Tanelorn.net

Das Tanelorn spielt => Spieltisch - Archiv => Forenrollenspiele => [Cthulhu] Spawn of Azathoth => Thema gestartet von: Der Läuterer am 15.09.2017 | 09:49

Titel: [SoA 1. Akt] Tot & begraben - Fr., 16.09.1927
Beitrag von: Der Läuterer am 15.09.2017 | 09:49
BERLIN IM HERBST
Freitag, 16. Sept. 1927



Die Tropfen fallen senkrecht vom Himmel und schlagen wie winzigste Kometen auf den Asphalt. Der Himmel ist bedeckt. Wolkenverhangen. Die Sonne scheint verschwunden. Lediglich graue Schleier. Unklare, verschwommene Konturen. Alles diesig und dunstig.

Bereits seit den Morgenstunden regnet es kontinuierlich. In unterschiedlichsten Stärken.
Pfützen. Überall und allgegenwärtig. Kleine Spiegel auf schmutzigem Asphalt. Sie fangen den Regen auf und zeichnen auf ihrer Oberfläche Ringe aus den Tropfen, die auftreffen und vergehen.

Die Menschen hetzen die Strassen entlang und trachten mit ihren schnellen Schritten dem Regen zu entgehen - vergeblich.

Die Tristesse dieser Tage frisst sich wie Säure in die Gehirne der Leute. Sie eilen dahin. Trübsinnig. Schwermütig. Mit gesenkten Köpfen und geschlossenen Mänteln. Die Krägen hochgeschlagen. Alles grau in grau. Niemand nimmt den anderen wahr. Die Auslagen in den Schaufenstern bleiben unbeachtet.

Regenschirm-Herden, wartend an den Bordsteinen auf die Lücke zw. den vorbeifahrenden, schwarzen Automobilen. Stumm wie Pilze unter den Linden und doch scheinbar verweht wie das Laub der kahler werdenden Bäume.
Titel: Re: [SoA] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 15.09.2017 | 11:46
FRIEDHOF WANNSEE

Die Gruben auf den Friedhöfen sind immer gleich.
Löcher für die Kadaver der Menschen. Ob einst geliebt, gehasst oder ignoriert ist ohne jeden Wert. Gleich gross. Gleich tief.

Kein Unbeteiligter weiss, ob es die Ruhestätte eines alten Mannes oder eines jungen Mädchens sein wird.

Zwei Drittel aller Freunde und Verwandten, so sagt man, entscheiden sich dem Wetter entsprechend dafür oder dagegen, einem Begräbnis beizuwohnen. Somit ist auch die Gruppe bei dieser Beisetzung überschaubar.

https://s3-us-west-2.amazonaws.com/find-a-grave-prod/photos/2009/147/37625187_124354860362.jpg (https://s3-us-west-2.amazonaws.com/find-a-grave-prod/photos/2009/147/37625187_124354860362.jpg)
Titel: Re: [SoA] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 15.09.2017 | 18:17
FRIEDHOF WANNSEE

Die Menschen würdigen andere Menschen weit weniger, als sie es vorgeben zu tun oder es sich auch nur eingestehen würden. Die Liebe dieser Menschen zu Gott lässt sich darin messen, wie sehr sie seine Geschöpfe und ihren Nächsten achten. Und so manch ein Toter ist bereits vergessen, noch bevor sein Körper im Grabe liegt.

Viele sind zur Beisetzung von Eisensteins nicht erschienen - trotz aller Berühmtheit des Physikers.

Oft geben die Menschen auch lediglich Mitgefühl vor, empfinden aber nichts. Vielleicht aus Gleichgültigkeit. Vielleicht aus Selbstschutz. Jeder hat mit eigenen Problemen zu kämpfen. Jeder hat seine Sorgen und Nöte. Und das Wetter tut ein Übriges.

Und manche Menschen gehen lediglich zu Begräbnissen, um sich am Leiden anderer zu weiden. Ein Genuss. Eine Art sich lebendig zu fühlen. Ein Hauch von Unsterblichkeit.

Von den Kindern des Professors ist nur sein ältester Sohn anwesend. Sein jüngerer Sohn und seine Tochter glänzen durch Abwesenheit.
Titel: Re: [SoA] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 15.09.2017 | 19:11
FRIEDHOF WANNSEE

Es gibt auch jene, die unter Koimetrophobie leiden, Gräber und Friedhöfe meiden wie der Teufel das Weihwasser. Fürchten sie die Endlichkeit? Oder den Verlust? Vielleicht fürchten sie die Nähe des Todes, weil sie einfach mehr wissen, als andere, normale Menschen.

Alle Friedhöfe haben ihre alten Bereiche. Bemooste Gräber. Verwilderter Bewuchs. Verwitterter Stein. Hier hausen jene, die den Gräbern zu entsteigen vermögen, um Rache an den Lebenden zu nehmen. Legenden um Geister und Untote, die sich an den Lebenden laben. Ihnen das Leben heraus saugen. Nichts als Legenden. Aberglaube. Gespensterfurcht. Sinnestäuschungen. Hirngespinste. Wahn.

Von Eisensteins kaltes, totes Fleisch wird in die nasse Erde hinabgelassen, lediglich durch Holzbretter und Leinen von Würmern und Larven getrennt.
Titel: Re: [SoA] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 18.09.2017 | 18:48
FRIEDHOF WANNSEE

Es regnet noch immer. Grosse Tropfen fallen vom Himmel.
Schwarze Regenschirme verbergen die Gesichter und Oberkörper der Menschen am Grab.

Das noch immer satte Grün des Laubes von Pappeln und Weiden entlang der Gräber-Strasse glitzert silbrig.

Man kann den Regen hier förmlich riechen. Ein Geruch von Erde, Pflanzensäften und Ozon.

Der Regen platscht energisch in Pfützen und auf aufgeweichte, schlammig-weiche Erde.

Vor dem gähnenden offenen Schlund des Grabes von Prof. von Eisenstein haben sich Freunde und Familie versammelt. Doch es sind lediglich neun Personen.


Des Professors Frau Elfi.

Dessen Bruder Hieronymus, im Rollstuhl, der die Trauerrede hält.
Dahinter ein junger Mann, der den Rollstuhl hält.
Des Professors Sohn Leonhardt.
Die Haushälterin des Professors.
Dazu noch vier Honoratioren.
Darunter die Professoren Roth und Haverkamp der Fakultäten Physik und Biologie der Humboldt-Universität Berlin.

Am Ende der Trauerrede wendet sich der Blick von Pastor Hieronymus von Eisenstein ins Rund. "Vielen. Dank meine. Herrschaften dass sie meinem. Bruder die letzte. Ehre erwiesen haben. Danke."
Titel: Re: [SoA] Tot & begraben
Beitrag von: Boo am 19.09.2017 | 22:18
FRIEDHOF WANNSEE

Während der Trauerrede hält sich Ferdinand im Hintergrund, mindestens 2 Meter trennen ihn von den übrigen Trauernden. Er ist das gewöhnt, die meisten Menschen halten ihn auf Abstand. Den Kragen seines schwarzen, wasserdichten Mantels hat er aufgestellt, den Hut hält er während der Rede in den Händen, wodurch ihm der Regen die Stirn herabrinnt und die Haare in Strähnen am Kopf kleben. Schirm hat er keinen, ein bisschen Regen hat ihm noch nie etwas ausgemacht.

Mit den anderen Professoren hat er vor Beginn der Beerdigung ein paar Worte gewechselt. Nichts Tiefgehendes, Smalltalk, was man halt so redet. So gut wie mit von Eisenstein versteht er sich mit keinem von Ihnen. Ein Tod, zu früh, zu unnötig, zu plötzlich.

Die Stimme des Pastors, als er sich an die Gemeinde wendet, reißt Ferdinand aus seinen Gedanken. "Er war ein großer Mann - er wird uns fehlen." 
Titel: Re: [SoA] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 19.09.2017 | 23:22
FRIEDHOF WANNSEE

Ich drücke während der Begrebniszeremonie die Hand meines Gatten. Auch wenn ich dem Verstorbenen nicht besonders nahe stand, so erzeugt doch die gesamte Zeremonie eine bedrückte Stimmung, angesichts derer ich froh bin, Hans Nähe zu spüren. Der Regen trägt das Übrige dazu bei, mich frösteln zu lassen, obwohl mein Gewand - der schlichte Mantel verdeckt alles außer dem Ende eines knielangen schwarzen Rockes und eine schwarze Strumpfhose - dank des großen Regenschirms trocken bleibt. Währed der Rede des Pastors, die mich weitgehend unberührt lässt, schweift mein Blick immer wieder zu den umliegenden Gräbern und ich versuche mir vorzustellen, was für Menschen die jeweiligen Toten wohl waren. Vor allem ein Familiengrab erregt meine Aufmerksamkeit, da alle 4 Kinder als Jugendliche im Abstand von je einem Jahr gestorben sind. Was sie wohl für eine Geschichte zu erzählen hätten?

Da reissen die Worte des großen Mannes neben mir mich aus meinen Gedanken. Betreten blicke ich zu Boden.
Titel: Re: [SoA] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 20.09.2017 | 09:19
FRIEDHOF WANNSEE

Ich erwidere den Druck der Hand und halte mich während der gesamten Zeremonie zurück. Ich kannte den Verstorbenen als Kollegen und fachlich versierten Mann. Es hat uns sogar eine Freundschaft verbunden. Der Abschied von einem Freund fällt wohl niemanden leicht. Als der Pastor geendet hat, blicke ich kurz zu meiner Frau herüber, gehe dann gemeinsam mit ihr einen Schritt näher heran und blicke in das Loch in der Erde. Ein Moment des Zögerns, dann lasse ich eine einzelne Rose und eine Schippe voll Erde in das Loch fallen. Ein leises "Machs gut, Phillip", dann wende ich mich von dem Grab ab, um den schweren Gang zu den Angehörigen zu machen. Ernste Händedrucke und zusammengepresste Lippen. Dann reihe ich mich wieder bei jenen Trauernden ein, die ihre Kondolenz abgeschlossen haben. Der Regen prasselt gleichgültig auf alle hinab, die Lebenden wie die Toten.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 20.09.2017 | 19:30
FRIEDHOF WANNSEE

Die mumienhafte Hand Hieronymus' hebt sich langsam von der Armlehne seines Rollstuhls. Sein Zeigefinger deutet den Friedhofsweg entlang, den die meisten von Euch vermutlich gekommen sind.

"Meine." Seine Stimme ist dünn und erscheint heiser. "Herrschaften ich habe mir erlaubt einen. Leichenschmaus im Hause. Meines Bruders richten. Zu lassen."

"Wir würden. Uns ..." Er blickt zu Elfi hoch, die seinen Blick mit einem Nicken beantwortet. "... sehr freuen. Wenn Sie. Uns noch die Ehre erweisen. Würden Sie bewirten zu dürfen so. Dass wir noch etwas in. Erinnerungen über meinen Bruder. Als Freund Akademiker und Mensch. Schwelgen können."

"Sollten. Sie bislang noch nicht. Die Ehre gehabt haben meinen. Bruder Zuhause besuchen zu. können die. Adresse lautet: Waldsee. Brücke 14 in Zehlendorf mit der. S-Bahn fahren. Sie Richtung Schlachten. See und steigen in Zehlendorf West. Aus dann gehen Sie etwa 100. Meter die Argentinische. Allee entlang in Richtung. U-Bahn Station Krumme. Lanke und biegen dann links in. Die Gasse ab."

"Wir erwarten. Sie dann in einer. Halben Stunde wenn es. Recht ist."

Er signalisiert dem jungen Mann hinter sich. "Beeile er. Sich Bastian zum. Automobil dieses ungastliche. Wetter hier fördert lediglich. Meine Arthritis."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 24.09.2017 | 19:49
FRIEDHOF WANNSEE

Ich beobachte Hans, wie er eine Rose und ein wenig Erde in das Grab fallen lässt. Auch wenn er sich nicht viel anmerken lässt, muss es doch schwierig für ihn sein, seinen Freund und Kollegen verloren zu haben. Dann tue ich es ihm gleich und kondoliere der Familie, bemüht nicht nur die üblichen Floskeln wiederzugeben, sondern auch Anteilnahme zu zeigen. Dann hänge ich mich bei Hans ein.

"Wollen wir aufbrechen?", erkundige ich mich nach der Einladung zum Leichenschmaus bei mit gedämpfter Stimme bei Hans. Ich möcht ihn keinesfalls drängen, freue mich aber schon auf das trockene Automobil.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 25.09.2017 | 09:04
FRIEDHOF WANNSEE

Ich schaue noch einen Moment in die Ferne, dann holt mich die Stimme meiner Frau zurück in die Gegenwart. "Aber sicher. Wir fahren sofort. Ich kenne den Weg." Ich wirkte etwas abgelenkt, setze mich aber in Bewegung. Schließlich steht niemand gern lange im Regen. Ein letzter Blick über die Schulter zurück, dann bleibt der Freund allein in der nassen, kalten Erde zurück.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 25.09.2017 | 19:52
FRIEDHOF WANNSEE

Ein leichter Wind kommt auf und trägt einige Blätter heran.
Die Blätter sind gelb wie Zitronen. Ahorn. Der Herbst ist da.

Eine schwarze Katze rennt schnell über den Kiesweg auf dem Friedhof und kreuzt Euren Weg.
Sie verschwindet in einem Gebüsch, aus dem sogleich ein klägliches, hohes Fiepen zu hören ist.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 25.09.2017 | 23:11
FRIEDHOF WANNSEE

"Wie passend."

Sagte ich leise. Dann geleite ich meine Frau zum Parkplatz und halte Ausschau nach dem Fahrer.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 25.09.2017 | 23:28
VOR DEM FRIEDHOF

Ich stehe steif neben dem Wagen und halte meinen Schirm.

Das Automobil des Professors ist ein Mercedes W03
Obere Mittelklasse - Baujahr '27 - 55 PS - 105 km/Std
https://mercedesbenzblogphotodb.files.wordpress.com/2009/03/innovative-engines-first-mercedes-knight-developed-in-1909-6.jpg (https://mercedesbenzblogphotodb.files.wordpress.com/2009/03/innovative-engines-first-mercedes-knight-developed-in-1909-6.jpg)

Natürlich wäre es einfacher, in dem Wagen zu warten, doch erschiene es mir ungehörig, bequem im Trockenen zu sitzen, während die Herrschaft mit Matsch an den Füßen im Regen steht. Außerdem habe ich von dieser Position einen guten Blick auf die Trauernden, wenngleich zu weit entfernt um etwas von den gesprochenen Worten zu verstehen oder Details zu erkennen. Aber auch so erscheint die Gruppe als ein elender und ein wenig skurriler Haufen, wie sie dort im Regen steht.

Ich kannte den Verstorbenen nur vom Sehen, nur flüchtige Begegnungen, wenn ich den Professor zum Institut gebracht oder von dort abgeholt habe. Ich glaube nicht, dass der Verstorbene mich auf der Straße wiedererkannt hätte. Ansonsten beschränkt sich mein Wissen über den Verstorbenen auf Unterhaltungen der Herrschaft im Font. Die Stimmung der Lohensteins ist mir in Wahrheit unangenehmer als die Tatsache der Beerdigung. Der Umstand, dass ein Mensch gestorben ist, lässt mich relativ unberührt. Zu viele Menschen habe ich schon sterben sehen. Seit dem Krieg ist es mir unangenehm, mit der Trauer anderer konfrontiert zu werden. Mir scheint dieses Gefühl irgendwann zwischen 1914 und 1918 abhanden gekommen und einer Mischung als Sarkasmus und Resignation gewichen zu sein.

"Nun stehen sie da mit betretenen Gesichtern, als hätte niemand damit rechnen können ... als stünde uns nicht allen dieses Schicksal kurz bevor. Er ist tot. Ein beschauliches Ende im Vergleich zu dem, was ich gesehen habe. Wen überrascht's? Wen kümmert's? Das Leben geht weiter! Und morgen werden weitere Menschen geboren und andere sterben ... und Trauergäste werden an ihren Schuhen klebrige Erdklumpen vom Friedhof tragen, die von den Überresten der Menschen durchsetzt sind, die Generation um Generation hier verscharrt hat. Und keiner von ihnen wird sich Gedanken darüber machen, wen oder was er da gerade auf der Fußmatte abtritt und mit sich nach hause fahren lässt.

Ich schüttele leicht den Kopf. Dann setzt sich die kleine Gruppe der Trauergäste in Bewegung. Ich klappe meinen Schirm zusammen und lege ihn in den Wagen, um die Hände frei zu haben. Nur so kann ich die Schirme der Herrschaft in empfang nehmen. Dem Regen, der nun in meinen Nacken rinnt, schenke ich keine Beachtung. Dann kontrolliere ich den Sitz meiner Mütze und setzte beflissen eine betroffene Miene auf. Meine Hand ruht auf dem Türgriff, um der gnädigen Frau Professor flugs die selbige zu öffenen, sobald sie den Wagen erreicht.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 26.09.2017 | 22:39
VOR DEM FRIEDHOF

"Vielen Dank!", antworte ich Herrn Hempel, als dieser die Türe aufhält und bemühe mich, trotz der bedrückten Stimmung um ein kurzes Lächeln. Es ist nicht leicht, heutzutage gutes Personal zu finden und so ist es mir wichtig, Herrn Hempel respektvoll und dankbar zu begegnen.

Froh, dem Regen entkommen zu sein, nehme ich den Hut ab und lasse ich mich in den Sitz gleiten. Die seidenen Handschuhe ziehe ich aus, um die Hände aneinanderreiben und wärmen zu können. "Wir sind zum Leichenschmaus eingeladen", informiere ich dann Herrn Hempel, "Wären Sie so gut uns in die Waldseebrücke 14 in Zehlendorf zu bringen?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 27.09.2017 | 10:40
VOR DEM FRIEDHOF

Ich deute eine leichte Verbeugung an. "Sehr gerne, Frau Professor!"

Nachdem auch der Professor im Fond neben seiner Gattin Platz genommen hat, eile ich um den Wagen auf die Fahrerseite, um ebenfalls dem Regen zu entkommen.

Der gut gepflegte Motor startet anstandslos und befriedigt nehme ich das Motorengeräusch zur Kenntnis. Ich warte ab, bis die nahen Angehörigen den Parkplatz verlassen haben, um nicht vor ihnen am Zielort einzutreffen. Die Trauergäste haben sich verstreut. Alleine der ältere Herr, der den Abmarsch der Trauergemeinde angeführt hat, zetert nahe unserem Wagen noch herum. Ich bin froh, im richtigen Wagen zu sitzen und beneide meinen Kollegen nicht. Auf mich wartet gleich eine beschauliche Pause im Wagen ... vielleicht versuche ich mein Glück sogar in der Gesinderstube des Gastgebers... Es dauert eine Weile, bis der ältere Herr endlich in seinen Wagen verfrachtet und der Rollstuhl verladen ist. Dann rolle ich hinter dem anderen Automobil in Richtung Straße. Wir lassen den Parkplatz verlassen hinter uns. Und selbst auf dem Friedhof gehen bei diesem Wetter vermutlich nur noch die Totengräber ihrer Arbeit nach, bevor das Grab vom Regen geflutet wird.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 28.09.2017 | 13:53
IM AUTOMOBIL

Ich verbringe die Fahrt schweigend neben meiner Frau und warte auf die Ankunft.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 28.09.2017 | 19:48
IM AUTOMOBIL

Das Innere des Automobils ist behaglich.
Weiche Ledersitze. Das Faltdach hält den Regen ab. Dennoch ist es im Wagen leicht kühl.

Der Regen prasselt nach wie vor vom Himmel, als würde auch er um den Professor trauern.

Anton ist ein äusserst geübter Fahrer.
Kaum merklich fährt er an und der Wagen gleitet sogleich geschmeidig durch die Strassen.
Der Motor surrt und brummt zuverlässig in einem sonoren, beruhigenden Ton.

Mit der Zeit wärmt der Motor den Innenraum ein wenig.
Die gute Federung der Limousine der Oberen Mittelklasse macht das Kopfsteinpflaster der alten Strassen fast vergessen.

Schliesslich ein leichtes Quietschen der Bremsen, verknüpft mit einem leichten Nicken Eurer Köpfe. Anton dreht sich zu Euch um.
"Waldseebrücke 14. Wir sind da, die Herrschaften."

Flink und behende gleitet der grosse Mann vom Fahrersitz und hat umgehend den Schirm aufgespannt. Diesen mit links haltend, öffnet er mit der Rechten die Tür zum Font.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 28.09.2017 | 23:01
VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS

Das Haus - Waldseebrücke 14 - in Zehlendorf liegt am Rande der Stadt. Zwar ist die geschlossene Bebauung einengend, doch die Lage ist fast schon als idyllisch zu bezeichnen.

Das Licht der Sonne scheint durch die Wolken hindurch und über die Dächer der gegenüber liegenden Häusern auf die Strassenseite mit den geraden Hausnummern hinweg. Der Regen lässt nach, während sich die Strahlen der Sonne im Glas der Fenster spiegeln.

Ein Regenbogen ist am Himmel zu sehen.

Nasses Moos glänzt in den Fugen zwischen den Pflastersteinen und der Hausmauer. Das Haus scheint etwas vernachlässigt. Einzelne Dinge fallen auf. Nur hier und dort. Aber es fällt auf, wenn man hinschaut. Die Summe macht es.

Das Emaille-Schild mit dem Namen 'von Eisenstein' ist eingedellt.
Rostflecken auf der Klingel. Kleine bis mittelgrosse Löcher im Putz des Mauerwerks.
Das Glas der Fenster in den Ecken bräunlich verfärbt. Die Fensterrahmen. Abblätternde Farbe.

Eine Spinne hat ihr Netz gewoben. Genau vor der Eingangstür. Vom Mauerwerk der einen Seite zu dem der anderen Seite. Auf Brusthöhle ist das Zentrum des Netzes, in dessen Mitte eine fette Kreuzspinne auf Beute lauert. Vielleicht die letzte Beute vor dem Winter.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 29.09.2017 | 00:06
VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS

Das Glas der Autoscheibe reflektiert ein wenig und Agathe nutzt das verschwommene Spiegelbild um grob ihr Aussehen zu prüfen. Dann steigt sie aus dem Auto, bemüht allen Pfützen auszuweichen und blickt sich unauffällig um. Es fällt auf, dass das Haus ein wenig heruntergekommen ist, was Agathe aber nicht weiter aufstößt. Ihr geht es schließlich selbst oft so, dass sie so in ihrer Recherchen vertieft ist, dass sie nicht genügend Aufmerksamkeit für den Haushalt bleibt.

Agathe lächelt Hans an, bevor sie sich bei ihm unterhakt.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 29.09.2017 | 10:33
VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS

Nachdem der Professor mir den Schirm abgenommen hat, rücken die beiden darunter zusammen. Der Regen scheint mir ein willkommener Vorwand für diese kleine Idylle. "Ja, ja, heile Welt ... Fehlt nur noch das Trappeln kleiner Füßchen!", denke ich verdrießlich, ohne eine Miene zu verziehen. Dann wende mich von diesem Bild der Eintracht ab. Als ich mir sicher sein kann, dass die beiden sich nicht mehr zu mir umwenden werden, setze ich mich wieder in den Wagen.

Mit Enttäuschung betrachte ich das Haus. Weil die Vernachlässigung offensichtlich schon länger Einzug gehalten hat, gibt es für den Zustand des Hauses zwei mögliche Erklärungen: "Entweder das Haus hat kein ausreichendes Personal ... oder das Personal ist sich selbst überlassen und sich seit langem sehr sicher, dass sich an diesem Zustand auch nichts ändern wird." Beide Optionen stimmen mich nicht hoffnungsfroh, meinen Plan in die Tat umsetzen zu können: Hier an ein Tässchen Kaffee, ein Stück Kuchen mit guter Sahne und einen netten Plausch mit dem jungen Gemüse zu kommen, dürfte schwierig werden ... ganz zu schweigen von einem kleinen Blonden im einen oder anderen Sinne ...

"Ich frage mich, ob dies das Haus des Verstorbenen oder des Rädelsführers in dem Rollstuhl ist? In jedem Fall dürften jetzt die letzten Minuten für die ... wie sagt man noch ... 'Contenance' ... angebrochen sein. Wer zu lange Bescheidenheit und Zurückhaltung heuchelt, der wird leer ausgehen. Alle sitzen jetzt wie die Geier um einen Kadaver im Kreis und beginnen, die Filetstücke ausfindig zu machen, um sich in die beste Ausgangsposition zu bringen, bevor das Hauen und Stechen beginnt. ... 'Er hat ja immer gesagt, die goldene Taschenuhr soll ich einmal bekommen.' 'Wir standen uns ja sooo nahe!' ... Dilettanten! ... Würde ich dazugehören, gäbe es jetzt schon keine Filetstücke mehr ... jedenfalls keine, die man tragen kann."

Ich beobachte die eintreffenden Gäste und wie sie einer nach dem anderen durch die Haustür verschwinden. "Jetzt macht hinne da!"

