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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: eldaen am 26.09.2017 | 10:15

Titel: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: eldaen am 26.09.2017 | 10:15
Mal eine provokante Hypothese:

Durch die Art und Weise wie mit Fate und den Fate Worlds of Adventure massenweise Mini-Settings gebaut werden, wird eine Setting ADHS gefördert und gleichzeitig eine lediglich oberflächliche Beschäftigung mit fantastischen Welten gefördert.

Ein Satz zur Erklärung: Man muss halt schlicht keinen Aufwand mehr betreiben, eine im Detail stimmige Welt zu erschaffen, oder sich einzulesen. Der Charakter steht so sehr im Fokus, dass die Welt letztlich zweitrangig ist, und nur der Unterstützung der Charaktermerkmale dient. Tatsächlichen Aufwand muss man nicht mehr betreiben, um sich in so ein Setting einzulesen, keine Mühe mehr geben, kaum noch was reinstecken, um etwas herauszubekommen. Es geht nur noch um den Charakter und wie cool er ist. Und da es so wenig Aufwand bedeutet, sind das auch eher "Wegwerfsettings" - beliebig, austauschbar, nächste-Woche-mach-ich-halt-was-neues...

Eure Meinungen?
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Caranthir am 26.09.2017 | 10:25
Man kann ja selbst entscheiden, wie lange man sich mit diesen Settings beschäftigen will. Spiele ich da länger, werden sie auch detaillierter. Auf der einen Seite gebe ich dir da recht, man muss sich nicht so tief einarbeiten wie in andere Settings. Auf der anderen Seite: Wo ist das Problem. Als Erwachsener habe ich dazu vielleicht gar keine Lust mehr? Wie oft lese ich hier im Tanelorn, dass sich SLs monatelang in ein Setting einarbeiten, nur um dann vom realen Leben eingeholt zu werden, Gruppen gehen nach ein paar Spielsitzungen ein ...

Die Wegwerfsettings hat man im Bereich Fantasy übrigens auch bei den Großen  ;). Wie viele 300+-Seiten Fantasysettings gibt's nochmal? Und wie viele davon werden wirklich exzessiv gespielt? Ich behaupte mal, vieles davon steht bei den Leuten einfach nur im Schrank rum.

Dann doch lieber kurzweilige Settings, die den Fokus auf die Spielfiguren richten. Ich muss mich nicht lange einarbeiten, kann sofort loslegen. Und wenn man wirklich intensiver spielen will, unterstützt Fate einen da im Weltenbau. So kann ich ohne großen Aufwand viele Settings mal antesten, wenn mir eines gefällt, bleibe ich dabei.

In der Praxis habe ich mit "The One Ring" mein Hauptsetting mit viel Hintergrund, da kann ich mich austoben. Ich habe aber auch Lust andere Sachen zu lesen/zu spielen. Dafür bräuchte ich jetzt nicht noch drei große Systeme, da greife ich dann lieber zu Fate-Leichtgewichten.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Der Nârr am 26.09.2017 | 10:26
It's not a bug, it's a feature?

Ich dachte ehrlich das sei der Sinn des ganzen. Diese Tendenz gibt es ja nicht nur bei Fate, sondern z.B. auch bei Cortex+ oder PbtA. Sogar in Savage Worlds erkenne ich diese Tendenz, die Settings der PPK's sind teils wirklich nur rudimentär beschrieben und in Details klaffen dann die Lücken, weil eben nur so viel Material geliefert wird, wie die PPK benötigt.

Aber ich weiß nicht, ob da Setting-ADHS wirklich gefördert wird. Wer sich für detaillierte, tiefgehende Settings interessiert, wird das auch weiterhin tun. Die lassen sich mit Fate & Co ja genauso bespielen. Oder man ignoriert Fate wegen dieser Settings.

Der riesige Vorteil der knapp beschriebenen Settings ist ja, sich mit Ideen auszutoben. Und manchmal sind das ja auch Sachen, die so richtig detailliert und tiefgehend vielleicht auch gar nicht so der Bringer wären :).
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: bobibob bobsen am 26.09.2017 | 10:30
Von welcher Warte aus gesehen:

Spieler
Spielleitung
Beide

Wenn ich nicht viel Aufwand betreiben muss um los zu spielen empfinde ich das als positiv. Wenn das Setting beliebig ist nehme ich das gern in kauf.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Sir Markfest am 26.09.2017 | 10:37
Generell ist da was Wahres dran. Aber diese "oberflächlichen" Sttings haben schon ihre Berechtigung, nicht jeder will sich ja in eine so detaillierte Welt a la Mittelerde einlesen.

@Caranthir: exzessiv wird das große Setting Aventurien oft gespielt, auch die Forgotten Realms haben glaube ich noch eine große Spielerschar, und Mittelerde und die 1920er Jahre sind mit den verschiedenen Systemen auch sicher ganz groß vertreten.

Ich glaube ja, viele haben eben ein großes Setting wo sie sich auskennen als SL oder Spieler, aber nebenbei ein so kleines Wegwerfsetting mal spielen bringt gern gespielte Abwechslung.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Keuner am 26.09.2017 | 10:46
Die Welt wird nur als Bühne verstanden. Wenn man zu genau hinsieht, erkennt man, dass alles nur Pappmaché mit Farbe ist. Also lieber auf die SCs zoomen.

Ist das Oberflächlich? Kommt darauf an, was im Fokus ist. Wenn die Welt der Fokus ist, wahrscheinlich ja. Wenn die SCs der Fokus sind, dann nicht.

Man muss persönlich entscheiden, wie relevant Spielwelt im Vergleich zu den Spielcharakteren ist.

Wenn man tiefe Settings haben möchte, um glaubhafte Figuren in dieser Szenerie zu spielen, dann führt das sicherlich zu oberflächlichem Rollenspiel.

Stehen die Spielercharaktere im Mittelpunkt, ist eine ausgearbeitete Spielwelt vielleicht eher hinderlich ("Meine Zwerge sollen aber magische Roboter sein!").
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Caranthir am 26.09.2017 | 10:57
@Caranthir: exzessiv wird das große Setting Aventurien oft gespielt, auch die Forgotten Realms haben glaube ich noch eine große Spielerschar, und Mittelerde und die 1920er Jahre sind mit den verschiedenen Systemen auch sicher ganz groß vertreten.

Exakt, da sind ein paar dabei, die viel bespielt werden, der Rest steht im Schrank. Ich rolle halt langsam schon mit den Augen, wenn wieder ein 300-Seiten-Fantasysystem rauskommt und das als "die große Weltneuheit" verkauft wird. Ist es für mich nicht, wird von mir nicht mehr gekauft. Sachen zum Ausprobieren sind weniger umfangreich und da greife ich gerne zu Fate.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: eldaen am 26.09.2017 | 11:11
Interessanterweise ist das PEndel bei mir sogar schon wieder in die andere Richtung geschwungen - noch eine neue WOrld of Adventure brauch ich nicht. Und finde auch nciht so recht die Spieler, die dauernd so was spielen wollen...
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Suro am 26.09.2017 | 11:17
Ich würde ähnlich auch wie Keuner sagen, das "oberflächlich" simpliciter zunächst einmal daneben geht; ein Kammerspiel bei dem das Setting neben der persönlichen Geschichte der Charaktere gar keine Rolle spielt, kann sich sehr tiefgehend mit eben diesen beschäftigen. Das würde ich dann nicht als oberflächlich bezeichnen.

Dennoch kann es natürlich sein, dass man eben nur oberflächlich das Setting bespielt. Aber auch das ist mit einer oberflächlichen Settingbeschreibung in offiziellem Material nicht notwendigerweise so; manche Spiele sind dazu gedacht, dass das Setting während der Runde von der Runde in Kooperation ausgebreitet wird. Da geht es dann nur nicht um die tiefgehende Erkundung eines zuvor bestehenden Settings.

Persönlich hatte ich früher durchaus einen Hang zu ausufernden Settings (Exalted ist für mich so ein Ding wo ich sehr viel Material besitze); aufgrund den Rundenkonstellationen, in denen ich mich bewegt habe (viele Leute hatten keine Lust sich unabhängig von der Runde in Sachen einzulesen), den eher kurzen Runden (lange Kampagnen waren auch eher nicht drin) bevorzuge ich aber Material-leichte Settings, da man da garnicht erst in Versuchung kommt, das den Spielern irgendwie zugänglich machen zu wollen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Achamanian am 26.09.2017 | 11:25
Ich würde auch sagen: Feature, not Bug.

Trotzdem muss ich auch zugeben, dass mich persönlich die Worlds of Adventure gar nicht reizen. Habe nur Masters of Umdaar und festgestellt, dass ich an so was eigentlich keinen Bedarf habe, denn was mir da an Ideen geboten wird, habe ich mit einer gut gelaunten Runde innerhalb von 30 Minuten auch selbst zusammengeklatscht.
Ich kaufe inzwischen lieber Abenteuer, die mir eine Situation und eine kleinteilige Ausarbeitung eines sehr überschaubaren Rahmens liefern (gerne auf 30-50 Seiten) - denn gerade der Kleinkram ist es, den ich brauche und nur mit viel Mühe selbst erstellen kann. Dann sogar lieber der 300-Seiten-Wälzer.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: nobody@home am 26.09.2017 | 11:32
Gegenfrage: Was soll am "tiefen" Rollenspiel (oder wie immer man den Gegensatz zum "oberflächlichen" nun nennen möchte) denn eigentlich so toll sein? Ist das nur wieder so ein -- ich möchte fast schon sagen: typisch deutsches -- "wenn's keinen Anspruch hat, ist es auch nix wert"-Syndrom, oder steckt da tatsächlich mehr dahinter? ;)

Persönlich ist mir eine Auswahl von bei Bedarf schnell mal eben so bespielbaren Settings tatsächlich lieber als bis zur x-ten Dezimalstelle ausgearbeitete und mit Kanondetails zugewucherte amtlich beglaubigte "Spielwelten". Wenn mir und der Gruppe nach so ein Setting nach dem ersten Anspielen hinreichend gefällt, daß wir dabei länger bleiben wollen...gut, weiter vertiefen können wir's dann auch von uns aus, ist ja ohnehin unsere Kampagne und nicht die von irgendwelchen "offiziellen" Spielautoren, die gar nicht mit am Tisch sitzen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Gilgamesch am 26.09.2017 | 11:35
Ich stimme deiner Hypothese vollständig zu, bin nur nicht mit den ganzen negativ konnotierten Begriffen einverstanden, die du verwendest. Für mich ist das nämlich alles gut und richtig so!

Warum ist es eine Verhaltensstörung, wenn ich gerne viele, unterschiedliche Settings und Genres bespielen möchte? Ich schaue mir auch nicht jahrelang nur Science-Fiction-Filme an, das wäre mir viel zu langweilig. Das, was du "Setting-ADHS" nennst, ist für mich vielseitiges Interesse und Abwechslung!

Und was ist daran schlecht, sich mit fantastischen Welten nur oberflächlich zu befassen? Worin besteht der Wert, sich tiefgehend mit etwas zu befassen, das nicht real ist? Das, was du als Wert verstehst, ist für andere womöglich Zeitverschwendung und Realitätsflucht.

Und warum ist es ein Wert, Aufwand für etwas betreiben zu müssen? Ist das nicht ein Makel? Wenn etwas zugänglich ist, finde ich das gut. Wenn ich die Zeit, die ich in mein Hobby investiere, vor allem mit Spielen verbringen kann, ist das für mich etwas sehr wertvolles. Ich mache kein Rollenspiel, um Regelwerke und Hintergrundwelten zu studieren. Ich mache Rollenspiel, weil ich Geschichten erzählen und Rollen spielen will!

Dass die Charaktere im Fokus stehen und nicht die Welt ist für mich etwas Tolles. Denn mich fesseln Geschichten über Personen, nicht über Dinge!

Ich finde all das, was du beschreibst, super toll!
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: eldaen am 26.09.2017 | 11:37
hab ja gar nicht gesagt, dass das eine toller als das andere ist. :) Negative Konnotationen sind nicht beabsichtigt, wollte es nur verkürzen. Soll ein jeder nach seiner Fasson selich werden und so.

Aber man baut meiner Empfindung nach nicht mehr so eine Bindung zu dem Setting auf, wenn man

a) einfach dazu erfinden kann was man will (übermäßig vereinfacht, aber ich denke, ihr wisst was ich meine) und
b) jederzeit schnell ein neues Setting aus dem (bösen) Hut zaubern kann.

Ist so ein bisschen wie ein 5 Gänge Menü im Vergleich zu convenience food.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Gilgamesch am 26.09.2017 | 11:40
Ist so ein bisschen wie ein 5 Gänge Menü im Vergleich zu convenience food.

Du meinst, weil Fate-Abenteuerwelten kleine, liebevoll gestaltete Häppchen sind, im Gegensatz zu den rauen Massen an höhepunktlosen Druckseiten konventioneller Rollenspielsysteme? Ein guter Vergleich! :D

Wenn du das gar nicht so wertend siehst, dann habe ich auch keinerlei Problem mit deiner Hypothese. Das klang mir im Eingangsbeitrag nur irgendwie sehr negativ, das war zumindest mein Empfinden! ;)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Suro am 26.09.2017 | 11:43
Aber man baut meiner Empfindung nach nicht mehr so eine Bindung zu dem Setting auf, wenn man

a) einfach dazu erfinden kann was man will (übermäßig vereinfacht, aber ich denke, ihr wisst was ich meine) und

Das würde ich nicht unbedingt unterschreiben wollen. Klar, baut man keine Bindung in dem Sinne auf, dass man sich, wenn man mit anderen Fans von Setting X trifft, darüber plauschen kann, wer denn nun Kaiser Hans 764 in seinem Schlafzimmer umgebracht hat, und wie die eigene Gruppe das gelöst hat. Klar kann man nicht ewig im neuesten Quellenbuch schmökern und sich dann im Spiel darüber freuen, wenn obskurer Ritterorden XY vorkommt. Eine ganz andere Art von Bindung kann aber daher kommen, dass die Gruppe gemeinsam das Setting geschaffen hat, und dass es eben das eigene Setting ist.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: eldaen am 26.09.2017 | 11:45
Ja, kann ich nachvollziehen, dass der Eingangspost den Eindruck erweckt. Sorry.

Sicher sind auch unter den WoA einige Amuse-Gueules dabei, aber Kernpunkt ist doch, dass es Instant-Food und leicht verdaulich ist. Und tendenziell eben auch wenig Nährwert hat... ;)

Ich bin alles andere als ein Befürworter von Tausende-Seiten-Settings, aber ein lapidares "machs dir doch selbst" ist mir bei vielen der Kurzsetings dann auch zu wenig.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Selganor [n/a] am 26.09.2017 | 11:45
Ein Satz zur Erklärung: Man muss halt schlicht keinen Aufwand mehr betreiben, eine im Detail stimmige Welt zu erschaffen, oder sich einzulesen. Der Charakter steht so sehr im Fokus, dass die Welt letztlich zweitrangig ist, und nur der Unterstützung der Charaktermerkmale dient.
Provokante Gegenfrage: Fuer Leute denen es im Prinzip (fast) egal ist in welcher Welt sie bestimmte Charaktere spielen, weil sie nicht "das Abenteuer" sondern "den Charakter" spielen wollen... ist das schlimm?

Muessen die sich erst mehrere hundert Seiten lang in einen Hintergrund einarbeiten von dem sie sowieso nur (wenn ueberhaupt) maximal 1-2 Seiten verwenden?

Klar... wer auf komplette "Settingsimulation" (mit Regeln fuer jedes Detail) steht und nicht selbst ueberlegen will wie z.B. die Hochzeitsriten des Nomandenstamms BLUBB ist sondern das lieber in einem "offiziellen" Buch stehen hat. Fuer den sind die Worlds of Adventure (und vermutlich auch Fate allgemein) nix. Aber Fate hat afaik nie behauptet DAS System fuer alle Spieler zu sein, oder? ;)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Caranthir am 26.09.2017 | 11:48
Man könnte es doch auch so sehen: Die Fate Adventure-Worlds bieten mir für wenig Geld (als PDF ja pay-what-you-want, oder irre ich mich da?) die Möglichkeit, in verschiedene Settings reinzuschnuppern. Gefällt mir da etwas und ich möchte mehr, schaue ich mich nach einem ausgearbeiteten Setting um oder baue es selbst aus. Geht für mich alles Hand in Hand.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: nobody@home am 26.09.2017 | 11:48
Aber man baut meiner Empfindung nach nicht mehr so eine Bindung zu dem Setting auf [...]

Kann sein, aber: das Setting von seinem Megastar-Thron zu stoßen und das Scheinwerferlicht mehr auf die (Spieler-)Charaktere selbst zu richten, ist aus meiner Sicht gerade eins der Ziele von Fate. Einen austauschbaren 08/15-Spielwelttouristen, der gnädigerweise in das ach so selbstbeweihräucherte Setting von Großkotzistan eingelassen wird, um da so ausnahmsweise mal das eine oder andere Abenteuer erleben zu dürfen (natürlich, ohne dabei irgendwelche Metaplots groß über den Haufen zu werfen -- wo kämen wir denn da hin, wenn das jede dahergelaufene SC-Gruppe einfach so machen könnte?), kann ich auch mit D&D, DSA, oder der World of Insufficient Light spielen. :)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: eldaen am 26.09.2017 | 11:55
World of Insufficient Light
  (http://www.greensmilies.com/smile/smiley_emoticons_lachtot.gif)


Ja, das hängt vielleicht auch mit den eigenen Erfharungen und den bespielten Settings zusammen. Ich selbst hab halt HârnWorld bespielt (was ja nun super detailliert ist, aber eben keinen vorgegebenen Plot hat) und Shadowrun (wo man alles reißen kann, aber ja per definitionem dabei unerkannt bleibt. Und gerade da war es schon einfach cool, sagen zu können, man habe den Renraku Shutdown mitgemacht...

Wenn man Gefangener des Settings ist, dann ist das sicher auch nicht gut. Aber ich finde das Selbst-Definieren von Charakterbeziehungen und Setting-Details auch nicht befriedigend. Da kommt mir das Setting dann wieder zu kurz und wird zu beliebig.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ucalegon am 26.09.2017 | 12:07
Wenn du das Gefühl hast, dass der beim ausführlichen Weltenbau oder Einlesen in ein umfangreiches Setting investierte Aufwand sich bei euch in nicht oberflächlichem (intensivem?) Rollenspiel niederschlägt, ist doch alles in Ordnung.

Für mich ist die Welt (in ihrem statischen Aufgeschriebensein) immer zweitrangig, weil ich zum Spielen da bin. Und ein intensives Spielerlebnis kann ich mit marginaler Vorbereitung wie in Remember Tomorrow, mit ein paar Seiten series pitch in Hillfolk, mit 10 Seiten historischem Hintergrund in Sagas of the Icelanders oder mit 40 Seiten Setting in Blades in the Dark haben. Zumal da üblicherweise alle Beteiligten auf demselben Stand sind, was für einen gemeinsamen Vorstellungsraum schonmal ein guter Anfang ist. Bei traditionellen, umfangreichen Rollenspielsettings, die ich als SL alleine gelesen habe, z.B. hunderte Seiten Eclipse Phase oder The One Ring, stellt sich dagegen die Frage, wie viel von diesem Aufwand im Spiel ankommt. Ich kann zwar meinen eigenen Vorstellungsraum mit dem Kram aufblasen, aber der Rest der Runde hat da nicht zwingend was davon. Zumal ich die Settings, für die ich das tatsächlich machen würde, an einer Hand abzählen kann. Ich bin in dieser Hinsicht ganz bei Eero Tuovinen:

Zitat
I'll repeat it, because it cannot be said enough times: the vast majority of rpg setting stuff is vile, useless and infantilizing of its audience. RPGs are at their most annoying when a lot of work is invested in utterly unremarkable or actively vapid setting fluff.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ludovico am 26.09.2017 | 12:12
Das könnte der Fall sein bei einigen. Aber eventuell kann man das Pferd auch anders aufzäumen.

