Tanelorn.net

Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: Alexander Kalinowski am 17.05.2018 | 20:23

Titel: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 17.05.2018 | 20:23
Rollenspiel-Theorie ist bislang relativ unbefriedigend, deswegen versuche ich mal in einer neuen Serie von Blogposts (http://www.knightsoftheblacklily.com/2018/05/rpg-theory-with-rigor-warning-boring/) noch einmal von Grund auf durchzustarten. Ich hätte gerne etwas Feedback hier von interessierten Mitforisten bzgl. meiner unten erneut vorgestellten Grundgedanken aus dem verlinkten Blogpost. (Widersprüche oder sonstiges Feedback zu der "Beweisführung" an sich würde ich allerdings lieber in den Kommentaren unter meinem Blog sehen, damit das Ganze für interessierte Leser gebündelt ist.)

Also:
Mein Problem mit Rollenspieltheorie ist, dass es schon an soliden Fundamenten fehlt. Beispiel G, N und S: warum sollten die so definiert sein wie sie sind? Es sind auch andere (zwar halbwegs ähnliche, aber dann doch mit Unterschieden) Fassungen denkbar, das Ganze wirkt willkürlich. Oder es wird mit einem Begriff wie "Creative Agenda" um sich geworfen, der keineswegs klar und verständlich definiert ist und erst recht nicht vernünftig in klare Beziehung zu anderen Ebenen des Rollenspiels gesetzt wird.

Deswegen bin ich der Überzeugung, dass man noch mal bei 0 anfangen und das Ganze möglichst streng neu hochziehen sollte. Dafür braucht es

Dementsprechend trivial ist auch die Aussage in dem ersten Blogpost. (Ich habe allerdings keinen Zweifel, dass sich im Internet Leute finden lassen, die auch das alles anzweifeln werden - was auch in Ordnung ist, wenn sie denn gute Argumente haben.) Ein weiterer Vorteil ist, dass zukünftige Theorien sich auf solche Grundlagen berufen können und nicht immer die Frage neu beantworten müssen, ob es denn so etwas wie verschieden Typen von Spaß im Rollenspiel überhaupt gibt. Eine zukünftige Theorie setzt so etwas also entweder voraus oder ist unvollständig.

Zu diesem Gedankengang hätte ich wie gesagt gerne etwas Feedback von euch. Und wer mag kann zu dem Argument auch, wie gesagt, gerne auf meinem Blog Stellung nehmen.

Alex

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Viral am 17.05.2018 | 20:39
ich empfehle dir mal das Players Handbook und den DMG von Ad&d1 zu lesen. Sind die halt die Ursprünge, die eigentlich in unterschiedlicher Form immer wiedergekaut wurden. evtl. mal mit etwas andere Würze drin. Zumindest zum Anfangen ist es gut geeignet ...
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Derjayger am 17.05.2018 | 20:45
Super Thema, beschäftigt mich immer wieder mal.
Ich sehe das Hauptproblem an derselben Stelle wie Du: Es gibt keine gültige Fachsprache.
Fachbegriffe müssen a) klar genug definiert und b) normiert bzw. akzeptiert sein. Letzteres ist m.E. das größere Problem. Denn es nützt wenig, wenn man neue Begriffe vorschlägt, wenn sie von dem Rest der Community nicht zur Kenntnis genommen oder akzeptiert werden. In vielen Wissenschaften werden Begriffe erst dank national bis international (nix darunter) verbreiteter und anerkannter Lexika normiert und akzeptiert. Weiß nicht, wie genau das für Rollenspieltheorie machbar sein soll. Die "Kleinstaaterei" wird denke ich bleiben, damit werden Fachbegriffe fast überflüssig (wir können uns ja nicht mal hier im Forum gemeinsam auf welche verständigen, wie man ständig sieht). (Aus eigener Erfahrung: In Musiktheorie ist es übrigens genau dasselbe. Die Gültigkeit von Fachbegriffen endet vor der Hochschul- oder sogar der Dozententür. Neue Begriffe werden immer wieder erfunden, leider ohne Wirkung: Der eigene Kurs kennt diese Begriffe zwar, aber der Rest nicht. Kommunikation ist mit den Begriffen also fast unmöglich.)
Die einzige Lösung die mir einfällt: Fachbegriffe nicht nutzen, sondern das gemeinte Phänomen umschreiben. Muss man halt mal 1-2 Sätze statt 1-2 Wörtern schreiben, ist jetzt kein Weltuntergang und ein kleineres Übel als die ständigen Missverständnisse (für deren nachträgliche Ausräumung eben nicht nur 1-2 Sätze reichen).

LG
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Isegrim am 17.05.2018 | 21:41
Mir stellt sich eigentlich immer noch eine Grundfrage: Was will Rollenspieltheorie eigentlich? Was ist der Zweck des ganzen Theoretisierens?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: am 17.05.2018 | 21:50
Mir stellt sich eigentlich immer noch eine Grundfrage: Was will Rollenspieltheorie eigentlich? Was ist der Zweck des ganzen Theoretisierens?

Rollenspiel beschreiben, erklären, vorhersagen und verändern. Für die Texte hab ich leider keine Zeit aktuell. Bin aber gespannt und finde den Ansatz gut.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 17.05.2018 | 21:55
Mir stellt sich eigentlich immer noch eine Grundfrage: Was will Rollenspieltheorie eigentlich? Was ist der Zweck des ganzen Theoretisierens?

Exakt!

Rollenspiel beschreiben, erklären, vorhersagen und verändern.

Aber wozu und wohin? Gerade Veränderung ist ja kein Selbstzweck. 

Das Threefold damals hat MIR damals z.B. geholfen zu verstehen, wieso es am Spieltisch immer wieder geknallt hat obwohl doch alle "Rollenspiel spielen" wollten und wo dann mit wem Kompromisse möglich waren.  Und dazu muss man halt aauch verstehen, was die anderen Fraktionen von Spiel anders wollen, selbst wenn man den Geschmack nicht teilt.

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 17.05.2018 | 22:00
Ich bin mit Axiom 3 nicht einverstanden. Games und Story telling enspringen meiner Meinung nach einer ähnlichen "Tradition"
Vielleicht ein Startpunkt für die Tradition von Spielen: Snakes and Ladders - How the Meaning of an Ancient Children's Game Adapted Over Time (https://www.youtube.com/watch?v=PzLYKY1nPsY)

EDIT:
Und Daniel Danzer: Vortrag Storytelling & Spiele Weilburg 2017 (https://www.youtube.com/watch?v=KxjLzKzOLek)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Deep One am 17.05.2018 | 22:09
OK, es erschließt sich mir nicht, wie Du in der Schlussfolgerung dazu kommst, dass es wenigstens drei Arten von Spaß beim Rollenspiel gibt. Und welche drei Arten wären das?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Wellentänzer am 17.05.2018 | 22:21
Aber wozu und wohin? Gerade Veränderung ist ja kein Selbstzweck.
Veränderung steht ja auch nicht ohne Grund hinten. Man kann halt vorher noch nicht wissen, WAS (Beschreibung) WARUM (Erklärung) passieren WIRD (Vorhersage). Entsprechend ungünstig ist es, bei der Veränderung anzufangen. Das verstehen viele Letue hier generell nicht. Die Unterscheidung zwischen Grundlagenforschung und der Anwendung existiert nicht grundlos.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Isegrim am 17.05.2018 | 22:41
Die Unterscheidung zwischen Grundlagenforschung und der Anwendung existiert nicht grundlos.

Ich mag deine Erklärungsansätze. Allerdings frag ich mich (und ich hab wirklich keine Ahnung, so wissenschaftlich betrachtet), ob es bei Geistes- und Sozialwissenschaften eine so strikte Trennung geben kann. Ich mein, bei den Feldern, bei denen ich etwas Ahnung zu glauben habe, sind die Lösungsansätze für Probleme jedweder Art immer zutiefst mit der verwendeten Theorie verstrickt und ergeben für Anhänger einer anderen Theorie meist weniger Sinn als der handelsübliche Regentanz; der schadet bei Dürre immerhin nicht... ;)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 18.05.2018 | 00:12
Super Thema, beschäftigt mich immer wieder mal.
Ich sehe das Hauptproblem an derselben Stelle wie Du: Es gibt keine gültige Fachsprache.
Fachbegriffe müssen a) klar genug definiert und b) normiert bzw. akzeptiert sein. Letzteres ist m.E. das größere Problem.
Sehe ich ähnlich, trotzdem gibt es Begriffe die Verbreitung finden. Das größere Problem ist eher bei der Typisierung (also zB G, N und S) - da sind sehr verschiedene Arten des Clustering möglich. Wenn man typisiert, dann muss man die Kriterien so wählen, dass es möglichst viele Leute überzeugt, dass dies auch die beste Wahl ist. Man muss ja auch nicht jeden einfangen, nur hinreichend viele. Aber gerade diese "zwingende" Wahl ist sehr schwierig (mich zum Beispiel überzeugt Edwards Narrativismus Definition nicht so sehr).

Was will Rollenspieltheorie eigentlich? Was ist der Zweck des ganzen Theoretisierens?
Als jemand mit mathematischer Vorbildung stellt sich mir die Frage nicht. ;) Ich will trotzdem versuchen zu antworten: Wissen generieren.

Ich bin mit Axiom 3 nicht einverstanden. Games und Story telling enspringen meiner Meinung nach einer ähnlichen "Tradition"
Schreib's unter den Blogpost und ich antworte gerne darauf, die beiden Videos habe ich mir angeschaut.

OK, es erschließt sich mir nicht, wie Du in der Schlussfolgerung dazu kommst, dass es wenigstens drei Arten von Spaß beim Rollenspiel gibt. Und welche drei Arten wären das?
Siehe "Assumption 1". ;)

Allerdings frag ich mich (und ich hab wirklich keine Ahnung, so wissenschaftlich betrachtet), ob es bei Geistes- und Sozialwissenschaften eine so strikte Trennung geben kann.
Die Frage der Anwendung ist ja nachgelagert. Zunächst einmal geht's bei Wissenschaft darum Wissen zu schaffen. Wenn man einmal Wissen hat, dann kann man sich immer noch fragen, was man damit anfängt. Oder auch nicht. Gerade in der Mathematik gibt es doch für vieles keine Anwendung. Kann aber eines Tages noch nützlich sein. Oder auch nicht - wer weiß es schon?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: KhornedBeef am 18.05.2018 | 00:48
Als Meta-Überlegung: so ähnlich wird es bei der forge auch angefangen haben. Wenn euch bei denen also etwas gestört hat, muss man da quasi doppelt auf der Hut sein.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Derjayger am 18.05.2018 | 01:55
Sehe ich ähnlich, trotzdem gibt es Begriffe die Verbreitung finden.