Als kein weiterer Gast mehr in Sicht ist, mache ich mich auf den Weg. "Wer weiß schon, wieviel Zeit mir bleibt?" Ich entscheide mich dagegen, den Regenschirm mitzunehmen. Wenn ich im Regen stehe, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, schon an der Tür abgewiesen zu werden. Auf der Straße vergewissere ich mich noch einmal, ob alle Gäste im Haus verschwunden sind. Dann mache ich mich zufrieden auf die Suche nach dem Dienstboteneingang. "Versuch macht klug!"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 29.09.2017 | 20:43
VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS

Links von der Eingangstür ist ein vergittertes Kellerfenster, genau auf Höhe des Trottoirs.

Daneben eine Öffnung, verschlossen durch eine Eisenplatte, mit Scharnieren am unteren Ende - vermutlich die Kohle Schütte.

Noch weiter links davon befindet sich eine einfache Tür, mit einer im Mauerwerk eingelassenen Zugklingel, die Du betätigst. Nichts an dieser Tür deutet auf einen etwaigen Bewohner hin.

Das Fallrohr der Rinne scheint verstopft und so stürzt das Wasser in einen dicken Strahl an einem Knick der Dachrinne von oben herab, drei Stockwerke tief, platschend auf das Pflaster vor der Tür.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 30.09.2017 | 13:25
VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS

Ich zögere kurz. Die Tür hat keine Klinke ... Hier bleiben kann ich auch nicht, ohne in kürze völlig durchnässt zu sein. Also zucke ich resigniert die Schultern, schlage den Kragen hoch und gehe zurück in den Wagen.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 30.09.2017 | 16:22
IM TREPPENHAUS

Die ältere Frau, die ihr bereits auf dem Friedhof gesehen habt, öffnet Euch die Tür und bittet Euch ins Haus.
"Herzlich Willkommen, die Herrschaften. Treten Sie bitte näher,"

Dann nimmt sie Euch Eure Mäntel ab und hängt diese an die Garderobe. Danach führt sie Euch eine Treppe hinauf in den Salon.
"Hier entlang. Bitte folgen Sie mir in den Salon. Die Familie erwartet Sie bereits."

Der Tisch dort ist festlich gedeckt. Es gibt Kaffee, Tee, Semmeln mit Käse oder Wurst, Gebäck und Obst.

All jene, die auf dem Friedhof anwesend waren, sind auch hier versammelt.

Die mumienartige Gestalt im Rollstuhl bietet Euch einen Platz an. "Bitte nehmen Sie doch Platz." krächzt er in heiserem Tonfall. Er deutet auf den Tisch. "Und bedienen Sie sich bitte. Wenn es Ihnen an etwas fehlen sollte, kommen wir gerne Ihren Bedürfnissen nach." Er deutet auf die ältere Frau, die Euch geöffnet hatte. "Trudi wird für Ihr Wohl sorgen."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 1.10.2017 | 10:51
IM TREPPENHAUS

"Vielen Dank!", antworte ich der älteren Dame, als diese den Mantel abnimmt und bedenke sie mit einem warmen Lächeln. Dann folge ich ihr an Hans Seite zum Salon, wobei ich mich unauffällig umblicke. Macht das Haus hier drinnen einen gepflegteren Eindruck? Gibt es Einrichtungsgegenstände, die auf die Interessen der Bewohner schließen lassen? Schon begeben sich meine Gedanken auf Wanderschaft, stellen sich vor, wer hier wohl lebt und wie Räume hinter den geschlossenen Türen, an denen wir vorbeikommen wohl aussehen.

Im Salon angekommen, brauche ich einen Augenblick, um all die Eindrücke zu verarbeiten. Ich versuche zu erkennen, ob die anderen Anwesenden auch schon am Friedhof waren. Offensichtlich ist unser Wagen doch nicht so schnell, wie ich immer dachte.

Da ich die Familie des Verstorbenen nicht kenne, halte ich mich dann an Hans. Er wird wissen, wen wir wie zu begrüßen haben, bevor wir Platz nehmen.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 2.10.2017 | 13:53
IM SALON

Ich gehe mit meiner Frau zu der engsten Familie des Verstorbenen und bedanke mich höflich für die Einladung. Nachdem das geschehen ist, nehmen wir an dem gedeckten Tisch Platz.

Es plätschert leise Kaffee in Prozellan und das Klackern der Löffel gegen die Tassenränder klingt in der merkwürdigen Stimmung des Raumes ungewöhnlich laut. Ich traue mich kaum die Tasse zu heben, nachdem Zucker und Milch verrührt sind.

Da ich erwarte, dass der Sohn des Verstorbenen einige Sätze sagt, nachdem nun alle Trauergäste eingetroffen sind, warte ich ab, was als nächstes passieren wird.

Leise sage ich zu Agathe.
"Ich wusste gar nicht, dass der arme Mann keine Haushälterin hat. Er sah immer so adrett aus. Was wohl aus dem Haus nun wird?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 2.10.2017 | 23:07
IM SALON

Ich begleite meinen Mann und spreche den Angehörigen mit gedämpfter Stimme ebenfalls meinen Dank für die Einladung aus. Als ich mich setze, werfe ich der älteren Dame auf dem Platz neben mir ein freundliches Lächeln zu. Irgendwie tut sie mir Leid, wie sie so alleine dasitzt und vor allem mit der Kaffeetasse vor sich beschäftigt zu sein scheint.

"Ich denke, die Dame, die sich uns als Trudi vorgestellt hat, ist die Haushälterin. Sie trug zwar noch das schwarze Sonntagsgewand, aber als Gattin hätte sie sich mir wohl mit vollem Namen vorgestellt, denke ich. Kanntest du die Familie eigentlich besser?", antworte ich Hans mit leiser Stimme.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 3.10.2017 | 17:42
VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS

Der Regen will nicht aufhören. Auf der Straße haben sich bereits große Pfützen gebildet. "Den Abend werde ich damit zubringen, die Schuhe zu putzen und den Wagen zu reinigen", denke ich missmutig. Andererseits gefällt es mir, den Wagen auch nach einem solchen Tag am nächsten Morgen blitzend aus der Garage zu fahren, als wären fleißige Heinzelmänner am Werk gewesen.

"Ich muss im Sichtweite des Wagens bleiben das ist klar." Ich verrenke mir den Nacken bei dem Versuch, die ganze Straße einzusehen und vielleicht doch ein Café zu entdecken. Aber die Straße wirkt so trübsinnig wie der Anlass unseres Besuchs. Eine Stadtvilla neben der nächsten. Kein Mensch auf der Straße.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 4.10.2017 | 17:38
IM SALON

Zu Agathe gewandt

"Ein wenig besser ja. Wir waren viele Jahre Kollegen. Hin und wieder haben wir nach unseren Kolloquien noch zusammen etwas getrunken. Zu Feiertagen auch Karten ausgetauscht."

Ich halte etwas inne und bekomme einen nachdenklichen Gesichtsausdruck. Dann ein schmales, kleines Lächeln."

"Wenn ich es mir so recht überlege, kannten wir uns wohl doch nicht so gut."

Etwas Wehmut schleicht sich in den Blick.

"Manchmal wünscht man sich, dass man die Zeit zurückdrehen kann, nicht wahr? Sich mehr Zeit nehmen würde. Da fragt man sich schon, ob die Welt wirklich so dringend auf den Aufsatz zur maximillianischen Thronabdankung gewartet hat."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 5.10.2017 | 23:00
IM SALON

"Ach Hans, sei doch nicht so trübsinnig.", antworte ich mit sanfter Stimme, "Du bist doch nicht nur Wissenschafter, sondern für viele auch ein guter Freund und mir ein wunderbarer Ehemann. Und natürlich sind deine Aufsätze bedeutsam!". Während ich spreche, streicht meine Hand sanft über Hans Hand.

Nur aus den Augenwinkeln bekomme ich mit, dass die ältere Dame neben mir vergeblich versucht, mit ihrer zittrigen Hand die Zuckerschale zu erreichen. "Kann ich Ihnen helfen?", erkundige ich mich sogleich und reiche der Frau die kleine Porzellanschüssel. Von dem einen Löffel Zucker, den die Dame nimmt, erreichen die meisten Körner ihr Ziel und der wenige verstreute Zucker ist auf der weißen Tischdecke kaum zu erkennen. "Verzeihen Sie.", spreche ich sie dann nochmals an, nachdem sie fertig ist, "Aber ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Agathe Lohenstein, und das ist mein Mann, Professor Hand Lohenstein. Mein Beileid."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 6.10.2017 | 00:30
IM SALON

"Vielen Dank, Frau Lohenstein."

Ein leichtes Lächeln huscht über das Gesicht der Witwe, ohne dass sie Dich dabei anschauen würde. "Sehr liebenswürdig von Ihnen."

"Ich bin seit dem Tod meines Mannes recht zittrig und fahrig geworden."
Sie rührt mit unsteter Hand den Löffel in der Tasse hin und her. Wieder. Wieder. Und wieder. Gedankenverloren. Völlig mitgenommen.

"Wissen Sie..." Sie schaut Dir diesmal direkt in die Augen und Du siehst, wie ihre Augen glänzen und dass sie rot gerändert sind. "Es kam alles so schrecklich schnell... So unerwartet. Ich denke manchmal, dass... dass ich ihn noch spüren könnte... Ich glaube fast, er käme gleich aus dem Nebenzimmer. Ich... ich habe das Gefühl verrückt zu werden."

Einige Meter entfernt fällt etwas klappernd zu Boden und Frau von Eisenstein fährt unwillkürlich zusammen. Tee schwappt aus der Tasse auf den Unterteller. Fast entschuldigend schaut sie zu Dir auf. "Und ich bin äusserst schreckhaft geworden... trotz der... der Beruhigungsmittel, die mir der Arzt verschrieben hat."

"Mein Mann sagte immer, wenn wir eine Sternschnuppe sahen, ich solle mir etwas wünschen. Ich solle es aber aussprechen, damit er es auch erfüllen könne." Wieder lächelt sie. Aber mehr in sich hinein und fängt dann zu schluchzen an.

Sie holt mit einer Hand ein Taschentuch aus ihrer Handtasche, um sich ihre Tränen zu trocknen, wobei sie die Tasse schlecht abstellt, diese vom Tisch rutscht und klirrend auf dem Parkett zerspringt.

"Verdammt... Verdammt... Verdammt." Sie springt wie von der Tarantel gestochen auf, fasst sich mit beiden Händen an die Wangen und schüttelt den Kopf. "Neeein. Ich d...r...e...h...e noch durch." Und rennt schnell aus dem Zimmer.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 6.10.2017 | 19:57
IM SALON

Ich lege der alten Dame sanft die Hand auf die Schulter und hoffe, dass dies eine beruhigende Wirkung auf die ausübt. "Aber das ist doch nur verständlich.", antworte ich mit einem aufmunternden Lächeln, als sie über ihre Schreckhaftigkeit erzählt und lege die Serviette, die noch unberührt neben meinem Teller liegt, möglichst unauffällig auf den übergeschwappten Tee.

Als die Dame aufspringt, eile ich ihr hinterher. Da ich sie nicht zu fest anpacken möchte, gelingt es mir erst im nächsten Raum, die Frau einzuholen. "Es ist alles gut! Keine Angst, Sie sind hier sicher und es kann Ihnen nichts passieren. Das sind bloß die Nerven, die einem manchmal einen Streich spielen.", rede ich mit beruhigender Stimme auf die Frau ein, während ich sie in die Arme geschlossen festhalte.

Unwillkürlich ermöglicht mir diese Position einen guten Blick in den Raum, in dem sich neben einem Klavier und mehrernen Bücherregalen auch mehrere Bilder an der Wand befinden. Obwohl es mir unangenehm ist, mich in diesem Raum aufzuhalten, in den man mich nicht eingeladen hat, ist meine Neugier doch stark genug, um letztere genauer zu betrachten. Es handelt sich um Bleistiftzeichnungen, die wohl vor vielen Jahren ein durchschnittlich begabter Künstler von den Familienmitgliedern angefertigt haben dürfte.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 7.10.2017 | 11:45
IM WOHNZIMMER

Der Raum, in dem Du Dich befindest, weist einige Lücken in den Regalen auf. Hier wurden Werke entnommen, die verbleibenden Bücher wurden jedoch nicht wieder zusammen gerückt, um die Einheit wieder herzustellen. Verbliebene Lücken wurden teilweise durch jetzt schräg stehende Bücher und nur notdürftig geschlossen.
Im rechten Eck des Zimmers steht ein Lesepult mit einem aufgeschlagenen Buch darauf.
Im linken Eck des Zimmers befindet sich ein, bequem aussehender, Ledersessel mit einer Füssablage. Daneben steht ein einbeiniger, runder Rauchertisch mit grüner Marmorplatte.

An der Wand, vor dem Fenster neben dem Sessel, befindet sich eine krautige Pflanze mit wirklich grossen Blättern. Eine robust aussehende Pflanze mit langen Luftwurzeln. Die dunkelgrünen Blätter haben die Grösse der Sitzfläche eines Sessels und ziehen sich nicht nur über die Wand, sondern verlaufen auch unter der Decke entlang, fast bis zur gegenüber liegenden Wand. Die Blätter sind herzförmig und fiederspaltig, was den Blättern einen klauenähnlichen Eindruck verleiht.

"Hier habe ich ihn gefunden..." Sie deutet auf den Sessel. "Er hatte mit der Post ein kleines Päckchen von seiner Tochter erhalten..." Sie schluchzt. "Er hat sich so über eine Nachricht von ihr gefreut... und dann... und dann... dann war er plötzlich tot."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 7.10.2017 | 13:19
IM SALON

Hieronymus gibt Bastian ein Zeichen und dieser schiebt den Rollstuhl an. Leonhardt folgt den beiden.
"Herr Lohenstein? Professor?"

Der Pastor kommt Dir in seinem Rollstuhl fast ungebührlich nahe. Er hebt mahnend die mumienhafte, rechte Hand mit dem gestreckten Zeigefinger.
Seine Gesichtshaut ist unnatürlich glatt für sein Alter. Ohne Falten spannt sie sich straff über den Schädel wie ein gewachstes Pergament. Fast durchscheinend.
"Es ist sicher. Ganz sicher. Nicht. Der richtige Zeitpunkt. Wir müssen mit Ihnen. Dringlichst reden."

Seine Stimme ist jetzt kräftiger, aber dennoch leise und noch immer kratzig.
"Sie glauben. Sicherlich, dass Sie meinen. Bruder kannten. Aber vermutlich taten Sie das. Nicht wirklich. Mein Bruder. War kein. Guter Mensch."

Leonhardt, der älteste Sohn des Toten, nickt mit gesenktem Kopf.

Die Lippen des Pastors sind schmal. Zu schmal für seine Zähne, so dass man annehmen könnte, er würde entweder lächeln oder die Zähne fletschen.
"Verstehen Sie. Mich nicht falsch."
Seine Augen glänzen und sind hellwach. Sie huschen über Dein Gesicht, als würden sie jegliche Emotion, jedwede Regung registrieren.

Ein bösartiges Zucken entsteht kurz in seinem linken Mundwinkel. Dann ist es verschwunden.
"Er war. Auch kein schlechter Mensch."

Verächtlich stülpen sich die Lippen des Mannes nach vorne und eine Strähne seines langen Haares fällt ihm ins Gesicht.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 8.10.2017 | 11:58
IM WOHNZIMMER

"Es tut mir sehr Leid, dass Sie das miterleben mussten.", antworte ich mir sanfter Stimme und streiche der Frau beruhigend über den Rücken. "Hat Ihn die Nachricht seiner Tochter vielleicht so sehr aufgeregt, dass er sein Herz nicht mehr wollte?"

Dann deute ich auf eine der Zeichnungen, die ein junges Mädchen mit frechem Blick und Sommersprossen auf der Nase zeigt. "Ist das Ihre Tochter?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 8.10.2017 | 14:57
IM WOHNZIMMER

"Was?" Elfie erzittert und zuckt unwillkürlich zusammen, als Du sie berührst, so dass Du erschrickst. Die Witwe scheint noch immer überaus tief in der Vergangenheit gefangen zu sein.

"Was meinen Sie?" Die Witwe ist anscheinend doch sehr, sehr verwirrt.

Der Tod des Professors muss sie tief erschüttert haben. "Welche... Welche Nachricht?"

"Da war keine... Nachricht."

"Als wir meinen Phillip fanden, sass er... zusammengesunken... in seinem Ledersessel. Am Boden das Packpapier und die Verpackungsschnur."

"Und auf seinem Schoss... eine einfache, geschnitzte Kiste... eine... primitive Schatulle."

Dann, nach einer Weile. "Nein. Das ist nicht meine Tochter. Phillip hat eine Tochter mit seiner ersten Frau. Das ist sie. Ein Jugendbildnis von ihr. Phillip's Tochter arbeitet schon seit Jahren als Missionarin auf einer Inselgruppe vor Siam."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 9.10.2017 | 17:32
IM SALON

Ich scheine aus einer Überlegung aufzuschrecken und jetzt erst den ganzen Tumult um mich herum zu bemerken. An den Pastor im Rollstuhl gewandt sage ich

"Was genau meinen sie damit?"

Die körperliche Nähe verursacht mir anscheinend Unwohlsein und ich rücke etwas ab. Ein Hauch von Ärger geht über mein Gesicht.

"Drücken sie sich etwas deutlicher aus, bitte."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 9.10.2017 | 23:15
IM SALON

"Was. Ich damit meine? Sie." Ein leicht verächtliches Lächeln umspielt die dünnen Lippen des mumienhaften Pastors. "Kannten ihn wohl doch. Nicht so. Gut wie Sie."

"Meinen. Wie könnten Sie. Auch mein." Seine Augen funkeln böse. "Bruder war genial. Als Gelehrter ein. Selbstdarsteller mit dem Hang. Zur Blendung. Und puren. Egoismus."

Seine dürre Hand streicht die Haarsträhne zurück. "Einige wesentliche. Ideen und. Erkenntnisse waren. Nicht die seinen geborgt. Geliehen. Gestohlen könnte. Man auch sagen. Geistiger Diebstahl. Sozusagen."

"Und er hat das. Glück. Der Familie seinen. Wissenschaftlichen Interessen. Immer untergeordnet."

Ein Zischen wie von einem Teekessel kommt zwischen seinen Zähnen durch. Und schüttelt enttäuscht den Kopf. "Mein Bruder war. Ein kluger Kopf doch. Ohne. Herz."

"Sein Sohn." Der Kopf des Pastors nickt in Richtung Leonhardt. "Ist kein reicher. Mann. Der aber harte Arbeit. Leistet." Die Stirn des Pastors glänzt, als sei sie mit Butter bestrichen.

"Seine Elfi. Wird nicht viel. Erben Hypotheken Sie verstehen? Seine beiden. Anderen. Kinder werden noch. Weniger erhalten."

Er reibt seine wachsartigen Hände. "Lydia ist in. Indochina Hubertus. In Griechenland. Sie wissen. Nicht dass. Ihr Vater tot. Ist und fast sein. Gesamtes. Geld in einer öde. Sternwarte versenkt hat er. Hat damit zwei. Russen unterstützt dieser. Mann hinter mir am. Tisch, der mit der. Grauen Fliege hat. Auch viel. Geld hinein gesteckt er ist. Ein alter Freund meines. Bruders aus Tagen. Der Studienzeit. Karl. Joseph Blumberg ein. Freizeit Astronom." Erneut funkeln die Augen des Pastors böse.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 9.10.2017 | 23:58
IM WOHNZIMMER

Die gerahmte Zeichnung der Frau zeigt das Bildnis eines sehr attraktiven Menschen.

http://view.stern.de/de/rubriken/menschen/portrait-frau-available-light-schwarz-weiss-sommersprossen-natuerlich-original-2463311.html (http://view.stern.de/de/rubriken/menschen/portrait-frau-available-light-schwarz-weiss-sommersprossen-natuerlich-original-2463311.html)
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 11.10.2017 | 00:25
IM WOHNZIMMER

Agathe blickt sich im Raum nach einer Sitzgelegenheit um. Die alte Dame wirkt, als könnte sie jeden Augenblick zusammenbrechen. Doch außerdem dem Ledersessel, in dem der Tote gefunden wurde, scheint es keinen Sessel zu geben. Kurzerhand holt Agathe daher den Schemel vor dem Klavier und stellt ihn hinter der Frau ab. "Kommen Sie, setzen Sie sich.", redet sie auf die Frau ein und stützt diese gleichzeitig, während sie Platz nimmt. Dann rafft Agathe ihren Rock und hockelt sich vor der Dame hin, sodass die beiden Frauen wieder auf Augenhöhe miteinander sprechen können. Wieder ergreift Agathe die Hand ihres Gegenübers: "Die Tochter ihres Mannes hat also eine Holzschatulle geschickt? Womöglich gar aus Siam? Wissen Sie, was sich darin befand? Oder sollen wir uns das Teil einmal gemeinsam ansehen?" Agathe versucht, ihrer Stimme Zuversicht zu geben und viel zu lächeln, um die Frau ein wenig aufzumuntern.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 11.10.2017 | 08:36
IM WOHNZIMMER

An der Wand neben dem Klavier hängt eine Fotografie - eine Gruppe Männer.
Die vier stehen vor einer Sternwarte. Darunter der Professor. Und auch ein Mann, den Du auf der Beisetzung gesehen hast und der sich auch hier im Haus befindet. Der Mann mit der grauen Fliege. Der Mann, den Elfi auf dem Friedhof Kajo nannte.
Alle auf dem Foto scheinen bester Laune zu sein und die beiden anderen halten eine Zeitung hoch.

Während Du nachdenkst, hörst Du Elfis Stimme. "Sie glauben doch nicht etwa...? Nein, das kann nicht... Denken Sie etwa...?" Elfi ist aufgeregt. "Das wäre doch schrecklich."

Sie ruft nach Trudi. "Haben wir das Verpackungsmaterial des Päckchens bereits verbrannt? Und hol bitte auch die kleine Kiste." Die Haushälterin kommt mit Packpapier, Schnur und Kästchen zurück.

Völlig unbedarft greift Elfi nach der groben Schatulle und öffnet diese. "Es ist leer." Sie richtet die geöffnete Schatulle in Deine Richtung. "Sehen Sie? Leer. Nichts drin. Absolut LEER. Nur eine schlichte, kleine Kiste."

Elfi erscheint aufgebracht, macht grosse Augen, schnappt nach Luft, verdreht ihre Augen und kippt nach hinten.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 12.10.2017 | 23:53
IM WOHNZIMMER

Neugierig betrachte ich das Bild mit der Sternwarte und versuche zu erkennen, wo sie liegt. Während einige meiner Bekannten Dutzende Sternbilder erkennen, blieb der Himmel für mich jedoch immer ein einziges großes Durcheinander, sodass ich weder mit Sternwarten noch mit Astrologie sonderlich vertraut bin, obwohl ich bei meinen Nachforschungen schon öfter von Völkern oder Gruppierungen las, die den Sternen große Bedeutung zu kommen lassen. Gerade will ich Elfi nach dem Hintergrund des Bildes fragen, da ruft diese auch schon nach ihrer Haushälterin.

Neugierig blicke ich in die Schatulle, bevor sich mein fragender Blick auch schon Elfi zuwendet, die jedoch just in disem Augenblick kollabiert. Ich fange sie gerade noch auf, wie sie von Schemel gleitet, lege sie auf den Boden hin, die Beine auf dem Klavierhocker. "Holen Sie ein Glas Wasser und einen Arzt!", erkläre ich der Haushälterin und versuche, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Unterdessen halte ich Elfis Kopf und versuche zu spüren, ob sie noch atmet. Ich habe zwar keine Ahnung von Erster Hilfe, hoffe aber einfach, dass es sich nur um eine kurzfristige Ohnmacht handelt. Während ich darauf warte, dass Hilfe eintrifft, nütze ich die Gelegenheit, um mir die Schatulle und das Verpackungsmatieral noch einmal genauer anzusehen. Womöglich ist sogar ein Absender darauf zu erkennen?
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 13.10.2017 | 08:49
IM WOHNZIMMER

Die Buchstaben sind gut-leserlich mit Kohle auf dunkel-braunem Packpapier geschrieben worden, wohl aber ist die Schrift leicht verwischt. Die Verpackungsschnur wurde aus Fasern geflochten und ist durchgeschnitten worden. Die Adresse lautet...

विशेष कार् कुष्ठ रोग
Leprosy Mission
Port Blair
British Raj राज

Das Papier fühlt sich dick und grob-faserig an - beinahe wie raue, alte Haut. Und das Ganze verströmt einen intensiv-würzigen Geruch nach Gräsern, der angenehm aber aufdringlich ist.

Das Kästchen ist einfache Handwerkskunst. Holzstäbchen mit Streifen aus Bambus, jedoch hingebungsvoll verarbeitet und ... leer.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 13.10.2017 | 13:26
IM WOHNZIMMER

Trudi schlägt beide Hände vors Gesicht. "Oh nein. Doch nicht auch noch sie?"

Sie weicht von Elfi's Körper erschreckt zurück. "Gift? Ist es Gift? Nein. Ist sie auch tot?"

Schnell setzt sich Trudi in Bewegung. "Den Arzt holen! Ja, ja. Ich beeile mich." Sie wirkt fahrig, blickt verwirrt nach links und rechts. "Doktor Winterfeld anrufen. Den Doktor anrufen. Mach ich." Sie eilt gehetzt davon - durch die Tür, in den Salon. "Den Doktor anrufen."

