkundler, 41 Jahre)
Joseph Dalton Hooker (Botaniker, 61 Jahre)

(https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQXvLd721KaE2S8EZ4XYwT_qv0yoIryQvIrJuu_1oybd7jw-1Nf)
Dorset Street, Whitechapel

Wie an jedem 2. Mittwoch im Monat trifft sich auch am 14. 11. 1888 der X-Club im Athenaeum am Waterloo Place. Im X-Club ist heute – auf Empfehlung von Major George Stoker MD – eine Dame zu Besuch. Die amerikanische Archäologin Miss Annie Smith Peck besucht ein paar alte Bekannte, die sie vor 11 Jahren auf einer Expedition in Bulgarien kennengelernt hatte. In Wahrheit ist sie aber in London, um sich nach Möglichkeit einer britischen Ausgrabung im erst vor wenigen Jahren besetzten Ägypten anzuschließen. Das Land ist das Paradies für jeden Archäologen und Miss Annie Smith Peck hat nicht vor, die ganzen Lorbeeren kampflos den britischen Forschern zu überlassen. Dennoch steht an diesem Abend ein ganz anderes Gesprächsthema im Mittelpunkt: Ganz London hält derzeit den Atem an, da es von einer Serie grauenvoller und mysteriöser Morde an Prostituierten im Stadtteil Whitechapel erschüttert wird. Auch im X-Club wird über den möglichen Täter, seine Motive, ein rätselhaftes Sgraffito, das Vorgehen von Scotland Yard und einen jüdischen Schuhmacher unter Mordverdacht gesprochen. Schließlich erscheint als letztes Mitglied des X-Clubs Joseph Dalton Hooker. Er winkt mit der Times und liest den Anwesenden von einem neuen Verbrechen vor:

Einbruch in die British Library
London – Ein bislang Unbekannter hat sich in der Nacht von Montag auf Dienstag in der British Museum Library unerlaubten Zugang verschafft. Wie die Polizei gestern mitteilte, sei nicht bekannt, wie der Mann in das Gebäude hineingelangt sei. Er wurde aber gegen 22:00 Uhr von dem Nachtwächter überrascht, schlug auf seiner Flucht ein Fenster ein und sprang aus dem Gebäude zum Montague Place hinaus. Chefbibliothekar Edward Maunde Thompson informierte die Presse darüber, dass der Räuber nur ein einziges Buch erbeutete. Es handelt sich dabei um einen 300 Jahre alten Reisebericht von John Dee, der als Teil der Bibliothek Sir Robert Cottons zum Bestand der British Library wurde. Der Täter befindet sich derzeit auf freiem Fuß.

Es folgt ein Gespräch unter Gelehrten. Andrew F. Crosse weiß zu berichten, dass John Dee ein Berater von Sir Francis Walsingham, dem 2. Staatssekretär von Königin Elisabeth I., war. John Dee unternahm Ende des 16. Jahrhunderts für Sir Francis Walsingham Reisen durch Mittel- und Osteuropa und verfasste über diese Reisen ausführliche Berichte. Nach seinem Tod kaufte Sir Robert Cotton sein Haus, fand seine Dokumente und band die Reiseberichte zu einem Band. Das Original und ein paar angefertigte Kopien gingen in sein eigenes Archiv, an die Gesellschaft der Antiquare und an die in der Entstehung begriffene Royal Society. Nach Cottons Tod wurde sein Buchbestand von der Krone in Besitz genommen und in die British Library integriert. John Dees Reiseberichte wurden zunächst aber erst einmal an John Dees Sohn, Arthur Dee, übergeben. Erst nach Arthur Dees Tod wurden auch dessen Bücher an die British Library übergeben.

Abraham Van Helsing ergänzt Crosses Ausführung. Er erzählt, dass Arthur Dee, der Sohn John Dees, das Werk seines Vaters gründlich studiert hat. Arthur Dee war eine Zeitlang königlicher Arzt, wurde dann aber entlassen und zog nach Norwich, wo er sich als Alchemist betätigte und nach dem Stein der Weisen forschte. Sein Mitarbeiter wurde der ungarische Alchemist und Chemiker Banfi Huniades. Die beiden Männer ergänzten John Dees Original durch Kommentare und Randbemerkungen. Ebenfalls von Interesse sei, dass besagter Sir Francis Walsingham, der Auftraggeber für John Dees Reisen, der erste Engländer war, der für die englische Krone ein Spionagenetzwerk aufbaute. Er ermöglichte einigen französischen Hugenotten die Flucht und bewahrte die englische Königin Elisabeth I. mehrfach durch die Aufdeckung von Verschwörungen vor Anschlägen. Walsingham kann als Urvater der englischen Geheimdienste gelten. Dee war ein Teil seines Netzwerks. Auch John Dees Sohn Arthur war verdeckt für die englische Krone tätig und mit geheimen Forschungen beschäftigt.

Unnachahmlich fasst Joseph Dalton Hooker die Informationen zusammen und behauptet, die Morde in Whitechapel seien Angriffe auf das menschliche Laster, der Einbruch in die British Library aber sei ein Angriff auf die Intelligenz! Er sehe es daher als patriotische Pflicht an, dass sich Mitglieder des X Clubs um Aufklärung bemühen... er selbst sei allerdings leider in den nächsten Tagen verhindert. Daraufhin verabreden sich Andrew F. Crosse, Miss Annie Smith Peck und Abraham Van Helsing für den nächsten Tag im British Museum.

Dann tritt zum ersten Mal die Dienerschaft in Erscheinung: Mr. Jackson, Miss Smiths Leibwächter, und James Clockwork, der Kutscher Abraham Van Helsings. Die Mitglieder des X-Clubs bitten sie, sich in den entsprechenden Kreisen doch vielleicht einmal umzuhören. Von James Clockwork ist bekannt, dass er einige Ganoven kennt. Vielleicht könne er ja irgendwelche Informationen zum Fall in Erfahrung bringen. Vielleicht etwas übermotiviert ziehen Kutscher und Leibwächter nachts los und stiefeln in Whitechapel herum. Besonders viel kommt dabei nicht heraus, die beiden machen aber Bekanntschaft mit drei Halsabschneidern, die sie drängen, in Van Helsings Kutsche herumgefahren zu werden. Als die Halsabschneider dann auch noch auf die Idee kommen, nächtliche Passanten auszunehmen, lassen Kutscher und Leibwächter die Kriminellen zunächst gewähren und fahren dann – sobald die Übeltäter die Kutsche verlassen haben – im Eiltempo davon.

Am nächsten Tag begeben sich die drei Wissenschaftler zum British Museum, Kutscher und Leibwächter müssen zunächst vor der Tür warten, denn für die Öffentlichkeit sind nur die Außenbezirke des Gebäudes zugänglich. Zum großen Lesesaal hat nur Zutritt, wer einen Leseausweis besitzt, da eine gewisse Exklusivität gewünscht ist. Abraham Van Helsing und Andrew F. Crosse besitzen einen solchen Ausweis und nachdem sie sich beim Pförtner für Miss Annie Smith Peck eingesetzt haben und diese ein paar amerikanische Zeugnisse vorweisen kann, stellt man auch ihr einen entsprechenden Ausweis aus.

Im großen Lesesaal zeigt sich Miss Annie Smith Peck durchaus beeindruckt vom hier versammelten Wissen unter hoher, großer Glaskuppel und hält sich etwas zurück. Hier lernen die Wissenschaftler auch einen Besucher kennen. Er nennt sich Peter Hawkins und bietet ihnen seine Hilfe an. Die Wissenschaftler erzählen ihm vom Grund ihrer Anwesenheit, worauf er wenig überrascht zu sein scheint. Der Mann scheint über den Tatvorgang einigermaßen im Bild zu sein. Schließlich wird er gefragt, ob er vielleicht eine Kopie des gestohlenen Buches kenne, worauf er behauptet, es stehe eine in der Royal Society. Man beschließt, sich nach dem Bibliotheksbesuch am Nachmittag dort zu verabreden. Dann gelingt es Abraham Van Helsing, aufgrund einer persönlichen Freundschaft zum Chefbibliothekar schnell zu Edward Maunde Thompson vorgelassen zu werden, der die Wissenschaftler empfängt und über die Vorkommnisse informiert. Er zeigt ihnen die Stelle, an der das gestohlene Buch ursprünglich aufbewahrt war: In direkter Nachbarschaft finden sich weitere wertvolle Folianten, die den Täter aber offenbar nicht interessiert haben. Er hatte es offensichtlich nur auf das eine Werk abgesehen. Dann zeigt der Chefbibliothekar den Wissenschaftlern das eingeschlagene Fenster im selben Raum. Er bestätigt die Informationen aus dem Zeitungsbericht und fügt hinzu, dass der Nachtwächter beobachten konnte, wie der Fliehende mit einem Spazierstock das Fenster einschlug, dann heraussprang und schließlich links in Richtung Bedford Square Garden davon lief.

Ein wenig ratlos, wie im vorliegenden Fall weiter vorgegangen werden könnte, fragt Andrew F. Crosse nach dem Nachtwächter. Edward Maunde Thompson schaut in das Dienstbuch und erklärt, in der betreffenden Nacht habe Lewis Bird Dienst gehabt. Er wohne in 12 Dorset Street, Whitechapel.

Zunächst fahren die Charaktere mit der Kutsche in die Royal Society. Peter Hawkins ist bereits dort und zeigt ihnen eine Kopie von John Dees Reiseberichten. Abraham Van Helsing ist etwas enttäuscht, weil er erkennt, dass das Exemplar nicht die Kommentare von Dees Sohn und Banfi Huniades enthält. Trotzdem ergibt schon ein erstes Querlesen ein paar interessante Informationen, denn es wird schnell deutlich, dass das mehr als ein Reisebericht ist: Dee schreibt über Audienzen bei Rudolf II. und Stephan Bathory, er erwähnt die künftige Blutgräfin Elisabeth Bathory und berichtet insbesondere von der Existenz und von Geschichten über Vampire. Er erzählt weiterhin von elektrischen Strömen, die durch die Erde fließen, und von kleinsten Lebewesen im Erdinneren, die auf diese "tellurischen Energien" angewiesen sind um überleben zu können. In seltenen Fällen, so Dee, brächten vulkanische Eruptionen diese Kleinstlebewesen an die Erdoberfläche. Menschen, die von diesen Lebewesen befallen würden, könnten Dees Worten zufolge zu Vampiren werden. Selbst in einem menschlichen Wirtskörper aber seien diese Lebewesen noch von den Erdströmungen abhängig. Und dann kommen die Charaktere aus dem Staunen nicht mehr hinaus: Auch ein gewisser Vlad Tepes, der Dracula genannt wird und angeblich alchemistische Werke verfasste findet Erwähnung. Und schließlich berichtet Dee über einen Aufenthalt in Prag, in dessen Zusammenhang er auf die jüdische Legende des Golems stieß, eines menschenähnlichen Wesens aus Lehm, das durch ein jüdisches Ritual zu künstlichem Leben erweckt werden kann. Bei diesem Ritual entstehe angeblich ein Pergament mit dem jüdischen Namen Gottes, das dem Golem in den Mund gelegt werden muss um ihn zu beleben... kurz: der Bericht ist voller okkulter Geheimnisse. Das wissenschaftliche Interesse der Charaktere ist geweckt.

Zu fünft fahren die Charaktere in Van Helsings Kutsche schließlich zum Wohnort des Nachtwächters... und je näher sie dem Ort kommen, desto unruhiger wird James Clockwork, der Kutscher. Er informiert die anderen schließlich, dass sie sich im übelsten Viertel Londons befänden, ein paar hundert Meter weiter habe der mysteriöse Frauenmörder erst vor einer Woche sein bis dato letztes Opfer ermordet. Die Charaktere steigen an der angegebenen Adresse aus der Kutsche und müssen innehalten: das Straßenbild ist von verdorbenen, alten Huren, Ganoven mit Rasiermessern und grölenden, betrunkenen, kampfbesessenen Totschlägern geprägt. Schnell verschwinden die Charaktere in Lewis Birds Hostel. Hier werden sogenannte Single Rooms vermietet, winzige Räume, die nicht mehr enthalten als ein Bett. Der Besitzer des Hauses nennt den Anwesenden nach Erhalt eines kleinen Obulus´, das Zimmer, das Lewis Bird gemietet hat. Die Charaktere bewegen sich auf einer schmierigen Treppe ins zweite Stockwerk und klopfen an Birds Zimmertür... keine Reaktion. Schließlich öffnen sie die Tür... und finden den Mann in seinem Bett. Seine Kehle ist durchgeschnitten und er liegt tot in seinem Blut. Die Hände der Leiche sind zu Fäusten geballt. Er trägt ein Nachtgewand.

Van Helsing und Clockwork untersuchen die Leiche. Die durchschnittene Kehle erinnert an den Frauenmörder, abgesehen davon ist die Leiche aber unversehrt. Clockwork entdeckt schließlich, dass eine der Fäuste des Opfers einen Kugelknopf aus Seide enthält wie er öfter bei eleganten Anzügen zu sehen ist. Mit Sicherheit gehört der Knopf nicht zu den armseligen Kleidungsstücken Lewis Birds. Van Helsing datiert den Mord in etwa auf die frühen Morgenstunden des Dienstags – des Morgens nach dem Einbruch in das British Museum. Die Tatwaffe muss ein großer, scharfer Dolch gewesen sein. Es sieht so aus, als habe Bird bei der Tat bereits im Bett gelegen, aber noch die Möglichkeit gehabt, sich zu wehren.

Die Wissenschaftler lassen danach die Polizei rufen. Bis sie erscheint sprechen sie aber mit dem Hausherrn, später mit einer Gelegenheitsprostituierten, die dem Mann wohl bei der Führung des Hostels hin und wieder unter die Arme greift. Diese Frau scheint zur Tatzeit als Pförtnerin gearbeitet zu haben und kann einen ungewöhnlich gut gekleideten Gentleman beschreiben, der vor Ort eindeutig fremd gewesen sei und eine Tasche unter dem Arm hatte. Er habe sich nach dem Zimmer von Lewis Bird erkundigt, kurze Zeit später sei Lärm im Haus zu hören gewesen – was nicht außergewöhnlich sei. Kurze Zeit später habe er das Haus wieder verlassen und sei in Richtung Commercial Street davongeeilt.

Mehr ist im Moment nicht in Erfahrung zu bringen. Als die Wissenschaftler zu ihrer Kutsche zurück wollen, lauern ihnen eine Handvoll Straßendiebe auf und wollen sie überfallen. Dabei haben sie allerdings die Rechnung ohne den Kutscher gemacht. Clockwork hält im tiefsten Gossenslang eine Ansprache und prophezeit ihnen, dass Scotland Yard hier keinen Pflasterstein an Ort und Stelle lassen würde, wenn sie sich jetzt hier an diesen hohen Herren vergreifen würden. Passenderweise erreicht genau in diesem Moment die Polizei den Ort und die Strolche nehmen Reißaus.

Parageröchel: Der Einstieg im X-Club war gut, Annie Smith Pecks Besuch haben wir gemeinsam entwickelt und auch ganz schön in Szene gesetzt. Bis die Spieler aber ihre Charaktere mal in Richtung Abenteuer in Gang bekommen haben, hat es geraume Zeit gedauert. Da werden Argumente hin und her gewälzt, ob der Charakter so einen Auftrag wirklich übernehmen würde oder ob er nicht einfach nach Hause gehen und einen Earl Grey Tee trinken würde... na gut... irgendwann ging´s dann doch los. Ich hatte ja eigentlich vorgeschlagen, das Abenteuer nur mit Wissenschaftlern aus dem X-Club zu bestreiten. Zwei der Spieler hatten aber keine Lust darauf und spielen jetzt Leibwächter und Kutscher. Das geht auch, aber aufgrund der unterschiedlichen sozialen Schichten hat sich die Gruppe relativ häufig getrennt, was es für Spielleitung und Spieler nicht unbedingt einfacher macht. Insgesamt keine Katastrophe, das Ding ist jetzt in Gang gekommen und beim nächsten Mal geht´s sofort zur Sache.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 28.02.2018 | 13:58
Man, das liest sich richtig richtig gut.
Danke auch für die Anmerkungen zum Schluß!

Vielen Dank, dass Du das mit uns teilst.  :d
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 28.02.2018 | 22:19
Ich hab eine Frage zu dem, was nach der Flucht kam:
War das vom Abenteuer so vorgegeben, dass erst noch das Bergdorf kommt?
Ich frage mich das, weil es doch sehr passend gewesen wäre, wenn die Gruppe mit dem verletzten Major direkt zur Villa kommt, von der sie bislang nur wussten, dass sie einer barmherzigen Witwe gehört.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 28.02.2018 | 22:53
Hallo Ludovico! Erstmal freut es mich, dass du das hier offensichtlich recht aufmerksam verfolgst.

Jetzt zur Frage: Diesen Bezug, den du da herstellst (also: barmherzige Witwe, verwundeter Charakter > auf zur Villa!), über den haben meine Spieler gar nicht nachgedacht. Ehrlich gesagt waren sie so voller Angst, dass ihre Charaktere irgendwie in das Kriegsgeschehen verwickelt werden könnten, dass sie am liebsten möglichst schnell die Region wieder verlassen hätten.

Das Abenteuer hat zwar eine Karte, aber auf dieser Karte ist das Bergdorf gar nicht eingezeichnet. Es ist quasi eine flexibel einsetzbare Örtlichkeit und dient wohl hauptsächlich dazu, Gruppen in Richtung Villa auf den richtigen Weg zu bringen. Das Dorf liegt dann eben einfach auf ihrem Weg. Wenn eine Gruppe sowieso schon nach der Villa sucht, kann das Dorf auch entfallen.

Das war bei uns aber nicht unbedingt so. Ich habe das Dorf dann hauptsächlich deshalb auf der Fluchtroute positioniert, weil ich den griechisch-orthodoxen Priester von dem verloren gegangenen Mädchen erzählen lassen wollte. Das hat die Expeditionsteilnehmer dann irgendwie bei der Ehre gepackt und sie haben schließlich vor Ort doch noch mal nachgesehen.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 1.03.2018 | 09:32
Ah, das ist sehr gut zu wissen. Danke! Deine Vorgehensweise war sehr gut.

Mir ist halt aufgefallen, dass in der 2. Sitzung die Witwe erwähnt wurde. Wenn die Charaktere aus der Höhle entkommen sind, so werde ich, wenn ich die Kampagne mal leite, das dann so handhaben, dass sie nicht das Bergdorf, sondern erst die Villa finden, wo sie ihren verletzten Kameraden pflegen und dem Geheimnis auf die Spur kommen.

Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: LushWoods am 1.03.2018 | 10:20
Danke für den Bericht, sehr interessant!
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 10.03.2018 | 01:25
Founding Edom / 7. Sitzung
1888, Von Schneidern und Schuhmachern

Beteiligte Agenten:
Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 65 Jahre)
Andrew F. Crosse (britischer Geologe, Mitglied des X-Clubs, 36 Jahre)
Miss Annie Smith Peck (amerikanische Archäologin, 38 Jahre)
James Clockwork (Abraham Van Helsings Kutscher, 30 Jahre?)
Mr. Jackson (Miss Smiths Leibwächter, 25 Jahre?)

(https://pbs.twimg.com/media/DRiesZPW4AEgjdr.jpg)
Regent Circus (heute: Oxford Circus), vor Harrisson Suttons Schneiderei

Die Wissenschaftler verfolgen samt Kutscher Clockwork und Leibwächter Jackson die Spuren, die sie haben. Nach nochmaliger genauer Befragung der zur Tatzeit im Hostel tätigen Pförtnerin, erfahren die Charaktere, dass der verdächtige Besucher des Establishments bei seinem Verlassen des Gebäudes eilig versucht hat, einen goldfarbenen Dolch mit roten Edelsteinen besetzt in seiner Tasche zu verbergen. Zunächst begeben sich die Wissenschaftler daher auf die Suche nach derartigen Waffen. Ihr Weg führt sie zum Auktionshaus Sotheby´s, wo sie den Pförtner überreden, sie zu einem Fachmann für Schmuckwaffen zu bringen. Der vom Auktionshaus angestellte Experte unterhält sie eineinhalb Stunden mit längeren Ausführungen zu goldfarbenen Metallen und eingesetzten Rubinen, dann geht er verschiedene Auktionslisten durch und fördert schließlich drei Versteigerungen zutage, in denen Schmuckdolche, so ähnlich wie von der Zeugin beschrieben, versteigert wurden. Einer dieser Dolche war ein reines Schmuckobjekt, stumpf und kaum als Mordinstrument geeignet, der zweite ging an einen Sammler aus Nordschottland, den dritten hat ein vornehmer Londoner Bürger namens Gayworthy erstanden.

Die Wissenschaftler fahren nach Westminster um dort Sir Gayworthy einen Besuch abzustatten. Sie machen die Bekanntschaft eines polternden, aber leutseligen Herren, der den Wissenschaftlern gern seine Trophäen und Waffensammlung zeigt. Im Rauchzimmer bekommen die Anwesenden auch den erstandenen Dolch zu sehen, der eindrucksvoll ist, aber ungebraucht aussieht. Die Charaktere befragen den Mann nach Personen, die zu diesen Dolch Zugang haben und erfahren noch von Tom, einem Jüngling, der Sir Gayworthy als Findelkind in sein Bett gelegt worden war und den er an Sohnes statt angenommen hat. Tom hält sich derzeit auf dem Land auf, kommt aber in ein paar Tagen zurück. Schließlich lassen die Anwesenden den erstaunten Sir Gayworthy die Wäscherin des Hauses rufen. Sie zeigen der Frau den Knopf, den sie in der Faust des ermordeten Nachtwächters gefunden haben und fragen sie, ob ihr der Knopf bekannt vorkommt und ob er vielleicht von einem Anzug Toms stammen könnte. Die Wäscherin behauptet, Toms Kleidung habe keine derartigen Knöpfe. Die Wissenschaftler glauben, auf einer falschen Spur zu sein.

Dann eben der Knopf! Andrew F. Crosse zeigt seinem Schneider das Fundstück und fragt ihn, ob es in London Schneider gebe, die solche Knöpfe verwenden. Crosse bekommt den Tipp, es bei Harrisson Sutton, einem angesagten Schneider am Regent Circus zu versuchen. Die Wissenschaftler und Mr. Jackson, Annie Smith Pecks Leibwächter, betreten den Laden, der Kutscher James Clockwork wartet vor dem Gebäude neben seiner Kutsche.

In Suttons Laden befinden sich in den offenen Fächern seiner Wandschränke kostbare Stoffe und Accessoires. Sutton beschäftigt drei Näherinnen, die alle im hinteren Bereich des Ladens arbeiten. Zunächst werden die Besucher von einem Laufburschen begrüßt, der die Charaktere aber schnell dem Schneider selbst vorstellt. Im Gespräch erweist sich Sutton als unbestechlich. Er bestätigt zwar, dass der gefundene Knopf aus seinem Laden stammt, weigert sich aber strikt, auch nur eine einzige Information über seine Kunden zu verlieren. Die Charaktere erzählen ihm von ihren Nachforschungen, von dem entdeckten Mord und von patriotischen Pflichten – nichts, Sutton bleibt verschwiegen wie ein Grab. Enttäuscht verlassen die Charaktere den Laden.

Doch vor dem Laden hat sich in der Zwischenzeit Interessantes ereignet: Ein Gossenjunge hat James Clockwork in ein Gespräch verwickelt. Er scheint ein Auge auf Suttons Laden zu haben und hält nach reichen, möglicherweise spendablen Kunden Ausschau. Clockwork erzählt ihm ein wenig über die Herrschaften, die er derzeit in seiner Kutsche herumfährt. Der Gossenjunge erfährt, dass sie gar keine Kleidung kaufen möchten, sondern im Laden irgendwelche Nachforschungen anstellen. Momente später verlassen die Wissenschaftler auch schon mit einem frustrierten Gesicht den Laden. Der Gossenjunge spricht sie an und erfährt zumindest, dass die Charaktere gern ein paar Dinge von Harrisson Sutton erfahren hätten, was aber nicht funktioniert hat. Daraufhin erzählt der Knabe den Wissenschaftlern, dass er ihnen möglicherweise dazu verhelfen könnte sich eine Weile ungestört in Suttons Laden umzusehen. Die Charaktere sind interessiert und erfahren, dass Sutton einmal in der Woche für einen Tag aufs Land fährt. An diesem Tag sei sein Laden unbewacht und der Gossenjunge kenne eine Einstiegsmöglichkeit. Man verabredet sich am kommenden Mittag.

Als die Charaktere gerade wieder in ihre Kutsche steigen wollen, fällt Abraham Van Helsing eine Gruppe vierschrötiger Männer auf, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite zusammen stehen, für einen kurzen Moment Blickkontakt zu Van Helsing haben, sich daraufhin schnell voneinander verabschieden und in verschiedene Richtungen auseinandergehen. Die Charaktere können sich zu den Männern keine Meinung bilden und gehen erst einmal in einen Pub.

Nach einem feucht-fröhlichen Abend trennen sich die Charaktere. Abraham Van Helsing und Miss Annie Smith Peck inklusive ihres Leibwächters Mr. Jackson kehren in ihre Hotels zurück, Andrew F. Crosse lässt sich von seinem Kutscher zu seiner Privatwohnung zurückfahren. Dort allerdings werden sie quasi vor der Wohnungstür von 5 unbekannten Schlägern mit Keulen erwartet. Die beiden Männer nehmen mutig den Kampf auf, Andrew F. Crosse kann auch einen der Angreifer mit einem Kinnhaken ausschalten, erleidet aber schließlich selbst einen Schlag, durch den ihm der Schädel brummt. Aufgrund einer Platzwunde verliert er relativ viel Blut. Letztlich müssen Crosse und Clockwork erkennen, dass sie chancenlos sind, besonders auch deshalb, weil sie weitgehend unbewaffnet sind. Die beiden Männer versuchen zu fliehen und laufen laut Hilfe rufend die Straße herunter. Verstärkung allerdings ist nicht in Sicht und ihre Angreifer nehmen die Verfolgung auf. Andrew F. Crosse scheint geschwächt zu sein, seine Schnelligkeit hat gelitten. Es ist abzusehen, dass er nicht weit kommen wird. Im letzten Moment fällt James Clockwork allerdings ein, dass eine der Türen zu den angrenzenden Gebäuden der Hintereingang zu einem Lokal ist. Er reißt die Tür auf, schiebt Crosse hinein und befindet sich sehr schnell unter einigen Gästen im Speiseraum. Ein besorgter Kellner kümmert sich um den blutenden Crosse, die Verfolger sind vorerst abgehängt.

Schließlich treffen sich die Charaktere am nächsten Vormittag. Abraham Van Helsing versorgt zunächst den angeschlagenen Crosse, der noch immer ziemlich wacklig auf den Beinen ist. Zusammen fahren die Charaktere zu einem Treffpunkt in der Nähe von Harrisson Suttons Laden, den sie mit dem Gossenjungen ausgemacht haben. Andrew F. Crosse bleibt vorsichtshalber in der Kutsche, seine Schmerzen setzen ihm noch ziemlich zu. Sein Kutscher bleibt bei ihm. Abraham Van Helsing, Annie Smith Peck und Mr. Jackson aber folgen dem Gassenjungen, der 5p in Empfang nimmt und die Charaktere in einen Hinterhof führt.

Der Knabe zeigt Abraham Van Helsing, Miss Annie Smith Peck und Mr. Jackson einen losen Fensterladen, über den die drei Amateurdetektive problemlos in Harrisson Suttons Laden einsteigen können. Nach einiger Suche stoßen sie auf das Kundenregister des Schneiders. Sie gehen die letzten 20 Eintragungen durch und stellen zu ihrem Erstaunen fest, dass der Name „John Pizer“ auftaucht. John Pizer – das weiß gegenwärtig jeder in London – ist der jüdische Schneider, der verdächtigt wurde, die Whitechapel Morde begangen zu haben. Angeblich hatte er aber ein Alibi und die Polizei konnte ihm nichts nachweisen. Daher befindet er sich derzeit auf freiem Fuß.

Da sich in Suttons Kundenregister keine Adressen finden, fahren die Charaktere in Crosses Kutsche nach Whitechapel und erkundigen sich nach Pizers Werkstatt. Kurze Zeit später befinden sie sich in der Osborne Street, Ecke Whitechapel Road. Sie betreten einen 2 Meter breiten, schlauchartigen Raum im Erdgeschoss mit einer Werkbank und entsprechendem Werkzeug: John Pizers Schusterei. Der Mann ist anwesend, trägt seine in der Öffentlichkeit bereits bekannt gewordene Lederschürze und macht einen mürrischen Eindruck. Sein Äußeres stimmt ansatzweise mit der Beschreibung der Pförtnerin aus dem Hostel des Nachtwächters überein... so ganz sicher können sich die Charaktere dabei allerdings nicht sein. Als sie Pizer auf Harrisson Suttons Schneiderei und den edlen Stoffknopf ansprechen, reagiert der Mann defensiv und genervt: Schon wieder Leute, die ihm irgendetwas anhängen wollen! Er kenne keinen Harrisson Sutton und trage auch keine Anzüge. Er besitze überhaupt keinen Anzug, weil er ihn ein ganzes Jahresgehalt kosten würde. Die Charaktere schauen sich in seiner Werkstatt um, sie betrachten seine Kleidung... und beschließen seinen Worten Glauben zu schenken. Pizer führt eine allzu erbärmliche Existenz um in Suttons Laden Anzüge kaufen zu können. Wieder in der Kutsche spricht Abraham Van Helsing aus, was alle denken: „Pizer hat Recht. Es will ihm jemand etwas anhängen!“

-

In dieser Sitzung waren nur vier Spieler anwesend. Miss Annie Smith Peck wurde von uns einfach hinterhergeschoben und mitverwaltet. Die Suche nach dem Juwelendolch hatte ich nicht vorausgesehen. Ich habe sie improvisiert, was auch ganz gut funktioniert hat. Erfreulich fand ich, dass die Spieler diese Spur bis zum Ende gefolgt sind, dann aber auch recht zügig zum Schluss gekommen sind, dass es sich wohl um eine falsche Spur handelt. Der Kampf Andrew F. Crosse und James Clockworks gegen die Schläger war relativ bitter. Wir haben ein bisschen in den Thriller Combat Rules gestöbert, Andrew F. Crosse hat es dann eine Runde lang mit „evasive procedures“ versucht, später dann einen der Schläger mit einen kritischen Treffer umgehauen, danach sank seine eigene health unter 0 und dann war Flucht angesagt. Die Hintertür zum rettenden Restaurant war ein „tactical fact finding benefit“ mit 1 spend auf Streetwise, wobei ich nicht ganz sicher bin, ob der Vorgang bei einer Flucht regelgerecht ist. Muss ich nochmal nachsehen. Ansonsten ist in der Runde wirklich ein bisschen Detektivstimmung aufgekommen. Die Spieler wollen jetzt unbedingt herausbekommen, was los ist, und wälzen wildeste Theorien hin und her. Macht mir Spaß.

Danke auch für euer Interesse. Freut mich sehr!
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 10.03.2018 | 16:26
Danke für den tollen Bericht!

Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 5.04.2018 | 05:40
Founding Edom / 8. Sitzung
1888, Eine schockierende Entdeckung

Beteiligte Agenten:
Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 65 Jahre)
Andrew F. Crosse (britischer Geologe, Mitglied des X-Clubs, 36 Jahre)
Miss Annie Smith Peck (amerikanische Archäologin, 38 Jahre)
James Clockwork (Abraham Van Helsings Kutscher, 30 Jahre?)
Mr. Jackson (Miss Smiths Leibwächter, 25 Jahre?)
Miss Annie Smith Peck hatte diesmal leider Migräne und ist im Bett geblieben.

(http://www.iranicaonline.org/uploads/files/enamel_ii_dagger.jpg)

Noch in der Kutsche werden Vermutungen angestellt: Ja, es will jemand Pizer etwas anhängen... aber wer? Mr. Jackson begibt sich nach Whitechapel und hört sich in der Unterwelt um. Er erzählt einem Ganoven mit vorstehendem Kinn von dem reichen Gentleman, der den Nachtwächter des British Libraries in seinem Hostelzimmer umgebracht hat und fragt, ob es Gerüchte über den Mann gibt. Sein Gegenüber will mehr wissen, aber Mr. Jackson hält zu viele Informationen zurück. Er erfährt nichts.

Die nächste Station der Charaktere ist Scotland Yard. Abraham Van Helsing führt das Gespräch mit dem diensthabenden Sergeant. Er will herausbekommen, wie weit die Polizei in diesem Fall gekommen ist und erzählt auch von den Ermittlungen der Wissenschaftler. Der Sergeant muss gestehen, dass Scotland Yard in diesem Fall noch keine neuen Erkenntnisse hat. Da Van Helsing aber vermeidet Harrisson Suttons Schneiderei zu erwähnen, hat der Beamte auch keine konkreten Anhaltspunkte für eigene Aktionen oder irgendwelche Ratschläge und Van Helsing muss schließlich unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Nächstes Beratungsgespräch der Charaktere, die Köpfe rauchen. Schließlich versucht es Mr. Jackson ein zweites Mal in Whitechapel. Diesmal lädt er einen Gauner in einen Pub ein und erzählt etwas mehr. Der Gauner hat zwar keine Ahnung von dem wohlhabenden Mann, der im Viertel irgendeinen Mord verübt haben soll, aber als Harrisson Suttons Schneiderei genannt wird, denkt der Mann auf seine ganz eigene Art und Weise mit: „Der Mörder hat einen Anzug mit einem Knopf von Sutton getragen? Und von Sutton wisst ihr, dass es angeblich John Pizer war? Und John Pizer kann es aber nicht gewesen sein, weil er zu arm für Anzüge von Sutton ist? Na, dann sollten wir doch Sutton ein wenig auf den Zahn fühlen! Soll ich ein paar Leute besorgen, die dem Mann mal so ein bisschen Daumenschrauben verpassen? Drohungen? Eingeworfene Fensterscheiben? Das ist alles kein Problem!“ Mr. Jackson lehnt ab, macht sich aber seine Gedanken und zusammen mit den anderen Charakteren beschließt er, selbst für die Daumenschrauben zu sorgen.

Die Charaktere betreten kurz vor der Mittagspause erneut Suttons Schneiderei. Die Angestellten sind schon beim Essen, eine Gelegenheit für die Charaktere, mit Sutton Klartext zu reden. Mr. Jackson nimmt eine bedrohliche Gebärde ein und fragt Sutton, ob John Pizer bei ihm einen Anzug bestellt habe. Sutton ist erstaunt, aber auch ein wenig eingeschüchtert und bestätigt dann die Anfrage. Dann wird er gefragt, ob er sich auch sicher sei, dass es John Pizer gewesen sei. Sutton sagt, er sei nicht sicher, aber das sei eben der Name gewesen, den der Mann angegeben habe. Daraufhin greifen die Charaktere Sutton unter den Arm und geben ihm freundlich aber unmissverständlich zu verstehen, dass er in seiner Mittagspause eine Fahrt nach Whitechapel machen wird. Sie setzen ihn in Van Helsings Kutsche und fahren los. Vor Ort führen sie ihn in John Pizer Schumacherwerkstatt und wollen wissen, ob das der Mann gewesen sei, der einen Anzug bei ihm bestellt hat. Sutton verneint. Diesen Mann habe er noch nie gesehen. Dann fahren die Charaktere mit ihm zurück und fragen ihn, ob er vielleicht einen Hinweis darauf hat, wer der Mann, der sich als John Pizer ausgegeben hat, wirklich gewesen sei. Sutton ist eingeschüchtert. Einen Moment überlegt er und schaut dann in seinem Lieferbuch nach. Dort ist vermerkt, an welche Adresse der Anzug ausgeliefert wurde. Der Laufbursche Suttons wird gerufen und befragt, ob er sich an die Auslieferung des Anzugs für John Pizer erinnern kann. Der Bursche bejaht und erzählt, dass es nicht ganz einfach gewesen sei, den Mann zu finden, weil sein Name nicht auf dem Türschild zu finden war. Er habe im Haus herumgefragt und schließlich eine Bedienstete getroffen, die behauptete ihr Herr sei der Empfänger des Anzugs. Sie habe ihm auch die Quittung gezeigt, da habe er ihr den Anzug ausgehändigt.

Andrew F. Crosse schaut ins Lieferbuch und liest die Adresse: Charlotte Street 16. Irgendetwas klingelt bei ihm, aber noch weiß er nicht genau, was es ist. Er fragt den Lieferjungen noch, wie man die Wohnung findet und bekommt die Antwort, es sei im ersten Stock die linke Tür. Daraufhin verlassen die Charaktere den schwitzenden Sutton. Wieder in der Kutsche fällt es Crosse plötzlich ein: Charlotte Street 16! Da wohnt George Stoker!

Es dauert eine Weile bis sich Andrew F. Crosse gesammelt hat. Dann erzählt er seinen Kameraden, zu wem sie gerade fahren. Besonders Van Helsing ist geschockt: Stoker! Das ist ja ein Mitglied des ehrwürdigen X-Clubs! Zunächst beschließt man, erstmal ein Gespräch zu führen. Vielleicht kann Stoker ja den Verdacht entkräften. Vor seiner Wohnungstür öffnet ihnen zunächst sein Dienstmädchen. Als die Charaktere behaupten, Stoker sprechen zu wollen, geht sie und meldet sie an. Aber es dauert einen Moment, bis sie zurückkommt und die Freunde schöpfen Verdacht. James Clockwork rennt auf die Straße hinunter um für alle Fälle das Haus von außen betrachten zu können. Er kommt gerade um die Ecke, da sieht er auch schon, wie ein Mann vom ersten Stock aus die Feuerleiter hinuntersteigt. Unter seinem linken Arm trägt er eine Kiste. Clockwork springt den Mann an und wirft ihn zu Boden. Sein Gegner kann sich aber blitzschnell wieder aufrappeln und läuft davon. Eine wilde Verfolgungsjagd beginnt: Der Flüchtende wird beinahe von einem Hochradfahrer umgefahren, dann läuft er in eine Schulklasse von 40 Mädchen samt Lehrerin hinein und muss sich mühsam einen Weg bahnen, schließlich rennt er ein Kind über den Haufen, das am Straßenrand einem Reifen hinterherläuft. Clockwork hat den Flüchtenden fast erreicht, da kreuzt ein großer, von Pferden gezogener Doppeldeckerbus seinen Weg. Noch einmal muss er alles geben und holt auf, als der Flüchtende einen Laternenwärter während seiner Arbeit von einer Leiter stürzt. Die Laterne brennt leider noch nicht. Kurz bevor Clockwork den Mann erreicht hat, lässt dieser seine Kiste fallen. Das reicht Clockwork. Er nimmt die Kiste an sich und kehrt zurück zum Haus Stokers.

Dort sind die Übrigen inzwischen von Stoker und seinem Wachhund Bobby empfangen worden. Sie erzählen Stoker von dem Knopf, den sie bei dem toten Nachtwächter gefunden haben und fordern ihn auf, ihnen seine Anzugsjacken zu zeigen. Stoker zeigt sich dazu bereit, ruft aber zunächst einen Mann namens Josh aus einem Nachbarzimmer herbei, der noch zwei weitere Männer im Schlepptau hat. Josh soll seine Gäste mit Getränken versorgen, während Stoker seine Anzüge holen geht. Natürlich fallen die Charaktere auf diesen plumpen Trick nicht herein, es sieht aber so aus, als wolle Josh mit seinen Männern die Anweisung Stokers notfalls auch mit Gewalt durchsetzen. Da zieht Mr. Jackson einen Revolver und hält ihn Stoker an die Stirn. Van Helsing verlangt, dass Stokers Männer und sein Hund das Zimmer verlassen sollen. Stoker stimmt zögerlich zu, stellt aber selbst die Bedingung, dass dann auch Mr. Jackson den Raum verlassen soll. Darauf lassen sich die Charaktere ein.

Van Helsing und Crosse hoffen nun endlich ein klärendes Gespräch mit Stoker führen zu können, doch dieser schwitzt, atmet schwer und öffnet ein Fenster. Ehe es sich die Charaktere versehen springt er aus dem ersten Stock nach draußen und knallt unangenehm auf den Gehweg. Van Helsing reagiert sofort, ergreift eine Vase im Raum und wirft sie Stoker auf den Kopf. Crosse springt Stoker nach – direkt in seinen Rücken. Der athletische Mr. Jackson vor der Tür von Stoker hört das Getümmel, springt herbei, stützt sich eimal auf das Fensterbrett auf, springt dann ebenfalls Stoker hinterher und landet vorbildlich im Stand auf dem Gehweg. Stoker macht noch einen letzten Fluchtversuch, der ihm aber misslingt. Crosse hält ihn bereits am Kragen fest.

Schließlich knickt Stoker ein. Er will alles erzählen. Die Wissenschaftler warten noch auf den zurückkehrenden James Clockwork, dann fahren sie gemeinsam mit Van Helsings Kutsche in den Hyde Park. Dort packt Stoker aus.

Er erzählt den Charakteren von dem Dolch, den er in Bulgarien Arzu Dal abgenommen hat. Er habe den Dolch gemocht und oft bei sich gehabt. Eines Tages sei er auf seinem Weg durchs Gebirge einer Schlange begegnet, gegen die er sich zur Wehr setzen musste. Er tötete sie mit dem Dolch und hatte hinterher ein seltsames Erlebnis. Es war, als erfülle ihn ein Glücksgefühl. Außerdem schien irgendeine mächtige Wesenheit zu ihm Kontakt aufzunehmen, die ihm die Erfüllung all seiner Wünsche versprach. Stoker hat vor Schreck den Dolch lange nicht mehr angerührt, aber das Erlebnis ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Als er zurück in England war, fand er eines Tage einen verunglückten Vogel mit gebrochenen Flügeln vor seiner Tür, der aber noch lebte. Er holte seinen Dolch und tötete das Tier. Zu seiner Enttäuschung verspürte er nur ein leichtes Prickeln. Der Misserfolg aber stachelte ihn gerade erst an. Er begann zu experimentieren. Sein nächstes Opfer war eine Katze. Bei ihrem Tod empfand Stoker das Prickeln stärker. Schließlich kaufte er ein Pferd, ritt mit ihm vor die Stadt und ermordete es dort mit seinem Dolch. Dabei fühlte er dann fast so ein Glücksgefühl wie in Bulgarien. Das Wesen allerdings sprach zu ihm. Es sagte: Du wirst Menschen für mich töten! Stoker hatte Angst, war aber auch fasziniert. Er kannte den jüdischen Schuhmacher John Pizer, wusste von dessen üblem Ruf und verschaffte sich eine Verkleidung, in der er schließlich seine Morde an Prostituierten in Whitechapel durchführte. Jedesmal verspürte er dabei ein Glücksgefühl und jedesmal nahm hinterher das Wesen zu ihm Kontakt auf. Es gab ihm zu verstehen, dass der Mord allein nicht ausreiche. Er müsse die Opfer auch ausweiden und verstümmeln. Stoker ging immer bestialischer vor. Nach dem letzten Mord vor etwa einer guten Woche zeigte sich das Wesen schließlich zufrieden. Es sprach zu ihm, dass es vorerst genug sei, dass es jetzt aber einen anderen Auftrag für Stoker habe. Er solle nun John Dees Reisebericht aus der British Library stehlen. Es sei nicht gut, wenn das Werk Unbefugten in die Hände fiele. Stoker verbarg sich in der Toilette des Museums und ließ sich über Nacht einschließen. Dann stahl er das Buch, wurde dabei aber vom Nachtwächter überrascht, der ihn offensichtlich erkannte. Stoker konnte fliehen und ermordete den Nachtwächter am Morgen in seinem Zimmer.

Eine Weile herrscht Stille. Andrew F. Crosse sagt fassungslos: „Du erzählst uns hier gerade, dass du im Auftrag eines Dämons zu einem Serienmörder geworden bist, ist dir das klar?“ Stoker schweigt. Schließlich öffnet James Clockwork die Kiste. Sie enthält den juwelenbesetzten Dolch, John Dees Reisebericht und eine Lederschürze. Erneut herrscht Schweigen. Dann spricht erneut George Stoker: „Ich würde es begrüßen, wenn ihr mir die Gelegenheit geben würdet, die Angelegenheit zu beenden, wie es einem britischen Gentleman gebührt. Ich möchte euch darum bitten, über die Angelegenheit Stillschweigen zu bewahren, sodass meine Familie dadurch nicht in Schande gerät.“ Relativ schnell sind die Charaktere einverstanden. Stoker greift in seine Jackentasche und nimmt eine große Dosis Arsenik. Ein paar Stunden später stellt Abraham Van Helsing den Totenschein aus und gibt als Ursache Herzinfarkt an.

Zögerlich beginnen die Charaktere in den nächsten Tagen John Dees Bericht zu lesen. Manche sind interessiert, manche skeptisch. Einen knappen Monat später findet das nächste Treffen des X-Clubs statt. Selbstverständlich wird der Tod George Stokers ausführlich diskutiert und Abraham Van Helsing wartet mit einem einfühlsamen Bericht seiner letzten Minuten auf.

Noch etwas später bekommt Abraham Van Helsing Besuch. An seine Hoteltür klopft sein Bekannter aus der British Library, Peter Hawkins. Er will mit Van Helsing ein Gespräch über John Dees Bericht führen und hofft, dass ihm dieser das Buch bald einmal ausleiht. Abraham Van Helsing ist ziemlich überrascht und fragt ihn, wie er darauf käme, dass er das Buch besitze? Hawkins erzählt ihm, dass er ihm vertrauen könne, dass es hochgestellte Persönlichkeiten gebe, die Interesse an diesen Informationen hätten und dass er mit ihm auch über seine Erfahrungen aus dem russisch-türkischen Krieg sprechen möchte. Abraham Van Helsing ist schockiert, versucht sich aber nichts anmerken zu lassen. Er gießt seinem Gast einen Whisky ein und ruft seine Kameraden aus dem vergangenen Abenteuer zusammen. Als alle anwesend sind, fragt er Hawkins, ob er bereit sei, sich von Van Helsing hypnotisieren zu lassen. Hawkins ist einverstanden. Van Helsing baumelt daraufhin vor seinen Augen mit seiner Taschenuhr herum und beginnt Hawkins Fragen zu stellen, die dieser langsam und mit tiefer Stimme beantwortet:

Hawkins war im russisch-türkischen Krieg bei der Royal Navy und hat mit einem Schiff im Schwarzen Meer patrouilliert. In einem kleinen Gefecht wurde er verwundet und ins nächstgelegene Lazarett unter britischer Führung gebracht: Stokers Lazarett am Shipka-Pass. Er hat sich mit Stoker während seiner Genesung gut verstanden und die Männer sind Freunde geworden. Stoker hat ihm hin und wieder seltsame Dinge erzählt: Erlebnisse aus einer Höhle, in der er übernatürlichen Kreaturen begegnet sei, eine Auseinandersetzung mit einer Frau, auf deren Grabstein stand, dass sie eigentlich schon mehrere Jahre tot sein sollte, ein Kind, das mit Blut ernährt wurde und schließlich ein Kampf gegen eine Schlange mit seltsamen Folgen. Der Dolch, den Stoker in diesem Kampf führt, soll der untoten Frau gehört haben und auf seltsame Weise von Stoker Besitz ergriffen haben. Hawkins habe nach seiner Genesung noch eine Weile im Schwarzen Meer gedient, aber seine Gesundheit war angegriffen. Schließlich erkrankte er so, dass er im Feld nicht mehr zu gebrauchen war und kehrte nach London zurück. Er leitet inzwischen hier im Dienst ihrer Majestät das Naval Intelligence Department, den britischen Geheimdienst. Als Stoker ebenfalls nach London zurückkehrte, nahm er wieder Kontakt zu ihm auf und sprach ihn noch einmal auf seinen Dolch an. Stoker reagierte erschrocken, ja fast panisch. Vor einer guten Woche traf er Stoker in der British Library. Stoker saß im Leseraum und hatte einen uralten Folianten vor sich. Einen Tag später hörte er von dem Diebstahl von John Dees Reisebericht. Noch einen Tag später ging er wieder in die Bibliothek um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Dabei traf er auf die Charaktere. Bei ihren vergangenen Aktionen hat er hin und wieder ein Auge auf sie gehabt. Er war auch auf der anderen Straßenseite zugegen, als in Stokers Haus die Leute aus dem Fenster sprangen.

Dieser Bericht reicht Van Helsing. Er bricht die Hypnose ab und fragt Hawkins, was er jetzt von ihnen wolle. Hawkins erzählt, dass er Kontakte zu höchsten Regierungskreisen aufgenommen habe, von Stokers Erlebnissen auf dem Balkan und seinen Informationen aus der Kopie von John Dees Reisebericht erzählt habe und schließlich eine positive Rückmeldung bekommen habe: Die Krone ist interessiert daran, eine Sonderabteilung des Geheimdienstes zu finanzieren, die sich mit okkulten Vorkommnissen und deren potentieller Verwendung für das Empire beschäftigt. Hawkins hofft, die Charaktere als Mitarbeiter gewinnen zu können. Bis die Geschichte offiziell ist, könne man erst einmal einen Gentlemen-Club gründen, in dessen Kreis John Dees Bericht und andere vielversprechende Texte gelesen und diskutiert werden könnten.

Die Anwesenden sind einverstanden... bis auf den Skeptiker Andrew F. Crosse. Er hält die Beschäftigung mit diesen absonderlichen Themen für Zeitverschwendung und behauptet, dass die wirklich wichtige Wissenschaft auf anderen Gebieten stattfinde. Hawkins muntert ihn auf: „Lasst uns das zumindest ausdiskutieren, Crosse. Wenn sich am Ende wirklich herausstellt, dass das alles Humbug ist, dann können wir den Club immer noch auflösen. Bis dahin können wir eine ganze Weile lang staatliche Forschungsgelder in Anspruch nehmen. Ist das nichts?“
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Der Anfang der Sitzung war schleppend. Niemand hatte Lust, Harrisson Sutton, der sich in der letzten Sitzung recht widerspenstig gezeigt hatte, ein zweites Mal aufzusuchen. Meine Abenteueridee wies hier leider einen Flaschenhals auf, der sich dann auch prompt als Problem erwies. Andererseits hätte ich meinen Spielern jede Brücke gebaut, die mir halbwegs plausibel vorkam. Dummerweise haben sie fast nur nachgedacht und kaum gehandelt... und in den wenigen Gesprächen, die sie ihre Charaktere haben führen lassen, waren sie so darauf bedacht, nichts zu verraten, dass ich es einfach nicht logisch fand, von der Gegenseite aus mit Informationen zu antworten. Na, irgendwann haben sie dann den Köder doch geschluckt. Sobald klar war, dass Stoker der Täter ist, wurde die Sache vergnüglicher. Wir hatten eine schöne Verfolgungsjagd und amüsante Fensterstürze. Was Auflösung und Epilog angeht hätte ich gern ein wenig Feedback gehabt. Dafür war nicht mehr allzu viel Zeit. Es war außerdem zu beobachten, dass die Spieler ein wenig Mühe hatten, die möglichen Folgen der aktuellen, überraschenden Wendungen abzusehen. „Ob mir das gefällt? Keine Ahnung, ich weiß ja noch nicht mal genau, was hier gerade geschehen ist!“ Das war in etwa der Tenor. Tja. Sie werden es schon noch begreifen.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 6.04.2018 | 10:26
Danke Chiarina!

Wie üblich eine tolle Beschreibung!
Insbesondere, dass ein voriger SC der Schurke war und dessen Ende... Passte super!

Wie fand der Spieler von Stoker das?
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 6.04.2018 | 12:35
Die Spielerin, die im ersten Abenteuer Stoker gespielt hat, fand die Idee auch gut, aber sie sagte gleich, dass sie das gern gespielt hätte... also den Mörder, der die Charaktere an der Nase herumführt. Tja, das wäre ein ganz anderes Abenteuer gewesen. Trotzdem eine gute Information. Eine Gelegenheit in dieser Art kommt ja vielleicht nochmal.

Im Moment bereite ich als nächstes Abenteuer gerade "Against Dracula" vor. Und schon da wird es auf jeden Fall unterschiedliche Interessen unter den Charakteren geben. Bin mal gespannt. Im Dracula Dossier heißt es zu dem, was jetzt geschieht, in zwei lapidaren Sätzen: "Play begins as Van Helsing arrives at Hillingham to diagnose Lucy Westenra. All events prior to that - Harker´s visit to Castle Dracula, and the action at Whitby - happens as described in the novel." Was das aber bedeutet wird mir erst nach und nach bewusst. Ziemlich aufwändige Angelegenheit!
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Fezzik am 7.04.2018 | 09:19
Toll, ein neuer Part, liest sich super ! Bin gespannt wie es weitergeht, auch nochmal danke von mir für die schönen Berichte !
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: LushWoods am 7.04.2018 | 09:25
Ich glaub das ist das erste mal seit ich hier Spielberichte lese, das ich mir denke: Jupp, da wäre ich gerne Spieler.  :)
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 27.04.2018 | 04:04
Against Dracula / 9. Sitzung
1894, Lucys Schwäche

Beteiligte Agenten:
Dr. Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 71 Jahre)
Wilhelmina „Mina“ Murray (Hilfslehrerin, 21 Jahre)
Dr. John „Jack“ Seward (Irrenarzt, 29 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 27 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 30 Jahre)

(http://www.openlettersmonthly.com/novelreadings/wp-content/uploads/2015/02/Brooklyn_Museum_-_The_Invalid_-_Louis_Lang_-_overall.jpg)
Lucy Westenra

Vorgeschichte:

Nach dem Sieg über George Stoker kommen ein paar hässliche Gerüchte über dessen plötzliches Verschwinden auf, woraufhin sich der X-Club auflöst. Der syphiliskranke Captain William Hall alias Peter Hawkins gründet parallel dazu mit Abraham Van Helsing und einigen weiteren ausgesuchten Persönlichkeiten einen anderen Gentlemen Club: den Club Edom. Abraham Van Helsing ist allerdings nicht das, was er zu sein vorgibt: Seine Mediziner- und Professorentätigkeit ist eine aufwändige Tarnung, in Wahrheit ist er ein Spion des Deutschen Reiches und berichtet unter anderem aus erster Hand, wie Peter Hawkins vor seinen Augen Kontakte zur britischen Krone unterhält. Nach einigen gemeinsamen Nachforschungen in Bezug auf Vampirismus und einer Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustands teilt Peter Hawkins dem Club Edom mit, dass die britische Krone wünscht, einen Vampir zum Verbündeten zu gewinnen. Abraham Van Helsing ist bewusst, dass das nicht unbedingt im Sinne des Deutschen Reichs sein dürfte, zieht aber zunächst scheinbar mit den anderen Mitgliedern des Clubs Edom an einem Strang. Peter Hawkins leitet in Exeter eine Rechtsanwaltskanzlei, in der der junge Jonathan Harker mitarbeitet. Harker ist ebenfalls Mitglied im Club Edom. Im Zusammenhang mit den Bemühungen im Bereich der okkulten Wissenschaften erfährt Peter Hawkins im Club Edom von Graf Dracula. Es gelingt ihm, Kontakt zu dem Grafen aufzunehmen und eine Konversation mit ihm zu beginnen. Hawkins will Dracula nach England holen, sich von ihm durch Vampirblut „heilen“ lassen und dann den Club Edom auf ihn ansetzen.