Welche denn? Für alle, die mir gerade einfallen, erinnere ich mich an langes Aneinander-Vorbeireden in bestimmten Threads hier im Forum, das kein klärendes Ende nahm. Da wurden also verschiedene Begriffe (verschiedene Inhalte, leider mit demselben Namen) verwendet.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Isegrim am 18.05.2018 | 02:06
Gerade in der Mathematik gibt es doch für vieles keine Anwendung. Kann aber eines Tages noch nützlich sein. Oder auch nicht - wer weiß es schon?

Die Mathematik weiß genau, was sie will: Selbst erdachte, genau definierte Strukturen sinnloserweise auf ihre inhärenten Eigenschaften untersuchen, so obskur die auch sein mögen (und ich denke, wir sind uns einig: Sie sind es... meistens fast immer...). Anwendung ist eigentlich Perversion.

Rollenspiel ist aber keine selbst erdachte Struktur. Aber dennoch viel Glück. ;)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Infernal Teddy am 18.05.2018 | 06:14
Die Methoden einer Naturwissenschaft bei einer Geistes- bzw. Kulturwissenschaft hat selten zu sinnvollen oder auch nur belastbaren Ergebnissen geführt, aber ich beobachte mal was hier so passiert...
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: vanadium am 18.05.2018 | 06:30
Die Mathematik weiß genau, was sie will: Selbst erdachte, genau definierte Strukturen sinnloserweise auf ihre inhärenten Eigenschaften untersuchen, so obskur die auch sein mögen (und ich denke, wir sind uns einig: Sie sind es... meistens fast immer...). Anwendung ist eigentlich Perversion.

Die Strukturen sind doch nicht erdacht, sondern existieren (z.B. natürliche Zahlen) real, bzw. ergeben sich aus den bereits vorhandenen Erkenntnissen.
Und Anwendungen gibt es mehr als genug: Algorithmen müssen terminieren (sonst keine lauffähigen Programme), Bool'sche Algebra (keine PCs), Modellierung (keine theoretische Chemie, Physik, Ingenieurwissenschaften... Wetterbericht), beschreibende Statistik (keine Geistes- und Kulturwissenschaften...)
Das haben sich doch keine Alchemisten, Brückenbauer, Spieleprogrammierer, Experimentalphysiker, Wetteransagerinnen oder Soziologen ausgedacht. Mathematiker waren das bzw. sehr nahe Verwandte.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 18.05.2018 | 06:37
OK, es erschließt sich mir nicht, wie Du in der Schlussfolgerung dazu kommst, dass es wenigstens drei Arten von Spaß beim Rollenspiel gibt. Und welche drei Arten wären das?

Die drei Arten ergeben sich aus den Ursprüngen des Rollenspiels.

1. Spaß daran, ein Spiel zu spielen,
2. Spaß daran, eine Geschichte zu erzählen,
3. Spaß daran, eine Geschichte zu rezipieren.

Daraus ergibt sich z.B. die Unterscheidung in die zwei Bereiche, die von den Regeln behandelt werden können und müssen:
1. und 2., weil das Prozesse sind, während sich 3. auf deren Ergebnisse bezieht und daher keiner (weiteren) Regelung bedarf.

Einer der Knackpunkte ist dann die Relation und Interaktion zwischen den beiden Regelbereichen: Was darf sich wie auf den jeweils anderen Bereich auswirken und wie sehr sollen die Zielsetzungen der beiden Bereiche sich ähneln?

Und davon unabhängig hat man als offensichtliche Unterpunkte die Frage, was für ein Spiel man da überhaupt spielen will respektive was für eine Geschichte man erzählen will und wie man das jeweils aufzieht und fördert.

Für alle, die mir gerade einfallen, erinnere ich mich an langes Aneinander-Vorbeireden in bestimmten Threads hier im Forum, das kein klärendes Ende nahm.

Das ist allerdings auch ein Forenphänomen mit verschiedenen Ursachen.
Im normalen Gespräch begegnet mir das nie.

Mir stellt sich eigentlich immer noch eine Grundfrage: Was will Rollenspieltheorie eigentlich? Was ist der Zweck des ganzen Theoretisierens?

Aus meiner Perspektive muss das immer anwendungsbezogen sein und damit habe ich genau zwei Baustellen: Probleme erkennen und beheben sowie die Entwicklung oder Anpassung von Rollenspielen unterstützen.

Problemlösung findet dabei am Sinnvollsten von oben nach unten statt, sprich man bohrt nur genau so tief wie nötig, um das Problem beleuchten und angehen zu können. Damit kommt man angesichts der relativ übersichtlichen Probleme, die sich im Rollenspiel so ergeben, nie wirklich an das, was das Rollenspiel an sich im Innersten zusammenhält.


Beim Design sieht es schon etwas anders aus, aber auch da kann (und sollte) man sich mehr oder weniger im Schweinsgalopp durch ein paar allgemeine Grundlagen bewegen und dann auf die Stellen konzentrieren, wo relevante Designentscheidungen getroffen werden.


Eine "echte" Grundlagenforschung kann fürs Rollenspiel nicht stattfinden, weil es a) nichts tatsächlich zu entdecken, sondern nur ein recht übersichtliches Feld zu beschreiben gibt und b) völlig eindeutig ist, was man mit den gewonnenen Erkenntnissen jemals wird anfangen können - nämlich die zwei oben genannten Anwendungen. Und dann kann man das Ganze auch direkt darauf fokussieren.

Ich bin mit Axiom 3 nicht einverstanden. Games und Story telling enspringen meiner Meinung nach einer ähnlichen "Tradition"

Hmm...wenn es darum geht, was ich mit dem ganzen Spiel aussagen will, bin ich doch mit der Trennung in die drei Spaßbereiche auf der falschen Ebene.


Und davon ab: Ein "normales" (z.B. Brett-)Spiel hat ja gerade keinen getrennten Erzählanteil, sondern höchstens eine emergente Geschichte und auf der Metaebene den Lern-/Vermittlungseffekt bzw. die Aussage.

Ja, man kann Erzählanteile in diese Spiele einbringen und manchmal ist das sogar ziemlich naheliegend und intuitiv. Trotzdem lohnt sich fürs Rollenspiel die Trennung in Spiel- und Erzähl-Anteil, weil im Gegensatz zu anderen Spielen beide Bereiche verregelt sind und man sich entsprechende Gedanken beim Entwerfen und Anpassen machen muss.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 18.05.2018 | 09:51
Welche denn? Für alle, die mir gerade einfallen, erinnere ich mich an langes Aneinander-Vorbeireden in bestimmten Threads hier im Forum, das kein klärendes Ende nahm. Da wurden also verschiedene Begriffe (verschiedene Inhalte, leider mit demselben Namen) verwendet.
Gamism, Simulationism, Social Contract, (Meta-)Currency, Shared Imaginary Space, zum Teil auch so etwas wie Fortune(in-the-Middle/End) und die verschiedenen Stances. Diese Begriffe werden auch von Leuten benutzt, die GNS/Big Model an sich ablehnen. Wer natürlich mit Rollenspieltheorie so gar nichts am Hut hat wird das alles nicht kennen, aber das ist ja auch egal. Wichtig ist die Kommunikation unter interessierten Spielern. Diese Begriffe sind nicht unbedingt eindeutig und glasklar definiert, aber sie sind zumindest die Go-To-Begriffe.

Daraus ergibt sich z.B. die Unterscheidung in die zwei Bereiche, die von den Regeln behandelt werden können und müssen:
1. und 2., weil das Prozesse sind, während sich 3. auf deren Ergebnisse bezieht und daher keiner (weiteren) Regelung bedarf.
Wobei die Mechaniken natürlich die Fiktion teilweise diktieren können (und umgekehrt, schreibst du ja selbst). Wenn bei D&D die Charaktere kaum noch Hit Points haben, müssen sie pausieren oder den Dungeon Delve abbrechen und Heilung suchen.

Eine "echte" Grundlagenforschung kann fürs Rollenspiel nicht stattfinden, weil es a) nichts tatsächlich zu entdecken, sondern nur ein recht übersichtliches Feld zu beschreiben gibt und b) völlig eindeutig ist, was man mit den gewonnenen Erkenntnissen jemals wird anfangen können - nämlich die zwei oben genannten Anwendungen. Und dann kann man das Ganze auch direkt darauf fokussieren.
Jede Grundlagen der BWL-Vorlesung beginnt mit (scheinbar trivialen) Aussagen zu knappen Ressourcen. Bevor wir irgendeine RPG-Theorie aufstellen, sollten wir ebenfalls erst einmal ein solides Fundament haben.

Hmm...wenn es darum geht, was ich mit dem ganzen Spiel aussagen will, bin ich doch mit der Trennung in die drei Spaßbereiche auf der falschen Ebene.


Und davon ab: Ein "normales" (z.B. Brett-)Spiel hat ja gerade keinen getrennten Erzählanteil, sondern höchstens eine emergente Geschichte und auf der Metaebene den Lern-/Vermittlungseffekt bzw. die Aussage.

Ja, man kann Erzählanteile in diese Spiele einbringen und manchmal ist das sogar ziemlich naheliegend und intuitiv. Trotzdem lohnt sich fürs Rollenspiel die Trennung in Spiel- und Erzähl-Anteil, weil im Gegensatz zu anderen Spielen beide Bereiche verregelt sind und man sich entsprechende Gedanken beim Entwerfen und Anpassen machen muss.
Zur Erinnerung an die Tradition von Spielen und Fiktion: Wir reden hier von Schach und Monopoly versus Tolstoi und "Vom Winde verweht". Wer will mag argumentieren, dass dies nicht zwei hinreichend unterschiedliche Formen von Entertainment/Spaß bedeuten. Ich glaube allerdings nicht, dass man da einen Konsens hinbekommnt. Das unterscheidet sich in der Wahrnehmung der Menschen schon, ungeachtet irgendwelcher Gemeinsamkeiten - wie Spannungsbögen.