"Die arme Frau. Jetzt hat es auch sie erwischt... wie den Professor." Im Salon entsteht ein Tumult. Unruhe. Fragen. Ein Durcheinander an Stimmen. Unverständliche Gerede. Und die Meute der Ahnungslosen setzt sich in Bewegung.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 13.10.2017 | 17:48
In Berlin hat es mittlerweile aufgehört zu regnen.

VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS

Die Haustür der Nummer 14 wird hastig aufgerissen.


Eine kleine, ältere Frau mit schulterlangen, gewellten, schlohweissen Haaren stürzt aus dem Wohnhaus heraus.
Sie trägt über dem schwarzen Rock und der schwarzen Bluse eine mit weissen Rosen geblümte Schürze und Filzpantoffeln an den Füssen.

"Einen Arzt, einen Arzt. Um Himmelswillen, wir benötigen einen Arzt."

Die Frau ist völlig ausser Atem. "Frau von... Eisenstein stirbt... So helfe uns doch jemand." Dann sinkt sie schluchzend auf ihre Knie.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 14.10.2017 | 18:27
VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS / IM WOHNZIMMER

Ich zögere einen Moment und sehe mich reflexartig um. Aber da sind keine Sanitäter hinter mir, die routiniert nach ihrer Ausrüstung greifen. Und auch auf der Straße ist niemand. "Einen Arzt? Verflucht, ich bin kein Arzt!", murmele ich, steige dann aber doch aus und begebe mich in zum Hauseingang.

"Hat hier in der Nachbarschaft irgendjemand Telefon?", frage ich die Frau in Filzpantoffeln im vorbeigehen. "Dann gehen Sie hin und rufen Sie einen Arzt. Vorerst sehe ich einmal nach der von Eisenstein." "... Und beim nächsten mal machste gefälligst den Lieferanteneingang auf, wenn man keinen Hund nich vor die Tür schicken würd!"

Hinter der Eingangstür trete ich mir sorgsam die Schuhe ab und lausche. Aufgeregte Stimmen weisen mir die Richtung. Nichts von dem, was ich auf meinem Weg sehe, lässt mich annehmen, die Außenfassade gäbe nicht zutreffend die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bewohner wieder. "Dieses Haus ist so tot wie sein Besitzer!", drängt sich mir der Eindruck auf. Zunächst ist es nur eine nüchterne Feststellung. Zuviel Tot habe ich schon gesehen, als dass mich der Gang durch ein bewohntes Mausoleum so leicht aus der Ruhe bringen könnte.

In dem Raum mit dem Leichenschmaus lasse ich meinen Blick seufzend über die Speisen streichen und merke, dass ich Hunger habe. "Du hast doch immer Hunger!", tadele ich mich selbst, indem ich meine Mutter zitiere, bevor ich resigniert weitergehe. Vor einem Zimmer drängen sich die Trauergäste und versuchen einen Blick durch die breite, zweiflüglige Tür zu werfen. "Was ist denn passiert?", frage ich laut, um auf mich aufmerksam zu machen und mir einen Weg durch die Menschen zu bahnen. Meine Statur und die Resonanz meines Brustkorbs ... vermutlich auch mein Gesicht ... können in solchen Momenten äußerst effektiv sein.

Als sich eine Gasse bildet und nicke ich dem Professor im Vorbeigehen zu. Die Frau Professor hockt neben der Frau "von und zu" und hält deren Kopf in ihrem Schoß. Die Haut der Hausherrin wirkt blass. Die Wangen eingefallen und glänzen feucht. Die Augen sind stark gerötet. Neben den beiden Frauen liege eine kleine Schatulle und Packpapier auf dem Boden.

"Wollen sehen, was wir hier haben!", sage ich ruhig, als ich neben die Frau Professor auf die Knie gehe. Ich sehe keine Grund, Aufregung zu heucheln. Dieses blasse Geschöpf am Boden vor mir bedeutet mir nichts. "Entweder ich kann ihr helfen oder sie passt perfekt in diese Gruft, die sie ihr Haus nennt, weil sie den Geruch nach Mottenkugeln und Tod schon lange nicht mehr wahrnimmt."

Ich entledige mich meiner Lederhandschuhe und fühle nach dem Puls der Dame. Zuerst an den Knöcheln ... dann am Hals. Nichts! "Verdammte Hände!", fluche ich in mich hinein. Doch mein ernstes Gesicht veranlasst irgendjemanden zu einem lauten Schluchzer. Ich frage die Frau Professor nach einem Taschenspiegel, den sie mir unverzüglich reicht. "Gold ... oder Silber vergoldet?", überlege ich, während ich das Glas unter die Nase der Frau von Eisenstein halte. ... ... ... Es dauert eine Weile, dann bildet sich ein schwacher Nebel auf dem kalten Spiegel.

"Sie atmet ...", sage ich laut "... noch", beende ich den Satz still für mich.

Ich setze alles auf eine Karte: Blutarmut ... Aufregung ... Trauerkleidung, die vermutlich aus jüngeren Tagen stammt. "Sie braucht Luft!", sage ich zu den Umstehenden. Öffnen Sie ein Fenster. Dann greife ich mir eine Fußbank und lege die Beine "meiner" Patientin darauf.

"Nun ... vielleicht ... es wäre hilfreich ...", stammele ich etwas unschlüssig. Das wäre nicht die erste Bluse, die ich öffne, allerdings nicht vor solchem Publikum. Wären ich alleine mit dieser Frau, so hätte ich mir nicht erst die Mühe gemacht, diese kleinen, perlenförmigen Knöpfe aufzunesteln ... Aber so wie die Dinge stehen. "Das schwarze Band um den Hals, der Kragen ... es ist alles etwas ... eng!", setze ich vorsichtig nach und blicke Agathe aus unziemlicher Nähe in die Augen, während deren Parfüm, der Geruch von Mottenkugeln, der dem Kostüm der Witwe entströmt, und ein dritter undefinierbarer Geruch eine verstörende nekrophile Verbindung von Leidenschaft und Verfall eingehen. ... Ein Gefühl von Beklemmung und Ekel ergreift mich unerwartet mit eiserner Hand. Es zwingt mich, den Kopf für einen Augenblick abzuwenden. Mit meinem erprobt ausdruckslosem Gesicht des dummen Riesen versuche ich meinen Widerwillen zu verbergen.

"Wenn Du jetzt auf die Witwe reiherst, kannst Du Dir gleich eine neue Stelle suchen! ... Atme durch den Mund!" Mein Blick streift flüchtig Portraitzeichnungen an den Wänden. Grau wie Geister in diesem sterbenden Haus verharrt der Reigen der farblosen Verwandten in gespannter Erwartung und beobachtet körperlos an der Tapete baumelnd das Geschehen. Gesicht für Gesicht ein Spektrum von Emotionen: Schadenfreude, Tadel, geifernde Lüsternheit, Mitleid, Kälte, ... Jedes Gesicht scheint das Geschehen auf eine eigene Weise zu bewerten.

"Vielleicht könnten Sie ... wenn wir den Raum verlassen ...?", zwinge ich mich erneut, Agathe anzublicken.

"Hat vielleicht eine der Damen Riechsalz?", frage ich laut in die Runde und blicke mich dabei zu den Gästen um. "Dir selbst täte auch eine Prise gut!"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 15.10.2017 | 19:01
IM WOHNZIMMER

"Was machen Sie hier?", rufe ich irritiert aus, als ich Anton erblicke, "Wir brauchen hier einen Arzt! Oder wollen Sie die Dame gleich in Spiel bringen?"

Rasche merke ich jedoch, dass ich Anton offenbar unterschätzt hatte. So deplaziert er in dieser Umgebung auch wirkt, er scheint zu wissen, was er tut. Ohne groß zu zögern, raffe ich meinen Rock und knie mich neben die alte Dame, um Anton zur Hand zu gehen, damit er nicht mit seinen rauen, dreckigen Fingern an der Kleidung der Dame herumnäseln muss. "Sie ist wohl nur ohnmächtig, kein Grund zur Sorge, erkläre ich derweil den umstehenden Personen. Da erblicke ich Trudi, die immer noch ganz nervös zu sein scheint. "Trudi, wenn sie uns bitte noch ein feuchtes Tuch und einen Polster bringen?", fordere ich sie auf, in der Hoffnung, das die Arbeit sie ablenkt.

Ich gebe wohl ein völlig lächerliches Bild ab, wie ich hier am Boden herumkrieche. Hoffentlich schadet das Hans nicht . Aber man muss doch der armen Dame helfen? Und vielleicht erzählt sie dann ja sogar noch mehr, über dieses merkwürdige Päckchen?
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 16.10.2017 | 13:27
IM WOHNZIMMER

Agathe Lohenstein stellt meine Selbstbeherrschung auf die Probe, als sie mich zunächst zur Rede stellt. Gelassenheit gehört nicht zu meinen Stärken ... eher im Gegenteil: Kleinigkeiten können mich zu unangemessenen Reaktionen verleiten. Doch hier gelingt es mir, mich auf ein Schnaufen beim Niederknien neben Frau von Eisenstein zu beschränken. Und während der Behandlung schwindet die kritische Haltung der Frau Professorin, was mein Gemüt beruhigt.

Ihr kritischer Blick auf meine Hände entgeht mir allerdings nicht. Ich schwanke zwischen dem Impuls, meine Hände hinter meinem Rücken zu verstecken, und der Neigung, Scham in Wut zu wandeln. Stattdessen nutze ich den Moment, um dem betäubenden Gemisch an Gerüchen zu entgehen, indem ich nach meinen Lederhandschuhen greife und ein paar Schritte zurückweiche, um mit der Gruppe gaffender Trauergäste zu verschmelzen.

Nun stehen wieder Agathe Lohenstein und Frau von Eisenstein im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Intensität, mit der die feinen Herrschaften mich von diesem Moment an NICHT mehr zur Kenntnis nehmen, scheint förmlich mit Fingern auf mich zu zeigen. Vermutlich erwartet man, dass ich nun gefälligst einen stillen Abgang mache.

"Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, ... . Nee, ihr feinen Pinkel! So nich' mit mir. So leicht mache ich es Euch nich' und trete einfach von der Bühne ab! Wollen erst sehen, ob ich zu hoch gepokert oder ins Schwarze getroffen habe. Vielleicht springt etwas für mich dabei heraus? Kannste nich' wissen!" Und so bleibe ich mit Unschuldsmiene am Rande der Gäste stehen ... mit dem Selbstverständnis eines Hotelpagen, der auf sein übliches Trinkgeld wartet, nur ohne geöffnete Hand. Stattdessen streife ich die Handschuhe sorgsam über: Die Erfahrung zeigt, dass Trinkgelder leichter fließen, wenn man nicht Gefahr läuft, den niedriger Gestellten direkt zu berühren. Meine Handschuhe sind nicht weiß, wie die eines Pagen, aber besser als nichts.

Den festen Willen der Umstehenden, mich keines Blickes zu würdigen, nutze ich für mich, um mein Umfeld zu mustern und mir ein Bild von den Anwesenden und dem Raum zu machen. Erneut betrachte ich die Zeichnungen an den Wänden, die nun - nachdem ich den Gerüchen entkommen bin - unschuldig wirken. Und doch erscheint mir der unbeteiligte Eindruck, den die Geister nun erwecken, trügerisch, nachdem ich einen kurzen Moment hinter die Fassade blicken konnte: hinterlistige, boshafte Geschöpfe, die durch gerahmte Fenster in den Raum blicken und die Lebenden gekonnt über ihre wahre Natur täuschen. Ich fühle mich belauert, als kauere irgendwo verborgen in den Schatten ein Raubtier bereit zum Sprung ... bereit die Beute zu verteidigen, die mitten im Zimmer verendend am Boden liegt.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 23.10.2017 | 17:38
VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS

Um mir nach stundenlangem Stehen am OP-Tisch wenigstens noch kurz die Beine zu vertreten, habe ich mich ein paar Blöcke entfernt von der Waldseebrücke absetzen lassen und marschiere nun mit schnellen Schritten durch den Regen. Den Regenschirm erhoben, darauf bedacht, meine polierten schwarzen Schuhe nicht von all den Pfützen durchnässen zu lassen. Ein aussichtsloses Unterfangen.

Trotzdem, Bewegung tut gut. Regen hin oder her. Ich hauche warme Luft in meine kühle Hand und stecke sie tief in die Tasche meines dunklen Wollmantels. Geburtstage, Taufen, Hochzeiten und nun auch Beerdigungen. Verpasst, zu spät gekommen, leider keine Zeit gehabt. Jaja, das Leben ist kurz, die Kunst ist lang... und die Pflicht geht immer vor.   Zum dutzendsten Mal muss ich in Gedanken zurück zur Magenoperation, deren Beendigung ich meinem jungen Assistenzarzt überlassen habe. Ich hoffe nur, dieser Schwachkopf Müller hat alles ordentlich zu Ende gebracht. Er musste ja nur noch zunähen, aber trotzdem, dem ist alles zuzutrauen... schon im zweiten Jahr und das war das erste Mal, dass er bei einer Billroth II dabei war. Unglaublich! Ich wette, in München muss man sich nicht mit solchen unfähigen Assistenten rumschlagen. Wo Sauerbruch das Regiment führt, herrscht eine ganz andere Zucht, da bin ich mir sicher. Wenn der nur mal an die Charité käme als neuer Chef, das wäre was! So, Moment, hier war es doch irgendwo... Ich blicke auf  und wundere mich wie schon beim letzten Besuch über das ziemlich vernachlässigte Gebäude, dass so gar nicht zum stets gepflegten Prof. von Eisenstein passen will. Schon seltsam, bevor ich das Haus zum ersten Mal gesehen habe, hätte ich nie gedacht, dass es von Eisenstein an Geld mangelt... oder vielleicht nur am Willen, sich angemessen um seinen Besitz zu kümmern? So gern ich ihn auch mochte, es war ja schon einiges seltsam an ihm. Nicht zuletzt sein plötzlicher Tod natürlich. Ein bitteres Lächeln stiehlt sich in mein Gesicht. Ich wüsste wirklich gern, woran er gestorben ist. Gab es eigentlich eine Obduktion? Wenn, dann ist er hoffentlich nicht bei diesem Idioten Weber gelandet. Wenn der obduziert, weiß man am Ende weniger als man vorher wusste. Im besten Fall.

Mit diesen Gedanken gehe ich auf die Haustür zu, als diese sich plötzlich öffnet und Trudi herausgerauscht kommt. Ganz unzeremoniell packt sie mich am Arm und zieht mich ins Haus, während sie die ganze Zeit plappert: "Dr. Degebach, Gott sei Dank, dass Sie da sind. Ich habe Sie vom Fenster aus gesehen. Nun kommen Sie doch. Die Frau Professor ist umgekippt. Tot, womöglich! Können Sie da was machen? Ogottogott..."

Obwohl sie mich ziemlich überrumpelt hat, entgeht mir die Komik ihrer letzten Bemerkung nicht. "Man hält ja schon große Stücke auf meine Fähigkeiten, aber von den Toten habe ich bisher noch niemanden zurückgeholt," necke ich sie, während ich meinen Mantel an den Haken hänge und ihr sodann mit regennassen Schuhen in Richtung Wohnzimmer zur Patientin folge. "Wie? Was?" fragt Trudi verwirrt und wird dann unversehens rot: "Also wie können Sie in so einem Moment solche Scherze machen? Der Frau Professor geht es wirklich schlecht!"

"Das sehen wir ja gleich," sage ich ruhig und schiebe mich an den Trauergästen vorbei, die immer noch in der breiten zweiflügligen Tür zum Wohnzimmer stehen. Diese Frauenzimmer, die müssen immer gleich hysterisch werden. Wahrscheinlich hat die Frau Professor auch bloß hyperventiliert. Bei ihr ist es ja wenigstens verständlich. Aber wenn Trudi auch so weiter macht, habe ich hier gleich noch eine zweite Patientin.

Frau Prof. von Eisenstein liegt auf dem Boden, die Beine auf eine Fußbank hochgelegt. Eine jüngere Frau kniet neben ihr und scheint sich um sie zu kümmern. Ich werfe zunächst einen Blick in die Runde der Trauergäste im Wohnzimmer. Manche kenne ich, zumindest flüchtig, andere wiederum habe ich noch nie gesehen. "Guten Tag die Herrschaften. Für diejenigen unter Ihnen die mich noch nicht kennen, mein Name ist Dr. Degebach, ich bin Arzt. Ich werde mich jetzt um Frau von Eisenstein kümmern. Als erstes möchte ich Sie alle bitten, den Raum zu verlassen," lasse ich meine befehlsgewohnte Stimme ertönen. Beim Heer, im Krankenhaus, oder sonstwo in der Welt: einer befiehlt, die anderen gehorchen. Man muss nur aufpassen, dass man möglichst der ist, der befiehlt. "Bleiben Sie bitte zunächst hier," fahre ich an Trudi gewandt fort. "Außerdem könnte ich einen Helfer gebrauchen..." mein Blick schweift noch einmal über das Grüppchen, das soeben dabei ist, den Raum zu verlassen. "Sie. Bleiben Sie doch bitte noch einen Moment, ja?" wende ich mich an den großen, kräftig aussehenden Kerl, der sich zuvor im Hintergrund gehalten hatte. Der sieht aus, als würde er tun, was man ihm sagt und sich dabei auch nicht zu blöd anstellen.

Nun wende ich mich dann doch endlich der Patientin zu, ohne der Dame, die sich bisher scheinbar um sie gekümmert hatte, Beachtung zu schenken.
Ja, jetzt einen Arztkoffer da zu haben, das würde schon helfen...naja, mal sehen. "Guten Tag Frau Professor, können Sie mich hören?" rüttle ich die Bewusstlose unsanft. Keine Reaktion. Ich beuge mein Ohr über den offenen Mund der Frau. Hören, Sehen, Fühlen. Höre ich ihren Atem? Fühle ich ihn auf der Wange? Hebt sich der Brustkorb unter der weißen Spitze, die das Aufknöpfen der Trauerkleidung zutage gefördert hat? Dreimal ja, dreimal ganz leicht. Dabei nehme ich noch den Puls. Auch dieser eher schwach, aber spürbar und regelmäßig. Als nächstes schaue ich mir die Pupillen der Patientin an. Gleichmäßig, rund. Na, die müsste man doch wachbekommen. Einen entsprechenden Schmerzreiz vorausgesetzt... Ein kräftiger Kniff in den Unterarm hat hoffentlich den erwünschten Effekt.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 23.10.2017 | 19:18
IM WOHNZIMMER

"Der hat mir ja nun gerade noch gefehlt! ... Der Arzt betritt die Bühne und ich bin Nebensache. ... Egal ob der Mohr nun abtritt oder nicht, ab jetzt werden die feinen Herren mich nicht einmal mehr bemerken. ... Schönen Dank auch und adé Trinkgeld! ... Na toll, jetzt kneift er sie auch noch ... das hätte ich mir mal herausnehmen sollen!"

Unzufrieden bleibe ich im Raum, als die Gäste das Wohnzimmer verlassen.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 23.10.2017 | 22:01
IM WOHNZIMMER

Agathe verbleibt im Wohnzimmer, schliesst die Tür hinter den hinausgegangen Männern und beobachtet die Situation.

Der Kniff mit dem Kniff bringt die Witwe wieder zu sich. "Wo ... bin ... was ist?"
Die Ehefrau des Professors ist noch benommen und erscheint verwirrt.

Ihr bettet Elfi auf das Chaiselongue im Raum.
Vermutlich hat der Professor hier früher geruht und seine Mittagsschläfchen abgehalten; jetzt dient es seiner Witwe als Ohnmachtsmöbel. "D... danke, Doktor. Lutz? Was? ... Wieso? ... Was ist geschehen?"

Sie richtet sich leicht auf und stützt sich auf ihre Unterarme. "Weshalb starren Sie mich ... so an?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 24.10.2017 | 12:00
IM WOHNZIMMER

Na das war ja einfach. Klarer Fall von hysterischem Anfall. "Machen Sie sich keine Sorgen, es ist alles gut," rede ich in routiniert beruhigendem Tonfall auf Frau von Eisenstein ein, während ich sie gemeinsam mit meinem Helfer vom Boden aufhebe und auf die Chaiselongue bette.  "Sie hatten einen kleinen Ohnmachtsanfall, aber jetzt ist alles in Ordnung. Wir kümmern uns um Sie."

"D... danke, Doktor. Lutz? Was? ... Wieso? ... Was ist geschehen?"

Meine rechte Augenbraue hebt sich unwillkürlich, als Frau von Eisenstein mich so intim anspricht. Dass ihr Ehemann Phillip mich ab und zu Lutz statt Ludwig genannt hat, wenn ich ihn beim Schach in die Ecke gedrängt hatte, hat mich immer etwas amüsiert. Dann wurde er plötzlich ganz jovial und die Verbissenheit war vergessen, mit der er immer spielte, solange er noch Aussicht auf Erfolg hatte. Dann wurde das Spiel plötzlich nebensächlich und die Freundschaft um so wichtiger. Aber seine Frau? Das war doch immer "Guten abend, Frau von Eisenstein, ich hoffe, es geht Ihnen gut?" und "Guten abend, Dr. Degebach. Sehr gut, danke der Nachfrage. Nehmen Sie Tee?"

Ob sie mich in Gedanken wohl immer Lutz nennt? denke ich amüsiert. "Sie sind noch etwas verwirrt, Frau Professor. Das ist ganz normal. Was genau geschehen ist, können Ihnen vielleicht die anderen Herrschaften berichten. Als ich dazu kam, waren Sie bereits ohnmächtig, aber nun ist es ja wieder gut. Sie haben sich wohl sehr aufgeregt? Das ist verständlich, denn dieser Tage lasten sicher schwere Gedanken auf Ihnen. Ich möchte Ihnen mein herzlich empfundenes Beileid aussprechen." Und das ist in diesem Fall nicht einmal übertrieben, stelle ich leicht überrascht fest. Der Tod eines Freundes ist doch noch etwas anderes als der Tod eines Patienten.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 24.10.2017 | 22:45
IM WOHNZIMMER

Ich fühle mich erleichtert, als professionelle Hilfe eintrifft. Dennoch komme ich der Aufforderung des Doktors nicht nach, sondern bleibe im Raum. Zu sehr fühle ich mich noch führ "meine" Patientin verantwortlich. Um nicht sinnlos in der Gegend herum zu stehen, kühle ich die Stirn der bewusstlosen Frau mit dem feuchten Stofftaschentuch. "Sie erzählte mir gerade von ihrer Familie und ihrem toten Gatten", erkläre ich einstweilen dem Doktor, "Ich fürchte, die Erinnerungen haben sie zu sehr mitgenommen." Bei diesen Worten fällt mein Blick auf das Paket, das noch immer herum liegt. Damit Frau von Eisenstein nicht sofort wieder an Ihren Gatten erinnert wird, räume ich es beiseite.

Als Frau von Eisenstein dann zu sich kommt, verstumme ich und lasse den Arzt das Gespräch führen. Einstweilen öffne ich das Fenster, um ein frische Luft in den Raum zu lassen, der plötzlich auch mir viel zu stickig und eng vorkommt. Dabei fällt mein Blick auch auf die Narbe des Doktors, die ich wohl ein wenig zu lange betrachte, um nicht aufzufallen. Dennoch will mir nicht einfallen, welcher Studentenbund nun noch die Mensur ficht und wofür er steht. Offensichtlich liegt meine eigene Zeit an der Universität doch schon zu lange zurück.

"Gar nichts ist Frau passiert, Frau Professor.", beantworte ich dann die Frage des Doktors, "Es war wohl nur die Aufregung der letzten Tage, die sie sehr mitgenommen hat."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 25.10.2017 | 09:19
IM WOHNZIMMER

Elfi richtet sich langsam und mühsam auf. Vielleicht aber doch eine Spur zu schnell. Sie greift sich an die Stirn und schnauft. "Mir ist in der Tat... etwas schwindelig." Sie steht dennoch auf und stützt sich dabei an der Wand ab. Ihre Knie wackeln und sie schwankt leicht. "Ich muss zurück. Ich muss mich um die Gäste kümmern. Ich bin doch die Gastgeberin."

Dann wandert ihr Blick zu den Bücherregalen. "Frau Lohenstein, schauen sie sich doch bitte mal unter den Büchern meines Mannes um. Ich möchte mich von all dem Totholz trennen. Nehmen Sie sich, was Sie brauchen können, oder was Sie und Ihren Gatten interessiert. Mein Mann hätte es ganz sicher auch so gewollt."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 26.10.2017 | 12:49
IM WOHNZIMMER

Ich schaue Frau von Eisenstein mit leicht gerunzelter Stirn zu, wie sie sich auf den schwankenden Weg zurück zu ihren Gästen macht. "Überfordern Sie sich nicht, Frau Professor. Sie sollten sich gleich wieder hinsetzen. Würden Sie sie bitte stützen, Herr..." ich blicke zu Anton, lasse einen kurzen Moment verstreichen und wende mich dann ab. "Und danke für Ihre Hilfe."