Etwas später reist Jonathan auf Geheiß Peter Hawkins nach Siebenbürgen zu Graf Dracula, der über Hawkins´ Rechtsanwaltskanzlei in London ein Haus erworben hat und nun die Übernahme des Hauses und die bevorstehende Überfahrt durch dessen Anwalt abklären lassen möchte. Jonathan Harker hält sich einige Wochen auf dem Festland auf. Hin und wieder erreichen Peter Hawkins und Jonathans Verlobte Mina Murray Karten aus Siebenbürgen, die so klingen, als gehe es Jonathan Harker gut. Mina weiß nichts von der wahren Identität des Grafen Dracula.

Mina ist Hilfslehrerin und eine Freundin von Luca Westenra, die sich allein um ihre verwitwete Mutter kümmert. Vor nicht allzu langer Zeit wurde Lucy von dem vermögenden Edelmann Arthur Holmwood, dem Irrenarzt Dr. John „Jack“ Seward und dem amerikanischen Abenteurer Quincey Morris gleichzeitig umworben. Die drei Männer sind enge Freunde, haben aber, ohne sich darüber im Klaren gewesen zu sein, alle um die Hand Lucys angehalten. Lucy entscheidet sich schließlich für Arthur Holmwood.

Arthur hat gegenwärtig nicht allzu viel Zeit für seine Braut, weil er sich um seinen kranken Vater auf dem Stammsitz der Familie (Ring in Surrey, gut 40 Kilometer südwestlich von London) kümmern muss.

Daraufhin macht Lucy Urlaub in Whitby, wo sie von ihrer Freundin Mina Murray besucht wird. Die jungen Frauen erleben, wie ein Schiff namens „Demeter“ in einem schweren Unwetter den Hafen der Stadt erreicht. Die Mannschaft scheint bis auf den an das Steuer gebundenen toten Kapitän verschwunden zu sein, und im Augenblick der Landung im Hafen springt ein großer schwarzer Hund an Land und verschwindet. Aus dem Logbuch des Kapitäns erfährt man, dass sich offenbar "etwas" bzw. "ein fremder Mann" an Bord befunden habe und die Mannschaft Matrose für Matrose verschwand, bis nur noch der Kapitän übrig blieb.

Lucy erkrankt etwas später an einem starken Somnambulismus, und Mina bemerkt eines Tages zwei punktförmige Male am Hals ihrer Freundin. Lucy kehrt daraufhin nach Hillingham (in Hampstead, Stadtteil im Nordwesten Londons) in ihr Elternhaus, zurück. Ihr besorgter Bräutigam bittet seinen Freund und Mediziner Dr. John Seward sich um sie zu kümmern.

Mina bekommt daraufhin einen Brief aus einem Krankhaus in Budapest, in dem steht, dass sich Jonathan dort befindet. Er scheint psychisch schwer angeschlagen und ruft öfter nach ihr. Mina reist nach Budapest, heiratet dort Jonathan und kehrt mit ihm nach London zurück. In seinem Gepäck befindet sich sein Tagebuch. In diesem Tagebuch findet sich die Adresse zu dem Haus, das Dracula bezogen hat: Carfax Abbey in Plaistow (nordöstliche Ausläufer Londons).

Dr. Seward kümmert sich rührend um Lucy Westenra, weiß sich in Bezug auf ihre Krankheit aber keinen Rat und benachrichtigt daher seinen ehemaligen Lehrer, den vermeintlich holländischen Gelehrten Professor Abraham van Helsing. Das Spiel beginnt, als Van Helsing in Hillingham eintrifft um Lucy Westenra zu untersuchen.

Das Spiel:

Nachdem Van Helsing von einem der drei Hausmädchen in Hillingham eingelassen wurde, spricht er mit Dr. Seward über die Gesundheit Lucy Westenras. Dr. Seward informiert Van Helsing über seine bisherigen Behandlungsschritte, dann schaut sich Van Helsing Lucy an: Lucy ist auffallend blass und schwach. An ihrem Hals finden sich zwei kleine Male. Nachts schlafwandelt sie öfter. Schnell findet Van Helsing heraus, dass sich Ihr Zustand auf einen Aufenthalt in der kleinen Hafenstadt Whitby zurückführen lässt. Er erfährt außerdem, dass Lucy in Whitby von ihrer Freundin Wilhelmina „Mina“ Murray aus Exeter besucht wurde. Bevor sich die Mediziner zur Beratung zurückziehen, bittet Lucy Van Helsing, er möge sich auch einmal ihre Mutter ansehen. Van Helsing tut das und stellt fest, dass Lucys Mutter unter einem schwachen Herzen leidet. Jegliche Aufregung kann gefährlich für sie werden.

Van Helsing erzählt Dr. Seward, dass er Lucys Zustand bedenklich findet. Die beiden Männer beschließen, am nächsten Morgen einen Boten zu Mina zu schicken und sie zu bitten, auf einen Besuch vorbeizukommen. Die Männer hoffen, von ihr irgendwelche Einzelheiten des Aufenthaltes der beiden Frauen in Whitby zu erfahren.

Dann wachen die beiden Mediziner die ganze Nacht über am Bett Lucy Westenras. Lucy schläft unruhig und wälzt sich im Bett hin und her, sie schlafwandelt aber nicht. Van Helsing fällt auf, dass Lucy am Nachtgewand eine schwarze Brosche trägt. Er nimmt sie an sich und stellt fest, dass es sich um schwarze Pechkohle handelt, die in Silber gefasst wurde. Seine Kenntnisse im Bereich der Geologie lassen ihn assoziieren, dass derartiges Gestein seit römischen Zeiten in den Minen bei Whitby gefördert wurde.

Beim Frühstück befragen die Mediziner Lucy über die Brosche. Lucy erzählt, dass sie sie bei einem Strandspaziergang mit Mina in Whitby gefunden habe. Sie mag die Brosche und trägt sie oft. Van Helsing redet mit sanfter Bestimmtheit auf sie ein und überredet sie, eine Weile lang auf das Tragen der Brosche zu verzichten. Bei der Lektüre der aktuellen Zeitung erfahren sie, dass im Londoner Zoo ein Wolf aus seinem Gehege ausgebrochen ist und unentdeckt verschwinden konnte.

Nach dem Frühstück verziehen sich die Männer in ihre Zimmer. Die lange Nachtwache hat an ihren Kräften gezehrt und sie holen dringend notwendigen Schlaf nach.

Gegen Mittag erscheint Quincy Morris, einer der Verehrer Lucys. Lucy freut sich, dass er sie besucht, obwohl sie sein Werben vor einiger Zeit zurückgewiesen hat. Zu zweit machen Lucy und Quincy Morris einen Landausflug mit der Kutsche der Westenras.

Als sie wieder zurück sind, erwachen langsam die Mediziner aus ihrem Schlaf. Sie begrüßen Quincy Morris, daraufhin beschließt Van Helsing Lucy ein weiteres Mal zu untersuchen. Diesmal überprüft er alle möglichen Symptome im Zusammenhang mit seinen Kenntnissen über Vampire und kommt zu einem erschütternden Ergebnis: Lucy wurde von einem Vampir behelligt, ist sogar selbst auf dem Weg, zu einem Vampir zu werden. Noch ist es nicht soweit, vielleicht kann der Prozess auch gestoppt werden, die Lage ist aber ernst. Van Helsing eröffnet Lucy, dass es möglicherweise nötig sei, bei ihr eine Bluttransfusion vorzunehmen. Lucy antwortet daraufhin: „Fragt zuerst Arthur!“, was Van Helsing so auffasst, als wünsche sich Lucy ihren Verlobten als Spender. Van Helsing beginnt, den im Haus vorhandenen Knoblauch zusammenzutragen und an die Fenster zu hängen. Er versammelt außerdem alle Kruzifixe des Hauses in Lucys Schlafraum und nagelt sie dort an die Wand. Die irritierte Mutter Lucys bemerkt Van Helsings Vorgehen und fragt, ob Grund zur Sorge bestehe. Ihr schwaches Herz macht ihr zu schaffen. Van Helsing beruhigt sie.

Dann erscheint Arthur Holmwood, Lucys Verlobter. Er konnte sich für eine Weile von seinem kranken Vater lösen und besucht nun seine Verlobte. Die Szenerie, in die er hineinplatzt, besteht aus Lucy, die in ihrem Bett sitzt und eine Handarbeit anfertigt. Um Lucy herum sitzen ein unbekannter älterer Mediziner sowie seine beiden Freunde und Nebenbuhler Dr. Seward und Quincy Morris, letzterer erzählt zur Erbauung aller Anwesenden gruselige Abenteuergeschichten über Vampirfledermäuse von seinen Reisen nach Südamerika. Arthur Holmwood, der sich auf ein intimes Treffen zu zweit gefreut hat, reagiert etwas distanziert. Als ihm Van Helsing dann auch noch ohne weitere Erklärungen erzählt, dass er sich als Blutspender für Lucy zur Verfügung stellen soll, reagiert er gereizt. Er versteht Lucys Bitte, "Fragt zuerst Arthur!", als müsse er um Erlaubnis für die Bluttransfusion gebeten werden - und diese Erlaubnis ist er vorerst nicht bereit zu geben. Er lässt einen befreundeten Hausarzt aus der Nähe, einen gewissen Dr. Crawfish, kommen, um eine zweite Meinung zu erhalten. Die Bluttransfusion verzögert sich daraufhin um einige Stunden.

Gegen Abend trifft Mina vor Ort ein und begrüßt ihre alte Freundin Lucy. Noch etwas später erscheint Dr. Crawfish, der Arthur Holmwood von der Kompetenz Van Helsings zu überzeugen versucht. Er erzählt dem jungen Mann allerdings auch, dass eine Bluttransfusion keine Kleinigkeit ist und Gefahr für ihn und besonders für seine Braut mit sich bringt. Schließlich empfiehlt er ihm, sich im Klaren darüber zu werden, ob er Lucy liebt. Könne er diese Frage mit ja beantworten, halte er – Dr. Crawfish – es für Arthurs Pflicht, sein Blut für das Wohlergehen seiner Braut zu spenden. Noch immer zögert Holmwood, diesmal mit schlimmen Folgen: Lucy fühlt sich von ihrem Verlobten im Stich gelassen und weint sich hemmungslos an der Schulter ihrer Freundin Mina aus. Vor Zorn kochend stimmt Holmwood der Behandlungsmethode schließlich zu. Er stößt Warnungen gegenüber Van Helsing aus, den er zur Rechenschaft ziehen will, wenn bei der Transfusion irgendetwas schiefgehen sollte. Van Helsing reicht Holmwood einen Baldriantrank und behauptet, es sei ein blutförderndes Mittel. Holmwood erkennt aber die Verstellung in Van Helsings Stimme und schlägt ihm den Trank aus der Hand. Endlich kommt es zur Transfusion und Van Helsing macht seinem Ruf als Mediziner alle Ehre: der Eingriff gelingt problemlos und Lucy fällt in einen heilsamen Schlaf, dessen Ende alle Anwesenden gespannt erwarten. Die vier Männer organisieren Doppelwachen am Bett Lucy Westenras.

-

Das war ein aufwändig vorbereiteter Abend: Ich hatte Teile aus der Vorgeschichte für jeden Charakter einzeln herausgeschrieben. Ich wollte, dass jeder Charakter mit einem ganz eigenen Vorwissen in das Abenteuer einsteigt. Das Zusammentragen der unterschiedlichen Informationen habe ich als Teil des Abenteuers geplant. Und das war wirklich erfolgreich. Die Trennung von Spielerwissen und Charakterwissen hat nicht nur geklappt, sie hat den Spielern sogar offensichtlich großen Spaß gemacht und zu derart ausgiebigem Charakterspiel geführt, wie wir es in einer Gumshoe-Runde eigentlich noch nie hatten. Durch das Eintreffen der Charaktere nach und nach hatte jeder seinen eigenen Auftritt, und auch das hatte seine Wirkung. Ganz besonders spannend für mich war die Frage, wie sich die Handlung entfaltet. Ich selbst kenne Dracula inzwischen ganz gut, meine Spieler aber kaum. Abweichungen vom Romanverlauf ergeben sich hauptsächlich dadurch, dass die Spieler von Quincy Morris und Arthur Holmwood den viktorianischen Gentleman-Verhaltenskodex nicht als unantastbares Dogma ansehen. Ich finde das ganz in Ordnung. Nicht jeder ist vollkommen! So wirkt unser Quincy Morris auch nach der Verlobung von Lucy mit Arthur Holmwood noch immer interessiert an einer erotischen Erfahrung mit Lucy... wer weiß, was aus diesem Spiel mit dem Feuer noch entsteht? Holmwood schließlich hat offensichtlich etwas damit zu kämpfen, dass er sich nun auf eine Frau festgelegt hat und nicht mehr als einer der begehrtesten Aristokratensingles in der Region um London gilt. Für dieses Opfer scheint er im Gegenzug auch Opfer von Lucy einzufordern... und wenn seinen patriarchalischen Vorstellungen dann weitere Hindernisse entgegenstehen, dann bleibt von einem viktorianischen Kavalier nicht mehr viel übrig. Was da in der letzten Stunde im Zusammenhang mit der Bluttransfusion ausgespielt wurde, war in meinen Augen erstaunlich offensives Player-versus-Player – was in dieser Runde nie im Leben funktioniert hätte, wenn ich es darauf angelegt hätte. So erlebt man immer mal wieder Überraschungen. Ein Grund dafür, weiterzuspielen!

Nochmal Danke an Ludovico, Fezzik und LushWoods für euer Interesse. Ich schreibe diese Berichte mit doppelter Begeisterung, seit ich weiß, dass sie Leute gut finden.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 3.05.2018 | 13:31
Ich hab es jetzt komplett durchgelesen und Wow! Richtig geiles großes Kino!

Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht, denn immerhin will Dracula an Lucy ran, was er schlußendlich mit einem Wolf ja auch geschafft hat.

Wie läuft das beim Dracula Dossier übrigens mit den Schwächen und Eigenschaften der Vampire? Kann man diese auch frei festlegen wie im GRW oder sind die vorgegeben?
Ich find die Frage insofern wichtig, als dass Van Helsing Lucy mit Kreuzen und Knoblauch schützen will, ein Vampir nach GRW aber nicht zwangsläufig darauf reagiert.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 3.05.2018 | 19:58
Wenn Dracula das in unserem Spiel bei Lucy Westenra nicht schaffen sollte, dann werde ich ihm wohl ein anderes Opfer servieren. Im Dracula Dossier gibt es noch die junge Journalistin Kate Reed, die sich als alternatives Opfer eignet.

Dracula will nicht nur Lucy, er ist auch noch an Mina interessiert. In Stokers Roman gelingt ihm in dieser Richtung ein erster Schlag, das Schlimmste kann aber verhindert werden. Trotzdem reicht Draculas Annäherung an Mina aus, um zwischen Mina und ihm so eine Art psychisches Band zu knüpfen. Dieses Band hilft dann später Draculas Verfolgern über Van Helsings Hypnose ihrem Widersacher auf den Fersen zu bleiben. Auch das kann bei uns im Spiel ganz anders kommen. Zur Not habe ich aber auch noch ein Ersatzopfer für Mina. Ich werde trotzdem versuchen möglichst wenig Aktionen auf Nichtspielercharaktere zu verlagern.

Schon jetzt finde ich, dass meine Spieler erstaunlich oft ins Schwarze getroffen haben. Allein die Tatsache, dass Van Helsing ohne jede Einwirkung von mir Bluttransfusionen angeordnet hat, finde ich verblüffend.

Das Dracula Dossier gibt die Stärken und Schwächen der Vampire übrigens auch nicht vor. Es stellt allerdings als zusätzliche Möglichkeit die tellurischen Vampire vor. Das sind Vampire, deren Natur auf (sehr seltsamen) Bakterien aus dem Erdinneren beruht. Die tellurischen Vampire haben nichts Übernatürliches, ihre Stärken beruhen auf seltsamen Grenzwissenschaften, die hier gerade mal eben zu verbürgten Tatsachen erklärt werden. Ich fand das ganz attraktiv, denn am Anfang unserer Kampagne laufen eine ganze Menge Wissenschaftler durch die Gegend. Ein paar Dinge gehen nach dieser Annahme nicht mehr. Dracula hat keine Angst vor Kreuzen. Warum auch? Das sind Bakterien, keine satanischen Verbindungen! Dracula kann sich aber auch nicht mal eben in eine Fledermaus verwandeln. Die tellurischen Vampire besitzen wie die Vampirarten im Grundregelwerk so einen Vorschlagskatalog, aus dem man auswählen kann.

In unserer Runde bin ich davon ausgegangen, dass Van Helsing schon ein bisschen über Vampire weiß. Einiges davon ist korrekt, anders beruht auf alten Volksmärchen. Deshalb rede ich den Spielern ihre Kenntnisse über Vampire auch nicht aus. Wenn die Spielerin Van Helsings meint, er müsse in Lucys Zimmer Kreuze aufhängen, dann glaubt Van Helsing eben, dass das wirksam ist. Wahrscheinlich wird er später irgendwann erleben, dass er da falsch liegt.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 4.05.2018 | 10:46
Das scheint eine tolle Truppe zu sein.

Was tellurische Vampire angeht, weiß ich nicht so genau. Mal schaun!

So oder so muss ich Dir aber leider folgendes mitteilen:
Du musst hier weiterschreiben... unbedingt.  :)
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 11.05.2018 | 13:47
Against Dracula / 10. Sitzung
1894, Arthurs Schwäche

Beteiligte Agenten:
Dr. Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 71 Jahre)
Wilhelmina „Mina“ Murray (Hilfslehrerin, 21 Jahre)
Dr. John „Jack“ Seward (Irrenarzt, 29 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 27 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 30 Jahre)

(https://i.pinimg.com/originals/10/41/f2/1041f2aae0ff1e84e5034bd77c409822.jpg)
Arthur Holmwood

Die Nacht verstreicht ereignislos. Beim Brunch am nächsten Vormittag erreicht ein Mann das Haus. Es ist einer der Wächter aus dem Sanatorium von Dr. Seward, der berichtet, dass der Patient Renfield einen gewaltigen Tobsuchtsanfall hatte und die Anwesenheit des Doktors in der Anstalt daher wünschenswert sei. Seward fährt in der Kutsche, in der auch der Wächter hierhergekommen ist, in seine Anstalt zurück und erfährt auf dem Weg, dass Renfield darum gebeten habe, ein Kätzchen zu bekommen. Sewards Vertreter Patrick Hennessey hat abgelehnt, die Folge war der Tobsuchtsanfall. Im Sanatorium angekommen stellt er fest, dass sich Renfield wieder beruhigt hat. Er deponiert Spinnen mit ausgerissenen Beinen auf dem Fensterbrett seines vergitterten Fensters, um damit Spatzen anzulocken. Angeblich hätte er heute bereits einmal Erfolg gehabt. Renfield wiederholt Seward gegenüber seine Bitte, ein Kätzchen zu erhalten. Seward führt ein längeres Gespräch mit ihm und erfährt, dass Renfield sich da auf seine eigene verrückte Art und Weise eine Nahrungskette aufbaut. Er fängt Fliegen, um damit Spinnen zu ernähren, er reißt den Spinnen die Beine aus, um mit ihnen Spatzen zu ernähren. Will er mit den Spatzen sein Kätzchen ernähren? Und an was verfüttert er dann das Kätzchen? Dr. Seward kommt mit seinen Fragen nicht allzu weit, als er aber den Raum verlassen will, fällt ihm ein Notizbuch auf, das Renfield zwischen Rahmen und Matratze seines Bettes geklemmt hat. Renfield behauptet, es enthalte seine „geheimen Berechnungen“. Seward wirft einen Blick hinein. Das Büchlein enthält eine große Tabelle, deren vier Spalten mit den Überschriften „Fliegen“, „Spinnen“, „Sperlinge“ und „Katzen“ überschrieben sind. Darunter befinden sich irgendwelche Zahlenreihen. Seward bittet Renfield, diese Aufzeichnungen abschreiben zu dürfen. Und Renfiield stimmt zu „wenn es denn meiner Heilung zuträglich ist.“

Währenddessen lädt Arthur Holmwood die Anwesenden auf eine kleine Bootstour auf der Themse ein. Quincey Morris flirtet dabei ein wenig mit Lucy, Arthur hat trotzdem das Gefühl, dass Quinceys Bemühungen nie Arthurs Verlobung mit Lucy in Frage stellt. Er beschließt daher, sich ein wenig gönnerhaft zu zeigen.

Die Ausflugsgesellschaft kehrt gegen Abend nach Hillingham zurück und nimmt ein Abendessen ein. Danach gehen die Anwesenden getrennte Wege: Abraham Van Helsing stöbert im Keller in der Bibliothek der Westenras, Arthur Holmwood und Quincey Morris stoßen im Erdgeschoss ein paarmal auf ihre Freundschaft an und sprechen über Lucys „Krankheit“. Mina unterhält sich mit Lucy bei einer Handarbeit in ihrem Zimmer im ersten Stock.

In diese friedliche Situation platzt plötzlich Entsetzliches. Im Garten hinter dem Haus erklingt laut vernehmlich das Heulen eines Wolfes. Während Abraham Van Helsing zuallererst zu den Damen eilt um notfalls Lucy beschützen zu können, laufen Quincey Morris und Arthur Holmwood auf ihre Zimmer um sich zu bewaffnen. Die Damen selbst treten auf den Balkon vor Lucys Zimmer um das Geschehen im Garten beobachten zu können. Sie sehen aber nicht viel mehr als irgendwelche schattenhaften Bewegungen zwischen den Büschen. Arthur Holmwood stellt sich einen Moment zu den Damen auf den Balkon, Quincey Morris eilt nach unten in den Garten und nähert sich gemessenen Schrittes den Gebüschen. Plötzlich noch ein zweites Geräusch: klirrende Fensterscheiben im Erdgeschoss. Quincey Morris dreht sich um, kann aber nichts erkennen. Arthur Holmwood rennt nach unten und sieht, dass ein Fenster zum Zeichenatelier eingeschlagen wurde. Er stellt sich vor das Fenster und bewacht den Raum. Die Dienstmädchen des Hauses verlieren die Nerven und rufen in schrillsten Tönen um Hilfe. Abraham Van Helsing bleibt bei Lucy und Mina und verschließt Türen und Fenster von Lucys Schlafzimmer. Hin und wieder ist an unterschiedlichen Stellen im Gebüsch das laute Knurren des Wolfes zu hören. Dann ist es soweit: Quincey Morris muss sich in direkter Nachbarschaft zu ihm befinden und das wilde Tier springt ihn aus dem Gebüsch heraus an. Quincey Morris schießt, der Wolf schnappt nach seinem Bein. Während des Kampfes steigern zwei Ereignisse die Dramatik der Situation:

Zum einen verlassen zwei der drei Dienstmädchen schreiend das Haus und rennen auf ein nahes Wäldchen zu. Abraham Van Helsing ist entsetzt über die Gefahr, in die sich die jungen Mädchen begeben und rennt in den Schuppen. Er begegnet dort dem Knecht des Hauses, der sich dort versteckt hat und auch nicht gerade einer der Mutigsten ist. Van Helsing macht mit dem Knecht die Kutsche flott und nimmt die Verfolgung der Dienstmädchen auf. Nach einer Weile erreicht er die Mädchen, redet ihnen gut zu und bringt sie dazu, wieder in das Haus zurückzukehren. Allerdings hat Van Helsing dafür relativ viel Zeit benötigt.

Zum anderen ist von Lucys Zimmer aus deutlich zu hören, wie ihre Mutter angstvoll stöhnt. Die Geräusche der herzkranken Frau lassen das Schlimmste befürchten. Lucy bittet Mina, nach der Frau zu sehen. Mina erklärt sich bereit, schärft aber Lucy ein, das Zimmer während ihrer Abwesenheit gut zu verschließen. Dann lässt sie Lucy allein und kümmert sich um ihre Mutter. Dabei stellt sie fest, dass sie den Puls der Frau aus irgendwelchen Gründen nicht spüren kann. Vielleicht ist auch alles der Aufregung geschuldet, Minas medizinischen Kenntnisse sind elementar. Sie gibt ihr Bestes und verhindert möglicherweise auch einen schnellen Herzstillstand von Lucys Mutter, trotzdem schwebt die Frau noch immer zwischen Leben und Tod.

Im Garten trifft Quincey Morris mit seinem Gewehr zweimal den Wolf, allerdings verbeißt sich dieser gleichzeitig in sein Bein, woraufhin Morris ohnmächtig zu Boden geht. Es sieht nicht gut aus, da schießt Arthur Holmwood vom Zeichenatelier aus auf den Wolf, der nach diesem dritten Treffer schließlich von Morris ablässt und wieder in den Büschen verschwindet.

Eine Weile herrscht Ungewissheit: Ist die Gefahr gebannt? Schließlich kehrt Abraham Van Helsing mit den Dienstmädchen ins Haus zurück und beginnt mit den Aufräumarbeiten: Er versorgt zuerst Lucys Mutter, die in der Hand des erfahrenen Mediziners langsam wieder ins Leben zurückfindet. Dann versorgt er den ohnmächtigen Quincey Morris und schient sein Bein. Er weist den Knecht des Hauses an, das zerbrochene Fenster zum Zeichenatelier zu vernageln. Dann begibt er sich mit einer Laterne in den Garten und durchsucht das Gebüsch. Ein paar Minuten später findet er den verendeten Wolf. Es sieht fast so aus, als sei das Schlimmste überstanden, da fällt ihm Mina in die Arme und berichtet aufgeregt, Lucy öffne ihre Zimmertür nicht und antworte auch nicht auf ihre Rufe von außen.

Abraham Van Helsing läuft mit Arthur Holmwood und Mina ins erste Stockwerk. Arthur wirft sich einige Male gegen Lucys Zimmertür und kann sie schließlich aufbrechen. Lucy liegt ohnmächtig im Bett. Das Fenster ist geöffnet und unheilvoll flattern die Gardinen im nächtlichen Wind. Van Helsing untersucht Lucy und muss entsetzt feststellen, dass sie am Hals zwei neue Male besitzt. Für die Anwesenden ist das ein schwerer Schicksalsschlag. Van Helsing, Mina und der inzwischen herbeigehumpelte Quincey Morris versichern sich gegenseitig ihres Beistandes und verhindern so, dass das schreckliche Ereignis dauerhaften, psychischen Schaden in ihnen verursacht. Arthur Holmwood scheint allerdings angesichts der Tatsache, dass hier ein düsteres Wesen aus dem Reich der Mythologie seine Klauen nach seiner zukünftigen Frau und indirekt damit auch ihm selbst ausstreckt, aus der Bahn geworfen. Er verlässt erschüttert Lucys Schlafzimmer um seinen Geist mit einem Liter Whiskey zu betäuben und geht dann schlafen. Van Helsing bedeutet dem Knecht, auch Lucys Zimmerfenster zu vernageln. Dann kümmert er sich um Lucy und ordnet eine neue Bluttransfusion an, als Spenderin bietet sich diesmal Mina an. Auch diese Transfusion gelingt, worauf Van Helsing grübelnd bei Lucy Wache hält. In dieser Nacht will er sich mit Mina abwechseln. Während seiner Wache versucht er sich vorzustellen, wie ein Vampir durch das Fenster im ersten Stock ins Haus gelangen kann. Können Vampire fliegen?

Am nächsten Tag geht es Lucy schlecht. Sie atmet flach, Van Helsing ist besorgt. Arthur Holmwood verhält sich seltsam. Er nimmt nicht am gemeinsamen Frühstück teil, sondern lässt eine Kutsche kommen und kehrt zu seinem kranken Vater, Lord Godalming, in „Ring“ zurück. Dort bittet er den alten Mann, den Erzbischof kommen zu lassen. Der erstaunte Lord fragt sein Sprössling nach dem Grund und erfährt von den Ereignissen in Hillingham. Arthur gibt seinem Vater gegenüber an, Lucy nicht mehr heiraten zu können. Allen Geschichten über Vampire zufolge scheine sich Lucy nach und nach in einen solchen zu verwandeln. Der Gedanke, sich zu so einem Wesen ins eheliche Bett legen zu müssen sei ihm unerträglich. Er denke daher über einen Exorzismus nach, den der Erzbischof vornehmen soll. Wenn das zu keinem Erfolg führt, sei es wohl am besten, Lucy von ihrer unheiligen Existenz zu erlösen. Lord Godalming ist angesichts der Aussagen seines Sohnes erstaunt: Hat Arthur den Verstand verloren? Er fühlt Arthur noch etwas genauer auf den Zahn und erfährt von den beiden Medizinern, die sich um Lucy kümmern, woraufhin er beschließt, ein Gespräch mit diesen Männern zu führen. Ächzend setzt sich der kranke Lord Godalming in die Kutsche und befiehlt Arthur mitzukommen. Auf diesem Weg betrinkt sich Arthur Holmwood erneut... vor den besorgten Augen seines Vaters.

In Hillingham erreicht Mina ein Telegramm aus Exeter von Peter Hawkins: Minas Mann Jonathan Harker gehe es nicht gut und er frage nach ihr. Außerdem hoffe Peter Hawkins, dass Mina anstelle ihres Ehemannes ein paar Schreibaufgaben für ihn übernehmen könne. Da Peter Hawkins Jonathan Harker bereits als Erben seiner Rechtsanwaltskanzlei bestimmt hat, stehen die Harkers in gewisser Weise in seiner Schuld. Mina nimmt den Zug nach Exeter und erreicht am Abend ihr Ziel. Sie kümmert sich um ihren Mann und spricht mit Peter Hawkins, der ihr ein paar Briefe zum Kopieren gibt und ihr außerdem für alle Fälle einen Zweitschlüssel für die Kanzlei aushändigt. Mina beschließt noch etwas vor Ort zu bleiben und am nächsten Tag den Abendzug nach London zurück zu nehmen. Während dieser Zeit liest Mina das Tagebuch ihres Mannes, das dieser über seine Reise nach Siebenbürgen geschrieben hat. Sie erfährt von Jonathans Aufenthalt auf Burg Dracula, von den unheimlichen Umtrieben des Grafen und der übrigen Bewohner und von seiner Flucht. Besonders beunruhigend sind aber die einleitenden Worte: Jonathan berichtet hier davon, dass Graf Dracula seinen Chef Peter Hawkins mit dem Kauf eines Hauses in London beauftragt hat. Jonathan entdeckte auf Burg Dracula auch, dass der Burgherr tagsüber in einer mit Erde gefüllten Kiste liegt, die gegen Ende seines Aufenthaltes mit 49 weiteren, ähnlichen Kisten auf einem Schiff namens „Demeter“ nach England gebracht wurde.

Mittags kehrt Dr. Seward nach Hillingham zurück und berichtet von seinen Erlebnissen mit Renfield. Noch später erreicht Lord Godalming mit dem betrunkenen Arthur das Haus. Er führt ein Gespräch mit Van Helsing und Dr. Seward über Lucys Zustand und erfährt von ihrem kritischen Zustand, er erfährt aber auch, dass noch Hoffnung auf Heilung besteht. Abraham Van Helsing spricht mit Lord Godalming offen über Vampirismus, Dr. Seward äußert sich da zurückhaltender. Lord Godalming weiß nicht, was er davon halten soll, aber die mögliche Aussicht auf eine Heilung Lucys entscheidet schließlich über sein weiteres Vorgehen. Er geht zu seinem Sohn und nimmt ihn ins Gebet: Da kommt die Frau, mit der er sich verlobt hat, ohne eigenes Verschulden zu Schaden und obwohl noch Hoffnung besteht, beschließt Arthur, sich von ihr abzuwenden? Das ist ein verabscheuungswürdiges Verhalten! Arthur solle vielmehr alles tun, um seine Anvertraute zu retten! Aber Arthur scheint nicht überzeugt zu sein. Er erklärt mit schwerer Zunge, dass er selbst nach einer angeblichen „Heilung“ während seiner ganzen Ehe neben Lucy im Ehebett liegen werde, ohne Gewissheit zu haben, ob nicht doch noch irgendein Funken einer unheiligen, bösartigen Existenz in ihr steckt. Da sei es in seinen Augen doch das Beste, man erlöse die Frau. Während dieser Worte fingert Arthur an einem großen Messer herum. Lord Godalming befürchtet, dass sich Arthur in seiner Stimmung auch noch eines Verbrechens schuldig machen könnte und fährt mit ihm zurück nach „Ring“. Er befiehlt seinen Dienern, keinen Alkohol an Arthur mehr auszuhändigen und will mit seinem Sohn noch einmal am nächsten Tag reden, wenn dieser wieder bei klarem Verstand ist.

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Tja... der eine großartige Moment dieser Sitzung war wohl der Angriff Draculas auf Lucys Haus. Obwohl es mir die Spieler mit ihrer Bewachung von Lucy nicht leicht gemacht haben, ist Dracula schließlich an sein Ziel gelangt. Er kann mit seiner übernatürlichen Stärke bis auf den Balkon im ersten Stock springen und dann dort das Fenster aufziehen. Damit hat er gewartet, bis alle Anwesenden aufgrund anderer Aufgaben das Zimmer verlassen haben. Letztlich war es dann doch leichter als gedacht, man musste den Charakteren nur genug zu tun geben. Einmal am Ziel hat er Lucy mit seinem eigenen Blut infiziert. Sie untersteht damit jetzt auch seiner Kontrolle, was es mir zukünftig etwas leichter machen wird.

Der zweite großartige Moment war natürlich der schwach werdende Arthur, der seine nervliche Zerrüttung ganz gut ins Spiel eingebracht hat. Bei Bram Stoker ist es ja so, dass Van Helsing die anderen von der Notwendigkeit überzeugt, Lucy müsse „erlöst“ werden. Es sieht so aus, als übernehme in unserer Runde Arthur diese Aufgabe. Aber noch ist es nicht ganz so weit. Lucy steht noch ein Besuch des Vampirs bevor.

Spannend wird auch, was geschieht, wenn Mina mit neuen Informationen aus Exeter wieder zurückkommt. Wenn die Spieler dann alle Informatioen zusammen nehmen, könnten sie wie im Roman auf die Idee kommen, sich mal in Draculas Unterkünften nach diesen Särgen mit Erde umzusehen.

@ Ludovico: Die Gruppe war mir in der Vergangenheit ehrlich gesagt oft ein bisschen zu passiv und lahm. Bei dieser Kampagne funktioniert das Ganze aber doch besser als sonst. Vielleicht liegt das sogar an uns selbst. Wir wissen inzwischen, dass wir uns nicht mehr gegenseitig ändern werden. Ich beginne hier aber jedenfalls die unterschiedlichen Spielertypen mit ihren individuellen Interessen auch als Vorteil zu sehen... und habe sichtlich mehr Spaß an der Angelegenheit als bei vielem, was zuvor gelaufen ist.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 16.05.2018 | 09:12
Wow! Den Dreh hast Du super hingekriegt. Inwiefern unterstützt einen das Directors Handbook bei solchen Twists oder war das frei improvisiert?

Und wenn man das vergleicht mit Dracula Unredacted, dann passt das immer noch super rein.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 16.05.2018 | 15:20
Das Directors Handbook macht ein paar Plotvorschläge und gibt dem Spielleiter Werkzeuge in die Hand. Es betreibt aber kein Railroading.
Du bekommst also erzählt, was für besondere Fähigkeiten Dracula hat, kriegst ein paar Stats von ihm und seinen Unterstützern und dann gibt´s ein paar Überlegungen zu einem dramatischen Kampagnenaufbau, bei denen sich sicherlich auch irgendwo so etwas wie "Dracula infiziert einen Freund" findet. Genauer wird´s aber nicht. Das Director´s Handbook gibt keine Tipps, was man als Spielleiter machen kann, um Lucy doch noch eine Infektion zu verpassen, selbst wenn die Aktionen der Spieler das eigentlich nicht zulassen. Das ist auch für mich das Spannende. Es gibt keine Erfolgsgarantie für das, was ich da einfädele.

Ich habe mir vorher ein paar Strategien Draculas überlegt, die ich flexibel einsetzen wollte. Die Prämisse war: Ein Opfer infizieren, aber wenigstens im Moment nach Möglichkeit noch eine direkte Konfrontation Draculas mit den Charakteren vermeiden.
Der Wolf war im Voraus geplant, auch die Abwesenheit von Dr. Seward habe ich mir schon im Voraus überlegt.
Als ich dann aber gesehen habe, dass Mina und Abraham Van Helsing möglicherweise während der ganzen Aktion einfach nur an Lucys Bett bleiben und Quincey Morris und Arthur Holmwood die ganze Arbeit machen lassen, habe ich ein bisschen aufgedreht: Die sowieso schon panischen Dienstmädchen waren plötzlich so panisch, dass man sich um sie kümmern musste und die sowieso schon herzkranke Mutter war plötzlich so herzkrank, dass man sie retten musste.

Es gibt immer alternative Möglichkeiten. Ich hatte mir beispielsweise zwischendrin kurz überlegt, ob sich Dracula, wenn Mina bei Lucy bleibt, nicht einfach stattdessen Lucys Mutter greift. Das wäre eine hübsche Überraschung geworden!
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 31.05.2018 | 13:13
Danke für die Ausführungen!
Das klingt schon, als wenn man als SL einiges an Arbeit reinstecken muss. Aber mit der richtigen Truppe, kann sich das scheinbar sehr lohnen.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 17.06.2018 | 22:43
Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 22.06.2018 | 17:50
Against Dracula / 11. Sitzung
1894, Dracula schlägt zu

Beteiligte Agenten:
Dr. Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 71 Jahre)
Wilhelmina „Mina“ Murray (Hilfslehrerin, 21 Jahre)
Dr. John „Jack“ Seward (Irrenarzt, 29 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 27 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 30 Jahre)

(https://i.pinimg.com/236x/d5/07/22/d50722301906de7d9265b58f0f52dcf0.jpg)
Mausoleum der Familie Westenra

Am nächsten Morgen spricht Lord Godalming mit seinem Sohn Arthur Holmwood. Arthur kann seinem Vater deutlich machen, dass für ihn eine Heirat mit Lucy Westenra nicht mehr in Frage kommt. Allerdings fällt es Lord Godalming immer noch schwer, Arthurs Worten über Dämonen und Vampire Glauben zu schenken. Besonders bedenklich scheint ihm die nicht mehr zu übersehende handfeste Paranoia zu sein, in die sich sein Sohn immer tiefer hineinmanövriert. Arthur kündigt an, einen Tag verschnaufen zu wollen, dann werde er zurück nach Hillingham ins Haus der Westenras fahren, um sich mit seinen Freunden Quincey Morris und Jack Seward über das weitere Vorgehen zu besprechen.

In Hillingham werden in der Zwischenzeit weitere Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Ein Dienstmädchen wird dazu abkommandiert entweder in Lucys Zimmer zu wachen oder aber wenigstens vor ihrer Tür Posten zu beziehen.

Am späten Nachmittag besteigt Mina den Zug von Exeter zurück nach London und macht eine unangenehme Erfahrung. An einer der letzten Haltestellen vor London steigt ein Fremder in ihr Abteil, in dem sie bisher alleine saß. Er holt aus einer Tasche ein Vorhängeschloss und lässt es um den Türgriff herum zuschnappen. Dann öffnet er seine Tasche, holt zwei Gläser und eine Flasche Rotwein hervor, entkorkt letztere und gießt die Gläser voll. Schließlich holt er ein kleines Messer aus der Tasche, ritzt sein Handgelenk, lässt in eines der Gläser drei Blutstropfen träufeln und drückt es Mina in die Hand. In galantem Gesprächston fordert er Mina daraufhin auf, mit ihm anzustoßen. Mina will zunächst wissen, mit wem sie es überhaupt zu tun hat. Ihre Bekanntschaft entschuldigt sich für ihre Unhöflichkeit und gibt an, Graf Dracula zu sein. Mina lehnt zunächst ab, mit Dracula anzustoßen. Dracula will wissen warum. Mina sagt, ihr gefalle das Vorhängeschloss an der Tür nicht. Dracula antwortet, es verschwinde sicherlich, wenn Mina mit ihm angestoßen habe. Mina will daraufhin wissen, was Dracula mit ihr vorhabe. Sie bekommt die Antwort, dass Dracula sich eine nähere Verbindung – eine Art Blutsbrüderschaft zwischen ihr und ihm wünsche. Mina antwortet, dass sie diesen Wunsch nicht erwidere. Sie macht Dracula ein paar Vorhaltungen und erzählt ihm ein paar Details aus dem Tagebuch ihres Mannes, Jonathan Harker. Dracula lächelt milde und erklärt ihr, dass diese Schilderungen auf Einbildungen beruhen und Jonathan bereits bei seiner Ankunft auf Burg Dracula psychisch angegriffen gewesen sei... aber Mina ist weiterhin störrisch und weigert sich, mit Dracula anzustoßen. Dracula geht daraufhin zu offenen Drohungen über. Er erzählt Mina, der Rotwein sei die sicherste Möglichkeit, sich gegen solche hässlichen Wundmale am Hals zu schützen, wie sie ihre Freundin Luca Westenra inzwischen trage. Schließlich fügt sich Mina in ihr Schicksal. Zunächst nimmt sie nur Wein in den Mund, den sie anschließend wieder ins Glas zurückgibt. Dracula aber passt auf und mahnt, sie müsse schon richtig trinken. Nur so sei der Schutz wirksam. Endlich trinkt Mina. Nach ein paar weiteren Minuten gepflegter Konversation verlassen beide an der Endhaltestelle in London den Zug und gehen getrennte Wege.

Mina kehrt daraufhin nach Hillingham zurück. Van Helsing, Quincey Morris und Dr. Seward setzen sich mit ihr ins Wohnzimmer im Erdgeschoss und Mina berichtet. Zunächst erzählt sie vom Immobilienkauf Draculas. Im Tagebuch ihres Mannes findet sich sogar die Adresse. Es stellt sich heraus, dass das Haus direkt an das Grundstück von Dr. Sewards Sanatorium grenzt. Es kommt auch zur Sprache, dass Dracula wohl auf der „Demeter“ von Rumänien aus nach Whitby gesegelt ist und offensichtlich schon kurz nach seiner Ankunft in England Lucy begegnet ist. Dr. Seward wundert sich ein wenig, warum jemand, der nach London reist, ausgerechnet im entfernten Whitby anlegt. Das Rätsel bleibt zunächst ungelöst. Dafür finden zwei weitere Puzzlestücke zueinander: Laut Jonathan Harkers Tagebuch schlief Graf Dracula tagsüber in seiner Burg in einer sargähnlichen Kiste, die mit Erde gefüllt war. 50 dieser Kisten wurden mit dem Grafen selbst auf der Demeter nach England transportiert. Dr. Seward kann von einem Vorfall berichten, bei dem sein Patient Renfield aus dem Fenster seiner Zelle sprang, um zwei Arbeiter eines Speditionsunternehmens anzugreifen. Die beiden Männer transportierten sargähnliche Kisten, die sie von Draculas neuem Heim abgeholt hatten. Schließlich erzählt Mina auch von ihrer unheimlichen Begegnung mit dem Grafen im Zug. Van Helsing wittert neues Unheil. Er berichtet von einigen Erzählungen, in denen Vampirismus wie eine Art Infektion dargestellt wird. Wenn das stimme, dann sei eine derartige Übertragung vielleicht nicht nur per Biss, sondern auch über den Konsum von Vampirblut möglich.

Kaum hat Mina ihren Bericht beendet, da erschüttert ein weiterer Schlag das Haus. Ein lautes Krachen ist zu hören, das allen Anwesenden die Haare zu Berge stehen lässt. Quincey Morris will nach dem Rechten sehen und öffnet die Tür, woraufhin ein Rattenschwarm ins Zimmer strömt. Van Helsing schnappt sich die beiden in der Nähe befindlichen Dienstmädchen und Mina und macht sich mit ihnen auf dem Weg ins erste Stockwerk. Quincey Morris feuert mit seinem Revolver auf die Ratten während Dr. Seward mit einem Schürhaken in weiten Ausholbewegungen die Rattenplage zu zerstreuen versucht. Die beiden Männer kämpfen effektiv und gut. Van Helsing muss mit den Frauen allerdings direkt durch den Rattenschwarm hindurch. Auch ihnen geschieht nichts, es dauert aber eine Weile, bis sie die Gefahr umgangen haben. Irgendwann lässt die Aggressivität der Ratten nach und die Tiere zerstreuen sich.

Im ersten Stock erreicht die Gruppe Lucys Zimmer. Vor der Tür steht das dritte Zimmermädchen, das angsterfüllt fragt, was denn im Erdgeschoss vor sich ginge. Van Helsing antwortet nicht, sondern öffnet entschlossen die Tür. Lucy befindet sich nicht im Bett. Mina wendet sich daraufhin sofort der angrenzenden Toilette zu. Die Tür ist abgeschlossen. Mit einer Haarnadel versucht sie daraufhin die Tür zu öffnen. Auch das dauert einen Moment, irgendwann gelingt es aber.

In der Toilette liegt Lucy auf dem Boden. Zwei neue Male sind an ihrem Hals zu erkennen. Ihr Körper enthält keinen Tropfen Blut mehr. Lucy ist tot. Van Helsing untersucht den Tatort und stellt fest, dass das Fenster des Raums von innen geöffnet wurde. Lucy hat ihren Mörder selbst hineingelassen. Van Helsing schickt die Dienstmädchen und Mina weg. Er behauptet, er wolle den Leichnam noch einmal genau untersuchen, das sei kein Anblick für Frauen. Allein mit Lucys Leichnam entnimmt Van Helsing seiner Arzttasche einen hölzernen Pflock und einen Hammer, mit dem er den Pflock durch Lucys Herz treibt. Dr. Seward und Quincey Morris sind angesichts der neuesten Entwicklungen ratlos. Der Verlust der eigenen Tochter hat auch Lucys Mutter an den Rand ihrer Existenz gebracht. Die herzkranke Frau verkraftet die Aufregung nur dank des medizinischen Beistands von Van Helsing. Allgemein sind die Anwesenden der Meinung, dass man Draculas neuem Heim bei Gelegenheit einen Besuch abstatten sollte. Van Helsing besteht darauf, dass Lucy möglichst bald bestattet werden sollte. Erschöpft gehen die Anwesenden zu Bett.

Am nächsten Tag unterrichtet Van Helsing zuerst den Gemeindepfarrer vom Tod Lucys. Der Mann kündigt eine Beisetzung in frühestens zwei Tagen an. Das ist Van Helsing zu langsam. Er beschließt eine Beisetzung auf eigene Faust durchzuführen. Wo aber soll diese stattfinden? Lucys Mutter ist der Ansicht, einer Braut gebühre eine Beisetzung in der Familiengruft ihres Bräutigams. Van Helsing, den paranoiden Arthur Holmwood vor Augen, kann ihr das ausreden. Man einigt sich auf das Mausoleum der Westenras im kleinen Kirchhof der Kirche von St. Mary´s in Hendon. Eine Handvoll in der Nähe wohnender Freunde und Verwandter werden informiert, ein Sarg wird gekauft. Van Helsing verbringt die Zeit bis zur Tat damit, sich neue Pflöcke anzufertigen.

Am frühen Nachmittag kehrt Arthur Holmwood zurück. Er nimmt an der Beisetzung teil. Lucys Sarg wird in einen Sarkophag im Mausoleum der Westenras gebettet. Einer der Trauergäste ist allerdings auf ein kurzes Gespräch mit Van Helsing aus. Es ist ein Mitglied des Gentleman-Clubs Edom. Er spricht: „Van Helsing, du weißt, dass die britische Regierung einen Vampir als Geheimwaffe haben möchte. Warum bestattest du jetzt ein Opfer, das so ein Vampir hätte werden können?“ Van Helsing erwidert: „Die Antwort lautet: Dracula. Britannien braucht nicht irgendeinen Vampir, Britannien braucht den besten: Dracula. Ich werde ihn besorgen.“ Der Mann aus dem Edom-Club antwortet ihm: „Gut, Van Helsing. Ich wünsche euch Erfolg. Man setzt großes Vertrauen in euch... noch!“

Wieder zurück in Hillingham kommt es nach dem Abschied der letzten Trauergäste zu einer Aussprache, bei der deutlich wird, wie getrieben Arthur mittlerweile ist. Er ist völlig gefangen von der Gefahr des Vampirismus und möchte Lucy am besten zusätzlich noch vierteilen und verbrennen. Er erfährt auch von Minas Erlebnis mit Graf Dracula im Zug. Mina scheint in seinen Augen die nächste Gefahr zu sein. Arthur würde sie am liebsten auch umbringen, wenigstens aber soll man sie fesseln und knebeln. Als niederschwelligste Maßnahme besteht er darauf, in ihrer Gegenwart nichts mehr über die Pläne der Gruppe hinsichtlich Draculas zu sprechen. Immerhin deute die „nähere Verbindung“ – die Blutsbrüderschaft zwischen Dracula und Mina – darauf hin, dass Dracula möglicherweise irgendwie Zugang zu Minas Geist hat. Zumindest auf den letzten Punkt können sich die Charaktere einigen: Sie beschließen Mina nicht mehr in ihre Pläne einzuweihen. Sogar Mina selbst ist damit einverstanden – sie ist alles andere als glücklich über das, was mit ihr geschehen ist.

Danach beschließt die Gruppe, ihren Stützpunkt zu wechseln. Sie ziehen ins Sanatorium von Dr. Seward um. Die Anstalt ist immerhin direkt der neuen Heimat Draculas benachbart. Man erhofft sich ein paar aufschlussreiche Beobachtungen. Es scheint auch der richtige Stützpunkt für eine Expedition in das Haus Draculas.

Als die Charaktere in Dr. Sewards Anstalt ankommen, werden sie aber zunächst mit einem anderen Ereignis konfrontiert. Patrick Hennessey, Dr. Sewards Stellvertreter, informiert die Ankömmlinge über die neuesten Ereignisse: Der Patient Renfield ist entflohen! Er habe sich lange Zeit ruhig verhalten und dadurch möglicherweise die Sanatoriumsaufsicht getäuscht. Als dann aber ein Wärter seine Zelle betrat, sei er unvorhersehbar schnell auf den Mann zugesprungen, habe ihn überrumpelt und sei von dannen gerannt. Dabei habe er unentwegt „Das Blut ist das Leben!“ gebrüllt. Er sei auf das alte Haus in der Nachbarschaft – Draculas neues Heim – zugesteuert, dann habe man ihn aber aus den Augen verloren. Auf ein Klopfen hin, habe dort niemand geöffnet.

Dr. Seward bekommt von seinen Mitarbeitern noch etwas anderes Interessantes gezeigt. Renfield hat in seiner Zelle die Fugen der kleinen, quadratischen Bodenfliesen bearbeitet. Er hat offensichtlich die Fugenmasse des Umfangs eines Bereichs von 27 x 27 Fliesen herausgekratzt. Bei einer Fliese, ganz in der Ecke des Bereichs, wurde die gesamte Fugenmasse herausgekratzt. Mina entfernt die Fliese und stellt fest, dass jemand mit Erde o. ä. auf die Rückseite „Das Blut ist das Leben“ notiert hat. Die Sitzung endet mit einem tief in Gedanken versunkenen Dr. Seward. Alle sind sich einig, dass als nächster Schritt eine Nachforschung im benachbarten Haus ansteht – vordergründig geht es dabei  um den Verbleib Renfields... eigentlich geht es dabei aber wohl eher um das Ausspionieren des Gegners.

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Beide brenzlichen Situationen (Mina im Zug, Lucys Tod) sind problemlos geglückt. In dieser Hinsicht ist alles klar. Ein wenig Bedenken habe ich noch hinsichtlich Arthurs Paranoia. Sein Spieler fühlt sich ganz wohl in der Rolle des verwöhnten Adligensöhnchens und hat dieses Mal mehrfach kundgetan, dass er Network dafür nutzen möchte, Meuchelmörder, Killer und Vampirjäger zu engagieren, auf dass diese in Draculas Haus eindringen und den Vampir ausschalten sollen. Seinen Vorstellungen zufolge werden dabei dann massenhaft Explosivstoffe gezündet und das ganze Haus Draculas fliegt in die Luft. Im Moment wird Arthur bei seinen Panikreaktionen noch von seinen Kameraden gebremst („...es ist übrigens strafbar, mitten in London ein Haus in die Luft zu sprengen“), aber wer weiß, wo das noch hinführt. Über eine Angelegenheit bin ich aber sehr froh: Die Spieler haben das Ruder in die Hand genommen! Statt der Verteidigungsbastion „Hillingham“ haben sie sich jetzt für den Brückenkopf „Sewards Anstalt“ entschieden. Ich starte mit den denkbar besten Voraussetzungen in die nächste Runde: den Stress, den ich den Spielern machen wollte, habe ich durchgesetzt, sie haben auch gebührend Respekt vor der Skrupellosigkeit Draculas und daher wird es Zeit, dass sie jetzt Eigeninitiative zeigen und Gegenmaßnahmen planen.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 20.07.2018 | 12:04
Against Dracula / 12. Sitzung
1894, In uralten Gemäuern

Beteiligte Agenten:
Dr. Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 71 Jahre)
Wilhelmina „Mina“ Murray (Hilfslehrerin, 21 Jahre)
Dr. John „Jack“ Seward (Irrenarzt, 29 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 27 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 30 Jahre)

(https://www.bo.de/sites/default/files/styles/688x384/public/field/image/file6wkf0czwmwifh5df1v2.jpg?itok=gLmLPBk6)
Gewölbe mit Draculas Tresor

Die Sitzung beginnt in Dr. Sewards Anstalt mit dem Frühstück am kommenden Tag. Wieder beraten die Charaktere, wie es weiter geht. Dabei dürfen inzwischen aber in Anwesenheit Minas keine entscheidenden Informationen preisgegeben werden, weil die Angst vor der geistigen Verbindung Draculas zu Mina zu groß ist. Mina schweigt während der Beratung. Lediglich ihre geschürzten Lippen deuten darauf hin, dass ihr die Situation, nun als Gefahrenquelle behandelt zu werden, nicht leicht fällt. Während Dr. Seward, Dr. Van Helsing und Quincey Morris beschließen sich das nahe gelegene Haus Draculas einmal genauer anzusehen, entwickelt Arthur Holmwood seine Paranoia einen entscheidenden Schritt weiter: Er äußert den Wunsch, das gesamte Haus mit einem Haufen Dynamit in die Luft zu sprengen. Kopfschüttelnd lassen die übrigen ab von ihm.