Bei Rollenspielen mit aufwändiger Settingbeschreibung ist der Einstieg nicht leicht, also hat man hier eine eher hohe Hürde.
Wenn man genug Erfahrung beim Spiel sammelt, kann es nun sein, dass diese Hürde einem immer niedriger vorkommt. So könnte ein Spieler genug von flachen Settings haben.
Als Ergebnis seiner Entwicklung wendet er sich den komplexeren Settings zu.

Es ist wie mit Wein oder Whisky. Bei beiden bevorzugen Leute anfangs meist die milden oder süßen Varianten. Erst später wenden sie sich den torfigen bzw. trockenen zu.

Was mich an FATE eher stört, ist das Risiko bei Settingerschaffung ungenießbarer Mist rauskommt - viele Köche verderben den Brei.
Und die Regelbeschreibungen finde ich undeutlich.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Der Nârr am 26.09.2017 | 12:17
Gegenfrage: Was soll am "tiefen" Rollenspiel (oder wie immer man den Gegensatz zum "oberflächlichen" nun nennen möchte) denn eigentlich so toll sein? Ist das nur wieder so ein -- ich möchte fast schon sagen: typisch deutsches -- "wenn's keinen Anspruch hat, ist es auch nix wert"-Syndrom, oder steckt da tatsächlich mehr dahinter? ;)
Nein, mit Anspruchsgehabe hat das doch gar nichts zu tun, es geht um Details und Eintauchen in die Spielwelt. Ich bin sogar sehr dafür, dass auch detaillierte Settings möglichst nicht anspruchsvoll sind. Das hängt dann auch sehr damit zusammen, welche Informationen gegeben werden und in welcher Form das geschieht. Man kann es dem Leser ja schwer machen oder ihn mit überflüssigen Informationen zuknallen, das ist dann natürlich schwierig. Ein gutes detailliertes Setting macht mir das Spielleiten eigentlich einfacher, weil ich den Kram der im Setting fixiert ist nicht erst selber erstellen muss und mich auf andere Sachen konzentrieren kann, etwa interessante NPC erstellen oder zu überlegen, wie ich die Settingdetails nun im Spiel umsetze. Wo genau da der Sweet Spot liegt, ist sicher auch individuell verschieden. Und manchmal wird auch vorbei geschrieben. Earthdawn liefert schon super viele Details zur Immersion, aber gleichzeitig habe ich da immer viele harte Fakten vermisst. Eine gute Settingdichte bietet mir z.B. Arcane Codex, wo das Grundregelwerk und die Quellenbücher auch noch fast wie zugeschnitten auf meinen SL-Stil sind, mit einem Fokus auf Konflikten, Fraktionen, aktuellen politischen Veränderungen in dem Gebiet usw. Ein anderes für mich super gemachtes Setting ist Iron Kingdoms nach der alten D20-Ausgabe.

Ich muss dazu sagen, dass ich ein gutes Setting immer auch interessant finde und es mir daher nicht schwer fällt, so ein Setting zu lesen und ich es auch gerne mit Spaß dabei mache. Wenn ich das Gefühl habe, mich da durcharbeiten zu müssen, liegt das entweder am Stil (definitiv bei Shadows of Esteren der Fall, das ist quasi genau das Gegenteil von dem, wie ich ein Rollenspiel geschrieben haben möchte) oder das Setting macht mich einfach nicht neugierig genug (definitiv Splittermond).

Aber wie gesagt, ich kann auch den leichten Settings etwas abgewinnen, für mich ist das kein "entweder oder" und ich finde auch, dass manche Core Storys keine 10 Bände Fluff benötigen. Ich denke gerade über Cortex Prime Ghostbusters nach, da setze ich mich ja auch nicht ran und schreibe erstmal 1000 Seiten Settingmaterial, sondern gebe meinen Spielern so ungefähr die Prämisse "wir spielen Ghostbusters, ihr kennt ja die Filme".


Bei Rollenspielen mit aufwändiger Settingbeschreibung ist der Einstieg nicht leicht, also hat man hier eine eher hohe Hürde.
Wenn man genug Erfahrung beim Spiel sammelt, kann es nun sein, dass diese Hürde einem immer niedriger vorkommt.
Du nennst da einen wichtigen Punkt - je länger man spielt, desto geringer ist der Anteil der Einstiegshürde. Wenn ich damit rechne, ein Setting nur 6 Monate zu bespielen, ist es nicht sonderlich ökonomisch, dafür 500 Seiten Material zu lesen. Wenn ich damit rechne, dasselbe Setting 6 Jahre zu bespielen, ändert sich die Rechnung.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: LordBorsti am 26.09.2017 | 12:43
Mal eine provokante Hypothese:

Durch die Art und Weise wie mit Fate und den Fate Worlds of Adventure massenweise Mini-Settings gebaut werden, wird eine Setting ADHS gefördert und gleichzeitig eine lediglich oberflächliche Beschäftigung mit fantastischen Welten gefördert.

Ein Satz zur Erklärung: Man muss halt schlicht keinen Aufwand mehr betreiben, eine im Detail stimmige Welt zu erschaffen, oder sich einzulesen. Der Charakter steht so sehr im Fokus, dass die Welt letztlich zweitrangig ist, und nur der Unterstützung der Charaktermerkmale dient. Tatsächlichen Aufwand muss man nicht mehr betreiben, um sich in so ein Setting einzulesen, keine Mühe mehr geben, kaum noch was reinstecken, um etwas herauszubekommen. Es geht nur noch um den Charakter und wie cool er ist. Und da es so wenig Aufwand bedeutet, sind das auch eher "Wegwerfsettings" - beliebig, austauschbar, nächste-Woche-mach-ich-halt-was-neues...

Eure Meinungen?

Ich denke es hängt stark davon ab, was die Gruppe draus macht. Fate geht ja davon aus, dass die Spieler aktiv die Spielwelt mitgestalten, indem sie während der Spielrunden aktiv neue Fakten etablieren. Von daher ist es aus meiner Sicht im Fall von Fate durchaus sinnvoll Settings nur grob vor Spielbeginn auszugestalten und Details und Tiefe dann im Laufe der Kampagne gemeinsam in der Gruppe zu entwickeln.

Das funktioniert natürlich nur, wenn die Spieler die Möglichkeiten des Systems auch nutzen und Sitzung für Sitzung weitere Fakten etablieren und auch darauf achten, dass die Welt konsistent bleibt. Bei Fate ist jeder Spieler auch ein bisschen Spielleiter.

Wenn die Spieler nur ihre Charaktere spielen und diese Möglichkeiten das Setting mitauszugestalten nicht nutzen, dann bleibt es beim "oberflächlichen Rollenspiel".
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ludovico am 26.09.2017 | 12:55
@Der Narr
Was mir dabei auch auffällt:

Wenn eine Gruppe ein eher flaches Setting aus World of Adventure bespielt, so nimmt die Komplexität des Settings im Laufe der Zeit zu. Alleine durch das Beispielen entstehen Settinginformationen, die nicht immer schriftlich fixiert werden, aber dennoch gelten.

Daraus ergibt sich, dass es für neue Spieler schwieriger wird in eine solche bestehende FATE-Runde einzusteigen, je länger diese spielt.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: eldaen am 26.09.2017 | 12:59
Aber - um mal bei dem Bild mit dem Essen gehen zu bleiben - selbst wenn alle das Setting basteln: man trifft sich, jeder schmeißt halt schnell nochn (Lieblings-) Gemüse in den Pott,  und am Ende isses immer irgendwie bunte Gemüsesuppe und man merkt, dass man halt schnell was zusammen gezimmert hat.

Das is doch vom Gefühl her was grundlegend anderes, als in nem Restaurant aus ner Speisekarte mit wickelten, getesteten, abgeschmeckten und liebevoll mit Aufwand und Wertschätzung zubereiteten Gerichten auszuwählen.

Soll nicht heißen, dass improvisiertes nicht schmecken kann oder jedes Restaurant gut ist. Aber essen gehen ist was anderes als gemeinsam kochen...
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 26.09.2017 | 13:04
Ich habe eine Gegenthese: durch die Fokussierung der Settings auf Interessante Konflikte mit klaren Bruchkanten, wird die Bindung der Spieler an das Setting erleichtert.

Das Gegenteil habe ich bei Symbaroum erlebt - prinzipiell eine interessante Idee, leider wird das dann auf viel zu viele Seiten ausgewalzt. Statt dass man die SC das Setting formen lässt und evtll. ein paar besonders markante NSC anreißt, mit denen sich die SC verbünden oder die sie bekämpfen können, ist das was man dann bekommt eine DSA-Adelssoap vom feinsten. Das heißt: seitenweise NSC-Beschreibungen, was die so im Setting machen und wie ihre Hintergrundgeschichte ist - und eine davon langweiliger, als die nächste. Recht wenig eingegangen wird auf deren Ziele und diese sind auch nicht wirklich markant - bei ein paar von ihnen verstehe ich nichtmal, warum sie überhaupt verfeindet sind, so ähnlich wie sie einander sind. Statt dass sie interessante Anlaufpunkte für die Spieler sind, um das Setting zu erkunden, sind sie einfach nur austauschbare Hindernisse, welche das Setting einfach nur langweilig erscheinen lassen (so wie "Prinzessin Mononoke", wenn man Eboshi, den Tenno und Mononoke selbst aus der Geschichte entfernt). Weniger wäre hier mehr gewesen.

Ein Setting wo das besser gelöst wurde, ist Eberron. Da werden am Anfang des Buches die wesentlichen Grundannahmen vorgestellt, auf denen das Setting fußt - man erfährt gleich, was es in dem Setting zu entdecken gibt und was man da machen kann. Und ob es sich für einen lohnt, das Setting zu spielen. Es gibt dann natürlich noch eine ausführlichere Settingbeschreibung, mit etlichen Zusatzbüchern, aber prinzipiell kann man mit der "setting bible" (die auf eine Doppelseite passt) gleich losspielen. Ich hatte durch diese Beschreibung schon einige Ideen, welche ich dann in meiner Version des Settings umgesetzt habe, obwohl die so in keinem der Bücher stehen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ludovico am 26.09.2017 | 13:10
Aber - um mal bei dem Bild mit dem Essen gehen zu bleiben - selbst wenn alle das Setting basteln: man trifft sich, jeder schmeißt halt schnell nochn (Lieblings-) Gemüse in den Pott,  und am Ende isses immer irgendwie bunte Gemüsesuppe und man merkt, dass man halt schnell was zusammen gezimmert hat.

Oder etwas komplett ungenießbares. Das finde ich auch problematisch an FATE, da viele Köche den Brei leicht ruinieren können.

Zitat
Das is doch vom Gefühl her was grundlegend anderes, als in nem Restaurant aus ner Speisekarte mit wickelten, getesteten, abgeschmeckten und liebevoll mit Aufwand und Wertschätzung zubereiteten Gerichten auszuwählen.

Soll nicht heißen, dass improvisiertes nicht schmecken kann oder jedes Restaurant gut ist. Aber essen gehen ist was anderes als gemeinsam kochen...

Alles in allem hab ich etwas Bauchschmerzen mit dem Vergleich. In einem Restaurant muss man Geld ausgeben. Ok! Aber Essen in einem Restaurant kommt direkt an den Tisch. Die Hürde ist also nur das Geld.

Bei komplexen Settings ist dagegen die Zeit die Hürde neben dem Geld.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ucalegon am 26.09.2017 | 13:22
Bei komplexen Settings ist dagegen die Zeit die Hürde neben dem Geld.

Zum einen das, zum anderen, dass ein komplexes Setting - und sei es noch so toll - erstmal nur auf totem Papier existiert. Das sagt mir gar nichts über das, was am Ende tatsächlich am Tisch passiert. Wenn außerdem nur die SL das Ganze wirklich gelesen hat und es dann ohnehin wieder runterbrechen muss, kann man sich schon fragen, ob man nicht gleich bei Letzterem hätte anfangen können.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Vasant am 26.09.2017 | 13:36
Wenn außerdem nur die SL das Ganze wirklich gelesen hat und es dann ohnehin wieder runterbrechen muss, kann man sich schon fragen, ob man nicht gleich bei Letzterem hätte anfangen können.
Das möchte ich hier gern mal bekräftigen. :)
"Oberflächlich" würde ich das eigentlich nicht nennen. Beim Kauf-Setting beschäftigt sich der SL mit dem Setting und muss das allen anderen vermitteln. Beim gemeinsam gemachten Setting beschäftigen sich alle zusammen mit dem Setting. Da bin ich als Spieler gleich deutlich mehr "drin".
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 26.09.2017 | 13:37
Selbst bei "komplexen Settings" muss man mMn.  nicht alles wissen oder gelesen haben. Es reicht eigentlich meistens die Informationen zu haben, die gerade im Moment wichtig sind.
Ansonsten wird sich jede Gruppe sowieso mehr oder weniger ihre eigene Welt bauen. Ich sehe solche Settinginformationen eigentlich eher als moegliche Inspirationsquelle fuer Spielleiter und Spieler und weniger als Ballast.(bzw. Pflichtprogramm ohne das man nicht spielen darf)
Was dann letztendlich von den Infos im Spiel Verwendung findet und was nicht, kann der Runde doch niemand vorschreiben.  :)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: LordBorsti am 26.09.2017 | 13:41
...
Wenn eine Gruppe ein eher flaches Setting aus World of Adventure bespielt, so nimmt die Komplexität des Settings im Laufe der Zeit zu. Alleine durch das Beispielen entstehen Settinginformationen, die nicht immer schriftlich fixiert werden, aber dennoch gelten.

Daraus ergibt sich, dass es für neue Spieler schwieriger wird in eine solche bestehende FATE-Runde einzusteigen, je länger diese spielt.

Ich denke, den Satz kannst du verallgemeinern, das ist kein spezielles Fate-Ding. Das gilt so für jede Kampagne/Spielrunde, bei der nicht explizit die erspielten Geschichten schriftlich fixiert werden.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: eldaen am 26.09.2017 | 13:41
Beim gemeinsam gemachten Setting beschäftigen sich alle zusammen mit dem Setting. Da bin ich als Spieler gleich deutlich mehr "drin".

In was denn drin, wenn noch (fast) gar nix da ist…?
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 26.09.2017 | 13:43
Zitat
Ich sehe solche Settinginformationen eigentlich eher als moegliche Inspirationsquelle fuer Spielleiter und Spieler und weniger als Ballast.

Aber es ist besser, wenn es so organisiert ist, dass deutlich zwischen "essentiellen Informationen" und "inspirierenden Fluff" unterschieden wird.

Nicht nur dass der SL sonst nicht seinen Spielern vermitteln kann, um was es in diesem Setting geht, er wird selber auch massive Probleme haben eigene Abenteuer zu schreiben, wenn er sich relevante Infos erst mühsam aus dem Buch zusammenklauben muss.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: trendyhanky am 26.09.2017 | 13:55
Die ganze Kritik an den WoA von Fate läuft ins Leere.

Der Ansatz dieser Hefte ist

a) dem SL und seiner Gruppe einen Pitch zu geben, anhand dessen dann die Spielgestaltung (aka SETTINGBAU!) geschieht

b) zeigen, was man mit Fate so alles Cooles machen kann

c) Innovative, neuartige Settingideen/Spielideen anbringen und nicht den x-ten Fantasy/Sci-Fi-Klon

d) neuen Crunch oder Regeltwists einbringen und damit über das Setting hinaus einen Mehrwert zu bieten

e) sich auf das Wesentliche nämlich a-d bschränken

ME machen die Worlds of Adventure-Hefte von Fate ziemlich genau das, was sie machen wollen und sollen.



Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 26.09.2017 | 13:57
Aber es ist besser, wenn es so organisiert ist, dass deutlich zwischen "essentiellen Informationen" und "inspirierenden Fluff" unterschieden wird.
Klar. Vor Allem was die  noetigsten Regeln betrifft, die sollten  allen schon halbwegs zugaenglich sein.

Aber welche Welt man damit bespielt, wie die so im Detail genau ist, ist mMn. letzten Endes vor Allem Geschmackssache. Sicherlich bieten da gute Setting Beschreibungen eine schoene Inspirationsquelle. Aber wenn die der Runde nicht gefallen dann macht man es halt einfach anders.

Solche Settingsbeschreibungen zu haben finde ich schon gut. Aber sklavisch daran binden, muss man sich mMn. nicht.
(Es sei denn man spielt DSA ~;D)

Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: YY am 26.09.2017 | 14:07
Habe nur Masters of Umdaar und festgestellt, dass ich an so was eigentlich keinen Bedarf habe, denn was mir da an Ideen geboten wird, habe ich mit einer gut gelaunten Runde innerhalb von 30 Minuten auch selbst zusammengeklatscht.

Entspricht genau meiner Erfahrung - und das ist auch der Grund, warum ich mit den gefühlt 42000 Savage Worlds-Settings nichts anfangen kann. Dort läuft das ja genauso.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ludovico am 26.09.2017 | 14:12
Ich denke, den Satz kannst du verallgemeinern, das ist kein spezielles Fate-Ding. Das gilt so für jede Kampagne/Spielrunde, bei der nicht explizit die erspielten Geschichten schriftlich fixiert werden.

Ich denke, dass es gerade auf FATE zutrifft, weil es da extrem ist.

Wenn das Setting schriftlich fixiert ist (wie bei vielen Rollenspielen üblich), kann ein neuer Spieler sich auch im späteren Spiel einlesen. Je dichter beschrieben das Setting ist, desto niedriger die Hürde für den neuen Spieler.
Je weniger Details ein Setting hat, desto mehr bringen Spieler solche ein. Da diese oftmals nicht niedergeschrieben oder nicht ordentlich niedergeschrieben sind (meiner anekdotischen und daher nicht statistisch relevanten Erfahrung nach), behaupte ich, dass solche Spiele für neue Spieler, die in bestehende Gruppen eintreten eine höhere Hürde haben als von vornherein detailliert niedergeschriebene Settings.

Und bei FATE... da werden einige Aspekte festgehalten bei der Settingerschaffung. Beim Rest wird viel geredet. Da gibt es nicht sehr viel. Also werden all die Lücken mit der Zeit gefüllt mit Aspekten und meist mündlich im Spiel.

Da hat ein neuer Spieler es viel einfacher in eine bestehende DSA-Runde einzusteigen. Da muss die Gruppe allenfalls erklären, inwiefern sie von der offiziellen Linie abgewichen sind.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: trendyhanky am 26.09.2017 | 14:14
Eine sehr gute Gegenüberstellung, um es mal konkret zu machen, wäre das LODLAND-Setting und die WoA DEEP DARK BLUE.

Lodland schaffte es auf hunderten Seiten akribischer Settingdarstellung NICHT, den Spielern Ideen an die Hand zu geben, WAS man damit eigentlich spielen kann. Lies einen ratlos zurück.

Deep Dark Blue ist auch ein Unterwassersetting, hat aber nur ein Zehntel Umfang und kommt gleich zu Potte. Man weiß sofort, worum es geht und was man damit macht.

Sicher, das hätte man mit Lodland auch irgendwie machen und haben können, aber der inspirative Funke sprang nicht über.
Wäre Lodland wie Deep Dark Blue (evtl mit einem anderen Schwerpunkt als meinetwegen Rohstoffabbau) aufgezogen worden, glaube ich, dass das Setting mehr Impact gehabt hätte.

Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 26.09.2017 | 14:15
Aber - um mal bei dem Bild mit dem Essen gehen zu bleiben - selbst wenn alle das Setting basteln: man trifft sich, jeder schmeißt halt schnell nochn (Lieblings-) Gemüse in den Pott,  und am Ende isses immer irgendwie bunte Gemüsesuppe und man merkt, dass man halt schnell was zusammen gezimmert hat.
Als eine Gegenanalogie: Zum restart von Starcraft 1 dieses Jahr haben die Entwickler gesagt, dass sie es in unglaublich kurzer Zeit zusammenzimmern mussten, und es ist eins der größten Spiele geworden und hat selbst deutlichen Tiefgang.