Ein Windstoß lässt die offenen Fenster ein wenig hin und her schwingen, wobei sie ein beunruhigendes Quietschen von sich geben. Es wird schnell kälter im Raum. Die gekrümmten dunkelgrünen Blätter der Zimmerpflanze, die sich über mir erstrecken, schwanken im Luftzug hin und her. Wie Klauen hängen sie dort in der Luft, als könnten Sie jeden Augenblick auf ihre ahnungslose Beute herabstürzen. Und auch die Zeichnungen an den Wänden starren mich an, als wüssten sie etwas, das ich nicht weiß. Ich fröstele und ich weiß nicht, ob es an der Kälte liegt.

Ich beäuge die jüngere Dame aus dem Augenwinkel, die nun die einzige ist, die außer mir noch im Raum ist. Sie hat sich dem Bücherregal zugewandt, diesem Gebiss voller Zahnlücken, und scheint ganz vertieft in die Betrachtung der Werke, die diesem noch verblieben sind.
Ihr durchdringender Blick auf meine Narbe ist mir nicht entgangen und erscheint mir unziemlich, beinahe unverschämt. Ein neugieriges Ding, und Angst anzupacken hatte sie offenbar auch nicht, als Not am Mann war. Wirkt auf den ersten Blick jünger, als sie wohl ist, nach diesen Fältchen an den Augenwinkeln zu urteilen. Die könnte mir fast gefallen...
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 26.10.2017 | 15:20
IM WOHNZIMMER

Hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl, einmal mehr übergangen und mit Desinteresse bedacht zu werden, und der Möglichkeit, bei den entscheidenden Personen durch gespielte Fürsorglichkeit Punkte zu sammeln, biete ich der Hausherrin meinen Arm und verlasse mit ihr das Wohnzimmer. Gerne hätte ich einen Blick auf die Bücher geworfen. Vielleicht hätte sich ein Kunstband darunter gefunden. Doch den Geistern an den Wänden entfliehe ich gern. Und sei es auch in einer Dunstwolke aus Naphthalin.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 27.10.2017 | 10:05
IM WOHNZIMMER

Langsam geht Elfi auf die Tür zum Salon zu. Sie schwankt noch immer leicht und ist nach wie vor etwas wackelig auf den Beinen - sie stützt sich sogar einmal an der Wand ab.
Als sie die Tür erreicht richtet sie sich gerade auf, atmet mehrmals tief durch und man sieht, dass sich ihr Brustkorb merklich hebt und senkt. Im Profil zeichnet sich bei der Witwe eine sehr weibliche Figur ab. Sie räuspert sich kurz und drückt gleichzeitig die Klinke runter.

Als sich die Tür öffnet, ist kurz das Rauschen eines Stimmengewirrs im Salon zu vernehmen, welches jedoch sogleich verstummt und sich beim Eintritt Elfis ins Zimmer in eine euphorische Hochstimmung umwandelt.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 27.10.2017 | 11:20
IM SALON / IM WOHNZIMMER

Kurz nachdem Anton den Salon betreten hat, schiebt Bastian den Rollstuhl des Pastors auf Dich zu. Elfi scheint noch etwas indisponiert zu sein und bemerkt offensichtlich nicht, wie sich Hieronymus nähert. Der Stuhl gibt keinerlei Geräusch von sich. Kein Quietschen. Kein Klappern. Nichts.
Und Bastian steht unbewegt wie eine Statue hinter seinem Herrn und trägt einen unbeteiligten Gesichtsausdruck zur Schau.

Nur für einen Augenblick betrachtet Dich die mumienhafte Gestalt im Rollstuhl abschätzend. Ein einfaches Kopfnicken zur Seite, in Richtung Tür und Ausgang. "Du. Darfst Dich jetzt. Entfernen."

Mit einem weiteren Nicken und einem angedeuteten Fingerzeig des Pastors setzt sich der Rollstuhl wieder in Bewegung, in Richtung Wohnzimmer.

Und kurze Zeit später wird er in seinem Rollstuhl ins Wohnzimmer geschoben - fast in die Mitte des Raumes hinein.
Hieronymus stützt sich mit den Unterarmen auf den Armlehnen des Rollstuhls auf, so als hätte er vor, eine gewichtige Ankündigung
zu halten.

Er beugt sich vor. Sein Gesicht ist ausdruckslos, bleich und wächsern. Aber seine grossen Augen glänzen. Sie sind bewegt und zeugen von einem wachen, aufmerksamen Verstand.
Sein Profil hat etwas Raubvogel-artiges - einem lauernd-lüsternen Geier nicht unähnlich.
Sein Blick wandert abschätzend über die drei im Raum Anwesenden, ohne dass sich sein Kopf gross bewegen würde.
Die dünnen Lippen, die seine makellos weissen Zahnreihen nicht zu verbergen vermögen, werden von seiner Zunge geleckt, als sein Blick auf Agathe fällt und eine Spur zu lange an ihr haften bleibt.

Er wendet sich jedoch ab und Ludwig zu. Er lächelt wie ein Toter, dem eine Gesichtshälfte bereits von Ratten in der Gruft weggefressen wurde. Und dieses Lächeln hat etwas verächtliches.

"Ihr. Schnelles Handeln hat. Meiner Schwägerin sicherlich das. Leben gerettet."
Der Mann zeigt kaum Mimik unter seiner glatten, straffen Haut, die pergamentartig, durchscheinend erscheint.
Er blickt Dir von unten direkt in die Augen, als würde er durch sie hindurch blicken wollen. Ein starrer Blick. Kein Blinzeln.
Dann streckt er Dir seine dünnen, knochigen Finger entgegen und sein ledriger, sehniger Unterarm gleitet, wie ein morscher Ast, mit einem Rascheln, etwas aus dem schneeweissen Hemdsärmel hervor. "Danke, Doktor."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 27.10.2017 | 13:12
IM WOHNZIMMER

Nachdem ich einige Zeit wie versteinert am Tisch gesessen habe, um die unerhörten Worten und Gesten des Pastors zu verarbeiten, stehe ich vom Tisch auf und gehe ebenfalls in den Raum, in welchem sich meine Frau und die anderen befinden. Ich stelle mich neben Agathe und lege ihr sanft eine Hand auf die Schulter. Leise sage ich zu ihr

"Das hast du gut gemacht."

Nach einem kurzem Druck auf die Schulter fahre ich flüsternd fort

"Ehrlich gesagt, auf dem Friedhof war ja eine bessere Atmosphäre als hier. Das ist doch alles sehr merkwürdig. Allen voran der Pastor."

Ein kurzes Schaudern kann ich nicht unterdrücken.

"Das Leben hat es wirklich nicht gut gemeint mit dem armen Knaben."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 27.10.2017 | 14:18
IM WOHNZIMMER

Gerade wollte ich Agathe ansprechen, als Hieronymus in den Raum geschoben wird und uns alle mit seinen Raubvogelaugen mustert.

Der Anblick dieses mumienhaften Wesens trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube.
DAS ist der Pastor? Dann muss es wohl auch Phillips Bruder sein... er sagte mir ja einmal, dass sein Bruder krank sei, aber das... DAS!
Die wachen Augen des Pastors wandern über die Anwesenden, und mein Fachinstinkt meldet sich zaghaft zu Wort
- Was mag das sein, woran er leidet? Zuckerkranke entwickeln ja zuweilen eine Pergamenthaut, und dazu würde auch seine Paralyse passen... aber dieses skelettierte Gesicht, diese eingefallenen Augen...eine konsumierende Erkrankung also? Tuberkulose? Oder ein Tumor? Aber Phillip sagte, er sei schon seit vielen Jahren krank und -
bis sich diese gierigen, durchdringenden Augen plötzlich in meine bohren und alle Gedanken verbrennen, die gerade noch da gewesen sein mögen. Augen, denen man sich nicht entziehen kann, Augen, die auf den Grund meiner Seele zu schauen scheinen. Und die für das, was sie dort finden, nur ein verächtliches Totenlächeln übrig haben.

"Äh, ja, bitte...keine Ursache...wirklich. Sie wäre sicher auch so... zu sich gekommen. Nach einer Weile," stammele ich, um Worte verlegen, wie es mir sonst selten passiert. Ich strecke meine Hand vor und der morsche Ast, der aus des Pastors Hemdsärmel ragt, schließt sich mit staubigem Druck darum, als wollte er sich nie wieder öffnen. Fast scheint es mir, dabei ein Knarren zu vernehmen, wie von einer schweren Tür, die sich vor einem dunklen Abgrund öffnet.
"Schön, ihre Bekanntschaft zu machen," flüstere ich, aber kein Ton kommt über meine Lippen.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 27.10.2017 | 16:55
IM WOHNZIMMER

Hieronymus' Händedruck ist kräftig. Wesentlich kräftiger als seine äussere, zerbrechlich wirkende Gestalt vermuten lässt.

Dann wendet sich seine kratzende Stimme Agathe zu. "Frau? Lohenstein Sie. Interessieren sich für. Die Bibliothek meines. Bruders? Sind Sie. An. Astronomie interessiert?"

Er legt den Kopf fragend schief und die Halswirbel knacken leise aber hörbar. Er mustert Dich noch eindringlicher als zuvor.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 27.10.2017 | 19:22
IM SALON

Ich geleite Frau von Eisenstein zu ihrem Stuhl an der Tafel zurück und auch die anderen Gäste nehmen - ihrem Beispiel folgend - einer nach dem anderen höflich wieder Platz.

Unbeholfen weiche ich, unschlüssig was ich nun mit mir anfangen soll, zur Zimmerwand zurück, einem Hausdiener gleich, der auf weitere Anweisungen wartet. Unbeholfen bleibe ich zwischen einer kleinen Kommode und einer Vase stehen, die mich noch ungeschlachter erscheinen lassen.

Hier gehöre ich nicht hin, aber entlassen oder verabschiedet bin ich auch nicht. Mein Blick sucht den des Professors, in der Hoffnung, dort eine Lösung für meine Zwickmühle zu finden. Aber auch hier finde ich keine Hilfe. Der Professor scheint den Salon verlassen zu haben.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 27.10.2017 | 20:13
IM SALON

Trudi berührt Anton zaghaft am Ellenbogen und sagt dann, für alle gut hörbar. "Sie haben gehört, was Herr von Eisenstein gesagt hat? Ich bringe Sie jetzt nach unten zur Tür. Kommen Sie."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 28.10.2017 | 00:28
VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS

Mir bleibt nur, meine Verärgerung herunterzuschlucken und knapp zu nicken. "Den nächsten lasse ich verrecken", gelobe ich mir still und folge Trudi zur Tür.

Als ich an Trudi vorbei durch die Haustür gehe, tippe ich noch einmal zum Abschied mit dem Finger an meine Mütze. Die Haushälterin hat mein Mitgefühl. Für sie brechen jetzt vermutlich schwere Zeiten an. Ohne ein weiteres Wort trete ich auf die Straße hinaus.

"Der Beelzebub hat ihn ohnehin schon am Schlaffitchen! Möge der Gevatter sich Zeit lassen und das Leiden eines von der langsamen und leidvollen Sorte sein!"

Ein Blick zum Himmel lässt mich vermuten, dass es zumindest eine Weile keinen weiteren Regen gibt.

"Was ich jetzt brauche ist ein bisschen Bewegung", analysiere ich meine Stimmungslage, spucke meine Abscheu in eine Pfütze, schlage meinen Mantelkragen auf und stapfe missmutig die Straße herunter. Mein Magen knurrt und die feuchtkalte Luft erscheint mir nach der Wärme des Salons noch unangenehmer als zuvor. Immerhin hat der Regen aufgehört, aber die Kleider trocknen nicht bei dieser Witterung. Der Mantel fühlt sich klamm und schwer an. Irgendwo ein oder zwei Straßen zurück habe ich einen kleinen Laden mit Tabakwaren und Zeitungen gesehen. Ich werde mir eine Zigarette gönnen, sehen was es neues gibt, vielleicht ein paar Worte mit dem Zeitungshändler wechseln und dann die Presse für den Professor und seiner Frau im Fond bereitlegen.

"Ich hoffe, die beiden haben nicht zu viel Sitzfleisch. ... Bis dahin lautet die Devise: kräftig mit den Füßen stampfen, um sich warm zu halten! Und zuhause einen starken Tee mit Grog ... oder andersherum."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 28.10.2017 | 10:01
IM TREPPENHAUS

Die schwere Holztür knallt laut hörbar, wie der Schuss aus einer Flinte, hinter Anton ins Schloss.

Zu Deiner Überraschung öffnet sich diese sogleich erneut. "So ich habe meine Pflicht getan und Sie zur Tür gebracht." Trudi kommt Dir ein paar Schritte nach und zupft an Deinem Ärmel und zieht Dich wieder ins Treppenhaus zurück, zu einer anderen einfachen Tür. "Kommen Sie. Kommen Sie. Nur nicht so schüchtern."

"Was bildet sich dieser Möchtegern-Hausherr eigentlich ein? Hm? Hm? Hmmm?"

"Ich diene Frau von Eisenstein. Ich bin hier doch nicht der Rausschmeisser."

Sie öffnet die Tür zur Küche. "So, und jetzt machen Sie Ihrem Ärger mal richtig Luft und lassen ihn an meinen Mettwurst Semmeln raus. Sie haben doch sicherlich mächtigen Kohldampf. So ein richtiger Kerl wie Sie."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 28.10.2017 | 12:48
IM WOHNZIMMER

Ich bleibe neben Agathe stehen. Bei der Erwähnung von "Astrologie" lege ich kurz den Kopf schief und sehe Agathe fragend an.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 28.10.2017 | 16:04
IN DER KÜCHE

Überrascht und leicht widerstrebend, aber auch neugierig, folgst Du der Kontaktaufnahme der älteren Dame, die Dich freundlich anlächelt.
In der Küche nimmt sie Dir routiniert, wie es sich einer guten Hausangestellten geziemt, Deine klammen Sachen ab und hängt diese ordentlich in der Nähe des Ofens auf.

Sie rückt Dir einen Stuhl in behaglicher Nähe des Ofens zurecht. Dann, ein paar Handgriffe und etwas Geklapper später, stehen vier halbe Semmeln, dick mit Mettwurst bestrichen und mit Zwiebelringen belegt, auf einem Schneidebrett vor Dir. "Nur keine Hemmungen. Greifen Sie zu."

Trudi zieht sich einen weiteren Stuhl an den Tisch heran und giesst heissen Tee in zwei Tassen. Der Tee dampft und duftet. "Und? Erzählen Sie mal, Sie Held. Sind Sie Sanitäter? Woher wussten Sie, was zu tun ist?" Sie lächelt verschmitzt, fast wissend.

"Hätten Sie vielleicht auch Appetit auf saftige Spreewald Gurken?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 28.10.2017 | 16:44
IM WOHNZIMMER

Eine fast unmerkliche Kopfbewegung von Hieronymus und der Rollstuhl wird gedreht. "Mein Bruder. War besessen. Besessen. Von den Sternen als hätte. Er seinen Segen nicht. Auch bei Gott finden können, Phillip."

Licht fällt kurz auf sein Gesicht und es erscheint so, als würden sich seine Lippen nicht bewegen; als wäre er ein Bauchredner, der es versteht mit geschlossenem Mund zu sprechen.

"Hat seine Arbeit an. Der Universität vernachlässigt von. Anderen abgeschrieben bis er dann. Sogar. So dumm-dreist. War und seine Stellung dort. Kündigte zu dieser. Zeit hat er sich. Sogar zusammen mit anderen. Verrückten eine marode Sternwarte. Gekauft welch ein. Verlust. Welch ein. Irrsinn." Eine Art mürrisches Knurren folgt seiner Ansprache, wie bei einem Hund, dem man versucht einen Knochen wegzunehmen.

Mit gesenktem Kopf und einem Kopfschütteln redet er energisch weiter. "Eine Sternwarte um WAS. Zu beweisen dass? Gott nicht existent ist dass? Die Welt vor. Einer unabwendbaren Bedrohung? Steht. Dass Gott. Die Menschheit vernichten? Will oder. Um in Gottes. Antlitz zu schauen?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 28.10.2017 | 22:09
IM WOHNZIMMER

Als Agathe, bevor Elfi ohnmächtig wurde, die Bücherregale in Augenschein nahm, entdeckte sie mehrere interessante Bücher.

VON PHÄNOMENEN UND ORDNUNGEN DES SONNENSYSTEMS, alt und abgenutzt.

A PRELIMINARY DISSERTATION ON THE MECHANISMS OF THE HEAVENS, in Englisch.

THEORIA MOTUS CORPORUM COELESTIUM ..., ein zerschundenes Buch in Latein.

TELESKOPE MACHEN NOCH KEINEN ASTRONOMEN, ein Buch mit einem stark abgenutzten Schutzumschlag, der wiederholt geklebt worden war.

LOBATSCHEWSKISCHE HYPERBOLISCHE GEOMETRIE

GEDANKENGÄNGE ZU WICHTIGEN PUNKTEN DAS SYSTEM DER WELT BETREFFEND
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 29.10.2017 | 16:01
IN DER KÜCHE

Ich nehme in der Küche Platz. Der Raum ist klein und die Decke niedrig, aber dafür verbreitet der Ofen eine wohlige Wärme, angenehmer als in dem Salon oder im Wohnzimmer. Hier wird der Ofen vermutlich praktisch den ganzen Tag befeuert, um Tee und Kaffee zu kochen, die Mahlzeiten zuzubereiten oder Wasser zum Waschen zu erhitzen. Wie so oft ist die Küche gemütlicher als der Rest des Hauses. "Unsereiner fühlt sich auf einem Schemel in der Küche halt wohler, als auf einem Sessel im Salon!", mache ich das Beste aus meiner Situation.

"Danke! Sehr nett von Ihnen, ... Trudi? ... Nee, ick bin keen Sanitäta. Ick bin Abeeta. Aber ick bin 'ne Ambulanz jefahren ... 'ne janze Weile. Und im Krieg war ick och. Wenn de keen Kloppi bischt, die Oogen offen hälst und dir die Gusche nischt zujetackert is ... dann nimmste halt was mit."

Mein Bauch begrüßt die Brötchen lautstark und ich greife zur ersten Semmelhälfte: "Ick bin so frei, Trudi" Reichlich Mett und reichlich Zwiebeln ... so wie man es gerne mag. "Hmmm, haste Worte! Trudi, Du verstehst was davon! Bist'n echta Meesta! Ick könnt' pausenlos mampfen... Wenn der Professor hier nich bald 'n Abjang macht, krieg ick noch 'n Mollenfriedhof. ... Aber gegen 'ne Gurke hätt ich nüscht. Meene Mutter, Gott hab' se seelig, sagte immer: Iss Gemüse, Anton!" Ich grinse schelmisch.

Während Trudi nach den Gurken sieht, greife ich nach dem zierlichen Henkel der Tasse. Dieses Geschirr ist zweifellos eigentlich nicht für das Personal gedacht. Während ich vorsichtig am heißen Tee schlürfe habe ich Sorge, die Tasse zu beschädigen und Trudi Ärger zu bereiten. Mein krummer Finger spreitzt sich unnatürlich ab und ich stelle die Tasse rasch zurück auf die Untertasse, bevor Trudi wieder an den Tisch kommt. Ich sehe mich um und halte nach der Tür Ausschau, die ich draßen gesehen habe.

"Aber sag' mal! Was wird jetzt aus Dir? Kann die von Eisenstein das Haus halten? Wirkt so, als hätte der Gatte bloß Nasse jemacht. ... Oda macht sich hier nu diesa Öljötze mit Rädern breit?", frage ich einfühlsam.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 29.10.2017 | 17:06
IN DER KÜCHE

Trudi zuckt mit den Schultern. "Keine Sorge, starker Mann. Wenn KÖNIG TUT hier das Zepter übernimmt, werde ich kündigen."

"Ihnen scheint es ja ausgezeichnet zu schmecken. Möchten Sie etwas Pastete? Die Herrschaften  bekommen sie erst heute Abend zum Abendbrot. Doch sie mögen keine Kanten. Mal probieren?" Tradi hebt verschmitzt die Schultern und grinst. "Ich liebe die Kanten."

"Und vielleicht noch etwas Tee? Sie müssen mit dem Porzellan nicht so herumnästeln. So schnell geht das nicht entzwei." Sie schenkt Dir noch nach.

"Haben Sie heute schon einen Blick in die Zeitung werfen können?"
Sie legt das 'Berliner Tageblatt', die 'B.Z.' und die 'Neue Preussische' auf den Küchentisch.
"Ich habe die interessanten Stellen für die Herrschaft bereits markiert. Jetzt muss ich sie nur noch bügeln." Sie klappt ein Bügelbrett herunter und beginnt mit dem Bügeln.

"Die Sternwarte des Verblichenen war vorgestern mal wieder in der Zeitung. Am Mittwoch ist ein Wachmann der Sternwarte mysteriöserweise verschwunden. Und Geld wirft das Projekt des Professors wohl auch nicht ab."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 29.10.2017 | 17:27
IN DER KÜCHE

"Sie scheinen mir ein rechtes 'kluges Gretel' (https://www.youtube.com/watch?v=7ZH1ickiZxk) zu sein, Trudi!", lache ich auf die Frage nach den Pasteten und nicke freudig.

Dann werfe ich einen Blick auf die markierten Stellen in den Zeitungen. Sowohl die Auswahl der angestrichenen Artikel als auch ihr Inhalt verwirren mich. Bei dem Gedanken an den Professor verfalle ich reflexartig wieder ins Hochdeutsch. "Hmmm ... das wird den Professor sicher auch interessieren. Ich werde nachher zum Büdchen laufen und für ihn die Ausgaben erstehen. ... Liest Frau von Eisenstein immer so viele Zeitungen? Oder ist das wegen dieser ... Vorgänge? ... Oder sind die Zeitungen 'gar für den König auf dem fahrenden Thron?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 29.10.2017 | 19:29
IM WOHNZIMMER

Nachdem Elfie versorgt ist, begebe ich mich zu den Büchern, die mir vor dem ganzen Trubel aufgefallen waren. Intressiert mustere ich die Werke, die wohl einst dem Verstorbenen gehörten. Zweifellos, er hatte ein großes Interesse an Astronomie, wenngleich es nicht die Standardwerke der Disziplin sind, die ich in dem Schrank entdecke. Leider verstehe ich nur ein paar Brocken Englisch und Latein. Defür bleibt mein Blick nehme ich an "Teleskope machen noch keinen Astronomen" hängen. Vorsichtig nehme ich das Buch, das mehrfach gelesen worden sein dürfte, aus dem Regal. Und tatsächlich: Obwohl die Bibliothek nicht so wirkt, als wäre sie in der Vergangenheit liebevoll gepflegt worden, weist dieses Buch doch kein einziges Staubkorn auf. Vorsichitg öffne ich es und beginne es behutsam durchzublättern.

Da reissen mich die Worte Hieronymus aus den Gedanken und ich zucke kurz zusammen. Rasch bemühe ich mich jedoch um einen freundlichen Gesichtsausdruck. "Ja, in der Tat macht mein Interesse noch nicht einmal vor den Sternen halt.", antworte ich lächelnd, ergänze dann aber mit mehr Seriösität in der Stimme: "Frau Professor Eisenstein meinte, ich solle mir die Bücher einmal ansehen, da sie dafür nun keinen Bedarf mehr habe. Verzeiehen Sie also bitte, falls ich zu neugierig war, Ihr Bruder hat aber wirklich einige bemerkenswerte Werke hier stehen." Hans fragenden Blick nehme ich wahr, beschließe aber, im Moment nicht darauf zu reagieren. Auch wenn wir sonst viele Interesse teilen, ist es mir bis heute nicht gelungen, ihm den Unterschied zwischen Astronomie und Astrologie begreiflich zu machen, weshalb mich seine Verwunderung in dieser Situation nicht überrascht.

Als Hieronymus Augen ein wenig zu lange auf mir ruhen, verfinstert sich mein Blick. Ich bin längst zu alt, um in solchen Situationen noch zu erröten und jemandem von niedrigerem Stand hätte ich nun wohl deutlich zurechtgewiesen. Hier scheint eine solche Reaktion jedoch unangebracht, sodass ich mir außer dem finsteren Blick und den zusammengepressten Lippen nichts anmerken lassen. Dann wechselt der alte Herr das Gesprächsthema aber zum Glück auch schon wieder.