Arthur Holmwood verlässt Dr. Sewards Anstalt, mietet eine Kutsche und fährt nach Leeds. Dort unterhält seine Familie eine Steinkohlemine. Arthur spricht dort mit dem leitenden Bergbauingenieur Henry Smith, erzählt ihm sogar von der Vampirgefahr und überredet ihn, möglichst viele Stangen Dynamit mitzunehmen und ihn dabei zu unterstützen, in London das Wohnhaus eines Vampirs in die Luft zu jagen. Henry Smith ist ein loyaler Gefolgsmann der Holmwoods, aber er fragt dann doch noch einige Male nach: Vampire? Das hat für ihn denselben Wahrheitsgehalt wir Rotkäppchen! Ein Haus in die Luft sprengen, mitten in London? Das gefährdet doch sicherlich Unschuldige! Es hilft ihm nichts: Arthur Holmwood besteht auf seine Loyalität und behauptet immer wieder, das von ihm vorgeschlagene Vorgehen stelle das geringste Übel dar. Smith ist sich über Arthurs Geisteszustand nicht restlos im Klaren, da er aber erkennt, dass er ohne Weiteres nicht mehr herausfinden wird, stimmt er unter einer Bedingung zu: Arthur Holmwood soll ihm einen schriftlichen Auftrag für die Sprengung des Hauses ausstellen. Holmwood tut es, woraufhin die beiden Männer sich in Richtung London in Bewegung setzen. Es dauert knapp zwei Tage, bis Arthur Holmwood wieder zurück ist.

Nach dem Abschied von Arthur Holmwood begeben sich Dr. Abraham Van Helsing, Dr. John Seward und Quincey Morris zu Draculas neu erworbenem Haus. Der Plan sieht vor, vorgeblich den entflohenen Renfield wieder einfangen zu wollen, dessen Spur nach seiner Flucht ja am betreffenden Haus verloren ging. Draculas neue Wohnung sieht auf den ersten Blick wenig eindrucksvoll aus. Es ist ein unscheinbares Reihenhaus aus Backsteinen.

Die drei Männer klopfen an die Tür und werden mit Renfield selbst konfrontiert, der auf der anderen Seite der Tür steht und davon spricht, dass es sicher nicht empfehlenswert sei, Dr. Seward in das Haus des Meisters einzulassen. Dr. Seward packt daraufhin das ganz große Drama aus: Er sei gekommen, weil er Renfield verstehen wolle. Er habe begriffen, dass Renfield eine Botschaft habe und sei bereit, von ihm zu lernen. Dieses Stück Holz zwischen ihnen erschwere eine erfolgreiche Kommunikation schlicht und einfach. Nach langer Zeit öffnet Renfield die Tür. Er führt die drei Männer in das Wohnzimmer des kleinen Hauses und bietet ihnen einen Platz auf dem Sofa an. Dr. Seward zieht daraufhin eine Betäubungsspritze aus der Tasche und versucht sie Renfield in den Hals zu rammen. Renfield aber hat seine Gerissenheit noch längst nicht völlig aufgegeben. Er ist auf der Hut, springt zur Seite und rennt, an allen drei Männern vorbei, aus dem Haus. Niemand ist imstande ihm zu folgen. Die Männer lassen ihn wohl oder übel ziehen.

Daraufhin untersuchen sie das Haus. Das Erdgeschoss bietet wenig Überraschungen. Vor dem Abstieg in den Keller entzündet Abraham Van Helsing einen Kerzenleuchter und trägt ihn vor sich her, trotzdem finden die drei Männer auch hier zunächst nichts Auffälliges. Irgendwann aber entdeckt Quincey Morris, dass ein Regal im Vorratsraum sich drehen lässt. Dahinter befindet sich eine Treppe, die in noch tiefere Kellergewölbe hinabführt. Der Abstieg vermittelt den Männern das Gefühl, in viel ältere Zeiten Londons einzutauchen. Der erste, noch nicht ganz so aufsehenerregende Raum, enthält nichts weiter als einen massiven Sicherheitsschrank. Quincey Morris, der für alle Fälle eine Stange Dynamit dabei hat, fixiert die Sprengladung und knackt mit einem gewaltigen Lärm den Tresor. Die Charaktere blicken auf einen Batzen Geld in unterschiedlichster Währung: Dollar, Pfund, Deutsche Mark, Rumänische Lei. Quincey greift sich zumindest die Dollar und Pfund.

Der Raum besitzt zwei Durchgänge zu weiteren Örtlichkeiten. Die Männer wenden sich nach links, und durchqueren erstmal eine Weile lang uralte mittelalterliche Gewölbe. Schnell wird ihnen klar, dass das nicht mehr der Keller des kleinen Reihenhauses ist, das sie vor kurzem betreten haben. Es sind mittelalterliche Gewölbe, die sich mindestens unter einem gesamten Häuserblock entlang ziehen.

Einige Räume weiter stoßen sie schließlich auf einen tiefer liegenden Raum, der geflutet ist. Mit etwas Mühe ist zu erkennen, dass sich zur Linken ein mit Mörtel verkleideter niedriger Tunnel befindet. Er liegt etwas höher als die Wasseroberfläche, ist also halbwegs trocken. Um dorthin zu gelangen müsste man allerdings durch den gefluteten Raum schwimmen. Zunächst haben die drei Männer keine Lust sich nass zu machen, kehren zum ersten Gewölbekeller zurück und versuchen es mit dem zweiten Ausgang.

Auch hier durchqueren sie zunächst mittelalterliche Gewölbe. Schließlich will Abraham Van Helsing eine Tür öffnen und hört beim Betätigen der Klinke, dass im dahinter liegenden Raum das Knurren eines wilden Tieres zu hören ist. Dr. Seward holt sich eine Holzlatte aus den Vorratskellern des Hauses, Quincey Morris macht sich bereit, Van Helsing stößt die Tür auf und ein Wolf stürzt auf die Männer zu. Der Wolf wird relativ schnell erledigt, kann aber Qunicey Morris noch eine empfindliche Verletzung zufügen, die zunächst einmal die medizinische Versorgung Dr. Van Helsings bedarf.

Nach einigen weiteren Gewölben und Kerkerzellen stoßen die Männer auf einen Raum, der völlig mit einer braunroten Farbe gestrichen wurde. Es scheint eine alte Krypta zu sein und sie enthält eine Menge sargähnlicher Holzkisten. Die Männer überkommt eine ungute Vorahnung und sie handeln deshalb vorsichtig. Zunächst wird vermieden, den Raum zu betreten. Quincey Morris benutzt ein Seil als Lasso und zieht eine der Kisten näher an sich heran. Er öffnet sie und stellt fest, dass sie Erde enthält, ansonsten aber leer ist. Dr. Seward kratzt ein wenig an der Bemalung des Raumes und stellt dann fest, dass es sich nicht um Blut handelt, die Farbmischung auf den Wänden ähnelt rein optisch Blut aber sehr. Abraham Van Helsing entdeckt außerdem noch einen Hinterausgang aus dem Raum.

Die Charaktere werden unsicher, wie sie weiter verfahren sollen. Sie begeben sich zurück in den überfluteten Raum, schwimmen zu dem Tunnel und kriechen tief in ihn hinein. Dabei stoßen sie einzig und allein auf Ratten. Quincey Morris gibt ein paar Schüsse in Richtung der Tiere ab, dann treten die Männer den Rückzug an.

Schließlich wird der braunrote Raum doch untersucht. Quincey Morris klappt alle Deckel der Holzkisten auf und stellt fest, dass sie allesamt Erde (und sonst nichts) enthalten. Es stellt sich heraus, dass es sich lediglich um 28 Kisten (nicht um die erwarteten 50 Kisten) handelt. Außerdem entdecken die Charaktere noch einen weiteren Ausgang aus der Krypta, die in die Tiefe führt und schon bald von Wasser geflutet ist. Die drei Männer vermuten, dass ein Tauchgang hier möglicherweise in den gefluteten Raum führen könnte.

Abraham Van Helsing kann schließlich auf seinen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Er erinnert sich an Sagen und Märchen, in denen davon die Rede ist, Vampire schliefen bevorzugt auf Heimaterde. Die drei Männer kippen daraufhin den gesamten Inhalt der Holzkisten in den naheliegenden überfluteten Bereich des Gewölbes (was sich als echte Knochenarbeit herausstellt).

Anschließend folgt eine weitere Beratung im Wohnzimmer von Graf Draculas neu erstandenem Haus. Dr. Abraham Van Helsing, Dr. John Seward und Quincey Morris wollen möglichst schnell den Aufenthaltsort Draculas entdecken. Sie vermuten, dass er als Vampir bei Tag, wenn überhaupt, nur begrenzt handlungsfähig ist und befürchten, dass es mit jeder Nacht zu weiteren Untaten kommen könnte. Der interessanteste Gedanke dieser Besprechung kommt von Dr. Seward, der vorschlägt, Dr. Abraham Van Helsing könne doch möglicherweise einmal versuchen, Mina zu hypnotisieren. Wenn Mina schon in irgendeiner Form eine Geistesverwandtschaft mit Dracula besitze, dann könne man die doch vielleicht auch irgendwie nutzen und dadurch Erkenntnisse über seinen Aufenthaltsort gewinnen.

Sofort wird die Idee in die Tat umgesetzt. Mina wird geholt und von Van Helsing hypnotisiert. Und tatsächlich spürt sie eine ganz besondere Nähe zum faszinierenden, aber auch furchteinflößenden Geist des Vampirs. Es scheint ihr so, als gehe ein Teil von Draculas sinnlicher Wahrnehmung auf sie über. Ihre Umgebung scheint dunkel, ihr Gehör dafür umso feinsinniger. Mina nimmt eine nahe Stimme wahr, die immer wieder vor sich hin spricht: „Meister, Meister, sie dringen in euer Gemach ein!“. Abgesehen davon erfüllen Hintergrundgeräusche ihr Ohr. Offenbar befindet sie sich an einem verkehrsreichen Ort. Dumpf rattern in der Nähe fahrende Eisenbahnen über die Schienen und noch entfernter erklingen die Hörner von Schiffen.

Auch wenn der gegenwärtige Aufenthaltsort Draculas auf diese Weise noch nicht in Erfahrung gebracht werden konnte, ist den Charakteren doch eines klar: das geistige Band zwischen Dracula und Mina kann nicht nur dem Vampirfürsten zu Nutzen sein, auch die Charaktere können davon profitieren.

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Das war vielleicht nicht gerade unsere beste Sitzung. Ein bisschen lag das an der Gruppenteilung.

Was mache ich mit dem Spieler von Arthur Holmwood, wenn er kurz vor den entscheidenden Ereignissen verschwindet? Keine Ahnung. Er hat dann Quincey Morris übernommen, dessen Spieler war nämlich abwesend. Aber immerhin: Auch wenn Arthur Holmwood abwesend ist, prägt er doch das weitere Geschehen. Seine Sprengstoffpläne setzen die anderen unter Druck, die bereits davon reden, dass ihnen noch etwa zwei Tage bleiben, dann sollten sie Dracula erwischt haben. Zu diesem Zeitpunkt wird er mit seinem Sprengstoffexperten und jeder Menge Dynamit nach London zurückkehren... und die anderen wissen, dass er damit eine Menge Ärger machen kann.

Was mache ich mit der Spielerin von Mina Harker? Die anderen haben Angst aufgrund ihrer geistigen Verbundenheit zu Dracula und wollen ihr deshalb nichts mehr erzählen. Aber immerhin: Auch wenn sie Draculas Blut getrunken hat, hat sich in dieser Sitzung herausgestellt, dass sich ihre geistige Verbundenheit auch im Sinne der Charaktere nutzen lässt.

Vielleicht war es also einfach eine etwas schwierige Sitzung, die neue Chancen vorbereitet hat.

Der Abend hatte immerhin auch einen großartigen Moment: Die Spieler haben ganz ohne mein Einwirken das Hypnotisieren von Mina als Möglichkeit entdeckt, etwas über Draculas Aufenthaltsort herauszufinden. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Verfolgung Draculas am Ende des Abenteuers (ob sie darauf Lust haben, bleibt allerdings trotzdem noch die Frage).

Beim nächsten Mal – so vermute ich zumindest – sind alle Charaktere wieder am Start. Mina hat ja jetzt ihre Nützlichkeit unter Beweis gestellt: da sollte sie auch einen Anteil an der Handlung bekommen. Und Arthur Holmwood wird demnächst zurückkehren – mit einigen explosiven Überraschungen im Gepäck.

Bleibt die Frage, ob sie sich jetzt auf die Suche nach Draculas übriger Heimaterde machen werden. Das ist noch nicht ganz klar.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Fezzik am 22.07.2018 | 14:38
Toller Bericht. Ist immer wieder eine Freude die zu lesen.  :d
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Maischen am 24.07.2018 | 20:18
Ja, ganz großes Kino, dein Bericht!

Ich bin noch nicht ganz durch. Was ich mich bei Against Dracula, 9. Sitzung gefragt habe: Das lief ja fast wie im Roman? Sollen die Spieler das wirklich so (nach-)spielen? Die Abenteuer davor waren ja noch eigenständig, fand ich.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 24.07.2018 | 22:41
Danke für euer Interesse und Lob. Das freut mich sehr!

Was das "Nachspielen" angeht habe ich nach dem 9. Spielbericht ja schon erklärt, wie wir vorgegangen sind. Tatsächlich kennt keiner meiner Spieler Stokers Roman... und auch was Filme angeht haben sie nur so ein paar ganz verschwommene Erinnerungen. Mir war das ganz Recht. Umso erstaunter war ich, dass sich das Spiel dann doch ziemlich ähnlich, wie die Romanhandlung entwickelt hat.

Aber es gibt noch zwei andere Dinge, die ich bei dem Spiel spannend finde: Zunächst mal sind meine Vampire anders, als die von Stoker. Abraham Van Helsings Theorien sind teilweise korrekt, teilweise aber auch falsch. So ist zum Beispiel Lucy Westenra trotz Holzpflock im Herzen noch nicht völlig vernichtet. Für meine tellurischen Vampire braucht es einen Pflock aus leitfähigem Metall. Zum anderen entfernt sich das außergewöhnliche Verhalten Arthur Holmwoods von Sitzung zu Sitzung immer mehr vom Romanvorbild.

Hinterher schreibt Bram Stoker ja "Dracula". Das wird auch in unserer Spielrealität geschehen. Stoker verleiht damit den vielen umlaufenden Gerüchten eine literarische Form und lenkt so vom eigentlichen Geschehen ab ("Achso, das ist nur eine ausgedachte Geschichte! Na dann ist ja alles o.k.!"). Prima ist also, wenn der Roman Parallelen mit dem Abenteuergeschehen hat, der Vertuschungsversuch dann aber für die Beteiligten durch die Abweichungen erkenntlich werden kann. Von daher finde ich´s eigentlich nicht schlecht, so wie´s gerade läuft.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Maischen am 24.07.2018 | 22:53
Ich sehe schon - ich muss das unbedingt mal spielen. Allerdings besteht meine Runde aus Dracula-Experten. Da muss ich mir noch etwas einfallen lassen (evtl. lasse ich die unter dem Vorwand, Cthulhu by Gaslight spielen zu wollen, darein schlittern).
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 10.08.2018 | 02:59
Against Dracula / 13. Sitzung
1894, Spurensuche

Beteiligte Agenten:
Dr. Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 71 Jahre)
Wilhelmina „Mina“ Murray (Hilfslehrerin, 21 Jahre)
Dr. John „Jack“ Seward (Irrenarzt, 29 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 27 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 30 Jahre)

(https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRay_GbJs7uOcdcYGhof1_A4a20o5J8ugCtc7rqNTb2GQ3dnQiD4g)
Draculas stummer Diener

Die Sitzung beginnt damit, dass Dr. Abraham Van Helsing, Mina Harker, Jack Seward und Quincey Morris darüber nachdenken, wie sie die restlichen Kisten mit Draculas Heimaterde aufstöbern. Nach einigen Überlegungen kommt Dr. Seward auf die Idee, sich an die Fuhrleute zu wenden, die Draculas Kisten von Carfax aus an irgendwelche anderen Orte gebracht haben.  Die Gruppe beschließt, Mina aus Vorsichtsmaßnahmen dabei nicht mitzunehmen. Stattdessen soll sie im Rechtsanwaltsbüro von Peter Hawkins in Exeter nachsehen, ob sich dort Unterlagen über weitere Häuserkäufe Draculas finden lassen. Außerdem möchte sie auch ihren Mann wiedersehen.

Doch bevor es so weit ist, schaut die Polizei in Dr. Sewards Sanatorium vorbei: Sie haben per Telegramm aus Exeter erfahren, dass sich Mina im Hause der Westenras befindet und dann dort gehört, dass sie Gast von Dr. Seward in seiner Anstalt ist. Die Polizei berichtet Mina Harker, dass ein Mann, wahrscheinlich ihr Schwager, „James Allen Harker“, ermordet wurde. Da ihr Mann in Exeter ist, sei sie eine einfacher zu erreichende Angehörige. Scotland Yard bittet Mina daher zur Identifizierung des Toten. Mina fährt mit, identifiziert das Gesicht des Toten, entdeckt aber auch einige Schlagverletzungen am Kopf. Sie fragt den anwesenden Polizeibeamten daraufhin, was geschehen sei, sie wolle alles wissen. Der Mann versucht ihr das auszureden, die Details seien zu grausig. Mina besteht auf den Informationen und erfährt, dass ihr Schwager gefoltert wurde und im Verlauf der Tortur gestorben sei. Der Tote besitze Brandverletzungen über den gesamten Körper und ausgerissene Fingernägel, Todesursache seien schließlich mehrere schwere Schädeltraumata gewesen. Mina schluckt und fragt: „Wer war das?“. Der Polizeibeamte zuckt mit den Schultern und erzählt ihr, dass die Ermittlungen erst losgingen. Hinterher bringt Scotland Yard Mina zum Bahnhof und sie fährt mit dem Nachtzug nach Exeter.

Währenddessen machen sich Dr. Van Helsing, Dr. Seward und Quincey Morris auf den Weg zu einem der genannten Spediteure, dessen Namen und Addresse Sewards Vertreter Patrick Henessey in seinem Bericht an ihn notiert hat. Die drei Männer sprechen daraufhin mit Jack Smollett. Der Mann ist eine Art Vorarbeiter, der aber auch öfter selbst mit Hand anlegen muss. Smollett lädt die Männer auf ein Bier ein und so kommen sie ins Gespräch. Smollett erzählt den Charakteren, dass er zusammen mit seinem Mitarbeiter Thomas Snelling von Draculas Haus in Carfax schwere Holzkisten an andere Orte gebracht hat. 6 Kisten seien in die Chicksand Street 97, Mile End Town geliefert worden, 6 weitere Kisten seien in die Jamaica Lane, Bermondsey, gebracht worden. Die Chicksand Street liegt mitten in Whitechapel, genau in der heruntergekommenen Gegend, in der 6 Jahre zuvor George Stoker als Ripper im Auftrag Draculas mehrere Prostituierte ermordete. Die Jamaica Lane liegt in der Nähe des Themsetunnels, auch mehrere Bahnlinien befinden sich hier. Die Männer vermuten, dass es sich bei diesem Ort um den handelt, zu dem Mina während ihrer Hypnose Verbindung hatte. Wenn Smolletts Aussagen stimmen, fehlen aber immer noch 10 Kisten. Die Männer bohren nach, Smollett schaut in seinen Frachtbüchern nach und sagt schließlich, dass sie ein paar Tage nach diesen Fahrten viel Arbeit hatten. Sie hatten einen weiteren Auftrag von Graf Dracula bekommen, das Ziel der Kisten erfuhren sie jedoch nie. Die Spedition kam in dieser Zeit mit den Aufträgen kaum nach und hatte daher zusätzliche Hilfsarbeiter angeworben. Smollet erinnert sich daran, dass der Auftrag an einen gewissen Sam Bloxam weitergereicht wurde. Dieser Bloxam sei ein unzuverlässiger Mensch. Smollett behauptet, kaum Kontakt zu ihm zu haben. Wenn die Spedition auf ihn zurückgreife, übernehme üblicherweise Smollets Mitarbeiter Thomas Snelling das Anheuern des Mannes. Die Agenten danken und statten zu später Stunde auch Thomas Snelling einen Besuch ab, der ihnen erzählt, dass Bloxam keinen festen Wohnsitz habe. Er sei aber täglich bereits ab Mittag betrunken. Für eine großzügige Entschädigung aufgrund des damit verbundenen Arbeitsausfalls verspricht Snelling, am nächsten Tag in den einschlägigen Pubs nach Bloxam zu suchen und bei Erfolg den Agenten in Dr. Sewards Sanatorium eine Nachricht zukommen zu lassen.

In der Nacht erreicht Mina Harker Exeter, schaut bei ihrem Mann Jonathan nach dem Rechten und fährt dann in die Anwaltskanzlei Peter Hawkins´. Sie muss feststellen, dass niemand anwesend ist und verschafft sich daher mit ihrem Zweitschlüssel Zugang. Auf der Suche nach weiteren Immobilienkäufen Draculas stößt Mina in Peter Hawkins Akten auf einige seltsame Dokumente, größtenteils an Hawkins gerichtete Briefe:
- ein Brief eines gewissen E. Austin Ommanney über eine Grönland-Expedition, die das Ziel hatte ein Stück eines Meteoriten zu bergen.
- ein Brief Joseph Dalton Hookers, eines ehemaligen Mitglied des X-Clubs. Es scheint, als habe Hawkins (oder jemand anderes) Fragen an den X-Club gerichtet, die Hooker zu beantworten versucht. Behandelt wird die Frage nach der Glaubwürdigkeit von Berichten über Vampirismus, nach dem Wesen von Vampiren, nach dem militärischen Nutzen von Vampiren, nach den Risiken einer geplanten Operation, bei der Dracula nach England gelockt werden soll, um dort als Verbündeter gewonnen zu werden. Insgesamt scheint der Hooker in dem Plan, Dracula als Geheimwaffe für die britische Krone zu gewinnen, eine große Chance zu sehen. Obwohl sich der Autor des Briefes um Objektivität bemüht, ist doch zu verspüren, dass er den gefassten Plan bevorzugt.
- Peter Hawkins erster Brief an Dracula in Form einer Übersetzungsvorlage. Hawkins schlägt Dracula den Immobilienerwerb in London vor.
- Draculas Antwort (von einem Anwalt formuliert). Er bekundet Interesse an Hawkins Angebot, knüpft seine Zustimmung aber an verschiedene sehr harte Bedingungen und das Ablegen bestimmter Schwüre.
- Ein Brief einer Budapester Krankenschwester oder Nonne, die Minas Mann Jonathan nach seiner Flucht von der Burg Draculas gepflegt hat. Zunächst scheint es, als handele es sich um ein einfaches Informationsschreiben über den Zustand Jonathan Harkers nach seiner Flucht von Burg Dracula. In einem Postscriptum – hinzugefügt nach der Öffnung des bereits verschlossenen Briefes – deutet die Schwester an, dass Hawkins durch die Entsendung Jonathan Harkers zu Burg Dracula seinen Mitarbeiter quasi seiner Verdammnis ausgesetzt habe.
- Ein Sammlung von Zeitungsberichten zu Erdbeben in Rumänien in den letzten zwei Jahren.

Lesend verbringt Mina die Nacht. Am nächsten Morgen macht sie sich bereit ihre Rückfahrt nach London anzutreten.

Gleichzeitig suchen Dr. Van Helsing, Dr. Seward und Quincey Morris die Adressen, zu denen Smollet und Snelling Draculas Kisten gebracht haben, auf. In der Jamaica Lane, Bermondsey, finden sie das Haus, zu dem Mina während ihrer Hypnose eine mentale Verbindung hatte. Die Geräusche gleichen der von Mina beschriebenen. Die Vermutung, dass es sich bei dieser Wohnung um den Ort handelt, zu dem Mina während ihrer Hypnose eine Verbindung aufbauen konnte, scheint sich zu bestätigen. Die Gegend ist nicht allzu heruntergekommen, die Männer scheuen daher vor einem Einbruch an hellichtem Tag zurück. Dr. Abraham Van Helsing nimmt Kontakt zu einem alten Bekannten auf: Bobby Simmons war der Gossenjunge, der ihm und seinen Mitstreitern vor einigen Jahren einen Zugang zur Schneiderei Harrisson Suttons verhalf. Inzwischen ist er Anführer einer Bande von Kleinkriminellen. Van Helsing hat trotzdem immer noch ein gutes Verhältnis zu ihm. Er findet ihn in seiner armseligen Mietswohnung, und bittet ihn um einen kleinen Gefallen. Ein paar Pfund wechseln den Besitzer und Bobby kommt mit. In der Jamaica Lane knackt Bobby ohne mit der Wimper zu zucken das Türschloss von Graf Dracula. Die Wohnung ist leer. Im Keller stehen sechs Kisten mit Erde. Es gibt hier keine bequeme Entsorgungsmöglichkeit der Erde durch einen nahegelegenen Zugang zum Abwassersystem, immerhin aber ist die Themse nah. Da die Zeit drängt, fragt Dr. Seward, ob Bobby Simmons nicht seine Leute zusammentrommeln und mit ihnen gemeinsam die Entsorgung der Erde übernehmen könnte. Wieder wechselt Geld seinen Besitzer, dann sagt Bobby zu.

Die Charaktere verlassen den Ort und fahren zur Chicksand Street 97. Die Adresse führt zu einer kleineren Barracke. Auch hier ist niemand anwesend. Im Keller finden die Männer 6 Kisten mit Draculas Heimaterde. Auch hier existiert keine bequeme Möglichkeit die Erde zu entsorgen. Die Männer schleppen die Kisten in die Küche, drehen den dort vorhandenen einzigen Wasserhahn der Barracke auf bis das Wasser überläuft, kippen die Erde auf den Fußboden und zerschlagen die Kisten. Langsam wird die Erde auf dem Fußboden vom Wasser gespült und verteilt sich dadurch großflächig. Die Agenten hoffen, dass das reicht, um Draculas Heimaterde unbrauchbar zu machen. Während der Wasserhahn noch läuft, verlassen sie den Ort.

Dann fahren die Männer in ihrer Kutsche zu Dr. Sewards Sanatorium. Inzwischen ist dort eine Nachricht eingegangen. Thomas Snelling hat dem Pförtner erzählt, dass sich Sam Bloxam derzeit wohl gerade im Pub „White Oak“ betrinkt. Sofort kehren die Agenten in die Stadt zurück und treffen Bloxam im besagtem Pub. Dr. Seward verwickelt ihn in ein Gespräch und erfährt, dass er tatsächlich 10 Kisten Draculas von Carfax aus nach Piccadilly gebracht hat. Bloxam erwähnt mehrfach, wie schwer die Kisten gewesen seien und das ihm Dracula selbst zu Hilfe gekommen sei. Der Mann schien unglaublich stark gewesen zu sein und habe die Kisten mit Leichtigkeit gestemmt. Interessanterweise behauptet Bloxam, er sei in einer Kutsche mit Dracula an einem Nachmittag nach Piccadilly gefahren. Der Graf habe zwar schnell die Vorhänge der Kutsche zugezogen, dennoch sei er durch Sonnenlicht gegangen und habe hinterher am Zielort weiterhin mitgeholfen, die Kisten in den Hausflur zu schaffen. Die Legenden, dass Vampire bei Sonnenaufgang sofort zu Staub zerfallen scheinen revisionsbedürftig. Auf die genaue Adresse angesprochen gesteht Bloxam, dass er die genaue Hausnummer nicht mehr weiß. Er kann aber das Haus selbst ganz gut beschreiben, sodass die Agenten ihn bitten, mitzukommen. Nachdem sie dem Mann einen Pint Bier als Wegzehrung in die Hand gedrückt haben, folgt er ihnen und findet schließlich auch das besagte Haus. Bloxam hat kein Interesse, sich irgendeiner Gefahr auszusetzen. Die Charaktere drücken ihm ein wenig Geld für den Rückweg in die Hand und steuern dann auf das Haus zu.

Schließlich stehen die Agenten vor der Tür des Hauses. Dr. Seward knackt zur Verblüffung der Übrigen ohne viel Federlesens das Schloss. Die Männer sehen sich um, suchen nach dem Keller, gelangen aber zunächst einmal in ein Wohnzimmer, in dem sich ein aufrecht stehender Koffer befindet. Dr. Seward nähert sich dem Objekt, worauf ein Schlag ertönt. Irgendetwas bzw. –jemand ist von der Decke gefallen. Die drei allesamt komplett überraschten Männer schauen sich um und erblicken Graf Dracula, der ein beeindruckendes Schwert schwingt und Dr. Seward damit eine empfindliche Schnittwunde zufügt. Während Dr. Van Helsing und Quincey Morris eine Weile brauchen, um ihre Überraschung abzuschütteln, ergreift Dr. Steward flink den Koffer und schleudert ihn Graf Dracula vor die Brust. Besonders viel erreicht er damit allerdings nicht. Dracula ergreift den Koffer, reißt ihn an sich und flieht. Erneut sind die Männer verblüfft: „Dracula flieht?“ Quincey Morris gewinnt zuerst seine Fassung zurück. Er ergreift das von Dracula fallengelassene Schwert und verfolgt den Fliehenden.

Während der nun stattfindenden Verfolgungsjagd versorgt Dr. Van Helsing vor Ort erst einmal den verwundeten Dr. Seward. Quincey Morris muss feststellen, dass Graf Dracula ihm in Sachen Ausdauer doch noch etwas voraus hat. Die beiden liefern sich eine lange Verfolgungsjagd, in dessen Verlauf Quincey Morris Draculas Schwert in einem nahegelegenen Park in einen Goldfischteich wirft. Aber auch das ermöglicht es ihm nicht, den Grafen zu erwischen. Völlig außer Puste muss er sich geschlagen geben. Der Graf ist entkommen. Quincey Morris kehrt daraufhin zu dem Teich zurück, holt das Schwert aus dem Wasser und kehrt zu den anderen zurück.

Nachdem Dr. Van Helsing den verwundeten Dr. Seward versorgt hat, trennen sich die Männer vorläufig. Dr. Van Helsing begibt sich in den Keller und sucht nach Kisten. Er wird fündig und findet 9 davon. Das bedeutet, dass offensichtlich noch eine Kiste fehlt. Dr. Seward schaut sich den Rest des Hauses an und trifft in einem Gang im Erdgeschoss auf einen großen, massigen Mann mit ernstem Gesichtsausdruck, der ihm mit einem Wink zu verstehen gibt, dass Seward das Haus verlassen soll. Dr. Seward begibt sich aber stattdessen zurück zu Van Helsing in den Keller. Der schrankähnliche Mann folgt und gibt im Keller durch Gesten beiden Männern zu verstehen, dass sie gehen sollen. Dr. Van Helsing und Dr. Seward haben derzeit keinen Bedarf mehr nach körperlichen Auseinandersetzungen. Also gehorchen sie. Sie gehen. Vor der Tür stößt ein enttäuschter und erschöpfter Quincey Morris wieder zu ihnen dazu. Die Männer kehren zunächst einmal in Dr. Sewards Sanatorium zurück.

Die letzte Szene der Sitzung gilt Arthur Holmwood. Er kehrt in Begleitung des Sprengstoffexperten Henry Smith aus Leeds nach London zurück. Im seinem Gepäck findet sich ausreichend Dynamit, um ein ganzes Haus in die Luft zu sprengen. Arthur glaubt im Moment noch, dass Dracula nur eine einzige Wohnung – die in Carfax – besitzt. Das ist der Ort, den er in die Luft sprengen will. Allerdings scheut er die Konfrontation mit den dortigen Bewohnern – insbesondere mit Graf Dracula selbst. Er entschließt sich deshalb dazu, eher durch die Kanalisation in das Haus zu gelangen. Leider kennt er sich in der Kanalisation nicht aus. Er kennt auch niemanden, der ihm bei diesem Vorhaben Hilfestellung leisten könnte. Daher beschließt er, die übrigen Agenten um Hilfe zu bitten. So kehrt er am Abend des Tages mit Henry Smith ins Sanatorium von Dr. Seward zurück. Am nächsten Morgen wird hier auch Mina Harker eintreffen, sodass die nächste Sitzung wohl mit einer gemeinsamen Beratung eröffnet wird.

-

Zwei Anmerkungen zur Sitzung:
Die Gruppentrennung empfinde ich als Problem. Den Löwenanteil der Sitzung haben Dr. Abraham Van Helsing, Dr. Jack Seward und Quincey Morris bestritten, obwohl die anderen beiden Spieler auch anwesend waren. Mina Harker habe ich noch irgendwie beschäftigen können. Sie las über lange Strecken des Abends die ausführlichen Handouts, die sie im Büro von Peter Hawkins gefunden hat. Zu Arthur Holmwood ist mir nicht viel eingefallen. Gegen Ende der Sitzung war der Zeitpunkt erreicht, zu dem man mit dem Mann wieder in London rechnen konnte. Also habe ich darauf bestanden, dass die letzte Szene ihm gehört. Mehr fiel mir nicht ein: der Spieler war anwesend, bis zu diesem Zeitpunkt aber spielerisch in der Warteschleife. Ich habe hinterher gesagt, dass es mir Leid tut. Er hat gesagt, es mache nichts aus, das Problem sei ja selbstverschuldet. Ich sehe das ähnlich und bin ganz froh über die Aussage. Glücklich macht mich das trotzdem nicht.

Eine kleine Konfrontation mit Dracula gibt es in Stokers Roman auch. Ich habe mich dazu entschlossen, sie auch auszuspielen. Dabei hat sich zweierlei herausgestellt: Meine Spieler agieren doch recht zurückhaltend. Dass sich nur Quincey Morris aufmacht um Dracula zu verfolgen, zeigt zweierlei: meine Spieler sind auf ihr Überleben bedacht, realisieren aber nicht, dass eine Konfrontation mit Dracula auch eine seltene Chance bietet, den Widersacher möglicherweise auszuschalten. Auf der anderen Seite hat Dracula natürlich auch unglaubliche Werte. Der Spieler von Quincey Morris hat bei seiner Verfolgungsjagd wirklich gut gewürfelt und ich musste für Dracula großzügig Punkte ausgeben um seine Flucht sicherzustellen. Insgesamt kostete sein Entkommen Dracula 28 Punkte „Aberrance“, erst dann konnte er Quincey Morris abhängen. Natürlich muss ich sagen: Besser so als anders! Ich hätte ja ganz schön blöd geschaut, wenn Dracula in dieser Szene irgendwie ausgeschaltet worden wäre. Trotzdem bange ich ein wenig für den Schluss des Abenteuers. Ich vermute, dass die vorsichtigen Spieler des heutigen Abends eine Verfolgung Draculas nach Rumänien gar nicht in Betracht ziehen werden.

Das hat aber auch einen Vorteil: Wenn Dracula, wie im „Dracula Dossier“ vorgesehen, am Ende überlebt, dann wäre es doch eigentlich logisch, dass Mina Harker bei weiteren Hypnosesitzungen noch mehr über den Aufenthaltsort des Grafen Dracula herausfinden kann... womöglich den genauen Standort von Burg Dracula. Diese Information würde ich aber gern noch ein wenig in die Zukunft verschieben. Wenn die Spieler aber vorher schon den Schwanz einziehen, dann ergibt sich das Problem gar nicht. Wir werden sehen.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Scimi am 10.08.2018 | 04:01
In der Vorlage steht die Gruppe ja unter Druck, weil sie Dracula erlegen *müssen* um Minas Seele zu retten und zu verhindern, dass sie zur Vampirin wird. Und zwar nach dem Traume, nicht nur bei Lucys Rettung versagt, sondern sie als Vampirin ein zweites Mal ganz grauslich zu Tode gebracht zu haben.

Und Mina, die *weiß*, worum es geht und die generell intelligenter und tougher ist als die eher planlose Lucy, wäre eine gefährliche Gegnerin. Vielleicht solltest du mal mit ein paar geistigen Aussetzern und Vampirkräften um die Ecke kommen (geisterhaft aus Fesseln, um die Schrauben etwas anzuziehen und der Truppe klarzumachen, dass sie nur noch *Tage* haben, bis sie auch Mina erlegen müssen — wenn sie es dann überhaupt noch schaffen können.

Im Roman suggeriert Van Helsing, dass Dracula seine geistigen Fähigkeiten noch nicht wieder voll entfaltet hat:

Zitat
I have studied, over and over again since they came into my hands, all the papers relating to this monster; and the morel have studied, the greater seems the necessity to utterly stamp him out. All through there are signs of his advance; not only of his power, but of his knowledge of it. As I learned from the researches of my friend Arminus of Buda-Pesth, he was in life a most wonderful man. Soldier, statesman, and alchemist which latter was the highest development of the science-knowledge of his time. He had a mighty brain, a learning beyond compare, and a heart that knew no fear and no remorse. He dared even to attend the Scholomance, and there was no branch of knowledge of his time that he did not essay. Well, in him the brain powers survived the physical death; though it would seem that memory was not all complete. In some faculties of mind he has been, and is, only a child; but he is growing, and some things that were childish at the first are now of man's stature. He is experimenting, and doing it well; and if it had not been that we have crossed his path he would be yet he may be yet if we fail the father or furtherer of a new order of beings, whose road must lead through Death, not Life."

Harker groaned and said, "And this is all arrayed against my darling! But how is he experimenting? The knowledge may help us to defeat him!"

"He has all along, since his coming, been trying his power, slowly but surely; that big child-brain of his is working. Well for us, it is, as yet, a child-brain; for had he dared, at the first, to attempt certain things he would long ago have been beyond our power. However, he means to succeed, and a man who has centuries before him can afford to wait and to go slow. Festina lente may well be his motto."

Es könnte Minas Vorteil sein, dass sie als Vampirin sofort all ihr Wissen und ihre Intelligenz zur Verfügung hätte, ähnlich wie Vampir-Lucy sich offenbar an Arthur erinnert und versucht, ihn zu verführen.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 10.08.2018 | 08:33
Zitat von: Scimi
Vielleicht solltest du mal mit ein paar geistigen Aussetzern und Vampirkräften um die Ecke kommen (geisterhaft aus Fesseln, um die Schrauben etwas anzuziehen und der Truppe klarzumachen, dass sie nur noch *Tage* haben, bis sie auch Mina erlegen müssen — wenn sie es dann überhaupt noch schaffen können).

Wäre natürlich ein gewisser Eingriff in die Regeln, der auch Folgen für den weiteren Verlauf der Kampagne haben kann. Trotzdem ´ne interessante Idee. Ich denke mal drüber nach.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Scimi am 10.08.2018 | 08:36
Naja, der Spaß an Vampiren ist ja auch, dass man es werden kann. Früher oder später muss man sicherlich überlegen, wie das regelmechanisch abläuft, wenn man gebissen wird…  ;D
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 14.09.2018 | 04:07
Against Dracula / 14. Sitzung
1894, Draculas Flucht

Beteiligte Agenten:
Dr. Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 71 Jahre)
Wilhelmina „Mina“ Murray (Hilfslehrerin, 21 Jahre)
Dr. John „Jack“ Seward (Irrenarzt, 29 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 27 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 30 Jahre)

(https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQRA5du1sHC40gcKuE9KSSzMyLF_liRydO4x0RjxRCT3p0fMr-I)
Die "Zarin Katharina"

Am Morgen des nächsten Tages beraten sich die Männer, wie sie die restlichen Kisten mit Draculas Erde vernichten können. Mitten in der Beratung kehrt Mina Harker zurück. Sie zeigt den Männern zunächst die Dokumente, die sie im Arbeitszimmer Peter Hawkins´ gefunden hat. Die Anwesenden sichten die Schriftstücke und sprechen über verschiedene Themen: Offensichtlich hat die britische Regierung und der X Club Pläne geschmiedet, Graf Dracula ins Königreich zu locken um hier mit dessen Hilfe loyale, britische, vampirische Supersoldaten zu züchten! Offensichtlich wurde Minas Mann Jonathan absichtlich nicht über die wahre Natur seines Klienten informiert, als er Graf Dracula in Rumänien aufsuchte! Offensichtlich interessiert sich Peter Hawkins sehr für rumänische Erdbebentätigkeiten und die Bergung von Meteoritensplittern! Was die Männer auch beschäftigt, ist die Verfolgungsjagd Quincey Morris´ und Graf Draculas. Am hellichten Nachmittag rannte der Vampir hier durch halb London. Was ist mit diesen Geschichten, in denen Vampire im Sonnenlicht zu Staub zerfallen? Offensichtlich besitzen die Charaktere noch einige Falschinformationen!

Dann beschließen Van Helsing, Sewart, Morris und Holmwood, sich zuerst um die 9 Kisten zu kümmern, die sich noch im Keller von Draculas Wohnung an der Piccadilly befinden. Für einen Moment halten die Männer inne – es ist nicht ganz klar, ob es ratsam ist, in Minas Anwesenheit offen weiter zu planen. Insbesondere Arthur Holmwood sagt kaum ein Wort und schaut Mina fortwährend misstrauisch an. Plötzlich aber stößt Mina einen kurzen Schrei aus, springt auf und stürzt ins Bad. Es ist ihr, als greife eine fremde Macht nach ihrem Geist und dringe tief in ihr Innerstes vor – sehr tief.

Die Männer schauen sich verunsichert an, schmieden aber erst einmal weiter Pläne. Man beschließt, eine Flasche Whiskey in das Haus an der Piccadilly zu schicken und eine Schleife mit den Worten „Für meinen ergebenen Diener. Wohl bekomm´s! Dracula.“ daran zu binden. Den Whiskey versetzt Dr. Sewart mit einem Schlafmittel. Zu diesem Zeitpunkt kehrt Mina aus dem Bad zurück. Sie ist etwas wacklig auf den Beinen, behauptet aber, es werde schon wieder, sie sei eben nervös und angespannt. Die Männer führen ihre Beratung weiter fort. Sie äußern den Wunsch, die Schrift auf der Schleife auf Rumänisch zu verfassen... allerdings beherrscht diese Sprache niemand. Glücklicherweise besitzt Mina eine rumänische Freundin aus der Zeit ihrer Lehrerinnenausbildung in London. In einer Kutsche fährt sie zu Martyna, lässt sich die Worte übersetzen und kehrt wieder in Dr. Sewarts Sanatorium zurück. Vorteilhaft ist ebenfalls, dass die Charaktere aufgrund der Dokumente aus Peter Hawkins´ Arbeitszimmer eine Schriftprobe der Handschrift Draculas besitzen. Geschickt ahmt Dr. Van Helsing die Schrift nach und schreibt den rumänischen Satz auf die Schleife. Dann wird ein Bote nach Piccadilly geschickt.

Da die Aktion erneut ohne Mina von statten gehen soll, wird diese mit einem anderen Auftrag versehen: In dem Dokument aus Peter Hawkins Arbeitszimmer, in dem von der Bergung eines Meteoritensplitters berichtet wird, ist auch von Widmannstätten-Linien die Rede. Mina soll in der British Library herausfinden, was das eigentlich ist. Außerdem soll sie sich danach umschauen, ob sie Informationen über die Wirkung von Sonnenlicht auf Vampire findet. Kurz bevor sie sich auf den Weg macht, bekommt Mina die mentale Anweisung, Lucy Westenras Brosche an sich zu nehmen. Mina versucht sich zu wehren, aber es gelingt ihr nicht. Sie ist geistig zu stark angegriffen. Hinsichtlich der Brosche weiß sie nur, dass sie Dr. Van Helsing an sich genommen hat. Heimlich geht sie auf das Zimmer Van Helsings, durchwühlt seine Arzttasche und findet die Brosche. Sie steckt das Schmuckstück ein und macht sich dann auf den Weg ins British Museum.

Nach einer Weile machen sich auch Van Helsing, Morris, Sewart und Holmwood auf den Weg. Sie fahren mit ihrer Kutsche auf den Hinterhof hinter Draculas Haus an der Piccadilly. Dort hebelt Dr. Sewart geschickt die Luke zum Kohlenkeller auf und schon sind die Männer im Haus. Die 9 Kisten mit Erde sind schnell erreicht. Ihr Inhalt wird in das Abwassersystem entleert. Dr. Seward nimmt ein paar Kilo der Erde zu Untersuchungszwecken in einem kleinen Sack mit. Dann schauen die Männer im Erdgeschoss nach dem Rechten und entdecken Draculas Diener, der eine halbe Flasche Whiskey mit Schlafmittel getrunken hat und nun auf dem Sofa schläft. Die Männer packen ihn, verfrachten ihn in ihre Kutsche, bringen ihn in Dr. Sewarts Sanatorium und sperren ihn in eine Zelle. Als der Mann langsam wieder wach wird, versuchen sie ihm Fragen zu stellen, müssen aber frustriert erkennen, dass der Mann stumm ist. Da sie nicht wissen, was sie weiter mit ihm anstellen sollen, bleibt er vorläufig in der Zelle.

Mina erfährt im British Museum, dass die Widmannstätten-Linien Metallschichten sind, die Meteoriten durchziehen. An der Oberfläche eines Meteoriten erscheinen sie oft als Linien. Außerdem schmökert Mina ein paar Vampirgeschichten und erkennt, dass die Darstellungen sehr unterschiedlich sind: In manchen Geschichten zerfällt ein Vampir im Sonnenlicht zu Staub, in anderen Geschichten wirkt er bei Tag lediglich schwächer und scheint dann unfähig seine Stärken auszuspielen. Sie macht sich auf den Heimweg.

Dr. Van Helsing haben die Informationen über Meteoriten auf eine Idee gebracht. Er geht an seine Arzttasche und schaut sich nachdenklich eine Schachtel mit bläulichen Oblaten an. Es sind Hostien, die ihm vom Messner der Erzdiözese von Mechelen-Brüssel verkauft worden sind. Dieser Mann – Arnaud Linden – behauptet, beim Backen sei den Oblaten pulverisiertes meteorisches Nickeleisen zugegeben worden. Der Mann behauptet auch, meteorisches Eisen aktiviere „die Erde der Untoten“. Van Helsing denkt über mögliche Anwendungsmöglichkeiten nach. Dann fällt ihm auf, dass Lucy Westenras Brosche fehlt. Er beschließt, seine Mitstreiter darüber zu informieren.

Noch während Van Helsing auf seinem Zimmer ist, kehrt auch Mina wieder zurück. Sie erzählt von ihren Erkenntnissen und Morris und Dr. Sewart hören ihr interessiert zu. Nur Arthur Holmwood blickt sie weiterhin misstrauisch an. Schließlich gesellt sich auch Dr. Van Helsing zu der Gruppe. Zunächst bittet er seine Freunde, einem kleinen Experiment beizuwohnen: Er entleert seinen Sack mit der Erde Draculas in eine leere Zelle seines Sanatorium. Dann schiebt er eine seiner Hostien mit meteoritischem Nickeleisen in den Erdhaufen. Das Ergebnis ist nicht gerade spektakulär, aber immerhin: es ist ein leichtes Zischen zu hören und man kann beobachten, wie aus dem Erdhaufen etwas Qualm entsteigt. Dr. Van Helsing klärt die Anwesenden über die besonderen Eigenschaften der Hostien auf, worauf eine kurze Beratung stattfindet. So ganz genau weiß niemand der Anwesenden, was hier gerade geschehen ist. Dann erzählt Van Helsing von der verschwundenen Brosche, worauf Holmwood sofort Mina verdächtigt und solange verhört, bis diese weinend die Brosche wieder herausgibt. Holmwood gerät jetzt erst recht in Rage. Er springt auf und will Mina eine Decke über den Kopf ziehen und sie verschnüren. Diese wehrt sich, aber Holmwood ruft den anderen zu, sie sollen Seil holen, er werde es der Bestie schon zeigen, sie werde hier nicht mehr mit dem Leben davon kommen! Die Umstehenden reagieren schockiert, schließlich greift Dr. Sewart ein und befreit Mina aus dem Griff des Rasenden.

Nachdem sich die Spannungen wieder etwas gelegt haben, stellen die Charaktere weitere Überlegungen an: Es fehlt noch eine Kiste mit Draculas Erde. Die Charaktere nehmen an, dass Dracula sie weggeschafft hat, haben aber keine konkrete Spur. Da schlägt Dr. Stewart vor, Van Helsing könne es doch noch einmal mit einer Hypnose Minas versuchen.

Dr. Van Helsing schaut Mina an und sieht, dass es bitter nötig ist, ihr eine therapeutische Behandlung zukommen zu lassen: Mina zittert und steht kurz vor ihrem Zusammenbruch. Über eine Hypnose baut Van Helsing eine stabile psychoanalytische Verbindung auf und hilft ihr, wieder Zuversicht zu fassen. Dann versucht er ihr während der Hypnose eine Verbindung zu Dracula zu verschaffen. Mina hört das Meer rauschen, den Wind blasen und Seeleute, die sich in einer ihr unbekannten osteuropäischen Sprache Anweisungen zurufen.

Nach dieser Information eilen die Charaktere zur Hafenmeisterei und erkundigen sich nach osteuropäischen Schiffen, die kürzlich London verlassen haben. Mina setzt eine Unschuldsmine auf und erzählt dem Hafenmeister auf derart rührende Art und Weise von einem Geliebten, der sich auf dem Schiff befindet, dass dieser schließlich mit den Fakten herausrückt: Gestern hat die „Zarin Katharina“ den Londoner Hafen verlassen. Ihr Zielhafen ist Varna in Bulgarien. Der Mann konnte sich sogar noch an eine große Kiste erinnern, die seine Männer nur mit äußerster Mühe aufs Schiff bringen konnten. Einen auffälligen Mann mit ausladendem Schnurrbart, buschigen Augenbrauen und durchdringendem Blick hat der Hafenmeister allerdings nicht gesehen.

In einem nahen Restaurant setzen sich die Charaktere zusammen und beraten ihr weiteres Vorgehen: Ist Dracula aus England geflohen? Es scheint fast so! Folgen wir ihm? Die Gruppe ist unschlüssig. Mina – von dem düsteren Drang befallen, ihre Freunde von der Verfolgung Draculas abzuhalten – behauptet, zurück nach Exeter fahren zu wollen um dort endlich bei ihrem Gatten Frieden finden zu können. Um ein Haar hätte Mina die Anwesenden auch eingelullt, dann aber ermannt sich Dr. Van Helsing dazu, die Alternative zu betrachten. „Angenommen, wir wollten Dracula folgen: Wie wäre das möglich?“ Arthur Holmwood fühlt sich hinsichtlich seiner Seemannsqualitäten herausgefordert und antwortet: „Mit meiner Yacht!“. Allgemein ist man aber der Ansicht, dass die Reise durch Atlantik, Mittelmeer und Schwarzem Meer nach Varna ein allzu großes Unterfangen für eine Vergnügungsyacht sei. Dr. Sewart sagt: „Arthurs Yacht kann uns über den Kanal bringen. Von Paris ab könnten wir auch den Orient-Express nehmen.“

Zuletzt schaut Dr. Sewart Mina ins Gesicht und erkennt, wie sehr sie unter der gegenwärtigen Situation leidet. Er sagt: „Unsere allererste Pflicht wird sein, Mina aus dem Griff Graf Draculas zu befreien.“ Dr. Van Helsing beendet die Sitzung mit der These: „Das wird uns nur gelingen, wenn wir Graf Dracula endgültig besiegen".

-

Na, was soll ich sagen? Es war nicht so eine berauschende Sitzung. Ein Spieler hatte Magen-Darm-Infektion und konnte nicht kommen, ein zweiter steckte mitten in einer heftigeren Zahnbehandlung und wollte nicht mehr sprechen als unbedingt nötig, ein dritter Spieler war abgearbeitet und müde. Nur die beiden Damen (Van Helsing und Mina) waren fit.

Es hat lang gedauert, bis die Idee aufkam, eine Hypnose von Mina könnte vielleicht nochmal neue Erkenntnisse zeigen. Und als die Idee dann auf dem Tisch lag, musste ich auch noch mit ein wenig Nachdruck darauf hinweisen, dass das eine gute Idee sei. Erst dann gewann die Gruppe wieder ein Ziel.

Ähnlich war es auch bei der Frage, ob die Charaktere Dracula nach seiner Flucht verfolgen würden. Ich habe versucht, durch Draculas Beeinflussung von Mina eine Drohkulisse aufzubauen. „All das bricht über Mina herein, wenn ihr jetzt nicht handelt!“ Minas Seelenheil ist in Gefahr, und da gilt es doch, die junge Frau zu retten! Aber es war etwas mühsam, besonders weil die streckenweise von Dracula gesteuerte Mina selbst in die Richtung plädiert hat, die Sache doch endlich auf sich beruhen zu lassen.

Insgesamt hoffe ich einfach ´mal, dass wir beim nächsten Mal ein bisschen mehr Action spielen können und die Spieler wieder fitter sind.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 2.10.2018 | 04:14
Against Dracula / 15. Sitzung
1894, Im Orientexpress

Beteiligte Agenten:
Dr. Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 71 Jahre)
Wilhelmina „Mina“ Murray (Hilfslehrerin, 21 Jahre)
Dr. John „Jack“ Seward (Irrenarzt, 29 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 27 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 30 Jahre)

(https://static1.squarespace.com/static/57ab44d32994cadd0f3c895d/t/58a2e66cf7e0abbb0fd23a11/1487070834217/)
Speisewagen im Orientexpress

Die Charaktere packen ihre sieben Sachen und begeben sich zu Arthur Holmwoods Yacht im Londoner Hafen. Vor der Abfahrt steht ihnen noch ein Besuch bei „Lloyd’s Register of Shipping“ bevor. Arthur Holmwood weiß, dass er hier seine Abreise und sein Bestimmungsziel angeben muss. Seine Angaben werden festgehalten, dann wird er routinemäßig darauf hingewiesen, dass er im Fall einer Kursänderung ein Telegramm schicken soll, das sei Pflicht für alle Schiffe und Boote, die den Londoner Hafen verlassen.