Wenn Leute in der Gruppe sind, die was aus dem Setting machen wollen, dann so ein potluck sehr gut funktionieren und auch mehr Tiefgang entwickeln als eine von Grund auf designte Welt. Das ist ein ähnlicher Effekt wie das Würfeln beim Rollenspielen: Kreativität unter Randbedingungen.

In wieweit das langfristig leben kann, wenn Leute aussteigen und die Welt sehr stark auf deren Chars aufbaute, würde ich in Frage stellen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ludovico am 26.09.2017 | 14:27
Eine sehr gute Gegenüberstellung, um es mal konkret zu machen, wäre das LODLAND-Setting und die WoA DEEP DARK BLUE.

Lodland schaffte es auf hunderten Seiten akribischer Settingdarstellung NICHT, den Spielern Ideen an die Hand zu geben, WAS man damit eigentlich spielen kann. Lies einen ratlos zurück.

Deep Dark Blue ist auch ein Unterwassersetting, hat aber nur ein Zehntel Umfang und kommt gleich zu Potte. Man weiß sofort, worum es geht und was man damit macht.

Sicher, das hätte man mit Lodland auch irgendwie machen und haben können, aber der inspirative Funke sprang nicht über.
Wäre Lodland wie Deep Dark Blue (evtl mit einem anderen Schwerpunkt als meinetwegen Rohstoffabbau) aufgezogen worden, glaube ich, dass das Setting mehr Impact gehabt hätte.

Also ist Lodland eine schlechte Settingbeschreibung (über Lodland hab ich auch generell nicht viel Gutes gehört). Eine ausführliche Beschreibung kann auch Mist sein.

Ich hatte auch mal Eagle Eyes in der Hand. Für mich war das ungenügend, da es mir nur sagte "Agenten im alten Rom". Das ist mir zu wenig. Da kommt bei mir keine Stimmung auf und somit auch keine Inspiration.

Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: LordBorsti am 26.09.2017 | 14:30
Ich denke, dass es gerade auf FATE zutrifft, weil es da extrem ist.

Wenn das Setting schriftlich fixiert ist (wie bei vielen Rollenspielen üblich), kann ein neuer Spieler sich auch im späteren Spiel einlesen. Je dichter beschrieben das Setting ist, desto niedriger die Hürde für den neuen Spieler.
Je weniger Details ein Setting hat, desto mehr bringen Spieler solche ein. Da diese oftmals nicht niedergeschrieben oder nicht ordentlich niedergeschrieben sind (meiner anekdotischen und daher nicht statistisch relevanten Erfahrung nach), behaupte ich, dass solche Spiele für neue Spieler, die in bestehende Gruppen eintreten eine höhere Hürde haben als von vornherein detailliert niedergeschriebene Settings.

Und bei FATE... da werden einige Aspekte festgehalten bei der Settingerschaffung. Beim Rest wird viel geredet. Da gibt es nicht sehr viel. Also werden all die Lücken mit der Zeit gefüllt mit Aspekten und meist mündlich im Spiel.
...

Um deine und meine Argumente zusammenzuführen:

Ich denke das hängt vom Verhältnis "Erspieltes Setting" / "Niedergeschriebenes Setting" ab.

Nehmen wir mit DSA ein Beispiel eines niedergeschriebenen detaillierten Settings und vergleichen das ganze mit einer beliebigen Fate World of Adventure.

Solange nur wenige Sitzungen gespielt wurden, ist es aus meiner Sicht einfacher in die Fate Runde einzusteigen, da ich einfach nicht so einen großen Batzen Setting-Material lesen muss.

Ein paar Sitzungen später sieht das langsam anders aus, dann hat die Fate-Runde sich eine Menge Fakten zusammengespielt und zumeist nicht schriftlich fixiert. Die DSA-Runde dürfte hier dann die Nase vorne haben, da das Setting schriftlich fixiert und ich "nur" nachholen muss, was die Gruppe bisher so erlebt hat.

Ein paar Jahre später ist es ziemlich egal, ob ich in eine langjährige Fate-Runde oder DSA-Runde einsteige. Die Gruppe hat soviel gemeinsam erlebt und das Setting so durchgewühlt, dass mir das niedergeschriebene Setting auch nicht allzuviel nützt.

Meinungen?
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: nobody@home am 26.09.2017 | 14:34
Aber - um mal bei dem Bild mit dem Essen gehen zu bleiben - selbst wenn alle das Setting basteln: man trifft sich, jeder schmeißt halt schnell nochn (Lieblings-) Gemüse in den Pott,  und am Ende isses immer irgendwie bunte Gemüsesuppe und man merkt, dass man halt schnell was zusammen gezimmert hat.

Das is doch vom Gefühl her was grundlegend anderes, als in nem Restaurant aus ner Speisekarte mit wickelten, getesteten, abgeschmeckten und liebevoll mit Aufwand und Wertschätzung zubereiteten Gerichten auszuwählen.

Soll nicht heißen, dass improvisiertes nicht schmecken kann oder jedes Restaurant gut ist. Aber essen gehen ist was anderes als gemeinsam kochen...

Der Vergleich hinkt, denn "kochen" muß ich beim Setting-Kauf in beiden Fällen zu Hause. Da kann ich nicht einfach beim Settingdesigner selbst zu einer Sitzung hereinschneien und mich von dem "professionell" verköstigen lassen. Es geht also weniger um Hausgemachtes vs. Restaurant und mehr um die Frage "suchen wir uns unsere Zutaten selbst zusammen und machen was daraus oder nehmen wir das Fünf-Gänge-Fertigmenü aus der Supermarkt-Tiefkühltruhe?". :)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 26.09.2017 | 14:36
Ein paar Jahre später ist es ziemlich egal, ob ich in eine langjährige Fate-Runde oder DSA-Runde einsteige. Die Gruppe hat soviel gemeinsam erlebt und das Setting so durchgewühlt, dass mir das niedergeschriebene Setting auch nicht allzuviel nützt.
Bei DSA kann auch nach Jahren das Setting immernoch v.a. DSA sein, gerade wenn zumindest zum Teil offizielle Abenteuer gespielt werden. Das DSA-Setting wird seinem Design nach beim Spielen nicht völlig auf den Kopf gestellt.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ludovico am 26.09.2017 | 14:40
Um deine und meine Argumente zusammenzuführen:

Ich denke das hängt vom Verhältnis "Erspieltes Setting" / "Niedergeschriebenes Setting" ab.

Nehmen wir mit DSA ein Beispiel eines niedergeschriebenen detaillierten Settings und vergleichen das ganze mit einer beliebigen Fate World of Adventure.

Solange nur wenige Sitzungen gespielt wurden, ist es aus meiner Sicht einfacher in die Fate Runde einzusteigen, da ich einfach nicht so einen großen Batzen Setting-Material lesen muss.

Ein paar Sitzungen später sieht das langsam anders aus, dann hat die Fate-Runde sich eine Menge Fakten zusammengespielt und zumeist nicht schriftlich fixiert. Die DSA-Runde dürfte hier dann die Nase vorne haben, da das Setting schriftlich fixiert und ich "nur" nachholen muss, was die Gruppe bisher so erlebt hat.

Ein paar Jahre später ist es ziemlich egal, ob ich in eine langjährige Fate-Runde oder DSA-Runde einsteige. Die Gruppe hat soviel gemeinsam erlebt und das Setting so durchgewühlt, dass mir das niedergeschriebene Setting auch nicht allzuviel nützt.

Meinungen?

Ich denke, dass sich bei komplexen Settings die Komplexität im Verlauf der Zeit eher linear entwickelt. Bei einfachen Settings verläuft die Entwicklung eher progressiv.
Bei DSA muss man auch nur nach vielen Jahren mitteilen, wo man aktuell steht und welche Änderungen es zu der offiziellen Linie gibt.
Bei einem WoA-Setting dagegen muss der Spieler das komplette Setting vermittelt bekommen.
Da fällt mir auf, dass dies insbesondere den Wechsel von erfahrenen Spielern in neue Gruppen erschwert.

Ein DSA-Spieler kommt in eine neue Gruppe ist weniger problematisch als ein FATE-Spieler, der in eine neue FATE-Gruppe kommt, die das gleiche Setting bespielen wie der FATE-Spieler zuvor.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.09.2017 | 14:44
Aber - um mal bei dem Bild mit dem Essen gehen zu bleiben - selbst wenn alle das Setting basteln: man trifft sich, jeder schmeißt halt schnell nochn (Lieblings-) Gemüse in den Pott,  und am Ende isses immer irgendwie bunte Gemüsesuppe und man merkt, dass man halt schnell was zusammen gezimmert hat.

Das is doch vom Gefühl her was grundlegend anderes, als in nem Restaurant aus ner Speisekarte mit wickelten, getesteten, abgeschmeckten und liebevoll mit Aufwand und Wertschätzung zubereiteten Gerichten auszuwählen.

Soll nicht heißen, dass improvisiertes nicht schmecken kann oder jedes Restaurant gut ist. Aber essen gehen ist was anderes als gemeinsam kochen...
Anders, aber nicht unbedingt besser - anders aber es ist nicht darauf abgestimmt was man will sondern auf die Speisekarte beschränkt.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 26.09.2017 | 14:48
Habe nur Masters of Umdaar und festgestellt, dass ich an so was eigentlich keinen Bedarf habe, denn was mir da an Ideen geboten wird, habe ich mit einer gut gelaunten Runde innerhalb von 30 Minuten auch selbst zusammengeklatscht.

So ging es mir mit "Hollow Earth Expedition" - und das hatte einiges mehr an Seiten (aber trotzdem keine eigenständigen Ideen).

Spiele wie Masters of Umdar oder die Savage Settings haben es bisher noch fast immer geschafft, dem Genre eine Facette abzugewinnen, auf die ich nicht selbst gekommen wäre.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Caranthir am 26.09.2017 | 15:21
Wenn das Setting schriftlich fixiert ist (wie bei vielen Rollenspielen üblich), kann ein neuer Spieler sich auch im späteren Spiel einlesen. Je dichter beschrieben das Setting ist, desto niedriger die Hürde für den neuen Spieler.

Ich habe selten (eigentlich fast noch nie) erlebt, dass sich neue Spieler in ein Setting eingelesen hätten. Vielleicht kurz in die Regeln. Alles andere haben wir immer am Spieltisch erzählt. Für neue Spieler ist es eher dann schwer, wenn einen das Setting erschlägt. Im Gegensatz dazu bringen Aspekte viele Sachen auf den Punkt, helfen SLs sogar, sich kurz zu fassen.

Versteht mich nicht falsch, ich habe nichts gegen ausführlich beschriebene Setting, ich sehe nur nicht den Mehrwert gegenüber knapp beschriebenen Settings. Die Frage ist einfach, ob ich viel lesen will oder nicht.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Antariuk am 26.09.2017 | 15:24
Ich kann den OP schon irgendwie verstehen, zu dem Schluss dass es oberflächliches Rollenspiel fördert würde ich aber nicht kommen.

Das Schöne an so detaillierten und/oder tiefen Settings ist dass man so richtig eintauchen kann, stundenlang rumschnökern, Details finden, sich am Artwork erfreuen, Sachen zu NPCs auf einem Wiki nachlesen, usw. Das hat auf jeden Fall was, vor allem für Spielleiter, weil man, genügend Begeisterung vorausgesetzt, wenig Probleme haben wird ein instinktives Gefühl für das Setting zu entwickeln und sich genügend Material für die eigenen Runde zusammenzuklauen.

Das macht kleine und/oder oberflächliche Settings nicht weniger spielbar, aber vielleicht weniger tauglich wenn man halt gerne derart in die Vision eines Settings eintaucht.

Ich selbst als Spieler habe kein Problem mit groben, schmal umrissenen Settings die ggf. auch erst im Spiel wirklich ausgebaut werden, ich finde sowas eigentlich sogar besser als einen Behemoth wo ich erstmal Angst aufgrund der Materialfülle bekomme. Das ist nämlich das große Problem von so "tiefen" Settings, dass sie entweder eine enorme Einstiegshürde haben die nicht jeder Frischling gerne überwindet, oder dass so viele Details während des Spiels verloren gehen (weil es jeweils akut nicht wichtig genug war um drauf herumzureiten) dass man das Gefühl bekommt irgendwie nur unnützen Ballast gelesen zu haben (ist mit z.B. schon öfter in D&D/Pathfinder Spielen aufgefallen wo offizielle Setingkonventionen am Spieltisch arg runtergeschliffen wurden).
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Chruschtschow am 26.09.2017 | 16:30
Nö. Gerade durch den hohen Eigenbeitrag beim Veweben von SC und Welt empfinde ich das Spiel in solchen Welten wesentlich tiefgängiger und emergenter als die letzte Fantasykonserve mit zerkochtem Schlabbergemüse. Die Aspekte geben kräftig Fokus. Wenn ich mir ein Fate-Charakterblatt in Din A5 anschaue, weiß ich meistens viel mehr über den SC und seine Anbindung an die Welt als nach vier Seiten DSA-Charakter. Und in der Dichte geht das gerne so weiter.

Klar kann ich mich auch hin setzen und konsumieren. Ist aber nicht meins, weil ich dann oft was bekomme, das nicht nach meinem Geschmack gewürzt ist. Vor allen in der Fantasykantine gibt es viel, das satt macht. Aber mehr auch nicht. Das fette Geschmackserlebnis erfordert da eh was anderes. Selber machen mit hochwertigen Komponenten ist da einfach überlegen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 26.09.2017 | 16:34
Ich habe selten (eigentlich fast noch nie) erlebt, dass sich neue Spieler in ein Setting eingelesen hätten. Vielleicht kurz in die Regeln. Alles andere haben wir immer am Spieltisch erzählt. Für neue Spieler ist es eher dann schwer, wenn einen das Setting erschlägt. Im Gegensatz dazu bringen Aspekte viele Sachen auf den Punkt, helfen SLs sogar, sich kurz zu fassen.

Nicht zu vergessen: die wenigsten Settings trennen sauber zwischen Spieler- und SL-Informationen. Wenn Spieler sich also selber in das Setting einlesen, riskieren sie sich für die Kampagne zu spoilern.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: KhornedBeef am 26.09.2017 | 16:46
Seite 3 schon?? Ne das kann ich jetzt nicht alles lesen. Ich entschuldige mich für eventuelle Redundanz.

Ja, ein Stück weit weg Wegwerf-Setting steckt schon dahinter, im Sinne von "wenns doof ist können wir einfach was anderes machen". Das finde ich aber ehrlich gesagt auch ganz gesund. Man kann ja trotzdem die Welt, wenn sie beliebt ist, weiter ausbauen.
Das Setting-ADHS sehe ich nicht. Vielleicht hat je jemand einen Hinweis darauf gefunden, aber das kann ich ohne weiteres auch mit detallierten Settings. Da machen die Fate Worlds nichts.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 26.09.2017 | 20:01
Das macht kleine und/oder oberflächliche Settings nicht weniger spielbar, aber vielleicht weniger tauglich wenn man halt gerne derart in die Vision eines Settings eintaucht.
Eins, was ein kleines Setting nicht liefert, sind von anderen bis zur letzten Konsequenz durchdachte Ideen.

Am Ende stammt vieles von dem, was rauskommt, aus dem, was die Beteiligten aus anderen Medien haben. Es werden die Stereotypen aus anderen Medien benutzt und/oder gezielt gebrochen, aber nicht von Grundauf neu gedacht.

Das ist zumindest meine Erfahrung mit One-Shots, die doch länger werden: Solange ich aus anderen Medien viel Inspiration habe, funktionieren sie toll. Wenn ich aber weniger Zeit für anderen Konsum habe, wird es dröger.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ucalegon am 26.09.2017 | 21:23
Am Ende stammt vieles von dem, was rauskommt, aus dem, was die Beteiligten aus anderen Medien haben. Es werden die Stereotypen aus anderen Medien benutzt und/oder gezielt gebrochen, aber nicht von Grundauf neu gedacht.

Hast du mal ein Beispiel, wo von Grundauf neu gedacht wurde? Oder ist das für dich immer der Fall, wenn man länger an einem Setting arbeitet?
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: bobibob bobsen am 26.09.2017 | 21:30
Zitat
Am Ende stammt vieles von dem, was rauskommt, aus dem, was die Beteiligten aus anderen Medien haben.

Und du meinst das ist bei komplexeren settings anders, weil die dort die beteiligten keinen Zugang zu den medien haben?
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: vanadium am 26.09.2017 | 21:35
@Eingangspost

Passt doch zur Generation 40+ mit Familie, Beruf/ Karriere, Haus/Garten, regelmäßigen Arztbesuchen. Da hat man die Zeit eh nicht mehr.
Als Schüler konnte ich mich die ganze Woche (von Zeiten dieser lästigen Schulunterbrechungen abgesehen) auf RPG vorbereiten, bevor dann am WE 48 Stunden durchgezockt wurde.
Jetzt tut mein Rücken weh, wenn ich 3 Std. auf dem gleichen Stuhl sitze, von einem Boden als Bett mal ganz abgesehen. Und von den Ernährungssünden, Körperhygiene und Sozialkontakten (eig. Familie) ist hier noch gar keine Rede... Das würde ich heute weder die Woche über noch am SpielWE überleben.

Ein Hoch auf die Instant-RPGs!  :d
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Bad Horse am 26.09.2017 | 21:49
Die weniger ausaufernden Settings sind - denke ich - eher für kürzere Spiele gedacht: One-Shots oder Few-Shots. Dafür sind sie fokussierter auf die Thematik, weil sie oft einen Punkt aufgreifen, um den es ganz präzise geht. Ist das oberflächlicher? Nö. Filme sind auch nicht oberflächlicher als Serien, obwohl Serien natürlich mehr Zeit für Worldbuilding und Charakterentwicklung haben als Filme. Es sind halt zwei verschiedene Darreichungsformen von Geschichten.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Mutifu am 26.09.2017 | 23:14
Ich finde man darf auch nicht vergessen, dass es für eine Reihe von Spielern durchaus von Bedeutung ist, dass man sich das Bespielte eben nicht "irgendwie so ausgedacht" hat. Das kommt ja auch in Threads zur Rolle des SL immer mal wieder zum Vorschein.

Nur umfassende Settings können es aber leisten, möglichst viel zu bieten, das man sich nicht auszudenken braucht. Da ist sogar die Qualität ein Stück weit zweitrangig. Es ist eben nicht das Setting mit den Elfen und Orks und einem Zauberer namens Gandalf, sondern es ist fucking Mittelerde. Und wenn ich in den Realms spiele, dann läuft da irgendwo dieser Drow namens Drizzt rum, der EXISTIERT, geradezu physisch.

Mich persönlich interessiert das nicht so sehr, aber ich kenne Leute für die liegt in dem wahrgenommenen Wissen, dass gerade am anderen Ende der Galaxie und völlig ohne Kontakt zum eigenen Spiel Han Solo und Chewbacca irgendwo rumfliegen schon fast der Unterschied zwischen gutem und schlechtem Rollenspiel.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Wisdom-of-Wombats am 27.09.2017 | 00:01
Eure Meinungen?

Super! Ich muss keine hunderte von Seiten Settingbücher mehr wälzen um ein Dutzend Mal in einer Spielwelt zu spielen.
Tiefgründige Welten sind ganz nett, aber erfordern Zeit, die man als Arbeitnehmer mit mehreren zeitaufwändigen Hobbies nicht mehr so hat.
Mit den Fate Worlds of Adventures kann man sich gezielt auf das Spiel am Tisch konzentrieren, statt aufwendig zu lesen.