Ich fühle mich peinlich berührt, als Hieronymus so über seinen toten Bruder herzieht. Ich kannte den Verstorbenen zu wenig, um widersprechen zu können. Oder traf das alles womöglich sogar zu? Aber warum hatte Hans dann nie davon erzählt? Mit einer Mischung aus tatsächlichem Interesse und dem Wunsch, dem abfälligen Gerede ein Ende zu bereiten, erkundige ich mich daher: "Ihr Bruder besaß eine Sternwarte? Darf ich fragen, wo sich diese befindet? Ist sie vielleicht gar öffentlich zugängiglich? Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, nichts liegt mir ferner, als Gott zu lästern und ich wüsste auch nicht, was die Sterne mit dem Weltuntergang zu tun haben. Aber es ist doch interessant, die unzähligen Lichter am Firmament zu betrachten und nachzudenken, was es dort am Himmel wohl alles zu finden gibt."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 29.10.2017 | 21:06
IM WOHNZIMMER

Der Inhalt von TELESKOPE MACHEN NOCH KEINEN ASTRONOMEN überrascht Dich zutiefst und Du vermagst es nur unter Mühen Deine Irritation zu verbergen.
Unter dem Schutzumschlag kommt ein anderer Titel zum Vorschein: LIVRE D'EIBON
Das Buch ist auf Französisch verfasst und beinhaltet einige sehr bizarre und verstörende Holzschnitte.
Als Hieronymus zu sprechen beginnt, klappst Du es schnell wieder zu und stellst es zurück.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 29.10.2017 | 21:33
IM WOHNZIMMER

Hieronymus setzt seine Ausführungen über seinen Bruder unbeirrt fort.
"Phillip wollte nicht. Nur die Unwichtigkeit des Menschen darlegen er. Wollte Gott widerlegen. Ihn vernichten doch. Der Mensch wird des Universums wahre. Natur nie verstehen. Können und wenn er diese zu verstehen. Versucht wird er Zweifel. Los in einem Strudel von Wahnsinn. In den Schlund der Vernichtung hinabgezogen werden mein Bruder. Wurde lästerlich gegen. Gott wollte ihm sein Reich entreissen und. Beweisen dass Gottes Weltall. Wünsche und Hoffnungen des Menschen völlig gleich. Gültig seien er nannte es. Die wahre Natur des Universums welch. Anmassung. Welch Hochmut. Welch Blasphemie er. Wollte die Liebe Gottes durch. Ein gnadenloses kaltes Universum ersetzen welchem. Menschliche Vorstellungen Ziele und Wünsche gleich. Gültig sind der Mensch. Würde in einem Wechsel. Spiel von Notwendigkeit und Zufall hin und her. Gerissen werden und damit in der Bedeutungslosigkeit verschwinden."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 30.10.2017 | 09:53
IM WOHNZIMMER

Als der Pastor nicht auf Agathes Fragen reagiert, brumme ich unwillig vor mich hin. So einen abstoßenden Gottesmann habe ich mein ganzes Leben noch nicht gesehen und dann das ganze Gerede von diesem . . . Astronomie? Astrologie? . . . Diesem Astrounsinn, den Agathe mir mehrfach versucht hat auseinander zu setzen. Als der Pastor sich anscheinend beginnt in Rage zu reden, platzt mir unvermittelt die sprichwörtliche Hutschnur. Rüde unterbreche ich den Monolog des offensichtlich kranken Mannes mit lauter Stimme, so als würde ich einen besonders hartnäckigen Studenten über den Mund fahren.

"Nun reicht es aber wirklich, mein Herr!"

Ich mache einen Schritt auf den Pastor zu und hebe - wie Generationen von Lehrpersonal vor mir - mahnend den Zeigefinger.

" Sie sind doch ein Mann Gottes. Dann im Namen von allem was heilig ist, veranstalten sie hier nicht so einen Hottentotten-Zirkus! Ihr Bruder ist kaum unter der Erde und sie reden von ihrem eigenen Bruder wie Torquemeda (https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Gro%C3%9Finquisitor) von dem Häretiker. Ich werde nicht hier stehen und mir weiter anhören, wie sie das Andenken meines Freundes in den Schmutz ziehen und Gift und Galle speien. Reißen sie sich am Riemen, Mann."

Der letzte Satz ist fast schon gebellt und man erkennt einen Abglanz des typisch preußischen Kasernenhoftons darin. Unbewusst hatte ich mich auch vorgelehnt, ganz so als beugte ich mich über ein Pult. Nun aber richte ich mich kerzengerade auf und schnaube noch einmal, nachdem ich meiner - in meinen Augen gerechtfertigten - Empörung Luft gemacht habe. Ein kurzer Seitenblick zu Agathe folgt, wie um mich zu vergewissern, dass mir am Abend keine Standpauke wegen ungebührlichem Verhalten ins Haus steht . . .
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 30.10.2017 | 15:22
IM WOHNZIMMER

Bastian, der Mann hinter dem Rollstuhl, lässt dessen Griffe los und tritt mit dem rechten Fuss neben den Rollstuhl. Dass der Mann von kräftiger Statur und gross ist, war offensichtlich, aber nun, da er sich zu vollen Grösse aufrichtet, wirkt er doch hünenhaft und bedrohlich.

Der blonde, junge Mann ballt weder die Fäuste, oder zeigt Wut, noch blickt er Dich aggressiv an. Auch gibt er keinen Ton von sich. Der stoische Gesichtsausdruck ist gleich wie zuvor. Er legt lediglich den Kopf kurz auf die Seite, so dass ein trockenes Knacken zu hören ist.

Hieronymus hebt kurz und beiläufig die rechte Hand, die auf der Armlehne ruht. Und Bastian kehrt auf seinen angestammten Platz zurück, ohne jedoch wieder an Grösse einzubüssen.

Hieronymus lächelt freundlich, ohne zu erwidern. Du bist Dir jedoch nicht sicher, ob es vielleicht nicht doch höhnisch ist. Oder verächtlich?

Er scheint nachdenklich. "Sie. Haben eine Ansicht das. Sei Ihnen unbenommen ich. Respektiere das doch wie gut. Kannten Sie meinen. Bruder?"

Er faltet seine dürren Finger. Dann senkt er den Kopf, fast so, als sei er eingenickt. Und formt schliesslich mit seinen Händen eine Raute, deren Spitze zuerst auf sein Kinn, dann auf Dich, zeigt. Als er wieder hoch schaut, blitzen Dich seine Augen kampfeslustig an. "Setzen Sie sich ich möchte das ergründen wie. Gut. Glauben Sie Phillip gekannt zu haben?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 30.10.2017 | 16:07
IN DER KÜCHE

"Der Artikel, den Sie da gerade lesen... Dieser Mann, der Physiker... Der war mal hier."

"Ja! Nun schauen Sie nicht so überrascht."

"Der war im Haus. Ehrlich! Vor drei Jahren muss das etwa gewesen sein." Trudi zuckt die Schultern.

"Nehmen Sie sich ruhig noch den anderen Kanten Pastete. Sie müssen doch gross und stark bleiben. Und solange die noch warm ist. Die Herrschaften bekommen sie später kalt serviert."

"Kann übrigens auch länger her sein... Frau Professorin war ebenfalls zugegen. Irgendwann wurde sie aber müde und ist zu Bett gegangen... Ich wurde dann auch entlassen."

Sie bügelt unbeirrt weiter. "Zumindest hiess er ebenfalls Krassimir. Und sein Kollege, der hiess... wie hiess er doch noch gleich? ... Kirill, glaube ich. Die Nachnamen habe ich vergessen. Wissen Sie, ich hab's nicht so mit den Polacken Namen."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 30.10.2017 | 22:36
IM WOHNZIMMER

Mein Blick schweift während Hans Rede zwischen Fußboden und dem Fenster hin und her, weicht Hieronymus aus, um ihn nicht anklagend anzustarrend. Ich bemühe mich um einen neutralen Gesichtsausdruck, obwohl mich Hans plötzlicher Ausbruch irritiert. In erster Linie bin ich jedoch stolz, wie sehr er für seinen Kollegen kämpft, versuche mir das jedoch nicht anmerken zu lassen, damit wir nich noch unhöflicher auffallen. Selbst als Hans mir einen Blick zuwirft, verkneife ich mir ein Lächeln.

Nachdem Hans geendet hat, blicke mich um. Ich sehe, dass zwei der Gäste, ein jüngeres Paar, gerade den Raum betreten hatten, nun aber betreten zu Boden blicken und nicht zu wissen scheinen, ob sie sich setzen oder den Raum gleich verlassen sollen. Ich kann es ihnen nicht verübeln, die Stimmung im Raum ist frostig und auch ich hatte mir diesen Tag anders vorgestellt. Allerdings habe ich nicht vor, Hans in dieser Situation alleine zu lassen. Also wische ich den Staub von dem nächsten Stuhl, setze mich, blicke Hieronymus direkt an und spreche mit betont ruhiger Stimme: "Nun, dann erzählen Sie bitte, wie Ihr Bruder wirklich war."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 31.10.2017 | 18:10
IM WOHNZIMMER

"Ja Frau Lohenstein die. Lichter am Firmament sind. Schön so wie die Lichter der Gross. Stadt auf dem Kur. Fürstendamm bei Nacht nur nicht. So Kost. Spielig wie die Archenhold-Sternwarte."

Hieronymus knochiger rechter Daumen deutet beiläufig in Richtung Salon und seine dünnen Lippen zittern.
"Dieser Stern. Taler dort Herr."

Er wendet seinen Kopf zur Seite und schaut, als würde er durch die Wand hindurch sehen können und jemanden anschauen.
"Blumberg der Mann. Mit der grauen. Fliege hat mit meinem. Bruder die Sternwarte im Alt-Treptow. Gekauft sie war immer wieder Thema. In der hiesigen Presse. Die zwei Ruskies haben ihn. Und meinen Bruder mit fixen Ideen. Gefüttert sie haben alles. Brav geschluckt Phillip. Hat seine Goldmark und die Zukunft. Seiner Familie in die Sterne geschossen aber."

Hieronymus lacht. Oder hustet.
"Zumindest hat wenigstens Blumberg genug. Geld har. Haha. Har. Haha. Har."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 31.10.2017 | 22:16
IM WOHNZIMMER

"Wissen Sie, was welche Fragen Ihr Bruder zu beantworten suchte? Es muss sich wohl um etwas sehr wichtiges gehandelt haben, wenn er sein Geld lieber für die Sternwarte ausgab, als für seine Familie?", erkundige ich mich bei Hieronymus. Meine Gesichtszüge haben sich ein wenig entspannt und in meiner Stimme schwingt Verständnis mit, nun da der alte Mann eine Erklärung für den schlechten Zustand des Hauses geliefert hat. Als Hiernymus dann erwähnt, dass die Sternwarte immer wieder für Schlagzeilen sorgte, denke ich angestrengt nach. Politik und das Tagesgeschehen überlasse ich zwar zumeinst Hans und überfliege die morgendlichen Zeitungen nur. Trotzdem bilde ich mir fest ein, dass der Name Archenhold-Sternwarte ernst heute morgen untergekommen ist. "Sagen Sie.", setze ich daher zögernd zu einer Antwort an, "War es nicht auch die Archenhold-Sternwarte, die heute in der Zeitung stand, weil irgendein russischer Wissenschafter eine Frau umgebracht hat?" Zu spät fällt mir auf, dass es wohl nicht gerade der Etikette entspricht, auf einer Totenfeier über Mordfälle zu sprechen, statt vom Verstorbenen. Ich werfe Hans einen entschuldigenden Blick zu, da es ja nicht das erste Mal ist, dass meine Neugier mit mir durchgeht.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 31.10.2017 | 23:48
IM WOHNZIMMER

"Sie müssen."

Die mumienhafte Gestalt senkt den Kopf.
"Sich irren es wurde. Niemand getötet. Aber einer der. Beiden anderen. Erblindete beim Blick durch das Teleskop er. Hat wohl direkt in. Die Sonne gesehen. Dumm gelaufen mit. Lerweile ist das jedoch. Schon Jahre her die mit. Arbeiter hiessen Solntsev und Zvezdanko einer davon endete. In der Klapsmühle."

Er hebt entschuldigend beide Hände von den Armlehnen des Rollstuhls.
"Irgendetwas ging. Wohl entzwei sie mussten ein. Anderes Teleskop kaufen wieder. Für viel zu viele Goldmark sie. Konnten oder wollten. Das alte Teleskop aber. Nicht verkaufen."

"Nein ich. Meinte das Verschwinden. Des Nachtwächters von. Vorgestern er war weg. Kam nicht heim zu. Seiner Frau der Hund. Ist auch verschwunden rätselhaft."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 1.11.2017 | 01:49
IM WOHNZIMMER

"Frau."
Erneut kommt dieses Zischen zw. den Zähnen des Pastors hervor.

"Lohenstein ich werde. Ihnen noch etwas über. Phillip erzählen Sie müssen. Wissen mein Bruder. Hatte nicht ein. Leben sondern derer zwei er. Lebte für seinen Beruf und. Seine Familie lebte für. Ihn er hat dieses zweite Leben. Ausgesaugt wie ein Vampir ob. Beruf oder Obsession die. Familie stand hintenan und hat für ihn. Geblutet und zurückgesteckt Elfriede."

Er leckt sich die Lippen, während er Dich mit seinem lauernd-lüsternen Geier Blick anstarrt.
Du musst Dich unweigerlich fragen, ob dieser Mann überhaupt Augenlider besitzt.

Kein Blinzeln. Keine Regung.
"Würde sich sicher. Nicht beklagen sie. Ist auch viel zu stolz und hat. Ihn wohl auch zu sehr geliebt seine Sternwarte."

Die mumienhafte Gestalt schüttelt den Kopf, so dass ihm zwei Strähnen seines langen, weissen Haares ins Gesicht fallen.
"War ihm wichtiger."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 1.11.2017 | 02:04
IM WOHNZIMMER

Bastian streicht dem Pastor beiläufig das Haar zurück.
"Zuerst einmal. Hat mein Bruder seine beiden älteren. Kinder vergrault und seine Frau. In den Tod getrieben er. Hat sich zu Beginn. Seiner Karriere völlig seinen. Studien hingegeben an der Universität."

Erneut lacht Hieronymus. Etwas Sabber fliegt dabei durch die Luft, aber nicht weit genug, um jemanden zu treffen.
"Har. Haha. Har. Haha. Har. Verschrieb er sich nicht. Nur den Studien. Der Physik sondern auch denen der. Röcke anderer Frauen. Es hätte mich nicht. Gewundert wenn ihn der Ehemann einer der Frauen. Seine Kinder oder seine Frau. Umgebracht hätten Lydia. Hätte allen voran Grund genug gehabt der Tod. Ihrer Mutter Sie verstehen?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 1.11.2017 | 02:29
IM WOHNZIMMER

"Phillip's sogenannte Arbeiten diese."

Auf ein Zeichen hin schiebt Bastian den Rollstuhl näher an Agathe heran, so dass von Eisenstein's grosse Augen noch viel grösser erscheinen.
"Akademischen Veröffentlichungen wurden seit etwa. Fünf sechs Jahren vor. Seiner Kündigung von seinen Doktoranden. Geschrieben und dann unter seinem Namen. Veröffentlicht er hatte den. Ruhm und die Doktoranden. Schlossen mit Auszeichnung."

Erneut muss er lachen, wobei sein Gesicht erschreckend ausdruckslos bleibt.
"Ab gutes Geschäft. Har. Haha. Reichskanzler der Physik. Har. Haha. Har."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 2.11.2017 | 08:32
Im Wohnzimmer

Nachdem sich die Lage zuerst etwas beruhigt hatte, habe ich mich auch an den Tisch gesetzt. Bei den Erzählungen des Pastors schwankt mein Gesicht zwischen Schock, Empörung und neu aufflammender Wut. Der alte Geier kann sich offensichtlich einfach nicht zurückhalten. Als dann Agathe auch noch auf das Spiel eingeht, scheine ich das mentale Handtuch zu werfen. Respekt vor den Toten scheint eine Sache zu sein, die jüngerdings, zusammen mit Safaris in den Schutzgebieten und Mitgliedschaft in der Hohenzollernfamilie, aus der Mode gefallen ist. Mit mühsam beherrschter Stimme und nur dem absolut notwendigem Minimum an Zähneknirschen sage ich

" Ein Forscherleben verlangt eben Opfer."

Der Satz klingt wie eine Entschuldigung nicht nur für den Verblichenen, sondern auch für vieles andere in meinem Leben. Doch statt auf die melancholischen Untertttöne des Satzes einzugehen, marschiere ich voran im Text.

" Der wahrhaft Forschende stellt vieles im Leben zurück, um sich der Sache seiner Passion widmen zu können. Meine liebe Frau fragte vorhin schon danach: Woran hat ihr Bruder denn nun geforscht, ehe der Tod kam?"

Erneut verfinstert sich mein Blick etwas und ich schaue düster zu dem Pastor herüber.

Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 2.11.2017 | 21:30
IM WOHNZIMMER

"Herr. Professor sie glauben. Sicher dass ich meinen Bruder. Anschwärzen will aber ich. Versuche nur einiges klar zu stellen Sie. Teilen meine Meinung nicht gut. Das bleibt Ihnen überlassen. Sie als Natur. Wissenschaftler sollen darüber urteilen wollen."

Hieronymus redet in einem Schwung. Ein Schwall an Informationen ergiesst sich über Euch.
"Sie die kurze oder die lange. Antwort über Phillips Entdeckung. Die kurze. Antwort es gibt zwei Sonnen. In unserem System glauben Sie. Das verstehen Sie das. Dann die lange Antwort mein Bruder. Hat sie mir versucht zu erklären die zweite. Sonne ist kleiner als unser Zentral. Gestirn und hat etwa die 50-fache Grösse. Des Jupiter er nannte. Ihn einen Zwerg. Stern laut den Angaben. Phillips ist 300 x Erdmasse = Jupitermasse. 15.000 x Erdmasse = Dunkle Sonnenmasse. 300.000 x Erdmasse = Sonnenmasse. Dank meines Bruders trägt. Diese Dunkle Sonne nun den Namen. Nemesis und jetzt. Kommt es der Stern ist kalt. Und unsichtbar welch ein Irrsinn mein Bruder. Muss den Verstand verloren haben. Unsichtbar nein das ist er natürlich. Nicht sonst hätte mein Bruder, ihn ja nicht entdecken können man. Kann ihn nur im Infrarot. Bereich sehen ach so natürlich. Mein Bruder behauptete weiter die Dunkle. Sonne würde ebenfalls um unseren Zentral. Gestirn kreisen jedoch. Würde ihre Bahn die Bahn der acht Planeten. Schneiden die Planeten. Würden mit seiner Bahn von Zeit. Zu Zeit auf Kollisionskurs gehen seiner Theorie. Zufolge zerstörte die Dunkle Sonne dabei. Einst einen Planeten zwischen Mars und Jupiter. Der dort jetzt den Asteroiden. Gürtel bildet hanebüchener Unsinn."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 2.11.2017 | 22:26
Im Wohnzimmer

Ich mache unwillkürlichen einen Schritt zurück, als Hieronymus mir näher kommt. Mein Blick wandert zum Fenster, durch das man Regenmassen lautlos zu Boden fallen sieht. Obwohl es unwirtlich aussieht, sehne ich mich danach, diesen Raum zu verlassen, diesen Mann, der seinen Geruch nur unzureichend mit großen Mengen Parfum überdeckt, hinter mir zu lassen und frische Luft einzuatmen. Und dennoch schaffe ich es nicht, ihn einfach hier stehen zu lassen, zu sehr fasziniert mich diese seltsame Familiengeschichte.

Als Hans über das Forscherleben berichtet, nicke ich leicht. Immerhin habe ich Hans oft genug am Morgen an seinem Schreibtisch schlafend vorgefunden oder erlebt, dass er sich während eines Theaterbesuchs plötzlich Notizen zu seiner Arbeit macht. Aber ich habe mich nie beschwert und hatte wohl auch nie Anlass dazu. Denn zum einen blieb mir so stets genug Zeit meinen eigenen Interessen nachzugehen. Und zum anderen hat Hans sich ja stets bemüht, neben seiner Arbeit auch Zeit für uns zu finden. Das Haus so verkommen zu lassen, wie es hier offensichtlich der Fall ist, wäre ihm sicher nie in den Sinn gekommen. Insofern finde ich das Verhalten des Verstorbenen doch ein wenig befremdlich, hüte mich jedoch, das Thema anzusprechen und noch weiter Öl ins Feuer zu gießen.

Stattdessen lasse ich mir nochmals die eben gehörte Theorie durch den Kopf gehen. Etwas dergleichen habe ich noch nie gehört, und es klingt - gelinde gesagt - seltsam. Aber Herr von Eisenstein war immerhin Professor, er würde doch wohl kaum so viel Energie für reine Phantastereien aufwenden, oder? "Sagen Sie, Herr Pastor, wenn ich Sie richtig verstehe, dann handelte es sich wohl um keine normale Sternwarte, sondern um eine, mit der man im Infrarot-Bereich sehen kann? Und wissen Sie, ob es ein Buch gibt, in dem man Details zu dieser Theorie nachlesen kann? Sie klingt nämlich durchaus...extravagant, würde ich meinen". Ich habe konzentriert gesprochen, die gespannte Stimmung bewusst ignorierend. Danach mache ich mich auf die seltsamen Blicke gefasst, die ich meist ernte, wenn ich als Frau über astronomische Theorien spreche und setze ein leichtes Lächeln auf, um die Reaktionen zumindest ein wenig abzufedern.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 3.11.2017 | 07:16
IM WOHNZIMMER

"Die Archenhold-Sternwarte ist. Im Treptower Park in Alt-Treptow die. Himmelskanone ist der grösste Refraktor der Welt das Gebäude. Hat gar historische Relevanz Albert. Einstein hielt dort seinen ersten. Öffentlichen Vortrag über die Relativitätstheorie. Gehen Sie hin schauen. Sie sich um berufen Sie. Sich auf mich ich werde. Ihnen ein Bevollmächtigungs. Schreiben mitgeben wehe den Ruskies. Sollten sie sich sträuben."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 3.11.2017 | 13:20
IN DER KÜCHE

"Da sag ick nich nein! Dankeschön, Gnädigste! Ick war ooch schon janz knülle. Aber zum Glück, haste mich jerettet", bedanke ich mich grinsend, während ich schon nach dem zweiten Kanten Pastete greife.

"Det is ja mal'n Ding. ... 'Nen kaltblütigen Mörder unterm eijenen Dach! ... Na, wenn de da mal ruhig schlafen tust! Als wären die Beerdigung und der Knallkopp mit Rädern nich' schon jenug!"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 3.11.2017 | 15:42
IN DER KÜCHE

Trudi bügelt fleissig weiter. "Passen Sie auf Ihre Hemdsärmel auf. Sie werden noch ganz schwarz von der Druckerschwärze."

Dann. "Ach, so ein Mord macht noch keine schlechte Gesellschaft, wissen Sie."

"Wer weiss schon was da passiert ist. Vielleicht war es ein tragisches Unglück und der Irre hat nur die Gunst der Stunde genutzt und ist getürmt. Könnte ich ihm kaum verdenken, dass er abgehauen ist. Aber mal ehrlich, klingt das in der Zeitung nicht weit hergeholt? Um es mit Holmes Worten zu sagen. 'Nichts ist trügerischer als eine offenkundige Tatsache.'"

"Ich lese übrigens gerne Kriminalromane. Zur Zeit lese ich Späte Rache. Der Holmes hätte den Fall im Irrenhaus im Nullkommanichts gelöst."

"Denken Sie doch nur was dahinter stecken könnte. Vielleicht hatte der Mann eine heimliche Geliebt, aber der Ehemann kam dahinter, hat ihn geblendet und ihn ins Irrenhaus sperren lassen. Und nun ist der Mann geflohen, um wieder bei seiner Liebsten zu sein. Er sinnt auf Rache und entledigt sich des Nebenbuhlers. Und dann sitzen die zwei Liebenden auf einer Parkbank. Die Sonne scheint den beiden ins Gesicht. Sie kuschelt sich an ihn und erklärt ihm, was sie sieht, während er sie in seinen starken Armen hält."

Trudi seufzt. "Wäre das nicht herrlich romantisch?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 3.11.2017 | 17:11
IN DER KÜCHE

"Denken Sie doch. Vielleicht wurde der Mann bedroht, erpresst, stand unter Drogen oder Hypnose. Was für ein Fall..."

"Vielleicht ist dieser Polacke auch ein Spion gewesen, der jetzt über die Grenze flieht?"

Sie redet mit Händen und Füssen und zeigt dabei eine ausdrucksstarke Mimik.
"Er hat sich in das Irrenhaus einweisen lassen, um unter den Kranken zu spionieren. Es gibt dort jemanden, auf den er es abgesehen hat. Einen Wissenschaftler vielleicht? Genau. Ein Wissenschaftler ist sein Ziel."

Trudi wirft sich eine dünne Decke über den Kopf und verhüllt ihr Gesicht.
"Genau so wird es gewesen sein. Der Mann verschleierte seine Identität. Er gab nur vor, blind und verrückt zu sein."

Sie schleicht behände um den Tisch. Die Phantasie geht jetzt völlig mit Trudi durch.
"Ha." Sie greift Dir unverhofft mit beiden Händen an den Oberarm, als wöllte sie Dich erschrecken.

"Und genau in dieser Zeit in der Anstalt horcht er sich um. Ein Wissenschaftler hat eine Formel entdeckt, welche die Macht hat die Welt zu zerstören. Und dieses Wissen will er ihm entreissen, koste es was es wolle. Und er tut dies, um die Weltherrschaft an sich zu reissen. Denken Sie doch, wie spannend das wäre."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 4.11.2017 | 09:56
IM WOHNZIMMER

Der unerwartete Tod eines Mannes, den ich als Freund betrachtete. Sein verlottertes, fast geisterhaftes Haus. Die eigentümlichen Zeichnungen rings an den Wänden, die quietschenden Fensterläden, die klauenhafte Pflanze und dann noch der unerwartete Auftritt dieses mumienhaften Menschen - all das sorgt dafür, dass sich eine ganz eigentümliche Stimmung meiner bemächtigt, fast schon eine Trance, ein Geisteszustand, wie ich sonst nicht kenne.