Abraham Van Helsing steht in diesem Moment neben Arthur Holmwood und hat eine Idee. Er fragt den Schreiber, der Holmwoods Angaben aufnimmt, ob er die Charaktere nicht im Falle eines Falles per Telegramm darüber informieren könne, wenn die „Zarin Katharina“ eine Kursänderung vornehme. Der Angestellte ist verunsichert. Er fragt, warum Van Helsing das wissen will und bekundet, dass eine solche Weitergabe von Informationen unüblich sei. Arthur Holmwood greift in die Tasche, ein paar Pfund wechseln ihren Besitzer und der Angestellte verspricht sie auf dem Laufenden zu halten, solange sie ihn über ihre Aufenthaltsorte informieren.

Daraufhin steuert Holmwood die Gruppe sicher über den Ärmelkanal bis nach Paris.

Dort angekommen besorgen sich die Charaktere Tickets für den Orientexpress nach Varna. Statt die Vierbettzimmer auszulasten, beschließen die Charaktere Mina Harker ein Einzelabteil zukommen zu lassen. Abraham Van Helsing und Jack Seward nehmen sich ein zweites, Arthur Holmwood und Quincey Morris nehmen sich ein drittes. Drei Abteile für fünf Charaktere in diesem Luxuszug kosten ein Vermögen. Holmwood muss tief in die Tasche greifen um sich und seinen Gefährten dieses Vergnügen zu ermöglichen. Die drei Abteile liegen in der Mitte eines Waggons. In Fahrtrichtung vor den drei Abteilen befindet sich ein letztes weiteres Abteil. Hinter den drei Abteilen befinden sich die Toiletten des Waggons.

Nach vorn und hinten schließen die Waggons mit einer Tür ab, die zu einem Absatz führt. Mit einem mittelgroßen Schritt befindet man sich auf dem Absatz des nächsten Waggons und kann sich so durch den gesamten Zug bewegen. Direkt vor dem Waggon der Charaktere befindet sich der Speisewagen, davor wiederum der Salonwagen.

Zunächst belegt das Abteil vor den Charakteren ein Offizier des deutschen Reiches. Er hat zwei Gefreite dabei, die bei seiner Ankunft schwitzend einen schweren, aufgerollten Teppich in das Abteil schleppen. Van Helsing ist besorgt. Er lässt sich vom Waggondiener ein Grammophon besorgen, spielt lautstark Wagners Vorspiel zu dessen Oper „Rheingold“ ab und versucht den Lautstärkepegel zu nutzen um mit einem stabilen Bohrer sowohl in das Abteil von Mina Harker als auch in das Abteil des deutschen Offiziers Löcher zu bohren. Dr. Seward wundert sich und zweifelt ein wenig an der Moral Van Helsings. Als dieser aber behauptet, er tue das nur aus Vorsicht, schweigt Dr. Seward und lässt Van Helsing gewähren.

Leider bekommt der deutsche Offizier von Van Helsings Indiskretion Wind und beschwert sich beim Waggondiener. Dieser redet Van Helsing ins Gewissen und untersagt ihm das Bohren weiterer Löcher in die Wände des Abteils aufs Entschiedenste. Im Nachbarabteil sind sechs schwere Schläge zu hören. Der deutsche Offizier hat einen Nagel in seine Abteilwand geschlagen und ein Bild über Van Helsings Loch gehängt. Van Helsing geht nach nebenan und versucht die peinliche Lage zu bereinigen. Er erzählt dem deutschen Offizier, dass er in seiner gegenwärtigen Lage zu größter Vorsicht verpflichtet sei und nur deshalb Löcher in die Wände seines Abteils gebohrt habe. Der deutsche Offizier reagiert verunsichert, lässt sich aber von Van Helsing überreden, mit ihm einen Whiskey im Speisewagen zu trinken. Aus dem einen Whiskey werden vier und der deutsche Offizier kehrt in sein Abteil zurück. Immerhin bekommt er aber von Van Helsing noch heraus, dass sich auf der anderen Seite von dessen Abteil eine Dame einquartiert habe.

Dr. Sewart hat ebenfalls längst sein Abteil verlassen und den Speisewagen betreten. Es trifft dort Mina Harker und speist gemeinsam mit ihr. Im Speisewagen befindet sich auch eine Berühmtheit: die Schauspielerin Sarah Bernhardt befindet sich mit ihrem Impresario und einem Diener auf Europatournee und reist nach einem Auftritt in Paris nach Wien. Sie ist das zentrale Gesprächsthema im Zug.

Schließlich finden sich auch Morris und Holmwood im Speisewagen ein. Und dann greift Dracula erneut nach Mina Harkers Geist. Unter einem inneren Zwang bewegt sich Mina in Richtung Toilette, bleibt dann aber im Gang stehen, bis sich ein Franzose an ihr vorbeidrängelt. Mit gespielter Erschütterung berichtet sie bei ihrer Rückkehr, der Franzose habe deutlich nach ihrem Po gegriffen und ihre Würde als Frau verletzt. Sie schaut erwartungsvoll in die Runde ihrer Begleiter, ob sich nicht irgendjemand findet, der diese Würde wiederherstellt. Der erste, der reagiert, ist Abraham Van Helsing. Er stellt den Franzosen zur Rede, beschuldigt ihn schwer und versucht ihn dazu zu bewegen, sich zu entschuldigen. Der Franzose ist entrüstet, weist jegliche Schuld von sich und streitet alles ab. Van Helsing behauptet, dass er dann wohl genötigt sei, Satisfaktion zu fordern. Der Franzose könne das Geschäft im Bahnhof von Straßburg mit Quincey Morris bereinigen. Morris ist überrascht auf eine solche Art und Weise in die Sache hineingezogen zu werden. Arthur Holmwood hingegen ist wachsam und Mina Harker gegenüber stets misstrauisch. Er hat den Eindruck, Mina bausche die Angelegenheit grundlos auf. Daraufhin bittet er Van Helsing zu einem kurzen Gespräch unter vier Augen, bei dem er ihm von seinem Eindruck erzählt. Auch Van Helsing wird unsicher und betreibt Schadensbegrenzung. Er trinkt mit dem Franzosen ein paar Whiskey und erfährt, dass Francois Poitou Antiquitätenhändler ist, der einen wertvollen Armleuchter aus Gold nach Straßburg bringt. Van Helsing gelingt es daraufhin, Poitou die Brosche von Lucy Westenra für einen guten Preis zu verkaufen.

Mina Harker ist angesichts der Tatsache, dass Van Helsing sich freundschaftlich mit dem Mann unterhält, von dem sie eben noch behauptet hat, er habe sie unsittlich betatscht, entrüstet in ihr Abteil zurückgekehrt. Wenig später allerdings klopft jemand an ihre Tür. Es ist der deutsche Offizier, der ihr zu verstehen gibt, dass sie sich vor dem lüsternen Greis (Van Helsing) in Acht nehmen soll, der ein Abteil weiter schläft. Abgesehen davon könne sie jederzeit mit seiner Hilfe rechnen, wenn sie sie benötigen sollte. Mina berichtet ihm, dass das sehr nett sei, dass sie im Moment aber ganz andere Sorgen habe. Der deutsche Offizier hört sich ihre Geschichte über die ungebührliche Annäherung von Francois Poitou an und verspricht ihr, dass er sich um die Angelegenheit kümmern werde.

Am Abend fährt der Orientexpress in Straßburg ein und hält für eine halbe Stunde. Etwa zehn Minuten später ist jenseits des Bahnhofsgebäudes ein Schuss zu hören. Abraham Van Helsing und Dr. Seward eilen herbei und finden den verwundeten Francois Poitou an die Wand gelehnt. Eine Kugel steckt zwischen seinen Rippen. Van Helsing lässt Dr. Seward den inzwischen zur Standardausrüstung gewordenen Whiskey mit Schlafmittel versetzt bringen, flößt ihn dem Verwundeten ein, schneidet dem armen Mann kurzerhand die Kugel aus dem Leib und bezahlt dann eine Droschke, die den Verwundeten ins nächste Hospital bringen soll. Gerade noch rechtzeitig schaffen es die beiden Männer zurück in den Zug.

Kurz nach der Abfahrt des Zuges klopft es erneut an Minas Abteil. Wieder ist es der deutsche Offizier. Er berichtet Mina, dass er ihre Ehre wiederhergestellt habe. Allerdings sei jetzt französische Polizei im Zug unterwegs und daher möchte er sie darum bitten für die Dauer der Inspektion seinen Teppich unter ihr Bett zu rollen, sie habe sicherlich nichts von der Polizei zu befürchten. Mina entschließt sich, ihrem Helden zu helfen und stimmt zu. Die beiden deutschen Gefreiten schleppen den Teppich in Minas Abteil. Jetzt holt Mina erst einmal Van Helsing und Dr. Sewart. Zu dritt inspizieren sie den aufgerollten Teppich. Ein Blick in sein Inneres lässt einen schwarzen Haarschopf erkennen. Van Helsing rollt den Teppich entschlossen auf und bringt so einen leicht abgerissen gekleideten Mann mit wirrem Haar zutage. Ein kurzes Verhör enthüllt den Anwesenden, dass es sich um einen französischen Anarchisten handelt, der vor Repressalien seiner Regierung flieht. Er habe von dem deutschen Offizier angeboten bekommen, als Spion für das Deutsche Reich tätig zu werden und in seiner Notlage zugestimmt. Die Deutschen brächten ihn nun erst einmal nach München. Abraham Van Helsing blickt Mina und Dr. Seward an, dann sagt er: „Wir wollen uns doch hier nicht in Politik einmischen! Lasst uns den Teppich wieder zusammenrollen!“ So wird´s gemacht. Der Anarchist bleibt unentdeckt, der deutsche Offizier streitet zwei Abteile weiter lautstark jegliche Beteiligung an dem Vorfall in Straßburg ab, die französischen Polizisten müssen unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Spät in der Nacht erreicht der Zug München. Am nächsten Morgen findet Mina vor der Tür ihres Abteils einen Blumenstrauß mit einer Karte. Auf der Karte steht, dass der deutsche Offizier seinen Bestimmungsort erreicht habe und sie verlassen müsse, dass er sie aber nie vergessen werde. Mina ist gerührt. Als Abraham Van Helsing feststellt, dass das Nachbarabteil frei geworden ist, hängt er das Bild ab, das der deutsche Offizier über sein gebohrtes Loch gehängt hat.

Die Charaktere machen einen Spaziergang durch die Innenstadt, besuchen das Hofbräuhaus, trinken Bier und essen Weißwürste.

Wieder im Zug beobachtet Van Helsing, wie ein neuer Abteilnachbar einzieht. Es ist ein knochiger Mann mit unstetem Blick. Eine Weile sitzt er in seinem Abteil und schaut sich angsterfüllt um. Dann verlässt er das Abteil. Van Helsing folgt ihm und stellt fest, dass er im Speisewagen Platz nimmt. Der Mann isst etwas, klammert sich aber ansonsten geradezu an seine Tischkante. Van Helsing spricht ihn an und erfährt, dass der Mann ein paar Probleme hat, die sich aber gar nicht leicht in Worte fassen lassen. Es seien Probleme, die sich durch eine Vielzahl von kleinen und kleinsten Ursachen nach und nach immer massiver aufgestaut hätten. Der Mann erzählt unter anderem von einer Degradierung im Krieg von 1870/71, die er hinnehmen musste, weil er zu einem Appell zu spät gekommen war, von einer zänkischen Ehefrau und von seinen anstrengenden Versuchen nach dem Krieg im Berufsleben wieder Fuß zu fassen. Der Mann erzählt außerdem er sei ein Münchner, habe in seiner Heimatstadt eines Tages Dr. Siegmund Freud bei einem Vortrag erlebt und schließlich ein Gespräch mit ihm gesucht. Dr. Freud sehe ihn wohl als interessanten Fall an, habe ihn zu einer Therapie eingeladen und ihm sogar das Zugticket nach Wien finanziert. Dorthin sei er nun unterwegs.

Etwa zeitgleich wirkt Dracula erneut auf Mina Harkers Geist ein. Mina wartet auf sein Geheiß hinter München einen besonders steilen Anstieg ab, den die Bahn zurückzulegen hat, und zieht in diesem Moment die Notbremse. Die Wirkung ist verblüffend. Der vollbeladene Zug kommt vor Ort nicht mehr von selbst in Gang. Alle Passagiere und ihr Gepäck müssen in herbeibestellte Droschken umgeladen werden. Schließlich quält sich der Zug zur nächsten Anhöhe, von der aus die Fahrgäste wieder zusteigen können. Die Schaffner versuchen herauszubekommen, wer die Notbremse gezogen hat, allerdings ohne Erfolg. Der stets zweifelnde Arthur Holmwood spricht allerdings direkt Mina Harker darauf an... und auch sie bleibt standfest und sagt nichts. Nur ihre Hände zittern ein wenig, was Holmwood misstrauisch zur Kenntnis nimmt. Ihre geistige Verfassung ist so schlecht, dass Abraham Van Helsing ihr eine ganze Zeit gut zureden muss, um ihr Selbstvertrauen wieder einigermaßen herzustellen.

Am nächsten Morgen erreicht der Zug Wien. Unter frenetischen Beifallsbekundungen verlässt Sarah Bernhardt mit Impresario und Diener den Zug. Arthur Holmwood und Quincey Morris gehen Kaffee trinken und Sachertorte essen. Abraham Van Helsing und Dr. Seward hingegen sind auf eine Idee gekommen. Sie besuchen mit Mina Harker Dr. Siegmund Freud. Das therapeutische Gespräch erbringt die Erkenntnis, dass Mina Harker unter einer Ich-Schwäche leidet, hin und wieder scheinen animalische Instinkte über ihr Selbst die Überhand zu gewinnen. Dr. Freud empfiehlt einen gemäßigten Lebenswandel, wirkliche Heilungsaussichten sehe er aber nur bei einer zweijährigen Psychotherapie ihrerseits. Dafür ist nicht genug Zeit. Immerhin hat das therapeutische Gespräch Mina Herker aber wieder aufgerichtet. Sie schaut allen kommenden Schwierigkeiten mit festem Blick entgegen.

Wieder im Zug erleben die Charaktere, wie Aga Khan III. zusteigt. Der Führer der ismailitischen Nizariten will nach Istanbul und steigt mit einer Menge exotisch anmutender Diener zu. Neugierig mischen sich die Charaktere unter die Schaulustigen, die den Asiaten im Speisewagen betrachten. Aga Kahn III. verkündet seinem Publikum etwas großspurig, wie er den Briten beigebracht habe, dass sie ihre indischen Kolonien noch ein Weilchen aufrecht erhalten sollten, bis die Zeit für einen schiitischen Staat Pakistan gekommen sei. Brüskiert wenden sich die Charaktere von dem Geschehen ab.

Mina wird in diesen Momenten erneut Opfer eines Versuchs von Dracula, die Kontrolle über sie zu erlangen. Gestärkt von dem Gespräch mit Dr. Freud kann sie sich diesmal allerdings gegen den Versuch erfolgreich zur Wehr setzen.

Schließlich erreicht der Zug einen Tag später Budapest. Die Charaktere besuchen die Innenstadt, essen eine scharfe Fischsuppe und trinken Tokajer Wein.

Wieder am Bahnhof erleben sie mit, wie ein Waggon des kaiserlich und königlichen österreich-ungarischen Zoos Budapest an den Zug angehängt wird. Er enthält ein Tierabteil mit einem Panther, der als Geschenk dem Zoo im 1862 gegründeten Meerespark in Varna zugestellt werden soll.

Die Charaktere kehren in ihre Abteile zurück und hier ereilt Mina Harker eine erneute Attacke Draculas. Er versucht sie zu zwingen, sich Zugang zum Tierabteil zu verschaffen, sich als Tierärztin auszugeben, eine Krankheit des dort anwesenden Panthers vorzuspiegeln und als angebliche Behandlungsmethode dem Tier eine gehörige Portion in Budapest erstandene scharfe Gulaschcreme ins Trinkwasser zu mischen. Ob das gelingt, wird die nächste Sitzung zeigen.

-

Das war eine recht gelungene Sitzung. Wir waren vollzählig, hatten einen gehörigen Anteil freies Spiel und dennoch haben Draculas Versuche, Mina Harker seinem Willen zu unterwerfen, der Sitzung eine Art roten Faden verliehen.

Arthur Holmwood besitzt keine Sprengstoff-Fertigkeit, hat aber den Experten aus seinen Minen in London verabschiedet und trägt trotzdem noch jede Menge Dynamit mit sich herum. Ich rechne jederzeit damit, dass er in seiner Paranoia irgendeinen gewaltigen „Bang!“ auslöst und alles in die Luft jagt.

Die geistige Stabilität von Mina Harker ist gegenwärtig absolut an der Existenzgrenze (-11). Der Pool von Abraham Van Helsings Irrenarzt-Fertigkeit ist ebenfalls völlig geplündert, was nichts anderes bedeutet, als dass Mina bei der nächsten kleinen Beanspruchung wahnsinnig (und damit zum Nichtspielercharakter) werden wird. Ich bin noch nicht ganz sicher, wie ich damit umgehe... aber ehrlich gesagt gibt es auch Aspekte daran, die mir gefallen (wenn sie Spielercharakter bliebe, hätten die Agenten über Van Helsings Hypnose Fertigkeit die Möglichkeit, schon bald den Standort von Draculas Burg herauszubekommen. Mit dieser Information würde ich gern noch ein wenig warten).

Dr. Sewart, Van Helsing und Morris sind stabiler. Ich bin gespannt, wie das Abenteuer zu Ende geht. Vielleicht ja schon beim nächsten Mal.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 3.10.2018 | 19:54
Wie immer grossartig!
Ich hab in letzter Zeit so selten hier reingeschaut leider. Danke, dass Du weiterschreibst.

Mal eine Frage zu den ersten beiden Abenteuern (auf dem Balkan und in London mit dem Dolch) - Ich kann die im Directors Buch nicht finden.
Sind die aus Edom Files?
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 3.10.2018 | 20:51
Ja, das erste Abenteuer steht in den "Edom Files". Das zweite habe ich selbst gemacht. Der Dolch findet sich immerhin im Director´s Handbook.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 3.10.2018 | 21:50
Eine coole Idee mit dem zweiten Abenteuer.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 3.10.2018 | 22:08
Mit dem zweiten Abenteuer wollte ich eine Brücke zwischen dem etwas für sich stehenden ersten Balkanabenteuer und der eigentlichen Draculahandlung schlagen. Außerdem wollte ich die Gründung von Operation Edom als Abenteuer. Mein Abenteuer erzählt quasi, wie ein paar Briten sich in Sachen Vampirismus etwas spezialisieren und dann als Fachleute von der Regierung für den Geheimdienst angeworben werden können. Und dann wollte ich natürlich auch ein Jack-the-Ripper-Abenteuer, ist ja logisch. Das will jeder.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 8.11.2018 | 02:34
Against Dracula / 16. Sitzung
1894, Ankunft in Rumänien

Beteiligte Agenten:
Dr. Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 71 Jahre)
Wilhelmina „Mina“ Murray (Hilfslehrerin, 21 Jahre)
Dr. John „Jack“ Seward (Irrenarzt, 29 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 27 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 30 Jahre)

(https://st4.depositphotos.com/3321903/20979/i/450/depositphotos_209791444-stock-photo-church-granada-andalusia-southern-spain.jpg)
Festungsklosters St. Peter in Galati

Auf dem weiteren Weg nach Bukarest halten sich die Charaktere in Minas Abteil auf. Sie ahnen, dass Dracula Mina, sein Werkzeug, auf der Reise die eine oder andere Sabotage durchführen lassen hat und wollen weitere Vorkommnisse dieser Art verhindern. Zunächst kümmert sich Dr. Seward um Minas angegriffene Nerven. Als es ihr etwas besser geht, flößen ihr die anderen den bewährten Whiskey mit Schlafmittel ein, wodurch Mina bis zur Ankunft in Bukarest ausgeschaltet ist.

In der Stadt selbst essen die Charaktere gemeinsam gefüllte Hackfleischbällchen und trinken Zwetschgenschnaps. Beim Essen werden Pläne gemacht. Dr. Seward wirft die Frage auf, wie eigentlich verfahren werden soll, wenn die Charaktere in Varna Graf Dracula verpassen sollten. Arthur Holmwood bringt die Idee auf, dass sich die Gruppe nach der Heimatburg des Vampirs erkundigen könnten. Zunächst wird der Kellner des Restaurants, in dem sich die Charaktere befinden, befragt. Der Mann behauptet, dass die Burg Draculas in seinem Land ein geheimnisumwitterter Mythos ist und sich viele gelehrte Männer darüber streiten. Er selbst wisse leider viel zu wenig darüber, um Auskunft erteilen zu können. Immerhin kann er den Charakteren auf Nachfrage hin den Weg zur Universität weisen.

Eigentlich ist die Zeit viel zu knapp. Die Charaktere haben eine Stunde, dann fährt der Orientexpress weiter nach Varna. Sie versuchen es trotzdem, eilen in die Universitätsbibliothek, stecken dem Aufsicht führenden Bibliothekar ein paar Pfund zu und schnappen sich dann das erste einschlägige Buch zum Thema, das sie finden können. Dann eilen sie zurück zum Bahnhof.

Wieder im Zug liest Abraham Van Helsing – das einzige Mitglied der Gruppe, das Rumänisch kann – den Charakteren aus dem Buch vor. Leider erhält das Werk nicht viel mehr als irgendwelche Volksmärchen. Als Draculas Heimat wird das Siebenbürgener Schloss Bran in der Nähe von Brașov genannt. Wie vertrauenswürdig diese Information ist, weiß niemand. Die Reisenden ärgern sich. Dann schlägt Mina eine weitere Hypnose vor, um mögliche Informationen über Draculas Aufenthaltsort zu erhalten. Van Helsing versetzt sie in Trance und zum vierten Mal gelingt es Mina, mit ihrem Geist in den Körper Draculas zu fahren und an seinen Sinneswahrnehmungen teilzuhaben. Sie sieht nur Finsternis und fühlt sich entspannt und schläfrig. Draculas Aufenthaltsort wiegt leicht hin und her. Gedämpft und von oberhalb des Aufenthaltsortes Draculas sind Möwen zu hören, russische Seeleute rufen sich irgendwelche Befehle zu... offenbar befindet sich der Vampirfürst noch auf einem Schiff in Küstennähe.

Schließlich erreichen die Abenteurer Varna. Der allererste Weg der Gruppe führt sie zu der Telegraphenstation. Hier erfährt sie, dass die Zarin Katharina kürzlich in London einen Kurswechsel gemeldet hat: Sie habe nicht Varna, sondern Galati angelaufen. Also werden die Charaktere wohl nach Galati reisen müssen. Eine Fahrt mit der Kutsche über beschwerliche Wege dauert vier Tage. Zu lang! Die Charaktere buchen eine Schiffsreise und fahren an der Schwarzmeerküste nach Norden. Zuletzt fährt das Schiff einige Kilometer die Donau hinauf bis nach Galati.

Der Umweg über Varna hat die Gruppe insgesamt etwa zwei Tage gekostet. Als sie Galati erreicht, findet sie im Hafen die Zarin Katharina, allerdings wird das Schiff bereits wieder neu beladen. Abraham Van Helsing fragt sich bis zum Kapitän durch und will von ihm wissen, was ihn zu dem Kurswechsel veranlasst hat. Es dauert eine Weile, bis der Kapitän zu Van Helsing Vertrauen gefasst hat, dann erzählt er, dass er in Konstantinopel eine Ladung verderblicher Waren an Bord genommen habe, die oberste Priorität genossen. Er sei deshalb zuerst an deren Bestimmungsort – Galati – gefahren und plane nun auf dem Rückweg Varna anzulaufen um dort den Rest seiner Ladung abzuliefern. Van Helsing fragt daraufhin, ob der Kapitän außer der verderblichen Ladung noch etwas anderes in Galati abgeladen hat. Der Kapitän verneint. Als Dr. Seward die Sprache auf eine sargähnliche Kiste bringt, zuckt der Kapitän mit den Achseln, erlaubt den Charakteren aber, seinen Laderaum zu durchsuchen. Die Suche dauert drei Stunden und endet ohne Erfolg. Noch einmal sprechen die Charaktere mit dem Kapitän. Dr. Seward will wissen, ob es möglich sei, dass irgendein Seemann eine solche Kiste auf eigene Faust in den Lagerraum gebracht und wieder entladen hat. Bevor der Kapitän auf diese penetranten Fragen antwortet, will er jetzt erst einmal wissen, wovon überhaupt die Rede ist. Van Helsing erzählt ihm, dass sie einem Spion auf der Spur seien, der sich möglicherweise als blinder Passagier Zugang zum Schiff verschafft hat. Daraufhin trommelt der Kapitän seine Männer zusammen. Die Charaktere bekommen von dieser Versammlung nur aus der Ferne etwas mit, können aber mit anhören, wie Streit unter den Versammelten ausbricht. Schließlich sehen sie, wie zwei Männer mit gesenkten Köpfen das Schiff verlassen. Der Kapitän erzählt den Charakteren daraufhin, dass tatsächlich zwei seiner Männer in London heimlich eine Kiste an Bord genommen hätten, die sie hier in Galati genauso heimlich wieder entladen hätten. Er habe den Männern Straffreiheit zugesichert, dafür haben sie ihm erzählt, wohin sie die Kiste gebracht haben: Ins Festungskloster St. Peter.

Es ist Abend und die Gruppe nimmt sich ein Zimmer in dem Hafenhotel „Blauer Delphin“. Am nächsten Morgen mietet sie eine Kutsche, die sie zum Kloster bringen soll. Auf der halbstündigen Fahrt kommt Abraham Van Helsing mit dem Kutscher ins Gespräch, bekommt einige neugierige Fragen gestellt, erfährt aber immerhin, dass es gerüchtehalber unter dem Festungskloster St. Peter einen Geheimgang geben soll, der unter der Donau hindurchführt.

Schließlich stehen die Charaktere vor dem Kloster und klopfen an die Pforte. Ein Mönch in einer Kutte öffnet ihnen. Seine Kapuze ist so weit ins Gesicht gezogen, dass sein Gesicht nicht zu erkennen ist. Abraham Van Helsing bittet den Mann um eine Unterkunft für eine Nacht und bekommt irritierenderweise die Gegenfrage: „Seid ihr sicher, dass ihr hier übernachten wollt?“ Leicht beunruhigt bejahen die Charaktere, versuchen aber, sich im weiteren Gespräch ein besseres Bild von dem Mönch machen zu können und fragen ihn daher, ob er von einer Kiste wisse, die vor kurzem hier abgeliefert worden sei.  Der Mönch behauptet, er wisse davon. In der Kiste habe ein Toter gelegen, den man inzwischen beerdigt habe. Die Charaktere sind überrascht und erzählen dem Mönch, dass der Mann noch lebendig gewesen sei. Der Mönch reagiert ungläubig, stellt ihnen aber in Aussicht, den Sarg noch einmal auszugraben und nachzusehen. Zuerst einmal sollten sie jedoch ihr Zimmer in Augenschein nehmen. Die Gruppe bekommt nur ein Zimmer für alle angeboten. Auch Mina soll im selben Raum übernachten. Der Mönch weist auf einen Stapel mit Bettwäsche und fordert die Gruppe auf ihre Betten zu beziehen. Mina ahnt nichts Gutes und bleibt in der Nähe der Tür, wo sich auch der Mönch befindet. Dieser gibt Mina trotzdem überraschend einen Stoß, schlägt die Tür zu und schließt ab. Die Gruppe ist gefangen! Höhnisch lachend eilt der Mönch davon.

Arthur Holmwood kann nur mühsam davon abgehalten werden, sich den Weg mit seinem Dynamit frei zu sprengen. Mina Harker versucht mit ihrer Haarnadel die Tür zu öffnen, was ihr nicht gelingt. Etwas später hat Abraham Van Helsing allerdings mit genau derselben Methode Erfolg. Und nun? Die Gruppe überlegt, ob sie hier bleiben und den Mönch suchen sollen - denn niemand hat sein Gesicht gesehen und vielleicht ist es ja sogar Dracula selbst? - oder ob sie das Kloster verlassen sollen - womöglich über den Geheimgang. Vorerst eilen die Charaktere über einen Kreuzgang zu einer düster aussehenden Kirche. An den Wänden der Kirche hängen Ikonen, von denen eine den Namensgeber des Klosters, den heiligen St. Peter, zeigt. Mina Harker entdeckt in dem Werk allerdings auch eine beunruhigende Ähnlichkeit mit Graf Dracula. In der Nähe des Altarraums finden die Charaktere abwärts führende Stufen. Auf der Treppe finden sich Holzsplitter... Splitter von Graf Draculas Sarg, der hier möglicherweise die Treppe heruntergezogen wurde? Die Gruppe folgt den Stufen und landet in der Krypta. Hier entdeckt Mina Harker irgendwann einen Luftzug, der aus einer Wand zu strömen scheint. Nach ein paar Versuchen hat Dr. Seward eine Geheimtür in einen Gang hinein gedrückt.

Im Gang ist deutlich zu sehen, dass hier ein schwerer Gegenstand durch den Staub geschleift wurde. Die Gruppe folgt dem Geheimgang und tritt bei einem kleinen Felsmassiv wieder ans Tageslicht. Der Gang hat sie zwar nicht unter der Donau, aber unter einem kleineren Seitenarm hindurch geführt. In der Nähe befindet sich eine Landstraße, der die Charaktere in der nächsten Sitzung wohl weiter folgen werden.

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Die Spieler haben blöderweise ausgerechnet in Bukarest nicht nach Telegrammen gefragt. Ich hätte ihnen sonst dort bereits von der Kursänderung der Zarin Katharina erzählt. So erfuhren sie davon erst in Varna und mussten einen größeren Umweg in Kauf nehmen. Dracula hat etwas Vorbereitungszeit gewonnen! Im Kloster St. Peter hatte die Gruppe interessanterweise ihren ersten Refresh aufgrund von Gefangennahme. Das ist ganz gut angekommen.  Beim nächsten Mal folgt dann ziemlich sicher der Showdown, auf den ich schon sehr gespannt bin. Die Spieler haben großen Respekt vor ihrem Gegner und rechnen damit, möglicherweise gar nichts gegen ihn ausrichten zu können. Wir werden sehen. Immerhin gibt es da noch Arthur Holmwood, der eine Menge Dynamit dabei hat.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 18.11.2018 | 22:37
Wieder ein grossartiger Bericht! Danke!

Du hast das Festungskloster als Zuflucht Draculas genutzt. Gute Idee!
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Ludovico am 20.11.2018 | 20:35
Apropos noch eine Frage:
Wieso hat van Helsing die Brosche verkauft? Sollte das nicht Ärger in der Gruppe geben, denn immerhin gehört diese ja eigentlich der Familie.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 20.11.2018 | 22:51
Tja... warum hat Van Helsing die Brosche verkauft?

Die Gruppe hat bei der Brosche kein gutes Gefühl gehabt. Sie hat herausbekommen, dass Lucy Westenra die Brosche in Whitby am Strand gefunden hat... an dem Ort, an dem sie auch krank gewoden ist. Da lag der Verdacht nahe, dass das ein Gegenstand ist, über den Dracula versucht auf die Trägerin Einfluss zu nehmen. Daher hat Van Helsing Lucy die Brosche auch sehr schnell abgenommen und in seinem Arztkoffer verwahrt. Mina hat sie einmal versucht zu stehlen, was den Verdacht der anderen Charaktere auf einen Einfluss Draculas über den Gegenstand noch vergrößerte.

Als die Gruppe im Orientexpress unterwegs war, befand sie sich zum ersten Mal weit weg von England. Van Helsing hat die Gelegenheit genutzt, den unbequemen Gegenstand hier loszuwerden und dafür auch noch zu kassieren.

Den Verkauf hat Van Helsing allein durchgeführt. Die anderen Charaktere waren teilweise auch im Speisewagen, im Gespräch mit Poitou (und bei dem in diesem Zusammenhang durchgeführten Verkauf der Brosche) war Van Helsing aber allein. Es sieht für mich danach aus, als hätten die anderen Charaktere davon noch gar nichts mitbekommen können. Sie gehen wahrscheinlich davon aus, dass die Brosche noch in Van Helsings Arztkoffer ist.

Ich glaube aber auch nicht, dass jemand allzu sehr meckern würde. Mein Eindruck ist, dass die Gruppe im Großen und Ganzen ganz froh sein dürfte, wenn sie sich eines solchen düsteren Gegenstandes auf so elegante Weise entledigen kann.

Dass Van Helsing den Erlös kurzerhand in die eigene Tasche gesteckt hat, ist natürlich eine andere Geschichte...
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 18.12.2018 | 03:59
Against Dracula / 17. Sitzung
1894, Der Zerfall der Gemeinschaft

Beteiligte Agenten:
Dr. Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 71 Jahre)
Wilhelmina „Mina“ Murray (Hilfslehrerin, 21 Jahre)
Dr. John „Jack“ Seward (Irrenarzt, 29 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 27 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 30 Jahre)

(https://images-wixmp-ed30a86b8c4ca887773594c2.wixmp.com/intermediary/f/7fd27331-bfcc-4aba-b02f-e2f676de4f60/d50hjo2-9a377d83-238f-4188-b0f1-dad75eebb671.jpg)
Zigeunerlager bei Andreiașu de Jos

Nach einer kurzen Inspektion des Ortes nähert sich den Charakteren auf der staubigen Landstraße rumpelnd ein Ochsenkarren. Abraham Van Helsing unterhält sich mit dem Bauern, der auf dem Weg ins etwa 70 Kilometer entfernte Focșani ist, wo er seine Käselaibe verkaufen will. Van Helsing befragt den Mann nach verdächtigen Reisenden, bekommt aber keine zufriedenstellende Antwort. Dem Bauer sind keine zwielichtigen Gestalten begegnet. Dann wird er auf Graf Dracula und seine Burg angesprochen. Zunächst antwortet der Bauer erschrocken und erzählt stotternd ein paar folkloristische Geschichten. Als Van Helsing wissen will, wo sich Burg Bran befindet, stellt sich heraus, dass es wohl noch etliche Kilometer bis dorthin sein muss. Der Bauer kann gar nicht genau sagen, wo sie sich befindet und behauptet, sie sei irgendwo im Landesinneren. Da Van Helsing aber unbedingt Hinweise zu Graf Dracula suche, könne er ja stattdessen in Câmpineanca beginnen. Der Ort liege nur wenige Kilometer hinter Focșani und werde von der Burgruine Craciuna überragt. Diese Burg habe zu seinen Lebzeiten für Graf Dracula eine gewisse Bedeutung gehabt.

Da die Charaktere keine andere Spur haben, beschließen sie zunächst, mit dem Bauern nach Focșani zu fahren. Während ein paar Pfunde den Besitzer wechseln kann es sich Arthur Holmwood aber nicht nehmen lassen, mit einer Tasche voller Dynamit zurück in den Geheimgang zu klettern, eine Sprengladung anzubringen und Draculas Versorgungsrouten zu zerstören, wie er es ausdrückt. Der Bauer bekommt einen großen Schreck und will wissen, was los sei. Die genauen Gründe sind ihm aber relativ egal. Er gehört zur pragmatischen Sorte Mensch und fragt schnell, ob es den Charakteren unangenehm wäre, wenn er seinen Freunden und Bekannten von dieser Explosion berichten würde. Noch ein paar weitere Pfunde wechseln den Besitzer, dann setzt sich der Ochsenkarren ruckelnd in Bewegung.

Ein Tag später machen die Charaktere in einem winzigen Bauerndorf einen Zwischenstopp. Der Bauer hat hier Bekannte, die die Reisenden in der Scheune übernachten lassen. Noch ein Tag später erreichen sie Focșani. Hier sucht Abraham Van Helsing einen Arzt auf. Er hofft von einheimischen Medizinern ein paar Insidertipps zur Behandlung von Vampirkrankheiten zu bekommen. Das einzige Mittel, dass ihm der ansässige Doktor geben kann, ist aber eine große Flasche üppig-süßlichen Rotweins. Nach einer Übernachtung in einer Herberge mieten sich die Charaktere einen Eselskarren und ziehen mit ihm zur nahe gelegenen Burg Craciuna. Sie liegt in 300 Meter Höhe auf einem Bergrücken. Aus herumliegendem Geröll ragen hier noch weitgehend intakte Burgmauern und ein Hauptgebäude mit eingestürztem Dach heraus. Die Nebengebäude sind weitgehend zerstört. Die Ruine grenzt an drei Seiten direkt an den Abgrund, an einer Stelle ist ein Teil der Burgmauer und ein Turm durch Erdabsenkungen abgetragen worden und liegen als Steinhaufen verstreut den Abhang hinab. Die Charaktere machen sich über die einzig passierbare Bergseite auf, den Hügel zu besteigen. Mina hat einen Moment lang das Gefühl, beobachtet zu werden, sie spürt, wie sich scheinbar mehr oder weniger menschliche Blicke in ihren Rücken bohren. Zu sehen ist niemand, als aber ihre Mitreisenden daraufhin die Umgebung genauer in Augenschein nehmen, fällt ihnen erst auf, wie tückisch der Hang eigentlich ist: an einigen Stellen tun sich inmitten des Gerölls vor den Füßen plötzlich Kaninchenlöcher und irgendwelche Luftschächte  auf. Der Aufstieg ist zeitaufwändig und gefährlich, das vorsichtige Vorgehen der Charaktere verhindert aber verstauchte Knöchel und gebrochene Beine.

Am Burgtor angelangt erblickt die Gruppe eine schläfrige Wache, neben der ein Gewehr an der Mauer lehnt. Als die Charaktere näher kommen wird der Mann etwas munterer, informiert sie darüber, dass sie aus der Ruine nichts mitnehmen dürfen und rät ihnen außerdem, den eingestürzten Stellen nicht zu nahe zu kommen. Van Helsing will wissen, ob sich noch jemand in der Burg befindet, worauf die Wache behauptet, ein verrückter Wissenschaftler turne irgendwo in den Wehrgängen herum, sonst sei niemand hier.

Schließlich betreten die Charaktere den alten Burghof, von dem aus etliche Tore und Torbögen in benachbarte Räume und Höfe führen. In der Mitte steht ein ausgetrockneter Brunnen, die Ketten der Tormechanik sind verrostet. Irgendetwas stimmt nicht. Es scheint, als neigten sich die steinernen Wände der Festung nach innen und ein Blick nach oben enthüllt nur einen kleinen Flecken grauen Himmels.

Zunächst begibt sich die Gruppe auf die glitschigen und unebenen Wehrgänge der Ruine und bewundert eine phantastische Aussicht. Die tieferliegenden Burggebäude sehen klein und unbedeutend aus, dahinter erstrecken sich die schwarzen Karpathen über den gesamten Horizont hinweg. Etwas später bemerken die Charaktere einen Mann Ende 30, der auf sie zukommt. Er stellt sich ihnen als der rumänische Historiker Dimitrie Onciul vor, der vor zwei Jahren seine Schrift „Radu Negru şi originile principatului Ţării Româneşti“ (Radu Negru und die Anfänge des Fürstentums der Walachei) veröffentlicht hat und nun aufgrund eines Hinweises überprüft, ob seine Thesen weiterhin Bestand haben können. Er überprüft die Verteidigungstüchtigkeit der Wehrgänge zu unterschiedlichen Seiten. Nach ein paar freundlichen Worten berichtet er vom Bergfried, in dem sich ein Verlies und eine Krypta befinden soll, woraufhin sich die Charaktere verabschieden und an ebendiesem Ort nach dem Rechten sehen.

Das Verlies ist ein bedrückender, hoher Raum mit wenigen Fensterschlitzen in höchster Höhe. Von der Decke hängt ein schräg angebrachtes, rostiges Kreuz. Arthur Holmwood erkennt, dass es einst verspiegelt war. Inzwischen sind allerdings die meisten Spiegel abgefallen und auf dem Gestein zerbrochen. Die Gruppe überlegt, ob über die Spiegel Sonnenlicht in den Kerker geworfen wurde. Dann entdeckt Abraham Van Helsing an einer Seite ein paar in die Wand eingeritzte Worte. Auf Rumänisch steht dort: „Vlad wird mich rächen.“ Van Helsing erklärt, dass das der Vorname Draculas war.

Schließlich betritt die Gruppe über eine ebenerdig gelegene Kapelle eine dunkle und kalte Krypta. An den Wänden befinden sich hier viele geschnitzte Figuren, die so abgenutzt sind, dass sie nur noch vage menschlich scheinen. Einige von ihnen sind seltsam verzogen und machen einen unheimlichen Eindruck. In einigen Nischen scheinen Schatten zu lauern, die sich bei genauerer Betrachtung als geschwärzte Heiligenfiguren entpuppen. Mina Harker entdeckt frische Fußspuren, die zu einer Wand führen. Sie macht sich gemeinsam mit Arthur Holmwood auf die Suche nach Geheimtüren oder ähnlichen Mechanismen. Abraham Van Helsing, Dr. Seward und Quincey Morris begutachten inzwischen die Särge, die in der Krypta aufgebahrt sind. Einer von ihnen trägt ein Messingschild mit der Gravur „Radu cel Frumos“ [Radu der Schöne] 1437 – 1475. Die Männer heben neugierig den Deckel ab, stoßen aber lediglich auf ein Skelett.

In dem Moment, wo Arthur Holmwood und Mina Harker einen geheimen Ausgang aus der Krypta entdeckt haben und sich am Öffnungsmechanismus zu schaffen machen, fällt plötzlich der Deckel eines Sarges zu Boden. Seinem Inneren entsteigt ein abgerissener Mann mit irrem Gesichtsausdruck. Er ruft „Nein, ihr werdet dem Meister nicht folgen!“ Dann greift er ins Sarginnere, holt einen großen Schenkelknochen hervor, zerbricht ihn über seinem Knie und geht dann mit zwei improvisierten Knochendolchen auf Abraham Van Helsing los. Nach einem Dolchstoß Quincey Morris´ und einem Schuss Arthur Holmwoods stürzt der Mann zu Boden. Van Helsing ist allerdings verwundet und muss verarztet werden.

Schließlich öffnen die Charaktere die Geheimtür, folgen einem weiteren langen Gang und gelangen schließlich an einer Bergflanke ins Freie. Ein paar hundert Meter entfernt befindet sich ein kleines Dorf. Hier befragt Van Helsing erneut die Dorfbewohner nach verdächtigen Reisenden und erfährt von ihnen schließlich, dass am vorangegangenen Tag eine Gruppe Zigeuner in ihren Wägen durchs Dorf gekommen sei. Van Helsing erfragt die Richtung, will dann wissen, ob das auch die Richtung sei, in der Burg Bran liege und als die Dorfbewohner dies bejahen, beschließen die Reisenden in der Richtung fortzufahren.

In der Abenddämmerung erreichen die Charaktere ein weiteres kleines Dorf namens Andreiașu de Jos. Hinter den Häusern sehen die Reisenden auf einer Wiese acht Wohnwagen stehen. Aus dem Boden steigen dort seltsame Erdfeuer auf, auch ein Lagerfeuer brennt und zwischen den Wagen sind einige Zigeuner zu sehen. Abraham Van Helsing glaubt sich am Ziel und sagt seinen Gefährten, er wolle zunächst allein mit den Leuten reden. Einem alten Mann werden sie schon nichts tun. Seine Gefährten verstecken sich hinter einem nahe gelegenen Haus, dann nähert sich Van Helsing den Zigeunern.

Offen verkündet er, dass er mit Dracula sprechen wolle. Die Zigeuner versuchen ihn zunächst abzuwimmeln, Kinder rennen johlend um Van Helsing herum und zerren ihm am Rockschoß, woraufhin Van Helsing allerdings ins dramatische Fach wechselt. Er erzählt den Leuten, wie er es auf seinen Reisen zu schätzen gelernt hat, unterwegs zu sein, er hege daher große Sympathie für den Lebensstil der Zigeuner, ja, im Prinzip sei er einer von ihnen. Nun habe er sie endlich gefunden und wolle ihrem Herrn, dem Grafen Dracula, ein Angebot machen. Graf Dracula ist nicht weit, hört den Aufruhr und nimmt mentalen Kontakt zu Mina Harker auf. Er erkennt, dass Mina und ihre Begleiter in der Nähe sind und beauftragt Mina, die Pläne seiner Verfolger zu sabotieren, wo sie nur kann. Die Zigeuner fühlen sich von Van Helsings Worten allerdings geschmeichelt, werden unsicher und bringen den Doktor schließlich zum einzigen Wohnwagen, dessen Fenster mit Holzläden verriegelt ist. Die Zigeuner klopfen an und künden dem Bewohner des Wagens den Besucher Van Helsing an. Ein Riegel wird beiseite geschoben, die Tür öffnet sich und eine Stimme erklingt von innen: „Tritt ein, Van Helsing!“

Van Helsing betritt den Wagen und steht vor Graf Dracula. Hier macht er dem Vampirfürsten ein Angebot, das eines deutschen Spions würdig ist: Da sich England als wenig gastfreundlich erwiesen habe, biete Van Helsing dem Grafen zu den gleichen Konditionen ein Haus im deutschen Kaiserreich an. Dracula überlegt einen Moment und stellt eine Bedingung: Van Helsing möge das Abkommen doch durch ein Schluck roten Weines besiegeln! Er sticht sich in seinen Finger und lässt ein paar Tropfen Vampirblut in ein nahestehendes Glas tropfen. Van Helsing weiß, was ihm bevorsteht, hat aber keine Ahnung, wie er sich aus dieser Falle herauswinden soll. Daher trinkt er schließlich und gibt sich geschlagen. Im Folgenden besprechen Dracula und Van Helsing das weitere Vorgehen. Van Helsing soll Dr. Seward, Quincey Morris und Arthur Holmwood daran hindern, dass sie Dracula weiter verfolgen. Wie er das anstellt ist seine Sache. Dann soll er Mina Harker mitnehmen und in Varna auf den Vampirfürsten warten. Dracula werde ihm in etwa drei Wochen folgen und dann mit Van Helsing und Mina Harker im Orientexpress nach München fahren.

Schließlich kehrt Abraham Van Helsing zu Arthur Holmwood, Quincey Morris, Dr. Sewart und Mina Harker zurück. Er erzählt seinen Gefährten, dass sie in Rumänien von Anfang an einer falschen Spur gefolgt seien. Er habe gesehen, dass Dracula sich hier gar nicht aufhalte. Er sei wahrscheinlich längst in seiner Burg und habe sich dort verschanzt. Er, Dr. Van Helsing, verspüre jedenfalls keinen Bedarf mehr nach ziellosen Verfolgungsjagden und werde nach England oder Deutschland zurückkehren. Wenn Holmwood, Morris und Sewart unbedingt wollten, könnten sie aber gern noch Burg Bran suchen und in die Luft sprengen. Mina Harker pflichtet Van Helsings Worten bei und äußert ebenfalls den Wunsch, die Verfolgung aufzugeben. Auf ihren ungesunden Hang zu Dracula angesprochen, behauptet sie, noch einmal Dr. Freud in Wien aufsuchen zu wollen. Außerdem sei sie überzeugt, dass genügend Zeit und Entfernung ihre Heilung beschleunigen werde.

Das Erstaunliche geschieht: Holmwood, Morris und Dr. Seward geben auf. Sie kehren in den nahen Gasthof „Der Kupferkessel“ ein und wollen zum Abschluss ihres Abenteuers noch eine Runde zechen. Holmwood betrachtet beim Austreten vor der Tür, wie sich auf dem nahen Feld die Wohnwagen in Bewegung setzen. Einer der Wohnwagen, das sieht er genau, ist mit hölzernen Fensterläden verriegelt. Er kehrt in das Gasthaus zurück, berichtet von seiner Beobachtung und spielt mit dem Gedanken, doch noch diesen einen Wohnwagen sicherheitshalber in die Luft zu sprengen. Aber Van Helsing und Mina Harker haben bereits Dr. Sewart und Quincey Morris davon überzeugt, dass der zunehmend paranoide Arthur Holmwood zu einem untragbaren Sicherheitsrisiko geworden ist. Die vier Gefährten haben daher Holmwoods Dynamitvorräte während seiner Abwesenheit gewässert und damit unbrauchbar gemacht. Holmwood entdeckt den Verrat kurz nach seiner Rückkehr. Er verkündet mit keinem der Anwesenden mehr etwas zu tun haben zu wollen und zieht sich in sein Zimmer zurück. Mit dem adligen Holmwood sind den Reisenden soeben auch die finanziellen Mittel zur Rückreise entglitten.

Ratlos beschließen die übrigen Gefährten, zu Bett zu gehen und am nächsten Morgen weiterzusehen.

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Eins nach dem anderen: Die Verfolgungsjagd hat relativ gut funktioniert. Ich habe ein bisschen auf´s Gas getreten und immer relativ schnell ein paar auskunftsfreudige Mitmenschen präsentiert, sodass die Gruppe flott vorangekommen ist.

Dann kam der Showdown... und der ist einfach implodiert. Keine finale Explosion, kein heroischer Endkampf... Van Helsing lässt sich einfach von Dracula übernehmen, worauf er mit Mina zusammen die übrigen davon überzeugt, die Verfolgung aufzugeben. Niemand weiß, dass Van Helsing in Draculas Wohnwagen war und was dort geschehen ist. Niemand weiß, dass er in Wahrheit ein deutscher Spion ist. Alle glauben ihm, dass er die Wahrheit sagt und kehren deshalb um.

Der Spieler von Dr. Seward war nicht anwesend und weil auch er noch sein Schärflein zum Abenteuerabschluss beitragen können soll, haben wir den allerletzten Schluss des Abenteuers bis zum nächsten Mal vertagt. Bis dahin kann auch ich mir noch einmal genau überlegen, wie ich auf diesen Schluss reagiere. Insbesondere bleibt die Frage, was Dracula nun tut. Ich halte es für abwegig, dass er sich nach der Enttäuschung in England gleich in ein nächstes Abenteuer in Deutschland stürzt. Mit Mina Herker und Van Helsing hat er jetzt zwei Infizierte, die ihm Gehorsam schulden, aber ist es nötig, die beiden nochmal gegen Dr. Sewart, Quincey Morris und Arthur Holmwood vorgehen zu lassen, wenn diese Rumänien sowieso verlassen wollen? Vielleicht braucht Dracula wenigstens noch ein bisschen frisches Blut und irgendeiner der Charaktere wird zum Zeugen, wie er Mina in der Nacht in seinen Wagen lockt, wo er sie dann endgültig aussaugt... hat noch jemand andere Ideen?

Für die Kampagnenplanung ist der Schluss zwar vielleicht ein wenig unspektakulär, passt aber zum Plot. Die viktorianischen Gentlemen haben Dracula weder instrumentalisieren noch vernichten können. In den nächsten Abenteuern wird aus dem Edom Club eine Spezialeinheit des britischen Geheimdienstes, die die nächste Konfrontation mit dem Fürsten der Vampire hoffentlich gründlicher vorbereiten wird.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Hotzenplot am 18.12.2018 | 07:30
Zitat
Vielleicht braucht Dracula wenigsten noch ein bisschen frisches Blut und irgendeiner der Charaktere wird zum Zeugen, wie er Mina in der Nacht in seinen Wagen lockt, wo er sie dann endgültig aussaugt... hat noch jemand andere Ideen?

Mmh, ich finde das Ende eigentlich sehr gut so, wie es ist. Ich hätte nicht den Anspruch, jetzt noch einen drauf zu setzen. Verstehe ich das richtig, dass du aber ohnehin noch eine Spielsitzung machen willst, weil einer der Spieler fehlte? Warum nicht eher einen Ausklang spielen, in dem der Betrug von Helsings sich entfaltet, zum Beispiel 1-2 Szenen in Deutschland?
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 18.12.2018 | 09:24
Ja, mal sehen. Vielleicht reicht es auch, so wie´s gelaufen ist. Meine Spieler waren eben ein bisschen erstaunt, als ich "Wenn ihr das so wollt, dann kommt es eben so!" gesagt und nicht noch endlos eskaliert habe.

Die Geschichte mit Abraham Van Helsing ist nicht ganz einfach. Dracula wird nicht mit nach Deutschland kommen, er hätte aber die Möglichkeit, Van Helsing in Rumänien zu behalten. Wo auch immer er sich aufhält: Dracula braucht einen Plan, was er mit ihm vorhat. Van Helsing ist schon alt. Entweder wird er bald sterben... oder Draculas Blut hält ihn noch eine Weile am Leben... oder Dracula beschließt, ihn endgültig zu einem der seinen zu machen.

Ein Ausklang beim nächsten Mal finde ich völlig o.k. Ich will nur dem abwesenden Spieler noch die Gelegenheit geben "nein" zu sagen. Es kann sein, dass er Abraham Van Helsings Wandel bemerkt und ihm misstraut, dann könnte alles nochmal ein bisschen anders weitergehen. Wahrscheinlicher ist aber, dass es so bleibt, wie es gelaufen ist. Geklärt werden muss jedenfalls noch das weitere Schicksal der Charaktere.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Scimi am 18.12.2018 | 10:31
Ich würde auch sagen, dass es ein guter Abschluss ist. Das Thema von Edom ist ja ein bisschen, dass Dracula dauernd unterschätzt wird und Fehler gemacht werden — daher wirkt das Ganze vielleicht ein bisschen antiklimatisch, aber setzt eigentlich ganz schön den Ton.

Wenn die Engländer rauskriegen würden, dass sie verraten wurden, könnte das die Notwendigkeit und Gründung von Edom bedingen. Denn die Sache motivierten Amateuren zu überlassen funktioniert ja offensichtlich nicht. Nach einem Debriefing könnte Peter Hawkins oder wer-auch-immer beschließen, dass das ganze besser in die Hände von erfahrenen, zuverlässigen Männern mit entsprechenden Verbindungen und Mitteln gelegt wird.