Falls einem das nicht gefällt, gibt es mit Aventurien, Lorakis, der Sechsten Welt, der Neunten Welt oder Golarion genug tiefgründige, detailliert ausgearbeitete Welten, in die man sich hinein vertiefen kann.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Blechpirat am 27.09.2017 | 12:36
Fate schiebt jedenfalls in meinen Runden von ganz alleine den Fokus auf die Charaktere. Es geht einfach weniger um das Setting als Treiber der Geschichte - diese Aufgabe haben die Charaktere. Die WoAs spiegeln das m.E. - sie bieten genug, um den Charakter in interessante Konstellationen zu bringen. Um mal das hier so beliebte Metapherspiel zu spielen: Sie sind eher ein Katapult auf einem Flugzeugträger als die Schienen in Aventurien. Bist du gestartet worden, musst du selber Fliegen.

Und das ist so, wie ich es mag...
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Moonmoth am 27.09.2017 | 12:53
Der Charakter steht so sehr im Fokus, dass die Welt letztlich zweitrangig ist, und nur der Unterstützung der Charaktermerkmale dient. Tatsächlichen Aufwand muss man nicht mehr betreiben, um sich in so ein Setting einzulesen, keine Mühe mehr geben, kaum noch was reinstecken, um etwas herauszubekommen. Es geht nur noch um den Charakter und wie cool er ist. Und da es so wenig Aufwand bedeutet, sind das auch eher "Wegwerfsettings" - beliebig, austauschbar, nächste-Woche-mach-ich-halt-was-neues...

Nuuun... Es heißt ja nicht ganz ohne Grund "Rollenspiel" und nicht "Weltspiel" oder "Regelspiel"... provokant gesagt. Es sollte (!) immer um den Charakter gehen und wie er auf der Bühne - mit seiner Welt und den Charakteren darin nämlich - interagiert. Natürlich ist ein Setting da genauso wichtig wie in allen anderen Systemen, wenn nicht sogar wichtiger - ich als Malmsturm-SL muss schon davon ausgehen, dass die Spieler die ganz besonderen Bedingungen der Spielwelt verstehen, denn sonst spielst du einfach generische Sword and Sorcery und nicht dieses Setting mit all seinen Besonderheiten. Malmsturm ist dem Namen keine "World of Adventure", aber dasselbe gilt selbstverständlich auch die anderen Welten. NUR weil die Bände eher dünn sind, spielt man nicht automatisch "setting-light" - der Hintergrund ist ein entscheidender Teil der gesamten Geschichte und ist mit ihr untrennbar verwoben. In der Art und Weise, wie Fate-Runden auch auf die Welt Einfluss nehmen, könnte man sogar argumentieren dass sich hier sehr, sehr viel intensiver mit dem Setting auseinander gesetzt wird als mit eher simulationslastigen Systemen, in denen oft die Stats einen großen Teil des Gameplays einnehmen.

Natürlich muss das nicht in allen Runden gleich sein - die Rolle des Settings ist ja nicht mal in der Literatur dieselbe: Der große J.R.R. Tolkien war ein sorgfältiger literarischer Modelleisenbahner, der sich sehr bewusst mit dem erschaffen einer Mythologie und einer glaubwürdigen Mittelerde befasst hat.  Der große Fritz Leiber, dessen Einfluss auf die Pen&Paper Szene in Form von Gygax' und Arnesons D&D möglicherweise fast ebenso groß war, hat öfter mal gesagt, dass er genauso viel über die Welt von Fafhrd und dem Grauen Mausling wüsste wie die Leser - und kein bisschen mehr. Er hat das Setting so entwickelt, wie es gerade in die Geschichte passte.

Es hängt meiner Ansicht nach einfach von der Runde ab.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 27.09.2017 | 13:23
Nur umfassende Settings können es aber leisten, möglichst viel zu bieten, das man sich nicht auszudenken braucht. Da ist sogar die Qualität ein Stück weit zweitrangig. Es ist eben nicht das Setting mit den Elfen und Orks und einem Zauberer namens Gandalf, sondern es ist fucking Mittelerde. Und wenn ich in den Realms spiele, dann läuft da irgendwo dieser Drow namens Drizzt rum, der EXISTIERT, geradezu physisch.

Jeder Spieler, der mir vorzuschreiben gedenkt "XY müsste in dem Setting existieren, weil das steht in Quellenbuch Z" wird von mir erstmal ausgiebig ausgelacht. Wer denkt, dass durch solche willkürlichen Details das Setting "tiefer" wird, hat mein Mitleid. Drizzt gibt es in meinen Realms nicht.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: bobibob bobsen am 27.09.2017 | 13:47
Zitat
Jeder Spieler, der mir vorzuschreiben gedenkt "XY müsste in dem Setting existieren, weil das steht in Quellenbuch Z" wird von mir erstmal ausgiebig ausgelacht. Wer denkt, dass durch solche willkürlichen Details das Setting "tiefer" wird, hat mein Mitleid. Drizzt gibt es in meinen Realms nicht.

Bei mir ist die Standartantwort immer "der ist in Rente oder im Urlaub"
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Moonmoth am 27.09.2017 | 14:01
Bei mir ist die Standartantwort immer "der ist in Rente oder im Urlaub"
Jahaaa... das ist so eine kleine Problematik, wenn man einen detaillierten fertigen Hintergrund mit ins Spiel nimmt: Ich weiß, dass viele SL das genau so handhaben, aber einerseits zu wollen, dass Spieler sich einlesen und den Hintergrund kennen und tief verinnerlichen und dann zu sagen "Das und das und das mag ich nicht, das gibt es bei mir nicht!" - das demotiviert genau den Typ fleißiger Leser, den man eigentlich will. Ich finde, dass gerade bei Regeln, Klassen und so weiter ein Riegel vorgeschoben werden muss, wenn jeder meiner Pathfinderspieler monatlich ein neues Stück Regelerweiterung bei Paizo oder Ulisses kauft und das soll ich dann auch noch als SL lesen und umsetzen - nein, auf keinen Fall. Bei Setting/Fluff ist es IMHO anders.

Was den Hintergrund angeht, finde ich das "gibts bei mir nicht!" aber hochproblematisch. "Ach, Drizzt die olle Emoziege... der  ist gerade auf Fortbildung und ... Moment, ich schau mal in Outlook... die nächsten Jahre nicht verfügbar. Sorry." ist etwas anderes als "Mag ich nicht, existiert nicht in meinen Realms".

Wer in den Faerûn spielt, ist eben in den Forgotten Realms mit all der Baggage die sie mitbringen - und die Spieler haben da evtl. in Sachen Romanen, Videospielen und so weiter schon einiges an Phantasie und Zeit investiert. Das ist eben nicht meine Welt, aber meine Version davon - nur weil es existiert, kommt es in meiner Runde nicht automatisch vor. Das Gegenteil wäre auch etwas viel verlangt, bei den Zentnern Material, die für diese Spielwelt erschienen sind.

Das sind tatsächlich Schwierigkeiten, die bei Fate Welten deutlich seltener vorkommen  ^-^
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: 1of3 am 27.09.2017 | 16:26
Hast du mal ein Beispiel, wo von Grundauf neu gedacht wurde? Oder ist das für dich immer der Fall, wenn man länger an einem Setting arbeitet?

Ich kann jetzt nich sagen, was "von Grundauf neu" bedeutet, aber natürlich gibt es Settings die spezieller sind. Eberron hat viel mehr spezielle Elemente als Faerun. Wer auf Faerun spielt hat aber tatsächlich häufig nicht "die ganze Baggage" mit dabei, wie Moonmoth meint. Vielleicht die Götternamen, wenn ein Priester dabei ist, aber sonst hatten die meisten Faerun-Runden, die ich erleben durfte nichts von Faerun. - Weil Faerun nichts hat.

Setting ist ein Satz von Regeln. Gute Regeln sind eingängig, leicht vermittelbar und machen einen Unterschied. Der Effekt von Rollenspielregeln ist, dass sie den den Leuten Hinweise geben, was sie am Spieltisch sagen sollen. Wirksame Settings machen die Leute anders sprechen. Sinnvoll dargestellte Settings stellen also nicht zuerst Inhalte dar, sondern diejenigen Sprechweisen und Handlungsmuster, welche die Spieler benutzen sollen, um über das Setting zu reden bzw. ihre Charaktere innerhalb des Settings darzustellen und damit die gegebenen Inhalte zu erweitern.

Faerun ist deshalb eher so eine Traglastregel (a.k.a. offiziell gültig, aber alle ignorieren sie), weil sich der Text schlecht in Handlungsanweisungen umsetzen lässt, die für jedes andere Fantasysetting nicht gelten. Der Umfang eine Settings ist also für seine Wirksamkeit nicht maßgeblich und kann sogar kontraproduktiv sein.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Blechpirat am 27.09.2017 | 16:29
Hast du mal ein Beispiel für gute "Settingregeln"? Ich finde deine These ja sehr verlockend, aber kann dir wohl noch nicht folgen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Moonmoth am 27.09.2017 | 17:24
Ich würde nicht so weit gehen, dass Faerun nichts hat, aber es ist schon eine (absichtlich!) sehr generische Fantasywelt mit einer gewissen düsteren Grundstimmung - ja. Die FR stören nicht weiter und schrecken die meisten Spieler nicht ab, wenn ich es mal etwas überspitzen darf. Eberron hatte da deutlich mehr Konturen.

Der Umfang eine Settings ist also für seine Wirksamkeit nicht maßgeblich und kann sogar kontraproduktiv sein.
Das ist sehr schön gesagt und ich sage mal vorsichtig „Ja, genau… schätze ich!“. Gern mehr dazu. Howards Hyperboreanisches Zeitalter ist noch so ein eher grob skizzierter Hintergrund (es gibt einen längeren Artikel von R.E.H. dazu, aber das war es auch), der aber eine sehr klare, typische Stimmung und einen eigenen Charakter hat, der nicht zu Unrecht tonnenweise Nachahmer fand.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Antariuk am 27.09.2017 | 17:39
Zu sagen dass Faerun nichts hat ist finde ich falsch. Man muss es ja nicht mögen, aber die Welt hat doch etliche Konventionen und Eigenheiten die, wenn sie ausgespielt werden, für Faerun-Gefühl sorgen: Mysta/The Weave, die Harper, Waterdeep mit Undermountain plus anderen Elementen der Stadt wie z.B. dem Rat, Fey'ri plus der ganze Elfen-Dämonen-Krieg, usw. Namen sind in diesem Fall mMn nicht nur Schall und Rauch, ich verbinde mit ihnen immer auch andere Eindrücke der Spielwelt und auch wenn es die die Harper unter anderem Namen in anderen Settings auch gibt, heißen sie da eben nicht Harper und sind daher nicht faerunisch ;)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 27.09.2017 | 18:24
Und wenn sie eben doch Harper heißen? Schließlich wurde ja auch Ravenloft nach Faerun geholt, warum sollte man umgekehrt nicht die Schwertküste (wo sich 99.9% der ikonischen Realms-Elemente tummeln - der Rest des Kontinents ist sehr uninteressant) nach Krynn oder Oerth verlagern?
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Infernal Teddy am 27.09.2017 | 18:28
wo sich 99.9% der ikonischen Realms-Elemente tummeln

Ironischerweise wurde die Schwertküste damals für die Computerspiele verwendet, weil damals außer Waterdeep absolut nix interessantes war,...
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Chruschtschow am 27.09.2017 | 18:35
Zu sagen dass Faerun nichts hat ist finde ich falsch.

Ich hätte es eher anders herum formuliert. Faerun hat alles. Und damit eigentlich tatsächlich wieder nichts. Altes Ägypten? Findest du! Wikinger? Hau rein. Eine Hexen-Magokratie? Sicher! So einen leichten Steam-Fantasy-Einschlag? Frag mal die Gnome. Fliegende Schiffe? Sicher. So spezifisch finde ich eine Weltenretterorganisation nicht, dass die was total toll Faerun-spezifisches ist. Und immer so weiter. Und damit habe ich halt einen irrsinnigen Overhead an Hintergrundmaterial. Kann man mögen, habe ich mal gemocht, aber mittlerweile mag ich meine Settings so, dass ich da auf den Punkt bekomme, was ich will.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Moonmoth am 27.09.2017 | 18:54
Eventuell sollte man hier zwischen „Setting“ und „Spielwelt“ unterscheiden: Ich kann in fast jeder Spielwelt ein Setting (Schauplatz, Milieu)  im Rotlichtviertel, mit organisierten Kriminellen und so weiter finden oder anlegen - das bedeutet noch lange nicht, dass - wenn wir mal bei den FR bleiben - hier die Harper irgendwie wichtig sind oder dass Elminster einen Auftritt hat. (Ich pers. finde den engl. Begriff „Campain Setting“  auch eher unpassend).Wir haben hier eine schöne Diskussion, aber ich bin teilweise nicht ganz sicher, ob wir über dasselbe Ding reden.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Wisdom-of-Wombats am 27.09.2017 | 18:55
Ich würde nicht so weit gehen, dass Faerun nichts hat, aber es ist schon eine (absichtlich!) sehr generische Fantasywelt mit einer gewissen düsteren Grundstimmung - ja.

Die düstere Grundstimmung ist "neu" und ein Produkt der vorgespulten Timeline von D&D 4e. Früher waren die Realms relativ optimistisch, aber Gonzo und der Tummelplatz von Dutzenden Mary Sues.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 27.09.2017 | 19:06
Hast du mal ein Beispiel, wo von Grundauf neu gedacht wurde? Oder ist das für dich immer der Fall, wenn man länger an einem Setting arbeitet?
Ich denke dabei an Mechanical Dream.

Ganz kurz und unvollständig: Spezies, die wirklich verschiedene Grundantriebe haben (modelliert nach verschiedenen Aspekten der menschlichen Psyche), deren Interaktion damit zusammenpasst, Archetypen ("Echos"), die Mächte in der Welt repräsentieren, Kräfte, die ein tiefes Gefühl für die Archetypen vermitteln, das Erwachen des Traums, in dem die Psyche der Mherakim (spielbare Spezies) ein Eigenleben entwickelt, wenn das Pendel hinter dem Sofé verschwindet. Steam-Punk Maschinen, die während dem Traum erwachen können und strukturelle Schwachpunkte haben *müssen*, damit sie bei einem zu starken Traum blockiert werden können, ein Rechtssystem, das pychische Verletzungen so bestraft wie körperliche.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ucalegon am 27.09.2017 | 19:06
Ich kann jetzt nich sagen, was "von Grundauf neu" bedeutet, aber natürlich gibt es Settings die spezieller sind. Eberron hat viel mehr spezielle Elemente als Faerun. Wer auf Faerun spielt hat aber tatsächlich häufig nicht "die ganze Baggage" mit dabei, wie Moonmoth meint. Vielleicht die Götternamen, wenn ein Priester dabei ist, aber sonst hatten die meisten Faerun-Runden, die ich erleben durfte nichts von Faerun. - Weil Faerun nichts hat.

Setting ist ein Satz von Regeln. Gute Regeln sind eingängig, leicht vermittelbar und machen einen Unterschied. Der Effekt von Rollenspielregeln ist, dass sie den den Leuten Hinweise geben, was sie am Spieltisch sagen sollen. Wirksame Settings machen die Leute anders sprechen. Sinnvoll dargestellte Settings stellen also nicht zuerst Inhalte dar, sondern diejenigen Sprechweisen und Handlungsmuster, welche die Spieler benutzen sollen, um über das Setting zu reden bzw. ihre Charaktere innerhalb des Settings darzustellen und damit die gegebenen Inhalte zu erweitern.

Faerun ist deshalb eher so eine Traglastregel (a.k.a. offiziell gültig, aber alle ignorieren sie), weil sich der Text schlecht in Handlungsanweisungen umsetzen lässt, die für jedes andere Fantasysetting nicht gelten. Der Umfang eine Settings ist also für seine Wirksamkeit nicht maßgeblich und kann sogar kontraproduktiv sein.

Toll erklärt. Habe ich nominiert.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: 1of3 am 27.09.2017 | 19:52
Hast du mal ein Beispiel für gute "Settingregeln"? Ich finde deine These ja sehr verlockend, aber kann dir wohl noch nicht folgen.

Vampirstädte werden von Fürsten regiert. => Für dein Spiel, tu einen Fürsten in deine Stadt.

Jedermann weiß, was er, sie oder es tat, als Cyre unterging. => Denk dir aus, was dein Charakter vor zwei Jahren gemacht hat.

Die Kavallerie besteht nur aus Frauen. => Wenn du eine Soldatin spielen willst, bist du wahrscheinlich bei der Kavallerie. Wenn du einen weiblichen NSC beim Militär brauchst, ist sie wahrscheinlich bei der Kavallerie. Wenn du ein Außenseiter sein willst, spiel nen Mann bei der Kavallerie oder umgekehrt.

Wir nehmen an, dass Jugendliche sich ihrer sexuellen Orientierung noch nicht so sicher sind. => Dein Charakter ist spätestens dann bi, wenn jemand passend Hot würfelt.

Die Protagonisten gehören zur vierten Generation von Superhelden. => Denkt euch bekannte Superhelden der letzten drei Generationen aus. Von wem seid ihr Fan?

Die Inspirierten sind für gewöhnlich in den besten Jahren und haben einflussreiche Positionen inne. (Hat leider dann bei den offiziellen Abenteuern doch niemand so recht verstanden.)

Die Welt besteht aus befestigten Siedlungen und dazwischen monstererfüllte Wildnis.

Vor langer Zeit starb das Volk am Rande der Welt, doch $Name hörte noch den Ruf.

Ein typisches Kontaktschiff hat eine Besatzung zwischen 3 und 4 Personen, die auf engstem Raum zusammenleben. Hier die standardmäßige Ausrüstung...

Die Freien Ligen erhalten für das Versprechen die Stadt zu schützen, das Vorrecht in den Ruinen zu graben. Natürlich sollten sie bei den regelmäßigen Festivitäten teilnehmen. (Das einzige Spiel, das zurecht einen Kalender beilegt!)

Jeder Dog hat einen gepatchen Mantel.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Lord Verminaard am 28.09.2017 | 10:26
Setting ADHS, hehe. Jaja ich weiß böse böse, aber schön plakativ. >;D

Ich denke, ein Setting nur als Regel/Handlungsanweisung zu begreifen, greift etwas kurz. Ein ausgearbeitetes Setting ist Inspirationsquelle und es ist auch Spielstil-relevant, es stimmt die Mitspieler auf dieselbe Tonart ein, in der Wahl des Settings bzw. der Fürsprache für ein bestimmtes Setting wird eine Spielpräferenz offenbar. Wenn du hingegen mit generisch / unbestimmt / „keine Ahnung, sag du es mir“ rangehst, muss all das im Einzelfall erst verhandelt werden.

Hier wäre ich wieder bei meinem Steckenpferd, meiner Erfahrung nach wird es dann oft nur unzureichend verhandelt, es herrscht dann eine „jeder Beitrag ist gut“-Mentalität vor, eine Feinabstimmung und Qualitätskontrolle findet nicht statt. Wer hingegen bei einem definierten Setting auf der Definiertheit des Settings beharrt, ist ein Setting-Nazi. Aventurien wird belächelt, weil angeblich jeder Grashalm definiert ist. Teilweise auch zurecht. Auf der anderen Seite wird einem bei improvisierten Settings oft inkonsistente, klischeehafte Brühe als „Feature, not Bug“ verkauft, wo ich persönlich sage, kauf ich nicht.

Und dann gibt es natürlich noch so was wie Golarion, das irgendwie das Schlechte aus beiden Welten hat, viel definiert aber trotzdem beliebig. (Disclaimer: Habe nur mal ein paar Sitzungen Kingmaker auf Golarion gespielt und die dafür relevanten Setting-Einführungen gelesen. Gäbe aber bestimmt auch andere Beispiele.) Selbst ein solches Setting kann man aber lieben lernen, wenn man genug investiert, ging mir persönlich so mit Krynn. Weiß aber nicht, ob sich das heute noch so wiederholen ließe, damals war ich jung und unbeleckt und hatte viel Zeit. ;)

Weitere Stärken der Definiertheit: Berechenbarkeit / Vorhersehbarkeit schaffen für die Konsequenzen von Entscheidungen. Abfeiern der ikonischen Elemente des Settings als Selbstzweck.