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: schneeland (N/A) am 18.05.2018 | 10:00
Zunächst mal würde ich die Position von Derjayger nochmal unterstreichen - nachdem ich wissenschaftlich in einem Feld unterwegs bin, indem sich (noch?) keine Theorie klar durchgesetzt hat, sehe ich Schwierigkeiten bei der Verbreitung des Modells.
Zudem gibt es eine Frage, die sich mir allgemein in diesem Kontext sofort stellt: wie soll die empirische Überprüfung Deiner Theorie/Deines Modells geschehen? Ich habe persönlich keine Probleme mit Nahbereichsempirie, aber für eine echte Überprüfung bräuchte es ja Einblick (Feldstudien/Beobatchungen/o.ä.) in Gruppen und Spiele jenseits des eigenen Dunstkreises.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: alexandro am 18.05.2018 | 10:05
Rollenspiel ist aber keine selbst erdachte Struktur.

Was denn sonst?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Crimson King am 18.05.2018 | 10:09
Die Strukturen sind doch nicht erdacht, sondern existieren (z.B. natürliche Zahlen) real

Also ich habe noch keine gesehen, und ich bin Mathematiker. Wobei, der englischsprachige Mathematiker wird dir Recht geben. Natural numbers are real. ~;D

Ansonsten denke ich, um zu wirklich sinnvollen Ergebnissen zu kommen, ist es hilfreich, sich anzuschauen, wie in den Sozialwissenschaften Ergebnisse erzeugt werden, und vor allem, wie brauchbare Ergebnisse erzeugt werden. Da wird man um eine Mischung aus modellbasierten und empirischen Ansätzen nicht drumrum kommen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Isegrim am 18.05.2018 | 10:17
@ vanadium:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Aber genug Off Topic. Weitermachen! ;)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Crimson King am 18.05.2018 | 10:37
Grundlagenforschung ist nebenbei bemerkt zwingend erforderlich. Es existiert ja nicht mal eine allgemein akzeptierte Definition von Rollenspiel.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: am 18.05.2018 | 11:46
Hm. Habe nun mal den Eingangsbeitrag gelesen. War ja nicht lang. Die bisherigen Beiträge im Forum von Dir, Alexander, fand ich allesamt klasse. Ein paar eher kritische Anmerkungen habe ich aber in diesem Fall. Vielleicht kannste ja was damit anfangen.

In den Sozial- und Verhaltenswissenschaften haben wir es im Vergleich zu den Naturwissenschaften extrem viel häufiger mit Konzepten zu tun, die sich nicht direkt beobachten lassen. Das sind sogenannte "hypothetische Konstrukte". Die sind nur schwierig messbar zu machen. Vielen Naturwissenschaftlern fehlt dafür Verständnis. "Journalistische Freiheit", "Kundenzufriedenheit", "Depression", "Verhaltensnormen", "Spaß" und so weiter sind Beispiele dafür aus verschiedenen Disziplinen. In unserer heutigen Welt kennen und nutzen wir Millionen solcher Konstrukte in den Wissenschaften wie auch im "echten Leben". Bei dem Versuch, sozial- und verhaltenswissenschaftliche Konzepte in einer mathematisch orientierten Notation niederzulegen, musst Du Dich (unter anderem) aufgrund hypothetischer Konstrukte verheben. Das funktioniert es nicht und es geht schon los mit den Definitionen. Es ist nämlich meines Erachtens unmöglich, ein Axiom mit lauter unzureichend definierten hypothetischen Konstrukten (Entertainment, Fun) aufzusetzen. Ein Axiom ist hochgradig formalisiert, sonst funktionierts nicht. Sobald da hypothetische Konstrukte dazwischen sind, wirds unscharf. Oftmals findet man in den Wirtschaftswissenschaften den Hinweis auf "Rigor versus Relevance". Das bedeutet, dass mit zunehmender Präzision der Aussage leider auch die Relevanz abnimmt. Grundlagenforschung kümmert sich dabei tendentiell um Rigor, angewandte Forschung eher um Relevanz. Rollenspieltheorie wäre in meinen Augen gut beraten, wenn sie sich stärker in Richtung der Relevanz neigen würde.

Du wirst außerdem dauernd auf Ungereimtheiten stoßen, die sich mit striktem Rigor nicht beheben lassen. Beispiel: ein empirisches Phänomen, das ich total interessant finde, ist das Gefühl von Spannung bei oder trotz hartem Railroading. Wir alle haben diese Leute schon erlebt. Sie erzählen von ihren offensichtlich heftig geschienten Rollenspielerlebnissen und es geht eindeutig daraus hervor, dass tiefste Spannung herrschte. Nun war parallel Rollenspielkarneval mit einem spannungsbezogenen Thema. Daraufhin habe ich mir angeschaut, wie die wissenschaftliche Sicht auf ein hypothetisches Konstrukt wie "Spannung" eigentlich so ist. Und siehe da: da werden Begrifflichkeiten wie Tension, Surprise, Suspense und Mystery unterschieden. Die hängen alle irgendwie zusammen, aber beschreiben doch unterschiedliche Dinge. Nun kann man Spannung eigenhändig definieren als "Zustand der Unsicherheit bezüglich des Ausgangs eines Ereignisses", aber damit erzeugt man das Paradox of Suspnse. Und so weiter. Ich habe das hier mal aufgeschrieben: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,99624.0.html. Vielleicht hilft Dir das ja ein bisschen.

Ein paar Worte zum Athmosphärischen noch: Damals hatte ich den Thread direkt geschlossen, weil ich manchmal nicht den Langmut habe, sämtliche Kommentare von allen möglichen Leuten zu ertragen. Das mag einerseits unangenehm narzisstisch wirken oder sogar sein. Ich kann es in Foren aber generell nicht leiden, wenn Leute ohne großes Nachdenken irgendeinen Kommentar dahinrotzen zu Themen, bei denen sich das Gegenüber vielleicht Mühe gegeben und viele Gedanken gemacht hat. Generell bin ich der Meinung, dass Theorieentwicklung nicht in Foren funktioniert. Irgendwie ist das wie beim Fußball. Alle kennen das und glauben, mitreden zu können. Letztendlich ist dem aber nicht so. Sehr vielen Leuten in Foren, und ich will mich da selbst gar nicht ausschließen, fällt es schwer, einfach mal zuzuhören und die Fresse zu halten. Ich hatte selbst mal ein paar Takte dazu geschrieben, wie Theorieentwicklung im Rollenspielbereich in meinen Augen funktionieren würde. Hier: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,102685.msg134494344.html#msg134494344. Aber Du siehst ja, was da direkt für Kommentare kommen. Seufz.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: First Orko am 18.05.2018 | 12:01
Abo.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Derjayger am 18.05.2018 | 12:12
Ich schlage vor, die ganz Mathe-Kiste mal zu schließen, weil sie hier einiges durcheinanderbringt, ohne dass sie unbedingt geöffnet werden muss.
Die Argumentationsmittel im Blogpost gibt's nämlich auch z.B. in der Philosophie (Grundlagen, wie man argumentiert), die ja auch ständig mit "erdachten" statt "anfassbaren" Konzepten arbeitet. Da geht es also v.a. auch darum, sich verständlich zu machen. Und das ist ja offenbar ein Hauptanliegen hier.

Ich würde vermutlich nicht von Axiomen, sondern von Annahmen oder Prämissen sprechen. Dann kann jeder selbst entscheiden ob er ihnen zustimmt oder nicht. Und mit einer schrittweisen Argumentation vor Augen (das ist die Schreibaufgabe) wird er dann auch erkennen, an welcher Prämisse es liegt, dass er die Schlussfolgerung nicht teilt. So läuft das zumindest in der Philosophie.

Gamism, Simulationism, Social Contract, (Meta-)Currency, Shared Imaginary Space, zum Teil auch so etwas wie Fortune(in-the-Middle/End) und die verschiedenen Stances.

Cool, da schien mir alles ok, danke!

Wellentänzer: In dem anderen Thread schriebst Du von Qualitätskontrolle. Alternativ würde ja schon eine auf- und zuklappbare Baumstruktur (noch besser: Tags, weil nicht streng hierarchisch) im Forum sehr helfen. Dann schiebt OP oder sonst wer die Beiträge entsprechend und jeder Leser kann auf- und zuklappen was ihn gerade interessiert. Denn nach zwei Seiten franzen die Threads ja extrem aus.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: First Orko am 18.05.2018 | 12:20
Ich schlage vor, die ganz Mathe-Kiste mal zu schließen, weil sie hier einiges durcheinanderbringt, ohne dass sie unbedingt geöffnet werden muss.
Die Argumentationsmittel im Blogpost gibt's nämlich auch z.B. in der Philosophie (Grundlagen, wie man argumentiert), die ja auch ständig mit "erdachten" statt "anfassbaren" Konzepten arbeitet.

Meinst du Formale Logik (https://de.wikipedia.org/wiki/Formale_Logik)? Das scheint mit auch zielführend, bedingt aber ebenso dass man sich da reindenkt. Ich bin da auch erst am Anfang und würde mir noch nicht zutrauen, das Konzept in einer Diskussion sauber umzusetzen...
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Derjayger am 18.05.2018 | 12:24
Meinst du Formale Logik (https://de.wikipedia.org/wiki/Formale_Logik)? Das scheint mit auch zielführend, bedingt aber ebenso dass man sich da reindenkt. Ich bin da auch erst am Anfang und würde mir noch nicht zutrauen, das Konzept in einer Diskussion sauber umzusetzen...

Ich meine eher sowas wie Holm Tetens "Philosophisches Argumentieren: eine Einführung". Da ist auch ein bisschen Logik bei, aber v.a. ein paar Werkzeuge und Beispiele zum Argumentieren. Und sehr spaßig zu lesen.