Für Dracula ist die Sache ja sehr knapp ausgegangen. Er könnte zu dem Schluss kommen, dass er erst besser mit den Regeln einer modernen Welt mit ihren schnellen Reise- und Kommunikationsmöglichkeiten zurechtkommen muss und dass das Führen aus vorderster Schlachtreihe vielleicht eine zu gefährliche Taktik ist. Mit Van Helsing hat er jetzt eine Möglichkeit, es in einem anderen modernen Land nochmal auf eine ganz andere Art zu versuchen, mit Dienern und Strohmännern und einer viellagigen Verschwörung. Womöglich wird das daran scheitern, dass Van Helsing zwar ein fähiger und intelligenter Mann ist, aber andererseits auch ein Spinner und Sonderling mit sehr begrenztem Einfluss in der preußischen Aristokratie. Zudem ist das nach-bismarcksche Kaiserreich gerade dabei, sich weltpolitisch in eine eher ungünstige Position zu bringen und in ca. 20 Jahren, wenn Dracula vielleicht sein Netzwerk aufgebaut und alle Spielsteine positioniert hat, wird die unkontrollierte Eskalation des 1. Weltkriegs letztlich alle Pläne und aufgebauten Strukturen durchrühren und nichtig machen. Dann würde Dracula wieder bei 0 anfangen müssen, hätte aber auf dem Weg einiges über europäische Machstrukturen, moderne Politik und die Schattenwelt internationaler Agenten und Spione gelernt…

Dem entsprechend würde ich erwarten, dass es vielleicht in nächster Zeit gar nicht zu einer direkten Konfrontation mit Dracula kommt und eher irgendwelche Diener und rechten Hände benutzen — die Bräute, Graf Orlok, Carmilla, die Gräfin von Dolingen, Lord Ruthven, Gräfin Erzsébet Báthory (und vielleicht eine durchtriebene Mina oder ein monströser Van Helsing?) etc. würden hier vielleicht besser passen. Besonders, wenn solche Erzvampire später noch in der Kampagne auftauchen sollen, könnte man die hier schon als Schurken Charakter und Eigenheiten etablieren, so dass sie später nicht einfach aus dem Nichts erscheinen.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 18.01.2019 | 03:42
Against Dracula / 18. Sitzung
1894, Nachwehen

Beteiligte Agenten:
Dr. Abraham Van Helsing (niederländischer Mediziner und Universalgelehrter, 71 Jahre)
Wilhelmina „Mina“ Murray (Hilfslehrerin, 21 Jahre)
Dr. John „Jack“ Seward (Irrenarzt, 29 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 27 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 30 Jahre)

(https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3e/Galati_Strada_Domneasca.jpg)
Hotel Metropol in Galati

Am nächsten Morgen appelliert Quincey Morris noch einmal an Arthur Holmwood und beschwört seine Freundschaft zu ihm. Im Moment scheint die Stimmung aber vergiftet zu sein. Holmwood bleibt ihm gegenüber misstrauisch und vermutet (nicht ganz zu Unrecht), dass Morris an der Vernichtung seiner Dynamitvorräte beteiligt gewesen war. Ohne ein weiteres Wort verlässt Holmwood die Gastwirtschaft, bezahlt einen Bauern, der ihn nach Galati zurückbringt, fährt von dort aus nach Varna und organisiert sich ein Ticket für den Orientexpress, in dem er seine Rückreise nach England antreten wird.

Quincey Morris, Mina Harker, Dr. Abraham Van Helsing und Dr. Sewart beraten sich, legen ihr restliches Bargeld zusammen und kehren etwas später ebenfalls nach Galati zurück. Dr. Sewart ist allerdings noch nicht restlos davon überzeugt, ob es wirklich eine gute Idee ist, Dracula so mir nichts, dir nichts den Rücken zuzukehren. Er beobachtet auf der Reise immer wieder aufmerksam Mina Harker und erkundigt sich nach ihrem Wohlbefinden. Mina macht allerdings in seinen Augen nicht unbedingt den Eindruck, als müsse sie derzeit aufgrund irgendeiner mentalen Verbindung zu Dracula Qualen erleiden. Insgeheim erzählt er Van Helsing von seinen Beobachtungen. Van Helsing pflichtet ihm bei und beruhigt ihn: in seinen Augen habe Mina eine echte Chance... auch ohne Graf Dracula zur Strecke zu bringen. Die vier Reisenden beschließen, in Galati eine günstige Schiffspassage für ihren Rückweg zu ordern. Van Helsing scheint mit der Abreise allerdings noch Zeit zu haben: Nachdem sich alle Reisenden im Hotel Metropol einquartiert haben, überredet er seine Freunde zu Vergnügungstouren aufs  Land und Bootstouren auf der Donau. Dabei sprechen die Reisenden über ihre Pläne und es stellt sich heraus, dass Morris, Sewart und Mina Harker nach England zurückkehren wollen, Dr. Abraham Van Helsing erklärt aber, dass ihn seine weiteren Pläne nach Deutschland führen.

Schließlich drängen Dr. Sewart und Quincey Morris doch zum Aufbruch. Sie kaufen für sich, Mina Harker und Abraham Van Helsing ein Ticket für eine Schiffsreise nach Calais, wo sich die Englandrückkehrer von Abraham Van Helsing verabschieden wollen. Am Morgen vor ihrer Abreise geschieht allerdings noch etwas Beunruhigendes. Van Helsing, Sewart und Morris sitzen beim Frühstück und warten auf Mina Harker. Die erscheint jedoch nicht. Die drei Männer lassen sich Mina Harkers  Zimmer zeigen: Mina ist nicht da und ihr gesamtes Gepäck ist verschwunden. Die Männer erkundigen sich weiter nach ihrem Verbleib und bekommen von einem Nachtportier erzählt, dass Mina in aller Herrgottsfrühe mit ihrem Koffer das Hotel allein verlassen hat. Die Männer beginnen hektisch nach ihr zu suchen, verschieben deshalb sogar ihre Abreise, aber was sie in den nächsten Tagen auch anstellen mögen: Es nützt nichts, Mina bleibt verschwunden. Deprimiert treten Dr. Sewart und Quincey Morris schließlich doch die Rückreise an und lassen Mina Harker in Rumänien zurück. Auch Dr. Abraham Van Helsing macht auf der Rückfahrt einen bekümmerten Eindruck.

Ein halbes Jahr später bekommt Arthur Holmwood in England Besuch von einem unscheinbaren, blassen Mann in grauem Trenchcoat. Der Mann berichtet Holmwood, dass die britische Regierung interessiert an seinen Erlebnissen mit Graf Dracula sei und gerade eine Geheimdienstabteilung zusammenstelle, die Wissen um Vampire zusammentrage und nach Möglichkeiten suche, Vampirismus im Dienst der Krone nutzbar zu machen. Holmwood holt aus und verpasst dem Mann einen gewaltigen Kinnhaken. Der Mann geht zu Boden und reibt sich stöhnend die Wange. Holmwood erklärt ihm, dass er nach seinen Worten wissen wollte, ob nicht vielleicht der Mann selbst ein Vampir sei. Nachdem er ihn so einfach zu Boden gestreckt habe, sei er sich aber sicher, dass er es nicht mit einem solchen zu tun hat. Der Mann macht gute Miene zum bösen Spiel und erklärt Holmwood, dass es gerade diese Tatkraft im richtigen Moment sei, die  auf dessen Erfahrung und damit auch Eignung für die in Aussicht gestellte Berufung hindeuteten. Holmwood scheint nun aufgrund der Bauchpinselei geschmeichelt und sagt kurzerhand zu. Während er unterzeichnet fragt er, ob denn schon jemand außer ihm als Mitarbeiter gewonnen werden konnte. Der Mann zeigt ihm eine vorläufige Liste der Kollegen. Eingetragen sind folgende Namen: Mr. Andrew F. Crosse, Miss Annie Smith Peck, Mr. James Clockwork, Mr. Jackson und Quincey Morris. Den Namen des letzten Mitarbeiters nimmt Arthur Holmwood mit einem schiefen Grinsen zur Kenntnis.

Zwei weitere Jahre später bekommt Quincey Morris von seinem Chef ein Buch in die Hand gedrückt. Der Chef sagt: „Hier, Morris! Das ist ein Buch vom Bruder des Rippermörders, diesem Schriftsteller Bram Stoker. Weil wir Gras über die Sache wachsen lassen haben und der Name seiner Familie dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde, stand er in unserer Schuld. Als Gerüchte über die Draculageschichte aufkamen, haben wir ihn gebeten, einen Roman aus ihnen zu machen. Wenn er veröffentlicht wird, wird jeder glauben, dass es sich um reine Fiktion handelt. Wenn du ihn liest, dann überlege dir doch, ob du dich nicht noch an ein paar wissenswerte Details mehr erinnerst.“ Morris schnappt sich den Roman und nimmt ihn mit nach Hause.

Vor diesem Ereignis kommt es in London aber noch zu einer anderen denkwürdigen Angelegenheit. Davon beim nächsten Mal mehr.

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Das war ein Abend, an dem hauptsächlich Weichen für die Zukunft gestellt wurden. Unser großes Abenteuer ist ordentlich beendet und entsprechende Epiloge sind erzählt worden. Die Optionen, von denen Scimi im letzten Beitrag geschrieben hat, sind alle noch möglich und werden von mir auch angestrebt. Während des Aufbaus von Operation Edom werden die beteiligten Agenten wohl erst Informationen sammeln und sich währenddessen mit Draculas Helfern auseinander setzen müssen.

Wie es in den Ausführungen zur Kampagnenidee „Unto the 4th Generation“ im „Dracula Dossier: Directors Handbook“ vorgeschlagen wird, bin ich an den Spieler von Quincey Morris Stokers „Dracula“ losgeworden und habe ihm den Auftrag gegeben, er solle ihn „als Quincey Morris lesen“ und entsprechend kommentieren, damit das Buch im Bücherschrank der Geheimdienstorganisation Operation Edom auch späteren Generationen von Agenten noch nützlich sein kann. Er hat zumindest erstmal angebissen. Ich bin sehr gespannt, was dabei herauskommt.

Als nächstes sind wir eine Liste mit allen bisher eingesetzten Spielerfiguren durchgegangen. Wir haben uns angeschaut, in welchem Alter die Betreffenden gegenwärtig sind, haben uns über mögliche Schicksale unterhalten und dann überlegt, welche von ihnen als mögliche Agenten von Operation Edom in Frage kommen könnten.

Zuletzt haben wir eine neue Gruppe Spielerfiguren erstellt, mit der wir beim nächsten Mal in ein neues Abenteuer einsteigen werden.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Hotzenplot am 18.01.2019 | 07:50
Cool! Ich bin gespannt, was von Helsing noch macht - oder ist das ein Faden, der lose liegen gelassen wird?

Heißt das, dass der Spieler von Morris tatsächlich Bram Stokers Dracula liest und dann wirklich Kommentare dran macht? Wäre natürlich unglaublich stark!
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 18.01.2019 | 08:04
Ja, er liest tatsächlich Stokers Dracula. Ob er das fertig liest... und ob er das Buch dann auch noch ausführlich und schriftlich kommentiert... das ist die nächste Frage. Immerhin hat er mich aber darum gebeten, ihm nochmal alle Spielberichte zuzuschicken, weil er sich als Spieler an der ein oder anderen Stelle nicht mehr ganz sicher ist, wie es gelaufen ist. Das zeigt zumindest schon mal guten Willen.

Van Helsing werde ich wohl irgendwann als Nichtspielerfigur verwenden. Ich habe zwei Möglichkeiten im Kopf und muss noch ein bisschen drüber nachdenken, welche die bessere ist.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 15.02.2019 | 20:59
Deep Waters / 19. Sitzung (Einleitung)
1895, Mord auf der Themse

Beteiligte Agenten:
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten der britischen Justiz, 42 Jahre)
George McCanner (Privatdetektiv, 36 Jahre)
Thomas Wallace (V-Mann mit Kontakten zur Londoner Unterwelt, 36 Jahre)
Inspector Hauke (Kommissar, 45 Jahre)
Katherine Avery (Journalistin, 27 Jahre)

(http://www.thamesdiscovery.org/images/423.jpg)
River Thames

Einleitung

Unsere Geschichte beginnt mit dem Privatdetektiv George McCanner. Er macht anlässlich des Geburtstags seiner Schwester Barbara Strassow an einem schönen Sonntag im Mai mit ihr und ihrer Familie einen kleinen Ausflug mit dem Ausflugsdanpfer River Thames den Fluss entlang. Teilnehmer sind neben den Geschwistern Barbaras Söhne Charlie und Jerry sowie ihr Mann Victor Strassow. Bei bester Stimmmung schippern die Beteiligten flussabwärts durch London und machen schließlich am Wendepunkt Halt an der London Bridge, wo die Passagiere den Billingsgate Market in der nahen Lower Thames Street, Londons größten und ältesten Fischmarkt, besuchen können. Auf dem Rückweg folgen Victor und sein Schwager den anderen langsam nach, weil sie in ein interessantes Gespräch vertieft sind. Als sie aus den Markthallen heraus auf die Straße treten, kommt wie aus heiterem Himmel ein offensichtlich wild gewordenes Pferd samt zugehörigem Fuhrwerk geradewegs auf die beiden zugerast, so dass sie sich nur durch einen kühnen Sprung zur Seite in Sicherheit bringen können. Nach dem ersten Schrecken lachen alle: Der arme Besitzer sieht zu drollig aus, wie er panisch hinter seinem selbständig gewordenen Wagen her rennt, um ihn zu stoppen.

Der Zwischenfall kann die gute Stimmung nicht trüben und man passiert endlich auch das neue Wahrzeichen Londons – die erst kürzlich feierlich eingeweihte Tower Bridge. Danach widmen sich alle ihrem Sonntagskuchen. In 20 Minuten soll die Bootsfahrt vorbei sein, denn dann hat der Dampfer sein Ziel an den London Docks in Whitechapel erreicht.

Leider hat sich Victors gute Stimmung inzwischen verflüchtigt, denn anscheinend verträgt er das sanfte Schaukeln des Dampfers nicht. Der ansonsten glänzende Unterhalter schaut griesgrämig auf den Nachmittagskuchen, sieht recht grün im Gesicht aus und sagt die ganze Zeit kein Wort mehr. Selbst Charlies aufforderndes Rufen, doch endlich mal zu ihm an die Reling zu kommen, ignoriert er.

Auf einmal hören die Anwesenden den panischen Ruf eines Kindes und ein lautes Platschen. Als sie instinktiv zu der Stelle schauen, an der Charlie gestanden hat, ist dort niemand zu sehen. Während Barbara kreidebleich wird und beinahe ohnmächtig vom Stuhl rutscht, springt Victor ohne zu zögern auf, hechtet zur Reling und stürzt sich ins Wasser. Als die anderen das Reling erreichen, können sie auf der Wasseroberfläche niemanden ausmachen. George McCanner kennt Victor als guten Schwimmer und greift daher nicht in das Geschehen ein.

Irgendwann erscheint an der Wasseroberfläche reglos auf den Wellen schaukelnd der Haarschopf des Kindes. Mittels eines Seiles, einiger Rettungsringe und mehrerer Helfer wird es an Bord geschafft. Der Kleine ist bewusstlos und arg unterkühlt, lebt aber noch. Von seinem Vater fehlt weiterhin jede Spur.

Erst einige Minuten später ertönt die Stimme seines Matrosen vom Bug des Schiffes, der dort eine Gestalt ausgemacht hat, die in einiger Entfernung von der Strömung flussabwärts getrieben wird; auch sie wird an Bord geholt. Es ist in der Tat Victor, ziemlich kalt und totenbleich. Sämtliche Reanimierungsversuche scheitern. Victor ist ertrunken! Barbara fällt in Ohnmacht.

Ein Patrouillenschiff der Thames Division, einer für Fluss und Hafen zuständigen Abteilung von Scotland Yard, nimmt den immer noch bewusstlosen Charlie, seine wieder zu sich gekommene Mutter und George McCanner sowie Victors Leiche auf. Die Polizisten des Patrouillenbootes nehmen eine erste Aussage der Anwesenden auf und fragen nach Victors Identität. Dann ist Barbaras Bruder sich selbst überlassen und kümmert sich um den verängstigten Jerry.

Bald ist das nahe St. Bartholomew´s Hospital ereicht. Charlie und Barbara werden dort medizinisch versorgt. Die Ärzte sagen den Spielerfiguren, dass der Junge nicht in Lebensgefahr schwebe und auch das Bewusstsein wiedererlangen werde, jedoch strikte Bettruhe brauche. Barbara wird vorerst dabehalten. Victors Leiche wird zur Pathologie in einem Nebengebäude gebracht, wo sie bis zur Beisetzung aufbewahrt werden soll.

Bereits am folgenden Tag wird Barbara aus dem Krankenhaus entlassen. Doch sie leidet noch sichtbar unter einem Schock. In den nächsten Tagen ist sie meistens bei Charlie im Krankenhaus oder in der nahen Kirche St. Bartholomew the Less. Jerry ist immer bei ihr.

Charlie erwacht schon bald aus seiner Ohnmacht, ist aber erst nicht ansprechbar, weil ihm die Ärzte starke Beruhigungsmittel gegeben haben. Sie raten auch davon ab, das Kind sofort mit dem Tod seines Vaters zu konfrontieren. Doch Charlie fragt bei seinem endgültigen Erwachen sofort nach Victor.

Es dauert etliche Stunden, bis Barbara und George McCanner den Jungen schonend befragen können, was auf dem Dampfer vorgefallen ist. Zu ihrem Erstaunen berichtet er, wie er selbst sich an der Reling emporzog, um besser ins Wasser sehen zu können, wie sich dann plötzlich ein großer, böser, fremder Mann dicht neben ihn gestellt habe und wie er auf einmal von hinten hochgehoben und in die Themse geschleudert worden sei.

In den nächsten Tagen beginnt der Untersuchungsrichter Sir Geoffrey Dahm im Auftrag des Central Criminal Court den Fall zu untersuchen. George McCanner wird in die für den Fall zuständige vierköpfige Jury berufen, aber Sir Dahm lässt nur wenige Untersuchungen anstellen, da der Fall in seinen Augen recht eindeutig gelagert zu sein scheint. Im Wesentlichen werden Protokolle der Aussagen von Charlie, Jerry und Barbara angefertigt. Charlies Aussage über den fremden Mann misst Sir Dahm keine große Bedeutung zu, da niemand sonst diesen in der Nähe des Kleinen oder überhaupt gesehen hat. George kann sich ganz vage an einen Mann auf dem Dampfer neben Charlie erinnern. An sein Aussehen erinnert er sich aber nicht mehr. Als er Sir Dahm darauf hinweist, dass jemand Charlie in den Fluss gestoßen haben könnte, schaut dieser skeptisch und meint, dass, selbst wenn dieser Fremde existieren würde, er mit Victors Tod nichts zu tun hätte. Letztlich kommt die Jury nach kurzer Zeit zu dem Schluss, dass Victor bei einem tragischen Unglücksfall ohne Fremdeinwirkung gestorben ist.

Im Laufe der nächsten Woche werden Victors sterbliche Überreste in einer stillen Zeremonie auf dem kleinen West London Cemetery beigesetzt. Außer Barbara und ihren Söhnen – Charlie ist inzwischen wieder zu Hause – nehmen nur zwei angereiste Verwandte Barbaras, einige Nachbarn, Freunde und Bekannte aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit Victors und Barbaras Bruder George McCanner an der Beerdigung teil. Die arme Witwe bringt zwar die ganze Zeit kein Wort heraus, wirkt aber schon wieder einigermaßen gefasst.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 15.02.2019 | 21:01
Deep Waters / 19. Sitzung (Beginn des Abenteuers)
1895, Mord auf der Themse

Beginn des Abenteuers

In den nächsten Tagen erscheint George McCanner öfter in Barbaras ruhiger Wohnung in Chelsea, führt ein paar Gespräche mit ihr und kümmert sich auch um die Kinder Barbaras. Schließlich zeigt Barbara ihm eine Zeitungsankündigung: Da der russische Außenminister, seine Durchlaucht Fürst Wladimir Alexandrowitsch Poliwanow Königin Victoria besucht, werden sich beide am kommenden Sonntag gegen 14:00 Uhr auf dem Balkon des Palastes vor dem Volk präsentieren. Anschließend findet im nahe gelegenen Hyde Park ein Volksfest statt. Der Zeitungsartikel verrät außerdem, dass sich Fürst Poliwanow insgesamt zehn Tage in London aufhalten wird. Das Wort „Volksfest“ hört sich für Barbara sehr verlockend an, da sie sich und vor allem ihren beiden Söhnen etwas Zerstreuung bieten möchte, damit diese trotz des Trauerfalls nach vorne blicken und nicht trübsinnig werden. Sie möchte mit ihren Söhnen dabei sein und bittet ihren Bruder inständig, sie zu begleiten, weil sie sich nicht in der Lage sieht, in dem Gedränge vor dem Palast und auf dem Volksfest ihre beiden Jungen allein im Auge zu behalten.

Am Sonntag, den 19. 5. 1895 begegnet George McCanner in der Menge vor dem Buckingham Palace einigen Berufskollegen: Inspector Hauke, Gerichtsmediziner de Teterac und  den umtriebigen Wallace, der überall dort auftaucht, wo das organisierte Verbrechen auch zugegen ist. Im Nieselregen verbringen die Wartenden ein wenig Zeit miteinander, wedeln mit Papierfähnchen, die Jerry und Charlie gebastelt haben, rangeln immer wieder um gute Sichtplätze und trinken mitgebrachten Tee aus Thermoskannen. Gesprächsthemen sind die aktuelle politische Weltlage und der Gesundheitszustand der Queen.

Schließlich ist es soweit: Die russische Gesandtschaft zeigt sich mit der Queen auf einem Balkon des Buckingham Palace. Das von Barbara mitgebrachte Opernglas macht die Runde und reihum wirft jeder der Anwesenden einen langen Blick auf die Queen, den Kronprinzen Edward,  den streng blickenden, beleibten Fürsten Poliwanow und die übrigen Würdenträger. Der Gerichtsmediziner de Teterac mit einem tieferen Einblick in die Kreise der Reichen und Schönen erkennt noch einen weiteren Russen: den Botschafter Graf Kalgarow. Als Charlie das Opernglas ergattern kann, geschieht allerdings etwas Überraschendes: der Knabe gibt in sachlichem Ton, als handele es sich um das Normalste der Welt, bekannt: „Mami, da oben ist er. Da oben ist der Mann!“ Charlie will auf dem Balkon den Unbekannten entdeckt haben, der auf dem Schiff neben ihm an der Reling stand, kurz bevor er einen Schlag in den Rücken erhielt und in die Themse fiel. Schnell wird klar, dass er von einem Mann spricht, der hinter dem russischen Fürsten steht. Durch das Opernglas können die Detektive ihn näher betrachten. Er ist mittleren Alters, von unauffälliger Statur, braunhaarig und scheint stechende graublaue Augen zu haben. George McCanner kann sich für seinen Teil nicht erinnern, den Mann auf dem Schiff gesehen zu haben.

Viel Zeit zum Nachdenken lassen Barbaras Söhne den Anwesenden nicht. Es zieht sie zum angekündigten Volksfest in den nahen Hyde Park. Immerhin erfahren Georges Bekannte von Victors Tod, schöpfen Verdacht und beschließen, der Sache auf den Grund zu gehen.

Am folgenden Tag finden erste Beratungsgespräche statt. Inspector Hauke und der Gerichtsmediziner de Teterac beschließen, Victors Leichnam einer genaueren Untersuchung zu unterziehen. Die beiden Männer begeben sich zum West London Cemetery und erzählen dem dortigen Friedhofswärter so lange etwas von einem schrecklichen Verdacht und streng einzuhaltenden Gesetzesvorschriften, bis dieser vier Männer herbeiholt, die Victors Sarg wieder ausbuddeln. In der Leichenhalle schreitet de Teterac zur Autopsie und findet im Magen Victors eine größere Menge Opium... offenbar zusammen mit einem Kaffee zu sich genommen. Inspector Hauke wundert sich: Ein Mann bekommt einen mit Rauschgift versetzten Kaffee serviert und dann wird sein Sohn in den Fluss gestoßen, damit der Benommene schließlich beim Rettungsversuch ertrinkt? Eine aufwändige Art von Attentat! Während die beiden Männer den Friedhof verlassen, graben die Totengräber Victors Leiche wieder ein.

Inzwischen erkundigt sich ein Scotland Yard Mitarbeiter im Auftrag Inspector Haukes im Chesham House, der russischen Botschaft, nach der Gesandtschaft. Von den vier Soldaten in zaristischer Uniform wird er aufmerksam gemustert, kann aber problemlos passieren. Ein freundlicher Portier verweist ihn an Piotr Miussow und zeigt ihm den Weg zu seinem Büro. In Vorzimmer zu diesem Büro spricht der Mitarbeiter Inspector Haukes zunächst mit Miussows Sekretärin und erfährt, dass sich die russischen Besucher derzeit im Kensington Palace, der Herberge der britischen Krone für hohe Gäste, befinden. Ein paar Minuten später steht er Miussow selbst gegenüber. Der Mann erweist sich als hilfsbereit und will Scotland Yard ein paar Informationen zur Begleitung des Ministers zusammenstellen. Haukes Mitarbeiter hat trotzdem den Eindruck, dass er hingehalten werden soll. Miussow behauptet, die Arbeit könne eine Weile dauern, woraufhin er schnell antwortet, solange warten zu wollen. Knapp zwei Stunden später kann er Inspector Hauke deshalb eine Mappe mit einer Liste vorlegen. Diese Liste besteht aus zwei Seiten, die Miussows Sekretärin auf ihrer Schreibmaschine getippt hat und eine Aufstellung der Begleiter Fürst Poliwanows enthält. Es sind Poliwanows Stellvertreter Graf Pawel Dardanelow, zwei weitere hohe Mitarbeiter des russischen Außenministeriums (Borisutsch und Maximow), Poliwanows Sekretär Kartaschew Rakitin, sein Leibdiener, sein Koch, der orthodoxe Priester Jefim Kirillowitsch, vier Leibwächter und die Gräfin Arina Ignatjewna Snegirjowa.

Am Dienstag treffen sich die Kriminalen im ruhigen Chelsea unweit der Themse. Hier wohnen im Erdgeschoss eines gut gepflegten Mietshauses Barbara Strassow und ihre Söhne. Barbara erzählt den Anwesenden ein wenig von ihrem verstorbenen Mann. Die Spielerfiguren erfahren, dass er zwar aus Russland stammt, ihr gegenüber aber nie viel von seiner Heimat erzählt hat. Victors einziges Andenken an Russland ist ein Aquarell mit einer Stadtansicht von St. Petersburg. Es hängt im Schlafzimmer der Eheleute. In England hat Victor nach ein paar Gelegenheitsjobs schließlich Arbeit als Agent des Auktionshauses Christie´s gefunden, für das er hauptsächlich mit der Akquise neuer Versteigerungsobjekte beschäftigt und daher viel auf Reisen war.

Auf die Offenbarung Inspector Haukes, dass Victor wahrscheinlich einem perfiden Mordanschlag zum Opfer fiel, reagiert Barbara geschockt. Als die Anwesenden wissen wollen, ob Victor hier in London irgendwelche Kontakte zu anderen russischen Emigranten hatte, fällt Barbara immerhin noch ein Antiquar aus Soho ein, mit dem ihr Mann hin und wieder Schach gespielt hat. Er heißt Konstantin Pawlowitsch Porfiri und kann kein enger Freund ihres Mannes gewesen sein. Nach Victors Tod hat er sich nicht ein einziges Mal gemeldet.

Dann werden die Spielerfiguren aktiv. Inspector Hauke spricht mit seinem Vorgesetzten und fordert 10 Männer, mit denen er den Kensington Palace und die dort wohnenden russischen Gäste überwachen kann. Den Zahn kann ihm sein Vorgesetzter allerdings ziehen. Hauke muss sich eine Standpauke anhören: Ob er noch ganz dicht sei? Ob ihm nicht klar sei, dass das hier eine äußerst fragile Situation ist, bei der es von höchstem, staatstragendem Interesse ist, dass der russische Besuch in Harmonie und gegenseitigem Einverständnis über die Bühne geht? Ob er es sich in seinem Spatzenhirn nicht vorstelle könne, dass da eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung der Gesandtschaft kontraproduktiv ist? Kurz: Inspector Hauke wird freigestellt um den Fall zu untersuchen, handelt aber auf eigene Gefahr. Wenn er dabei auffliegt, wird er allein als Verantwortlicher zur Rechenschaft gezogen. Das Scotland Yard wird dann jegliche Beteiligung an der Affäre abstreiten und stellt dem Inspector auch keine Männer mehr für seine Arbeit zur Verfügung. Abtreten!

In der Zwischenzeit schlendert George McCanner durch Soho und stattet dem Antiquariat Porfiri einen kleinen Besuch ab. Es befindet sich in einer kleinen Seitenstraße, eingekeilt zwischen zwei italienische Bars. Ein erster Blick auf die Eingangstür lässt ein gebasteltes Schild erkennen: „Wegen Urlaub auf unabsehbare Zeit geschlossen!“ Der Detektiv begibt sich durch eine enge Hofeinfahrt in einen Hinterhof und schaut durch ein ebenerdiges Fenster in das Arbeitszimmer Porfiris hinein. In die Scheibe ist in Griffnähe ein kreisrundes Loch geschnitten. Der Fußboden ist mit Dokumenten, Büchern und Kleidungsstücken übersät. McCanner steigt ein und durchsucht die Wohnung. Sie erstreckt sich über zwei Stockwerke. Das Bild ist überall gleich: Hier war jemand vor ihm da, der die Wohnung systematisch auf den Kopf gestellt hat. Ein Kampf hat aber scheinbar nicht stattgefunden. Wichtige Dokumente, Pässe, Bargeld, Koffer u. ä. sind nicht vorhanden. Es sieht tatsächlich so aus, als sei Porfiri abgereist.

Schließlich erkennt McCanner im ersten Stock, dass der Kleiderschrank im Schlafzimmer leicht versetzt steht. Er rückt ihn zur Seite und stößt auf ein großes Loch in der Wand, durch das man ins Nachbarhaus steigen kann. Angrenzend befindet sich ein begehbarer Kleiderschrank mit vielen Damenkleidern. McCanner erinnert sich daran, dass sich auf dieser Seite des Hauses die Bar „Vista“ befindet. Entschlossen steigt er durch den Kleiderschrank und findet sich in einem plüschigen Liebesnest wieder. Die Bewohnerin ist nicht anwesend. Der Detektiv verlässt den Raum und begibt sich über eine Treppe ins Erdgeschoss. Hier kann er gerade noch einen handgreiflichen Streit mit dem Barbesitzer Gino Flametti vermeiden. Der Mann will verständlicherweise wissen, wie McCanner in sein Haus gelangt ist. Noch während der Detektiv aber anfängt, den Sachverhalt zu erklären, ergreift die einzige Animierdame der Bar das Wort und erzählt Flametti, dass das die Masche des Fremden sei: er brauche irgendwie ständig das Gefühl, in Eile und Heimlichkeit lieben zu müssen. Flametti stutzt einen Moment, dann grinst er, bezeichnet McCanner als einen alten Perversen, knöpft ihm ein Vermittlungshonorar ab und bittet ihn dann mit der Prostituierten wieder nach oben zu gehen.

Zurück im Zimmer der Dame will McCanner wissen, warum sie sich eingemischt habe. Diese stellt sich als Sally Lombard vor und erklärt, dass sie kein Interesse daran habe, dass Flametti von ihrer geheimen Fluchtmöglichkeit ins Antiquariat erfährt. McCanner befragt sie daraufhin zu Porfiri und erfährt, dass Sally den älteren Herrn immer recht sympathisch fand. Er sei nie durch das Loch in der Wand in ihr Zimmer eingedrungen... nur am Montag letzter Woche sei das geschehen. Da habe sie ihn auch zum letzten Mal gesehen. Er habe einen hastig gepackten Koffer dabei gehabt, höflich „Guten Tag“ gesagt und sei schnell durch die Bar nach draußen verschwunden. Bei der Eile sei auch ein Zettel aus seinem Koffer geflattert... Der Detektiv will wissen, ob Sally diesen Zettel noch besitze. Sie sucht einen Moment und entdeckt dann, dass sie ihre Puderquaste mit ihm eingewickelt hat. McCanner bezahlt die Dame für ihre Dienste und nimmt den Zettel an sich. Er enthält kyrillische Buchstaben und ein seltsames Symbol mit zwei gekreuzten Schwertern und einer Zierleiste aus Blättern. Nachdenklich verlässt George McCanner das Haus und begibt sich zu den anderen Kriminologen.

-

Das war der erste Abend in neuer Besetzung. Die Spielerin der Journalistin war krank, ihre Figur wird erst beim nächsten Mal dazu stoßen. Der Spieler von Wallace war ziemlich inaktiv, weil er noch an seiner Spielerfigur herumgebastelt hat (...oh Mann!). Das Abenteuer ist das Private Eye Abenteuer „Tiefe Wasser“, das ich vorsichtig für Night´s Black Agents konvertiert habe. Der Bezug zur Kampagne ergibt sich aber erst beim nächsten oder übernächsten Mal.

Das Abenteuer hat seine Macken. Der Anfang ist eine Zumutung und an Railroading nicht mehr zu überbieten. Der Autor hat das wohl selbst erkannt und schreibt, dass die Handlung des ersten Abschnitts auch vorgelesen werden kann. Genau das habe ich getan... nicht bevor ich ihn auch noch gründlich gekürzt habe. Der Abenteuertext ist in seiner Geschwätzigkeit auch kaum zu überbieten. Hier sind einem Fan des viktorianischen Englands die Pferde durchgegangen. Wir werden auch noch über die nebensächlichsten Dinge detailliert informiert. Etwa 80% der Informationen sind für das Abenteuer völlig irrelevant. Das geht bis hin zum Raumplan des Antiquariats, der für die Abenteuerhandlung völlig unerheblich ist. Ich habe ein Flussdiagramm für das Abenteuer gezeichnet und den Abenteuertext selbst mit übersichtlichen Kästchen gegliedert und Schlüsselwörter mit Textmarker versehen. Auf diese Weise komme ich einigermaßen zurecht und kann aus dem Textwust eine Handlung ausbreiten.

Mit der Szene vor dem Buckingham Palace habe ich die Spielerfiguren zusammen geführt, aber auch hier geschieht noch nicht viel. Durch ein paar kleine, unbedeutende Zwischenfälle habe ich den Spielerfiguren die Gelegenheit gegeben, Barbara, ihre Söhne und auch sich gegenseitig näher kennenzulernen. Wir wissen inzwischen, wie patriotisch die einzelnen Figuren sind, wie sie mit Kindern umgehen und wie sie auf Ausländer zu sprechen sind. Mit der Aufklärungsarbeit kam das Abenteuer dann endlich in Gang... aber allzu viel Zeit blieb uns nicht mehr, der Abend war schon fortgeschritten.

Warum habe ich überhaupt dieses Abenteuer ausgesucht? Es passt einfach trotz seiner Mängel inhaltlich wie die Faust aufs Auge: Ich kann ein letztes Mal noch ein paar neue, potentielle Londoner Edom Mitarbeiter einführen und mit dem Dracula-Mythos Bekanntschaft machen lassen und ich kann nach England, Rumänien und Deutschland einen vierten Staat ins Spiel bringen, mit dem sich die Agenten zukünftig herumschlagen werden müssen: Russland.

Im Moment bin ich ganz froh, dass wir den schlaffen Start ins Abenteuer hinter uns haben und beim nächsten Mal ein bisschen Zoff machen können.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Fezzik am 21.02.2019 | 18:39
Toll, ich bin sehr gespannt wie es weitergeht !  :d
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 15.03.2019 | 21:05
Deep Waters / 20. Sitzung
1895, Freunde des Volkes

Beteiligte Agenten:
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten der britischen Justiz, 42 Jahre)
George McCanner (Privatdetektiv, 36 Jahre)
Thomas Wallace (V-Mann mit Kontakten zur Londoner Unterwelt, 36 Jahre)
Inspector Hauke (Kommissar, 45 Jahre)
Katherine Avery (Journalistin, 27 Jahre)

(http://www.beaconhillparkhistory.org/graphics/87_Speakers_Corner_rival_14K250.jpg)
Thomas Wallace spricht zu den Freunden des Volkes

Am Abend trifft sich George McCanner mit seinen Kollegen in Barbaras Haus. McCanner berichtet von seinen Erlebnissen in Profiris Antiquariat und der benachbarten Bar. Den Zettel mit den kyrillischen Buchstaben kann Barbara, die ein wenig Russisch von ihrem Mann gelernt hat, mit etwas Mühe übersetzen:

Freund des Volkes!
Der bevorstehende Besuch macht mir Sorgen! Fast fünfzehn Jahre sind eine kurze Zeit, viel zu kurz um zu vergessen! Sei wachsam und kontaktiere niemanden – auch mich nicht! Wir können nicht wissen, ob sie über uns vielleicht bereits Bescheid wissen und uns beobachten. Ich werde versuchen von unserer Gewährsperson im Chesham House mehr zu erfahren.


Inspector Hauke inspiziert den Zettel sorgfältig und bemerkt, dass das Zeichen mit den gekreuzten Schwertern und der Blätterborte gestempelt worden ist. Dann beraten die Kriminologen über ihr weiteres Vorgehen. Eine Möglichkeit besteht darin, de Teterac seine guten Kontakte zu den Reichen und Schönen spielen zu lassen und so möglicherweise bei irgendwelchen Abendvergnügungen näher an die russische Gesandtschaft heranzukommen. Auf der anderen Seite sieht McCanner im Hinweis auf eine Gewährsperson im Chesham House ein Motiv, sich in der russischen Botschaft näher umzusehen.

Während dieser Gespräche führt Barbara eine scheinbar ernste Unterhaltung mit ihren Söhnen. Francois de Teterac kann mit anhören, dass ein gemeinsamer Besuch am Grab Victors besprochen wird. Später spricht Barbara mit ihrem Bruder George über ihre Unterhaltung. Zwar begrüßt sie es, wenn ihre Kinder den Verlust ihres Vaters beginnen zu verarbeiten und Charlie und Jerry wollen auch von sich aus dem Grab ihres Vaters einen ersten Besuch abstatten. Dennoch ist sich Barbara unsicher, wie die Kinder am Grab ihres Vaters reagieren werden und bittet ihren Bruder daher, sie am morgigen Tag zu begleiten. Francois de Teterac bietet sich ebenfalls an, mitzukommen.

Vor ihrem Heimweg bittet Inspector Hauke Barbara noch darum, Victors Zimmer und Schreibtisch untersuchen zu dürfen. Barbara erlaubt ihm das und nach kurzer Inspektion findet Hauke ein Geheimfach im Sekretär Victors, in dem sich eine kleine, unverschlossene Kassette befindet. Diese Kassette wiederum enthält den Stempel mit den zwei gekreuzten Schwertern und der Blätterborte. Wahrscheinlich ist der russische Brief an den Antiquar Porfiri also von ihrem Mann. Barbara entdeckt immer mehr Details von dem Doppelleben ihres Mannes, von dem er ihr nie erzählt hat, und entlässt ihre Gäste sichtlich verstört.

Am Mittwoch Vormittag unterhält sich George McCanner mit Sir Basil Piggot vom Auktionshaus Christie´s. Er war Victors Vorgesetzter und berichtet, Victor habe Kunstobjekte von privaten oder öffentlichen Sammlern, von denen sie sich trennen wollten, zur Versteigerung an Christie´s vermittelt und die Leute ausgewählt, die zu der Versteigerung eingeladen wurden. Piggott behauptet, Victor sei ein fähiger Mitarbeiter gewesen, der bei ihm auch Karriere hätte machen können. Doch anscheinend hat er darauf nie Wert gelegt, er bat lieber häufiger um einen eigentlich nicht vorgesehenen Urlaub, der ihm meist auch gewährt wurde. Hätte er nicht manchmal sehr wertvolle Stücke von Strohmännern russischer Privatsammler zur Auktion vermittelt, an denen Christie´s vorzüglich verdiente, wäre er wohl nicht mehr zu halten gewesen. McCanner fragt Piggott nach Victors Auslandsreisen und bekommt erzählt, dass er die zumindest nicht im Auftrag von Christie´s unternommen habe. Seltsam, denkt McCanner. Barbara hatte ihm erzählt, dass Victor seine Europareisen im Auftrag Christie´s unternimmt. Was hat der Mann auf seinen Reisen getan?

Etwas später fährt George McCanner und Francois de Teterac mit Barbara und ihren Söhnen auf den West London Cemetary, um das Grab Vistors aufzusuchen. Vor einem Grab etwa in der Mitte der Reihe, in dem sich auch Vistors Grab befindet, erblicken die Besucher eine weibliche Gestalt, die mit einem Regenmantel und einem Kopftuch gegen den leichten Regen geschützt ist und einen Strauß weißer Blumen in der Hand hält. McCanner versucht sich der Person unbemerkt in einem großen Bogen zu nähern, schließlich wird er aber doch bemerkt und die Gestalt läuft davon. McCanner und de Teterac nehmen die Verfolgung auf, springen über ein paar Grabsteine, treiben sie von zwei Seiten gleichzeitig in die Enge und erwischen die Frau schließlich kurz nach ihrem Verlassen des Friedhofs auf offener Straße. McCanner bittet sie, ihm zurück auf den Friedhof zu folgen, er wolle sich mit ihr unterhalten. Dort angekommen fragt er sie, ob sie eine Angehörige Victors sei. Zunächst streitet sie alles ab, aber ihre Ausreden sind schlecht und als ihr dann auch noch Victors Frau Barbara und deren Söhne vorgestellt wird, treten ihr Tränen in die Augen. Sie bittet die Anwesenden in ein nahes Restaurant, wo sie ihnen alles erzählen wolle.

Im Restaurant sorgt Barbara auf Anraten der fremden Frau zuerst dafür, dass Charlie und Jerry von der Wirtin in einem Nebenraum Torte zu essen bekommen. Die Kinder müssen nicht unbedingt hören, was auch immer jetzt zur Sprache kommen wird. Dann erzählt die Fremde ihre Geschichte.

Sie stellt sich als Katarina Markowa vor und gibt zu für Victor Stassow in der russischen Botschaft Informationen gesammelt zu haben. Er sei ihr Onkel gewesen, daher habe sie auch als Trauernde sein Grab besucht. Katarina sei bei einem alten Bauernehepaar in der Nähe von St. Petersburg aufgewachsen. Später habe sie als Hausmädchen bei einer Gräfin gearbeitet. Als deren Gatte als Diplomat nach London ging, habe die Gräfin Katarina überredet, mit nach England überzusiedeln. So sei Katarina an eine Stelle in der russischen Botschaft gekommen, wo sie immer noch arbeitet, auch wenn Graf und Gräfin längst wieder nach Russland zurückgekehrt sind.

Nach eineinhalb Jahren in London habe sie bei einem Wochenendspaziergang Victor kennengelernt, der sich als ihr Onkel vorstellte. Er habe Details aus ihrer Kindheit zu berichten gewusst, die Katarina davon überzeugten, dass er kein Betrüger sein konnte. Darüber hinaus habe er Katarina geholfen ein paar brennende Fragen aus ihrer Vergangenheit zu klären. Victors Worten zufolge sei Katarinas Vater ein gewisser Grigori Wassiljewitsch Stassow, wohlhabender Advokat aus St. Petersburg, gewesen. Grigori sei zusammen mit Katarinas Mutter Lisaweta 1874 bei einem Brand seines Landhauses ums Leben gekommen. Katarina sei in diesem Moment mit ihrer Amme in der Stadt gewesen und habe so den Flammen entkommen können. Jetzt in London habe Katarina auch von Victors ehemaliger Mitgliedschaft bei den Narodniki, den Freunden des Volkes, erfahren. Das sei eine revolutionäre Gruppe, die sich für gerechtere Lebensbedingungen und mehr Selbstbestimmung in Russland einsetzt und die Macht des Zaren eindämmen will. Katarinas Vater sei Victors Worten zufolge Mitglied dieser Gruppe gewesen und habe sie bis zu seinem Tod sogar angeführt. Danach soll Victor die Führung übernommen haben, habe aber schon bald aus Russland fliehen müssen. Bis zu diesem Moment habe sich Victor um die kleine Katarina gekümmert, jetzt aber das Mädchen in die Obhut eines älteren Bauernehepaares gegeben. Glücklicherweise hätten Katarinas Eltern ihrem Kind genug Geld hinterlassen, sodass Victor Katarinas Zieheltern angemessen entschädigen konnte.

Victor sei auch in London weiterhin aktiv gewesen und habe hier eine Sektion der Narodniki angeführt, die ihr revolutionäres Werk vom Ausland aus weiter fortsetzen wollten. Er habe Katarina deshalb – nicht zuletzt im Andenken ihres Vaters – darum gebeten, ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen und ihn mit Informationsmaterial aus der russischen Botschaft zu versorgen. Nach einigen Treffen mit Victor habe sich Katarina dazu bereit erklärt und ihm immer wieder Akten aus dem Chesham House besorgt, worüber Victor immer sehr glücklich gewesen sei.

Andere Mitglieder der Narodniki habe Katarina nie kennengelernt, sie wisse aber, dass die Mitglieder manchmal über Speakers Corner am Marble Arch im Hyde Park miteinander Kontakt aufnehmen.

George McCanner fragt Katarina nach dem Antiquar Porfiri, aber auch den kennt die junge Frau angeblich nicht. Wenn die Männer wissen wollen, ob er das Land verlassen habe, schlägt Katarina vor, doch einfach einmal bei der Hafenmeisterei nachzufragen, ob sich sein Name unter den Ausreisenden befindet.

Schließlich berichtet Katarina noch von ihrer letzten Begegnung mit Victor. Er habe sie dabei darum gebeten, ihr Unterlagen über die Ziele und die Zusammensetzung der Poliwanow-Delegation zu besorgen, die am Ende der darauffolgenden Woche in London eintreffen sollte. Als Katarina von Victors Tod gehört hat, habe sie diesen Auftrag aber nicht mehr ausgeführt.

George McCanner und Francois de Teterac erzählen Katarina daraufhin, dass Victor ihren Erkenntnissen zufolge wahrscheinlich nicht einem Unfall, sondern vielmehr einem äußerst gekonnt ausgeführten Mordanschlag zum Opfer gefallen sei.

Katarina nickt bitter und erzählt dann ihren Gesprächspartnern, sie würde gern etwas tun, um Victors Tod irgendeinen Sinn zu geben. Nach einer kürzeren Beratung bitten die Anwesenden Katarina darum, die Informationsmappe für Victor doch noch zusammenzustellen und ihnen zur Verfügung zu stellen. Katarina ist einverstanden und gibt an, sie werde sich beizeiten bei ihnen melden und einen Treffpunkt vorschlagen.
Im Anschluss an das Gespräch fahren George McCanner, Francois de Teterac, Barbara und ihre Söhne wieder nach Hause. Barbara gibt sich einsilbig, behauptet aber einmal, Victor habe offensichtlich nicht nur sie, sondern auch diese Katarina angelogen: die junge Frau scheint ihr doch eindeutig Victors Tochter zu sein. Die anwesenden Männer sind über die Bemerkung erstaunt, wissen aber nicht recht, was sie erwidern sollen.

Inspector Hauke erkundigt sich inzwischen bei Mr. John, dem einzigen vertrauten Mitarbeiter, der ihm nach seiner misslungenen Anfrage um Verstärkung noch geblieben ist. Mr. John hatte sich vor zwei Tagen bereits in seinem Auftrag in der russischen Botschaft umgehört und observiert nun das Kommen und Gehen im Kensington Palace, dem Ort wo die russische Delegation untergebracht ist. Besonders erfolgreich ist Mr. John allerdings nicht. Er kann unmöglich als Einzelperson einen Überblick über die diversen sozialen Verpflichtungen sämtlicher russischer Gäste gewinnen. Immerhin hat er herausgefunden, dass die in Begleitung von Fürst Poliwanow angereiste Gräfin Snegirjowa wohl seine Mätresse ist.

Am Nachmittag beschließen Thomas Wallace und Inspektor Hauke Speakers Corner einen Besuch abzustatten. Während Redner Lobeshymnen auf das britische Königshaus verlesen, aber zwischendurch immer wieder über seine Söhne und Enkel sprechen, andere zu Sprengstoffanschlägen auf die Towerbridge aufrufen, dritte die Kolonisierung Kontinentaleuropas fordern und vierte zur Solidarität mit verarmten belgischen Olivenbauern aufrufen fragen sich Inspector Hauke und Thomas Wallace, wie hier ein Kontakt mit den Londoner Mitgliedern der Narodniki in die Wege geleitet werden könnte. Wieder und wieder lesen sie die Übersetzung des Zettels, der aus dem Koffer des Antiquars Porfiri herausgeflattert ist.

Wallace stellt fest, dass er eigentlich nicht viel mehr Brauchbares enthält, als das Symbol mit den gekreuzten Schwertern und den Blättern und eine Anrede: Freund des Volkes! Schließlich legt sich Wallace ein paar Worte zurecht und betritt noch etwas unsicher die Rednerbühne. Sein Thema ist die Dekadenz der Oberschicht. Er prangert verweichlichte Regierungsvertreter an, beschwört das Fin de Siècle, klagt über die ungleiche Verteilung von Geld und Arbeit, schimpft über die Monarchie und erklärt sich immer wieder solidarisch mit den Freunden des Volkes. Eine Weile hören ihm die Umstehenden zu, irgendwann aber fliegt das erste weiche Obst und Wallace springt von der Rednertribüne wieder herunter. Dabei stößt er allerdings mit einem Mann zusammen, dessen Gesicht unter seiner breiten Hutkrempe nur schwer zu erkennen ist. Der Mann verschwindet in der Menge um die Tribüne, Wallace sieht aber, dass er auf dem Boden vor ihm ein zerknülltes Taschentuch fallen gelassen hat. Wallace ergreift es, wickelt es auseinander und findet einen Zettel: In 30 Minuten beim Megalithen.

Der Megalith ist nicht weit entfernt. Wallace und Hauke schlendern ein wenig im Hyde Park umher. Schließlich machen sie aber die Bekanntschaft mit zwei Exilrussen, die sich als Iwan und Fjodor vorstellen. Während Iwan in einiger Entfernung hinter der Gruppe geht und Ausschau hält führt der etwas jüngere Fjodor das Gespräch. Über den Tod Victors und die Ermittlungen der Kriminologen erhält er bereitwillig Auskunft. Irgendwann beginnt auch er zu erzählen und berichtet zunächst von Victors falscher Identität. In Wirklichkeit habe der Mann Grigori Wassiljewitsch Soworin geheißen.

Inspector Hauke und Thomas Wallace werden hellhörig: War das nicht der Name des Vaters von dieser Katarina, von der McCanner erzählt hat? Hört sich so an, als habe Barbara Recht gehabt: Victor hat sich den Onkel vielleicht wirklich nur ausgedacht und Katarina ist seine Tochter!

Dann hören die beiden Männer einen niederschmetternden Bericht über die Ausbeutung der russischen Landbevölkerung. Fjodor erzählt von Kinderarbeit, mangelnder Bildung, Diskriminierung, Hunger, Schlägen, Staub, schlechter Fabrikluft, unzureichenden Schlafgelegenheiten, Ungeziefer und dem Zerbrechen jeglicher sittlicher Maßstäbe. Reformversprechen des Zaren werden umgesetzt... aber auf eine Weise, dass doch alles beim Alten bleibt. In den letzten Jahren ist es häufiger zu Missernten gekommen, die die Situation noch bedrohlicher gemacht haben. Victor hat das Elend gesehen und wollte dagegen vorgehen: Er forderte eine vom Volk eingesetzte Regierung, Pressefreiheit, die Abschaffung des Eigentumsrechtes, vor allem aber die Gleichheit der Stände vor dem Gesetz. Die Narodniki wurden gegründet und leisteten unter der Landbevölkerung entsprechende Aufklärungsarbeit. Doch der Repressionsapparat der Obrigkeit zog die Schlinge um die Staatsfeinde immer stärker zusammen, verurteilte sie und schob sie in sibirische Strafgefangenenlager ab oder ließ sie gleich vollständig verschwinden. Victor und seinen Getreuen blieb nur noch das Mittel der Gewalt. Es war Victor, der vor 14 Jahren höchstpersönlich vom Pferd aus die Bombe warf, die vor dem Winterpalais in St. Petersburg Zar Alexander II. in seiner Prunkkutsche zerfetzte. Dessen Nachfolger antwortete mit der Gründung der russischen Geheimpolizei, der sogenannten Ochrana, die sich an die Fersen Victors heftete. Daraufhin beschloss Victor zu fliehen und seine revolutionäre Arbeit von London aus zu organisieren. In Russland wurden die Narodniki vollkommen aufgerieben. Victor unterhielt aber noch ein Netzwerk von Verbündeten über ganz Europa verstreut, mit dem er einen einem regen Austausch unterhielt.

Nun ist es an Männern wie Iwan und Fjodor, Victors Visionen Realität werden zu lassen. Und obwohl die russische Regierung immer mehr wie eine Raubkatze auf Beutefang greift, was ihr in die Fänge kommt, haben die Revolutionäre die Hoffnung noch nicht aufgegeben, denn – mit diesen Worten geht Fjodor zu einem Flüstern über – sie besitzen eine Geheimwaffe. Hier in London suchen sie derzeit einen Kontakt zu einem Mediziner, der sich mit ihren Ideen anfreunden kann und zu einer Zusammenarbeit bereit wäre. Gibt es so jemanden im Bekanntenkreis Inspector Haukes oder Thomas Wallace?

Erstaunt über die freimütig verkündeten Absichten der Männer blickt Thomas Wallace Fjodor tief ins Gesicht. Er sieht einen Menschen unter Zugzwang, aber auch jemanden, der glaubt, das Richtige zu tun und der davon offen und ehrlich berichtet. Wallace gemahnt Fjodor bei Gesprächen über seine Organisation vorsichtiger zu sein und nicht gleich jedem dahergelaufenen Fremden die ganze Geschichte zu erzählen. Was den Mediziner angeht liegt ntürlich nahe, die Narodniki mit Francois Guillaume de Teterac bekannt zu machen. Daher verabreden sich die vier Männer in zwei Tagen in einem Labor eines Mediziners mit dem Francois Guillaume de Teterac befreundet ist. Fjodor und Iwan wollen dann ihre Geheimwaffe mitbringen und mit dem in Aussicht gestellten Mediziner gemeinsame Pläne schmieden.