Heutzutage für mich die beste Lösung für den Hausgebrauch: Settings aus Buch, Film und Fernsehen adaptieren. Das Lesen von schlecht geschriebenen Settingbänden entfällt, aber die Vorteile bleiben.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Ucalegon am 28.09.2017 | 11:15
"Von Grundauf neu gedacht" wären für mich z.B. Delta Green oder A/State. Aber selbst bei den  - seltenen - Settings von solcher Qualität ist natürlich bei den Beschreibungen von Figuren oder Orten viel redundantes Füllmaterial dabei, mit dem man im Spiel nichts anfangen kann bzw. das man besser selbst gemacht hätte.

Wenn du hingegen mit generisch / unbestimmt / „keine Ahnung, sag du es mir“ rangehst, muss all das im Einzelfall erst verhandelt werden.

Verhandelt werden muss das (Tonart, Spielpräferenz) dann, wenn das entsprechende Spiel es offen lässt. Das ist bei den Worlds of Adventure ja gerade nicht der Fall. Auch bei den meisten PbtA-Spielen oder Swords without Master, das kein Setting hat, aber alles auf zwei Grundtöne beschränkt, nicht. Was anderes sind natürlich Fate Core, Dungeon World oder andere universale Ansätze. Da würde ich dann auch erwarten, dass das vorher vernünftig abgestimmt wird, wobei gerade DW die Gruppe dabei tatsächlich gar nicht unterstützt.

Auf der anderen Seite wird einem bei improvisierten Settings oft inkonsistente, klischeehafte Brühe als „Feature, not Bug“ verkauft, wo ich persönlich sage, kauf ich nicht.

Gut für dich! "Try a different way" ist der erste Schritt zur Besserung. Wenn ich dagegen an einem definierten Setting oder der Vorbereitung meiner SL was scheiße finde, habe ich ein größeres Problem.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: tartex am 28.09.2017 | 11:42
Mal eine provokante Hypothese:

Durch die Art und Weise wie mit Fate und den Fate Worlds of Adventure massenweise Mini-Settings gebaut werden, wird eine Setting ADHS gefördert und gleichzeitig eine lediglich oberflächliche Beschäftigung mit fantastischen Welten gefördert.

Das ist wie zu sagen: durch die Art und Weise wie einige Filmemacher noch neue (Einzel-)Filme schaffen, die für sich selbst stehen, wird Setting-ADHS, und eine lediglich oberflächliche Beschäftigung mit fantastischen Welten gefördert. Es sollte doch einsichtlich sein, dass Marvel-, Star-Wars- und Harry-Potter-Filme wesentlich tiefgründiger sind, als soetwas wie Autorenkino in der Fantastik.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: trendyhanky am 28.09.2017 | 12:21
Zitat
Es sollte doch einsichtlich sein, dass Marvel-, Star-Wars- und Harry-Potter-Filme wesentlich tiefgründiger sind, als soetwas wie Autorenkino in der Fantastik.

Sehr guter Vergleich. Vor allem sind einige dieser Fate-Settings auf den ersten Blick irritierend. Sie erzwingen einen völlig neuen Ansatz, an ein spezifisches Setting heranzugehen. Es gibt ja noch einen anderen Vorwurf an die: Sie sind zu abgefahren und skurril, um ad hoc spielbar zu sein.

Genauso wie Autorenkino oder Arthouse hin und wieder sperrig ist, wenn man sich nicht darauf einlässt.


Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Lord Verminaard am 28.09.2017 | 13:09
Verhandelt werden muss das (Tonart, Spielpräferenz) dann, wenn das entsprechende Spiel es offen lässt. Das ist bei den Worlds of Adventure ja gerade nicht der Fall.

Ja, die haben ja auch schon so 40-50 Seiten, da ist schon einiges an Substanz dran. Insofern habe ich vielleicht leicht das Thema verfehlt, hatte mich eher an späteren Posts orientiert. ;) Wenn wir konkret über FATE und die Worlds of Adventure reden wollen, dann vielleicht direkt hierzu aus dem OP:

Zitat
Man muss halt schlicht keinen Aufwand mehr betreiben, eine im Detail stimmige Welt zu erschaffen, oder sich einzulesen. Der Charakter steht so sehr im Fokus, dass die Welt letztlich zweitrangig ist, und nur der Unterstützung der Charaktermerkmale dient. Tatsächlichen Aufwand muss man nicht mehr betreiben, um sich in so ein Setting einzulesen, keine Mühe mehr geben, kaum noch was reinstecken, um etwas herauszubekommen. Es geht nur noch um den Charakter und wie cool er ist. Und da es so wenig Aufwand bedeutet, sind das auch eher "Wegwerfsettings" - beliebig, austauschbar, nächste-Woche-mach-ich-halt-was-neues...

Das ist halt auch irgendwo FATE, der Charakter steht im Mittelpunkt und alles andere wird drumrum gebaut, so spielen und interpretieren es jedenfalls viele. Der Gedanke, dass man in ein Setting "investiert", den hatte ich ja oben auch schon formuliert, schlecht ist natürlich, wenn man in ein Setting investiert und dann trotzdem abbricht, bevor man den Return on Invest eingefahren hat. Dafür kann es verschiedene Gründe geben, zeitliche Einschränkungen, die dazu führen, dass man keine längere Kampagne auf die Beine gestellt bekommt, oder es kann natürlich auch vorkommen, dass das Setting dann, nach mehreren Sitzungen und intensivem Einlesen, trotzdem nicht klickt. Da ist das "Wegwerf-Setting" im Vorteil, andererseits spricht aber überhaupt nichts dagegen, auch eine längere Kampagne mit einem Wegwerf-Setting zu starten. Natürlich wird diese eher charakterzentriert sein, aber auch Charaktere können davon profitieren, dass man in sie investiert, und als Nebenprodukt kriegt das Setting schärfere Konturen.

Davon separat würde ich das auch angesprochene Thema "Coolness" sehen, auch das ist irgendwo FATE, wenn du es drauf anlegst, kannst du FATE halt sehr gut "Rule of Kewl" mäßig spielen, wo jede Herausforderung sofort bewältigt wird und Probleme eigentlich nur eine Aufforderung an den Spieler sind, zu zeigen, wie badass sein Charakter ist. Wer das nicht mag (ich zum Beispiel) wünscht sich dann vielleicht, dass das irgendwie unterbunden wird, dazu kann auch ein umfassender definiertes Setting irgendwie beitragen, aber das scheint mir doch eher um die Ecke gedacht. Hier sind es doch das System und die Gruppenabsprache, die viel direkter Abhilfe schaffen können.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 28.09.2017 | 15:21
"Von Grundauf neu gedacht" wären für mich z.B. Delta Green oder A/State. Aber selbst bei den  - seltenen - Settings von solcher Qualität ist natürlich bei den Beschreibungen von Figuren oder Orten viel redundantes Füllmaterial dabei, mit dem man im Spiel nichts anfangen kann bzw. das man besser selbst gemacht hätte.
Bei Mechanical Dream habe ich davon sehr, sehr wenig gefunden. Ich dachte immer, das Buch wäre dick. Als wir aber selbst dran gegangen sind, Technophob zu schreiben, und praktisch gemerkt haben, was man alles weitergeben muss, bevor ein halbwegs komplexes Setting wirklich spielbar ist, ist mir aufgefallen, dass Mechanical Dream eher das Mindestmaß an Inhalten hat, die notwendig sind, um eine Welt von dessen Andersartigkeit spielbar zu machen. Wir sind jetzt auch schon bei 140 Seiten, dabei ist Technophob viel näher an unserer Welt als Mechanical Dream.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Moonmoth am 28.09.2017 | 16:05
Kleiner Geistesblitz zwischendurch: Braucht ein Setting ein paar kantige Ideen, die die Erwartungshaltungen der Spieler herausfordern und die vielleicht sogar ein klein wenig unangenehm sind?
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: KhornedBeef am 28.09.2017 | 16:09
Kleiner Geistesblitz zwischendurch: Braucht ein Setting ein paar kantige Ideen, die die Erwartungshaltungen der Spieler herausfordern und die vielleicht sogar ein klein wenig unangenehm sind?
Nein. Aber das kann reizvoll sein, natürlich.
Klassisches "die Bösen sind böse, die Guten machen die Bösen platt" kann man aber auch spielen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Maarzan am 28.09.2017 | 16:43
Meine Antwort dazu wäre: Und wenn schon.
Selbst wenn ich diese Bedenken/Geschmack persönlich ansatzweise teile (und auch im klassischen Bereich schon länger ebenfalls einen ähnlichen Trend sehe), gibt es offenbar genügend Leute, die genau an so etwas Spaß zu haben scheinen.

Solange jetzt niemand an meinem Spieltisch jetzt "bekehren" will: Viel Spaß und ich muss ja nicht mitmachen.

...von Zeiten dieser lästigen Schulunterbrechungen abgesehen...

Wie Unterbrechung? wann hast du deine Runden denn sonst vorbereitet ...  :o
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: tartex am 28.09.2017 | 16:52
Die meisten klassischen, großen Settings sind dann halt doch nur eine mehr oder oft weniger verzahnte Zusammensetzung von kleineren Settings.

Golarion, Aventurien, die Forgotten Realms: die sind ja alle nicht wirklich aus einem Guß, sondern haben halt irgendwo ihr Piratensetting, ihr Dschungelsetting, ihr Horrorsetting, usw.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: trendyhanky am 28.09.2017 | 17:03

Zitat
Golarion, Aventurien, die Forgotten Realms: die sind ja alle nicht wirklich aus einem Guß, sondern haben halt irgendwo ihr Piratensetting, ihr Dschungelsetting, ihr Horrorsetting, usw.

Und verkaufen dem Spieler das Patchwork wiederum als angedachtes, kalkuliertes Subsetting. Gerne mit dem Begriff THEMA verwoben oder wie jüngst bei DSA 5: SPIELRÄUME.

Das Setting also nicht als Homogenität aufgefasst sondern als Ansammlung von kleinen Settings mit unterschiedlichen Themen und Spielansätzen. Interessanterweise liest sich das fast schon wie eine Sammlung von kleinen Worlds of Adventure.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: tartex am 28.09.2017 | 18:04
Das Setting also nicht als Homogenität aufgefasst sondern als Ansammlung von kleinen Settings mit unterschiedlichen Themen und Spielansätzen. Interessanterweise liest sich das fast schon wie eine Sammlung von kleinen Worlds of Adventure.

Ja, außer dass sie in den meisten Fällen sich leider nicht an ausgefallenere Sachen wagen, sondern dieselben 15 Grundideen zum x-ten Mal durchdeklinieren.

Klar gibt es auch Ausnahmen, wie z.B. Galt in Golarion oder das fröhliche Götterrücken in Aventurien.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 28.09.2017 | 18:07
Wenn ich schon Flickenteppich spiele, dann entscheide ich lieber selber, was ich für Flicken da reinnähe, statt mir das von den Autoren vorschreiben zu lassen. Persönliche Präferenz.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 28.09.2017 | 18:16
Und verkaufen dem Spieler das Patchwork wiederum als angedachtes, kalkuliertes Subsetting. Gerne mit dem Begriff THEMA verwoben oder wie jüngst bei DSA 5: SPIELRÄUME.

Das Setting also nicht als Homogenität aufgefasst sondern als Ansammlung von kleinen Settings mit unterschiedlichen Themen und Spielansätzen. Interessanterweise liest sich das fast schon wie eine Sammlung von kleinen Worlds of Adventure.
Gerade bei DSA würde ich bezweifeln, dass das einfach Patchwork ist: All die Subsettings müssen ja mit den Archetypen von DSA zusammenpassen: Den Göttern, den Charaktertypen, den Spezies, …
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: 1of3 am 28.09.2017 | 18:20
Wenn ich schon Flickenteppich spiele, dann entscheide ich lieber selber, was ich für Flicken da reinnähe, statt mir das von den Autoren vorschreiben zu lassen. Persönliche Präferenz.

Ich bin z.B. von Khorvaire, dem Hauptkontinent auf Eberron immer noch begeistert. Der hat 22 Flicken. Aber die sind gut. Sie sind klar unterschieden, lassen sich mit zwei bis drei Ideen erklären und können das Spiel informieren, z.B. ist klar, dass einflussreiche Auftraggeber in Zilargo wahrscheinlich gnomische Professoren sind, ein Land weiter muss man dagegen mit Goblin-Bossen klar kommen. Die sind also sehr plakativ und als SL kann ich mich so leiten lassen, in welcher Verkleidung mein NSC-Personal auftreten soll und das ist dann auch für die Spieler leicht nachzuvollziehen.

Oder um mein Standardbeispiel zu bringen: The Only Fantasy World Map You'll Ever Need. (https://imgur.com/gallery/Z4NxBai) - Bei den Clockwork Czars oder dem Tiger Headed Opium Nightmare, weiß ich, was ich zu tun habe.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: trendyhanky am 28.09.2017 | 18:23
Zitat
Gerade bei DSA würde ich bezweifeln, dass das einfach Patchwork ist: All die Subsettings müssen ja mit den Archetypen von DSA zusammenpassen: Den Göttern, den Charaktertypen, den Spezies

Die Entwicklung war wie von tartex beschrieben: ein über die Jahre durch diverse Mitgestelatung verschiedener Köche zusammengebrautes Flickwerk, das die Frage "Macht die ganze Sache eigentlich Sinn?" bzw "Ist das kohärent?" nie bejahen konnte.

Die Spielercommunity hat dann entweder darüber hinweggesehen oder ignoriert die Vorgaben oder baut sie um. Während die Macher, also die Autoren und die Redaktion, irgendwann definierte: Das ist gar kein homogenes Setting, das sind eher Themenfelder und Subsettings (siehe tartex). Das wurde dann auch in die Bücher geschrieben, also offiziell.

Markus Plötz reagierte jüngst auf die Frage, ob Aventurien ein in sich logischer Kontinent ist, mit: "Aventurien ist nicht logisch. Es ist eine Sammlung von Spielräumen, die unterschiedliche Themen bedienen."

D.h. die Macher wissen ganz genau, womit sie es zu tun haben.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: trendyhanky am 28.09.2017 | 18:32
Zitat
Ich bin z.B. von Khorvaire, dem Hauptkontinent auf Eberron immer noch begeistert. Der hat 22 Flicken. Aber die sind gut. Sie sind klar unterschieden, lassen sich mit zwei bis drei Ideen erklären und können das Spiel informieren, z.B. ist klar, dass einflussreiche Auftraggeber in Zilargo wahrscheinlich gnomische Professoren sind, ein Land weiter muss man dagegen mit Goblin-Bossen klar kommen. Die sind also sehr plakativ und als SL kann ich mich so leiten lassen, in welcher Verkleidung mein NSC-Personal auftreten soll und das ist dann auch für die Spieler leicht nachzuvollziehen.

Zustimmung. Eberron ist die DnD-Spielwelt, die von allen großangelegten Kitchen Sink-Settings die durchdachteste und kohärenteste gewesen ist. Hier war zwar alles drin, was es bei DnD gab (also wie bei Faerun), aber das Settingdesign war genial aufgezogen und alles machte Sinn, wenn man ersteinmal die Prämisse DnD geschluckt hat.

Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 28.09.2017 | 18:53
Markus Plötz reagierte jüngst auf die Frage, ob Aventurien ein in sich logischer Kontinent ist, mit: "Aventurien ist nicht logisch. Es ist eine Sammlung von Spielräumen, die unterschiedliche Themen bedienen."
Das ist irgendwie schade. Vermutlich hilft es, die Komplexität von zig interagierenden Spielräumen beherrschbar zu halten, aber es verspielt auch eine der Stärken von DSA: So unterschiedlich die verschiedenen Bereiche sind, sie sind immer Aventurien. Oder eher "waren"?
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 28.09.2017 | 18:54
Ich bin z.B. von Khorvaire, dem Hauptkontinent auf Eberron immer noch begeistert. Der hat 22 Flicken. Aber die sind gut. Sie sind klar unterschieden, lassen sich mit zwei bis drei Ideen erklären und können das Spiel informieren, z.B. ist klar, dass einflussreiche Auftraggeber in Zilargo wahrscheinlich gnomische Professoren sind, ein Land weiter muss man dagegen mit Goblin-Bossen klar kommen. Die sind also sehr plakativ und als SL kann ich mich so leiten lassen, in welcher Verkleidung mein NSC-Personal auftreten soll und das ist dann auch für die Spieler leicht nachzuvollziehen.

Mir waren die Flicken immer noch zu same-y und harmonisch, daher habe ich sie ein wenig angepasst:
- balkanisiertes Protektorat von Mror, wo sich die Zwerge seit Jahrhunderten gegenseitig die Köpfe einschlagen (einen zwergischen Hochkönig, der die Clans alle "auf Linie" hält, gibt es in meiner Version des Settings nicht)
- Darguun als "entmilitarisierte Zone/Schutzwall gegen das Klageland" (inklusive Casablanca-Äquivalent), statt offiziell anerkannter Goblinstaat
- Talenta Plains als rückständiges Hinterland von Karrnath, welches versucht die nomadischen Halblinge in Reservate zu drängen
- Eldeen Reaches als rückständiges Hinterland von Aundair, in welchem die Druiden (mit ihren Stimmen im Rat von Aundair) verhindern, dass das Land sinnvoll erschlossen wird (wodurch gleichzeitig die Möglichkeiten beschnitten werden, als einfach Bürger - durch Großbauerntum, Holzwirtschaft oder Bergbau - zu Geld zu kommen, was die Kluft zwischen Adel und einfachem Volk verstärkt)
-Zilargo ist nach außen hin die Schweiz (freundlich und neutral), nach innen aber eher Sizilien (Regierung und Behörden mahlen langsam - um wirklich etwas anzuleiern, muss man über dunkle Kanäle gehen)
usw. usf.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: tartex am 28.09.2017 | 18:58
Das ist irgendwie schade. Vermutlich hilft es, die Komplexität von zig interagierenden Spielräumen beherrschbar zu halten, aber es verspielt auch eine der Stärken von DSA: So unterschiedlich die verschiedenen Bereiche sind, sie sind immer Aventurien. Oder eher "waren"?

Ja, aber das hat nie Sinn gemacht. Paradebeispiel: Thorwaler/Wikinger gegen Horasreich/Musketiere (klar ohne Schwarzpulver, aber mit entsprechenden Schiffen)?

Das ist es besser das zuzugeben und die gesamte Spielwiese anzubieten, anstatt zu homogenisieren.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: trendyhanky am 28.09.2017 | 19:09
Zitat
Das ist irgendwie schade. Vermutlich hilft es, die Komplexität von zig interagierenden Spielräumen beherrschbar zu halten, aber es verspielt auch eine der Stärken von DSA: So unterschiedlich die verschiedenen Bereiche sind, sie sind immer Aventurien. Oder eher "waren"?

Hier muss man halt differenzieren. Vom Spielgefühl "Aventurien" (das ja im deutschen Rollenspielbereich einzigartig ist, das bestreitet keiner) mimt der Kontinent eine heimatliche Stimmigkeit. Klar.

Aber wenn du einfach von außen und nüchtern an den europakleinen Kontinent herantrittst verpufft die Sache und man muss sich eingestehen, dass es überhaupt nicht kohärent und logisch ist.

Ich denke, dass Herr Plötz diese Differenz durchschaut und daher die Frage so beantwortet.

Die Welt Midgard, die ja im Grunde sowas wie Aventurien nur in "logisch" darstellt, zeigt ja, wie es auch anders geht. Gleichzeitig zeigt Midgard auch, dass wenn es ein logisches Aventurien gäbe, das oben beschriebene heimatliche DSA-Gefühl, das so einzigartig ist, niemals entstanden wäre.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 28.09.2017 | 22:45
Hier muss man halt differenzieren. Vom Spielgefühl "Aventurien" (das ja im deutschen Rollenspielbereich einzigartig ist, das bestreitet keiner) mimt der Kontinent eine heimatliche Stimmigkeit. Klar.