Ich stehe mitten im Wohnzimmer wie eine Salzsäule, während sich die Unterhaltung vor mir entfaltet. Ich starre diesen seltsamen Menschen an, der eine morbide Faszination auf mich ausübt. Der so offensichtlich schwer krank ist, dessen Krankheitszeichen ich aber nicht zu deuten weiß. Und der irgendwie auch nicht krank wirkt. Natürlich, er ist an einen Rollstuhl gefesselt, sein Gesicht ist eine Ruine, seine Haut scheint fast abzublättern... aber ich kenne chronisch kranke Menschen. Wirklich schwer kranke Menschen. Und jeder davon, den ich bisher kennenlernte, war zumindest ein Stück weit auch innerlich gezeichnet. Schwächer. Ängstlicher. Mit stumpfen Augen, brüchigem Haar, schwacher Stimme, vergehend. Der Pastor hingegen spricht zwar eigentümlich abgehackt, aber jedes Wort strotzt vor Energie. Seine Augen leuchtend, schneidend. Sein Haar zwar weiß, aber lang und voll. Sein Lebenswille ungebrochen. Als würde er von irgendetwas angetrieben, etwas, das er in seinem Inneren trägt und das dort brennt. Ein Feuer, dass sich kaum im Zaum halten lässt.

Und die Dinge, die er sagt!
Sicher, auch ich kannte den Professor nicht besonders gut, wenn ich einmal darüber nachdenke. Besuche zum Tee, Schachspiel, Unterhaltungen über den Fortschritt der physikalischen und biologischen Wissenschaften. Über die Rassenhygiene und die Zukunft des deutschen Volkes. Er war stets ein inspirierender Gesprächspartner, aber von sich selbst gab er nie besonders viel preis. Aber ein Mensch, der seine Kinder vergrault? Seine Frau in den Tod getrieben hat? Und ein solcher Schürzenjäger soll er gewesen sein? Das passt überhaupt nicht zu dem Mann, den ich kennengelernt habe. Das kann doch einfach nicht wahr sein! Oder?

"Herr von Eisenstein," melde ich mich schließlich zu Wort. Noch halb in meinem seltsamen Geisteszustand, kommen die Worte nur leise hervor. Ich räuspere mich, versuche es noch einmal, lauter diesmal: "Sie sagten, ihr Bruder hätte seine erste Frau in den Tod getrieben. Eine ungeheuerliche Anschuldigung. Wie meinen Sie das? Was werfen Sie ihm vor? Meinen Sie seine... Eskapaden... an der Universität?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 4.11.2017 | 13:11
IM WOHNZIMMER

"Herr Doktor das wollen Sie. Doch gar nicht. Wissen das wollen Sie. Mich doch gar nicht. Fragen ich habe Sie beobachtet beobachtet wie Sie mich beobachten mich anblicken beäugen studieren mich. Analysieren zu ergründen versuchen weshalb dieser. Welke Körper dieses Vermächtnis. Des Verfalls noch immer. Atmet und nicht schon längst in feuchter. Erde. Verrottet ich. Bin ein medizinisches Wunder."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 4.11.2017 | 13:20
IM WOHNZIMMER

"Gut Cécilie ja Cécilie."

Hieronymus scheint sich zu sammeln. Wirkt nachdenklich und bedrückt.
"War die jüngste Tochter von. Moritz von Blanckenburg. Des Politikers geboren. Durch die Gnade. Des Herren 1865 gestorben. Durch eigene Hand 1897 Sie wissen. Nicht wie es. War wie sehr sie. Gelitten hat. Was."


"Wollen Sie hören. Dass ich als Mann Gottes. Diesen Engel als Selbstmörderin verdammen. Sollte da sie sich schwer gegen Gott. Versündigt hat die Bibel. Betrachtet noch immer Selbstmord wie Mord nur Gott. Ist den Dogmen meines Glaubens nach. Derjenige der darüber entscheidet wann. Und wie der Mensch stirbt diese Macht. In die eigenen Hände zu. Nehmen ist gemäss der Bibel Gotteslästerung das ist. Etwas das mich innerlich zerreisst."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 4.11.2017 | 15:09
IN DER KÜCHE

Ich bin sorgsam darauf bedacht, mir meine Belustigung nicht anmerken zu lassen, als Trudi die romantische Szene auf der Parkbank schildert. "Jau ... und gleich drauf hab'n se 'n Knopp jemacht ... direkt uff der Parkbank ... die beeden Hübschen! Ist doch klar! So spielt das Leben!"

Aber ich kenne das oft einsame und unglückliche Leben dieser Frauen, die sich ein privates Glück in eigener Familie nicht leisten können, die vergeblich auf den Mann warten, der sie aus dieser ausweglosen Tristesse erlöst.

"Ja, das müsste man mal ausklamüsern! Na, vielleicht hatte der Kloppi ooch 'n Techtelmechtel mit der Schwester. Und vielleicht hat der Hausmeister Lunte jerochen und wollt' se verpetzen ... Wer kann's schon wissen? ... Armes Ding!"

"Ich mochte Krankenschwestern immer!"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 4.11.2017 | 17:06
IM WOHNZIMMER

Der Pastor schaut auf den Boden.
"Wollen Sie. Hören wie es. Geschah detaillierte Einzelheiten zu ihrer. Verzweiflung zu ihrer nagenden Selbst. Anklage wollen Sie. Wissen wieviel Blut aus. Cécilie herausgeflossen ist dass sie sich. Noch im Todes. Kampf befand als ihre. Zwölfjährige Tochter sie fand Lydia. Hat das nie verwinden. Können Sie haben keine Ahnung. Was das Kind hernach durch. Gemacht hat."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 4.11.2017 | 19:55
IM WOHNZIMMER

Hieronymus greift in die Innentasche seiner Jacke und holt einen Zettel aus seiner Brieftasche.
"Hier nehmen Sie Doktor diese. Zeilen hat Lydia. Mal geschrieben da."

Der Zettel ist stark abgegriffen und die Schrift ist zum Teil verblichen. Es ist eine kindliche Schrift.
"War sie dreizehn Jahre. Alt hören Sie was. Ich Ihnen sage lesen Sie."
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 4.11.2017 | 23:23
IM WOHNZIMMER

"Vielen Dank!", antworte ich dem Pastor, als er eine Einladung zu der Sternwarte ausspricht. So viel Großzügigkeit hätte ich ihm gar nicht zugetraut, aber vielleicht lasse ich mich von seinem Äußeren auch zu sehr beeinflussen.

"Lydia ist derzeit im Ausland, nicht?", bringe ich mich dann wieder ins Gespräch, "Ich glaube, Frau Professor von Eisenstein erwähnte, dass ihr Gatte jüngst ein Paket von Ihr erhielt. Oder verwechsel ich da etwas?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 5.11.2017 | 00:46
IM WOHNZIMMER

"Ja nein Sie. Verwechseln nichts Lydia. Ist Missionarin in Britisch Indien sie lebt. Auf den Andamanen in einer Dschungel. Station die meisten der Inseln sind unbewohnt aber. Auf einigen Inseln leben primitive. Wilde der einzige halbwegs zivilisierte Ort ist wohl Port Blair. Aber was will man. Erwarten das Ganze ist eine Strafkolonie."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 5.11.2017 | 01:57
IM WOHNZIMMER

Ich nehme den Zettel entgegen und schließe meine Faust darum, ohne ihn anzuschauen. Stattdessen sehe ich dem Pastor in die Augen, fester nun, entschlossener. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu.

"Dann beantworten Sie doch nun noch meine zweite Frage, Herr von Eisenstein. Die, die sie gehört zu haben meinen, obwohl ich sie nicht gestellt habe. Da Sie schon so offen zu uns sprechen, werden Sie uns doch sicher auch dies gern beantworten. Weshalb atmet dieses Vermächtnis des Verfalls noch immer, wie Sie sich auszudrücken belieben? Können Sie es mir sagen? Ich bin gespannt."

Meine nun wieder feste Stimme trägt einen deutlich herausfordernden Unterton.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 5.11.2017 | 06:47
IM WOHNZIMMER

Der Pator schaut Dich kurz an. Wortlos. Durchdringend. Fast so, als überlege er was er sagen soll.
Dann blickt er jedoch nach unten auf den Boden.

Er gibt Bastian ein Zeichen, auf welches jener den Rollstuhl bewegt, ihn dreht und ihn in Richtung Salon schiebt. Hieronymus und Bastian verlassen fast geräuschlos das Zimmer.

Wie ein böser Spuk ist es vorbei.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 7.11.2017 | 05:20
IN DER KÜCHE

Begeistert fabuliert Trudi munter weiter drauflos. "Der Holmes, der würde die Tatorte aufsuchen, alles untersuchen, die Betroffenen befragen - die Lebendigen und die Toten. Holmes würde sich vielleicht sogar verkleiden, sich einschleichen, um die Tagesabläufe zu studieren und die Hintergründe der Tat zu beleuchten."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 7.11.2017 | 10:18
Im Wohnzimmer

Ich schaue etwas verdutzt in die Runde. Was war denn jetzt passiert?

An den Arzt gerichtet

"Ich denke es war nicht sehr höflich, was sie mit dem Brief gemacht haben."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 7.11.2017 | 12:19
Im Wohnzimmer

Ich begegne deinem Blick ebenso verwirrt. "Welcher Brief?" Langsam öffne ich meine Hand und schaue auf den abgegriffenen Zettel, der darin liegt. "Ach, diesen Zettel meinen Sie..." Ich falte ihn auf und lese. "Eine Art... Gedicht?" Immer noch etwas ratlos reiche ich dem Professor den Zettel.

Dann gleitet mein Blick zurück zu der schweren zweiflügligen Tür, die sich hinter Hieronymus geschlossen hat. "Was für eine irritierende Erscheinung. Wirklich der eigenwilligste Gottesmann, der mir je untergekommen ist."

Das war nun wirklich etwas anderes als das gesittete Abschiednehmen bei Kaffee und Kuchen, das ich hier erwartet hatte. Für so etwas war mein Tag eigentlich entschieden zu lang! Die vielen Fragen, die sich nun aufwerfen... war der Professor denn überhaupt der, den ich zu kennen glaubte? Oder war er das gespaltene Wesen, für das sein Bruder ihn hält? Kann ich überhaupt Abschied nehmen, solange ich das nicht weiß?

"Verzeihen Sie, wenn ich so direkt frage," wende ich mich wieder an den Herren neben mir: "Ich kenne Sie nicht und weiß nicht, wie gut Sie Professor von Eisenstein kannten. Aber glauben Sie das, was er über ihn erzählt hat? Und wussten Sie von dieser Sache mit der... dunklen Sonne?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 8.11.2017 | 13:41
Im Wohnzimmer

Ich nehme den Zettel entgegen, werde aber durch die Fragen erst einmal davon abgelenkt drauf schauen zu können. Mit nachdenklicher Mine wende ich mich dem Mann zu.

"Ich höre das alles zum ersten Mal heute. Da denkt man, man kennt jemanden und dann sowas."

Ich schüttele langsam und gedankenverloren den Kopf.

"Was halten sie von alldem?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 8.11.2017 | 22:18
IM WOHNZIMMER

Die Flügeltüren öffnen sich quietschend und zwei Herren betreten das Wohnzimmer.

Der eine ist hager und gross gewachsen. Er hat pechschwarzes, pomadiges Haar mit Scheitel links, trägt einen dünnen Oberlippenbart und hat einem Zigarillo im Mundwinkel. Er trägt ein weisses Hemd und darüber eine graue Fliege. Seine Handflächen sind in den Aussentaschen seines grauen Sakkos verborgen, nur die Daumen sind ausserhalb.
Der andere ist Leonhardt, der älteste Sohn des Professors. Er ist unauffällig und unscheinbar, weder hübsch noch hässlich, aber seine dunklen Haare beginnen bereits zu ergrauen. Auffällig ist jedoch seine gebückte Haltung.

Leonhardt schliesst die Tür, während der Mann mit grauer Fliege seinen Zigarillo mit einem goldenen Feuerzeug der Marke KW 130, von der Firma Karl Wieden, entzündet, inhaliert, den Rauch ausatmet und seinen Blick über die Anwesenden schweifen lässt.


Er hebt die linke Augenbraue.
"Sie alle sind mir unbekannt. Da Sie mich sicher auch nicht kennen, möchte ich mich Ihnen vorstellen. Mein Name ist Karl-Joseph Theodor Blumberg. Ich bin... nun ja... sagen wir... ein Geschäftsfreund des Verblichenen."

Er macht ein paar schnelle Schritte durch den Raum, immer gefolgt von Leonhardt, und bleibt dann vor dem Doktor stehen.
"Was war denn hieeer los. Sooo aufgebracht habe ich den Herrn Pastor ja noch nie gesehen. Sie haben ihn brüskiert... erzürnt... verärgert."

Leonhardt "Genau."

Der Mann zieht an seinem Zigarillo und bläst den Rauch in Deine Richtung.
"Das ist... unerhört."

Wieselflink zieht er beide Hände aus den Taschen und holt mit der Rechten aus, als wolle er Dir eine schallende Ohrfeige verpassen.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 9.11.2017 | 12:19
Im Wohnzimmer

Gerade will ich antworten, als sich die Flügeltüren erneut öffnen.

Wer ist denn das nun schon wieder? Was will denn dieser Schönling hier, in so einem Aufzug, beim Leichenschmaus?

Da hat der Herr, dessen gut gepflegtes Äußeres einen Hauch Verruchtheit nicht verbergen kann, sich auch schon vor mir aufgebaut. Eine Duftwolke, eine kräftige Mischung aus Tabak und reichlich Kölnisch Wasser, trifft mich und ich gehe unwillkürlich einen halben Schritt zurück.

"Es tut mir leid, wenn der Herr Pastor verärgert ist. Ich muss aber auch sagen, dass er selbst es nicht gerade auf eine gesittete Unterhaltung angelegt hatte."

Da holt mein Gegenüber auch schon aus und ich verfalle aus hundertfach trainiertem Instinkt in Boxerpose: meine Knie beugen sich, das Gewicht liegt leicht auf den Fußballen, die Fäuste erhoben, das Kinn zur Brust gesenkt. Schlägt er zu? Oder ist ihm klar, dass man so etwas auf einer Trauerfeier besser bleiben lässt?
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 9.11.2017 | 16:13
In der Küche

"Na denn nüscht wie hin! Bloß ma kieken? Vielleicht dürft' ich die Gnä'Frau 'mal uff 'nen Spazierjang durch'n Treptower Park einladen? ... Icke bring die Muckis mit und Du des Köpfchen. Wie wär des?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 9.11.2017 | 20:57
IM WOHNZIMMER

Blumberg schaut verdutzt. Dann dreht er sich zu Leonhardt um und lacht lauthals los, als würde er sich über Dich lustig machen.

Er muss sogar den Zigarillo aus dem Mund nehmen, um sich nicht zu verschlucken.
"Jetzt schauen Sie sich den Mann an, Leonhardt. Da will man dem Guten zu seinem Mut gratulieren und ihm auf die Schulter klopfen, und schon springt er in Verteidigungspose."

"Boxen is' nicht, guter Mann."

Er dreht seinen Kopf nach hinten. An Leonhardt gewandt "Von dem hier könnten sich manche Leute eine Scheibe abschneiden." und Leonhardt nickt stumm.

An Dich gewandt "Schneidig, schneidig, Wertester. Und immer auf der Hut. Das gefällt mir. Lassen Sie uns die Hände schütteln."

"Ich möchte mich dafür bedanken, dass ich hier nicht mehr der Einzige bin, der der staubigen Mumie Paroli bietet. Ich fühlte mich bereits recht einsam."

"Zigarillo gefällig?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 9.11.2017 | 22:57
IM WOHNZIMMER

Ich lege Hans die Hand auf die Schulter und hoffe, ihn so ein wenig zu beruhigen, als die beiden Herren den Raum betreten und zu der gespannten Stimmung beitragen. Als Blumberg die Situation aufklärt und lacht, muss ich ebenfalls in Lachen. Es ist jedoch nicht Spott über Hans, sondern einfach nur die Erleichterung, die sich breit macht. Die beiden Herren wirken zwar auf den ersten Blick nicht unbedingt sympathisch - aber immerhin scheinen sie nicht auf Streit aus zu sein. Und man soll Menschen schließlich auch nicht nur nach ihrem Aussehen beurteilen. Als Geschäftsmann unterliegt man da bestimmt auch mehr Zwängen bei der Wahl der Kleidung als ein Wissenschafter, der seine Ideen mit Argumenten anbringt, nicht mit Verkaufsgesprächen.

"Sie bieten dem Herrn Paroli?", bringe ich mich dann ins Gespräch ein, "Das klingt fast, als tyrannisiere er diese Familie ständig. Entschuldigen Sie meine Neugier, aber ich würde doch gerne mehr über ihn erfahren. Er scheint doch ein sehr...ungewöhnlicher Pastor zu sein." Während ich rede, spiele ich mit meinen Händen. Es ist mir sichtlich unangenehm, schlecht über jemanden zu sprechen, der nicht anwesend ist. Aber wie so oft ist meine Neugier schneller als mein Benehmen und so sind die Worte auch schon gesprochen, bevor ich allzu lange darüber nachgedacht habe.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 10.11.2017 | 14:29
Im Wohnzimmer

Als die beiden Herren hereinkommen, betrachte ich die Szene mit einiger Verwunderung. Ich streiche kurz über Agathes Hand, ehe sie zu sprechen beginnt. Diese Gelegenheit nutze ich, um instinktiv einen Schritt zurück zu machen und den Zettel zu betrachten, der noch immer in meiner Hand liegt.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 10.11.2017 | 16:36
IM WOHNZIMMER

Blumberg zieht genüsslich an seinem Zigarillo und lehnt sich lässig an die Wand neben dem Klavier.
"Phillip vertrat die Meinung, dass die Sternkunde wesentlich weiter zurück liegen müsse, als nur bis zu den Ägyptern oder den Babyloniern. Laut Ansicht der Bibel-Gelehrten ist die Welt nur 6.000 Jahre alt. Das konnte unserer Meinung nach so nicht stimmen."

"Phillip vertrat auch die Meinung, dass kosmische Strahlung das Leben auf der Erde stark beeinflusst, bzw. sogar verändert habe. Das ist bislang jedoch nur eine Theorie."

"Auch haben wir eine andere Auffassung von der Stellung des Menschen im Weltall, als es die Kirche hat. Aber das nur nebenbei."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 10.11.2017 | 17:01
IM WOHNZIMMER

Der Mann stellt das rechte Bein über Kreuz vor das linke, mit einem Schuh auf der Kappe.

Er hat anscheinend nicht nur Geschmack, sondern auch das nötige Kleingeld. Schuhe von Bartley & Son aus London kosten schon eine Kleinigkeit. Passend zu den dunkelgrauen Lederschuhen ist auch der Gürtel in der gleichen Farbe, wobei sie sich geschmackvoll vom restlichen Ensemble der Kleidung, im etwas helleren Grau, abheben.
"Unserer Meinung nach sind wir Menschen dem Weltall schonungslos, vielleicht sogar hoffnungslos, ausgeliefert. Hieronymus und seinesgleichen reden von der Liebe Gottes und dass sich alles zum Guten wenden würde, wenn der Glaube nur stark genug sei. Durch dieses Denken weiht sich die Menschheit unweigerlich dem Untergang und der Vernichtung."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 10.11.2017 | 19:58
IM WOHNZIMMER

Blumberg drückt den Stummel des Zigarillos in einem kleinen, tragbaren Aschenbecher aus, den er aus seiner Westentasche hervor holt.
"Was haben wir denn nun entdeckt?"

Der Mann holt ein vergoldetes Zigarettenetui heraus und zündet sich einen weiteren Zigarillo mit seinem goldenen KW 130 an. Er bietet Euch ebenfalls einen Zigarillo an.
"Möchte jemand? Bedienen Sie sich."

"Nur keine falsche Bescheidenheit. Das sind türkische. Mild aber aromatisch."

Er fängt an zu rauchen und lässt den Blick in die Ferne schweifen.
"Hmmm. Wo war ich doch gleich nochmal stehengeblieben? Auch ja. Nun denn."

"Die Sterne, wissen Sie, die tanzen nicht herum. Man muss schon ein wenig suchen, um das Besondere zu entdecken. Deshalb haben wir vor sieben Jahren die Sternwarte erworben."

"Ein dunkler, unsichtbarer Stern wurde von unseren Mitarbeitern entdeckt."

"Ha, werden Sie sich fragen. Wie kann man einen unsichtbaren Stern entdecken?"

"Gute Frage meine Dame, meine Herren."

"Wir stellten fest, dass Asteroiden plötzlich aus dem Nichts auftauchten. Wir verfolgten deren Bahnen zurück. Und voilà, ein unsichtbarer Stern; doch vielleicht ist es auch nur ein Planet. Jedoch bombardiert er unsere Erde mit seinen Asteroiden. C'est ça."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 10.11.2017 | 21:17
IM WOHNZIMMER

Blumberg geht vom Klavier weg und wendet sich Agathe zu. Er verbeugt sich tief, ergreift Deine Hand und haucht Dir einen Handkuss auf Deinen Handrücken.
"En chantée, Gnädigste. Zu Ihren Diensten."

"Um auf Ihre Frage zu antworten, ich biete jedermann Paroli, der nicht meine Meinung teilt."

"Der Pastor ist ein eigenartiger und bemitleidenswerter Kauz. Er ist ein zutiefst verbitterter und ein am Leben verzweifelter Mann."

"Er ist nach seinen kirchlichen Weihen nach Afrika gegangen und hat in Deutsch Ost-Afrika eine Mission geleitet. Der Name des Dorfes sagt Ihnen sicherlich nichts - Usumbura. Dort gab es den Militärposten Marienheim, der 1889 aus dem Boden gestampft wurde. Er war Standort der 9. Kompanie der Schutztruppe."

Blumberg schaut Dich interessiert an.
"Die Frage ist nur natürlich. Sie müssen sich nicht Ihrer Neugierde schämen, Gnädigste."

"Nun der Herr Pastor legte sich wohl beim Missionieren mit dem falschen Häuptling an. Und der wollte wohl nicht, dass seine Leute sich in Missionarsstellung einem Weissen unterwerfen."

"Verzeihen Sie mir das Wortspiel, Gnädigste."

"Der Kaffer hatte Mut und er hatte einen Plan. Ausserdem hatte er wohl auch noch den einen oder anderen Krieger. Die Wilden lockten also zuerst die Schutztruppe in den Dschungel und machten dann die übrigen Soldaten des Militärpostens nieder. Danach wandten sie sich der Missionsstation zu und überrannten diese. Die Schwarzen, die in der Station arbeiteten, wurden sämtlich abgeschlachtet. Die weissen Krankenschwestern, drei Deutsche und eine Dänin, wurden in die grüne Hölle des Dschungels verschleppt und tauchten nie wieder auf. Kein Mensch hat sie je wieder zu Gesicht bekommen. Vielleicht mussten sie ihrem neuen Herrn als Lustsklavinnen dienen?"

Er schaut über Dich hinweg aus dem Fenster in die verregneten Wolken.
"Wer weiss schon, was die Kaffer im Dickicht so alles treiben? Vielleicht haben die Damen auch nur ihren Speiseplan bereichert."

"Jedenfalls waren alle tot. Die Schutztruppe, der Kommandeur und die vielen hilfreichen Negerlein auch."

"Nur der liebe Herr Pastor wurde verschont. Doch der Ober-Kaffer war nicht nur der Stammes König, er war auch noch so ein Hexendoktor. Und der hat Hieronymus übelst mitgespielt und ihn mit einem hübsch-hässlichen Fluch belegt."

"Er kam krank und als gebrochener Mann zurück. Es ging ihm immer schlechter und schlechter. Zig Ärzte wurden konsultiert. Auch Spezialisten. Hieronymus war sogar in der Schweiz. Nichts. Der Mann ist an sich kerngesund. Wohlmöglich gesünder als Sie oder ich. Und doch ist er jetzt eine lederige Mumie."

"Tja, wenn Sie mich fragen, würde ich meinen, dass sein Glaube nicht stark genug war. Welch Ironie des Schicksals."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 12.11.2017 | 10:07
IM WOHNZIMMER

"Eine gewagte These", antworte ich, als der Mann von seinen Ansichten zum Weltraum berichtet. Auch wenn seine Thesen mich weniger an Wissenschaft, sondern eher an dieses amerikanische Buch über Marsianer erinnert, dass Gottlieb August Crüwell vor einigen Jahren auf deutsch übersetzte, bin ich bemüht, mir das nicht anmerken zu lassen. "Und es verwundert mich nicht, dass die Kirche darüber nicht glücklich ist. Auch wenn man Ihre Erkenntnisse natürlich auch positiver deuten könnte: Wenn die gesamte Erde von Außen bedroht wird, dann müssen Menschen zusammen halten. Unsere Kriege und Konflikte wären dann schließlich unbedeutend, im Vergleich zu dem, was uns droht." Kurz blicke ich zu Hans, versuche seine Meinung an seinem Gesicht abzulesen. "Aber verzeihen Sie, ich wollte nicht politisieren."

Die angebotene Zigarillo lehne ich dankend ab. Auch wenn die jungen Mädchen heutzutage wohl gerne rauchen, habe ich selbst mit diesem Laster nie begonnen.