Nach ihrer Verabschiedung gehen Inspector Hauke und Thomas Wallace mit einem seltsamen Gefühl im Magen davon.

-

Die Spielerin der Journalistin war abwesend, der Gerichtsmediziner wurde von einem Ersatzspieler übernommen. Das hat aber trotzdem ganz gut funktioniert.

Insgesamt muss deutlich gesagt werden, dass es eben doch noch ein weiterer relativ gemächlicher Spieleabend mit Aufklärungsarbeit war. Dieser langsame Aufbau geht mir als Spielleiter zwar etwas auf die Nerven (mehr als ich beim Lesen des Abenteuers dachte), meine Spieler scheinen es aber gar nicht so schlecht zu finden. Außer einem Gesellen, der etwas schläfrig wurde, scheinen sie die Story zu schätzen und ziehen teilweise Querverbindungen, die mir selbst nicht ganz klar waren.

Diese Gruppe und freies Spiel sind allerdings... eine besondere Herausforderung: Bis sich hier mal jemand bei Speakers Corner aufgestellt hat und nach vier lustig-bescheuerten Vorgängern einfach ´mal selbst eine idiotische Rede vom Stapel gelassen hat... das hat gedauert! Da heißt es Mut machen, gut zureden, aufmuntern, freundlich in den Hintern treten... irgendwann ging´s dann doch – und war dann auch gleich sehr ordentlich! Ich habe mich gefreut! Aber bis es soweit ist... oh, Mann!

Gefallen hat mir jedenfalls, dass ich die Gelegenheit hatte, schon mal so einen winzig kleinen Hinweis in Richtung Dracula einfließen lassen zu können. Das wird beim nächsten Mal noch stärker werden. Dann kommt auch etwas mehr Action ins Spiel.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 13.04.2019 | 19:36
Deep Waters / 21. Sitzung
1895, Zweierlei Blut

Beteiligte Agenten:
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten der britischen Justiz, 42 Jahre)
George McCanner (Privatdetektiv, 36 Jahre)
Thomas Wallace (V-Mann mit Kontakten zur Londoner Unterwelt, 36 Jahre)
Inspector Hauke (Kommissar, 45 Jahre)
Katherine Avery (Journalistin, 27 Jahre)


(https://fscomps.fotosearch.com/compc/CLT/CLT006/1930s-wissenschaftler-chemiker-stock-foto__bx008479.jpg)
Francois Guillaume de Teterac im Labor seines Freundes

Am Morgen nach ihrem Treffen mit den russischen Revolutionären trudelt ein Eiltelegramm im Haus von George McCanner ein. Katarina Markowa schreibt ihm: „Vorrat komplett – stop – Treffen heute Abend 18 Uhr British Library – stop – Zeitungsraum – K.M.“ Wie üblich in diesen Tagen geht George McCanner am Vormittag zu Barbara Strassow. Dort trifft er mit seinen Kollegen zusammen und gemeinsam wird das weitere Vorgehen geplant. Zum Treffen mit Katarina Markowa wollen alle vier Männer gemeinsam gehen.

Der Zeitungsraum des British Museum liegt etwas abseits des berühmten Kuppelsaals. Auf dem Weg dorthin fallen George McCanner ein paar verdächtige Gestalten auf, die untätig im Gang vor dem Raum herumlungern. McCanner besorgt sich zuallererst einen Sitzplatz, von dem aus er den einzigen Eingang des Raumes und die nicht allzu weit entfernt befindliche Katarina im Auge hat. Der Zeitungsraum ist zur Zeit des Treffpunkts recht gut besucht, aber es befinden sich nur wenige Frauen unter den Anwesenden. Daher fällt Katarina Markowa schnell auf. Inspector Hauke schreitet auf sie zu, Thomas Wallace und Francois Guillaume de Teterac folgen kurz dahinter. Katarina Markowa ist erleichtert die Männer zu sehen und erzählt ihnen, dass sie ein paar interessante Entdeckungen gemacht habe, die sie direkt dem Aktenschrank Graf Kalganows entnommen hat. Sie schiebt Inspector Hauke eine blaue Mappe zu. Währenddessen betreten drei der zweifelhaften Gestalten aus dem Gang den Raum. George McCanner bewegt sich unauffällig auf den Letzten zu, schnappt ihn bei den Armen und hält ihn fest. Der erste der Fremden tritt von hinten auf Inspector Hauke zu. Er hat eine Zeitung in der Hand, die aber nur eine Pistole kaschiert. Deren Lauf bohrt sich unangenehm tief von hinten in den Leib des Inspektors. Der Fremde flüstert dem Inspector mit rauchiger Stimme zu: „Die Mappe, bitte!“ Sein russischer Akzent ist nicht zu überhören. Katarina Markowa seufzt laut vernehmlich: „Oh nein!“

Dann wird es hektisch: Zuerst eröffnet George McCanner das Feuer. Er schießt auf den Mann hinter Inspector Hauke, wird dann aber selbst angeschossen. Der von ihm festgehaltene Mann reißt sich los und schleudert McCanner gegen einen harten Lesetisch. McCanner ist verletzt, beißt aber die Zähne zusammen und bleibt weiter handlungsfähig. Währenddessen gelingt es Thomas Wallace einen Gegner zu entwaffnen, er schlägt ihm den Revolver aus der Hand, der unter einen Schrank rutscht und für diesen Kampf nicht mehr zur Verfügung steht. Francois Guillaume de Teterac tritt einem Gegner in die Weichteile und gibt ihm danach mit seinem Spazierstock einen gezielten Kinnhaken. Inspector Hauke schießt aus nächster Nähe auf den hinter ihm stehenden, bereits angeschossenen Mann, der daraufhin zu Boden geht. Ein weiterer Gegner rennt herbei und reißt ihm Katarina Markowas Mappe aus den Händen. Katarina selbst springt auf und verlässt mit den anderen panischen Gästen der Bibliothek fluchtartig den Raum. Dann entreißt ein Gegner Inspector Hauke die Mappe, wird aber von ihm zu Boden geworfen. Ein weiterer Gegner geht zu Boden, der letzte Mann aber – der mit der Mappe – entpuppt sich als erstaunlich hartnäckig, tritt mit seiner Beute die Flucht an und kann gerade noch auf der Schwelle des Zeitungsraumes durch einen Schuss von Thomas Wallace niedergestreckt werden. Die drei Russen sind allesamt nicht mehr bei Bewusstsein, zwei von ihnen sind schwer verletzt.

Während Francois Guillaume de Teterac bei George McCanner Erste Hilfe leistet und dessen Wunden verbindet, betreten zwei Bobbys den Leseraum und befragen die Anwesenden nach den Vorkommnissen. Inspector Hauke tritt mit der ganzen Autorität eines Londoner Inspectors auf und berichtet, dass hier soeben drei gefährliche Subjekte dingfest gemacht werden konnten. Die Bobbys schauen sich die verletzten Russen an und sagen Inspector Hauke, dass die Männer ja wohl in ein Krankenhaus müssen, oder aber wenigstens im Gefängnis medizinische Betreuung benötigen. Der Inspector stimmt zu und behauptet, dass er sich selbst darum kümmern wird.

Die Bobbys verlassen den Ort, woraufhin der einigermaßen wiederhergestellte George McCanner ausspricht, was alle denken: „Hören Sie mal, Inspector! Ich habe da eben das Feuer eröffnet und es gab eine Menge Zeugen. Da brauche ich irgendwie so eine Art Freibrief. Meinen Sie, Sie bekommen das hin?“ Inspector Hauke beruhigt den Mann: „Das geht klar. Nehmen Sie erstmal die Mappe mit und verschwinden Sie mit dem Gerichtsmediziner. Wir sehen uns morgen früh bei Barbara Strassow.“

Mit diesen Worten verlassen George McCanner und Guillaume de Teterac den Ort des Geschehens. Der Gerichtsmediziner schaut in die Mappe und findet zwei Dokumente und eine Schatulle. Die Dokumente enthalten kyrillische Schriftzeichen. Die Schatulle lässt sich leicht öffnen und ist mit Watte ausgelegt. In dieser Polsterung befindet sich ein größeres gläsernes Reagenzglas, in dem sich offenbar Blut befindet. Die beiden Männer trennen sich. George McCanner wird den Abend bei Eva verbringen, einer Dame, zu der er immer geht, wenn er sich etwas Gutes tun möchte. Nach dem stressigen Geschehen hat er den Eindruck, er könne ein wenig Zuneigung und Entspannung gebrauchen. Francois Guillaume de Teterac bringt die Mappe mit den Dokumenten und dem Reagenzglas zu einem befreundeten Mediziner, der ein eigenes Labor besitzt. Es ist ein kleines, unauffälliges Labor eines Unbeteiligten, das der Aufmerksamkeit irgendwelcher Gegner wahrscheinlich entgangen ist, wie der Gerichtsmediziner hofft. An diesem Ort ist er auch am folgenden Tag mit den Narodniki verabredet. Zuallererst tauscht er hier das Reagenzglas aus. Er legt eine ganz normale Blutkonserve in die Schatulle, das gefundene Blut verstaut er unauffällig irgendwo in einem Regal. Dann macht er mit einer Labormaus ein kleines Experiment, spritzt ihr ein wenig von dem Blut aus dem Reagenzglas und setzt sie dann in einen Käfig. Schon nach kurzer Zeit verhält sich die Maus auffällig. Sie rüttelt und nagt an dem Gitter des Käfigs und will offenbar nach draußen. Dem Gerichtsmediziner scheint es, als entwickele sie dabei eine Kraft, die für eine Maus äußerst ungewöhnlich ist. Schließlich ermattet das Tier, legt sich auf die Seite und stirbt. Die Neugier des Gerichtsmediziners ist geweckt.

Inspector Hauke und Thomas Wallace mieten sich eine größere Droschke und bringen die drei verletzten Russen in ein nahegelegenes Gefängnis. Es ist schon relativ spät, vor Ort macht nur noch ein einzelner Polizist, Sergeant Winston, seinen Dienst. Winston bringt die Russen in Einzelzellen unter, will dann aber mit Hilfe des Inspectors ein Protokoll aufsetzen. Inspector Hauke ist nicht amüsiert, aber er gibt zähneknirschend zu Protokoll, was in der British Library geschehen ist. Natürlich waren es in seiner Darstellung die Russen, die das Feuer eröffnet haben. Der Inspector weist Sergeant Winston an, den Russen eine Krankenschwester zu besorgen, er würde dann später, wenn die Männer einigermaßen ansprechbar seien, nochmal vorbeikommen, um sie zu verhören.

So geschieht es. Mitten in der Nacht erscheint Inspector Hauke mit Thomas Wallace ein zweites Mal auf der Polizeiwache. Er verhört die Russen, erfährt deren Namen und auch, dass sie zur Gesandtschaft des Fürsten Poliwanow gehören. Sie haben den Auftrag gehabt, eine Spionin aus der russischen Botschaft dingfest zu machen und zurückzuholen, was sie dort mitgehen lassen hat. Inspector Hauke setzt den Männern in seinen Verhören übel zu, beschuldigt sie britisches Recht gebrochen zu haben und versucht ihnen Unstimmigkeiten in ihren Aussagen nachzuweisen. Die Männer verlangen, dass der Inspector die russische Botschaft über ihre Gefangennahme informiert. Das ist nicht unbedingt im Interesse des Inspectors. Er sagt ihnen, dass das geschehen wird, zuerst einmal wird die Londoner Polizei aber überprüfen, ob sie nicht doch ganz gemeine Verbecher seien... und das könne dauern! Die Russen sind daraufhin erbost und stoßen übelste Flüche aus. Sie behaupten, ihre Delegation reise in wenigen Tagen wieder ab, sie würden dort benötigt. Als der Inspector störrisch bleibt, behaupten sie sogar, es werde Krieg geben, wenn sie hier unschuldig festgehalten würden! Nach den Verhören verlangt Sergeant Winston erneut, die Aussagen der Gefangenen zu Protokoll zu bringen. Wieder lässt sich Inspector Hauke widerstrebend darauf ein und schildert die Verhöre für das Protokoll so, dass die Russen in einem möglichst ungünstigen Licht erscheinen. Trotzdem schlägt der etwas eingeschüchterte Wachmann vor, sich abzusichern, dass die russische Gesandtschaft nicht drei Männer vermisse. Auch diesmal erklärt Inspector Hauke autoritär, dass er eine entsprechende Anfrage stellen werde... aber erst, wenn seine Untersuchungen abgeschlossen seien. Auf dem Rückweg in ihre Wohnungen schauen sich Inspector Hauke und Thomas Wallace schweigend an. Beide Männer wissen, dass das nicht lange gut gehen wird und sie den Fall schnell zum Abschluss bringen müssen.

Am nächsten Morgen treffen die Freunde in der Wohnung Barbara Strassows erneut zusammen und berichten von den Vorfällen nach der Schießerei in der British Library. Francois Guillaume de Teterac hat die Dokumente aus der Mappe von Katarina Markowa dabei, Barbara Strassow muss allerdings erkennen, dass ihr Russisch für eine Übersetzung der Texte nicht ausreicht. George McCanner will sich schon auf die Suche nach einem geeigneten Übersetzer machen, da kommt den Anwesenden in den Sinn, dass sie ja an diesem Tag mittags mit den Narodniki verabredet sind. Je nach Gesprächsverlauf wollen die Freunde die Narodniki darum bitten, die Texte zu übersetzen.

Das Treffen findet wie geplant in dem Labor statt, in dem Francois Guillaume de Teterac auch das Reagenzglas mit dem Blut und die Dokumentenmappen gebracht hat. Iwan und Fjodor kommen vorbei und machen einen desolaten und aufgelösten Eindruck. Auf die Frage hin, was denn los sei, erzählt Fjodor, dass ihm wohl die Ochrana, die berüchtigte russische Geheimpolizei, auf den Fersen sei, er habe jedenfalls seit der letzten Begegnung mit den Freunden nicht mehr zu Hause übernachtet. Der Grund sei der, dass während ihres Gesprächs beim Megalithen seine Wohnung durchsucht worden sei. Gestohlen worden sei ausgerechnet die erwähnte „Geheimwaffe“. Inspector Hauke will wissen, was das für eine Geheimwaffe gewesen sei und daraufhin erfahren die Anwesenden einiges. Fjodor erzählt von einem gewissen Nikolai Wiktorowitsch Jung, der im russisch-osmanischen Krieg 1877-78 als Unteroffizier ein kleines Patrouillenboot auf der Donau kommandierte. Irgendwie gelangte er in den Besitz von Kriegsbeute, darunter eine mysteriöse Phiole mit Blut. Wieder zurück in Russland betätigte sich Jung als Widerstandskämpfer und wurde Mitglied der Narodnaja Wolja, dem „Volkswillen“, einer Art innerer Zirkel der Narodniki, der die Herrschaft des Zaren mit gewaltsamen Mitteln zerschlagen wollte und auch für den Anschlag auf Zar Alexander II. zuständig war. Jung pries in diesen Kreisen die Phiole mit Blut als mögliche Geheimwaffe, deren genaue Einsatzmöglichkeiten aber erst noch erforscht werden müssen. Offensichtlich wusste er über die Geschichte der Phiole noch mehr, während des Attentats auf Zar Alexander II. war er aber auf Weltreise. Die Phiole vertraute er seinem Kompagnon Victor Strassow an. Als nach dem Attentat die Ochrana Jagd auf die russischen Revolutionäre machte, entschloss sich Jung wohl, seinem Heimatland Russland fernzubleiben. Sein weiteres Leben verliert sich im Dunkeln der Geschichte. Victor hat das Blut aus der Phiole in ein Reagenzglas umgefüllt und auf seiner Flucht vor der Ochrana nach England mitgenommen. Als sich dann vor kurzem die russische Delegation angekündigt hat, ist er unruhig geworden und hat das Reagenzglas mit dem Blut sicherheitshalber seinem Verbündeten Fjodor zukommen lassen. Nun, wie gesagt, sei das Blut gestohlen, eine große Hoffnung der Narodniki sei zerstört.

Verstohlen schauen sich die Freunde an. Es hört sich ganz danach an, als befände sich die „Geheimwaffe“ der Narodniki in ihrem Besitz. Einen zwingenden Grund, Fjodor und Iwan darüber aufzuklären, sieht jedoch niemand und daher wechselt Inspector Hauke das Thema. Er legt Fjodor und Iwan die Dokumente vor, die Katarina Markowa aus der russischen Botschaft entwendet hat, und bittet die Männer, die Texte zu übersetzen. Die erste Akte enthält die Lebensläufe und heutige Stellung aller Mitglieder der russischen Gesandtschaft, die den Fürsten Poliwanow nach London begleitet haben. Inspector Hauke fragt nach den Schützen aus der British Library und tatsächlich, die Namen der Männer tauchen in den Dokumenten auf. Sie sind als Mitarbeiter der Ochrana aufgeführt. Insgesamt hat Poliwanow sechs dieser Männer dabei. Die zweite Akte handelt von Kartaschew Rakitin, offiziell Poliwanows Sekretär, in Wirklichkeit aber ein weiteres Mitglied der Ochrana mit Sitz in Petersburg. Die Versammelten erfahren, dass dieser Rakitin schon eine Woche vor Poliwanow in London eingetroffen ist. Ein dahinter geheftetes Papier enthält Stichpunkte über das Leben Victor Strassows: vermerkt sind Angaben zu seiner Familie samt Adresse und Altersangaben, seine Anstellung bei Christies, die Arbeitsstelle seiner Frau und ein Vermerk darüber, dass Victor seinen Söhnen eng verbunden ist. Das gesamte Papier wurde mit einem breiten schwarzen Stift einmal quer durchgestrichen... ganz so, als sei der Fall inzwischen erledigt.

Eine Diskussion entsteht: Offenbar hat sich also ein Ochrana Mitarbeiter in London aufgehalten und hatte den Auftrag, Victor Strassow unzubringen. Interessant ist auch, dass jemand in der russischen Botschaft von der Angelegenheit weiß. Fjodor versucht die Freunde davon zu überzeugen, ihm die Dokumente zu übergeben. Inspector Hauke behauptet, er könne mit diesen kyrillischen Aufzeichnungen ohnehin nichts mehr anfangen und wisse jetzt das Wichtigste. Daher überlässt man sie Fjodor und Iwan. Die beiden Männer verlassen das Labor woraufhin sich die Zurückgebliebenen endlich über das Reagenzglas mit dem Blut austauschen können. Francois Guillaume de Teterac gibt sich erstaunt: das Blut soll 20 Jahre oder noch älter sein und ist immer noch nicht geronnen? Was ist das für ein Blut? Aber kaum spricht er den Gedanken laut aus, als in der Nachbarschaft auch schon laute Rufe und Trillerpfeifen zu hören sind. Die vier Freunde rennen hinaus und entdecken zwei Bobbys, neben denen ein Toter liegt: es ist Fjodor. Inspector Hauke spricht mit den Polizisten und einigen Anwesenden und erfährt nach und nach, dass Fjodor mit einem fremden, ausländisch anmutenden Mann auf offener Straße in Streit geriet. Es waren offenbar Landsleute, denn sie redeten in einer fremden Sprache aufeinander ein. Der Fremde habe Fjodor am Kragen gepackt, wüst auf ihn eingeschlagen und habe ihm dabei irgendetwas zugeraunt. Fjodor konnte dann den Angreifer zur Seite stoßen, taumelte daraufhin über die Straße und wurde dabei von einer schnell vorbeifahrenden Droschke erfasst, die ihn noch eine gewisse Strecke mitriss, bis er schließlich leblos im Straßendreck liegenblieb. George McCanner durchsucht daraufhin kurzerhand Fjodors Leichnam, die Dokumente von Katarina Markowa sind aber nicht zu finden. Auch von Iwan gibt es keine Spur.

Betrübt kehren die Freunde in ihre Wohnungen zurück. Nur Francois Guillaume de Teterac betritt noch einmal das Labor seines Freundes und führt mit dem fremden Blut ein weiteres Experiment durch. Diesmal spritzt er das Blut einer Maus und setzt eine zweite Maus in den Käfig. Die erste Maus reagiert wie die Maus beim ersten Versuch. Sie rüttelt mit ungewöhnlicher Kraft am Käfiggitter, dann stirbt sie. Die andere Maus bleibt unbehelligt. Die wissenschaftliche Neugier des Gerichtsmediziner wird stärker: Was geschähe, wenn man einem Menschen das Blut injizieren würde? Eine Weile lang ist er in Versuchung sich einem Selbstversuch zu unterziehen. Zumindest in dieser Nacht kann er allerdings noch widerstehen. Er seufzt, verlässt das Labor und geht nach Hause.

Wieder treffen die vier Freunde am nächsten Vormittag bei Barbara Strassow ein... und wieder geraten sie in eine Tragödie. Barbara zittert am ganzen Leib, ist kalkweiß im Gesicht und scheint außer sich vor Furcht und Panik zu sein. Ihr Sohn Jerry klammert sich an sie und schluchzt zum Steinerweichen. George McCanner schenkt ihr einen großen Whiskey ein. Langsam erfahren die Anwesenden, was geschehen ist: Barbara befand sich mit ihren beiden Jungen zwei Straßen von ihrem Wohnhaus entfernt und hielt ein Schwätzchen mit der Gemüsehändlerin, bei der sie gerade eingekauft hatte. Jerry und Charlie tollten herum und verfolgten sich gegenseitig laut kreischend die Straße herab. Auf die dunkle, geschlossene Hansom-Kutsche achtete Barbara erst, als sie neben Charlie hielt. Zwei Männer sprangen rasch heraus, warfen eine Decke über den Jungen, packten ihn und zerrten ihn ins Innere der Kutsche. Den herbeihastenden Jerry versetzten sie noch einen rüden Tritt und waren danach rasch verschwunden. Die ganze Entführung spielte sich mit einer solchen Geschwindigkeit ab, dass niemand außer Jerry geistesgegenwärtig war, um einzugreifen. Mehrere herbeigerufene Bobbys fanden auch keine Spur von den Gangstern. Barbara fleht ihren Bruder George McCanner und seine Freunde an, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um ihr Kind wiederzuholen. Entschlossen versichern die Freunde ihr ihre Unterstützung.

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Die Spielerin unserer Journalistin war leider noch immer verhindert. Vielleicht fehlt sie auch noch in der nächsten Sitzung. Dann aber hat sie (hoffentlich) ihr Examen bestanden und wir sind wieder komplett.

An anderer Stelle hier im Forum wurde kürzlich behauptet, Gumshoe sei als System leider eine Enttäuschung, weil nur „rudimentär“ ausgearbeitet. Je nachdem was man von einem System erwartet, stimmt das wohl. Ich will das aber gar nicht anders haben. Das System verhilft uns zu Szenen, die typisch für das Agenten- und Vampirgenre sind, ansonsten lässt es uns doch zu einem großen Stück weit machen, was wir wollen. So sollte es sein, finde ich.

Die vergangene Sitzung passt da recht gut ins Bild, das Abenteuer hat deutlich Fahrt aufgenommen. Wir hatten eine coole Actionszene gleich zu Beginn, ein paar interessante Investigationsmomente mittendrin und eine ziemlich dramatische Spannungssteigerung von Szene zu Szene über den gesamten Abend hinweg... (und zwar interessanterweise mit einem Abenteuer für ein anderes System). Ursprünglich hatte ich für die Szene in der British Library übrigens eine Verfolgungsjagd geplant... die Schießerei war aber auch o.k., denke ich.

Für mich als Spielleiter sind besonders zwei Dinge hochinteressant: Zum einen befinden sich jetzt drei Ochrana Mitarbeiter in einem Londoner Gefängnis, die nur auf ihre Entdeckung warten, diplomatische Immunität verlangen und durch ihre Schilderung der Schießerei in der British Library den Spielerfiguren einigen Ärger bereiten können. Zum anderen ist der neugierige Gerichtsmediziner, der der Versuchung ausgesetzt ist mit dem mysteriösen Blut Selbstversuche anzustellen, natürlich eine absolut göttliche Fügung. Wahrscheinlich werde ich ein Kärtchen vorbereiten, das dem Spieler über den weiteren Spielverlauf ein paar Hinweise gibt... nur für den Fall, dass er sich das Blut irgendwann doch noch selbst injiziert.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Uthoroc am 13.04.2019 | 23:22
Sehr schön, es macht Spaß, die “Vorgeschichte“ zu lesen. :)


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Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 11.05.2019 | 14:46
Deep Waters / 22. Sitzung
1895, George sieht rot

Beteiligte Agenten:
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten der britischen Justiz, 42 Jahre)
George McCanner (Privatdetektiv, 36 Jahre)
Thomas Wallace (V-Mann mit Kontakten zur Londoner Unterwelt, 36 Jahre)
Inspector Hauke (Kommissar, 45 Jahre)
Katherine Avery (Journalistin, 27 Jahre)
Oliver John (Polizeibeamter, 35 Jahre)


(https://media.gettyimages.com/illustrations/antique-engraving-illustration-horse-carriage-illustration-id1031500266?s=612x612)
Oliver John erreicht mit Franois Guillaume de Teterac und dem
verletzten Lord Raffles in dessen Kutsche das St. Mary´s Hospital.

Die Freunde Barbaras Strassows beschließen hinsichtlich der Entführung Charlies zwei Richtungen zu verfolgen: George McCanner will sich gemeinsam mit Francois Guillaume de Teterac den Ort anzuschauen, an dem sich die Entführung Charlies ereignet hat. Inspector Hauke sendet eine Nachricht an Scotland Yard. Er berichtet von der Kindesentführung und fordert Verstärkung an. Als die Männer aber Barbaras Haus verlassen wollen, läuft ihnen ein Botenjunge in die Arme, der George eine mündliche Nachricht übermittelt: Wenn George an Charlie interessiert sei, soll er sich am Abend gegen 18 Uhr am Marble Arch im Hyde Park einfinden. In diesem Moment wird sichtbar, unter was für einer großen Anspannung George steht, seit er von der Entführung seines Neffens gehört hat. Er greift den Boten bei den Schultern, brüllt, er solle ihm sofort sagen, wer diese Nachricht ausrichten ließ und schüttelt ihn so stark, dass dieser mit dem Kopf gegen die Hauswand schlägt. Der Bote ist völlig eingeschüchtert und verängstigt. Er erzählt, dass sein Auftraggeber ein gewisser Mr. Port gewesen sei, ein großer Mann mittleren Alters, der einen Schnurrbart trug. Er selbst arbeite für den Botendienst Army and Navy Pensioners Employment Society, die normalerweise keine mündlichen Botschaften überbringt. Da der Mann aber gut bezahlt habe, sei eine Ausnahme gemacht worden. Enttäuscht stößt George den Boten von sich, der schnell davonläuft.

Vor Ort drückt George McCanner der Gemüsehändlerin, bei der Barbara zum Zeitpunkt des Geschehens eingekauft hat, einen großzügig bemessenen Geldschein zu. Sie bestätigt Barbaras Schilderung und erzählt eine dunkle Privatdroschke sei langsam an Charlie herangefahren und habe neben ihm gehalten. Zwei Männer seien aus ihr herausgesprungen, hätten den Jungen mit einer ordinären rot-schwarz karierten Pferdedecke gefesselt und seien dann wieder mit ihm im Wagen verschwunden. Der Kutscher sei daraufhin in hohem Tempo davon geprescht. Die Frau hatte den Eindruck, dass es sich bei den Männern um Einheimische gehandelt habe.

George McCanner verabschiedet sich von ihr, beschließt aber, noch eine andere in der Nähe befindliche Informationsquelle zu nutzen. Er ist in einer Gegend, in der sich ein weiterer seiner Informanten aufhält. Normalerweise sitzt Edgar bettelnd etwa eine Straßenecke weiter. George McCanner schaut nach und entdeckt den Obdachlosen. Edgar hat den Entführungsvorgang mit angesehen und kann die Täter beschreiben: Beide waren jung, vielleicht Mitte 20. Der eine hatte wirre rote Haare, der andere eine dicke, nicht zu übersehende Hasenscharte. Aufgrund ihrer Zielstrebigkeit und dem Tempo der Männer glaubt Edgar, dass Profis am Werk waren.

George McCanners Gesichtsausdruck verhärtet sich. Er beschließt zu drastischen Maßnahmen zu greifen. Mit Francois Guillaume de Teterac geht er ein paar Straßen weiter und betritt das „Olde Jester Inn“, wo er den Barkeeper Toby kennt. Die Kneipe ist Treffpunkt für halbseidene Geschäftemacher und Unterweltkontakte. George McCanner kommt sofort auf den Punkt: „Toby, ich brauche um 18:00 Uhr zehn Leute mit Schusswaffen am Marble Arch.“ Toby runzelt die Stirn und sagt: „George, das ist eine Kneipe, keine Söldnerorganisation.“ George erleichtert sich um 100 £ und schweigt. Für den Auftrag wird er zwei Monate arbeiten müssen. Toby nimmt die Scheine und sagt: „Ich kann dir Emilio und Carlos schicken. Ob sie so schnell an Schusswaffen kommen, weiß ich nicht.“ George nickt knapp und verlässt die Bar.

Auf der Straße treffen die beiden Männern mit Inspector Hauke und Thomans Wallace zusammen, die ebenfalls das Viertel nach Hinweisen absuchen. Sie haben inzwischen Verstärkung von Scotland Yard bekommen, die aber lediglich aus Inspector Haukes verlässlichem Mitarbeiter Oliver John bestand. Außerdem befindet sich noch Katherine Avery bei den Männern, eine Journalistin vom Observer, die öfter über die Arbeit der Londoner Polizei berichtet und aus der Kindesentführung eine Story machen möchte. Nachdem George McCanner und Francois Guillaume de Teterac ihre Freunde über ihre bisherigen Erkenntnisse informiert haben, verabreden sich alle Anwesenden um 17:00 Uhr am Marble Arch. Dann beschließt Inspector Hauke, sich noch einmal Edgar, den Obdachlosen, vorzunehmen. Er spricht den Mann an und nimmt ihn mit in die Baker Street, wo er ihn vor ein Archiv mit Straftätern setzt. Der Archivar fragt Inspector Hauke, ob die Angelegenheit irgendetwas mit den Russen zu tun habe. Inspector Hauke will schon zustimmen, da mischt sich die offenbar bestens informierte Journalistin ein und behauptet, dass es in dieser Richtung keine Verbindungen gebe. Der Archivar schaut Inspector Hauke prüfend an und betont, dass er angewiesen sei, Inspector Hauke keine Unterstützung bei Nachforschungen hinsichtlich der russischen Gesandtschaft zu gewähren. Inspector Hauke knurrt: „Schon gut... lass uns an´s Archiv!“ Dann soll Edgar die Fotografien durchsehen und schauen, ob er die Entführer wiederentdeckt. Während Inspector Hauke, Oliver John und Katherine Avery auf mögliche Ergebnisse warten, setzen sie die Unterhaltung mit dem Archivar weiter fort. Als dieser über den Entführungsfall ein wenig besser aufgeklärt ist, empfiehlt er seinen Gesprächspartnern ein Gespräch mit Inspector Reynolds von der Abteilung für organisiertes Verbrechen.

Ein paar Minuten später sitzen Inspector Hauke, Oliver John und Katherine Avery in Inspector Reynolds Büro. Der Mann hört sich ihren Bericht an, grübelt ein wenig und fragt dann zuerst einmal, ob bei dieser Angelegenheit die russische Gesandtschaft irgendwie beteiligt sei. Inspector Hauke hat hinzugelernt und behauptet definitiv, dass die Entführung mit Russland nichts zu tun habe. Reynolds ist daraufhin sichtlich beruhigt und erzählt seinen Gesprächspartnern dann, dass ihn ihre Geschichte an die typische Vorgehensweise der Kidnappers erinnere. Es handele sich bei ihnen um eine Bande professioneller Verbrecher, die als „Werber“ für die Handelsmarine tätig seien, nach seinen Erkenntnissen besonders für die Ostindische Kompanie. Meisten würde sie ihre Opfer in irgendwelchen Hafenkneipen betrunken machen, anschließend überwältigen und beim Schiff ihres Auftraggebers abliefern. Mit brummendem Schädel würden die entführten Männer dann am nächsten Morgen auf irgendwelchen Seelenverkäufern, die unterwegs nach Bombay oder zu anderen Orten dieser Welt seien, wieder aufwachen. Manchmal würden die Kidnappers aber auch auf offener Straße über jemanden herfallen und ihn verschleppen, wobei sie Augenzeugenberichten zufolge immer auf dieselbe Art vorgehen: eine Hansom-Droschke hält neben dem Opfer, zwei Männer springen heraus, werfen eine Decke über den auserkorenen Mann, damit er sich nicht wehren kann, und zerren ihn dann in den Wagen. Wie viele Mitglieder die Kidnappers haben und ob es sich um eine einzige oder mehrere Banden handelt, entziehe sich Reynolds Kenntnissen. Er brichtet weiterhin, dass zwei Geheimpolizisten aus seiner Abteilung bereits versucht hätten, sich als angeblich Betrunkene in Hafenkneipen herumzutreiben um sich als Opfer anzubieten. Beide seien aber erst Monate später wieder an ihrem Arbeitsplatz aufgetaucht, weil sie das Schiff, auf das sie verschleppt worden waren, erst in Kapstadt in Südafrika wieder hatten verlassen können. Reynolds rät Inspector Hauke und seinen Begleitern stark davon ab, etwas Ähnliches zu probieren. Er könne aber noch einmal nachschauen, in welchen Hafenkneipen seine Männer damals ihr Glück versucht haben, das habe er noch irgendwo notiert. Inspector Hauke bedankt sich bei dem Mann und nennt Barbara Strassows Adresse, an die er mögliche Ergebnisse schicken soll. Da Edgar in den Archiven keinen der Täter entdecken konnte, verlassen alle Beteiligten Scotland Yard.

Ein letzter Gang führt George McCanner zu der Animierdame seiner Wahl. Auch Eva hört George McCanner ein wenig über den Entführungsfall aus. Sie weiß nichts, verspricht ihm aber, sich bei ihren Kolleginnen zu erkundigen.

Um 17:00 Uhr erreichen Inspector Hauke, Thomas Wallace, Oliver John und Katherine Avery Marble Arch am Hyde Park. Wie immer ist der Platz belebt. Einige Meter voneinander entfernt sitzen zwei gelangweilt aussehende Südländer in gerippten Unterhemden. Einer von ihnen hat eine längliche Tasche dabei, der andere eine kleinere, kompaktere Tasche. Hauke und seine Freunde beobachten die Männer aufmerksam, zunächst fällt ihnen aber nur auf, dass sie sich hin und wieder ein paar Blicke zuwerfen.

Etwas später trifft Francois Guillaume de Teterac ein, grüßt kurz seine Bekannten und schlendert unauffällig noch ein wenig weiter. Noch etwas später erreicht George McCanner den Ort. Um 18:15 Uhr taucht schließlich von der Oxford Street her kommend eine geschlossene, schwarze Kutsche auf, die neben George anhält. Die Tür wird von innen geöffnet und ein Mann bittet George mit einer einladenden Geste einzusteigen. George McCanner aber steigt auf das Trittbrett und richtet seine Pistole auf den im Inneren sitzenden Mann. Er schnauzt ihn an: „Wer bist du?“ Der Mann erwidert: „Mr. Port, setzen Sie sich doch!“ Vor Georges Pistole scheint er wenig Furcht zu haben. Da überwältigt George plötzlich eine kaum zu bändigende Wut. Er brüllt: „Wo ist Charlie, heraus mit der Sprache!“ und schießt dem Mann ins Bein. Auf dem Platz geraten erste Passanten in Aufregung. Inspector Hauke wirkt wenig beglückt. Die beiden Südländer stehen mit offenem Mund einige Meter entfernt und wissen nicht recht, wie sie sich verhalten sollen. George hält dem Mann daraufhin seinen Revolver direkt an den Kopf und wiederholt seine Frage. Er brüllt. Der Mann hält sich vor Schmerzen das Bein und ist kaum zu einer Antwort fähig. Erneut schießt George auf ihn, diesmal hat er auf seine Schulter gezielt. Der Mann rutscht auf den Boden der Kutsche, Inspector Hauke eilt herbei und versetzt George einen Schlag mit seinem Polizeiknüppel auf den Schädel. Weitere Bobbies erscheinen, überwältigen George und tragen ihn davon.

Francois Guillaume de Teterac kümmert sich um den Verletzten, informiert seine Freunde über sein weiteres Vorhaben und bringt den Angeschossenen in dessen luxuriöser Kutsche mit Hilfe von Oliver John in das nahe gelegene St. Mary´s Hospital. Er operiert ihm vor Ort die beiden Kugeln aus dem Körper und wird dabei von einem jungen Arzt unterstützt, der ganz froh darüber ist, diese Arbeit nicht selbst machen zu müssen. Schließlich wird der Mann in ein Krankenzimmer gebracht. Er schläft. Francois versucht noch etwas mehr über ihn herauszufinden. Er erinnert sich daran, dass seine Kutsche an den Türen eine Vorrichtung besaß, in die man Emailleschilder mit Wappen, einer Aufschrift oder Ähnlichem hineinschieben kann. Ein derartiges Schild war aber nicht vorhanden. Es scheint, als sei der Mann darauf bedacht gewesen, über seine Kutsche keine Hinweise auf seine Identität zu verraten. Auch Besitztümer hat er nur wenige dabei. Francois findet einen kleinen Revolver in seiner Brusttasche. Dann entdeckt er, dass der Mann einen falschen Schnurrbart trägt. Später entdeckt er, dass sich in seinem Spazierstock ein Stockdegen verbirgt.

In der Zwischenzeit beschäftigen sich Inspector Hauke, Thomas Wallace und Katherine Avery mit dem Kutscher des Mannes. Sie haben ihn festgehalten um ihn befragen zu können. Der Mann verrät seinen Gesprächspartnern, dass er der Kutscher Lord Raffles sei. Das sei der Mann gewesen, der in der Kutsche gesessen habe. Er selbst hatte den Auftrag beim Marble Arch ein oder zwei Gäste abzuholen und dann eine kleine Stadtrundfahrt zu machen. Inspector Hauke stellt sich nun als Angehöriger des Scotland Yard vor und fordert den Mann auf, sie zu Lord Raffles Anwesen zu führen. Mit einer Mietsdroschke fahren die Anwesenden an den nördlichen Stadtrand Londons und erfahren währenddessen, dass Lord Raffles Mitglied des Oberhauses ist und im Außenministerium arbeitet. Bei ihm zuhause werden sie von seiner Mutter begrüßt, die nun erfährt, dass ihr Sohn angeschossen wurde. Die Dame möchte sofort zu ihrem Sohn, daher begibt man sich zusammen auf den Rückweg in die Stadt. Im Krankenhaus erfährt Mrs. Raffles, dass ihr Sohn nicht in Lebensgefahr schwebt, aber noch einige Zeit im Krankenhaus bleiben muss. Zuerst will sie bei ihm am Bett wachen, Francois kann sie aber soweit beruhigen, dass sie wieder davon Abstand nimmt. Ihr fällt ein, dass sie am Abend eine Verabredung bei Mrs. Strongbow hat, der sie unbedingt von den jüngsten Ereignissen berichten muss. Dann rauscht sie ab.

Am Abend bleibt Franois Guillaume de Teterac im Krankenhaus, ist mit den anwesenden Ärzten in der Kantine und schaut hin und wieder nach dem Verletzten. Er will ihn befragen, sobald er wach wird.

Inspector Hauke, Thomas Wallace, Katherine Avery und Oliver John kehren ins Haus von Barbara Strassow zurück, wo ihnen Georges Schwester eine Nachricht in die Hand drückt. Inhalt: „The Grinning Rat, The Silver Inn, The Dirty Duck, Reynolds.“ Inspector Hauke begreift, dass ihn sein Kollege Reynolds hier wohl über die Kneipen informiert, in denen sich seine Leute ehemals um die Kidnappers bemüht haben.

In der letzten Szene des Abends geht es um George McCanner, der ins Zuchthaus gebracht wurde. Wie es der Zufall will, kennt er dort einen Wächter, dessen Schwester er vor langer Zeit einmal aus Verbrecherkreisen gerettet hat. Der Mann ist erschüttert, George als Gefangenen zu sehen und als er hört, was vorgefallen ist, wird er totenbleich. Da der Vorfall schnell stadtbekannt wird, erfährt er auch schon bald den Namen des Opfers. Dann spricht er George darauf an: „Was ist los mit dir, George? Du hast ein Attentat auf Lord Raffles verübt? Der Mann liegt schwerverletzt in einem Krankenhaus! Ich schätze, man wird dich dafür aufknüpfen!“ George fragt ihn daraufhin mit einem Funken Hoffnung im Gesicht nach dem Wohlergehen von seiner Schwester. Der Mann seufzt tief, überlegt einen Moment und sagt dann: „Also gut, George. In dem Hof, in dem du noch ein paar Tage deine Runden drehen wirst, gibt es einen Abfluss. An einem der kommenden Tage wird das Gitter entfernt sein. Danach bist du auf dich gestellt!“ George knurrt: „Danke, Mann!“

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War ja klar, dass das Abenteuer bei irgendeinem der vielen Flaschenhälse früher oder später eine Eigendynamik entwickelt! Statt der Verhandlung mit dem Entführer bei einer gemütlichen Kutschfahrt ist George gleich auf ihn losgegangen. Jetzt muss ich mir zwei Dinge überlegen:
1. Was erzählt Lord Raffles, wenn er im Krankenhaus zu sich kommt? Er hat die Entführung Charlies in die Wege geleitet um von den Freunden Barbaras die Amphore mit dem Blut zu erpressen. Das kann er aber jetzt nicht mehr ohne weiteres zugeben, da seine Identität bekannt geworden ist. Wenn er behauptet, mit der Sache nichts zu tun zu haben, braucht er stattdessen jemand anderen, der die Verhandlung mit den Spielerfiguren führt.
2. Was geschieht mit George McCanner? Hier habe ich alle Freiheiten. Ich würde ihm die Flucht gern ermöglichen, sein unbedachtes Vorgehen muss aber Konsequenzen haben.

Insgesamt war´s der Abend der Fertigkeit „Network“. Ich hatte den Eindruck, der Spieler von George hätte am liebsten alle seine Punkte auf einmal herausgehauen. Besonders viele Ressourcen hat er in diesem Bereich jetzt auch nicht mehr. Es war aber für uns alle interessant zu sehen, was man sich alles leisten kann, wenn man skrupellos seinen Networkpool plündert.

Der Spieler von Thomas Wallace fehlte, dafür hat sich unser Neuzugang mit Oliver John ganz wacker geschlagen.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 6.06.2019 | 22:48
Deep Waters / 23. Sitzung
1895, Eine Nacht im Hafen

Beteiligte Agenten:
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten der britischen Justiz, 42 Jahre)
George McCanner (Privatdetektiv, 36 Jahre)
Thomas Wallace (V-Mann mit Kontakten zur Londoner Unterwelt, 36 Jahre)
Inspector Hauke (Kommissar, 45 Jahre)
Katherine Avery (Journalistin, 27 Jahre)
Oliver John (Polizeibeamter, 35 Jahre)

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Hafenpub "The Grinning Rat"

In der Wohnung Barbara Strassows beraten Thomas Wallace, Inspector Hauke, Katherine Avery und Oliver John ihr weiteres Vorgehen. Eine Möglichkeit besteht in der Durchsuchung des Anwesens von Lord Raffles. Die Freunde vermuten, dass der Mann Charlie gegen die Phiole mit dem Blut austauschen wollte. Vielleicht gibt es also in seinem Haus Hinweise auf den Verbleib des entführten Knaben. Jetzt, wo Lord Raffles im Krankenhaus liegt, ist es möglicherweise eine gute Gelegenheit sich bei ihm Zuhause einmal umzusehen. Allerdings rechnen die Ermittler mit Personal und kenne ja bereits die ebenfalls im Haus wohnende Mutter des Politikers. Inspector Hauke ist nicht wohl bei dem Gedanken, in das Haus eines Mitglieds des britischen Oberhauses einfach mir nichts dir nichts einzubrechen. Er hat in der Angelegenheit schon einige Male seine Kompetenzen überschritten und fürchtet berufliche Konsequenzen. Da meldet sich Katherine Avery zu Wort und behauptet, dass sie das übernehmen werde. Sie behauptet, täuschend echt aussehende Durchsuchungsbefehle fälschen zu können, die Mrs. Raffles oder irgendwelchem Personal niemals auffallen würden. Die Journalistin schätzt, dass sie die ganze Nacht dafür brauchen wird. Inspector Hauke, Oliver John und Thomas Wallace sind erfreut über diese unerwartete Möglichkeit und beginnen nun über ihre zweite Spur nachzudenken: die von Inspector Reynolds genannten Hafenkneipen, in denen ehemals von seinen Mitarbeitern nach Angehörigen der Kidnappers gesucht wurde. Die Männer beschließen, während Katherine Avery den gefälschten Durchsuchungsbefehl anfertigt, dieser Spur nachzugehen.

Mit einer Kutsche wird zunächst Francois Guillaume de Teterac aus dem Krankenhaus abgeholt. Der angeschossene Lord Raffles hat sein Bewusstsein noch nicht wieder zurückerlangt. Weil die Nachforschungen im Hafen möglicherweise schneller zu einem Ergebnis führen, schließt sich der Gerichtsmediziner seinen drei Kollegen an.

Inspector Hauke und Oliver John verkleiden sich als heruntergekommene Strolche, dann begeben sich die vier Freunde mitten in der Nacht ins Londoner Hafenviertel. In einem Abstand von etwa 10 Minuten betreten sie den Pub „The Dirty Duck“. Inspector Hauke trinkt ein paar Bier an den Thresen und hört zwei Männern in der Nähe zu, die sich gegenseitig von irgendeinem Schmuggelgeschäft erzählen. Auf seiner anderen Seite flirtet ein Gast mit einer Animierdame. An der Wand erblickt Inspector Hauke einen relativ kleinen Tisch, an dem ein alter, verwittert aussehenden Mann sitzt, der das Geschehen im Schankraum stumm beobachtet. An seiner Seite befinden sich zwei muskulös aussehende, gelangweilt wirkende Kerle.

Inspector Hauke gibt dem ihm nachfolgenden Francois Guillaume de Teterac einen Wink und dieser sucht den Weg zu dem alten Mann. Der alte Mann stellt sich als Old Sam vor und beginnt den Doktor etwas auszufragen. Francois macht einen guten Eindruck auf ihn und als er hört, dass Francois operieren kann, wird er hellhörig. Old Sam deutet an, dass er des Öfteren heikle Waren nach London schaffen lässt und es in diesen harten Zeiten dabei hin und wieder auch Schwierigkeiten gibt. Francois Guillaume de Teterac erfährt, dass es sich um Lieferungen von Munition, manchmal auch um Opium handle. Old Sam macht ihm deulich, dass er einen Arzt, der seine Männer unbürokratisch behandeln würde, gut gebrauchen könne. Francois Guillaume de Teterac will wissen, an was für Behandlungen er dabei denke. Old Sam zuckt mir den Schultern und meint, es gäbe in seinem Metier hin und wieder Verletzungen durch Schießereien und andere Kämpfe. Der Chirurg nickt zunächst etwas zurückhaltend, aber die beiden Männer verstehen sich überraschend gut, trinken viel Alkohol und am Ende verrät der Mediziner dem alten Schmugglerboss die Adresse des Labors seines Freundes, wo er Verletzte hinschicken könne, wenn sie von ihm behandelt werden wollten.

Währenddessen schlendert Oliver John mit einem Bier in der Hand von Tisch zu Tisch und hört sich etwas um. Er stößt schließlich auf zwei Schotten, mit denen er sich schnell anfreundet, weil er sich mit ihnen auf Gälisch unterhalten kann. Nach einer Weile erfährt Inspector Haukes Assistent, dass die Schotten gern auf einen Whiskey hier vorbei kommen. Wirklich informativ ist die Unterhaltung aber nicht.

Zuletzt betritt Thomas Wallace den Pub und stößt zu seiner Freude auf Henry Saunders, einen seiner bekannten Informanten aus Unterweltskreisen. Über ihn erfährt Thomas Wallace, dass „The Dirty Duck“ eine Schmugglerkneipe ist. Zwar würden sich hierher hin und wieder auch Mitglieder der Kidnappers verirren, ihre eigentlichen Absprachen und Geschäfte würden aber in der „Grinning Rat“ getätigt.

Die vier Männer werfen sich vielsagende Blicke zu, schließlich verlassen sie den Pub und machen sich zum nächsten auf: „The Grinning Rat“. Diesmal begibt sich Thomas Wallace als erster in das Etablissement. Er steht noch nicht lang an den Thresen, da wird er bereits von einer etwas zudringlichen Dame angesprochen. Wallace´ Freunde folgen ihm in zeitlichem Abstand und stellen fest, dass sich ihr Spezialist für die Unterwelt mit der hübschen, aber etwas verlebten Chandra Jevers bereits in einem angeregten Gespräch findet. Er erfährt von leckeren Pfannkuchen, die die Schöne braten kann... warum nicht für ihn? Sie wohne nicht weit entfernt.

Wenig schlendert Thomas Wallace in Damenbegleitung durch den Londoner Hafen. Inspector Hauke und Francois Guillaume de Teterac folgen dem Paar unauffällig. Oliver John hat für diesen Abend genug. Vielleicht hätte er einen Whiskey weniger trinken sollen.

Am Regent´s Canal beginnt die Dame an Thomas Wallace´ Seite laut hörbar zu seufzen. Die Stimmung ist romantisch, das junge Glück schaut zum Mond hinauf... dennoch erkennt Thomas Wallace die Gefahr der sich ihm von hinten nähernden Kutsche noch rechtzeitig. Zwei Männer springen aus dem Wagen und versuchen ihm eine Decke über den Kopf zu werfen. Thomas Wallace dreht aber Chandra Jevers überraschend in Richtung der Männer. Die Decke verhüllt die Dame, nicht ihn. Wenige Augenblicke später ist Inspector Hauke und Francois Guillaume de Teterac vor Ort. Der Inspector schießt einem der Angreifer ins Bein, der Mediziner kann den Kutscher ergreifen und festhalten, der dritte Mann entkommt in den Gassen Londons.

Die Ermittler bringen ihre beiden Gefangenen und die Prostituierte in das Labor des Freundes von Francois Guillaume de Teterac. Hier werden die beiden befragt und Inspector Hauke ist dabei nicht zimperlich. Er drückt dem ohnehin schon angeschossenen Mann bei zweifelhaften Antworten und offensichtlichen Lügen auf die Schusswunde, was ihn regelmäßig laut aufschreien lässt. Eine Weile leistet der Mann Gegenwehr, schließlich erfahren die Männer aber doch, was sie wissen wollen. Ihre Gefangenen gehören zu den Kidnappers und haben von der Entführung eines Kindes gehört. Verantwortlich dafür sei Harry, die Hasenscharte, der auf einem Hausboot an einem Kai des Hope Docks in der Nähe der London Docks in Shadwell wohnt. Wo sich der Mann und das Kind derzeit aufhalten, ist nicht bekannt.

Als Inspector Hauke und Thomas Wallace das Labor verlassen dämmert bereits der Morgen. Sie haben die Prostituierte und den Kutscher in eine Abstellkammer des Labors eingesperrt. Francois Guillaume de Teterac hat nach einigem Zögern beschlossen, dem Angeschossenen Kriminellen die Kugel aus dem Bein zu operieren. Er bleibt deshalb zurück. Inspector Hauke und Thomas Wallace aber machen sich auf den Weg zur Wohnung von Barbara Strassow und holen Katherine Avery ab. Es gibt jetzt Wichtigeres als einen Durchsuchungsbefehl für das Haus Lord Raffles. Die Journalistin folgt den Männern zum Hope Dock, wo sie hoffen Harry, die Hasenscharte aufspüren und Charlie befreien zu können.

-

Das war eine relativ kurze Sitzung mit viel Rollenspiel und etwas intensiver ausgespieltem Lokalkolorit des Londoner Hafens. Wir hatten ein wenig das Problem großer Gruppen, deren Mitglieder sich dann auch noch trennen: George McCanner sitzt im Gefängnis, wo er noch ein paar Tage bleiben wird. Katherine Avery war einen Großteil der Sitzung mit dem Fälschen des Durchsuchungsbefehls beschäftigt. Zumindest sie ist beim nächsten Mal wieder mit von der Partie... und für den Spieler von George muss ich mir vielleicht noch eine Figur ausdenken, die er vorläufig anstelle Georges ins Spiel bringen kann.

Ansonsten läuft die Sache zwar langsam, aber in eine gute Richtung. Der Showdown ist bereits greifbar nahe. Ich habe von meinen Spielern auch endlich mal ein wenig Feedback bekommen und gehört, dass ihnen diese viktorianische Epoche durchaus Spaß macht. Das hat mich gefreut. Ein Weilchen möchte ich schon noch gern in dieser Zeit weiterspielen.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 18.06.2019 | 04:52
Deep Waters / 24. Sitzung
1895, Charlies Rettung

Beteiligte Agenten:
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten der britischen Justiz, 42 Jahre)
George McCanner (Privatdetektiv, 36 Jahre)
Thomas Wallace (V-Mann mit Kontakten zur Londoner Unterwelt, 36 Jahre)
Inspector Hauke (Kommissar, 45 Jahre)
Katherine Avery (Journalistin, 27 Jahre)
Oliver John (Polizeibeamter, 35 Jahre)

(https://c8.alamy.com/compde/d136dp/glen-island-river-thames-maidenhead-viktorianischen-zeit-d136dp.jpg)
Eine Schleuse wird passiert

Am Hope Dock angelangt erwartet die Gruppe eine unansehnliche Szenerie. Die meisten hier ankernden Hausboote sind alt und vergammelt. Auf vielen von ihnen scheinen auf engstem Raum viele Großfamilien zu leben und es sieht so aus als müsse nur der nächste Sturm kommen, um die meisten der klapprigen Behausungen unter dieser Belastung endgültig auseinander brechen zu lassen. Inspector Hauke spricht einen alten Fischer an, der auf dem Kai gerade sein Netz sortiert. Er fragt ihn nach dem Hausboot des Mannes mit der Hasenscharte. Der alte Fischer schaut den Polizisten erstaunt an und verlangt erst einmal drei Pence. Hauke gibt ihm zwei und erfährt dann, dass Harry, die Hasenscharte ein kleiner Zuhälter ist, der seine Finger aber auch noch in irgendwelchen größeren krummen Geschäften hat. Seltsamerweise habe er sein Hausboot gestern aus dem Hope Dock heraus gebracht, was sehr ungewöhnlich sei. Schließlich könne er nicht wissen, ob sein Platz bei seiner Rückkehr noch frei ist! Der Mann zeigt den Ermittlern die Stelle, an der das Boot normalerweise verankert ist, mehr erfahren sie aber nicht. Katherine Avery versucht nun noch ein Gespräch mit den Bewohnern eines benachbarten Schiffes in Gang zu bringen. Sie bekommt eine mollige Frau Mitte 30 zu sprechen, auf deren Boot sich eine Menge Kinder unterschiedlichsten Alters befinden. Emily Baker berichtet, dass Harry, die Hasenscharte am Vormittag des vergangenen Tages in Begleitung eines Rothaarigen und eines apathisch wirkenden kleinen Jungen sein Hausboot betreten habe. Kurze Zeit später habe sich das Boot in Bewegung gesetzt und das Hafenbecken verlassen. Sie habe aufgepasst, ob Harry ihrer ältesten Tochter vielleicht wieder seine üblichen Obszönitäten zurufe, gestern habe er es aber offenbar eilig gehabt und wortlos sein Boot auf die Themse zu gesteuert. Katherine will wissen, was Harry für ein Boot besitzt und erfährt, dass es leicht zu erkennen sei, weil er an seinem Bug eine Haifischschnauze, die ihre Reißer bleckt, aufgemalt habe. Schließlich erfährt sie noch, dass das Boot sicherlich flussaufwärts gefahren sei, denn themseabwärts sei der Fluss zu mächtig, die Tide zu stark und der Verkehr der großen Schiffe zu dicht für solche zerbrechlichen Boote wie die vom Hope Dock.