(Übrigens, wenn Dich das interessiert: Niko Strobachs "Einführung in die Logik" fand ich damals am besten. Da ist aber mehr Logik als Argumentation bei. Hilft eher beim Denken als beim Reden)

Aber vielleicht ist irgendwas zur Soziologie besser geeignet? Keine Ahnung, da kenne ich mich gar nicht aus.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 18.05.2018 | 12:50
sehe ich Schwierigkeiten bei der Verbreitung des Modells.
Das ist eine nachgelagerte Frage. Es muss ja auch nicht gleich in einem vollständigen Modell resultieren, sondern kann aus einer Reihe von losen, aber korrekten Einzelobservationen bestehen.

Zudem gibt es eine Frage, die sich mir allgemein in diesem Kontext sofort stellt: wie soll die empirische Überprüfung Deiner Theorie/Deines Modells geschehen?
DISCLAIMER: Ich mache hier keine "echte" Wissenschaft - ich werde dafür schlicht nicht bezahlt. Es geht mir hier um die Formulierung von grundlegenden Erkenntnissen die möglichst konsensfähig sind. Wer will mag ja auch eine Feldstudie dazu starten, ob denn (insbesondere wirtschaftliche) Ressourcen immer noch begrenzt sind - meine Sache ist das nicht.

Also ich habe noch keine gesehen, und ich bin Mathematiker. Wobei, der englischsprachige Mathematiker wird dir Recht geben. Natural numbers are real. ~;D
Zahlen mögen keine eigenständige Existenz besitzen, aber sie sind empirisch verankert und ergeben sich zunächst schlicht aus der Unterscheidbarkeit von Dingen.

Grundlagenforschung ist nebenbei bemerkt zwingend erforderlich. Es existiert ja nicht mal eine allgemein akzeptierte Definition von Rollenspiel.
Das ist durchaus eine interessante Frage, aber ist im Grunde genommen wieder eine Frage des Clusterings, dh, es muss da keine allgemeingültige Definition geben. Ich definiere ja auch nicht was Entertainment oder Fun in diesem Zusammenhang denn nun genau bedeutet, sondern setze hier ein Grundverständnis axiomatisch beim Leser voraus.

Bei dem Versuch, sozial- und verhaltenswissenschaftliche Konzepte in einer mathematisch orientierten Notation niederzulegen, musst Du Dich (unter anderem) aufgrund hypothetischer Konstrukte verheben. Das funktioniert es nicht und es geht schon los mit den Definitionen. Es ist nämlich meines Erachtens unmöglich, ein Axiom mit lauter unzureichend definierten hypothetischen Konstrukten (Entertainment, Fun) aufzusetzen. Ein Axiom ist hochgradig formalisiert, sonst funktionierts nicht.
Axiom bedeutet in diesem Kontext allerdings nichts anderes als Grundannahme. Axiome können formalisiert sein, müssen es aber nicht (hab's nochmal auf Wikipedia nachgeschlagen). Die Unterscheidung zu Assumptions in dem Blogpost dient einfach nur um zu signalisieren: "Hier sieht der Autor keinen Anlass um in diesem Kontext weiter zu hinterfragen."

Du wirst außerdem dauernd auf Ungereimtheiten stoßen, die sich mit striktem Rigor nicht beheben lassen. Beispiel: ein empirisches Phänomen, das ich total interessant finde, ist das Gefühl von Spannung bei oder trotz hartem Railroading.
Ist dies denn überhaupt paradox? Eine der drei Traditionen des Spaßes im Blogpost ist ja die (halbwegs) passive Rezeption von Geschichten. Wie groß ist der Unterschied zwischen hartem Railroading und einem Kinofilm oder einer Geschichte, die am Lagerfeuer erzählt wird?

weil ich manchmal nicht den Langmut habe, sämtliche Kommentare von allen möglichen Leuten zu ertragen. Das mag einerseits unangenehm narzisstisch wirken oder sogar sein. Ich kann es in Foren aber generell nicht leiden, wenn Leute ohne großes Nachdenken irgendeinen Kommentar dahinrotzen zu Themen, bei denen sich das Gegenüber vielleicht Mühe gegeben und viele Gedanken gemacht hat. Generell bin ich der Meinung, dass Theorieentwicklung nicht in Foren funktioniert.
Ach, ich bin Usenet abgehärtet. ;) Und für den Zweck Löcher in die eigenen Ansichten pieksen zu lassen sind Internetforen schon ganz okay. ;)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Settembrini am 18.05.2018 | 14:12
Wie heißt denn Dein Spiel, das Du uns dann später verkaufen willst?
Brauchst Du noch Illustratoren?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Settembrini am 18.05.2018 | 14:17
Ätzende Wahrheiten mal beiseite: Bei Axiom 3 geh ich nicht mit. Das ist schlichte ahistorischer Quatsch, der, wenn er als Axiom gilt, schonmal außerstande ist, 90% des Hobbys abzudecken.

Bau auf Deinen Axiomen was Du willst, aber 3 ist so grundlegend falsch, daß da, bei strenger Anwendung, nichts rauskommen kann, was interessant wäre (für mich).

ABER: Großes Lob, wenn man seine Axiome so aufschreibt, schafft das Klarheit und so weiß ich von Anfang an Bescheid. Spart Streit und ist ja auch ehrlich.

<murmelInBart>Tststs...Story-Telling...so ein hanebüchener....</murmelInBart>

Und nun:
 :btt:
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Deep One am 18.05.2018 | 15:26
Die drei Arten ergeben sich aus den Ursprüngen des Rollenspiels.

1. Spaß daran, ein Spiel zu spielen,
2. Spaß daran, eine Geschichte zu erzählen,
3. Spaß daran, eine Geschichte zu rezipieren.

Daraus ergibt sich z.B. die Unterscheidung in die zwei Bereiche, die von den Regeln behandelt werden können und müssen:
1. und 2., weil das Prozesse sind, während sich 3. auf deren Ergebnisse bezieht und daher keiner (weiteren) Regelung bedarf.

Einer der Knackpunkte ist dann die Relation und Interaktion zwischen den beiden Regelbereichen: Was darf sich wie auf den jeweils anderen Bereich auswirken und wie sehr sollen die Zielsetzungen der beiden Bereiche sich ähneln?

Und davon unabhängig hat man als offensichtliche Unterpunkte die Frage, was für ein Spiel man da überhaupt spielen will respektive was für eine Geschichte man erzählen will und wie man das jeweils aufzieht und fördert.

Cool. Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast, das für mich aufzudröseln.  :) :d
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 18.05.2018 | 15:31
Wie heißt denn Dein Spiel, das Du uns dann später verkaufen willst?

Der Link im OP geht doch direkt zur Seite wtf?

Bei Axiom 3 geh ich nicht mit. Das ist schlichte ahistorischer Quatsch, der, wenn er als Axiom gilt, schonmal außerstande ist, 90% des Hobbys abzudecken.

Das hätte ich gerne etwas genauer (sofern es nicht weitgehend in die gleiche Richtung geht wie 6).

Und ist "ahistorisch" seit Neuestem hier im Forum die missbräuchlich verwendete Kurzform von "sowieso alles falsch verstanden, braucht man sich nicht mit befassen"?
Kommt mir angesichts der jüngsten paar Gelegenheiten so vor.


@Deep One:
 :d
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 18.05.2018 | 15:46
Wie heißt denn Dein Spiel, das Du uns dann später verkaufen willst?
Brauchst Du noch Illustratoren?
Kompetente Hilfe kann man immer gebrauchen. :) Wer sich berufen fühlt, kann gerne mal einen Link zu seinem Portfolio unter info@knightsoftheblacklily.com (info@knightsoftheblacklily.com) einsenden. Das gilt übrigens nicht nur für Illustratoren, sondern in nicht allzu ferner Zukunft auch für Leute, die sich anderweitig interessieren. Zuerst sollte ich aber mal die Quickstart-Regeln veröffentlichen (und ein Einführungsabenteuer), dann kann jeder besser ermessen, ob das etwas für ihn oder sie ist. Oder auch nicht.

[Anmerkung: Da die Quickstart-Datei praktisch fertig ist (es fehlt nur noch ein grafisches Seitenelement für den Seitenkopf) und kurz vor der Veröffentlichung steht, habe ich keine unmittelbare ausstehenden Kommissionen. Erst wenn das Layout des Einführungsabenteuers gemacht wurde, gibt's unmittelbaren Bedarf. Trotzdem macht es natürlich Sinn bereits im Vorfeld zu sondieren.]

Ätzende Wahrheiten mal beiseite: Bei Axiom 3 geh ich nicht mit. Das ist schlichte ahistorischer Quatsch, der, wenn er als Axiom gilt, schonmal außerstande ist, 90% des Hobbys abzudecken.

Bau auf Deinen Axiomen was Du willst, aber 3 ist so grundlegend falsch, daß da, bei strenger Anwendung, nichts rauskommen kann, was interessant wäre (für mich).

Noch einmal kurz zurück zu dem Axiomsbegriff: Im Rahmen dieses (zukünftig: dieser) Blogposts signalisiert dies, dass ich die Annahme nicht nur für richtig halte, sondern für so offensichtlich richtig, dass es schon eines extrem ungewöhnlichen Arguments bedarf um mich davon zu überzeugen die These auch nur zu verteidigen (oder halt zu revidieren). Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ich ohne so ein Gegenargument gar nicht glaube, dass ich auf anderweitige Kritik an der Annahme eingehen muss - weil aus meiner Sicht die Richtigkeit der Annahme in weiten Teilen für sich selbst spricht. For better or for worse.



Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: KhornedBeef am 18.05.2018 | 16:12
@Settembrini: Mich würde auch interessieren, ob Seine Durchlaucht vielleicht ein Beispiel bringen könnten. So gucke ich auf die Rollenspiele, die ich kenne, und sehe das abgedeckt. Es sei denn du siehst Charakterperformance, also reines Ausleben einer Person ohne Story-Interesse, als fehlenden Punkt.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 18.05.2018 | 16:38
Noch einmal kurz zurück zu dem Axiomsbegriff: Im Rahmen dieses (zukünftig: dieser) Blogposts signalisiert dies, dass ich die Annahme nicht nur für richtig halte, sondern für so offensichtlich richtig, dass es schon eines extrem ungewöhnlichen Arguments bedarf um mich davon zu überzeugen die These auch nur zu verteidigen (oder halt zu revidieren). Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ich ohne so ein Gegenargument gar nicht glaube, dass ich auf anderweitige Kritik an der Annahme eingehen muss - weil aus meiner Sicht die Richtigkeit der Annahme in weiten Teilen für sich selbst spricht. For better or for worse.
Okay... danke für diese klaren Worte. Dann weiss ich jetzt schon, dass ich mir meine Erwiderung sparen kann. Sie kann von Dir logischerweise nur als unerwünschtes "Störfeuer" angesehen werden.
Viel Erfolg mit Deiner Theorie.