Aber wenn du einfach von außen und nüchtern an den europakleinen Kontinent herantrittst verpufft die Sache und man muss sich eingestehen, dass es überhaupt nicht kohärent und logisch ist.
Was verpufft ist das Gefühl, dass er so sein muss. Was nicht verpufft ist die Stimmung. Aventurien ist nicht völlig logisch: Es ist eine Spielwelt. Doch es ist stimmig, weil du dir Gedanken dazu machst, welche Reaktionen Thorwaler in Al-Anfa bewirken. Das Horasreich hat einen Bezug zu den Thorwalern. Im Lieblichen Feld kennen sie Andergast.

Wenn ich mir Warring Kingdoms anschaue, habe ich den Eindruck, dass die DSA-Redaktion jetzt einen Fokus auf die Besonderheiten der einzelnen Regionen legt — dass sie zeigt, dass die einzelnen Teile für sich spannend sind. Das bricht sie aber nicht aus Aventurien heraus — und ich hoffe, dass sie das auch nicht versuchen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Chruschtschow am 29.09.2017 | 06:47
Ich denke, dass Herr Plötz diese Differenz durchschaut und daher die Frage so beantwortet.

Und nicht nur der. An der Stelle ist das Interview von Werner Fuchs beim Eskapodcast ganz großartig. Der hat zusammen mit Kiesow und Albers DSA erfunden und ist sich absolut im Klaren gewesen, dass Konsistenz nicht die wichtigste Maßgabe war. Immerhin ist "Durch das Tor der Welten" vom ihm. Von Albers ist das Ding mit dem Borbaradraumschiff. Die in sich konsistente Spielwelt Aventurien war vorrangig eine Projektion der Fans und wahrscheinlich Ulrich Kiesow, der unter den dreien der große Geschichtenerzähler in Aventurien war und das ja danach weiter federführend steuerte.

Das zeigt aber gleichzeitig, dass innere Kohärenz für eine Spielwelt nicht soooo notwendig ist, wenn die Logik hinkt, aber das Spielgefühl stimmt. Wenn ich damit leben kann, dass da Orks und Elfen, Drachen und Zauberer rumrennen, nimmt meine Suspension of Disbelief auch noch locker die sozio-ökonomischen Verwerfungen mit, die das Spannungsfeld Stammesgesellschaft vs. Spätfeudalismus produziert. ;)

Und das bringt mich zurück zu den WoAs: die Inhaltserzeugung im Spiel, die genauere Ausgestaltung etc. wird ja nie das Niveau von DSA erreichen. Wie auch? Über 30 Jahre Entwicklungsgeschichte mit reichlich Input aus vielen Quellen ist da einfach nicht zu schlagen. Dafür habe ich viel Fläche zum Selbstbemalen. Logik ist dabei eher was zum Spätermachen. ;)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Rhylthar am 29.09.2017 | 07:04
Wenn ich schon Flickenteppich spiele, dann entscheide ich lieber selber, was ich für Flicken da reinnähe, statt mir das von den Autoren vorschreiben zu lassen. Persönliche Präferenz.
Bei mir genau umgekehrt.  ;)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: am 29.09.2017 | 07:42
Wenn du das Gefühl hast, dass der beim ausführlichen Weltenbau oder Einlesen in ein umfangreiches Setting investierte Aufwand sich bei euch in nicht oberflächlichem (intensivem?) Rollenspiel niederschlägt, ist doch alles in Ordnung.

Für mich ist die Welt (in ihrem statischen Aufgeschriebensein) immer zweitrangig, weil ich zum Spielen da bin. Und ein intensives Spielerlebnis kann ich mit marginaler Vorbereitung wie in Remember Tomorrow, mit ein paar Seiten series pitch in Hillfolk, mit 10 Seiten historischem Hintergrund in Sagas of the Icelanders oder mit 40 Seiten Setting in Blades in the Dark haben. Zumal da üblicherweise alle Beteiligten auf demselben Stand sind, was für einen gemeinsamen Vorstellungsraum schonmal ein guter Anfang ist. Bei traditionellen, umfangreichen Rollenspielsettings, die ich als SL alleine gelesen habe, z.B. hunderte Seiten Eclipse Phase oder The One Ring, stellt sich dagegen die Frage, wie viel von diesem Aufwand im Spiel ankommt. Ich kann zwar meinen eigenen Vorstellungsraum mit dem Kram aufblasen, aber der Rest der Runde hat da nicht zwingend was davon. Zumal ich die Settings, für die ich das tatsächlich machen würde, an einer Hand abzählen kann. Ich bin in dieser Hinsicht ganz bei Eero Tuovinen:

Zitat
I'll repeat it, because it cannot be said enough times: the vast majority of rpg setting stuff is vile, useless and infantilizing of its audience. RPGs are at their most annoying when a lot of work is invested in utterly unremarkable or actively vapid setting fluff.

Merkwürdig. Irgendwie finde ich es naheliegend, dass die Detailtiefe des Settings abhängig ist von den Spielpräferenzen. Je mehr die Leute in einer Runde Barbiespiel mögen, desto weniger sind gemeinsam konstruierte Settings aus FATE oder Pappmachekulissen aus irgendwelchen Forge-Spielen tauglich. Dabei gehts gar nicht um die Originalität des Settings. Khelben oder Elminster oder die Harper aus den Forgotten Realms sind beispielsweise schließlich das absolute Gegenteil einer originellen Idee. Es geht für mein Gefühl bei den barbiespielaffinen Leuten eher um ein fast schon travellerartiges Solospiel. Der Eero Tuovinen scheint das nicht verstehen zu können oder zu wollen.

"Wie würde mein Char im Kampf gegen Khelben/Drizzt/... wegkommen?"
"Könnte ich an Damian Knight rankommen oder hat der unüberwindbare Security dabei?"
"Was passiert eigentlich, wenn sich die Kaufmannsliga an der Schwertküste verkracht und ein Konflikt ausbricht zwischen Tiefwasser und Badur´s Tor?"
"Warum kommt Chult eigentlich auf keinen grünen Zweig, obwohl die da so massenhaft Bodenschätze haben?"
"Könnte ich mich als Red Wizard ausgeben, wenn ich in der nächsten Stufe ...Feat X lerne?"

Derlei Fragen werden halt nicht am Spieltisch verhandelt, sondern außerhalb. Das macht vielen Leuten immens viel Spaß und es ist in gemeinsam konstruierten Welten unmöglich oder erheblich schwieriger (klar, es mag auch in FATE Fälle geben wie eine gemeinsam erschaffene Stadt in den Dresden Files, bei der sich sowas organisch in der Gruppe entwickelt - scheint mir aber ne Ausnahme zu sein). Auf einer anderen Ebene fallen darunter natürlich auch die Hexploration- und Simulationsjunkies. Wenn deren abstrahierte Welt von Algorithmen, Beziehungsgeflechten und Handlungsmaschinen angetrieben wird, dann braucht man für die Rolle des SL ja jemanden, der sich dort reinfuchst. Meine Hypothese ist, dass die Triebfeder dafür ebenfalls nichts anderes ist als Barbiespiel.

Insofern kann ich alle Beteiligten durchaus verstehen. Das Wort der Oberflächlichkeit im OP war dabei ganz clever gewählt, um Aufmerksamkeit zu erregen. Kommt aber selbstredend bei den Leuten, die mit Barbiespiel nix am Hut haben, nur mäßig gut an. Deren Argument ist dann ja immer, dass irgendwie nur das zählt, was am Spieltisch stattfindet. Alles andere sei ja überflüssiges Brimborium und so.

Die Differenzen speisen sich schlicht aus der Unterschiedlichkeit der Präferenzstruktur: Barbiespiel.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Moonmoth am 29.09.2017 | 09:04
Insofern kann ich alle Beteiligten durchaus verstehen. Das Wort der Oberflächlichkeit im OP war dabei ganz clever gewählt, um Aufmerksamkeit zu erregen. Kommt aber selbstredend bei den Leuten, die mit Barbiespiel nix am Hut haben, nur mäßig gut an. Deren Argument ist dann ja immer, dass irgendwie nur das zählt, was am Spieltisch stattfindet. Alles andere sei ja überflüssiges Brimborium und so.

Die Differenzen speisen sich schlicht aus der Unterschiedlichkeit der Präferenzstruktur: Barbiespiel.
Ich denke, Vertreter beider Stile (und so ordne ich das wirklich ein: "Barbiespiel" ist eine Art, seinen Charakter zu spielen) haben auf ihre Weise recht: Natürlich zählt am Ende nur, was am Spieltisch ankommt. WAS am Spieltisch ankommt, ist aber zum Teil durch detaillierte Vorarbeit entstanden und wäre sonst niemals in der Runde angekommen. Beide Stile (Fokus auf Persönlichkeit des Charakters, Fokus auf detailierten Spielweltbezug) haben etwas für sich und können die Runde entscheidend bereichern, solange die SpielerInnen engagiert dabei sind.

Um in Fantasyklassikern zu sprechen: Manche sind halt Tolkiens ("Meine Welt ist meine Modelleisenbahn und ich kann jeden Grashalm erklären"), andere Leiber ("Ich weiß nicht mehr über die Welt als der Leser!"). Beides gute Leute  8)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 29.09.2017 | 09:17
Um in Fantasyklassikern zu sprechen: Manche sind halt Tolkiens ("Meine Welt ist meine Modelleisenbahn und ich kann jeden Grashalm erklären"), andere Leiber ("Ich weiß nicht mehr über die Welt als der Leser!"). Beides gute Leute  8)
Und wenn sie zusammenkommen und es schaffen, statt Konflikten Synergien zu finden, dann kann daraus etwas großartiges entstehen. Aber nur, wenn sie sich gegenseitig für ihre jeweiligen Vorlieben Raum geben.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Moonmoth am 29.09.2017 | 09:42
Und wenn sie zusammenkommen und es schaffen, statt Konflikten Synergien zu finden, dann kann daraus etwas großartiges entstehen. Aber nur, wenn sie sich gegenseitig für ihre jeweiligen Vorlieben Raum geben.
Exakt. Mittelerde und Nehwon sind auch beides tolle Spielwelten mit ihren ganz eigenen Spezialitäten (wenn wir mal die Küchen-Analogie reanimieren).
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: tartex am 29.09.2017 | 11:51
Um in Fantasyklassikern zu sprechen: Manche sind halt Tolkiens ("Meine Welt ist meine Modelleisenbahn und ich kann jeden Grashalm erklären"), andere Leiber ("Ich weiß nicht mehr über die Welt als der Leser!"). Beides gute Leute  8)

Wobei halt Tolkien selbst eine Welt erschaffen hat, und nicht die von irgendwem anderen auswendig gelernt.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Antariuk am 29.09.2017 | 12:13
Und die ist auch weit weniger ausufernd eng beschrieben oder gar als starrer Kanon bekannt, als das gerne übertriebenerweise dargestellt wird.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: D. Athair am 29.09.2017 | 12:19
Auf einer anderen Ebene fallen darunter natürlich auch die Hexploration- und Simulationsjunkies. Wenn deren abstrahierte Welt von Algorithmen, Beziehungsgeflechten und Handlungsmaschinen angetrieben wird, dann braucht man für die Rolle des SL ja jemanden, der sich dort reinfuchst. Meine Hypothese ist, dass die Triebfeder dafür ebenfalls nichts anderes ist als Barbiespiel.
Die Hypothese halte ich nicht für haltbar. Ich glaube sie wiederlegen zu können (nur momentan aus persönlichen Gründen nicht).

Für den Moment:
Wenn man die (Spiel-)Strukturen vergleicht, dann bekommt man eine Ahnung davon.
Da spielen auch so Sachen wie Point-Buy vs Zufallsgenerierung, Metaplot vs. "statischer Sandkasten" (vgl. Hârnmaster), volle Kontrolle des Spielers über den SC vs. Eingriffe der Spielwelt in den SC, ... ne Rolle.

Haltbar wäre die These vielleicht, wenn "Barbiespiel" ne Umdefinition erfährt und eine zusätzliche, viel breitere und kategorial andere Ausrichtung erhält. Ob das sinnvoll ist, bezweifle ich.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Caranthir am 29.09.2017 | 12:27
Wobei man gerade bei Tolkiens Mittelerde realtiv leicht und mit wenig Vorbereitung schöne Abenteuer erleben kann. Tolkien selbst lässt auch unheimlich viele weiße Flecken abf der Karte. Mittelerde hat den Vorteil, dass relativ viele Leute bereits Bilder im Kopf haben oder zumindest die etablierten Fantasyklischees kennen, auf denen man aufbauen kann. Da brauche ich keine hunderte Seite Settingmaterial. TOR zum Beipsiel kommt auch mit relativ knappen Quellenbüchern daher, schafft es aber, da unheimlich viel Stimmung rüberzubringen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: am 29.09.2017 | 12:33
Die Hypothese halte ich nicht für haltbar. Ich glaube sie wiederlegen zu können (nur momentan aus persönlichen Gründen nicht).

Für den Moment:
Wenn man die (Spiel-)Strukturen vergleicht, dann bekommt man eine Ahnung davon.
Da spielen auch so Sachen wie Point-Buy vs Zufallsgenerierung, Metaplot vs. "statischer Sandkasten" (vgl. Hârnmaster), volle Kontrolle des Spielers über den SC vs. Eingriffe der Spielwelt in den SC, ... ne Rolle.

Haltbar wäre die These vielleicht, wenn "Barbiespiel" ne Umdefinition erfährt und eine zusätzliche, viel breitere und kategorial andere Ausrichtung erhält. Ob das sinnvoll ist, bezweifle ich.

Ne. Ganz falsch. Vermutlich habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ich vermute, dass die Motivlage eines SL in Hexploration- und Simulationsrunden der von Barbiespielern ähnelt. Jedenfalls ist das bei mir so. Wenn ich eine solche Runde als SL vorbereite, dann ziehe ich meinen Spaß aus dem gedanklichen Durchspielen möglicher Situationen, Handlungsverläufe und deren Interaktion. Ich stelle mir also vor, wie die gerade von mir ausgedachten Rädchen ineinandergreifen. Außerhalb des Spieltisches erfülle ich also die Spielwelt kraft meiner Imagination mit Leben. Genau darauf haben doch viele FATE-Fans, Forger und Indievögel keinen Bock. Die möchten möglichst viel Spiel für Zeit, eine möglichst große Effizienz, ein Optimieren des Verhältnisses zwischen Vorbereitungszeit (möglichst gering) und Spielzeit (möglichst viel). Der Barbiespieler hingegen zieht auch eine große Befriedigung aus der Beschäftigung mit dem Spiel abseits des Spieltisches.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Moonmoth am 29.09.2017 | 12:39
Und die ist auch weit weniger ausufernd eng beschrieben oder gar als starrer Kanon bekannt, als das gerne übertriebenerweise dargestellt wird.

Das stimmt natürlich. Mir diente ME nur als Beispiel für eine planvoll entwickelte Spielwelt im Gegensatz zu den Autoren, die "einfach so" beim schreiben so nebenbei eine ganze Welt erschaffen, im Stil von Leiber oder REH - letzteres ist übrigens keineswegs abwertend gemeint. Ich wünschte ich hätte im Ansatz so viel Talent  ^-^
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: D. Athair am 29.09.2017 | 15:59
Vermutlich habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ich vermute, dass die Motivlage eines SL in Hexploration- und Simulationsrunden der von Barbiespielern ähnelt.
So ist das einigermaßen nachvollziehbar. Wie der Begriff "Barbiespiel" da rein passt, sehe ich immer noch nicht. Gerade weil "Barbiespiel" ja insbesondere Spielermotivation in den Blick nimmt. Insofern ist "Umdefintion" sicher keine ganz falsche Beschreibung für das, was du vornahmst.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 29.09.2017 | 16:38
Bei mir genau umgekehrt.  ;)

Gibt es einen Grund dafür?

Meiner ist, dass ein durchschnittliches Flickenteppich-Setting 2-3 gute Ideen hat und der Rest eher "meh" ist. Statt also 15 unterschiedliche Kampagnen in den verschiedenen Patchwork-Settings zu spielen (wofür ich ohnehin keine Zeit hätte), die so eher durchschnittlich sind, packe ich lieber die 30-45 guten Ideen alle in ein Setting und habe damit eine richtig geile Kampagne.  ^-^
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Chruschtschow am 29.09.2017 | 16:43
Barbiespiel bechreibt doch das detaillierte, liebevolle Ausschmücken des eigenen Charakters über das für's Spiel notwendige hinaus, richtig? Da gibt es dann Details über die Kleidung (Barbies halt), Gewohnheiten, Verwandte, Bekannte und Feinde etc. Ich mache das als Spieler bei Fate beispielsweise total gerne, weil ich es da auf einer größeren Skala darf. Klar, immer ein Auge auf den Rest der Gruppe, die SL, kein wildes Powergaming und Spotlighthogging. Aber da kann ich mich richtig austoben.

Als Spielleiter schalte ich da eher auf einen zurückhaltenden Modus. Da war ich früher und heute noch jenseits von Fate wesentlich ausgiebiger mit den Reingaben und habe die Welt auch durchaus im Sinne eines Barbiespielers überall herausgeputzt. ;)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: am 29.09.2017 | 16:52
So ist das einigermaßen nachvollziehbar. Wie der Begriff "Barbiespiel" da rein passt, sehe ich immer noch nicht. Gerade weil "Barbiespiel" ja insbesondere Spielermotivation in den Blick nimmt. Insofern ist "Umdefintion" sicher keine ganz falsche Beschreibung für das, was du vornahmst.

Ja, haste recht. Ich hatte ehrlicher Weise das Barbiespiel noch nie rein phänomenologisch und auf Spielerseite bei mir abgespeichert. Für mich bezeichnet der Begriff die Lust daran, sich abseits der eigentichen Spielsitzung mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Ich sehe jedenfalls keinen Mehrwert darin, das Barbiespiel absichtlich so schmal auf Spieler fokussiert aufzufassen, und dachte, dass eine Erweiterung wie die skizzierte vollkommen klar und nachvollziehbar sein muss.

@ Chruschtschow: Abseits des Spieltisches ist entscheidend. Ich bin mir sicher, dass das bei jeglicher FATE-Variante weniger verbreitet ist als beispielsweise bei DSA oder Rolemaster oder Shadowrun.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Oak am 29.09.2017 | 16:53
Barbiespiel bechreibt doch das detaillierte, liebevolle Ausschmücken des eigenen Charakters über das für's Spiel notwendige hinaus, richtig? Da gibt es dann Details über die Kleidung (Barbies halt), Gewohnheiten, Verwandte, Bekannte und Feinde etc. Ich mache das als Spieler bei Fate beispielsweise total gerne, weil ich es da auf einer größeren Skala darf. Klar, immer ein Auge auf den Rest der Gruppe, die SL, kein wildes Powergaming und Spotlighthogging. Aber da kann ich mich richtig austoben.

Als Spielleiter schalte ich da eher auf einen zurückhaltenden Modus. Da war ich früher und heute noch jenseits von Fate wesentlich ausgiebiger mit den Reingaben und habe die Welt auch durchaus im Sinne eines Barbiespielers überall herausgeputzt. ;)
+1
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Chruschtschow am 29.09.2017 | 17:13
@ Chruschtschow: Abseits des Spieltisches ist entscheidend. Ich bin mir sicher, dass das bei jeglicher FATE-Variante weniger verbreitet ist als beispielsweise bei DSA oder Rolemaster oder Shadowrun.