Als Blumberg beginnt in widerlichsten Worten über Dschungelmenschen zu sprechen, presse ich unwillkürlich die Lippen zusammen. "Nun, ich denke, es ist klar, was sie sagen wollen.", unterbreche ich ihn mit kühler Stimme, als er beginnt seine Phantasie schweifen zu lassen.

"Haben Sie heute in der Zeitung von diesen verschrumpelten Leichen gelesen? Die Beschreibung erinnert mich an das, was sie eben erzählt haben. Vielleicht eine neuartige Krankheit, die die Haut verschrumpeln lässt."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 12.11.2017 | 12:55
IN DER KÜCHE

Trudi faltet sorgsam die Zeitungen, stapelt diese und legt sie in den Speiseaufzug. Dann winkt sie Dich heran.
"Kommen Sie, kommen Sie. Schnell. Das müssen Sie sich anhören. Oben im Wohnzimmer tanzt gerade der Bär."

Sie hält den Kopf in den geöffneten Schacht nach oben.
"Der reiche Blumberg hält gerade eine Ansprache zu des Professors Himmels-Eskapaden."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 12.11.2017 | 13:39
IM WOHNZIMMER

Blumberg hebt die Augenbrauen.
"Sie teilen meine Meinung zu den Wilden demnach nicht, wie ich Ihrem Gesichtsausdruck entnehme. Aber wir Zivilisierten müssen diesen Untermenschen doch wohl klar ihre Stellung in der Welt aufzeigen. Und wenn es sein muss, dann mit Feuer und Schwert. Aber lassen wir das."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 12.11.2017 | 15:52
IM WOHNZIMMER

"Ich habe heute Morgen meinen Kaffee im CVB eingenommen und die Nachrichten in den Zeitungen gelesen, auf welche Sie Sich beziehen und mich mit einigen Honoratioren darüber unterhalten."

"Jedermann kam eine derart zügige Dehydration absolut unmöglich vor. Selbst in der Wüste würde so etwas Tage, wenn nicht Wochen, dauern."

"In den nächsten Tagen werde ich dazu noch den guten Kronfeld aufsuchen und noch heute den alten Liepman konsultieren."

Blumberg haucht einen breiten, goldenen Ring an und reibt diesen dann über sein Revers.
"Ich hatte Gelegenheit mit Herrn Sauerbruch darüber zu palavern. Er plant einen Umzug von München nach Berlin und handelt gerade gute Bedingungen mit der Charité aus. Er wird hier nächstes Jahr sicher viele Vorlesungen halten."

"Ernst ist nicht der Ansicht, dass es zw. der jungen Krankenschwester und dem, was dem Pastor seinerzeit in Afrika geschehen ist, einen Zusammenhang gibt. Ich bin anderer Meinung. Aber möglicherweise... wer weiss, wer weiss."

Er leert den Inhalt seines Taschen-Aschenbechers in den Kamin und klopft ihn aus.
"Ich habe ihn dennoch gebeten, sich den seltsamen Fall in der Gerichtsmedizin einmal näher anzusehen."

"Er wird mir Bescheid geben, was er dazu meint und sich dann auch noch gleich den Zustand von Hieronymus ansehen, um beide Fälle vergleichen zu können."


[ CVB = Club von Berlin ]

[ Prof. Dr. Dr. Arthur Kronfeld (*1886), - Professor an der Charité Berlin (ab 1927) - Psychotherapeut, Psychologe und Sexualwissenschaftler ]

[ Prof. Dr. Hugo Karl Liepman (*1863) - Neurologe und Hirnforscher - Direktor a.D. der Irrenanstalt der Stadt Berlin zu Dalldorf (1901-1914) und der Städtischen Irrenanstalt Herzberge in Berlin-Lichtenberg (1914-1920) ]

[ Prof. Dr. Ernst Ferdinand Sauerbruch (*1875) - Geheimrat (1918) - Professor der Chirurgie in Marburg (1908-1910) und in Zürich (1910-1918), Leiter der Chirurgie in Greifswald und des Vereinslazaretts in Singen Htwl. (1915-18), Professor der Chirurgie in München (ab 1918) ]
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 12.11.2017 | 20:23
IM WOHNZIMMER

Als sich die Situation entspannt, nehme ich dankend den Zigarillo entgegen, auch um die kleine Peinlichkeit zu überspielen. Schmeckt wirklich nicht schlecht. Vielleicht ist dieser Blumberg doch kein so übler Kerl.

Aber seine Begeisterung für die Astronomie teile ich nicht gerade. Viel spannender ist da doch, was er über die Krankheit des Pastors zu berichten weiß. Und über Prof. Sauerbruch.

"Sauerbruch kommt nach Berlin?" platze ich etwas ungeschlacht heraus, ehe ich mich zurückhalten kann. "Wann denn? Und..." wie kommt es, dass er ihn so gut kennt, sogar duzt? Und vor allem: warum informiert mich eigentlich niemand über so etwas? "...äh, also, er interessiert sich tatsächlich für diesen Fall? Wenn es so ist, kann ich mir gut vorstellen, dass er Licht in diese seltsame Sache bringen kann. Ich denke aber genau wie er, dass es zwischen dem Fall des Herrn Pastor und dem neuen Fall kaum einen Zusammenhang geben dürfte. Wahrscheinlich ist beim Herrn Pastor tatsächlich eine Tropenkrankheit ursächlich, auch wenn ich von einer dieser Art noch nie gehört habe...die Vorstellung, dass primitive Wilde ihm das irgendwie zugefügt haben könnten, halte ich dagegen, verzeihen Sie, für Kokolores. Und der neue Fall... nun, sie sagen selbst, dass es eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist. Man sollte vielleicht nicht alles glauben, was in der Zeitung steht und erst einmal abwarten, inwiefern sich das bestätigt."

Sauerbruch kommt nach Berlin! Das ist fantastisch! Wer weiß, vielleicht kann ich ihn sogar gleich bei dieser seltsamen Geschichte hier unterstützen und habe dann bei ihm einen Stein im Brett, noch bevor meine Kollegen ihn auch nur zu Gesicht bekommen haben...vielleicht geht es dann endlich mal wieder aufwärts in der Karriereleiter!

"Aber sagen Sie, wann kommt denn nun Prof. Sauerbruch, um sich die Sache anzuschauen? Vielleicht wissen Sie, ob er da Unterstützung gebrauchen kann? Ich bin gerne bereit, mich zur Verfügung zu stellen, müssen Sie wissen."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 12.11.2017 | 21:49
IM WOHNZIMMER

Blumberg grinst Dich verschmitzt an.
"Das Interesse am Spiel steigt mit der Exklusivität der Spieler, nicht wahr?"

"Ernst ist seit Mittwoch in Berlin und reist Sonntag früh wieder ab. Wenn Sie möchten, dann kommen Sie doch morgen früh um 8 Uhr in den CVB. Ich mache Sie mit ihm bekannt und dann plaudern wir etwas beim Frühstück."

"Sie finden doch sicher hin, oder? Und seien Sie pünktlich."


[ 'Der Millionenclub', Jägerstrasse 2, Berlin-Mitte ]
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 13.11.2017 | 10:12
IM WOHNZIMMER

"Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen." Mit leuchtenden Augen ziehe ich an meinem Zigarillo und atme den süßlichen Rauch zufrieden aus. "Ich werde pünktlich sein, machen Sie sich da keine Sorgen. Und wenn die Frage gestattet ist: mich würde wirklich interessieren, wie es kommt, dass Sie offenbar so vertrauten Umgang mit Prof. Sauerbruch pflegen. Kennen Sie ihn schon länger?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 13.11.2017 | 19:24
IM WOHNZIMMER

"Dass Sie das interessieren würde, kann ich mir denken."

"Und vielleicht. Vielleicht erfahren Sie ja morgen mehr."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 14.11.2017 | 21:03
IM WOHNZIMMER

Blumberg nickt Euch zu.
"Meine Herren, wenn es nichts mehr zu besprechen gibt, dann möchte ich mich jetzt empfehlen."

Er geht noch auf Agathe zu und gibt Dir einen förmlichen, wenn auch etwas langen, Handkuss.
"Gnäd'ge Frau. Ich werde zu Diensten sein, sollten Sie meiner bedürfen. Und wenn es Sie interessieren sollte, dann sehen Sie doch in der Sternwarte vorbei. Ich bin spät abends sehr häufig dort anzutreffen.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 14.11.2017 | 21:56
IM WOHNZIMMER

"Danke, darauf werde ich gerne zurück kommen.", antworte ich mit leichtem Lächeln. Den etwas zu langen Handkuss übersehe ich höflich, nehme mir aber vor, Hans zu fragen, ob er mich zur Sternwarte begleiten möchte.

Danach gehe ich zu dem Bücherregal, wo ich zuvor gestört worden war und nehme das Buch "Teleskope machen noch keinen Astronomen" an mich, da die Frau Professor es mir ja quasi geschenkt hatte. Im Anschluss suche ich Hans auf. "Ich gebe zu, dieser Nachmittag verläuft ein wenig anders, als ich es erwartet hatte. Es ist wirklich schade, dass ich Herrn von Eisenstein nie kennen gelernt habe. Er muss ein sehr außergewöhnlicher und vielseitig interessierter Mann gewesen sein."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 15.11.2017 | 00:12
IM WOHNZIMMER

Bevor der Mann den Raum verlässt, gibt er Dir noch unauffällig seine Visitenkarte.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 15.11.2017 | 04:45
IN DER KÜCHE

Ich folge Trudis Einladung und lausche gemeinsam mit ihr in den Schacht des Speiseaufzugs. Dabei frage ich mich, ob dies eine Einbahnstraße ist oder ob die Herrschaft wohl manchmal genauso verfährt und die Gespräche in der Küche belauscht ... Vorsorglich verhalte ich mich still, während ich den Gesprächen zu folgen versuche.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 16.11.2017 | 07:39
IM WOHNZIMMER

Ein fragender Blick auf die Visitenkarte und Agathe geht hinter Herrn Blumberg her. An der Tür zum Salon holst Du ihn ein, bevor er durch die bereits geöffnete Tür entschwinden kann.
Auf Deine Frage nach der Adresse schaut er Dich an, mit einem warmen Lächeln.
"Überraschen Sie mich, Frau Lohnstein."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 17.11.2017 | 10:13
Im Wohnzimmer

Als Agathe mich anspricht, scheine ich mich erst einmal aus dem Gedicht lösen zu müssen. Ich wirke etwas verwirrt und fahrig.

"Ja allerdings, meine Liebe."

Unklar worauf sich das nun bezieht. Abwesend falte ich den Zettel zusammen und lege ihn - glattgestrichen und gefaltet - auf den Tisch, so dass er nicht per Zufall fortgeworfen wird. Erst dann scheint mein Blick wieder vollkommen im Hier und Jetzt anzukommen. Es wirkt ein wenig als erwache jemand aus dem Schlaf.

"Wirklich sehr merkwürdig das Alles, nicht wahr?"

Ich beginne an meinen Fingern abzuzählen.

"Zuerst ein ungeahnter Bruderzwist."

Bei jedem neuen Satz schießt ein Finger vor und wird bestätigend vom Zeigefinger der anderen Hand beklopft.

"Dann ein Zusammenbruch. Gefolgt von der Offenbarung, dass mein lieber Freund und Kollege offenbar alles Geld in eine Sternwarte gesteckt hat. Sein Bruder ist als Missionar einem Fluch erlegen. Und nun wurden auch noch eingeladen, uns diesen mysteriösen dunklen Stern anzusehen."

Alle fünf Finger einer Hand sind abgezählt und ich blicke fragend zuerst zu Agathe, dann zum Rest der Anwesenden.

"Habe ich etwas essentielles vergessen oder übersehen?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 17.11.2017 | 22:47
Im Wohnzimmer

"Und dann auch noch dieser Todesfall in Zusammenhang mit der Sternwarte, der heute morgen in Zeitung stand", ergänze ich, "In der Tat, es ist alles sehr seltsam. Und auch diese Visitenkarte wirft mehr Fragen auf." Mit diesen Worten zeige ich Hans die eben erhaltene Karte. "Aber ich gebe zu, so seltsam dies alles ist, es weckt auch mein Interesse. Ich bin schon richtig gespannt auf dieses Buch und möchte auch der Sternwarte bald einen Besuch abstatten."

Kurz unterbreche ich meinen Redeschwall, um mir das Haar zu richten und Hans Gelegenheit zur Antwort zu geben. Dann werfe ich einen Blick aus dem Fenster und versuche die Zeit einzuschätzen. Keine einfache Aufgabe, ist es doch den ganzen Tag schon düster und nebelig. "Was meinst du, hans. Sollen wir uns nochmals unter die Trauergemeinde mischen?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 18.11.2017 | 17:23
Im Wohnzimmer

Mit aufmerksamem Blick folge ich der Aufzählung von Prof. Lohenstein.

"Vergessen haben Sie höchstens noch die Andeutungen des Herrn Pastors über Mord. Er scheint ja der Meinung zu sein, dass gleich mehrere Personen ein Interesse gehabt haben könnten, unserem gemeinsamen Freund sein Leben zu nehmen. Darunter seine eigene Tochter! Das erscheint mir doch alles mehr als unwahrscheinlich, aber ich werde dennoch einmal in Erfahrung bringen, ob letztlich eine natürliche Todesursache festgestellt werden konnte."

Als hätte ich den letzten Teil doch lieber nur gedacht anstatt ihn auszusprechen, schaue ich aufmerksam zu den anderen Anwesenden auf. "Eine reine Vorsichtsmaßnahme, natürlich. Ich bin sicher, es handelt sich lediglich um die Hirngespinste eines missgünstigen Bruders, dem das Leben übel mitgespielt hat. Ich kann mich doch auf Ihrer beider Diskretion verlassen, was das angeht? Wir wollen ja keine Gerüchte in die Welt setzen."

Dann setze ich hinzu, als sei es mir erst jetzt eingefallen: "Wie unhöflich, ich habe mich Ihnen noch gar nicht vorgestellt. Dr. Degebach mein Name, Ludwig Degebach. Verzeihen Sie, wenn ich es mir anmaße, das zu sagen. Aber durch dieses gemeinsame Erlebnis hier," und ich deute vage in Richtung der schweren Tür, um damit den unheimlichen Pastor, dessen dunkle Andeutungen und die mysteriöse Gestalt des Herrn Blumberg in einer einzigen Geste zusammenzufassen "durch dieses seltsame Erlebnis fühle ich mich Ihnen beiden schon fast etwas verbunden, ohne Sie überhaupt zu kennen."

Mit einem Lächeln im Gesicht strecke ich dem Paar die Rechte entgegen. Ich versuche, einladend zu wirken, doch das Lächeln gerät etwas schief und das trübe Tageslicht zeichnet einen tiefen Schatten in die lange Narbe auf meiner Wange. Zum Glück gewittert es nicht.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 19.11.2017 | 14:23
IM WOHNZIMMER

Ein wenig Zeit ist vergangen, seitdem Blumberg das Wohnzimmer verlassen hat.
Ihr braucht etwas, die ganzen Neuigkeiten sacken zu lassen, die ihr erfahren habt, Euch damit auseinander zu setzen bzw. Euch davon zu erholen.

Ihr hört, wie etwas im Speiseaufzug hoch gezogen wird und nehmt den Duft von Fleischpastete wahr.
Etwas später erscheint die Haushälterin. Sie nimmt eines der beiden Tabletts heraus und schaut Euch aufmunternd an.
"Wie schnell doch die Zeit vergeht. Haben die werten Herrschaften vielleicht Lust auf etwas leckere Pastete. Die Herrschaft hat bereits den Bordeaux dekantiert."

"Wenn Sie möchten, folgen Sie mir bitte in den Salon."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 20.11.2017 | 17:28
Im Wohnzimmer

Ich nicke bestätigend zu Agathe.

"Verständlich das du dir das ansehen willst. Ich muss zugeben, dass auch mein Interesse geweckt ist."

Ein weiteres Nicken besiegelt die Aussage und transformiert sie zu einem Tagesordnungspunkt der näheren Zukunft. Auf die Worte und die Geste des Arztes hin, ergreife ich die angebotene Hand und schüttele sie.

"Hans Hermann Lohenstein."

Ich deute auf meine Gattin neben mir und trete selber einen Schritt zur Seite.

"Und wenn ich vorstellen darf: Meine Frau Agathe."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 20.11.2017 | 19:32
IM WOHNZIMMER

Auf dem zweiten Tablett, das Trudi aus dem Speiseaufzug nimmt, liegt eine tadellos gebügelt Zeitung - das Berliner Abendblatt.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 21.11.2017 | 16:01
IM WOHNZIMMER

"Sehr erfreut," ich schüttele den beiden die Hand. Ein geübter, kräftiger Händedruck, der wohl Vertrauen aufbauen soll, wo es Gesichtsausdruck und Gebaren nicht vermögen. "Und übrigens, meine Hochachtung dazu, wie Sie den Herrn Pastor da vorhin in seine Schranken gewiesen haben, Herr Lohenstein. Wirklich, das hätte ich nicht besser hinbekommen." Ich schüttele verständnislos den Kopf. "Ein solches Verhalten von einem Geistlichen, sowas ist mir noch nicht untergekommen. Wurde wohl Zeit, dass ihm mal jemand die Leviten liest, wenn ich das so sagen darf."

Als Trudi dazukommt, wende ich mich an sie: "Sehr aufmerksam, meine Liebe. Und schön zu sehen, dass Sie sich von dem Schrecken erholt haben." Ich kann mir nicht verkneifen, mit einem Grinsen hinzuzufügen: "Sie haben ja sogar wieder Farbe im Gesicht!" Ich halte ihr die Tür zum Salon auf, da die schwere Tür mit einem Essenstablett in der Hand nicht allzu leicht zu öffnen sein dürfte. "Nach Ihnen, Werteste."

Dann folge ich ihr in den Salon. Im schummrigen Licht, das durch die schweren Vorhänge fällt, ist erstaunlicherweise noch die ganze, zugegeben kleine, Trauergemeinde versammelt. Lediglich der Pastor hat seine Schäfchen sich selbst überlassen und seinen Schrank von einem Helfer gleich mitgenommen. Oder ist er bloß im Nebenraum? Bei dem Gedanken schießt mein nervöser Blick unwillkürlich zum anderen Eingang des Salons, bevor ich mich wieder in den Griff bekomme. Ludwig Gotthold, ein Kerl wie du hat doch vor so einem keine Angst! Das ist doch bloß ein ganz kleiner, gebrochener Mann. Da müssten schon ganz andere kommen... Dennoch kann ich eine gewisse Nervosität nicht abschütteln, als ich um die - inzwischen weniger festliche, dafür umso mehr mit Krümeln und Kaffeeflecken verzierte - Tafel herumgehe, um noch einmal in Ruhe der Witwe meine Aufwartung zu machen. "Frau von Eisenstein, ich hoffe, es geht Ihnen gut?" Das ist bei diesem Anlass vielleicht nicht die glücklichste Formulierung. Ich meine, haben Sie sich von Ihrem kleinen Ohnmachtsanfall erholt?" Nachdem sie dies bejaht, fahre ich fort: "Ich möchte Ihnen noch einmal mein herzliches Beileid aussprechen. Es ist wirklich eine schreckliche Tragödie. Bitte, lassen Sie es mich wissen, wenn ich Ihnen in dieser schwierigen Zeit irgendwie beistehen kann." Ich hoffe nur, das nimmt sie jetzt nicht allzu wörtlich. An der Klinik habe ich schon mehr als genug zu tun...

In der Zwischenzeit hat Trudi geschwind die Tafel abgeräumt und gesäubert und serviert nun die Fleischpastete. Gemeinsam mit dem schweren Duft des Bordeaux bleibt die belebende Wirkung auf die Trauergemeinde nicht aus. Selbst die Trägsten erwachen nun aus ihrem Schlummerzustand und machen sich über die Köstlichkeiten her. Auch ich habe neben der Witwe Platz genommen und esse mit Appetit. Schließlich ist dies meine erste Mahlzeit seit einem eher kargen Frühstück. Und mit vollem Magen sieht die Welt schon wieder anders aus. Das flaue Gefühl im Magen verflüchtigt sich und nimmt die bösen Vorahnungen gleich mit... hoffe ich zumindest.
Auch das Berliner Abendblatt hat seinen Weg in den Salon gefunden, liegt aber noch unbeachtet auf einem Beistelltisch aus dunklem Nussholz.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Joran am 21.11.2017 | 18:11
IN DER KÜCHE

Als Trudi sich anschickt, die kalte Fleischpastete zu servieren, mache ich mich auf den Weg zu dem kleinen Laden für Tabackwaren und Zeitungen, den ich auf der Hinfahrt entdeckt habe, um die Zeitungen zu besorgen.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 21.11.2017 | 23:44
IM SALON

"Sehr erfreut.", antworte ich mich einem leichten Lächeln auf den Lippen, als Hans mich vorstellt. Anschließend folge ich den beiden Herren zurück in den Salon. Ein flüchtiger Blick verrät, dass der Pastor wohl nicht mehr anwesend ist und sogleich entspanne ich mich ein wenig.

Nachdem die Plätze, an denen Hans und ich ursprünglich saßen, mitterlweile besetzt sind, bewege ich mich auf einen anderen Platz zu. "Verzeihen Sie, ist hier noch frei?", erkundige ich mich bei der jungen Frauen, neben den drei leeren Stühlen, die zuvor schweigend vor sich hingeblickt hatte und einen etwas verlorenen Eindruck auf mich machte. Nachdem sie bejaht hat, nehme ich Platz und stelle mich vor. "Nun, dann bin also immerhin nicht die einzige hier, die nicht zur Familie gehört und kaum jemanden kennt.", antwortet die junge Dame und stellt sich als Emilia vor. "Verlobte von Phillip Hoffmann, dem Patenkind von Professor Eisenstein. Mit diesem Teil der Familie hatte ich bislang allerdings nur wenig zu tun."

Emilia verbirgt ihren Widerwillen nur unzureichend, was ich zwar unangemessen, aber doch auch nachvollziehbar finde. "Aber Phillip uns ein Patenonkel standen sich dann wohl sehr nahe?", erkundige ich mich und beginne mich an der Pastete zu bedienen, nicht zuletzt um der jungen Frau Zeit zum Erzählen zu geben.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 25.11.2017 | 10:57
IM SALON

Emilia blickt Dich kurz an, ohne Augenkontakt zu suchen und schaut wieder auf ihren leeren Teller zurück, so als hätte sie etwas unanständiges getan und wäre dabei ertappt worden.
"Ich... nein... eher nicht."

Ihrer Sprache zufolge stammt sie nicht aus Berlin. Hanseatisch. Vermutlich Hamburg. Sie spricht recht leise, aber deutlich.
"Er... der Professor hatte kaum Kontakt zu Phillip. Wissen Sie... dieser Pastor... der Bruder des Verstorbenen." Sie schüttelt sich leicht und erzittert.

"Ich habe hier ein Jugendbildnis des Professors entdeckt und es mir näher angesehen... es muss wohl in der Oberprima der Oberschule entstanden sein."

Emilia erhebt sich und legt die Serviette auf den Stuhl.
"Entschuldigen Sie mich."

Du hörst die Stimme von Elfi.
"Fräulein Schönwald. Ist alles in Ordnung?"

Doch die junge Dame entschwindet hastig mit einem Nicken ins Treppenhaus.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 26.11.2017 | 22:21
IM SALON

"Ja, ich hatte eben Gelegenheit, den Pastor kennen zu lernen und verstehe, was Sie meinen.", antworte ich frei heraus und merke viel zu spät, wie sehr das Gespräch die junge Dame wohl belastet. "Verzeihen Sie bitte." rufe ich ihr noch hinterher und stehe schon auf, um ihr zu folgen. Doch als ich sehe, dass Elfie sich bereits kümmert, halte ich inne. Ich würde hier wohl nur noch mehr Porzellan zerschlagen. Ein wenig hilflos blicke ich mich nach Hans um, mein Blick fällt jedoch zunächst auf die Berliner Abendzeitung und ich überfliege die Schlagzeilen und blättere durch die ersten Seite. Als ich auf die Erwähnung der Sternwarte stoße, schnappe ich mir die Zeitung und marschiere damit zu Hans und Dr. Degebach. "Sehen Sie meine Herren, der seltsame Todesfall, über den wir zuvor bereits sprachen." Mit diesen Worten strecke ich den Männern die Zeitung hin und deute auf den Artikel mit der Überschrift VERMISSTER WACHMANN TOT. "Und dann handelt es sich auch noch um einen Wachmann der Sternwarte. Ein wirklich seltsamer Zufall, meinen Sie nicht?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 27.11.2017 | 08:36
IM SALON

Agathe begibt sich zu ihrem Mann und dem Doktor. Beide stehen vor einer Wand mit gerahmten Fotografien.
Der Verstorbene hatte offensichtlich ein Faible für Erinnerungsfotos.

Ein Bild zeigt den Professor in deutlich jüngeren Jahren. Er befindet sich inmitten einer Gruppe von Männern, am Eingang zur Dir bekannten Humboldt Universität.
Von diesen Herrschaften sind auch hier im Raum zwei Personen anwesend - Dr. von und zu Reichenau und Prof. Dr. Dr. Roth.
Das Foto ist nur mit einer Jahreszahl untertitelt - 1910.