@YY:
Wenn Dich das Thema um Axiom 3 noch interessiert, dann können wir gerne auf dem Treffen oder per PM weiterdiskutieren. :)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: alexandro am 18.05.2018 | 17:30
Selbst wenn man Axiom 3 als gegeben ansieht (was nicht heißt, dass ich das tue - aber zumindest müssten die Kritiker dann doch Beispiele bringen, weswegen das nicht zutreffen sollte, bevor sie das abstreiten können - immerhin war Storytelling spätestens seit Braunstein ein unwiderlegbarer Teil der Rollenspiel-DNA), dann müsste es auch Schlüsse geben, welche auf dem anderen Teil von Axiom 3 eingehen.

Bisher basieren alle deine Schlussfolgerungen darauf, dass "storytelling" Teil des Rollenspiels ist und keine deiner Schlussfolgerungen basiert auf der Tatsache, dass "games" ein ebenso wichtiger Teil von Axiom 3 sind. Wenn deine Theorie wirklich streng sein soll, dann müsstest du diese beiden Teile in unterschiedliche Axiome packen (3a und 3b) und dann rechtfertigen, warum das eine davon wichtiger zu sein scheint, als das andere.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: schneeland (N/A) am 18.05.2018 | 17:31
DISCLAIMER: Ich mache hier keine "echte" Wissenschaft - ich werde dafür schlicht nicht bezahlt. Es geht mir hier um die Formulierung von grundlegenden Erkenntnissen die möglichst konsensfähig sind. Wer will mag ja auch eine Feldstudie dazu starten, ob denn (insbesondere wirtschaftliche) Ressourcen immer noch begrenzt sind - meine Sache ist das nicht.

Ich glaube, nicht (anständig) bezahlt werden ist in der Wissenschaft Standard ;). Für mich war das Teil von "mit Strenge", aber wenn ich das richtig interpretiere, zielst Du damit auf etwas anderes ab. Ich hätte selber Schwierigkeiten mit der Theoriebildung ohne Empirie, aber ich bin vermutlich auch durch (zu langen) Aufenthalt an Universitäten hinreichend verdorben. Von daher dann einfach viel Erfolg!
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Settembrini am 18.05.2018 | 19:08
Noch einmal kurz zurück zu dem Axiomsbegriff: Im Rahmen dieses (zukünftig: dieser) Blogposts signalisiert dies, dass ich die Annahme nicht nur für richtig halte, sondern für so offensichtlich richtig, dass es schon eines extrem ungewöhnlichen Arguments bedarf um mich davon zu überzeugen die These auch nur zu verteidigen (oder halt zu revidieren). Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ich ohne so ein Gegenargument gar nicht glaube, dass ich auf anderweitige Kritik an der Annahme eingehen muss - weil aus meiner Sicht die Richtigkeit der Annahme in weiten Teilen für sich selbst spricht. For better or for worse.

Das steht Dir zu, das so zu sehen, und Du bist nicht alleine. Aber dieser Weg wurde eben schon beschritten, und er war mE falsch. Und alles dazu ist auch schon gesagt worden. Wer immer noch Storyfied rumläuft, es für axiomatisch hält, den kann man nicht mehr überzeugen. Also ziehe ich mich höflich zurück. Nur der Anständigkeit halber sollte mal gesagt worden sein, daß ich Axiom 3 für den Kardinalfehler halte. Da geht es ums Ganze.

Aber bau mal Dein Modell, da muß ich ja nicht stören, und guten Verkauf wünsche ich noch.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 18.05.2018 | 19:15
Ich hätte selber Schwierigkeiten mit der Theoriebildung ohne Empirie

Ich bin aufrichtig unsicher hierbei.
Meinem naiven Verstand schien es immer so, dass ein Wissenschaftlicher Ansatz immer war, eine Theorie mit wenig, theoretischer oder anekdotischer Basis zu formulieren und diese dann zu falsifizieren mit empirischen Versuchen.

Sehe ich das falsch?

Keine Sorge, das ist keine Fangfrage in irgendeiner Weise, ich bin durch ne Hochschule durch. Bin aber nicht in der Forschung tätig gewesen.


Der Thread hier irritiert mich etwas. Das dritte Axiom wird angegriffen, allerdings nur mit Wattebäuschen.
Es gibt keine argumentative Grundlage, außer einem für mich schwer greifbaren "Spiele haben sich mal aus Gesichten entwickelt(, daher sind Sie quasi noch das Gleiche)" - und das ist nicht einmal in klaren Worten formuliert.
Zusammenarbeit wäre hier glaube ich möglich. Der Threadersteller sagt ja nicht "Ich höre euch gar nicht zu *lalala*" sondern "Ohne gute Argumente[...]" Wie kann man da überhaupt was gegen haben? Das sollte doch verständlich sein (Es ist im Internet ja klassisch mit argumentlosen Angriffen zu kommen). Wenn ich klar formulierte Argumente bringe und die werden einfach - ohne Nachfrage - abgeschlagen, DANN lohnt es sich nicht mehr weiterzudiskutieren.
So, das nur zur Form.
Zitat
Axiom 3: Role-Playing Games combine aspects from at least two different, earlier traditions of entertainment: games (boardgames, wargames, etc.) and story-telling (whether it’s verbally, in book form, as graphic novel or on film, etc.).
Frei übersetzt mit leichten Änderungen (Ich glaube, die Historie ist nicht relevant.)
Zitat
Rollenspiele kombinieren Aspekte von mindestens zwei Unterschiedlichen, früheren Traditionen der )Unterhaltung[sformen]: Spiele (xx) and Geschichtenerzählen."
Ich würde das Axiom definiert haben wollen/ nachfragen. Es wirkt etwas unklar.

Aber, um das zu falsifizieren müssten wir zeigen, dass Rollenspiel eine dieser Unterhaltungsformen nicht beinhaltet.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Hier würde ich gerne hören:
Was sind die Aspekte des "Spiels", die das Rollenspiel aufnimmt?
Reicht hier das Würfelwerfen bei checks, das Blöcke ziehen, oder geht es hier primär um Sub-spiele, wie das Kämpfen?
(Gemeinsames) Geschichtenerzählen ist denke ich nicht umstritten.

Auch würde mich interessieren, ob es ein Kriterium ist, wie viel von dem einen oder Anderen drin ist, und wo sich Brettspiele wie "Legenden von Andor" oder "Gloomhaven" ansiedeln, welche ja einen story-Aspekt und natürlich Spielelemente haben.

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 18.05.2018 | 20:07
Nur kurz aus dem Off:
Zusammenarbeit wäre hier glaube ich möglich.
Leider nein, weil
Zitat
Der Threadersteller sagt ja nicht "Ich höre euch gar nicht zu *lalala*" sondern "Ohne gute Argumente[...]"
Leider auch wieder nein. Für ihn ist Axiom 3 ein offensichtlich richtiger Grundsatz, der für ihn im Grunde keines Beweises bedarf. Ich werde nicht versuchen sein Weltbild auf den Kopf zu stellen. Das wäre vergleichbar einer Diskussion mit einem Gläubigen über die Existenz Gottes. Bringt ihm nichts und mir auch nicht.
Dann doch lieber sich aus der Diskussion rausziehen und ihm dafür die Möglichkeit zu geben trotz eines Fehlers vielleicht etwas Interessantes dabei rauszufinden.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 18.05.2018 | 20:56
Meh,
Ich sehe da keinen Fanatismus bisher und keine verbohrtheit.
Bei der unterstellten Attitüde schwingt meiner Erfahrung nach selten ein "außer mit wirklich guten Argumenten" mit. Da müsste ich schon sehr missgönnend hören.

Vielleicht ist es ja nur ein Missverständnis durch die Formulierung.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Isegrim am 18.05.2018 | 21:07
Was sind die Aspekte des "Spiels", die das Rollenspiel aufnimmt?

"Spiel" kann derart vieles bedeuten. Wenn man eine weite Definition von Spiel nutzt ist die interessante Frage mE eher: Was sind die Aspekte des "Spiels", die das Rollenspiel ausschließt.

(Gemeinsames) Geschichtenerzählen ist denke ich nicht umstritten.

Ich steck da ja nicht drin, aber wenn ich die mystischen Andeutungen richtig deute ist es genau das, was vehement bestritten wird.

Ich werde nicht versuchen sein Weltbild auf den Kopf zu stellen.

Ich fühle mich ein bischen besätigt...

Vielleicht für einen anderen Thread, um hier nicht den Ansatz von Alexander Kalinowski zu sabotieren: Was sagt denn diese Meinungsverschiedenheit, worin immer sie jetzt auch genau besteht, über Rollenspiel aus, und wie muss eine Theorie gestrickt sein, um beiden Ansätzen gerecht zu werden? (Nicht, wie man das harmonisiert kriegt, an Wunder glaub ich auch nicht, sondern im beschreibenden Sinne, welche Gemeinsameiten und Unterschiede bestehen).
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 18.05.2018 | 21:48
Man muss meiner Meinung nach Folgendes unterscheiden: In der Wissenschaft insgesamt gibt es nichts, was nicht hinterfragt werden kann. Das heißt aber keineswegs, dass in der Wissenschaft alles jederzeit und überall hinterfragt werden kann. Das ist in keinem Fall so. Jeder Diskurs beruht auf Annahmen und Definitionen, die getroffen und nicht hinterfragt werden. Immer. Ohne das ist ein vernünftiges Gespräch gar nicht möglich - es entgleist. Man nicht im Rahmen eines Seminars über die Zusammenstellung des BIP noch einmal darüber diskutieren, ob Ressourcen denn wirklich knapp sind und überhaupt - welche Definition von Ressource wurde da gewählt und ist das die richtige Definition und warum?