Mag sein. Ich kann das nur aus meiner eigenen Perspektive sagen. Um mal ein Beispiel für Barbiespiel bei Fate zu nennen, nehme ich definitiv als Spieler in klassischen Systemen deutlich seltener historische Fachliteratur zur Hand oder treibe mich bei Wikipedia herum, um beispielsweise rauszufinden, was die Allierten mit Naziwissenschaftlern gemacht haben. Schließlich will ich ja wissen, was Dr. Schollenrieder nach dem Krieg als Naziokkultist trieb und wie er dann zum okkulten Geheimdienst der BRD kam. Nein, nicht in der eigentlichen Spielzeit am Tisch. Und einen Haufen Informationen habe ich davon auch nie im Spiel unterbringen können. ;)

Ja, damit bin ich die Ausnahme als Spieler. Aber die war ich mit der Ausprägung an Barbiespiel auch schon bei DSA, Shadowrun, D&D, MERS, Pathfinder ... Wenn ich jetzt Fate-Kampagnen spielen darf (zu oft SL), bin ich auf Wolke 7.

Du sprichst hier also definitiv mit einem pathologischen Fall, wenn es um Barbiespiel geht. ;)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Rhylthar am 29.09.2017 | 17:53
Gibt es einen Grund dafür?

Meiner ist, dass ein durchschnittliches Flickenteppich-Setting 2-3 gute Ideen hat und der Rest eher "meh" ist. Statt also 15 unterschiedliche Kampagnen in den verschiedenen Patchwork-Settings zu spielen (wofür ich ohnehin keine Zeit hätte), die so eher durchschnittlich sind, packe ich lieber die 30-45 guten Ideen alle in ein Setting und habe damit eine richtig geile Kampagne.  ^-^
Für mich sind in den bekannten Settings mehr als 2 - 3 gute Ideen. Und zwar sowohl in der Breite als auch in der Tiefe. Egal, ob das die Forgotten Realms, Eberron oder Planescape ist.

Das Schöne an diesen Teppichen ist: Ich werde sie sehr selten gleichzeitig bespielen. Spiele ja nicht immer "In 80 Tagen um die Welt".
Also kann ich mir (als SL) die raussuchen, die ich bespielen will und die bearbeiten, so wie ich das möchte. Ist auch nicht das Thema, "Kanon" zu bleiben, ohne die Mary Sues aufzufahren.

Als Spieler kann ich mir dann relevante Informationen aneignen, im Idealfall wie bei Pathfinder über einen Player´s Guide oder der SL erzählt mir ein wenig was darüber (gut, bei den Realms nicht notwendig, da soll er nur Ort und Zeit sagen  ^-^).

Ich (und 95 % meiner Spieler, mit denen ich je gespielt habe), sind keine "Worldbuilder". Sie wollen in einer Welt, die sie vielleicht rudimentär kennen (PC-Spiele, Bücher, etc.), spielen und sowohl Bekanntes wieder- und Neuheiten neuentdecken. Und nur, weil man Drizzt-Romane gut fand, besteht man nicht zwangsläufig auf die Anwesenheit von Drizzt. Aber man möchte vielleicht auch mal die von ihm bereisten Orte sehen, denn tatsächlich hat er sich durchaus nicht nur an der Schwertküste/Icewind Dale aufgehalten (Stichwort: Sea of Swords und Calimshan).

Zitat
Und wenn sie eben doch Harper heißen? Schließlich wurde ja auch Ravenloft nach Faerun geholt, warum sollte man umgekehrt nicht die Schwertküste (wo sich 99.9% der ikonischen Realms-Elemente tummeln - der Rest des Kontinents ist sehr uninteressant) nach Krynn oder Oerth verlagern?
Mal hierzu noch was:
Wann wurde denn Ravenloft nach Faerûn geholt? Oder anders: Wann war es denn mal nicht auch in Faerûn?

Der erste Ravenloft-Roman hat einen faerûnischen Charakter und, wenn ich mich nicht komplett täusche, haben nur Faerûn-Ravenloft offizielle Crossover-Abenteuer. Ist also nicht wirklich neu.
Die Interaktion zwischen den Welten gab es schon immer, ausgenommen waren da eigentlich nur Athas und Eberron (welches ja noch nicht mal im selben Multiversum zu liegen scheint).
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Chruschtschow am 29.09.2017 | 18:29
Noch mal was zu den aventurischen Spielräumen und anderen Settingkonglomeraten:

Hey, kann es sein, dass Setting-ADHS der Normalzustand ist? Faerun, Golarion, Aventurien, die sechste Welt und Konsorten bedienen das ja eben auch mit ihren Flickteppichen. Aber wir lieben die Figuren, die wir spielen. Und damit ich Setting Hopping betreiben kann, ohne meinen SC zu wechseln, nehme ich halt eines der Flickenteppichsettings. Dann kann ich halt Mork, den Ork, spielen in Mork und die Piraten, Mork bei den Wikingern, Mork und die Musketiere, Sklave Mork, Mork gegen Dämonen, Mork unter Firn ... äh ... Frostelfen etc. Bei anderen Systemen würde ich halt vielleicht ein für das Genre spezifischeres Setting und / oder System vorfinden. Aber dann muss ich ja meinen geliebten Mork weglegen. ;)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: tartex am 29.09.2017 | 18:36
Und ich bin gleich bei Rifts oder Synnibarr oder Superhelden-Settings zu Hause, wo sowieso alles geht.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Rhylthar am 29.09.2017 | 18:57
Noch mal was zu den aventurischen Spielräumen und anderen Settingkonglomeraten:

Hey, kann es sein, dass Setting-ADHS der Normalzustand ist? Faerun, Golarion, Aventurien, die sechste Welt und Konsorten bedienen das ja eben auch mit ihren Flickteppichen. Aber wir lieben die Figuren, die wir spielen. Und damit ich Setting Hopping betreiben kann, ohne meinen SC zu wechseln, nehme ich halt eines der Flickenteppichsettings. Dann kann ich halt Mork, den Ork, spielen in Mork und die Piraten, Mork bei den Wikingern, Mork und die Musketiere, Sklave Mork, Mork gegen Dämonen, Mork unter Firn ... äh ... Frostelfen etc. Bei anderen Systemen würde ich halt vielleicht ein für das Genre spezifischeres Setting und / oder System vorfinden. Aber dann muss ich ja meinen geliebten Mork weglegen. ;)
Da kriegst ein ganz eindeutiges "Jain!" von mir.  ~;D

Das habe ich gespielt (und würde es auch wieder machen, keine Frage). Mein erster D&D 3.X-Charakter hat die Küsten von Evermeet gesehen, hat Waterdeep samt Skullport erkundet, ist bis ins ferne Kara-Tur gereist, musste sich durch die Fires of Dis schlagen und hat das Rätsel um den Modronenmarsch gelöst.

Die neueren Publikationen würden mich aber anders vorgehen lassen. In PotA ist es halt der Outcast Warlock, in OotA der etwas zu neugierige Halfling Wizard, der einfach nur nicht im Underdark sterben will und in ToA dann der menschliche Söldner, der sich ein paar Goldmünzen in Chult verdienen will.

Will sagen:
Alles ist FR, aber immer woanders. Trotzdem heimische Gefilde, aber nach der vorgefertigten Kampagne wird der Charakter abgeheftet, weil er nur dafür erdacht wurde.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: First Orko am 3.10.2017 | 15:10
Ich habe vor einiger eine reine One (Two, Three...)shot-Runde begonnen, wo ich mir letztlich ganz ähnliche Fragen gestellt habe. Interessant ist, dass die Runde entstand, weil ich mit den beiden ersten Mitspieler vorher gemeinsam eine SciFi-Kampagne gestartet hatte - mit Turbo-FATE in einem eigenen, mittels grober Parameter von allen definierten Homebrew-Setting - und dies die Spieler aufgrund der Freiheit dort letztlich überfordert hatte.

Daraus hervor ging dann die Idee, mit der neuen Mitspielerin zunächst einmal alle möglichen Settings und Systeme mal anzutesten. Als erstes haben wir DER ausprobiert (was innerhalb von 3 Abenden einen guten Anklang fand) und haben jetzt auf "generisches Piratensetting mit Savage Worlds" gewechselt.

Für mich als SL ergeben sich beim Wechsel stets folgende Anforderungen:

* die Stimmung eines vorhandenen Settings einfangen und den Spielern schnell zu vermitteln
* weitere Tiefe für eine mögliche Nachfolgekampagne anzuteasern

Um die Stimmung eines Settings zu beschreiben reicht oft schon ein Satz, manchmal auch nur wenige Worte (bzw Fate-Aspekte ;)). Eine Welt kann mit >1000 Seiten beschrieben sein und trotzdem nur genereische EDO-Fantasy, oder es kann in einem Absatz schon klar werden, wie sich das Setting unterscheidet (Warhammer Fantasy wäre evt. so ein

Tiefe heißt für mich zBsp: Was kann ich hier alles als Spieler und als SL tun? Welche unterschiedlichen Arten der Herausforderung lassen sich finden?
Auch das ist grundsätzlich unabhängig von Seitenzahl. Mehr Vorgaben machen es aber u.U. leichter, Klischees aufzubrechen - sofern die Autoren das auch machen!

Denn letztlich sind es doch die Klischees, die ein Setting wie das andere erscheinen lassen. Zwerge saufen, Elfen sind arrogant, die Menschen leben im Standardköngreich der Mitte etc. pp.
Und eine Klischeesammlung kann ich mit 50, 100 oder 10000 Wörtern anlegen. Wichtiger ist meiner Ansicht nach, die Stimmung erkannt zu haben und transportieren zu können. Wenn die Gruppe das kann, dann rockt man auch mit einem Setting was nur über 3 Aspekte definiert wurde eine lange Kampagne.

PS: Aufwändig beschriebene Settings mögen noch so viel Tiefe haben. Wenn der SL der Einzige ist, der sie liest, dann muss er sowohl Stimmung als auch Tiefe genauso rüber bringen, wie bei den kürzeren. Und letztlich hat er dafür auch nur so viel Worte zu Verfügung.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Blechpirat am 3.10.2017 | 16:06
PS: Aufwändig beschriebene Settings mögen noch so viel Tiefe haben. Wenn der SL der Einzige ist, der sie liest, dann muss er sowohl Stimmung als auch Tiefe genauso rüber bringen, wie bei den kürzeren. Und letztlich hat er dafür auch nur so viel Worte zu Verfügung.

Das finde ich mal einen wichtigen Gedanken.  :d
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: D. Athair am 3.10.2017 | 23:07
Das finde ich mal einen wichtigen Gedanken.  :d
Dem würde ich entgegnen: Bei nem detailschärferen Setting kann die SL Dinge anteasern und schauen, worauf die Spieler reagieren. Und dann genau die Dinge vertiefen. Oder: Bei ner modular! aufgebauten, detailierten Weltbeschreibung (z.B. wie bei Hârnmaster) kann ich den Fokus sehr genau setzen. Kann den Detailgrad stufenlos skalieren und Handlungsmaschinen im Kontext der Spielerinteressen mehr oder weniger spontan aus dem Setting ableiten.

Bei ner Settingskizze (wie das z.B. auch Crypts & Things 1st hat) kann ich so nicht vorgehen. Entweder ich improvisiere aus den groben Beschreibungen was zusammen - was ganz gut geht oder ich bereite konkret was vor (wofür es gute Hilfsmittel gibt).


Anders gesagt: Das Wissen über eine Spielwelt, kann gerade beim Improvisieren eine Ressource sein, welche der SL hilft schnell und flexibel stimmige Hintergrundgemäde und -prozesse zu entwickeln. Die Gefahr, dass dabei inkohärenter Blödsinn rauskommt ist recht niedrig. Allerdings sind Setting und Settingideen halt nicht Gruppen- oder SL-gemacht sondern von jemandem anderen. Viele, vielleicht gute und für sich schöne Ideen finden da keinen Platz.


... im Prinzip verhält sich der "Streit" um Hintergrundskizzen und große Settings ganz ähnlich wie die Frage nach "Rulesheavy und rules lite": Es gibt für jede Variante gute Argumente. Entscheidend ist aber, dass die Spielrunde sich für etwas entscheidet, bei dem sie von den Vorteilen profitiert und dessen Nachteile möglichst wenig ins Gewicht fallen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: 1of3 am 3.10.2017 | 23:29
Zitat
Anders gesagt: Das Wissen über eine Spielwelt, kann gerade beim Improvisieren eine Ressource sein,...

Das ist ein interessanter Hinweis. Das ist eine völlig andere und unabhängige Verwendung von dem, was ich weiter oben Setting genannt habe. Vielleicht erklären sich hieran gewisse Unterschiede in der Wahrnehmung:

Sollen die Informationen im Setting unsere Darstellung im Spiel informieren?
Sollen die Informationen im Setting der SL als Abenteuermaterial dienen?

Im zweiten Fall ist es womöglich sogar schädlich, wenn der Rest der Runde diese Informationen bereits hat. Das führt im schlimmsten Fall zu: "Nein, das kann so nicht passieren, weil..."

Wenn das so ist, wäre es sinnvoll die Verwendungsweise klar zu bezeichnen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: D. Athair am 3.10.2017 | 23:59
Sollen die Informationen im Setting unsere Darstellung im Spiel informieren?
Sollen die Informationen im Setting der SL als Abenteuermaterial dienen?
Gute Unterscheidung. Aber wie wäre sie kenntlich zu machen? Ist sie überhaupt durchhaltbar?
Oder sind das nur Gebrauchsformen des Hintergrunds, die mindestens in SL-Kapiteln thematisiert gehörte?

Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es zur zweiten Variante nicht auch noch ein Spieler-Pendant gibt.
Wenn SC ihre Motivation oder "Abenteuertauglichkeit" aus dem Hintergrund ziehen.
[Find da gerade nicht die richtigen Worte. Denke aber an Spiele wie Clockwork & Chivalry, Pendragon, L5R.
Also Spiele, bei denen die Spielwelt immer wieder in die SC/Spielerhoheit eingreift.]

Das Untenstehende trifft (die SL ausgenommen) auch zu.
Im zweiten Fall ist es womöglich sogar schädlich, wenn der Rest der Runde diese Informationen bereits hat. Das führt im schlimmsten Fall zu: "Nein, das kann so nicht passieren, weil..."
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Blechpirat am 4.10.2017 | 10:36
Anders gesagt: Das Wissen über eine Spielwelt, kann gerade beim Improvisieren eine Ressource sein, welche der SL hilft schnell und flexibel stimmige Hintergrundgemäde und -prozesse zu entwickeln. Die Gefahr, dass dabei inkohärenter Blödsinn rauskommt ist recht niedrig.

Ich vermute, dass du ganz Recht damit hast, dass Settings von unterschiedlichen SLs ganz unterschiedlich verwendet werden. Zu dem Schluss war ich auch gekommen, als ich mir Gedanken darüber machte, warum ich mit Settingbüchern nichts anfangen kann (https://richtig.spielleiten.de/2017/08/29/die-frage-aller-fragen-settingbaende-lesenswert-gestalten/).

Andererseits hat es eben auch - zumindest für mich - zu dem Ergebnis geführt, dass Settingkenntnis nicht anlesbar ist, weil die Informationsdichte niemals ausreicht, um vernünftig improvisieren zu können. Das merkt man immer dann, wenn die Settingannahmen plausibilisiert werden. Ein extremes Beispiel dafür sind die Auswirkungen der Spieler auf die Wirtschaft in D&D, die "heilende Luft" Aventuriens, die sonderbare kulturelle Nichtbefruchtung naher Nachbarsvölker (ebenda), etc.

Deshalb spiele ich gerne "Jetztzeit-Spiele". Da kann ich am besten improvisieren, weil die Kausalketten erkennbar sind.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Chiarina am 4.10.2017 | 12:03
Zitat von: Blechpirat
Deshalb spiele ich gerne "Jetztzeit-Spiele". Da kann ich am besten improvisieren, weil die Kausalketten erkennbar sind.

Geht mir ähnlich.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Greifenklause am 4.10.2017 | 13:13
Naja, man kann auch in EDO-Rollenspielen viel gewinnen, wenn man die größten Schnitzer durch GMV abmildert.
Da muss man oft nicht mal komplette Setzungen umwerfen. Manchmal kann man auch Setzungen sogar so besser erklären.
Am Beispiel DSA
-- Niemand braucht die Erklärung "heilsame Luft" für die W6/d Heilung. Entweder man begreift sie als rein spieltechnisch oder man sieht in ihr die Heilung von Kratzern. Denn ein Schwerttreffer, der nicht tödlich ist, ist vielleicht auch nichts anderes...
-- Thorwalsche und horasische Kultur befruchten sich nicht gegenseitig? Ja, stimmt hier und da. Wenn man aber genauer hinschaut stimmt es zumindest nicht per se, wenn man mal wohlwollend interpretiert:
---- Die Bevorzugung schwerer und überschwerer Waffen der Thorwaler könnte aus bewusster Abgrenzung zum horasischen Kollegen geschehen.
---- Die Bevorzugung bunter Stoffe mancher Thorwaler mag eine bewusste oder unbewusste Übernahme der übertriebenen Garderobe der horasischen Gegenspieler sein. Nur halt den Zwängen regionaler Stoffe und Lokalkolorit angepasst.

Zu guter Letzt: Die allzuharten Abgrenzungen wie zB der "ewig weltfremde Elf" folgen nicht immer offiziellen Setzungen, sondern sind oft Übetreibungen und Überinterpretationen der Hardliner unter der Spielerschaft.
Ein Elf mit runengeschmückter Streitaxt? Ja warum nicht!
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Jiba am 4.10.2017 | 13:27
Danke, Greifenklause! Vielleicht die treffendste Sichtweise zu dem Thema, die ich seit Langem gelesen habe: Im Umgang mit Settings wird viel der Status Quo verabsolutiert. Das geht bei den Kulturen los, quasi High-Level, und endet damit, dass Individuen aus einem Setting unwiderruflich in Klischees gepresst werden ("Ein Paladin tut immer...", "Ein Zwerg aus dem Amboss würde nie...". Übrigens durchaus auch von den Autoren der entsprechenden Settings (I'm looking at you, White Wolf), die dann aus Persönlichkeitsmerkmalen und individuellen Motivationen ganze Subkulturen und Volksgruppen machen. Ich frage mich manchmal tatsächlich, warum es bei Rollenspielsettings eher den Hang zum Einfachen, Schwarz-Weißen oder klischee-belanden gibt, als zum Komplexen oder Ambivalenten. Ich meine, dann müsste sich das Spiel doch echter anfühlen.
Unsere Welt ist ja auch komplex.  :)

Noch rasch zum Thema:

Ich persönlich finde den Trend dazu, Settings nicht mehr zu überladen und zu "Ver-Kitchen-Sinken" sehr angenehm. Warum? Weil es ökonomisch ist. Weil es mich als Spieler und SL in die Lage versetzt, etwas auf die Schnelle vorzubereiten. Und für was Anderes habe ich... und so geht es auch vielen anderen Spielern mit diversen Verpflichtungen... einfach keine Zeit mehr. Tausend Sourcebooks und Tausende Seiten Weltbeschreibung: Wer kann das denn (physisch und organisatorisch) überhaupt noch umfassend überblicken. Zumal dann am Spieltisch so gefühlt nicht einmal die Hälfte dieser Settinginfos zum Tragen kommt - weil die Spieler sie nicht lesen oder sie sie sich, wenn das doch tun, keinesfalls merken können. Lange Settingbeschreibungen und dicke Bücher sind primär von literarischem Interesse oder fürs eigene Kopfkino. Das Spiel signifikant verbessern tun sie nicht, können sie auch gar nicht.