Ein anderes Bild zeigt den Professor, wie er, umgeben von einigen anderen Männern, mit dem Arm gen Himmel deutet.
Das Foto ist untertitelt - Kajo, Phillip, Ludwig, Krassimir, Kostja, Kirill, Sascha, 1922.
Einer der Männer ist Herr Blumberg, ein anderer ist der geflohene Irre.
Das Foto ist etwas schief. Und etwas verschwommen im Hintergrund ist ein Lastwagen mit einer Apparatur auf der Ladefläche zu sehen, die wie ein Teleskop aussieht.

Dann siehst Du ein Bild, das eine Gruppe von jungen Männern auf den Treppenstufen eines alten Gebäudes zeigt.
Das Foto ist untertitelt - Oberprima Domschule Mgb.
Das interessante ist jedoch nicht die Abschlussklasse, sondern die Tatsache, dass ein junger Mann auf dem Foto so aussieht wie Herr Hoffmann.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 27.11.2017 | 21:13
IM SALON

Ein Mann nähert sich Agathe, während Du die Fotos betrachtest, ohne dass Du seiner gewahr wirst.
"Sie sollten sich mal unser Ruder Foto auf der Spree ansehen. Da waren Phillip und ich noch in Form."

Als er Dich anspricht zuckst Du zusammen.
"Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken."

Er stellt sich Dir vor und reicht Dir die Hand.
"Alexander Roth. Der Sascha auf dem Foto, das Sie anscheinend so fesselt."

Der Mann ist gross und schlank, hat weisse Haare mit militärischem Haarschnitt.
"Wir haben damals ein Teleskop gekauft... nun... nicht wir... ich... war finanziell nicht involviert... habe nur das Teil geprüft... Kupfer... alt und günstig... aber gut."

"Interessieren Sie sich für die Astronomie?"

Dann fällt sein Blick auf den Umschlag das dicken Buchs, dass Du unter dem Arm trägst.
"Ah... ich verstehe... wollen Sie sich frisch einlesen, oder betreiben Sie Grundlagenforschung?"

"Darf ich bitte mal reinschauen?"

Er erwartet anscheinend, dass Du ihm das Buch zur Ansicht gibst.
"Ich hab in so ein Einsteigerwerk schon ewig nicht mehr reingeschaut."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 1.12.2017 | 15:07
Im Salon

Als Frau Lohenstein mit der Zeitung zu uns kommt, werfe ich bereitwillig einen Blick hinein. "Tatsächlich, da steht ja auch der Augenzeugenbericht, von dem wir schon gesprochen hatten. Verdorrt...altägyptische Mumie... also ich glaube wirklich nicht, dass sich das bestätigen wird. Dennoch, diese Sternwarte scheint ein gefährliches Pflaster zu sein. Zumal dieser entsprungene, gefährliche Geisteskranke ja einer der ehemaligen Partner ist, wenn ich das richtig verstanden habe? Wer weiß, ob der nicht dahintersteckt und sich noch dort in der Nähe herumtreibt...ich würde Ihnen jedenfalls nicht empfehlen, die Sternwarte ohne eine gewisse...Rückendeckung zu besuchen." Ich blicke etwas skeptisch zu Herrn Lohenstein hinüber. "Oder was meinen Sie?" Dass es dem Guten an Mumm nicht fehlt, hat er ja gegenüber dem Pastor unter Beweis gestellt. Aber ob er seine Frau auch noch beschützen kann, wenn die Fäuste fliegen? Oder schlimmeres als Fäuste? Das wage ich doch zu bezweifeln...
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 1.12.2017 | 21:25
IM SALON

Alexander Roth dreht seinen Kopf Ludwig zu. Seine Stimme ist ruhig.
"Dr. Degebach?"

Der Mann reicht Dir die Hand.
"Mein Name ist Roth. Alexander Roth. Ich bin... war ein Freund von Phillip. Und ich bin ebenfalls an der Universität in der Fakultät für Physiker tätig. Freut mich Sie kennenzulernen."

Dann verdüstert sich sein Gesicht.
"Sie haben Phillip behandelt. Sie sind... Sie waren sein Hausarzt, nicht wahr? Verlieren Sie häufiger Patienten durch einen derart plötzlichen Tod?"

"Verzeihen Sie bitte. Das war unhöflich. Ich wollte Sie nicht beleidigen, Doktor."

"Wissen Sie bereits, wie es zu einem so plötzlichen Tod bei meinem Freund kommen konnte? Herzinfarkt? Hirnschlag? Oder hat sich Phillip vielleicht tot gelacht?"

Er schüttelt den Kopf.
"Sie haben keine Ahnung, nicht wahr?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 2.12.2017 | 07:18
Im Salon

"Degebach, sehr erfreut." Ein kräftiger Händerdruck. "Aber Sie irren, sein Hausarzt war ich nicht. Ich bin als Chirurg an der Charité tätig. Insofern kommt der Tod in unserem Hause, wenn er kommt, tatsächlich meist plötzlich. Aber in den meisten Fällen können wir es Gott sei dank verhindern." Bei diesen Worten kann ich mir ein morbides kleines Grinsen nicht verkneifen. "Der Professor und ich haben uns kennengelernt, als er vor einigen Jahren in unserem Hause operiert werden musste. Keine große Sache. Aber doch etwas ungewöhnlich, denn normalerweise schließe ich mit meinen Patienten keine Freundschaft. Die professionelle Distanz ist für einen Arzt selbstverständlich sehr wichtig. Aber Phillip war eine Ausnahme. Irgendwie haben wir uns sofort bestens verstanden. Umso mehr schockiert mich natürlich sein plötzlicher Tod, denn soweit ich weiß, war er bei guter Gesundheit. Aber ich hatte leider auch noch nicht die Gelegenheit, mit seinem Hausarzt zu sprechen... Dr. Winterfeld, wenn ich mich recht erinnere. Insofern," füge ich mit einem schrägen, etwas gehässigen Lächeln hinzu. "nein, ich habe genausowenig eine Ahnung wie sie. Das mit dem Totlachen meine ich aber ausschließen zu können."

Mit einem kurzen, abschätzigen Blick mustere ich mein Gegenüber.

"Aber sagen Sie, Herr Roth, Sie sprachen doch eben von dem Teleskop? Nicht, dass ich mich mit solchen Dingen auskennen würde, aber vielleicht können Sie mich da ja erhellen: Phillips Bruder, der Herr Pastor, erzählte uns vorhin, dass das alte Teleskop kaputt gegangen sei, als einer der Mitarbeiter damit in die Sonne geblickt habe. Und der Ärmste sei überdies dabei erblindet. Ich hätte so etwas offen gestanden nicht für möglich gehalten, zumal man ein Teleskop doch wohl eher bei Nacht benutzt. Aber das Ganze muss ja kurz vor dem Kauf des neuen Teleskops gewesen sein, von dem Sie eben Frau Lohenstein erzählten. Was denken Sie denn von der ganzen Geschichte, wenn ich fragen darf?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 2.12.2017 | 18:12
IM SALON

Roth fasst sich mit Daumen und Zeigefinger ans Kinn.
"Phillip hat das Teleskop, zusammen mit Walter, besorgt. Er sagte, es sei ein Schnäppchen gewesen und ich habe ihn nicht danach gefragt, woher er das Teil hatte."

"Es war ein wahr gewordener Traum. Ganz anders als alle Teleskope, die ich je zuvor gesehen oder davon gehört hatte. Es eröffnete uns, im wahrsten Sinne des Wortes, neue Perspektiven."

"Wir haben damit den Planeten 9 entdeckt. Um der Wahrheit die Ehre zu geben - Phillip hat ihn entdeckt. Das war vor gut vier Jahren. Die Russen nannten ihn den Dunklen Stern. Phillip gab ihm den Namen Nemesis."

"Vielleicht ist er ein Planet, vielleicht ist er auch eine dunkle Sonne. So genau wissen wir das noch nicht. Unseren Berechnungen zufolge hat er plus minus etwa die 15K-fache Masse der Erde und 1/20stel der Sonnenmasse. Das sind jedoch lediglich Daten ohne wirkliche Bedeutung."

"Planet 9 war mit dem Teleskop der Sternwarte nicht zu entdecken. Mit diesem anderen aber schon, denn dieses besitzt vor der dritte Linse einen speziellen Filter, der das sichtbare Licht unterdrückt. Alles unterhalb des Spektralbereiches, für den der Filter durchlässig ist, erscheint dunkel, alles oberhalb erscheint hell."


"Wie gut kennen Sie sich mit den Gesetzen der Astronomie aus?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 2.12.2017 | 20:14
IM SALON

"Wenn ich so in ihren Gesichtern lese, dann muss ich wohl einiges erklären."
Er rückt sich einen Stuhl zurecht und nimmt Platz.

"Unser 8er Planet, Neptun, benötigt 165 Jahre, um die Sonne zu umrunden. Die Zeit eines Umlaufs von Planet 9 wurde von uns mit mehr als 20.000 Jahren berechnet."

"Die Umlaufbahnen der Planeten beschreiben Ellipsen mit der Sonne als Mittelpunkt, sind aber mehr oder weniger kreisförmig. Die Orbitale von Planet 9 ist keineswegs kreisförmig, sondern durchläuft eine wesentlich elliptischere Umlaufbahn."

"Alle bekannten Planeten weisen mehr oder weniger die gleiche Ekliptik auf, d.h. sie umkreisen in derselben Ebene die Sonne. Diese ist um einen Winkel von 7° zum Sonnenäquator geneigt.
Planet 9 hat einen Neigungswinkel von nur 3° zum Sonnenäquator, d.h. dass Planet 9 vor allem die Bahnen der inneren Planeten kreuzt."

"Seine Bahn ist jedoch nicht stabil, sondern wandert um die Sonne herum, so dass sich, mit jedem Umlauf, der Winkel um ein paar Grad verlagert. Die Verlagerungen können drastische Konsequenzen für unser Sonnensystem haben. Planet 9 könnte durch die Gravitationskräfte der Sonne so aus der Bahn gelenkt werden, dass er komplett in die Sonne stürzen könnte."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 2.12.2017 | 22:32
IM SALON

"Agathe Lohenstein, sehr erfreut.", stelle ich mich dem Mann mit leichtem Lächeln vor . Kurz mustere ich den Mann, bevor ich ergänze: "Tatsächlich, die Übereinstimmung ist nicht zu übersehen." Dass mein Gegenüber deutlich dickere Augenringe und eingefallenere Wangen hat als der glücklich wirkende Mann auf dem Foto, behalte ich lieber für mich.

Dann reiche ich dem Mann das Buch. "Ich bin an Astronomie interessiert, ja. Daher war die Gattin des Verstorbenen auch so freundlich, mir dieses Buch zu schenken. Astronomie ist aber bloß eines meiner vielen Hobbies, von den wissenschaftlichen Zusammenhängen verstehe ich viel zu wenig." Aufmerksam lausche ich dann den Worten des Mannes, die Stirn vor lauter Konzentration ein wenig kraus gezogen, den Zeigefinger der rechten Hand nachdenklich auf die Lippen gelegt. "Entschuldigen Sie mich bitte, wenn ich unterbreche. Aber das mit der unterschiedlichen Umlaufbahn kann doch gar nicht sein, oder? Müssten dann nicht irgendwelche variierenden Kräfte auf den Planeten einwirken? Und warum betrifft das die anderen Planeten nicht? Oder habe ich da bloß etwas missverstanden?"

Während Alexander Roth antwortet, betrachte ich das Foto des Teleskops genauer. "Wo haben Sie die Apparatur noch einmal gekauft, sagten Sie?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 3.12.2017 | 09:54
IM SALON

Du reichst Roth das Buch, während er Euch über den neunten Planeten berichtet.
Noch immer in seinem Vortrag nimmt er das Buch geistesabwesend entgegen und sieht es an.
"Teleskope machen noch keinen Astronomen? Wie Recht Sie doch haben, Frau Lohenstein, aber was soll ich damit?"

Nach dieser kurzen Unterbrechung redet er unverdrossen weiter und gibt Dir das Buch zurück.

Noch einmal unterbrichst Du Roth's Vortrag mit einer Frage, die ihn etwas zu verwirren scheint.
"Was? Das Teleskop? Woher es stammte? Das... Ich weiss nicht. Wie ich bereits sagte, ich... habe keine Ahnung."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 3.12.2017 | 15:34
IM SALON

Als Du nach der Einwirkung variierender Kräfte fragst, wird Roth hellhörig.
"Frau Lohenstein, Sie überraschen mich. Das ist eine hervorragende Frage. So viel Scharfsinn hatte ich wirklich nicht von einer Frau erwartet."

"Und Sie haben mit Ihrem Einwurf völlig Recht. Natürlich betrifft die Annäherung von Planet 9 auch die anderen Planeten des Sonnensystems. Insbesondere die der inneren Planeten."

"Haben Sie denn die Zeitungsberichte nicht gelesen? Die Gravitation von Planet 9 zeigt bereits Auswirkung auf die Erde. Erdbeben, Springfluten, Vulkanausbrüche. Das sind die ersten Zeichen. Die Vorzeichen einer kommenden Apokalypse."

"Was die Umlaufbahn angeht, so wirft die Sache indes mehr Fragen auf, als wir momentan beantworten können. Gewisse Messfehler sind auch nicht auszuschliessen."

"Aber es handelt sich mit Sicherheit aber um ein transneptunisches Objekt."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 3.12.2017 | 18:51
IM SALON

"Das mit den Erdbeben, Springfluten und Vulkanausbrüchen ist jedoch nicht das eigentliche Problem. Das Problem sind die Kräfte, die auf Planet 9 einwirken und durch welche sich häufig grosse Brocken von ihm ablösen. Diese jagen dann als Kometen und Asteroiden durchs All und stürzen auf die Oberfläche anderer Planeten, sobald sie in deren Umlaufbahn geraten."

"Der Asteroidengürtel unseres Sonnensystems, zw. Mars und Jupiter, welcher einst der Planet Phaeton war, ist durch die Gravitationskräfte des massiven Planeten 9 auseinandergerissen worden."

"Wir gehen auch davon aus, dass die Strahlung von Planet 9 weitreichende Auswirkungen auf die Evolution der Erde hatte."

"Und Einschläge führten vermutlich zu Massensterben von Fauna und Flora, sowie drastischen klimatischen Veränderungen."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 3.12.2017 | 21:08
IM SALOM

"Planet 9 ist sehr lichtschwach, da er extrem wenig Sonnenlicht reflektiert. Sein Strahlungsmaximum liegt daher im fernen Infrarotbereich."

"Die Entfernung der grossen Halbachse zw. der Sonne und Neptun beträgt über 2 Lichtstunden. Jene zw. der Sonne und Planet 9 beträgt etwa 4 Lichttage. Das nur, um die Entfernung besser einschätzen zu können."

"Aufgrund des Entfernungsbereichs von Planet 9 zur Sonne und der Dynamik im Sonnensystem kann Planet 9 nicht in unserem Sonnensystem entstanden sein. Planet 9 kann nur, nach seiner Entstehung, durch eine Bahnstörung in seine jetzige Bahn gelangt sein."

"Und Planet 9 kommt der Erde immer näher."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 3.12.2017 | 21:44
IM SALON

Zunächst folge ich den Ausführungen von Herrn Roth noch mit großer Begeisterung, irgendwann schwirrt mir jedoch nur noch der Kopf. "Faszinierend.", antworte ich daher, füge jedoch ein wenig verlegen hinzu: "Wenn ein bisschen viel auf einmal. Ich denke, ich werde mir das alles noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen müssen. Sind Ihre Erkenntnisse zu Planet 9 denn bereits publiziert worden, sodass ich sie nachlesen könnte? Diese Entdeckungen müssen in der Fachwelt doch für einiges Aufsehen gesorgt haben, nicht?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 4.12.2017 | 08:35
Im Salon

Ich war in Physik damals in der Oberschule zwar nicht unbedingt schlecht, aber das ist nun doch eine Weile her. Von daher kann ich Roths Ausführungen nicht viel mehr als grob folgen, genauso wie wenn es bei meinen Gesprächen mit Phillip doch mal um Physik ging, was bei der Fülle an Themen, über die man mit einem vielseitig interessierten Menschen wie ihm diskutieren kann, zum Glück nicht sehr häufig vorkam.

Aber für solche Situationen habe ich ein Patentrezept, um nicht dumm dazustehen. Es wurde bereits tausendfach im Studium und während so mancher Chefarzt-Visite erprobt: konzentriert zuhören, hin und wieder die Stirn runzeln, "mhm" und "aha" machen und nur da, wo man sich absolut auf vertrautem Terrain wähnt, Fragen stellen. Und dann möglichst solche, in denen man eigenes Wissen präsentieren kann.

"Ich finde es interessant, dass Sie sagen, die Strahlung des Planeten 9 habe die Evolution auf der Erde beeinflusst. Dass die Evolution höchstwahrscheinlich auf Mutationen der Keimbahn basiert und dass beispielsweise Röntgenstrahlen Mutationen auslösen können - diese Theorien werden ja mittlerweile von den meisten Wissenschaftlern akzeptiert. Aber dass Infrarotstrahlung ähnliche Eigenschaften aufweisen könnte, erscheint mir eher unwahrscheinlich, zumal sie doch kaum in der Lage ist, Fell oder Haut zu durchdringen. Oder meinen Sie eher eine indirekte Beeinflussung der Evolution durch Beeinflussung der Umwelt?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 4.12.2017 | 20:10
IM SALON

"Entschuldigen Sie, Dr. Degebach, aber Sie haben mich missverstanden."

"Das Strahlungsmaximum des Planeten 9 liegt zwar im fernen Infrarotbereich, doch hat dies nichts mit der von ihm ausgehenden Gefahr zu tun, sondern betrifft nur den messbaren Bereich der Wärmestrahlung, um ihn für uns sichtbar zu machen."

"Gefährlich sind andere Strahlungen des elektromagnetischen Spektrums. Wir haben es hier mit überharten, also hochenergetischen, Röntgenstrahlen, mit Ultraviolettstrahlen, mit Mikrowellen und mit Gammastrahlen zu tun. In unterschiedlich hohen Dosen führen jedwede dieser Strahlen wohl unweigerlich zum Tode und selbst in geringer Dosis sind Schäden für die Gesundheit sicher kaum zu vermeiden."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 4.12.2017 | 22:49
IM SALON

"Frau Lohenstein, Frau Lohenstein. Sie überraschen mich wirklich. Was ist das nur für eine Frage?"

"Veröffentlichungen?"

"Sie sagen doch selbst, dass die Entdeckungen in der Fachwelt für einiges Aufsehen sorgen würden."

"Und Sie wissen doch auch, dass ein Mensch zwar ein vernunftbegabtes Wesen ist, dass mehrere Menschen jedoch eine unkontrollierbare, panische Herde wilder Tiere sind."

"Was würde wohl bei einer Veröffentlichung geschehen, Frau Lohenstein? Die Zeitungen würden sich wie die Geier auf eine derartige Nachricht stürzen. Wenn die Öffentlichkeit den Nachrichten Glauben schenken würde, entstünde mit Sicherheit eine unkontrollierbare Massenpanik. Und wenn man uns nicht glauben würde, kämen wir wohlmöglich in eine Anstalt, würden aber mit Sicherheit dem Spott der Wissenschaft anheimfallen. Ist es da nicht besser im Verborgenen zu bleiben?"

"Würde sich jemand, der unser Wissen erlangt hat, damit an die Presse wenden, würden wir alles dementieren und die Existenz eines Planeten 9 abstreiten. Keine anderen Astronomen haben ihn bislang entdeckt und alle Aufzeichnungen sind gut und sicher verwahrt."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 4.12.2017 | 23:07
IM SALON

"Aber wozu soll Wissenschaft denn gut sein, wenn niemand von den Erkenntnissen mitbekommt?", erwiedere ich, wobei es mehr nach einem Einwand als nach einer Frage klingt. "Und hat die Wissenschaft nicht seit jeher aufgerüttelt? Anders gäbe es doch auch keinen Fortschritt." Ein wenig konzilianter ergänze ich schließlich noch: "Aber vielleicht wäre es wirklich klüger, einen phantastischen Roman über diesen Planeten zu schreiben. Es wäre nur Fiktion, aber würde den Horizont der Leser dennoch erweitern. Oder was haben Sie mit Ihren Erkenntnissen vor? Fühlen Sie sich nicht verantwortlich, vor diesen Gefahren zu warnen?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 4.12.2017 | 23:20
IM SALON

Deine ansprechende, liebenswürdige Art, lässt den Professor freundlich antworten.
"Sollten Sie einen Verleger finden, dann steht es Ihnen frei, einen Roman oder eine Kurzgeschichte über Planet 9 zu schreiben und zu veröffentlichen. Ich werde gespannt beobachten, was passieren wird."

"Und ich werde Ihnen fast alle Informationen zukommen lassen, welche Sie benötigen werden. Alle, bis auf die der Position von Planet 9 im All."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 5.12.2017 | 11:34
IM SALON

Ich bin den Ausführungen des Physikers aufmerksam gefolgt. Die Stirn in immer tiefere Falten gelegt. Als der Mann geendet hat, frage ich schließlich.

"Das ist ja alles enorm spannend. Aber wenn sie nicht vorhaben zu publizieren, noch anderen die Möglichkeit geben wollen zu publizieren. Was genau haben sie dann mit Wissen um diesen Planet 9 vor?"

Ich kneife kurz die Augen zusammen und reibe mir mit Daumen und Zeigefinger über den Nasenrücken, ein untrügliches Zeichen für dafür wild umhermäandernde Gedanken in kohärente Form zu bringen.

"Ich meine, natürlich kenne ich die philosophische Position, dass Unwissenheit Glück bedeutet, aber im Angesicht einer Apokalypse - wie sie sagen - sollte die Erkenntnis doch möglichst treffend lancirt werden, oder?"
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Der Läuterer am 5.12.2017 | 21:48
IM SALON

"Wie bereits gesagt. Wir werden unser Wissen nicht publizieren. Das ist sicher. Aber wenn Sie das möchten, tun Sie sich keinen Zwang an. Schreiben Sie doch einen Science-Fiction-Roman"

"Wie ich Frau Lohenstein bereits sagte, dürfen Sie über unsere Informationen verfügen. Vielleicht wird daraus ja ein zweites 'Der Krieg der Welten' oder ein 'Die ersten Menschen auf dem Mond' und Sie werden der neue H.G. Wells. Wer weiss. Wer weiss."
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: trondetreublatt am 9.12.2017 | 08:46
IM SALON

An dieser Stelle kann ich ein kurzes Auflachen dann doch nicht mehr unterdrücken. "Ja, das wäre natürlich fantastisch, als der neue H.G. Wells in die Apokalypse zu gehen, statt so namenlos wie der Rest von uns. Ich beneide Sie geradezu um diese Aussichten," meine ich mit einem schelmischen Lächeln an Frau Lohenstein gewandt. Dann stehe ich auf und streiche mein schwarzes Sakko zurecht. "Aber wenn die Herrschaften mich nun entschuldigen würden, es wird doch langsam spät, und ich muss noch einmal in der Klinik nach dem Rechten sehen." Und mal nachsehen, ob Phillip zufällig bei uns in der Pathologie vorbeigeschaut hat, bevor er heute zur letzten Ruhe gebettet wurde. Man weiß ja nie... "Herr Roth, Herr Lohenstein, werte Dame, es hat mich sehr gefreut. Nehmen Sie doch bitte meine Karte, für den Fall, dass Sie den Wunsch haben, mich zu kontaktieren. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend."

Mit diesen Worten reiche ich Herrn Roth und Herrn Lohenstein jeweils eine Visitenkarte und entferne mich dann - nach einem kurzen Kopfnicken - in Richtung der Witwe, um mich auch bei ihr mit ein paar Worten zu empfehlen.
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Mondsänger am 11.12.2017 | 10:36
Im Salon

Bei der Antwort des Mannes furcht sich meine Stirn und die Augenbrauen ziehen sich wie wütende Kampfraupen aufeinander zu. Ehe ich aber etwas entgegen kann, verabschiedet sich einer der Gäste und reicht mir noch seine Visitenkarten. Ein etwas verwirrtes

"Ähm . . .danke."

entringt sich mir, ehe ich die Karte geistesabwesend einstecke. Ich schaue zu Agathe herüber und werfe ihr einen Blick zu, der nach langen Jahren der Ehe eindeutig kommuniziert "Hilfe! Ich habe den Faden verloren. Worum gings nochmal?" Manchmal können Blicke eben sehr ausdrucksstark sein. 
Titel: Re: [SoA 1. Akt] Tot & begraben
Beitrag von: Katharina am 13.12.2017 | 23:09
Im Salon

Ich lächle bei den Worten des Arztes zu meinem Beruf. "Mister Wells erzählt in seinem Buch 'Krieg der Welten' zwar von Marsianern, wenn sie mich fragen, geht es ihm aber eigentlich um eine Parabel zu unserem Umgang mit den Wilden in Afrika. Insofern wäre noch zu klären, was uns die Entdeckung des Planeten 9 lehren soll?"

Anschließend verabschiede ich mich höflich von Dr. Degebach, als mein Blick auf Hans fällt. "Der Tag war anstrengend und ereignisreich. Wenn du wünscht, können wir gerne nach Hause fahren, mir scheint, die Gesellschaft hat sich ohnehin schon gelichtet."