Ebenso macht es im Rahmen einer Diskussion über Implikationen der Stringtheorie auch keinen Sinn mit der Schleifenquantengravitation anzufangen und die Stringtheorie als Ganzes in Frage zu stellen. Es sei denn, man kann kurz und knapp die Stringtheorie widerlegen. Ansonsten ist man in so einem Diskurs eher fehl am Platz.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob jeder Axiom 3 richtig liest - ich habe zur semantischen Klärung noch einmal eine Fußnote eingefügt. Ansonsten ist der Fall aus meiner Sicht glasklar.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 18.05.2018 | 22:05
"Spiel" kann derart vieles bedeuten.
Ich hatte ja zwei Beispiele angegeben. Man könnte auch Strategiespiele oder Würfelspiele hinzufügen. Wenn man weitere (und auch ganz andere) Spielarten hinzufügt, wird das Axiom aber dadurch nicht weniger richtig. Siehe auch die neue Fußnote.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 18.05.2018 | 22:12
Axiom 3 scheint mir so allgemein und (allgemeingültig), dass es schon wieder nutzlos wegen Trivialität erscheint.
Es werden ja nur unbenannte Aspekte übernommen. Um da problematishc zu werden müßte man wohl einen doch deutlich spezifischeren Inhalt erst einmal in Spiel oder Storytelling setzen, damit das problematisch wird.

Wobei die Mehrfachaufladung von Storytelling ja schon in einigen Diskussionen für Chaos gesorgt hat.
Mal reichte, das etwas settinghandlungsbezogenes erzählt wurde (was eben bei der Auseinandersetzung mit dem Setting unvermeidbar ist) aka "man kann nicht nicht erzählen", mal wurde an diese Geschichten dann bestimmtere Ansprüche gestellt, aka "bessere" Geschichte - und das munter durcheinander.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 18.05.2018 | 22:36
Vielleicht kannst Du das nochmal auf deutsch schreiben?

Weil mit der Fußnote sagst Du:

Rollenspiele haben 0 bis unendlich Aspekte von Spielen, Geschichtenerzählen und diversen anderen Dingen.

Das ist richtig, aber das ist keine Aussage.
Also sicher nicht, was Du willst.

Was genau willst du Aussagen?

Zudem ist das Fazit ein wenig sehr gesprungen. Wäre sicher eleganter, wenn Du mit einem Satz erklärst, wie Du hinkommst und die drei Arten des Spaßgewinns benennst (und woraus Sie sich ergeben).
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Derjayger am 19.05.2018 | 00:26
Man muss meiner Meinung nach Folgendes unterscheiden: In der Wissenschaft insgesamt gibt es nichts, was nicht hinterfragt werden kann. Das heißt aber keineswegs, dass in der Wissenschaft alles jederzeit und überall hinterfragt werden kann. Das ist in keinem Fall so. Jeder Diskurs beruht auf Annahmen und Definitionen, die getroffen und nicht hinterfragt werden. Immer. Ohne das ist ein vernünftiges Gespräch gar nicht möglich - es entgleist. Man nicht im Rahmen eines Seminars über die Zusammenstellung des BIP noch einmal darüber diskutieren, ob Ressourcen denn wirklich knapp sind und überhaupt - welche Definition von Ressource wurde da gewählt und ist das die richtige Definition und warum?

Ebenso macht es im Rahmen einer Diskussion über Implikationen der Stringtheorie auch keinen Sinn mit der Schleifenquantengravitation anzufangen und die Stringtheorie als Ganzes in Frage zu stellen. Es sei denn, man kann kurz und knapp die Stringtheorie widerlegen. Ansonsten ist man in so einem Diskurs eher fehl am Platz.

Sehe ich auch so. Darauf kann man gut aufbauen, indem man Prämissen und Konklusionen verwendet (siehe mein Beitrag zur Argumentationstheorie oben). Dann ist das m.E. auch kein großes Problem mehr, wenn einzelne Prämissen nicht stimmen oder jemand anderer Meinung ist, weil man klar zeigen kann, an welcher Schraube man drehen kann.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 19.05.2018 | 07:10
Nur ganz am Rande: "Begriffsverwischung" (wie Railroading &Co) ist bei Diskussionen das größte Problem.
Jeder benutzt seinen Begriff (weil der halt nicht geschützt ist, oder bereits bestehende Definitionen teilweise nicht anerkannt werden)
Ist der Begriff nicht gesetzt, geschützt,  kann man nicht mehr differenzieren. Man kann pauschal alles über einen Kamm scheren oder auch nichts.
Wie man die Einigung auf einen nicht offiziell geschützten Begriff erreichen will, und diesen auch noch als allgemeingültig etabliert, ist mir zumindest, bislang schleierhaft.
Aber ich verfolge gerne mal aus der Ferne den Versuch, und lass mich überraschen, wie ihr das anstellt.
(Die Idee das Problem nur zu umschreiben, kann ja evtl. funktionieren. Aber das dann etablieren? Schwierig.)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 19.05.2018 | 08:04
Das ist halt eben immer nicht nur eine "wissenschaftliche" sondern eben auch "politisch/wirtschaftliche" Diskussion - ungefähr wie selbstkreierte Biolabel von Großhandels ketten, nur hier in den Foren um Marktanteile an Spielern.
GNS war ja quasi nur so ein Piratenakt am Threefold, um dem Narrativismus (=/= Dramatismus und ständige Quelle von Verwechslung)  eine passende Bühne zu liefern.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 19.05.2018 | 10:26
Axiom 3 scheint mir so allgemein und (allgemeingültig), dass es schon wieder nutzlos wegen Trivialität erscheint.
Du hast recht: Die Forderung von Axiom 3 ist sehr schwach (und wird trotzdem hier von einigen Mitforisten abgelehnt). Wichtig ist zunächst einmal, dass sie hinreichend für Conclusion 1 (was ja auch keine welterschütternde Erkenntnis ist, aber ich möchte hier noch einmal den Vergleich zu den "knappen Ressourcen" in den Wirtschaftswissenschaften ziehen) ist - im Verbund mit den anderen Annahmen.

Vielleicht kannst Du das nochmal auf deutsch schreiben?

Weil mit der Fußnote sagst Du:

Rollenspiele haben 0 bis unendlich Aspekte von Spielen, Geschichtenerzählen und diversen anderen Dingen.

Das ist richtig, aber das ist keine Aussage.
Also sicher nicht, was Du willst.

Was genau willst du Aussagen?

Zudem ist das Fazit ein wenig sehr gesprungen. Wäre sicher eleganter, wenn Du mit einem Satz erklärst, wie Du hinkommst und die drei Arten des Spaßgewinns benennst (und woraus Sie sich ergeben).
Vielleicht geht's am Besten rückwärts gedacht: Schau dir doch am Besten noch einmal die Schlussfolgerung an und überlege was das absolute Minimum von Gemeinsamkeiten (zwischen RPGs und je anderen Spielen, Geschichten erzählen und Geschichten schreiben) sein muss, damit man zu Conclusion 1 kommen kann. Das ist dann Axiom 3. Wohl gemerkt: Conclusion 1 sagt nicht "Für alle Rollenspiele gilt: ...". Die Aussage ist schwächer, sie erlaubt für eine halbwegs signifikante Anzahl an Ausreissern.

Ansonsten habe ich noch ein Beispiel hinzugefügt. Aber auch hier gilt Fußnote 1.

Nur ganz am Rande: "Begriffsverwischung" (wie Railroading &Co) ist bei Diskussionen das größte Problem.
Jeder benutzt seinen Begriff (weil der halt nicht geschützt ist, oder bereits bestehende Definitionen teilweise nicht anerkannt werden)
Ist der Begriff nicht gesetzt, geschützt,  kann man nicht mehr differenzieren. Man kann pauschal alles über einen Kamm scheren oder auch nichts.
Wie man die Einigung auf einen nicht offiziell geschützten Begriff erreichen will, und diesen auch noch als allgemeingültig etabliert, ist mir zumindest, bislang schleierhaft.
Absolut richtig. Ich hatte ja noch weiter oben geschrieben, dass ich die Definition dessen, was Rollenspiel ist, auch interessant finde. Ist es es in gewisser Weise auch, aber mir ist seitdem eine neue Erkenntnis gekommen auf die ich in Teil 2 eingehen werde - das muss man breiter darstellen, denn es umfasst das Problem der Definition/Abgrenzung allgemein.

Die Frage ist doch: muss es denn eine einzige allgemeingültige Definition geben oder kann es je nach Diskussionsschwerpunkt verschiedene (aber insgesamt gleichwertige) Definitionen geben? Allgemeingültig wäre ideal, ist aber vielleicht unrealistisch.

Das ist halt eben immer nicht nur eine "wissenschaftliche" sondern eben auch "politisch/wirtschaftliche" Diskussion - ungefähr wie selbstkreierte Biolabel von Großhandels ketten, nur hier in den Foren um Marktanteile an Spielern.
GNS war ja quasi nur so ein Piratenakt am Threefold, um dem Narrativismus (=/= Dramatismus und ständige Quelle von Verwechslung)  eine passende Bühne zu liefern.
Das ist auch ein interessanter Gesichtspunkt - es wäre mir allerdings egal gewesen, wenn die Forge denn auch eine solidere Theorie hervorgebracht hätte.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Sashael am 19.05.2018 | 11:25
In der Definition der Spiele - die nicht vollkommen einheitlich definiert ist - steht, dass ein Spiel ein festgelegtes Ende braucht.
Habs mal entspoilert und Hervorhebung durch mich.

Diese Definition ist nachweislich Unsinn.
Beweise:
Endloskampagnenmodus in Aufbauspielen á la Anno 1402
Minecraft

Beides sicherlich Computerspiele, die ein paar mediumspezifische Besonderheiten haben, aber sie stehen der Aussage in der Definition diametral gegenüber, da hier ein Ende weder erreicht (imho die meisten Spiele) noch vermieden (Tetris & Co.) werden soll. Auch Rollenspiele haben spezifische Besonderheiten, die sie einer solchen Definition entziehen.

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 19.05.2018 | 11:30
Habs mal entspoilert und Hervorhebung durch mich.