Inspector Hauke, Oliver John, Katherine Avery und Thomas Wallace setzen sich in ihre Kutsche und nehmen die Verfolgung auf. Sie fahren am Nordufer der Themse auf Windsor zu, vorbei an unzähligen Schleusen, die die Schiffe von einem Flussniveau auf ein anderes befördern. Bei einigen der Schleusenwärter fragen sie nach dem gesuchten Hausboot und bekommen zuverlässig Antwort. An das auffällig bemalte Boot können sich alle erinnern. Scheinbar können die Verfolger schnell aufholen, das Boot bewegt sich nur langsam den Fluss hinauf. Hinter Windsor machen sie einen kleinen Umweg um vom Fluss aus nicht gesehen werden zu können. Sie steuern eine weiter flussaufwärts befindliche Schleuse an und erfahren vom dortigen Schleusenwärter, dass das Boot an dieser Schleuse noch nicht vorbeigekommen ist. Daraufhin zeigt Inspector Hauke dem Mann seine Dienstmarke, erklärt ihm, dass sie im Zusammenhang mit einer Strafverfolgung unterwegs seien und er sich bitte in sein Wärterhäuschen zurückziehen und abwarten soll. Der Mann wird blass, tut aber, was man ihm sagt. Dann warten auch die Ermittler ab.

Gut zwei Stunden später können sie sehen, wie sich das gesuchte Hausboot der Schleuse nähert. Nachdem es in die Schleuse eingefahren ist, schließt Inspector Hauke das passierte Tor. Er gibt sich als Schleusenwärter aus, kassiert die Schleusengebühr und gibt vor, mit Oliver John das hintere Schleusentor zu öffnen. Dabei beginnt er laut zu fluchen und versucht den Eindruck zu erwecken, als hätte sich irgendeine Mechanik verkantet sodass das Tor nicht zu öffnen sei. Harry die Hasenscharte fällt auf den Trick hinein und verlässt etwas später sein Boot um sich die Sache einmal anzuschauen. Dabei versetzt ihm Inspector Hauke einen Schlag mit einem Hammer auf den Schädel und Oliver John verpasst ihm einen zusätzlichen Tritt. Harry wird schwer verletzt und verliert das Bewusstsein. Allerdings kann er noch einen lauten Schmerzensschrei ausstoßen und alarmiert so seine im Boot befindlichen Kompagnons.

Von der anderen Seite haben sich bereits Thomas Wallace und Katherine Avery Zugang zum Boot verschafft. Thomas Wallace späht an einem Vorhang vorbei, der eine Glasscheibe in der Tür zum Inneren des Bootes abschirmt. Er erkennt, dass dort in einer Ecke des Raumes ein Mann mit slawischen Gesichtszügen auf einem Stuhl sitzt: Victors Mörder! Vor ihm auf einem Tisch sitzt Charlie, der von dem Osteuropäer mit einem Arm umschlungen gehalten wird. Der Mann scheint außerdem mit gepresster Stimme irgendwelche unverständlichen Wörter von sich zu geben. Wenig später erhebt sich ein weiterer Mann von einem Bett und bewegt sich auf die Tür, an der sich Thomas Wallace befindet, zu. Es scheint sich um den Rothaarigen zu handeln, von dem Katherine Avery am Hope Dock schon gehört hat. Dieser Rothaarige öffnet schließlich die Tür und wird von Thomas Wallace, Katherine Avery und dem herbeigeeilten Inspector Hauke angegriffen. Nur Oliver John ist zu einem seitlich befindlichen Fenster geeilt und nimmt den Russen, der noch immer Charlie wie ein Schutzschild vor sich hält, aufs Korn.

Schnell und skrupellos wirft der Russe eine Granate in Richtung der Tür. Eine Explosion zerreißt die angespannte Stille. Inspector Hauke und Thomas Wallace werden leicht verwundet, Katherine Avery steht etwas erhöht in der Kabine mit dem Steuerrad und bleibt deshalb verschont. Auch Charlie bekommt etwas ab und beginnt laut zu schreien. Der skrupellose Osteuropäer bleibt verschont, weil er sich zum größten Teil im Explosionsschatten Charlies befindet. Das Hausboot beginnt langsam zu sinken.

Dann entbrennt ein erbitterter Kampf. Oliver John schießt mehrfach durch das Seitenfenster des Bootes, kann das Kampfgeschehen aber nicht entscheidend beeinflussen. Katherine Avery und Inspector Hauke schalten zunächst den Rothaarigen aus. Thomas Wallace bewegt sich auf den Russen zu. Die beiden Männer beschießen sich gegenseitig, dann aber versucht der Mörder zu fliehen. Er windet sich behende am angeschlagenen Thomas Wallace und an Inspector Hauke vorbei ins Freie, wird dann aber auf seiner Flucht zur Strecke gebracht. Der Sieg ist da! Inspector Hauke und Thomas Wallace sind verwundet, auf der Gegenseite sind drei schwer verletzte Männer, die nicht mehr bei Bewusstsein sind. Oliver John gelingt es, das sinkende Hausboot noch aus der Schleuse heraus ans Flussufer zu steuern. Auf diese Weise wird der Bootsbetrieb nicht noch länger behindert.

Dann werden alle Beteiligten in die Kutsche gebracht. Katherine Avery redet Charlie beruhigend zu, der allerdings vor Schmerzen noch lange Zeit wimmert. Schließlich begibt sich die Kutsche auf den Rückweg nach London. Als nach einer Stunde einer der schwer verletzten Gegner stirbt und die anderen Männer nur noch schwach atmen, beschließen die Ermittler, einen Landarzt aufzusuchen. Doctor Wilde stabilisiert deren Wunden und verordnet strengste Bettruhe. Oliver John bleibt vor Ort und achtet darauf, dass die Überlebenden nicht die Flucht ergreifen.

Zurück in London liefern Inspector Hauke, Thomas Wallace und Katherine Avery zuallererst Charlie bei seiner Mutter Barbara ab, die ihn glücklich in ihre Arme schließt. Der verwundete Knabe wird dann aber ins St. Marys Hospital gebracht. An diesem Ort wollten die Ermittler eigentlich Lord Raffles zur Rede stellen. Sie geraten aber stattdessen in eine Art Pressekonferenz und erfahren von den dort befindlichen Journalisten, dass sich Lord Raffles am Vormittag die Pulsadern aufgeschlitzt hat. Der Mann habe einen Abschiedsbrief hinterlassen, der aber von einem Regierungsvertreter konfisziert worden sei. Angeblich enthalte er im Wesentlichen die Bemerkung, dass Lord Raffles von seiner Stelle im Außenministerium zurücktrete. Inspector Hauke wirbt zwei Gelegenheitsarbeiter an, drückt ihnen etwas Geld in die Hand, verspricht ihnen später noch etwas mehr und schickt sie dann aufs Land. Sie sollen Oliver John ablösen. Gegen Abend erreicht der Mitarbeiter des Inspectors London. Zusammen fahren Inspector Hauke, Oliver John, Katherine Avery und Thomas Wallace zu Francois Guillaume de Teterac und laden ihn mit in ihre Kutsche. Sie wollen Lord Raffles Büro unter die Lupe nehmen um noch weitere Details über seine Verbindungen zu der russischen Gesandtschaft herauszufinden. Dort angekommen werden sie allerdings von einem gut gekleideten älteren Herrn begrüßt, der sich als Edward Webb, Privatsekretär des Premierministers, vorstellt. Er fragt nach den Namen der Neuankömmlinge und erzählt ihnen dann, dass der Premierminister sie sofort zu sehen wünscht. In einer großen Kutsche, gefolgt von zwei Kürassieren, werden die Ermittler in die Downing Street No. 10 und an mehreren Wachen vorbei von Edward Webb in ein Kaminzimmer im Erdgeschoss gebracht, wo sie von einem Bediensteten um ihre Waffen erleichtert werden. Hier bleiben die Freunde eine Weile für sich und müssen lange warten. Immerhin bringt ihnen nach einiger Zeit ein Butler Tee und einen kleinen Imbiss. Er erzählt, dass im ersten Stock noch eine Kabinettssitzung stattfinde, die leider für ihre Wartezeit verantwortlich sei.

Schließlich kehrt Edward Webb zurück. Ihn begleiten Sir Malcolm Balbriggan, der gegenwärtige Außenminister, und Sir Archibald Philip Primrose, der Premierminister höchstpersönlich. Sir Primrose und seine Begleiter scheinen nicht daran interessiert zu sein, eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu schaffen, denn nur Sir Balbriggan setzt sich, während der Premierminister, der das Wort ergreift, auf und ab geht.

Er hält erst einmal einen allgemeinen Vortrag über die politische Situation in Europa und gibt den Anwesenden zu verstehen, warum Großbritannien derzeit seine Beziehungen zum russischen Zaren zu verbessern sucht. Dann spricht er über die jüngsten Ereignisse: „Wenn jetzt auf einmal bekannt würde, dass Russland mit Duldung eines Mitglieds der britischen Regierung auf britischem Boden einen russischen Terroristen liquidiert habe, sind die Folgen innen- und außenpolitisch unabsehbar. Das Ansehen des Empires ist in ernster Gefahr.“ Weiter heißt es, dass innenpolitisch ein Sturm der Empörung drohe, aber auch außenpolitisch mit ernsten Konsequenzen zu rechnen sei. Die Ermittler müssten deshalb zu Verschwiegenheit verpflichtet werden.

Etwas überrascht angesichts der Informationen, die der Premierminister hier offenlegt fragen die Anwesenden nach weiteren Hintergründen. Es wird deutlich, dass sie selbst noch ein wenig Aufklärungsbedarf haben. Schließlich kommt die Rede auch auf die Phiole mit dem Blut. Der Premierminister ist darüber informiert, dass die russischen Terroristen dieses Blut besessen, aber verloren haben. Er weiß auch, dass die russische Gesandtschaft dieses Blut gern in ihren Besitz gebracht hätte, bisher aber in dieser Hinsicht noch keine Erfolge erzielen konnte. Mit scharfem Blick fragt er dann, ob den Anwesenden bekannt sei, wo sich das Blut befinde. Inspector Hauke und seine Freunde winden sich etwas, behaupten aber schließlich, dass sie keine Ahnung hätten. Der Premierminister appelliert daraufhin an das patriotische Gewissen der Ermittler. Inspector Hauke erzählt ihm daraufhin, dass er hinsichtlich des Blutes bereits eine heiße Spur verfolge, aber erst in ein paar Tagen vorzeigbare Ergebnisse zu erwarten seien. Ein weiterer scharfer Blick trifft Inspector Hauke: „Was für eine Spur ist das?“ Wieder windet sich der Kriminologe und versucht einer Antwort auszuweichen. Er erzählt von einer brisanten Ermittlungslage, die bei unbedachtem Vorgehen schnell in einem Fiasko enden könne. Da ihn der Premierminister aber weiterhin streng anblickt, sagt er schließlich: „Sir, wir wollen einfach nicht, dass das Blut den Russen in die Hände fällt.“ Bei diesen Worten wird der Ausdruck des Premierministers weicher. Milde antwortet er: „Gentlemen... Mrs. Avery... das will niemand hier in der britischen Regierung. Wir wollen vielmehr fähige Männer und Frauen, die aus patriotischer Verantwortung für Queen und Empire diesen Dingen nachgehen... Phiolen mit Blut, schreckliche Ritualmorde des Rippers und seltsame Schriften und Berichte dieses in Rumänien verschollenen niederländischen Mediziners... in letzter Zeit haben sich hier sonderbare Dinge ereignet. Vielleicht können wir sie zu unseren eigenen Gunsten nutzen. Dafür brauchen wir ein Team von Spezialisten, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit neue Mittel und Wege ersinnt, um unserem geliebten Land seine Vormachtstellung zu sichern. Wir sind bereits dabei, unseren Geheimdiensten eine Sonderabteilung hinzuzufügen, die sich um diese Dinge kümmern wird. Nach den Ereignissen der vergangenen Tage möchten wir sie gern auf unserer Seite wissen und bieten ihnen deshalb einen Platz in dieser Abteilung an. Wir gehen davon aus, dass die erwähnte Phiole mit dem Blut dann schnellstmöglich zu Forschungszwecken bereit stehen wird.“ Die Ermittler schauen sich mit großen Augen an. Schließlich räuspert sich Inspector Hauke und versichert dem Premierminister, dass es ihm eine Ehre sein wird, in einer solchen Abteilung seiner vaterländischen Pflicht nachgehen zu können. Auch die anderen Anwesenden stimmen zu. Schließlich aber bringt Thomas Wallace die Rede auf George McCanner, der zumindest zu Beginn des Falles einen erheblichen Anteil an ihren Fortschritten gehabt habe, nun aber unglücklicherweise inhaftiert worden sei. Der Premierminister antwortet: „Er hat einen unserer Politiker angeschossen. Das sollten wir nicht vergessen. Ich werde ihm aufgrund seiner Verdienste ein kleines Gut in den Kolonien zukommen lassen. Es gibt unangenehmere Schicksale.“ Mit einem kurzen, freundlichen Gruß verlässt Premierminister Primrose die Anwesenden.

-

Diesmal waren nur vier Spieler anwesend, was aber völlig o.k. war. George saß im Knast, Francois hat Gefangene bewacht und die verbliebenen vier Ermittler haben völlig ausgereicht, um den Showdown auf dem Hausboot für sich zu entscheiden.

Der Kampf auf dem Boot war in Ordnung und hat regeltechnisch ganz gut funktioniert. Ich habe diverse Thriller Combat Options eingesetzt, der Einsatz der Handgranate war eine nette Überraschung. Trotzdem sind die Spielerfiguren nicht wirklich schwer in Bedrängnis geraten. Insgesamt habe ich das Abenteuer als passabel, aber auch etwas schwerfällig und behäbig empfunden. Demnächst darf es auch ´mal wieder etwas grenzwertiger werden.

Spannend fand ich allerdings die letzte Szene, die ja quasi die erste Phase unserer Kampagne beendet hat. Operation Edom ist jetzt komplett und kann mit der Arbeit beginnen. Hier unsere Gründungsmitglieder im Jahr 1900, dem Datum des nächsten Abenteuers (über die Ambitionen Dr. Jack Sewards wird noch verhandelt, vielleicht bleibt er einfach ein Kontakt):

Miss Annie Smith Peck (amerikanische Archäologin, 50 Jahre)
Inspector Hauke (Kommissar, 50 Jahre)
Mr. Andrew F. Crosse (britischer Geologe, 48 Jahre)
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten der britischen Justiz, 47 Jahre)
James Clockwork (ehemaliger Kutscher Abraham Van Helsings, 42 Jahre)
Thomas Wallace (V-Mann mit Kontakten zur Londoner Unterwelt, 41 Jahre)
Oliver John (Polizeibeamter, 40 Jahre)
Mr. Jackson (Miss Annie Smith Pecks Leibwächter, 37 Jahre)
Quincey Morris (texanischer Abenteurer, 36 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 33 Jahre)
Katherine Avery (Journalistin, 32 Jahre)
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 6.09.2019 | 22:45
Down in the Sully Gardens / 25. Sitzung (1. Teil)
1900, Letzte Worte

Beteiligte Agenten:
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten der britischen Justiz, 47 Jahre)
Inspector Hauke (Kommissar, 50 Jahre)
Katherine Avery (Journalistin, 32 Jahre)
Andrew F. Crosse (britischer Geologe, 48 Jahre)
Freddy William Bennett (Maler und mehr, 22 Jahre)

(https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRyxaF7ghtkldPLRCupJP7ICNTfiTfVGrdJpFjCJC49SKJpVVlvtg)
Die Phonographenwalze von Dr. James Sully

Seit fünf Jahren trifft sich der Edom Club einmal im Monat an wechselnden Orten in London. Eine Geheimdienstabteilung ist um die Mitglieder des Clubs noch nicht entstanden, auch wenn einige äußere Anzeichen in diese Richtung weisen. Hin und wieder werden die Clubmitglieder während ihrer Treffen von einem Knaben aufgesucht, der sich mit dem Codewort „Perveniet Calix“ (Er/Sie wird den Kelch bekommen) als Bote der Regierung ausgibt, für neue Informationen sorgt und manchmal auch Anweisungen überbringt. Unterzeichnet sind die Botschaften von einem mysteriösen Mr. H.

Am 12. Juli 1900 scheinen die Mitglieder bei ihrem gemeinsamen Lunch lediglich ein wenig plaudern und fachsimpeln zu wollen. Dann aber geschieht doch noch etwas mehr: der bekannte Botenjunge erscheint, nennt das Codewort und überbringt eine mit „H“ unterzeichnete Eilbotschaft. Die Botschaft enthält die Aufforderung an den Club Edom, sofort einige Mitglieder zur Royal Institution of Great Britain in die Albemarle Street zu schicken. Vor Ort würden sie dann mit einem Regierungsvertreter zusammentreffen, der sie über die aktuelle Situation informieren und mit einer angemessenen Tarnidentität ausstatten werde.

Nach einer kurzen Diskussion erklären sich vier Männer und eine Frau bereit, besteigen eine Kutsche und fahren zum angegebenen Ort. Einer von ihnen ist Freddy William Bennett, das jüngste Mitglied, von dem niemand weiß, wie er eigentlich Zugang zum Edom Club gefunden hat. Er wird vom ein oder anderen deshalb hin und wieder mit leichtem Misstrauen beäugt.

In der Albemarle Street angekommen erkennen die Agenten schnell, dass das gesamte große Gebäude der Royal Institution of Great Britain von Beamten des Scotland Yard abgeriegelt wurde. An der Straße vor dem großen Gebäude parkt eine Kutsche mit dem Emailleschild „Chief Inspector of Explosives“.

Noch bevor sich die Agenten genauer umsehen können, tritt ein junger Mann Mitte 20 auf sie zu, der sie fragt, ob sie die Gentlemen des Edom Clubs seien. Dann spricht er „Perveniet...“ und bekommt von Inspector Hauke die Antwort „...Calix“. Im Folgenden stellt sich der Mann als Chad vor und händigt den Agenten eine Mappe mit Informationen zu einem gewissen Dr. James Sully aus. Der Mappe ist zu entnehmen, dass der Mann ein fortschrittlich eingestellter Psychiater und ehemaliges Mitglied des X Clubs ist, der seit einem Jahr experimentelle Psychologie im Auftrag der University of London betreibt. Seine Sitzungen halte er in der „Royal Institution of Great Britain“ ab, in dem Gebäude, vor dem die Agenten sich befinden, ganz in der Nähe des St. George´s Hotel, wo sich ehemals der X Club getroffen hatte. Sully sei nicht vorbestraft und erst später zur Psychologie gekommen. Er habe vorher schon Literatur und Philosophie studiert und auch in diesen Bereichen hervorragende Leistungen erbracht.

Chad klärt sie über den wahren Grund ihrer Anwesenheit auf: Vor einigen Stunden habe Sir Thomas Henry Huxley, ein anderes ehemaliges Mitglied des X Clubs, die Polizei über Schreie informiert, die aus der Praxis Sullys zu hören waren. Beamte des Scotland Yards hätten daraufhin an der Tür von Sullys Praxis einen Hinweis auf eine Bombe oder Sprengstoffladung gefunden. Sicherheitshalber hätten sie daraufhin den Chief Inspector of Explosives Mister Cecil Napier Hake um Hilfe gebeten. Chad behauptet, er habe keine Ahnung, ob der Fall in irgendeiner Beziehung zu den speziellen Interessen des Edom Clubs steht, weil das andererseits aber auch nicht auszuschließen ist und der Fall ein paar Rätsel aufzuweisen scheint, hätten die Verantwortlichen sicherheitshalber auch die Clubmitglieder informiert.  Da die Existenz des Edom Clubs geheim gehalten werden sollte, sollten sich die die Agenten für die Dauer der Untersuchung gegenüber den Anwohnern und dem Scotland Yard als Mitarbeiter von Chief Inspector of Explosives Hake ausgeben und sich so Zugang zu Sullys Praxis verschaffen. Sobald sie in der Praxis seien, gelte es als erstes festzustellen, ob sie für den Fall zuständig sind. Sei das der Fall, müsse Sully in Gewahrsam genommen und die Wohnung abgeriegelt werden. Wenn die Agenten die Situation in der Hand haben, stünden ihnen Mitarbeiter zur Verfügung, die Sully an einen sicheren Ort bringen können. Auch Spezialisten von der Spurenbeseitigung stünden ihnen zur Verfügung. Über die Kutsche des „Chief Inspectors of Explosives“ könnten die Agenten samt ihres Inhaltes frei verfügen. Chad halte sich während der Untersuchung der Agenten im Tea Room des „Brown´s Hotel“ etwa 100 Meter entfernt auf und könne bei außergewöhnlichen Ereignissen kontaktiert werden.

Nachdenklich schauen die Agenten Chad hinterher. Dann schauen sie ins Innere der Kutsche und entdecken Werkzeuge, Prüfgeräte, Ausrüstung zur Entschärfung von Bomben und Schutzanzüge. Sie steigen in die Schutzanzüge, schnappen sich ein paar Ausrüstungsgegenstände und marschieren auf den von Polizisten abgesperrten Haupteingang der Royal Institution of Great Britain zu.

An der Tür stellt sich den Agenten Inspector Tom While vor, der für die Beamten zuständige Mann von Scotland Yard. Er erzählt, dass die Agenten von den Polizisten bereits erwartet worden sind. Aus dem gesamten Gebäude seien außerdem bereits alle Bewohner evakuiert worden, ein weiteres Mal seien seine Männer durch das Gebäude patrouilliert ohne, dass sie etwas Auffälliges bemerkt hätten. Inspector Hauke verlangt zur Praxis von Dr. Sully gebracht zu werden. Auf dem Weg dorthin werden die Agenten von Tom While und zwei weiteren Polizisten begleitet. While informiert die Agenten über den Stand der Dinge. Er erzählt, dass er und seine Männer aufgrund von Berichten über die Schreie aus Sullys Wohnung hierher geeilt sind. In dem Gebäude würden verschiedene Wissenschaftler wohnen und arbeiten, Sullys Praxis befinde sich im Flügel der Mediziner, in den der zuständige Hausmeister die Polizisten eingelassen habe. While habe dann aber an der Tür zu Sullys Praxis einen Zettel entdecken müssen, auf dem geschrieben stehe, dass das Öffnen der Tür angeblich eine Sprengfalle auslöse. Da habe While doch lieber Spezialisten wie den Chief Inspector of Explosives zur Unterstützung hinzugerufen. Seine Männer würden währenddessen den gesamten Häuserblock abschirmen. Innerhalb der Absperrung befänden sich drei Teams: eins am Haupteingang, eines am Diensteingang und eines am Eingang zum Medizinerflügel. While zeigt sich an den Ideen der Agenten interessiert und ist bereit, seine Männer den Weisungen der Experten zufolge einzusetzen. Es ständen jedenfalls normale Polizisten und auch ein Sonderkommando bereit um den Agenten bei Bedarf unter die Arme zu greifen. Katherine Avery will wissen, ob schon irgendein Kontakt zu Sully oder jemandem in seiner Praxis erfolgt sei, was While aber verneint. Es sei auch niemand von dort gesehen worden.

Nach diesen Informationen erreichen die Agenten und die Polizisten das Treppenhaus zu Sullys Wohnung. Um seine Praxis im 3. Stock zu erreichen, nehmen die Agenten aber lieber den ebenfalls dort befindlichen Paternoster. Dann stehen sie vor einer verzierten Flügeltür. Im Eingangsbereich befindet sich ein kleiner Beistelltisch. Fenster gibt es hier keine, ein dämmriges Licht dringt über Oberlichter durch das Treppenhaus in den Bereich. Von der Decke hängt eine Gasleuchte, die im Moment aber nicht brennt. Die Flügeltür besitzt einen Spion über den sich von der Wohnung aus der Eingangsbereich beobachten lässt. Außerdem stoßen die Agenten hier auch auf den bereits erwähnten Zettel mit den Worten: „Die Tür ist mit einem Sprengsatz verdrahtet. Jeder Versuch sie zu öffnen führt zu einer Detonation.“

Katherine Avery schraubt vorsichtig die Linse des Spions aus der Tür und schaut sich dann mit einem Schwenkspiegel die Rückseite der Tür an. Sie erkennt, dass dort ein Paket so an der Tür befestigt wurde, dass es wahrscheinlich zu Boden fällt, wenn die Doppeltür geöffnet wird. Nach der Warnung von Andrew F. Crosse, beschließen die Agenten einen alternativen Eingang zu wählen. Inspector Hauke seilt Katherine Avery an, worauf sie sich von einer benachbarten Wohnung aus auf einem Sims an der Fassade des Gebäudes entlang bis zur Fensterfront von Sullys Praxis bewegt. Sie knackt den Schließmechanismus des Fensters und befestigt im dahinter liegenden Raum das Seil, worauf ihr ihre Gefährten relativ  leicht folgen können. Inspector While und seine beiden Männer bleiben vorerst auf der anderen Seite der Tür im Treppenhaus.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 6.09.2019 | 22:51
Down in the Sully Gardens / 25. Sitzung (2. Teil)
1900, Letzte Worte

Schließlich stehen alle Agenten in einem größeren, rechteckigen, durchgehenden Raum. Es riecht muffig. Hier ist lange nicht mehr gelüftet worden. Die gesamte Rückseite der Wohnung, durch die die Gefährten hineingelangt sind, besteht aus einer Fensterfront. Gegenüber liegt die Tür mit dem Paket. Der Raum selbst ist durch und durch verwüstet – leere Kisten, Dokumente, Fachliteratur und Nahrungsmittel sind im ganzen Raum verteilt worden und haben ihn in ein Chaos verwandelt. Zwischen diesem Durcheinander erblicken die Agenten einen Tisch mit Stühlen, an dem Sully möglicherweise Patientengespräche geführt hat, eine bequeme Sofaecke und einen kleinen Ofen nebst Regal mit Geschirr, Besteck und einigen Vorräten, auf dem auch gekocht oder Wasser heiß gemacht werden kann. Der Raum ist in gedeckten Farben gehalten und besitzt zu beiden Längsseiten je zwei Türen, die in weitere Zimmer führen. Von der Decke hängt eine große Gaslampe, zwischen den Türen zu beiden Seiten je eine weitere.

Zunächst beschäftigt sich Andrew F. Crosse mit der Sprengstofffalle. Er erkennt, dass das Paket eine Ladung Nitroglycerin enthält. Das Paket hängt bis zum anderen Türflügel über. Wenn der erste Türflügel geöffnet wird, reißt er das Paket vom zweiten Türflügel ab. Beim dadurch drohenden Sturz dürfte das Nitroglycerin dann zur Explosion kommen. Andrew F. Crosse kann keine weiteren Mechanismen oder zusätzliche Sprengsätze erkennen, daher entfernt mit fachmännischer Vorsicht das Paket von der Tür und deponiert es an sicherer Stelle in einer Ecke des Raums. Francois Guillaume de Teterac schaut sich derweil um und geht dabei aber etwas unvorsichtig vor. Er stößt Schachteln herunter und unter seinen Schuhen zerknackt Geschirr. Jenseits der Tür meldet sich Inspector While zu Wort und will wissen, ob alles in Ordnung sei. Inspector Hauke ist genervt und beschließt, sich um eine ruhige, ungestörte Arbeitsatmosphäre zu kümmern. Er erzählt dem Kollegen, dass die Entschärfung der Sprengfalle noch eine Weile dauern wird und auch nicht ganz einfach sei. Inspector While fragt daraufhin etwas vorsichtig, ob es in Ordnung sei, wenn er dann mit seinen Männern eine Pause machen würde. Inspector Hauke antwortet ihm, er solle in zwei Stunden noch einmal vorbei schauen. Daraufhin sind die Agenten allein.

Auch Freddy William Bennett schaut sich in dem Raum um. Er stochert im Kochbereich zwischen verstreuten Lebensmitteln herum, um die sich bereits einige dicke Fliegen kümmern. In einem größeren Topf auf dem Herd befindet sich sauer gewordene Milch. Die einzigen essbaren Nahrungsmittel, die hier noch zu finden sind, sind ein paar Vorratsgläser mit Schwarztee und ein paar Kartoffeln. Mitten zwischen den verdorbenen Nahrungsmitteln findet Freddy allerdings auch zwei Papiertüten mit frischem Gemüse. Sie sind mit den Worten „Huangs Gemüse“ bedruckt.

Inspector Hauke schaut sich die Sofaecke an und entdeckt einige Tageszeitungen und Romane. Drei Polstersessel sorgen hier unter günstigeren Umständen für ein bequemes Lesevergnügen. Auf dem Tisch liegt ein Schachbrett, die meisten Figuren sind umgestoßen worden und liegen teilweise im Raum verstreut herum.

Andrew F. Crosse schließlich wendet sich dem Tisch für die Patientengespräche zu und findet auf ihm ein paar Werkzeuge und Arbeitsmaterialien wie Klebstoff, Seil, Gläser mit Flüssigkeiten und ein paar leere Tüten. Crosse begreift, dass die Nitroglycerin Sprengfalle an der Tür wohl hier auf dem Tisch angefertigt wurde.

Schließlich erforschen die Agenten die anderen Räume. Zunächst betreten sie ein kleines Schlafzimmer. Hier liegen Zeitungen, wissenschaftliche Fachliteratur und Belletristik herum. Die Wände sind mit Bücherregalen und einem Kleiderschrank vollgestellt. Katherine Avery findet in seiner Nachttischschublade Sullys Sparbuch. Auffällig sind zwei Kontobewegungen: Sully überweist wöchentlich 20£ an Huangs Gemüseladen und erhält unregelmäßige Beträge von einer Organisation namens Volta Graphophone Co. Die Beträge reichen von 100 bis an die 10000£, es ist aber nicht angegeben, für was sie erfolgen.

Als nächstes entdecken die Agenten ein Badezimmer mit großer Badewanne. Offenbar war Sully kein besonders ordentlicher Mensch. Das Zimmer ist schon eine ganze Weile nicht mehr saubergemacht worden.

Die Tür des dritten Raums, den die Agenten untersuchen, ist verschlossen. Das Schloss ist nachträglich ausgetauscht worden, wird aber kurzerhand von Katherine Avery geknackt, worauf die Gruppe in Sullys Behandlungszimmer steht. Es ist das ordentlichste Zimmer der Wohnung und enthält eine Couch, daneben einen bequemen, gepolsterten Stuhl und etwas weiter entfernt einen schweren Sekretär mit einem weiteren Stuhl. An der Wand steht ein großer Schrank, in einer Raumecke sind ein paar große Schachteln gestapelt.

Inspector Hauke schaut sich die Schachteln an. Sie sind allesamt leer, aber mit der Aufschrift „Volta Graphophone Co., Washington D. C.“ bedruckt. Offenbar handelt es sich um Warensendungen aus Amerika. Auf einem Aufkleber ist zudem ein Londoner Zwischenhändler vermerkt, der die Waren aus Amerika importiert hat. Es ist die “Brompton and Kensington Electricity Supply Company Limited”, ansässig in der 254 Earl´s Court Road.

Kartherine Avery, Andrew F. Crosse und Freddy William Bennett haben inzwischen entdeckt, was hier geliefert wird: Neben psychologischer Fachliteratur, Medikamenten und einiger medizinischer Geräte finden sich in dem großen Schrank eine Menge Wachsrollen. Andrew F. Crosse ist auf dem Laufenden: Solche Wachsrollen lassen sich in Phonographenwalzen einsetzen und für Sprechaufnahmen nutzen. Auf der Oberfläche der Wachsrollen befinden sich Rillen, sie sind also offenbar beschrieben. Einige von ihnen tragen Namen und Daten vermerkt, andere nur ein Datum.

Francois Guillaume de Teterac untersucht währenddessen den Sekretär und findet die chronologisch sortierten Behandlungsbücher Sullys. Schließlich stößt er auf ein Geheimfach in dem sich eine weitere Wachsrolle befindet. Seltsamerweise enthält diese keine Rillen, ist also noch unbeschrieben.

Schließlich wenden sich die Agenten dem vierten und letzten Zimmer zu. Es enthält Sullys Labor... und eine unangenehme Überraschung. Sully hängt hier mit aufgeschlitzter Kehle kopfüber an einem Seil, das über einen Dachsparren gezogen wurde. Die meisten Agenten haben schon einiges miterlebt, schlucken kurz und machen sich dann an die Arbeit. Freddy William Bennett hingegen wird blass, taumelt kurz und ist während der kommenden Untersuchung ungewöhnlich still. Für einen Moment bringt ihn der Anblick des grausam Ermordeten aus dem Gleichgewicht.

Abgesehen von der Leiche enthält der Raum noch einen Arbeitstisch, einen weiteren großen Tisch und ein paar Sitzgelegenheiten. Auf dem Arbeitstisch steht Sullys Phonographenwalze. In das Gerät ist eine beschriebene Wachsrolle eingespannt. Neben der Phonographenwalze liegt ein Webley Mk. VI Revolver. Und auf dem Boden neben dem Arbeitstisch liegt der leicht verbeulte Trichter des Phonographen.

Unverzüglich macht sich Francois Guillaume de Teterac an die Arbeit und untersucht den Leichnam. Aufgrund seiner hängenden Position und der aufgeschlitzten Kehle wegen ist der Tote völlig ausgeblutet. Auf dem Boden unter dem Leichnam sind Blutspuren zu finden, Francois Guillaume de Teterac erkennt aber, dass es sich um längst nicht so viel Blut handelt, wie man bei einem derartigen Tod erwarten würde. Der Gerichtsmediziner notiert ein paar Details in seinem Notizbuch: Sully trägt einen zerknitterten Pyjama und darüber einen Morgenmantel. Er hängt kopfüber an einem Seil und hat die Kehle durchschnitten bekommen. Offensichtlich wurde Sullys Kehle mit einem großen Messer aufgeschlitzt. Für diesen Tod befindet sich allerdings zu wenig Blut auf dem Boden unter Sully. Francois Guillaume de Teterac entdeckt außerdem kleinere Druckstellen an Kopf und Hals. Sully scheint festgehalten worden zu sein, während ihm jemand die Kehle aufgeschnitten hat. Zu allem Überfluss scheint auch Sullys Hand gebrochen zu sein. Viele seiner Handknochen sind gesplittert, als wären sie von einem immensen Gewicht zerschmettert worden. Zuletzt entdeckt der Gerichtsmediziner noch irgendeine graue Masse unter den kaputten Fingernägeln des Toten. Um was es sich dabei handelt, lässt sich an Ort und Stelle nicht in Erfahrung bringen.

Inspetor Hauke kommentiert die Erkenntnisse des Mediziners mit den Worten: „Sieht fast so aus, als sei es ein Fall für den Edom Club.“ Er untersucht den Revolver und erkennt, dass die sechsschüssige Waffe nur noch drei Kugeln Ladung enthält. Schließlich meint Andrew F. Crosse: „Lasst uns mal die Aufnahme anhören!“ Er startet die Phonographenwalze und die eingespannte Wachwalze gibt wieder, was auf ihr festgehalten wurde:

12. Juli 1900. Vorhin hat es geklingelt. Ich habe durch den Spion gesehen und einen Boten beobachtet, der zwei Papiertüten von Huangs Gemüseladen unter dem Arm hatte und sie auf dem Tischchen im Foyer abgestellt hatte. Er trug auch eine Schürze von Huang, also öffnete ich die Tür. Da bemerkte ich erst, dass es sich um eine junge Frau handelt, die ich noch nie gesehen hatte. Das Sonnenlicht meiner Praxis fiel in das düstere Treppenhaus, worauf die Botin das Gesicht verzog, die Strahlen mit ihren Händen abzuwehren versuchte und sich schnell wieder in den Paternoster zurückzog. Ich rief ihr nach, dass ich ihr ein Trinkgeld geben wollte, aber sie entfernte sich. Irgendetwas stimmt nicht und... aah... jetzt klingelt es wieder. Was weiß ich, wieviel Zeit ich habe... ääh... Tim „Rascal“ Pulling: Turm b2-b7 Schach Matt.... ach, ich bin ganz durcheinander! Ich muss mich zusammennehmen. Also, William Burdett-Coutts, hört euch diese Nachricht ungehindert von religiösen Dogmen an. Benachrichtigt die Öffentlichkeit von eurem heutigen Erlebnis. Ich vermute, dass es die Ursache für ein paar Schwierigkeiten ist, die mir bevorstehen. Ihr müsst Hilfe holen und zu dem Ort bringen, von dem ihr mir erzählt... AAAAAH!

Ein paar Momente schweigen die Agenten. Schließlich geht Andrew F. Crosse in Sullys Behandlungszimmer und holt das aktuelle Behandlungsbuch des Psychologen. Der Name Tim Pulling ist nicht zu entdecken. William Burdett-Coutts ist allerdings ein Patient von Sully. Sullys Eintragungen lässt sich entnehmen, dass der Mann unter starken Stresssymptomen leidet und sich bei Sully durch Hypnosesitzungen Linderung verschafft hat. Inspector Hauke hat das letzte Wort: „Kommt, wir sagen Inspector While, er soll das Reinigungsteam schicken. Ich will bei Scotland Yard versuchen etwas über diesen Tim „Rascal“ Pulling herauszubekommen. Und dann haben wir ein paar Spuren, denen wir wohl mal nachgehen sollten. Es gibt einiges zu tun!“

-

Nach langer Zeit endlich ´mal wieder eine Sitzung mit dieser Runde. Zwischendurch ist ein Termin geplatzt und dann war auch noch Ferienzeit. Von nun an läuft die Runde hoffentlich wieder etwas regelmäßiger.

Die Figuren sind zum größten Teil alte Bekannte, die inzwischen Mitglieder des Edom Clubs sind und nun die ersten Schritte der Organisation miterleben. Wir haben wegen dem 5-Jahre-Sprung erstmalig die Alterungsregeln aus "Double Tap" angewandt. Freddy William Bennett wurde allerdings neu erschaffen. Er ist ein als Kunstmaler getarnter Einbrecher und soll sich irgendwie Zugang zum Edom Club verschafft haben. Wie ihm das gelungen ist und warum er das überhaupt gemacht hat, ist uns allen allerdings noch nicht ganz klar. Der Spieler ist mit seiner Hintergrundgeschichte ein bisschen ins Schwimmen geraten und jetzt muss die Geschichte seiner Figur irgendwie nachträglich noch gebastelt werden. Für Inspirationen bin ich dankbar.

Ein Spieler hat gefehlt. Es wird aber keine Probleme bereiten, ihn beim nächsten Mal wieder ins Boot zu holen.

Der Abend bestand im Prinzip aus einer reinen Investigativsitzung. Ich fand ihn ja aufgrund der leeren Praxis nicht allzu aufregend. Meine Spieler hatten aber wohl ihren Spaß und fanden es ganz schön, wie sich nach und nach in ihren Köpfen ein Bild des Opfers und des Tathergangs ergab. Beim nächsten Mal schließen sich ein paar Nachforschungen im Gelände an, die auch Kontakte mit Nichtspielerfiguren beinhalten... und dann natürlich auch noch einen Showdown.

Das Ganze basiert übrigens auf einem kleinen Gratisabenteuer für Esoterrorists namens „Geist in the Shell“, das ich sehr stark bearbeitet und ins viktorianische England verlegt habe.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 27.09.2019 | 04:04
Down in the Sully Gardens / 26. Sitzung
1900, Ungehindert von religiösen Dogmen

Beteiligte Agenten:
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten der britischen Justiz, 47 Jahre)
Inspector Hauke (Kommissar, 50 Jahre)
Katherine Avery (Journalistin, 32 Jahre)
Andrew F. Crosse (britischer Geologe, 48 Jahre)
Freddy William Bennett (Maler und mehr, 22 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 33 Jahre)

(https://www.gateofmindpower.com/wp-content/uploads/2013/10/Hypnose-app-05.jpg)

Die Agenten diskutieren das weitere Vorgehen. Schließlich einigen sie sich darauf, die Wohnung doch noch nicht Inspector While und seinem Reinigungsteam zu überlassen. Es gibt noch zu viele Hinweise in Sullys Praxis, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten.

Katherine Avery verabschiedet sich vorerst von den anderen Agenten um einen Bericht mit den bisherigen Erkenntnissen für Mr. H zu schreiben.

Francois Guillaume de Teterac schneidet dem Leichnam zunächst ein paar Fingernägel. Er will in dem Labor seines Freundes die graue Masse unter den Nägeln des Toten genauer unter die Lupe nehmen. Inspector Hauke und Andres F. Crosse nehmen Sullys Phonographenwalze mitsamt dem eingespannten Wachszylinder und Sullys Behandlungsbuch mit. Dann sagen sie dem vor dem Gebäude wartenden Inspector While, dass die Gefahr durch die Bombe noch nicht behoben sei. Die Männer von Scotland Yard sollten den Medizinerflügel absperren, Sullys Wohnung aber auf keinen Fall zu nahe kommen. Man werde sich um einen Spezialisten kümmern.

Danach gehen die Agenten erst einmal essen und treffen dabei prompt Arthur Holmwood, der ebenfalls Mitglied des Edom Clubs ist. Holmwood hört sich ihren Bericht an und nutzt dann eine günstige Gelegenheit: Zufällig befindet sich sein Bekannter Henry Smith, Sprengstoffexperte aus Leeds, gerade in London. Nach dem Essen geht Holmwood mit Andrew F. Crosse, Inspector Hauke und Freddy William Bennett zu ihm und engagiert ihn dafür, die Bombe in Sullys Wohnung unschädlich zu machen. Das gelingt auch  problemlos. Trotzdem werden Inspector While und seine Männer von Scotland Yard nicht über die Aktion informiert. Sie bewachen deshalb auch weiterhin Sullys Praxis und sorgen dafür, dass niemand zu sehen bekommt, was sich dort zugetragen hat.

Dann schnappen sich die vier Männer Sullys Phonographenwalze und besuchen William Burdett-Coutts, dessen Adresse sie über Sullys Behandlungsbuch herausbekommen. Der Mann ist für Arthur Holmwood kein Unbekannter. Er besitzt als konservatives Parlamentsmitglied einen Sitz im Unterhaus, wo er den Londoner Stadtteil Westminster vertritt, ist außerdem Sekretär und Ehemann der 37 Jahre älteren Humanistin Baroness Burdett-Coutts und darüber hinaus ein wohlhabender Kaufmann, der eine Fischereiflotte und einen Gemüsehandel sein eigen nennt. Burdett-Coutts hat nach dem russisch-türkischen Krieg die Gelder des türkischen Wohltätigkeitsfonds verwaltet und ist dafür in der Türkei mit dem Orden der Medjidie ausgezeichnet worden.

William Burdett-Coutts Hausdiener führt die Agenten nach einigem Zögern in den Garten, wo sie den bekannten Mann beim Unkraut jäten kennenlernen. Bei einem gemütlichen Glas Tee erzählt Burdett-Coutts, dass er unter großem Stress leide und daher bei Dr. Sully in Behandlung ist. Einigermaßen schonend berichten ihm die Agenten davon, dass es Zeit für ihn ist, sich einen neuen Arzt zu suchen. Auf die Nachricht von Sullys Tod reagiert William Burdet-Coutts schockiert. Er erzählt, dass er relativ zufrieden mit Sully war, nur seine offen zur Schau getragene freiheitliche Denkweise habe ihn hin und wieder befremdet. Die Agenten haken nach und erfahren, dass Sully beispielsweise auch nicht davor zurückgeschreckt habe, Patienten als Versuchskaninchen für Experimente mit ungewissem Ausgang zu verwenden. Dann befragen sie Burdett-Coutts nach den Ereignissen, von denen er Dr. Sully am Morgen während seiner Sitzung erzählt hat. Burdett-Coutts erzählt nach gutem Zureden zögerlich davon, dass er im Londoner Stadtteil Barbican ein paar Werkzeuge gekauft habe und sich dann auf dem Weg zu Dr. Sullys Praxis gemacht habe. Dabei sei er Sir Albert Kaye Rollit begegnet. Rollit ist ebenfalls Mitglied des Unterhauses und außerdem Schiffseigentümer, Europa- und Balkankenner und Mitglied der juristischen Gesellschaft. Burdett-Coutts habe sich gewundert im eher von Arbeitern geprägten Stadtteil einem Mann seines Standes zu begegnen. Noch seltsamer aber war Rollits Verhalten. Er sei beim Anblick Burdett-Coutts geradezu erschrocken, habe etwas von einer lang zurückliegenden Verpflichtung gemurmelt und dann schnell das Gesprächsthema auf andere Bereiche gelenkt. Burdett-Coutts habe Rollit dann von seinem Psychotherapeuten Sully erzählt und ihm auch berichtet, dass er manchmal etwas unangenehm von der libertären Denkweise des Mannes berührt sei.

Schließlich spielen die Agenten William Burdett-Coutts die Aufzeichnung auf dem letzten von Sully besprochenen Wachszylinder vorgespielt. Am Schluss hört Burdett-Coutts Sullys Worte „William Burdett-Coutts, hört euch diese Nachricht ungehindert von religiösen Dogmen an. Benachrichtigt die Öffentlichkeit von eurem heutigen Erlebnis. Ich vermute, dass es die Ursache für ein paar Schwierigkeiten ist, die mir bevorstehen. Ihr müsst Hilfe holen und zu dem Ort bringen, von dem ihr mir erzählt“. Danach wirkt Burdett-Coutts, als sei er nicht mehr ganz Herr über sich. Er steht vom Teetisch auf und verlässt wie unter fremder Kontrolle stehend sein Haus. Inspector Hauke und Freddy William Bennett folgen ihm bis in den Stadtteil Barbican. In der Nähe der alten Londoner Stadtmauer hält Burdett-Coutts und blickt sich verwirrt um. Auf der einen Seite der Straße befindet sich die Werkstatt eines Fassmachers, auf der anderen Seite steht die Ruine der Kirche St. Alphege.

Die Agenten sprechen Burdett-Coutts an, der nicht weiß, wie er an diesen Ort geraten ist. Nach einigen Versuchen ahnen sie, dass die Worte „ungehindert von religiösen Dogmen“ eine Art posthypnotischer Tranceauslöser für Burdett-Coutts darstellt. Interessanterweise stellten diese Worte gleichzeitig das Motto des X-Clubs dar, in dem Sully Mitglied war und der in gewisser Weise die Vorgängerorganisation des Edom Clubs darstellt. Burdett-Coutts kann ihnen nach einer Weile immerhin bestätigen, dass Sir Albert Kaye Rollit am Morgen aus eben jener Kirchenruine herausgetreten sei.

Die vier Männer untersuchen daraufhin das Gelände. Die Kirche St. Alphege war ursprünglich direkt in die London Wall, die Londoner Stadtmauer zum Norden hin, gebaut, ist aber schon seit gut 300 Jahren nicht mehr in Gebrauch und inzwischen eine heruntergekommene Ruine. Vorhanden sind noch ein guter Teil des Turmes und ein paar angrenzende Mauern, zwischen denen Gräser und Büsche wuchern. An der einen oder anderen Stelle finden sich Müllreste, Tierexkremente und ein oder zwei tote Vögel. Der überwachsene Bereich im Inneren des Kirchturms ist nicht vermüllt. Seine Zugänge sind mit Stacheldraht abgesperrt. Der Stacheldraht an einer Seite des Turms ist teilweise verbogen. Offensichtlich hat sich hier jemand Zutritt verschafft. Arthur Holmwood will auch den Bereich im Inneren des alten Kirchturms untersuchen und entdeckt hier im Zentrum eine Bodenluke - im letzten Moment merkt er dann aber auch, dass er drauf und dran war, in eine garstige Bärenfängerfalle hineinzutreten, die hier ausgelegt wurde. Die Agenten lassen die Falle zuschnappen, verlassen dann aber erst einmal das gefährliche Kirchengelände.

Francois Guillaume de Teterac hat inzwischen die graue Masse unter den Fingernägeln des Toten untersucht und festgestellt, dass es sich um Hautreste handelt... um Hautreste einer Person, die schon lange tot ist... viel länger als Dr. Sully.

Zum Abendessen kommen die Agenten wieder zusammen und erzählen von ihren Erlebnissen. Danach fahren Andrew F. Crosse, Francois Guillaume de Teterac und Inspector Hauke ein weiteres Mal in die Praxis von Dr. Sully. Sie hören sich ein paar Aufnahmen auf Wachszylindern an, die mit dem Namen William Burdett-Coutts beschriftet sind und dessen Therapiesitzungen enthalten. Auf einer der ältesten Aufnahmen spricht Dr. Sully: „William Burdett-Coutts, wenn ihr die Worte „ungehindert von religiösen Dogmen“ hört, werdet ihr in eine hypnotische Trance fallen und weitere Anweisungen erwarten.“

Währenddessen beziehen Arthur Holmwood und Freddy William Bennett Posten an der Kirche. Spät in der Nacht sind aus dem Kirchturm Stimmen zu hören. Holmwood und Bennett verbergen sich in den Schatten des Gemäuers und an ihnen vorbei ziehen ein knappes Dutzend Menschen in angeregter Unterhaltung. Die Agenten können Satzfragmente wie „war doch gut!“ oder „endlich geklappt“ verstehen. Arthur will sich näher an die Leute heranschleichen, tritt aber auf einen laut krachenden Ast, worauf die Leute verstummen und schnellstmöglich das Kirchengelände verlassen. Vor dem Grundstück trennen sich ihre Wege. Arthur Holmwood und Freddy William Bennett wählen eine der Personen und verfolgen sie.

Es ist ein Mann, der schon bald zu rennen beginnt. Die Verfolgungsjagd dauert aber nicht lang. Der Mann ist schnell eingeholt. Arthur Holmwood gibt sich als Polizei aus, zieht Handschellen hervor, die er dem Mann schnell anlegt, und zieht ihm am Ende noch einen kleinen Sack über den Kopf. Dann wird der Gefangene in ein kleines Stadthaus der Holmwoods gebracht.

Vorläufig gehen die Agenten zu Bett. Nur Freddy William Bennett ist noch nicht zufrieden. Er kehrt erneut zurück zur Kirchenruine von St. Alphege und öffnet lautlos die Luke, die Arthur Holmwood entdeckt hat. Darunter befindet sich eine steinerne Treppe, die nach wenigen Metern vor einer Stahltür endet. Auch diese Tür kann Bennett öffnen und ihm weht kühle Luft entgegen. Dahinter führt ein kurzer Gang zur einem größeren Raum, der notdürftig von einem düsteren Licht erhellt wird. Freddy William Bennett lauscht und hört ein leises Geräusch, dessen Ursprung sich schlecht ausmachen lässt. Ist das der Feind? Bennett wird plötzlich bewusst, dass er sich mit diesem Alleingang hier in eine äußerst gefährliche Situation begeben hat. Lautlos zieht er sich Schritt um Schritt wieder zurück und verschiebt alle weiteren Untersuchungen auf einen später Zeitpunkt.

-

Die Sitzung war relativ kurz und das Vorgehen der Spieler wurde ziemlich ausgiebig diskutiert. Eine Spielerin hat gefehlt.

Interessant war für mich erst einmal, dass sie nach den Hinweisen auf die Kirche St. Alphege nicht gleich in den Keller eingestiegen sind. Ich musste also irgendwann davon ausgehen, dass das dort stattfindende Ritual abgeschlossen ist. Das gab den Agenten dann die Gelegenheit ein Mitglied des dort aktiven Kultes gefangen zu nehmen. Die nächste Sitzung beginnt wahrscheinlich mit der Befragung des Mannes. Bis dahin muss ich mir ´mal genau überlegen, was der Gefangene überhaupt weiß.

Der simple Abenteuerverlauf Investigation > Infiltration > Showdown ist jedenfalls schon erweitert... und das ist durchaus von Vorteil für die Agenten, denen in der direkten Konfrontation mit großer Wahrscheinlichkeit früher oder später nur die Flucht übrig geblieben wäre. Für mich sieht das fast so aus, als biete sich hier eine Gelegenheit, den Agenten einen Hinweis hinsichtlich der Natur der tellurischen Vampire zu geben.