Und dass sich die Autoren knapper Settings so viel weniger Gedanken machen als die dicker Setting-Almanache. Spiele wie "Ratten", "Golden Sky Stories" oder "Bluebeard's Bride" breiten auf wenigen Seiten settingtechnisch ein derart starkes Konzept aus, das andere Rollenspiele nach 5 300-Seiten-Veröffnetlichungen nicht gebacken kriegen. KISS ist das Zauberwort, Jackson's Hobbit-Trilogie das beste Gegenbeispiel für die Überlegenheit von "Geschwafel"
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: D. Athair am 4.10.2017 | 16:42
Ich frage mich manchmal tatsächlich, warum es bei Rollenspielsettings eher den Hang zum Einfachen, Schwarz-Weißen oder klischee-belanden gibt, als zum Komplexen oder Ambivalenten. Ich meine, dann müsste sich das Spiel doch echter anfühlen.
Unsere Welt ist ja auch komplex.  :)
Davon gibt es mehr als genug. Sind nur im Mainstream eher nicht so beliebt bzw. gelten als "schwierig".
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: nobody@home am 4.10.2017 | 17:05
Ich frage mich manchmal tatsächlich, warum es bei Rollenspielsettings eher den Hang zum Einfachen, Schwarz-Weißen oder klischee-belanden gibt, als zum Komplexen oder Ambivalenten. Ich meine, dann müsste sich das Spiel doch echter anfühlen.
Unsere Welt ist ja auch komplex.  :)

Und wenn unsere reale Welt so toll wäre, würden wir vermutlich deutlich weniger Zeit mit Rollenspiel und anderen Hobbys in "nur" ausgedachten Welten verbringen. Vielleicht dient also die reine Tatsache, daß wir eben doch ganz gerne mal aus der Realität zu "flüchten" scheinen, schon selbst als dezenter Fingerzeig. ;)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Jiba am 4.10.2017 | 19:06
Ach komm, nobody.

Komplexe, nuancierte Geschichten sind doch besonders unterhaltsam. Oder zieht hier irgendwer "Verdachtsfälle" einem "House of Cards" vor? Oder "Kindsköpfe" einem "Fight Club".
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Rhylthar am 4.10.2017 | 19:11
Ach komm, nobody.

Komplexe, nuancierte Geschichten sind doch besonders unterhaltsam. Oder zieht hier irgendwer "Verdachtsfälle" einem "House of Cards" vor? Oder "Kindsköpfe" einem "Fight Club".
Zu letzerem: Ja, ich mit meinem simplen Gemüt liebe "Kindsköpfe".  ~;D
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Chruschtschow am 5.10.2017 | 00:10
Ach komm, nobody.

Komplexe, nuancierte Geschichten sind doch besonders unterhaltsam. Oder zieht hier irgendwer "Verdachtsfälle" einem "House of Cards" vor? Oder "Kindsköpfe" einem "Fight Club".

Hm, da könnte was dran sein. Oder? Warte mal. ***google *** google *** AHA! Fast & Furious 8!!! (https://www.theguardian.com/film/2017/apr/17/fast-furious-8-box-office-record-opening-weekend) Nein, du irrst dich. ~;D
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Greifenklause am 5.10.2017 | 07:48
Allerdings schließt das eine das andere nicht aus.
Als wir damals DSA4.1-Horasreich mit Intrigen noch und nöcher spielten, kam irgendwann der Ruf "und jetzt bitte ein Dungeon, am Besten ein Tunnel".
Das Schöne am Rollenspiel ist doch:
Ich decke in Los Angeles eine "house of Cards"-mäßige Intrige auf und heize dann "Fast and Furiouis"- mäßig nach Washington, um das schlimmste zu verhindern. Anschließend macht mich Mutter Beimer in der Lindenstraße darauf aufmerksam, dass ich nur deshalb so unrealistisch schnell von A nach B kam, weil mein Auto ein Transformer sei.

Die Mischung macht's. Und ich hasse Systeme (auch mein geliebtes DSA in manchen Bereichen), die mich da unnötig beschränken oder nur bestimmte Fanboys befüttern aber andere verhungern lassen...
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: D. Athair am 5.10.2017 | 11:35
Die Mischung macht's. Und ich hasse Systeme (auch mein geliebtes DSA in manchen Bereichen), die mich da unnötig beschränken oder nur bestimmte Fanboys befüttern aber andere verhungern lassen...
Ich find das grausig. Insbesondere deswegen, weil solche wilden "Genre-Wechsel" IMMER dafür sorgen, dass das Regelsystem sich unterwegs in seine Einzelteile zerlegt.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: sindar am 5.10.2017 | 11:40
Ich find das grausig. Insbesondere deswegen, weil solche wilden "Genre-Wechsel" IMMER dafür sorgen, dass das Regelsystem sich unterwegs in seine Einzelteile zerlegt.
Ich auch. Und schliesse mich eindeutig der "Kindskopf"-Fraktion an.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Moonmoth am 5.10.2017 | 12:19
Ich find das grausig. Insbesondere deswegen, weil solche wilden "Genre-Wechsel" IMMER dafür sorgen, dass das Regelsystem sich unterwegs in seine Einzelteile zerlegt.

Naja, ein Regelwerk wie Fate kann das im Prinzip schon ab. Ob die Geschichte mit ihrer Grundstimmung bei so wilden Genre-Wechseln nicht komplett aus Leim gerät - das befürchte ich dann doch eher und das hat dann auch nicht mehr so viel mit dem Regelsystem zu tun.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 5.10.2017 | 19:27
Ich frage mich manchmal tatsächlich, warum es bei Rollenspielsettings eher den Hang zum Einfachen, Schwarz-Weißen oder klischee-belanden gibt, als zum Komplexen oder Ambivalenten. Ich meine, dann müsste sich das Spiel doch echter anfühlen.
Ich denke, das lässt sich beantworten: Komplexe Zusammenhänge werden vereinfacht und übersteigert, um sie greifbarer zu machen und gleichzeitig eine klarere gemeinsame Grundlage für das Spiel zu bieten. Das sind die Stereotypen, auf denen Geschichten aufbauen. Zusätzliche Spannung entsteht dann, wenn diese Stereotypen gebrochen werden, und so wird die Welt der Gruppe wieder komplexer. Aber um dahin kommen zu können, müssen die Stereotypen erst einmal aufgebaut werden (http://www.1w6.org/blog/drak/2009-04-22-archetypen-der-welt-berechenbarkeit-ma-en-hat-vorteile).
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 5.10.2017 | 19:32
Naja, ein Regelwerk wie Fate kann das im Prinzip schon ab. Ob die Geschichte mit ihrer Grundstimmung bei so wilden Genre-Wechseln nicht komplett aus Leim gerät - das befürchte ich dann doch eher und das hat dann auch nicht mehr so viel mit dem Regelsystem zu tun.
Ob es aus dem Leim gerät hängt meiner Ansicht nach eher damit zusammen, ob die SL ausreichend Geschick hat, um diese Wechsel gut umzusetzen.

Klar ist das eine größere Herausforderung als immer wieder etwas ähnliches umzusetzen, aber wenn es gut umgesetzt wird, kann es im Spiel auch viel mehr bieten. Oder halt zusammenbrechen, wenn die SL und/oder die Runde sich damit übernehmen.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 5.10.2017 | 19:39
Sollen die Informationen im Setting unsere Darstellung im Spiel informieren?
Sollen die Informationen im Setting der SL als Abenteuermaterial dienen?

Dazu muss man sagen, dass das letztere in vielen ausführlichen Settings eher vernachlässigt wird und in "kondensierten" Settings fokussiert wird.

Harnmaster liefert beispielsweise in all seinen Settingbänden keine Abenteueransätze, welche einem beim Schlagwort "realitätsnahes Fäntelalter" nicht selbst gekommen wären. "The Day after Ragnarok" hat dagegen einen einzelnen, sehr dünnen, Settingband, welcher aber extrem gehaltvoll ist und haufenweise Ideen und Ansätze liefert, was man damit anfangen könnte.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: D. Athair am 5.10.2017 | 21:14
Harnmaster liefert beispielsweise in all seinen Settingbänden keine Abenteueransätze, welche einem beim Schlagwort "realitätsnahes Fäntelalter" nicht selbst gekommen wären.
Überhaupt nicht! Gerade auch die kleinen Erweiterungen wie City of Cherafir: Clothier verwenden viel Platz darauf. Für HM Religion, das ich letztens angelesen habe, gilt ähnliches. Da bietet Masters of Umdaar (Fate World of Adventure) z.B. wesentlich weniger.

Wobei das sicher auch eine Frage dessen ist, welche (Art von) Ideen, Hooks, Ansätze der oder die einzelne verwerten kann und ob da Detailschärfe eher hilft oder schadet. (Und vielleicht auch eine Frage der Editionen.)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 5.10.2017 | 22:43
Harnmaster liefert beispielsweise in all seinen Settingbänden keine Abenteueransätze, welche einem beim Schlagwort "realitätsnahes Fäntelalter" nicht selbst gekommen wären. "The Day after Ragnarok" hat dagegen einen einzelnen, sehr dünnen, Settingband, welcher aber extrem gehaltvoll ist und haufenweise Ideen und Ansätze liefert, was man damit anfangen könnte.
Ich habe schon DSA Regionalbände gelesen, in denen mir auf vielen Seiten dutzende von Abenteuerideen entgegengesprungen sind. Nicht an jeder Stelle — einiges war auch Aufbauendes dafür — aber dann in einigen Kapiteln so geballt, dass ich alleine davon schon mehrere Kampagnen hätte leiten können.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Greifenklause am 6.10.2017 | 08:00
Jupp. DSA selbst war stets sehr liebevoll.
Was dann eine Ebene weiter daraus gemacht wurde, war oft ein Desaster.

Wir haben eine kleine Kampagne nur in drei Dörfern des Koscher Gebirges gespielt, war töfte!
Hingegen fasse ich die Borbaradkampagne nicht mal mit der Kneifzange an.

Und wenn wieder mal jemand es wagt, zu erklären, wie man einen Elfen oder Rondrianer gefälligst nicht spielt, bin ich längst auf der Palme und werfe mit Nüssen oder schlimmeren.

Zu einem Großteil haben wir Fanboys selbst und DSA verleidet.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 6.10.2017 | 09:16
Jupp. DSA selbst war stets sehr liebevoll.
Was dann eine Ebene weiter daraus gemacht wurde, war oft ein Desaster.

Wir haben eine kleine Kampagne nur in drei Dörfern des Koscher Gebirges gespielt, war töfte!
Hingegen fasse ich die Borbaradkampagne nicht mal mit der Kneifzange an.
Die Borbarad Kampagne haben wir in der Schulzeit bis Siebenstreich gespielt, und sie war klasse. Heute würde ich sie nicht spielen, weil unsere Gruppenzusammensetzung viel zu sehr wechselt. Dafür hat die Borbarad Kampagne den konzeptuellen Fehler, dass sie an bestimmten Stellen zwingend bestimmte SCs anwesend braucht.

Bei Siebenstreich sind wir hängengeblieben, weil ich die anderen gefragt habe, ob sie die sechs unabhängigen Abenteuer nicht leiten wollen  ::)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Greifenklause am 6.10.2017 | 09:22
Die Borbarad Kampagne haben wir in der Schulzeit bis Siebenstreich gespielt, und sie war klasse. Heute würde ich sie nicht spielen, weil unsere Gruppenzusammensetzung viel zu sehr wechselt. Dafür hat die Borbarad Kampagne den konzeptuellen Fehler, dass sie an bestimmten Stellen zwingend bestimmte SCs anwesend braucht.

Bei Siebenstreich sind wir hängengeblieben, weil ich die anderen gefragt habe, ob sie die sechs unabhängigen Abenteuer nicht leiten wollen  ::)

Feinste Kanapees wechselten sich mit faulen Rüben ab.
Ich hatte meine schönsten Momente als Spieler. Ich hatte Höhepunkte als SL, auf die ich heute noch stolz bin.
Und ebenso gab es zähe Momente, Railroading in Reinkultur (und ich bin ja eher Pro-Railroading) und eine vollkommen konfuse Einteilung der Abenteuer in einfach und anspruchsvoll, die keiner logischen Reihenfolge folgte.

Ich bin bei Rohals Versprechen gescheitert als SL.

Gleichzeitig kontaminierten die Setzungen der Borbaradkampagne auf Jahrzehnte hinaus jede vernünftige Diskussion in Foren.
Dabei war sie von Anfang an eines: Etwas Besonderes!
Allein deshalb kann sie schon keine Referenz sein.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 6.10.2017 | 11:30
Feinste Kanapees wechselten sich mit faulen Rüben ab.
Ich hatte meine schönsten Momente als Spieler. Ich hatte Höhepunkte als SL, auf die ich heute noch stolz bin.
Und ebenso gab es zähe Momente, Railroading in Reinkultur (und ich bin ja eher Pro-Railroading) und eine vollkommen konfuse Einteilung der Abenteuer in einfach und anspruchsvoll, die keiner logischen Reihenfolge folgte.

Ich bin bei Rohals Versprechen gescheitert als SL.

Gleichzeitig kontaminierten die Setzungen der Borbaradkampagne auf Jahrzehnte hinaus jede vernünftige Diskussion in Foren.
Dabei war sie von Anfang an eines: Etwas Besonderes!
Allein deshalb kann sie schon keine Referenz sein.
Volle Zustimmung dazu. Es gab ganz grässliches und ganz tolles. Bei Rohals Versprechen war die Beschreibung der Dämonen klasse: Hier sind ein paar schwache Dämonen; beachte aber, dass die Dämonen nicht an Naturgesetze wie Impulserhaltung gebunden sind und greif auf alle Elemente des persönlichen Horrors zurück. Damit wurde direkt mit dem Verständnis gespielt, wie die Welt (außerhalb der Regeln) funktioniert; sowohl der Spielenden als auch der Chars.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Greifenklause am 6.10.2017 | 11:37
Als Hintergrundregelwerk zu Magierakademien und Dämonen wäre Rohals Versprechen gut aufgehoben gewesen.
Als Abenteuer war es eine Frechheit für jeden SL (jedenfalls in der ersten Auflage)
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: ArneBab am 6.10.2017 | 13:39
Als Abenteuer war es eine Frechheit für jeden SL (jedenfalls in der ersten Auflage)
Das kann sein — ich war damals als SL genügsam: In der Schulzeit hatte ich genug Zeit und Muße, aus dem Abenteuer zu extrahieren, was wir brauchten, Zeit, die ich heute nicht mehr so hätte.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: tartex am 6.10.2017 | 15:13
"The Day after Ragnarok" hat dagegen einen einzelnen, sehr dünnen, Settingband, welcher aber extrem gehaltvoll ist und haufenweise Ideen und Ansätze liefert, was man damit anfangen könnte.

Interessanterweise hat "The Day after Ragnarok" für mich überhaupt nichts an wirklich fassbaren Abenteuerideen zu bieten. Klar, da sind die Viertelsätze in den Sidebars, aber die sind für mich nicht mit dem Rest vom Inhalt verknüpft. Das kann auf dem Level auch aus dem Stand selbst.

Das ist fast genauso uninspirierend wie der DSA-4-Albernia-Band "Am Großen Fluss". Die alte Albernia-Box fand ich da 1000x inspirierender und das ist nicht ein verklärter Blick in meine Kindheit, weil ich sie erst lange nach dem DSA4-Band gelesen habe.

Und die DSA5-Siebenwindküste? Die habe ich wohl bisher nur durchgeblättert und nicht ernsthaft gelesen, denn da ist - außer dass man jetzt vollkörperbehaarte Elfen mit Eberbiestingerblut spielen kann - überhaupt nichts hängen geblieben.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 7.10.2017 | 15:54
Überhaupt nicht! Gerade auch die kleinen Erweiterungen wie City of Cherafir: Clothier verwenden viel Platz darauf. Für HM Religion, das ich letztens angelesen habe, gilt ähnliches. Da bietet Masters of Umdaar (Fate World of Adventure) z.B. wesentlich weniger.

Agree to disagree. Gerade "Religion" ist eine dröge Geschichtsstunde ohne Relevanz für das gegenwärtige Setting, ein Aufzählung von Rängen innerhalb der Kirchen (so kann man auch Seiten füllen) und ein paar Allgemeinplätze (Die bösen Götter hassen die guten Götter? Waaaahnsinn, darauf wäre ich ja niiiie gekommen!).
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: D. Athair am 7.10.2017 | 16:58
Agree to disagree.
+1

Wobei sich mir da nochmal was erschlossen hat: Diese "drögen Geschichtsstunden" können helfen die eigenen vielen und tollen Ideen zu strukturieren und kanalisieren. Die Ideen, die z.B. Umdaar bietet: Da waren keine Ideen dabei, auf die ich nicht gekommen bin oder wäre.

Insofern kommt es wahrscheinlich auf die eigenen Bedürfnisse an:
Braucht es kreative Initialgedanken, um das Feuer der Ideen zu entfachen oder braucht es sichere Fakten, um Gedankenimpulsen eine verwertbare Richtung zu geben?

In Bezug auf Regelwerke hatte ich mit nem Freund vor ner Weile mal ne ähnliche Diskussion.
Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass für unseren Neuspieler Everway zu frei, zu assoziativ war, um seine vielen Ideen zu bündeln und zu realisieren. Ich hatte wenig vorher mit dem Spieler Beyond the Wall angespielt. Das hatte wesentlich besser funktioniert.

... da, das, was wir als Kreativität wahrnehmen immer was mit Wirklichkeitwerdung von Ideen-Impulsen zu tun hat, ist weder die eine noch die andere Herangehensweise per se "kreativer" als die andere. Der Zugang ist nur individuell verschieden. Und da gibt es dann nur "passend" oder "unpassend".
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: Moonmoth am 7.10.2017 | 17:16
... da, das, was wir als Kreativität wahrnehmen immer was mit Wirklichkeitwerdung von Ideen-Impulsen zu tun hat, ist weder die eine noch die andere Herangehensweise per se "kreativer" als die andere. Der Zugang ist nur individuell verschieden. Und da gibt es dann nur "passend" oder "unpassend".

... und da hat jemand es besser auf dem Punkt gebracht als ich es wohl je könnte  :d

Inspiration ist zum Glück immer noch eine sehr individuelle Sache.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 7.10.2017 | 22:43
Wobei sich mir da nochmal was erschlossen hat: Diese "drögen Geschichtsstunden" können helfen die eigenen vielen und tollen Ideen zu strukturieren und kanalisieren.

War bei mir eben nicht der Fall - wahrscheinlich weil es Geschichte war, bei dem man nach jeden Satz gedanklich ein "...aber alle die das betrifft sind schon tot und die heutigen Anhänger der Kirche wissen nichts davon" dranhängen konnte.

Zitat
Die Ideen, die z.B. Umdaar bietet: Da waren keine Ideen dabei, auf die ich nicht gekommen bin oder wäre.

Für den Kernteil des Buches mag das zutreffen - da wird das Setting ja praktisch überhaupt nicht beschrieben und dem SL stattdessen ein strukturiertes Tool geliefert, wie er aus seinen nostalgischen Erinnerungen an He-Man & Co. selbst ein kohärentes Setting bauen kann. Es ist kein Setting, sondern eine Anleitung zum Settingbauen.

Etwas Setting ist dann aber doch drin, nämlich im Abenteuerteil. Und da würde ich dir vehement widersprechen. Jeder der kurzen Abenteuerabsätze (und auch Starblades of Su'ul) enthält ein paar Ideen, auf die man eben nicht einfach so kommt und die alle das Eintauchen ins Setting begünstigen. Das längere Abenteuer enthält dabei nicht mehr Ideen als die Absätze, es dient lediglich der Illustration, wie man aus einer groben Settingidee ein fertiges Abenteuer macht.
Titel: Re: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel
Beitrag von: D. Athair am 8.10.2017 | 00:55
Etwas Setting ist dann aber doch drin, nämlich im Abenteuerteil. Und da würde ich dir vehement widersprechen. Jeder der kurzen Abenteuerabsätze (und auch Starblades of Su'ul) enthält ein paar Ideen, auf die man eben nicht einfach so kommt und die alle das Eintauchen ins Setting begünstigen.
Ich habs nochmal gelesen und kann darauf nur mit einem Zitat von dir antworten:
War bei mir eben nicht der Fall

... ergänzen kann ich bloß: Ich stimme dir zu, dass die Texte liefern wollen, was du beschreibst.