Diese Definition ist nachweislich Unsinn.
Beweise:
Endloskampagnenmodus in Aufbauspielen á la Anno 1402
Minecraft

Beides sicherlich Computerspiele, die ein paar mediumspezifische Besonderheiten haben, aber sie stehen der Aussage in der Definition diametral gegenüber, da hier ein Ende weder erreicht (imho die meisten Spiele) noch vermieden (Tetris & Co.) werden soll. Auch Rollenspiele haben spezifische Besonderheiten, die sie einer solchen Definition entziehen.

Kann man auch andersrum sehen: In der Basisform sind es dann "toys". Spiele werden es erst dann, wenn die Spieler sich dann mit den Toys Ziele (und ggf. weitere regeln) setzen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Sashael am 19.05.2018 | 11:37
Kann man auch andersrum sehen: In der Basisform sind es dann "toys". Spiele werden es erst dann, wenn die Spieler sich dann mit den Toys Ziele (und ggf. weitere regeln) setzen.
Das mag richtig sein, aber "Ziele" =/= "Ende". ;)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Antariuk am 19.05.2018 | 11:43
Habs mal entspoilert und Hervorhebung durch mich.

Diese Definition ist nachweislich Unsinn.
Beweise:
Endloskampagnenmodus in Aufbauspielen á la Anno 1402
Minecraft

Beides sicherlich Computerspiele, die ein paar mediumspezifische Besonderheiten haben, aber sie stehen der Aussage in der Definition diametral gegenüber, da hier ein Ende weder erreicht (imho die meisten Spiele) noch vermieden (Tetris & Co.) werden soll. Auch Rollenspiele haben spezifische Besonderheiten, die sie einer solchen Definition entziehen.

Als typisches Beispiel sei hier mal der klassische D&D Hexcrawl genannt, der kein fest definiertes Ende hat (und meistens nur dadurch beendet wird weil die Gruppe den Übergang von niedrigstufigem zu hochstufigem Niveau nicht mag, oder man auf ein anderes Spiel wechselt) und auch kein fest definiertes Ende haben kann ohne dabei ein komplett anderer Spielmodus zu werden.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 19.05.2018 | 11:56
Das mag richtig sein, aber "Ziele" =/= "Ende". ;)

Mit den Zielen und deren Ereiechen oder definitivem Nichtmehrerreichen hat man aber ein typisches Endekriterium.
Ich würde das als ENde des Spiel(abschnitts) sehen. Sonst ist ja z.B. Fußball auch kein Spiel mehr, den nach dem Spiel ist vor dem Spiel.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 19.05.2018 | 12:03

Hier würde ich gerne hören:
Was sind die Aspekte des "Spiels", die das Rollenspiel aufnimmt?
Reicht hier das Würfelwerfen bei checks, das Blöcke ziehen, oder geht es hier primär um Sub-spiele, wie das Kämpfen?
(Gemeinsames) Geschichtenerzählen ist denke ich nicht umstritten.

Auch würde mich interessieren, ob es ein Kriterium ist, wie viel von dem einen oder Anderen drin ist, und wo sich Brettspiele wie "Legenden von Andor" oder "Gloomhaven" ansiedeln, welche ja einen story-Aspekt und natürlich Spielelemente haben.
Rückwärts denken hilft auch hier vielleicht für das Verständnis: Es reicht für Conclusion 1 (die auch eine relativ schwache Aussage ist), wenn es Aspekte in Spielen gibt, die Leuten Spaß machen können und die sich in Rollenspielen wiederfinden, aber hinreichend distinkt sind von unterhaltsamen Aspekten von Romanen, Filmen, TV Serien, Comicbüchern, etc. Diese Aspekte müssen auch nichts sein, was alle Spiele gemeinsam haben.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 19.05.2018 | 12:06
Zitat
Die Frage ist doch: muss es denn eine einzige allgemeingültige Definition geben oder kann es je nach Diskussionsschwerpunkt verschiedene (aber insgesamt gleichwertige) Definitionen geben? Allgemeingültig wäre ideal, ist aber vielleicht unrealistisch.
Keine Ahnung was Du genau im Sinn hast:
Meinst Du sowas wie "erstmal Meinungen/Argumente sammeln, und dann nach-definieren/ nach-differenzieren?"
(Wenn das Differenzieren schon vorher nicht hinhaut, dann ja vielleicht hinterher z.B. durch Sortieren?) ~;D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 19.05.2018 | 12:10
Wenn hier schon Neuüberlegt werden bzw. heilige Kühe geshclachtet werden soll, sollte man auch überlegen, ob wirklcih alles unter "Rollenspiel" eingeordnet werden soll oder nicht doch noch direkt ein paar eigene Untergruppen gsucht werden sollten.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 19.05.2018 | 12:12
Wenn hier schon Neuüberlegt werden bzw. heilige Kühe geshclachtet werden soll, sollte man auch überlegen, ob wirklcih alles unter "Rollenspiel" eingeordnet werden soll oder nicht doch noch direkt ein paar eigene Untergruppen gsucht werden sollten.
Meinst Du in "Brettspiel Plus"? ~;D
(So jetzt habe ich aber genug Spaß gemacht(und wirklich nur Spaß)- Ihr seid mich wieder los  ;))
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Infernal Teddy am 19.05.2018 | 12:15
Frei nach Damon Knight (https://en.wikipedia.org/wiki/Damon_Knight#Literary_criticism_and_analysis):

"Role-playing games are what we point to when we say it" (1 (https://en.wikipedia.org/wiki/Definitions_of_science_fiction))
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Sashael am 19.05.2018 | 12:18
Mit den Zielen und deren Ereiechen oder definitivem Nichtmehrerreichen hat man aber ein typisches Endekriterium.
Ich würde das als ENde des Spiel(abschnitts) sehen. Sonst ist ja z.B. Fußball auch kein Spiel mehr, den nach dem Spiel ist vor dem Spiel.
Das Ziel bei Minecraft ist es, Minecraft zu spielen.
Zwischenschritte sind keine "Enden", sondern genau das: Zwischenschritte. Wenn ich bei Monopoly meinen ersten Straßenzug voller Hotels habe, habe ich ein wichtiges Zwischenziel erreicht, aber nicht mal annähernd das Ende des Spiels.
Bei Minecraft gibt es kein definiertes Ende. Um genau zu sein, habe ich mit Minecraft nach über einem Jahr intensivem Zocken aufgehört, weil es eben ein solches nicht gibt und mich die Endlosigkeit von Welt und Möglichkeiten nicht mehr genügend motiviert hat, um an meiner Stadt und meiner Eisenbahnlinie weiterzubauen. Denn selbst wenn meine Wolkenstadt perfekt vollständig gewesen wäre und bei meiner Eisenbahn die Fahrt von einem Ende zum anderen 3 Stunden Realzeit gedauert hätte (es waren nur ca. 20 Minuten), wäre das kein Ende gewesen.

Aber wir diskutieren gerade über eine extrem unzureichende Definition von "Spiel" im Allgemeinen.
Beim Rollenspiel hat man ebenfalls Schwierigkeiten, das "Ende" absolut allgemeingültig einzubringen und trotzdem ist es ein Spiel.

In meinen Augen zeigt dieser Seitenstrang eher auf, wie groß die Schwierigkeiten durch Begriffsdefinitionen bei einer Rollenspieltheorie tatsächlich sind, wenn bereits Probleme auftreten, so etwas wie "Spiel" oder "Ende" so zu definieren, dass alle der Definition zustimmen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 19.05.2018 | 12:57
In meinen Augen zeigt dieser Seitenstrang eher auf, wie groß die Schwierigkeiten durch Begriffsdefinitionen bei einer Rollenspieltheorie tatsächlich sind, wenn bereits Probleme auftreten, so etwas wie "Spiel" oder "Ende" so zu definieren, dass alle der Definition zustimmen.

Die Schwierigkeiten entstehen vor Allem da, wo man jeden noch so obskuren Einwurf sauber abgearbeitet haben will.

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: am 19.05.2018 | 13:32
Die Schwierigkeiten entstehen vor Allem da, wo man jeden noch so obskuren Einwurf sauber abgearbeitet haben will.

Ja genau. Das gilt vor allem dann, wenn hinreichend viele Beitragende in erster Linie nicht inhaltlich diskutieren, sondern Recht behalten oder den anderen die Überlegenheit der eigenen Rollenspielansichten vor Augen führen möchten. Der Thread hier ist mal wieder nah an einem Autounfall.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Eismann am 19.05.2018 | 13:51
Ich möchte niemanden davon abhalten, noch ein paar Räder zu erfinden, aber vielleicht sollte man sich wenigstens bei den Grundlagen auf bereits existierendes berufen. Ist ja nicht so, als hätte man sich auf theoretischer Ebene mit dem Thema "Spiel" noch nicht beschäftigt.

Ein Klassiker zur Definition Spiel wäre da zum Beispiel Huizingas Homo Ludens:
Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Andersseins‘ als das ‚gewöhnliche Leben‘.


Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 19.05.2018 | 14:17
Habs mal entspoilert und Hervorhebung durch mich.

Diese Definition ist nachweislich Unsinn.
Beweise:
Endloskampagnenmodus in Aufbauspielen á la Anno 1402
Minecraft

Beides sicherlich Computerspiele, die ein paar mediumspezifische Besonderheiten haben, aber sie stehen der Aussage in der Definition diametral gegenüber, da hier ein Ende weder erreicht (imho die meisten Spiele) noch vermieden (Tetris & Co.) werden soll. Auch Rollenspiele haben spezifische Besonderheiten, die sie einer solchen Definition entziehen.
Ja, sag ich doch. Rollenspiele haben - durch ein nicht definiertes Ziel - nicht alle Kriterien erfüllt.
Chris Crawford hat laut der englischen Wikipedia eine Definition, nach der er die genannten "spiele" als "toys" und nicht als Spiele definiert. Auch die anderen Philosophen scheinen goals/ein endgoal für ein Spiel als notwendig zu erachten.