Auch die Teilnahme Arthur Holmwoods passt mir gut in den Kram – die Anführerin des Kultes ist nämlich seine ehemalige Braut Lucy Westenra!
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 31.10.2019 | 13:26
Down in the Sully Gardens / 27. Sitzung
1900, Das Grauen von St. Alphege

Beteiligte Agenten:
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten der britischen Justiz, 47 Jahre)
Inspector Hauke (Kommissar, 50 Jahre)
Katherine Avery (Journalistin, 32 Jahre)
Andrew F. Crosse (britischer Geologe, 48 Jahre)
Freddy William Bennett (Maler und mehr, 22 Jahre)
Arthur Holmwood (reicher Aristokrat, 33 Jahre)

(https://media.istockphoto.com/photos/closeup-of-a-victorian-woman-firing-her-pistol-picture-id474429467?k=6&m=474429467&s=612x612&w=0&h=PxuwkUtxjtH-ojblCoMAgLqKsDWs4T-CPCyF-UiIjRc=)

Freddy William Bennett klettert aus dem Zugang zum Keller der Kirchenruine St. Alphege und zögert. An dem Ort, den er gerade verlassen will, gibt es offensichtlich noch einiges zu entdecken. Irgendwie hat er nichts erreicht und ist unzufrieden. Umwillkürlich blickt er in den Schacht, zögert und steigt dann langsam ein zweites Mal die Treppe hinab. Auf der untersten Stufe der Treppe platziert er seine brennende Fackel, die ihm bei der Untersuchung des Kellers ein wenig Licht von hinten liefern soll. Freddy William Bennett öffnet die Stahltür, betritt vorsichtig und leise den Kellerraum und wird plötzlich von der Seite von zwei Krallenhieben getroffen, die sich tief in sein Fleisch graben und ihn ohnmächtig zusammenbrechen lassen.

Am nächsten Morgen treffen sich die übrigen Agenten im Stadthaus Arthur Holmwoods, um den Gefangenen zu befragen. Da Freddy William Bennett nicht anwesend ist, vermuten die anderen Agenten Schlimmes. Während der Befragung windet sich der Gefangene, beantwortet Fragen nur sehr vage und nutzt jede Gelegenheit um Informationen zu verbergen. Trotzdem erfahren die Agenten einiges: Der Mann heißt Robert Lewes und arbeitet als Angestellter bei Sothebys. Er ist vor vielen Jahren von einem mysteriösen Osteuropäer gefragt worden, ob er nicht Mitglied in einem Geheimclub werden möchte und hat zugesagt. Im Keller der Kirchenruine St. Alphege trifft sich dieser Geheimclub alle zwei bis drei Wochen mit seiner geheimnisvollen Anführerin zu einem geselligen Beisammensein. Es wird dabei üblicherweise Rotwein getrunken, in den die Versammelten ein paar Tropfen Menschenblut hineinträufeln. Nur die Anführerin trinkt pures Menschenblut. Der Club hat etwa ein Dutzend Mitglieder. Einige von ihnen sind stadtbekannte Politiker oder andere hochgestellte Persönlichkeiten, andere seien ganz normale Bürger. Die Agenten erfahren einige Namen. Auch Sir Albert Kaye Rollit ist Mitglied des Clubs. Die Anführerin des Geheimclubs lebt im Keller der Kirchenruine. Nachts ist sie dort für sich, tagsüber wird sie dort oft von Juliette Patton besucht, der Tochter des bekannten Notars und Mitglieds der juristischen Gesellschaft von England und Wales Sir Robert Patton. Vater und Tochter sind ebenfalls Mitglieder des Geheimclubs. Als aus dem Mann nichts mehr herauszubekommen ist, verpasst ihm Francois Guillaume de Teterac ein Sedativ, dass den Mann in kurzer Zeit ausschaltet.

Während der Gerichtsmediziner über den Gefangenen wacht, begeben sich die übrigen Agenten zur Kirchenruine St. Alphege. Inspector Hauke begibt sich in den Keller, währenddessen bleiben seine Kameraden im Inneren des Turmes an der Zugangsluke zum Keller stehen. Hauke steht im Kellergang und macht auf sich aufmerksam. Er ruft: „Hallo? Mich schickt Lewes. Ist hier jemand?“ Nach einer Weile hört er Schritte. Eine junge Frau öffnet die Stahltür und fragt ihn, was er hier mache. Hauke erzählt ihr eine Geschichte. Er sei von Lewes geschickt und habe den Besitzern der Räume hier eine größere Menge Blutkonserven anzubieten. Die junge Frau bleibt misstrauisch und will wissen, wo das Blut sei. Hauke behauptet, er habe es auf einem Wagen an der Straße, sie solle mitkommen und es sich einmal anschauen. Die junge Frau erklärt sich zögerlich dazu bereit, sagt aber, er solle einen Moment warten, sie sei gleich zurück. Für ein oder zwei Minuten verschwindet sie im Raum hinter der Stahltür und weckt ihre dort schlafende Herrin. Dann kehrt sie zu Hauke zurück. Die junge Frau steigt die Treppe hinauf, Hauke folgt ihr. Nachdem sie die Luke zum Turminneren aufgedrückt hat, bekommt sie von Katherine Avery einen Schlag mit einem Polizeiknüppel über den Schädel, Arthur Holmwood schießt auf sie. Die junge Frau ächzt, dann schießt ihr Inspector Hauke von hinten ins Knie. Von geradezu übernatürlichen Kräften getrieben huscht die junge Frau an Katherine Avery vorbei nach draußen. Sie ist atemberaubend schnell und schickt sich an, in die Stadt zu fliehen.

Andrew F. Crosse und Arthur Holmwood nehmen die Verfolgung auf. Zunächst versucht Arthur Holmwood sie zu provozieren. Er zeigt ihr eine Stange Dynamit und droht, ihre Herrin in die Luft zu jagen, wenn sie sich nicht ergibt. Die Frau ergibt sich nicht, aber zögert ein wenig, was dazu führt, dass Crosse etwas näher an sie herankommt. Dann sprintet sie los und versucht Land zu gewinnen. Crosse rennt hinter ihr her, angefeuert von Holmwood, der etwas später folgt. Zunächst sieht es so aus, als ob die junge Frau entkommt. Sie legt eine atemberaubende Geschwindigkeit vor, umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass sie vor kurzem von Inspector Hauke einen Schuss ins Knie bekommen hat. Andrew F. Crosse aber lässt nicht locker und nach einer Weile beginnt sich das Blatt zu wenden. Immer näher heran kommt der Verfolger, was der jungen Frau nicht verborgen bleibt. An einer Hausecke wendet sie sich um, zieht eine Pistole und ein Schusswechsel beginnt. Andrew springt in Deckung und noch im Sprung zieht er seinen Revolver und schießt. Auch danach wehrt er sich tapfer und hält eine Weile durch. Gegen seine Kontrahentin kann er allerdings nicht viel ausrichten. In dem Moment, in dem endlich Holmwood den Ort der Auseinandersetzung erreicht, sinkt Crosse mehrfach getroffen zu Boden. Die junge Frau springt mit einem Kampfmesser auf Holmwood zu, der sich wehrt, aber nach einem erbitterten Schlagabtausch ebenfalls zu Boden geht. Er sieht noch, wie die heftig blutende Frau davonrennt, dann ergreift ihn eine gnädige Ohnmacht und ihm wird schwarz vor Augen.

Währenddessen betreten Katherine Avery und Inspector Hauke den Keller unter St. Alphege. Im Licht von Haukes Laterne passiert Katherine die Stahltür und versucht noch sich eine Orientierung zu verschaffen, da treffen sie auch schon zwei garstige Krallenhiebe. Ihre Gegnerin ist eine weibliche Gestalt, die sie mit hasserfüllten Augen anstarrt (es handelt sich um Lucy Westenra, was Hauke und Avery aber nicht bewusst ist, weil sie sie nie kennengelernt haben). Katherine versucht sich mit ihrem Polizeiknüppel zu wehren und Hauke schießt mit seinem Revolver und bemüht sich darum, den Überblick zu behalten. Er täuscht Finten an, wechselt den Revolver von einer Hand in die andere und lenkt so die Aufmerksamkeit der Angreiferin auf sich. Auch hier ist der Effekt allerdings begrenzt und früher oder später reißt ihn ein Klauenhieb seiner Gegnerin von den Beinen. Der Polizist verliert das Bewusstsein. Katherine Avery weiß, dass sie eigentlich fliehen sollte. Aus irgendeinem Grund glaubt sie aber, doch noch eine Chance zu haben. Sie schlägt ein paarmal mit ihrem Knüppel zu, dann erlegt ihre gnadenlose Gegnerin auch sie. Katherine lebt noch, verliert aber wie ihre Kameraden das Bewusstsein.

-

Tja. Das war mehr oder weniger TPK. Es ist nur deshalb nicht dazu gekommen, weil bei Night´s Black Agents die Figuren vorher ganz gern mal in Ohnmacht fallen. Gründe für das Desaster:

Freddy William Bennett ist neugierig, besitzt aber keinen Gefahrensinn. Bei Alleingängen ist das eine ganz schlechte Kombination.

Aufteilung der Gruppe in zwei Zweiergruppen. Andrew F. Crosse und Arthur Holmwood hätten Juliette Patton schaffen können, kamen aber nicht gleichzeitig bei ihr an und könnten so nicht ihre Überzahl nutzen. Inspector Hauke und Katherine Avery waren zu schwach für Lucy Westenra als Gegnerin.

Extremes Würfelpech auf Seiten der Spieler, besonders ärgerlich waren viele Treffer mit minimalem Schaden, der vom Rüstungsschutz ihrer Gegner absorbiert wurde. Ich habe normal gewürfelt.

Und jetzt? Ich plane eigentlich, das Abenteuer zu beenden. Es sind Schüsse gefallen, auch im Keller von St. Alphege. Vielleicht alarmiert jemand die Polizei, die dann die Vampirin mit einer kompetenten Eingreiftruppe dabei stört, ihren Gegnern das Blut auszusaugen. Ich würde allerdings gern noch eine Szene einbauen, in der die Spielerfiguren etwas dazu beitragen können ihr Leben zu retten. Inspector Hauke und Katherine Avery sind ohnmächtig und verletzt, aber nicht schwer verletzt. Wenn sie wieder zu Bewusstsein kommen, sind sie noch einsatzfähig. Ich werde sie wahrscheinlich ihre Pools auffrischen lassen, wie es in den Regeln für den Fall in Gefangenschaft zu geraten vorgesehen ist. Wenn sie diese Punkte irgendwie dazu einsetzen, um Zeit zu gewinnen, könnten sie vielleicht doch noch halbwegs erhobenen Hauptes nach Hause gehen. Der Spieler von Francois Guillaume de Teterac war übrigens nicht anwesend. Vielleicht kann er beim nächsten Mal mit dem Gerichtsmediziner auch noch irgendetwas von außen bewirken.

Die Stimmung hinterher war dann doch etwas gedrückt. Nicht, dass jemand wirklich sauer gewesen wäre, ich hoffe nur, dass nach diesem Abend die Spieler nicht das Interesse verlieren. Es war schon etwas heftiger.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 9.01.2020 | 02:54
House of Shadows / 28. Sitzung
1906, Operation Edom entsteht

Beteiligte Agenten:
Andrew F. Crosse aka Duke Teman (britischer Geologe, 54 Jahre)
Arthur Holmwood aka Duke Timnah (reicher Aristokrat, 39 Jahre)
Anne Waters aka Duke Alvah (Analystin, 29 Jahre)
Gino Magurano aka Duke Jetheth (ehemaliger Mafiosi, 26 Jahre)
Hagen Muller aka Duke Mibzar (Bastler und Einbrecher, 28 Jahre)

(https://img.oldthing.net/7580/27016024/0/n/7257870/AK-Bukarest-Boulevard-der-Akademie-und-Hotel-Bristol-Strassenbahn.jpg)

Die Auseinandersetzung mit den Kultisten aus der Krypta von St. Alphege ist die erste große Niederlage der Männer und Frauen vom Edom Club. Andrew F. Crosse und Arthur Holmwood werden angeschossen auf der Straße gefunden und in ein Krankenhaus gebracht. Etwas später informiert Francois Guillaume de Teterac Scotland Yard, deren Männer Inspector Hauke, Katherine Avery und Freddy William Bennett allerdings nur noch tot aus dem Untergeschoss der Kirchenruine bergen können. Der Leichnam Bennetts ist blutleer und bleich, die Leichen Inspector Haukes und Katherine Averys sind grauenvoll zugerichtet. Vom Gegner fehlt jede Spur.

Als Andrew F. Crosse soweit wieder hergestellt ist, dass er sich zu dem Vorfall äußern kann, gibt er die von dem Gefangenen in Erfahrung gebrachten Namen der Mitglieder des Kultes an seinen Kontaktmann „H“ weiter. Die betreffenden Personen werden seitdem von zwei Mitarbeitern des Naval Intelligence Departments überwacht, in der Hoffnung, man könne sie bei irgendwelchen Vergehen auf frischer Tat ertappen. Leider verhalten sich die Personen nach den Ereignissen in der Krypta von St. Alphege völlig unverdächtig.

Die britische Regierung muss eine Entscheidung fällen, eine solche Katastrophe darf sich nicht noch einmal ereignen. Einige Personen plädieren dafür, dem Edom Club jegliche Agentenaktivitäten zu untersagen. Andere erkennen die Wichtigkeit seiner Bemühungen und wollen die Bedingungen für die Arbeit der Mitglieder verbessern. Die letztgenannte Position setzt sich schließlich durch. Die Clubmitglieder erhalten eine feste Anstellung und regelmäßige Bezahlung, aus dem Club wird ein Geheimdienst: Operation Edom.

Es wird eine Hierarchie und eine Aufgabenverteilung eingerichtet. „H“ wurde zum Leiter des Geheimdienstes ernannt. Die ihm direkt unterstehenden Agenten erhalten Tarnnamen und bestimmte Aufgaben zugewiesen:

Duke Alvah: Leiter der Außendienst Operationen auf dem Balkan und in Osteuropa.
Duke Elah: Juristische Analyse und Säuberungsaktivitäten
Duke Iram: Transport und Außendienstversorgung, Spezialist für Angriffe mit Fahrzeugen
Duke Jetheth: Sicherheitspezialist und Killer
Duke Kenaz: Leiter der Außendienst Operationen in Großbritannien und Westeuropa.
Duke Magdiel: Kryptographie (später: Computersicherheit und Hacking)
Duke Mibzar: Spezialist für Explosiv- und Brennstoffe
Duke Oholibamah: Analytiker und Koordinator von Aufklärung und Außendienstunterstützung
Duke Pnom: Spezialist für Anschaffungen und Nachforschungen
Duke Teman: Spezialist für Anti-Vampir Ausrüstung und Sonderausrüstung
Duke Timnah: Politischer Berater

Im Frühjahr 1906 folgt der nächste Schritt. Um einfacher an Informationen über Graf Dracula herankommen zu können, eröffnet Operation Edom eine Zweigstelle in Bukarest. Zum Aufbau und zur Einrichtung der Filiale reisen fünf Agenten nach Rumänien. Anne Waters ist eine junge, rumänisch sprechende Analystin, die als Duke Alvah die Filiale leiten soll. Gino Magurano ist ein ehemaliges Mafiamitglied, der ihr als Duke Jetheth zur Seite steht. Als Bastler leistet Hagen Muller, Duke Teman genannt, wichtige Starthilfe. Die drei jungen Leute werden von zwei erfahrenen Männern begleitet: dem inzwischen Duke Mibzar genannten Geologen Andrew F. Crosse und dem unter dem Decknamen Duke Timnah auftretenden Aristokraten Arthur Holmwood.

Nach einer Woche Bukarest nimmt Anne Waters´ Büro langsam Gestalt an. In der Mittagspause nehmen die Agenten üblicherweise eine heiße Gulaschsuppe in einer nahegelegenen Imbissbude ein. Sie stehen an einem Stehtisch direkt neben einem großen Fenster, Crosse und Holmwood haben eine gute Sicht auf die Straße. Menschenmassen laufen auf dem Bürgersteig vorbei, der Verkehr besteht aus Kutschen und einer elektrischen Straßenbahn.

Plötzlich fesselt etwas Arthur Holmwoods Aufmerksamkeit. Ein hagerer, älterer Mann mit Gehstock, Brille, schäbigem Anzug und altem Filzhut läuft am Fenster des Lokals vorbei. Der Mann hält an, dreht sich um und schaut dorthin zurück, von wo er gekommen ist. Etwas später spricht er mit einer ebenfalls älteren Frau in einem unförmigen dunkelgrauen Kleid. Hören kann Holmwood durch die Scheibe nichts. Er sieht aber, wie der Mann einen überraschten, ja bestürzten Gesichtsausdruck bekommt, während die Frau weiterhin lächelt. Je länger die Frau spricht, desto verstörter verhält sich der Mann. Er beginnt mit ihr zu streiten und weicht vor ihr zurück während sie immer wieder auf ihn zugeht.

Einen kleinen Moment lässt sich Holmwood auf ein Gespräch mit Crosse ein. Als er wieder zum Bürgersteig schaut, geschieht es: Der alte Mann weicht schnell zwischen zwei parkenden Pferdekutschen auf die Straße und gerät auf die Schienen der Straßenbahn, die ihn erfasst, seinen Körper zu Seite fegt und gegen den Gemüsekarren eines Händlers schleudert, der gerade die Straße entlang geht. Der geschundene Körper fällt bewegungslos auf das Pflaster. Die alte Frau dreht sich dem Imbissfenster zu und blickt Holmwood mit einem grausamen Lächeln direkt in die Augen. Dann dreht sie sich um und geht auf dem Weg zurück, den sie gekommen ist.

Arthur Holmwood springt schockiert auf und eilt nach draußen. Anne Waters und Gino Magurano folgen ihm. Holmwood deutet auf die alte Frau, die schon an die 100 Meter entfernt ist, eine Distanz, die sie in den wenigen Sekunden seit dem Unfall unmöglich zurückgelegt haben kann. Die drei Agenten nehmen die Verfolgung auf.

Andrew F. Crosse ist etwas langsamer und kämpft sich bis zu dem Opfer durch. Der alte Mann liegt am Straßenrand zwischen den parkenden Kutschen und der Straßenbahn. Passanten versuchen ihm zu helfen, irgendwann kommt auch Crosse an ihn heran und muss erkennen, dass es nicht gut um ihn steht. Der gestürzte Mann ist kaum bei Bewusstsein und wirkt weitgehend teilnahmslos. An seiner Schläfe und seinem Kopf befinden sich klaffende Wunden, Blut rinnt ihm aus dem Mund, Arme und Beine scheinen gebrochen, sein Atem geht rasselnd und er hustet sein eigenes Blut. Der Mann liegt im Sterben. Kurz vor seinem Tod gelingt es ihm, sich noch für ein paar Sekunden zusammenzureißen und ein paar Worte zu flüstern, die Crosse dank seines erst kürzlich gelernten Rumänisch mit Mühe verstehen kann: „Drei... drei Bräute... nein! Nein, sie... sie ist gefährlich... kann nicht...“ Daraufhin atmet der alte Mann ruckartig aus und ist tot. Andrew F. Crosse ist erschüttert und schaut sich um. Die Menschen um ihn herum sind aufgeregt. Besonders panikartig verhält sich der in der Nähe stehende Straßenbahnfahrer, ein Mann um die 30, der immer wieder sagt: „Ich habe ihn nicht gesehen! Oh, mein Gott! Er tauchte irgendwie aus dem Nichts auf! Ich habe ihn nicht gesehen! Oh, mein Gott!“ Die Polizei ist bereits informiert, Crosse kann nichts weiter tun und kehrt zu seinem Kollegen Hagen Muller in den Imbiss zurück. Die beiden Männer schauen sich traurig an.

Inzwischen verfolgen Anne Waters, Arthur Holmwood und Gino Magurano die alte Frau. An der nächsten Straßenecke schauen sie sich um, und müssen feststellen, dass die alte Frau ihren Vorsprung deutlich ausgebaut hat. Die drei Agenten setzen zu einem Sprint an und holen auf. Anne Waters allerdings muss ihre Verfolgung für ein paar Sekunden unterbrechen: sie ist außer Atem, hat Seitenstiche und ihr ganzer Körper fröstelt. Was ist mit ihr los? Arthur Holmwood hält an und kümmert sich einen Moment um sie. Gino Magurano rennt weiter, biegt um eine weitere Ecke und sieht, wie die alte Frau die Stufen zu einem Mietshaus hinaufsteigt. Professionell eilt er zu einer vor dem Haus liegenden Straßenecke und überprüft mögliche Hintereingänge. In der Zwischenzeit erreichen auch Anne Waters und Arthur Holmwood das mindestens ein Jahrhundert alte Haus und betrachten seine Fassade: Über dem Erdgeschoss befindet sich ein großes Mosaik, das drei Frauen in fließenden Hochzeitsgewändern darstellt: eine ist weiß, eine grün und eine blau geschmückt. Unsicher steigen Arthur Holmwood und Anne Waters die Stufen zum Hauseingang hinauf.

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Das war im Wesentlichen eine Organisationssitzung. Ein Spieler konnte aus Krankheitsgründen nicht dabei sein, aber es ist gut, dass es überhaupt mal wieder einen Schritt voran gegangen ist. Wir haben zusammen weitergesponnen, was für Folgen die Katastrophe des vergangenen Abenteuers gehabt haben könnte, drei neue Spielerfiguren mussten erschaffen werden, Operation Edom wurde offiziell gegründet und dann haben wir noch die Startszene für das nächste Abenteuer gespielt. Es ist der erste Teil aus „Our Ladies of Sorrow“, einer Cthulhu-Kampagne, für die es auf der Pelgrane Website bereits eine Konvertierung für „Trail of Cthulhu“ gibt. Da auch das ein Gumshoe System ist, dachte ich, eine Konversation sei halb so wild. Meine Idee war, die drei übelwollenden Göttinnen der Kampagne zu den drei Bräuten Draculas zu machen. Das Abenteuer wirklich auf unsere Kampagne zuzuschneiden, war dann aber doch sehr viel Arbeit und ich bin mal gespannt, ob sie sich auszahlt.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: angband am 23.01.2020 | 07:55
Ich bin ja auch großer NBA Fan (sind jetzt 8 Sessions in der Persephone Extraction drin). So langsam mache ich mir Gedanken wie es danach weitergehen könnte, obwohl wir sicherlich noch ein halbes Jahr Zeit haben. Dabei denke ich auch über "Unto the fourth generation" nach und habe diesen Thread gelesen.

Erstmal: es hört sich an als hättet ihr viel Spaß bei der Sache! Um das alles auszuarbeiten, da wirst du richtig viel Arbeit investiert haben! Die Vorgabe im Directors Handbook ist ja doch eher EXTREM dünn. Sehr geil dass einer der Spieler jetzt wirklich Notizen in den Roman schreiben will!

Mir ist aufgefallen dass ihr im Grunde immer noch recht früh im Zeitstrang agiert, also immer in der ersten Generation, obwohl ihr ja schon recht lange spielt. Hattest du das so vorgesehen? Wahrscheinlich kommt es ja einfach darauf ob ihr Spaß am Tisch habt. Aber bei mir im Kopf schwirrt folgender Gedanke :  die Spieler und du erwarten NBA, aber bekommen dann eher Cthulhu Gaslicht? War das vorher so klar? Oder ergibt sich trotz des historischen Hintergrundes ein NBA Spielgefühl?
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 23.01.2020 | 14:49
Ich nehme mal an, dass wir noch ein Weilchen in der viktorianischen Epoche spielen werden. Geplant sind noch drei Abenteuer.

Wie groß der Spaß ist, den die Spieler haben, weiß ich gar nicht so genau. Es ist schon eine sehr heterogene Runde und was die Spieler eigentlich erwarten, ist gar nicht so einfach zu sagen. Ich rechne eigentlich jederzeit damit, dass der erste sagt, "Schluss jetzt, das habe ich mir anders vorgestellt". Ich bekomme leider kaum Feedback. Bisher machen sie aber noch mit. Ob der Spieler wirklich Notizen in den Roman einträgt, weiß ich nicht. Wir haben schon sehr lang nicht mehr darüber gesprochen. Ich will da auf keinen Fall irgendwelchen Zusatzdruck ausüben. Irgendwann werde ich nochmal höflich nachfragen. Wenn dann nichts passiert, kann ich´s auch nicht ändern. Ich selbst habe Spaß an der Geschichte und freue mich meine eigenen Fäden ins Dracula-Mythen-Netz hineinknoten zu können. Das treibt mich an, auch wenn ich mir meine Spieler streckenweise etwas enthusiastischer wünschen würde.

Warum so lange die viktorianische Epoche? Zunächst mal ist der dafür vorgesehene Zeitraum im Dracula Dossier ja relativ groß. Einmal heißt es, man soll sich in der Epoche nicht so ewig aufhalten, dann heißt es aber auch, dass einzelne Abenteuer im Abstand von bis zu 10 Jahren vorstellbar sind. Ich habe mir eher die zweite Ansicht zu eigen gemacht. Noch größere Sprünge sprengen für mein Gefühl irgendwie die Kontinuität des Spiels. Im aktuellen Abenteuer spielt beispielsweise noch Andrew F. Cross mit. Er war als junger Mann beim ersten Abenteuer dabei. Inzwischen ist er Mitte 50. Solche Figuren liefern ja eine gewisse Kontinuität über den Verlauf der Handlung hinweg. Außerdem ist auch ganz interessant zu sehen, ob sie sich im Lauf der Jahre verändert haben. Wir wenden auch die Alterungsregeln an.

Wenn wir unser Spiel noch eine Weile fortsetzen, werden wir trotzdem irgendwann in der Kriegszeit angelangen. Ich muss mal sehen, was wir dann machen. Rollenspiele, die im 2. Weltkrieg oder einem noch moderneren Krieg spielen, lehnen ein paar der Spieler eigentlich ab. Wenn sich das aus der Kampagne heraus ergibt, hoffe ich aber, wenigstens ein paar Abenteuer in der Zeit durchziehen zu können. Ich muss ja nicht gerade Stalingrad oder Auschwitz spielen. Ganz ausklammern will ich die Kriegszeit aber auch nicht.

Wie weit wir kommen, weiß ich nicht. Nach der Katastrophe der vorletzten Sitzung habe ich schon mit dem Aus gerechnet. Dann aber findet sich doch noch jemand, der sagt: "Wann geht´s weiter?". Es wird ein neuer Termin gemacht und alle sind wieder dabei. Wie im richtigen Leben gilt auch hier: "Bevor du über das halbleere Glas meckerst, freue dich über das halbvolle, denn es kann jederzeit passieren, dass du ganz auf dem Trockenen sitzt."
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: angband am 23.01.2020 | 19:24
Ich kann die Argumente (Kontinuität) nachvollziehen. Ich war einfach ein bißchen erstaunt weil ihr seit 2,5 Jahren spielt und immer noch in der viktorianischen Ära seid. Aber wie gesagt, wenn es Spaß macht (sonst wäre die Gruppe ja schon versandet), ist ja alles gut. Auch stelle ich es mir cool vor, dass so viele wichtige Personen bereits etabliert sind. Denke das kann dazu führen, dass Edom etc später viel differenzierter wahrgenommen werden kann.

Für meinen Teil bin ich mir unsicher darüber wie ich die Szenarien im Gaslicht und in den 1920ern angehen würde. Wie kriegt man es hin dass es kein Cthulhu wird, sondern NBA-Agenten-Action? Ich hatte überlegt das dann vielleicht ziemlich pulpig aufzuziehen, also eher "die Mumie" als puristischer horror. Genug Punkte zum ausgeben für cineastische Action sollten ja vorhanden sein. Spielt das bei euch eine Rolle?

Einschränkend käme hinzu dass weder die Spieler noch ich selbst groß Bock hätten den Originalroman zu lesen, daher wäre jede Geschichte allerhöchstens lose ans Original angelehnt ;)
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 24.01.2020 | 11:19
Wie kriegt man es hin, dass es kein Cthulhu wird? Zunächst mal geht es natürlich ganz simpel nicht um irgendwelche Mythosmonster, sondern um Vampire. Dann sind die Figuren relativ kompetent. "Night´s Black Agents" ist kein dekadent-masochistisch-wolllüstiges Miterleben des Untergangs, sondern handelt von Leuten, die an den Sieg glauben, und alles, was Kultur und Wissenschaft zu bieten haben, gegen den übermächtigen Gegner in die Waagschale werfen. Das Spiel geht darum, diesen Sieg herbeizuführen (Wenn er da ist, kann es allerdings sein, dass die Spielerfiguren nicht mehr dieselben sind. Es kann auch sein, dass sich der vermeintliche Sieg als Niederlage entpuppt. Ob sich der Kampf gelohnt hat, erfährt man manchmal erst, wenn es zu spät ist. Dennoch: Es geht darum, zu siegen!). Die Einstellung lässt sich Rollenspielern relativ einfach vermitteln. Sie müssen eben alles geben und den Feind vernichten. Das tun sie in anderen Spielen auch. Bei "Night´s Black Agents" verlangt niemand, dass sich die Spieler über den grauenvollen Untergang ihrer Figuren auch noch freuen.

Das mit der cineastischen Action kommt gaaaanz allmählich. Ich habe eine Gruppe vor mir, deren Mitglieder zwar sehr unterschiedlich spielen, im Prinzip aber alle betonkonservative Traditionsrollenspieler sind.

Hier nur ein Beispiel: Wir haben über die Laber-Cherries (Technothriller Monologue, Martial Arts, etc.) gesprochen, die Leute haben es zur Kenntnis genommen und genickt. Geändert hat sich nichts. Warum auch? Das Spiel funktioniert ja auch ohne, dass sich etwas ändert!

In der vorletzten Sitzung ist ein Abenteuer verheerend schief gegangen. Von den fünf beteiligten Spielerfiguren haben am Ende zwei überlebt, der Feind konnte untertauchen. Da haben die Leute hinterher mal ganz vorsichtig angefangen darüber nachzudenken, wie das mit 3 Poolpunkten mehr ausgesehen hätte.

In der letzten Sitzung hat es jemand versucht (Parcour, angewendet bei einer Verfolgungsjagd):
Er: "Ich mache dann mal Parcour."
Ich: "Ganz so ist das nicht gedacht, du solltest etwas erzählen."
Er: "Ah. Also gut, äh... (Pause)... ja, weiß nicht... ich renne eben ganz schnell hinter der alten Frau her."
Ich: "Vielleicht versuchst du eine Abkürzung? Rutscht ein Treppengeländer hinab? Oder aktivierst deine letzten Kraftreserven?"
Er: "Ja, genau, so etwas."
Ich: "(seufz) Alles klar, das sind drei Punkte für dich."

Nun ja. Ähnliche Geschichten könnte ich über "Tactical Fact Finding Benefits" und andere Spirenzchen dieser Art erzählen. Wir arbeiten daran...

Nur einen Tipp will ich dir geben: Lies den Roman! Ich habe auch gedacht, was soll ich mit so einer ollen Schmonzette. Aber dann habe ich "The Thrill Of Dracula" von Kenneth Hite gelesen und gesehen, mit was für einem Enthusiasmus der Mann sich in diese Geschichte hineinkniet. Da habe ich den Stoker dann doch mal gelesen... und was soll ich sagen? Es ist ein ganz toller Roman! Ich war so angetan, dass ich in meiner Begeisterung sogar einen kleinen Ausschnitt davon im Deutschunterricht vorgelesen habe. Hinterher war mein ganzer Kurs begeistert und drei oder vier meiner Schüler haben dann wahrhaftig auch selbst den Roman gelesen. Wir Rollenspieler lesen so viel Scheiß! Wir sollten wenigstens auch Dracula lesen! Meine Meinung.

Kleiner Extratipp: Wer Dracula auf deutsch lesen will, dem empfehle ich die relativ neu erschienene Übersetzung von Andreas Nohl aus dem Steidl Verlag. Die Sprache wirkt an keiner Stelle antiquiert und trocken, sondern frisch und aktuell. Außerdem gibt´s einen netten Kommentar hintendran.
Titel: Re: [Night´s Black Agents] Unto the fourth generation
Beitrag von: Chiarina am 14.02.2020 | 22:17
House of Shadows / 29. Sitzung
1906, Erste Erkundungen

Beteiligte Agenten:
Andrew F. Crosse aka Duke Teman (britischer Geologe, 54 Jahre)
Anne Waters aka Duke Alvah (Analystin, 29 Jahre)
Gino Magurano aka Duke Jetheth (ehemaliger Mafiosi, 26 Jahre)
Hagen Muller aka Duke Mibzar (Bastler und Einbrecher, 28 Jahre)
Francois Guillaume de Teterac (französischer Gerichtsmediziner in den Diensten Operation Edoms, 53 Jahre)

(https://www.londonlibrary.co.uk/images/CHARLOTTE/NEW_WEBSITE_IMAGES/adoptbanner.jpg)

Bevor Anne Waters das Haus betritt, in dem die alte Frau verschwunden ist, zögert sie, dann sagt sie zu Arthur Holmwood: „Arthur, ich habe kein gutes Gefühl. Hol´ die anderen!“ Holmwood geht zurück zum Imbiss und sagt Crosse und Muller Bescheid. Francois Guillaume de Teterac hält sich im nahe gelegenen Büro der Zweigstelle von Operation Edom auf und wird ebenfalls informiert. Während ihrer Abwesenheit zeigt Gino Magurano Anne Waters die Feuerleitern, die an zwei Seiten des Hauses zu den Fenstern der Wohnungen führen. An der Nordseite enden sie auf dem Flachdach einer Weinhandlung, auf der Südseite reichen sie bis zum 1. Stock und verlängern sich bei entsprechender Belastung bis zur Straße hinab. Etwas später kommen alle Beteiligten vor dem Mietshaus zusammen. Auf einer in der Nähe befindlichen Parkbank kommen die Agenten zum Schluss, dass es noch zu früh für eine direkte Konfrontation mit der verdächtigen Alten ist. Sie versuchen daher zunächst ein paar Informationen bei der Polizei zu bekommen.

Bei den beiden zuständigen Beamten in nächstgelegenen Polizeiwache beißt Anne Waters zunächst auf Granit. Sie geben über den Unfall der Straßenbahn keine Informationen heraus. Erst als Hagen Muller berichtet, dass sie Zeugen seien und eine Aussage zu Protokoll geben wollen, tauen die Polizisten auf. Die Agenten erzählen wahrheitsgetreu davon, was sie gesehen haben. Als der englisch sprechende Muller allerdings von der alten Frau erzählt, wirken die Polizisten überrascht. Muller will wissen, was die Beamten so erstaunlich finden, und etwas mühsam geben ihm die Polizisten in schlechtem Englisch zu verstehen, dass keiner der sieben weiteren Zeugen, die sie zu dem Fall vernommen haben, die alte Frau, die das Opfer so in Furcht versetzt hat, dass er in die Straßenbahn hineingelaufen ist, erwähnt habe. Zögerlich nehmen sie trotzdem die Beschreibung, die die Agenten von der Alten liefern, zu Protokoll. Beiläufig fragt Anne Waters, wer der alte Mann gewesen sei und erfährt nun, dass es sich um den 74 Jahre alten Severin Chiriac handele, einen Bewohner des Hauses "mit den drei Bräuten an der Fassade", den Beamten zufolge „irgend so ein Künstlertyp“. Die Polizei forscht bereits nach nahen Angehörigen des Verstorbenen.

Etwas schlauer kehren die Agenten daraufhin zum besagten Haus zurück und betreten es. Sie stehen in einem breiten Korridor, zur Rechten befinden sich einige Briefkästen, von denen einer gerade von einer älteren, einfach aussehenden Frau entleert wird. Rechts und links sind Eingänge zu Wohnungen zu sehen, am Ende des Flurs führt ein Treppenhaus in die oberen Stockwerke und in den Keller. Die Wohnungstüren sind durchnummeriert und mit Namen beschriftet. Neugierig schaut sich Andrew F. Crosse um und sammelt ein paar Informationen: Wohnung 1: Victor und Saveta Gavrila, Wohnung 2: Leontin und Teea Ganea, Wohnung 3: Tiberiu Ionita. Der Flur führt noch am Treppenhaus vorbei und macht dann einen Knick, wo er zu einem Paternosteraufzug führt, über den sich ebenfalls die oberen Stockwerke erreichen lassen.

Anne Waters unterhält sich währenddessen mit der Frau, die den Briefkasten leert. Sie ist um die 60, scheint vom Auftreten der Agenten überrascht zu sein, stellt sich aber schließlich als Saveta Gavrila vor. Anne Waters erzählt ihr, dass Herr Chiriak Opfer eines Verkehrsunfalles geworden sei. Er sei dabei in Begleitung einer alten Frau gewesen. Frau Gavrila zeigt sich erschüttert: „Herr Chiriak? Wie schrecklich! So ein netter alter Herr! Und eine Frau hier aus dem Haus? Hier lebt Frau Ivan, die hat aber nichts mit Herrn Chiriak zu tun.“  Die Agenten erfahren, dass sich sowohl die Wohnung von Herr Chiriak als auch die von Frau Ivan im dritten Stock befinden. Frau Gavrila gibt den Agenten außerdem noch den Tipp, dem Hausmeister Tiberiu Ionita Bescheid zu sagen. Dabei deutet sie auf die Tür zur Wohnung 3, direkt hinter ihr. Schließlich verschwindet sie sichtlich erregt in ihrer eigenen Wohnung.

Die Agenten fahren im Paternoster in den dritten Stock. Neben dem Aufzug befindet sich eine Minimax Spritztüte zur Brandbekämpfung und eine Feueraxt. Im 3. Stock klappert Andrew F. Crosse die Wohnungstüren ab: Wohnung 9: Otilia Nistor, Wohnung 10: Loredana Ivan, Wohnung 11: Severin Chiriak, Wohnung 12: Panait Prodan. Crosse schaut auch noch ein Stockwerk höher nach und entdeckt, dass der Flur dort seltsamerweise durch eine eingezogene Zwischenwand abgeriegelt ist. Vom zugänglichen Teil führen noch zwei weitere Wohnungstüren ab: Wohnung 13: Zarmik Hakobyan und
Wohnung 16: Miroslav Sololev, Agnos Neamtu, Alex Croitoru. In das vierte Stockwerk fährt der Paternoster nicht mehr. Crosse will die Treppe nehmen, stellt aber fest, dass auch das Treppenhaus auf halbem Weg durch eine provisorische Wand blockiert wurde. Die Wand enthält eine Tür, die aber mit einem Vorhängeschloss gesichert ist.

Gerade als die Agenten bei Loredana Ivan klopfen wollen, erscheint ein kräftiger, harter Mann im Flur und fragt sie, was sie hier im Haus eigentlich suchen. Anne Waters erzählt ihm, dass sie Zeugen eines Verkehrsunfalles waren, bei dem Herr Chiriak ums Leben kam, eventuell sei auch Frau Ivan vor Ort gewesen. Sie seien nun hier um mögliche Angehörige zu informieren. Der Mann stellt sich als Hausmeister Ionita vor und ist misstrauisch. Er will wissen, mit wem er es zu tun hat. Anne Waters behauptet, sie seien Rettungssanitäter und Francois Guillaume de Teterac zeigt seinen internationalen Ärzteausweis vor, der Hausmeister bleibt aber misstrauisch und sagt: „Sie sind sicher, dass es der Schriftsteller war?“ Nach kurzem Zögern nestelt er an einem großen Schlüsselbund herum und öffnet die Wohnungstür von Severin Chiriak. Er macht zwei Schritte in den Flur und ruft: „Herr Chiriak? Sind sie hier?“ Diese Gelegenheit lässt sich Andrew F. Crosse nicht nehmen. Schnell präpariert er das Schloss der Wohnungstür, so dass es nicht mehr richtig schließt. Der Hausmeister kommt zurück und behauptet: „Er ist nicht da. Vielleicht haben sie Recht. Ich werde sicherheitshalber die Moldovans informieren. Sie können übrigens wieder gehen. Sowohl Chiriak als auch Ivan leben allein.“ Dann kehrt er mit den Agenten gemeinsam ins Erdgeschoss zurück. Nur Andrew F. Crosse lässt sich etwas zurückfallen, betritt Chiriaks offenstehende Wohnung, öffnet das Fenster seiner Wohnung, das sich in der Nähe der Feuerleiter befindet und eilt dann schnell seinen Gefährten hinterher. Der Hausmeister scheint nichts bemerkt zu haben, grüßt mürrisch und verschwindet in seiner Wohnung. Die Agenten verlassen vorerst das Haus.

Vor der Tür schauen die Agenten noch einmal nach oben. Die Fenster zu den Wohnungen im vierten Stock lassen sich über die Feuerleitern eventuell erreichen. Die Fenster im fünften Stock sind mt Brettern vernagelt.

Schließlich meint Hagen Muller: „Schriftsteller also... dann lasst uns doch in einer nahen Buchhandlung mal nachfragen, ob es irgendwelche Werke von Chiriak gibt. Ich wüsste gern, was er geschrieben hat." Nach Erkundigungen bei einigen Passanten erfährt Anne Waters, dass es zwei Buchhandlungen in der Nähe gibt.

Schließlich stehen die Agenten vor „Cărți din răsputeri”, einem großen Buchladen in einer Seitenstraße, nur wenige Blocks von der Universität entfernt. Das Geschäft ist hell, sauber und gut sortiert und verkauft sowohl Neuware als auch um gut 50% verbilligte Remittenten. Auch Musikalien und Kalender sind hier erhältlich. Schnell lernen die Agenten Francisc Szabo, den Eigentümer und Betreiber des Ladens, kennen. Er ist ein 36 Jahre alter etwas dandyhafter Mann mit einem feinen Lächeln und gelassener Wesensart. Anne Waters erfährt, dass Chiriak Geschichten über irgendwelche übernatürlichen Ereignisse verfasst hat. Szabo zufolge hat er auch ein oder zwei Literaturpreise gewonnen, seine große Zeit sei aber schon eine ganze Weile vorbei. Szabo bietet ihnen ein paar Romane mit ähnlichen Inhalten an, Bücher von Chiriak hat er allerdings nicht. Etwas später empfiehlt er den Agenten an die Buchhanldung „Antonului Cărți“, die auch seltenere Bücher führe. Er warnt allerdings vor deren Besitzer Anton Sima, der ein übler Wucherer sei und seine Ware zu teuer verkaufe. Die Agenten machen sich erneut auf den Weg.

Auf der Straße kommt es zu einem merkwürdigen Zwischenfall. Die Agenten hören den ungewöhnlichen Ruf eines Vogels. Anne Waters und Hagen Muller schauen sich um und entdecken auf dem Sims eines nahestehenden Hauses einen Seeadler. Waters weiß, dass solche Vögel in den Karpathen hin und wieder gesichtet werden... aber mitten in Bukarest? Das ist doch sehr seltsam! Muller betritt einen nahe gelegenen Lebensmittelladen und will einen Fisch kaufen um den Vogel damit anzulocken. Der Adler fliegt aber schon bald davon. Achselzuckend bewegen sich die Agenten weiter auf die zweite Buchhandlung zu.

„Antonului Cărți“ liegt in einer Seitenstraße in der Nähe des Geschäftsviertels der Stadt. Der Laden ist in vielerlei Hinsicht das Gegenteil von „Cărți din răsputeri” – klein, schäbig und dunkel, aber bis obenhin voll mit alten, wertvollen Büchern und Sammlungen. Es scheint von allem etwas vorhanden zu sein: von Tierbüchern über Western bis hin zu phantastischer Literatur. Nahe der Eingangstür steht ein kleiner Schreibtisch, an dem ein schmächtiger, dünner, bärtiger Mann mit grauem, zurückgekämmtem Haar, kalten Augen und nikotingelben Fingern sitzt. Er stellt sich den Agenten als Anton Sima vor und fragt nach ihrem Begehr. Als er hört, dass sie Schriften von Chiriak suchen, wühlt Sima eine Weile in seinen Regalen herum und fördert schließlich drei Romane des Autors hervor: Der Sternenritter (handsigniert, Sima will 10 Pfund), Die Schuldlosen (in einer kostbaren Leinenausgabe, Sima will 40 Pfund) und Pennys Boot  (eine einfache, gebundene Ausgabe für 3 Pfund). Als Sima im Gespräch mit den Agenten erfährt, dass Chiriak bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sei, zieht er seine Angebote zurück und behauptet, solche Ereignisse könnten den Wert der Romane erheblich erhöhen. Sie könnten doch eventuell in ein paar Tagen noch einmal vorbeikommen. Er bietet außerdem seine Dienste an, falls die Agenten nach ganz bestimten Schriften suchen sollten. Über Simas Geschäftgebahren etwas verärgert ziehen die Agenten wieder ab.

Langsam wird es dunkel. Die Agenten schleichen sich an das Haus der drei Bräute heran. Der riesige Gino Magurano nimmt Hagen Muller auf die Schultern, der sich an die Feuerleiter im ersten Stock der Südseite hängt und zieht sie mit seinem Körpergewicht nach unten. So steigen die Agenten durch das von Andrew F. Crosse offen stehen gelassene Fenster in die Wohnung von Severin Chiriak ein.

Andrew F. Crosse entzündet im Flur eine mitgebrachte Lampe. Es ist der Ort der Wohnung, der keine Fenster nach außen besitzt. Ein hier brennendes Licht kann bestenfalls sehr, sehr schwach von der Straße aus gesehen werden. Dafür findet die Untersuchung der Agenten aber auch weitgehend im Halbdunkel statt.

Die ehemalige Wohnung von Severin Chiriak ist voll von Regalen mit Büchern, Magazinen und Nippessachen. Sie ist ein wenig unaufgeräumt und riecht nach Körper und Tabak. Ein schäbiger Schreibtisch steht neben einem Fenster. Auf ihm steht eine staubige Schreibmaschine, die offensichtlich schon länger nicht mehr benutzt wurde.

Auf einem der Regalbretter befindet sich ein Sammelordner, der Briefe enthält. Es handelt sich um Chiriaks Briefverkehr mit Schriftstellerkollegen. Hagen Muller steckt den Umschlag ein und nimmt ihn mit. Dann findet Andrew F. Crosse ein zerlesenes Exemplar des Werkes „The Paramental Factor“ von Richard Ahern. In den Umschlag ist notiert: „Für Severin Chiriak, ein Gefährte auf den Forschungsreisen ins Obskure. In Verehrung und mit den beste Wünschen, Richard Ahern.“  Das Werk ist auf Englisch verfasst. Die Agenten versammeln sich im Flur und Crosse liest ein paar Ausschnitte aus dem Werk vor:

Sie werden nicht glauben, was sie in diesem Buch lesen werden. Das ist bedauerlich, denn jede hier abgedruckte Geschichte ist ohne Zweifel von vorn bis hinten wahr.  Ich habe versucht, einige Gemeinsamkeiten der geschilderten Erlebnisse herauszuarbeiten um ihrer Bedeutung auf die Spur zu kommen: offensichtlich gibt es Wesen unter uns, die keine Menschen sind, vielleicht noch nicht einmal Teil der Realität, wie wir sie definieren. Ich nenne sie Paramentare – „para“ für außenstehend und „elementar“ für Naturgewalt. Ein Paramentarer ist eine Kraft, deren Ursprung außerhalb unserer Realität liegt.

Geflügelte Wesen, der schwarze Mann, Außerirdische, Geister, Riesen, Hexen – das sind nur einige der Masken, die sie tragen. Sie bevölkern unsere Städte, unsere Landstraßen, unsere Wälder, unseren Himmel – selbst unsere Schlafzimmer. Sie sind ohne Frage real – so real wie sie eben sein können. Die Frage ist: Was zur Hölle wollen sie von uns? Warum sind sie hier? Wer oder was sind sie?

Ich persönlich finde, dass der Nachtmahr der Mysteriöseste und Schreckerregendste der Paramentare ist. Wir haben hier ein Wesen – oder mehrere – die trotz geschlossener Türen jederzeit in unsere Wohnungen eindringen können – ob wir allein sind oder in Gesellschaft. Er verfolgt uns bis in unsere Schlafzimmer. Wenn wir am verwundbarsten sind versetzt er uns in Angst und Schrecken und jagt uns. Er scheint physische Präsenz annehmen zu können – zumindest scheint es uns so: das Geräusch von Fußschritten, säuerlicher Geruch, das erdrückende Gewicht auf der Brust. Seltsamerweise ist das Wesen ausreichend formlos um durch Türen zu gelangen und Ehegatten nicht aufzuwecken, und trotzdem können mehrere unserer Sinne seine Präsenz wahrnehmen. Ein echter Paramentar.

Studien haben ergeben, dass jeder sechste oder siebte Mensch Erfahrungen mit Nachtmahren macht. Denken sie an ihre Nachbarschaft, ihre Arbeitskollegen oder ihre Mitstudenten, was auch immer. Stellen Sie sich vor, wie viele ihrer Bekannten bereits einem Nachtmahr begegnet sein müssen.

Wenn der Nachtmahr nur ein Traum ist, warum haben dann so viele Menschen in der ganzen Welt so ähnliche Träume? Ist der Nachtmahr ein Teil unserer Natur, ein Teil unseres kollektiven Bewusstseins oder irgendein akaschisches Konstrukt? Wenn das zutrifft: woher stammt er? Könnte der Nachtmahr nicht auch ein reales, lebendes Wesen sein? Eines, das sich von uns ernährt und dann zurück durch unsere Nervenstränge in das kollektive Unterbewusstsein flieht?


In der obersten Schublade des Schreibtisches findet Anne Waters ein Büchlein mit handgeschriebenen Notizen – Chiriaks Ideen, Zitate und verschiedene Gedanken. Wieder versammeln sich die Agenten im Flur und Waters übersetzt ein paar Abschnitte:

Ich hatte wieder den Traum. Ging los wie sonst auch, wie ein Sextraum von früher (ich vermisse die alten Zeiten – sogar die Träume von damals), aber dann wurde ein Alptraum draus. Irgendeine schwarze Gestalt beugte sich zu mir herab, zerquetschte mich, hielt mich fest in ihrem Klammergriff während sich ihre blassgelben Augen bis in mein Innerstes brannten. Bin in kaltem Schweiß aufgewacht.

Nachtmahr. Ich erinnere mich! Ein paar Nachforschungen im Tempel des Wissens haben meine staubigen Gehirnzellen wieder auf Trab gebracht. Ich werde von einem Nachtmahr heimgesucht – und das in meinem Alter! Vielleicht gibt das eine Geschichte oder sogar einen kompletten Roman. Geisterwesen waren allerdings nie meine Stärke und heutzutage muss ich schon froh sein, wenn ich  mehr als eine Einkaufsliste zu Papier bringe. Ach ja... so eine Geschichte gehört wohl doch eher in den Aufgabenbereich von Henry James und Robert Chambers.

Costel hat sie also auch. Nicht allzu überraschend. Irgendwo habe ich gelesen, dass 10% aller Menschen mit Nachtmahren zu tun bekommen. Wenn das stimmt, müsste es direkt hier im Haus der „drei Bräute“ noch ein oder zwei „Opfer“ geben. Vielleicht bitte ich Loredana darum, für mich zu beten. Wahrscheinlich lasse ich´s aber, sie würde es ja schätzungsweise sowieso nicht machen.

Habe Hufford und Ahern gelesen und so langsam frage ich mich – ist das real?

Ahern hat zurückgeschrieben... er scheint sich aber nur für den Austernmann zu interessieren, der Nachtmahr ist ihm egal. Er hat nichts geschrieben, was ich nicht sowieso schon wusste. Costel ist andererseits völlig überzeugt davon, dass es im Haus spukt. Es scheint ihn sogar irgendwie zu amüsieren. Oh, wäre ich nur noch einmal genauso jung und furchtlos... und dumm.

Wer waren eigentlich diese drei Bräute? Glaube, Liebe und Hoffnung? Klotho, Lachesis und Atropos? Stheno, Euryale und Medusa? Die drei unheimlichen Schwestern des alten Will? Das Mosaik sieht für mich griechisch oder römisch aus. Ich muss irgendwann Frau Moldovan nach ihnen fragen. Wahrscheinlich wird sie mir das Rückporto auf die Miete draufschlagen! Trotzdem habe ich einen Verdacht, die drei Bräute könnten irgendetwas mit dem Spuk im Haus zu tun haben. Ich werde ja miterleben, was Costel über das Haus herausfindet – besonders über das Feuer, das die beiden oberen Stockwerke unbewohnbar gemacht hat. Ist da oben jemand gestorben und hat einen nymphomanischen Geist zurückgelassen?

Mich sucht etwas heim! Flüstern im Dunkeln. Der verdammte Nachtmahr. Paranoia. Die verrückte Loredana starrt mich an. Dieses verwahrloste Horvath Balg starrt mich an. Ich werde wahnsinnig. Muss hier weg. Raus aus dem Haus, weg von dem verdammten Nachtmahr. Frische Luft. Andere Umgebung. Ich würde ja zurück nach Constanta gehen, wenn ich nicht Angst davor hätte zu erfahren, wie meine Träume gegenwärtig dort aussehen würden.

Thomas De Qunicey, Levana und unsere Damen? Hat, so ähnlich wie in Fausts Hexenküche, irgendwas mit Halluzinationen oder Drogenträumen zu tun? Muss ich überprüfen!

Was habe ich getan? Was haben wir getan? Ich sollte mich neu belebt und bestärkt fühlen! Das tat ich zuerst auch, aber nun...? Ich kann kaum glauben, wie dumm ich war! Dummer, dummer alter Narr. Ich habe uns vernichtet. Uns alle.


Die Agenten suchen weiter und finden in den Regalen etliche Exemplare von Chiriaks eigenen Werken über sein gesamtes schriftstellerisches Schaffen hinweg in unterschiedlichen Ausgaben und Sprachen, außerdem hunderte anderer Bücher: von Krimis über Shakespeare und fantastische Geschichten bis hin zu griechischen Tragödien. Über einem Regal hängen gerahmt Chiriaks Preise: ein O. Henry, ein Edgar Allen Poe, ein Golddolch und zwei Silberdolche.

Schließlich entdecken die Agenten noch über einem anderen Regal von Chiriak einen kleinen Rahmen mit einem präparierten handtellergroßen Totenkopfschwärmer. Die Wohnung ist abgesehen davon wenig bemerkenswert. Es ist eine einfache, abgenutzte und verlebte Bude mit alten Kleidungsstücken und ein paar einfachen Lebensmitteln, alten Andenken, einem etwas verstimmten Klavier samt Notensammlung mit Chansons und Operettenmelodien und abgenutzten Möbeln.

Die Nacht war lang. Über die Feuerleiter verlassen die Agenten das Haus und gehen in der Filiale des neuen Hauptquartiers von Operation Edom zu Bett.

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Das Abenteuer kommt langsam in Gang. Viele von uns waren während der Sitzung allerdings geschafft und müde. Ein paar Vorahnungen und seltsame Ereignisse haben schon ein klein wenig mulmiges Gefühl verursacht. Beim nächsten Mal dann mehr davon.

Der Spieler von Arthur Holmwood war leider krank, der von Francois Guillaume de Teterac dafür wieder gesund.