Ich wäre vorsichtig mit "nachweislich Unsinn" als Formulierung. Aufgrund "etwas, was ich als Spiel definiere trifft nicht zu".
Ich mag die Definition auch nicht wirklich. Sage nur, dass die Spiel Definition noch nicht ganz sicher ist und Rollenspiel vielleicht nur ein Rollenspielzeug.
Das Verb wäre dann vielleicht tatsächlich ein Spiel, weil das konkrete Spiel wieder in Raum und Zeit fest hat. Kompliziert halt.

Lasst uns unter Freunden diskutieren, nicht mit Gegnern debattieren

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 19.05.2018 | 14:29
Rückwärts denken hilft auch hier vielleicht für das Verständnis: Es reicht für Conclusion 1 (die auch eine relativ schwache Aussage ist), wenn es Aspekte in Spielen gibt, die Leuten Spaß machen können und die sich in Rollenspielen wiederfinden, aber hinreichend distinkt sind von unterhaltsamen Aspekten von Romanen, Filmen, TV Serien, Comicbüchern, etc. Diese Aspekte müssen auch nichts sein, was alle Spiele gemeinsam haben.
Willst du also nur sagen:
Rollenspiele haben Aspekte von Brettspielen, die auf eine bestimmte Art und Weise Spaß erzeugen und Rollenspiele haben Aspekte vom Geschichtenausdenken, die auf eine andere Art und Weise Spaß erzeugen?

Lasst uns unter Freunden diskutieren, nicht mit Gegnern debattieren

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 19.05.2018 | 15:09
Ich mag die Definition auch nicht wirklich. Sage nur, dass die Spiel Definition noch nicht ganz sicher ist und Rollenspiel vielleicht nur ein Rollenspielzeug.

Fragen wir doch mal anders:
Bringt uns diese Unterscheidung weiter? Fehlt uns umgekehrt etwas oder gehen wir in eine falsche (oder auch nur wenig zielführende) Richtung, wenn wir diese Fragestellung überspringen?
Nein.

Gilt genau so für die von Eismann eingeworfene Minimaldefinition. Ja, die kann man voranstellen, aber das braucht schlicht nicht diskutiert werden, wenn es um Rollenspiel geht und nicht darum, alles zum Großthema Spiel noch mal von Grund auf komplett in Frage zu stellen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 19.05.2018 | 15:19
Fragen wir doch mal anders:
Bringt uns diese Unterscheidung weiter? Fehlt uns umgekehrt etwas oder gehen wir in eine falsche (oder auch nur wenig zielführende) Richtung, wenn wir diese Fragestellung überspringen?
Nein.
Sollte ich das nicht beantworten?
Joa, bringt uns weiter, wenn man bedenkt, dass es darum ging eine klare Definition mit Strenge aufzubauen.
Aber stimmt schon, dass es davon ab nicht zielführend ist.
Drum habe ich es in Spoiler gesetzt und darin mit einem "aber darum geht es nicht" geendet.
Ich wollte es nicht aufrollen, ich wollte nur mögliche Angriffe auf Axiom 3 aufzeigen. Stand ich ja selbst nicht hinter. Daher wollte ich Zwecks skurillität aufzeigen, dass es schon möglich wäre es formell auf der Axiome der Axiome anzugreifen. (Zudem finde ich es etwas interessant, dass Rollenspiele nicht formell sicher als Spiele gelten.)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 19.05.2018 | 15:44
Zudem finde ich es etwas interessant, dass Rollenspiele nicht formell sicher als Spiele gelten.

Das zeigt doch nur, dass die zugehörige Definition nichts taugt.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Sashael am 19.05.2018 | 16:04
Das zeigt doch nur, dass die zugehörige Definition nichts taugt.
+1
Das habe ich mit meinem Beitrag gemeint. Nicht das Rollenspiel hat da den Fehler, sondern die reichlich seltsame Definition von "Spiel", die da gebracht wurde.

Wenn man anfängt, bei manchen Spielen von Spielzeugen zu reden, damit die Definition wieder stimmt, haut diese schon mal nicht hin.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 19.05.2018 | 16:27
Das zeigt doch nur, dass die zugehörige Definition nichts taugt.

Jungs.
Ihr könnt die Definition ja angreifen - kein Problem.
Aber so doch nicht.

"Ich finde aber, dass das ein Spiel ist, wenn das nicht in der Definition drin ist, dann ist das doof"
Ist kein Argument.

Das Traurige ist, dass ich diese Definition nicht einmal verteidigen will, aber ich kann das doch so nicht stehen lassen.

Eure Möglichkeiten:
Einen neuen Thread aufmachen, in der ihr über die schlechte Definition von "Spiel" nach Chris Crawford redet.
(Und von Roger Caillois, weil er ein Spiel als "the activity is chosen for its light-hearted character" - was ja nicht zu einigen Spielweisen von Cthullu oder anderen Rollenspielen passt)
(Und von Katie Salen and Eric Zimmerman:"A game is a system in which players engage in an artificial conflict, defined by rules, that results in a quantifiable outcome." Denn ein quantifizierbares Ergebnis?...)
Dann aber bitte mit einer philosophischeren oder logischeren Herangehensweise.
Oder ihr akzeptiert, dass es da draußen Definitionen von Spielen gibt, die nicht so sind, wie ihr sie gerne hättet und die dennoch Relevanz zu haben scheinen.
Oder ihr macht euch einen Namen in der Definitions- Philosophie krams gemeinschaft und bringt eine bessere Definition, die Nützlicher und Passender ist.
Sonst ... so nix. Weil einen, der aus Spaß, versteckt in einem Spoiler Teil, eure Aufmerksamkeit auf eine skurrile Spiel definition gelenkt hat damit zu kommen, dass ihr die doof findet, weil ihr die doof findet ist .... nicht so wirklich zielführend.

Ich würde nun gerne wieder zurück zum Thema.
Aber ich glaube, dafür brauchen wir noch eine Antwort.

Mich würde auch interessieren, welche Formen von Rollenspiel hier eigentlich definiert werden sollen. Es ist ja doch mit Dredge, Ten Candles, Everyone is John, Burning Wheel und DnD ein sehr weites Tuch, was man versucht über alle Spiele zu stülpen, die man Rollenspiele nennt.
(Wie ihr an dem Satz merkt, ich finde auch, dass Rollenspiele Spiele sind.)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Sashael am 19.05.2018 | 16:47
"Ich finde aber, dass das ein Spiel ist, wenn das nicht in der Definition drin ist, dann ist das doof"
Ist kein Argument.
Ein Spiel umzudefinieren zu einem Spielzeug ist in meinen Augen auch kein Argument.
Wenn du mir erklären kannst, warum Minecraft oder Anno keine Spiele sind, dann können wir auch gerne wieder diskutieren, ob die Definition "Ein Spiel braucht ein Ende" einen logischen Kern hat oder völlig hanebüchener Unsinn ist. ;)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 19.05.2018 | 16:50
Das Traurige ist, dass ich diese Definition nicht einmal verteidigen will, aber ich kann das doch so nicht stehen lassen.


Warum nicht?
Sashael hat mMn völlig ausreichende Gegenbeispiele gebracht und an dem Punkt werde ich bestimmt nicht hergehen und sagen: Ja Mensch, dann sind Rollenspiele gar keine Spiele.
Die ganze Spielephilosophie ist beschreibend - die Spiele waren zuerst da und wenn so eine Definition Dinge ausschließt, die offensichtlich "vollständige" Spiele sind und nicht nur Spielbestandteile/-bausteine oder Spielzeuge, dann liegt der Fehler nicht in dem Umstand, dass wir seit Jahrzehnten Dinge als Spiele betrachten, die gar keine sind.



Ich sehe an der Stelle keinen weiteren Diskussionsbedarf und werde mich da erst recht nicht dran abarbeiten, wenn gar niemand überhaupt ein echtes Interesse daran hat, diese Definition zu verteidigen.

Man könnte alternativ auch herleiten, wie man über Crawfords Anmerkung a) zu Punkt 3 ohne Weiteres darauf kommt, dass Rollenspiele doch Spiele sind bzw. sehr leicht sein können, genau so wie Minecraft oder Anno.
Aber auf diese Fingerübung kann ich persönlich verzichten, weil das genau der oben von mir genannte überflüssige Aufwand ist. Damit landen wir am Ende nur an dem Punkt, von dem wir sowieso ausgehen wollten - und warum? Weil wir uns völlig unnötig an irgendwelchem Grundlagengeschwampfe festgebissen haben.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: alexandro am 19.05.2018 | 17:03
Sashael hat mMn völlig ausreichende Gegenbeispiele gebracht und an dem Punkt werde ich bestimmt nicht hergehen und sagen: Ja Mensch, dann sind Rollenspiele gar keine Spiele.

Hat das irgendwer behauptet? Klingt nach einem Strohmann.

Zitat
Die ganze Spielephilosophie ist beschreibend - die Spiele waren zuerst da und wenn so eine Definition Dinge ausschließt, die offensichtlich "vollständige" Spiele sind und nicht nur Spielbestandteile/-bausteine oder Spielzeuge, dann liegt der Fehler nicht in dem Umstand, dass wir seit Jahrzehnten Dinge als Spiele betrachten, die gar keine sind.

Die Frage ist nicht nach "vollständig". Fußball ist ein vollständiges Spiel ohne Schiedsrichter, ohne Kontaktverbot, ohne Elfmeter, ohne Abseits, ohne runden Ball und ohne Regeln gegen Handspiel. Die Frage ist, ob es dann noch das selbe Spiel ist. Und darauf zielt Axiom 3 imo ab.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Sashael am 19.05.2018 | 17:12
Hat das irgendwer behauptet? Klingt nach einem Strohmann.
Anros zitierte Definition von "Spiel" besagt "Spiele brauchen ein Ende" und er nutzte das, um aufzuzeigen, dass Rollenspiele nach einer bestimmten Definition keine Spiele sein könnten.
Als ich Gegenbeispiele brachte, die die Definition ebenfalls nicht erfüllen, aber ganz eindeutig Spiele sind, verteidigte er die Definition und warf im Zuge dessen YY mir und vor, wir würden mit "Näh, das find ich doof, das kann nicht sein" argumentieren.


Die Frage ist nicht nach "vollständig". Fußball ist ein vollständiges Spiel ohne Schiedsrichter, ohne Kontaktverbot, ohne Elfmeter, ohne Abseits, ohne runden Ball und ohne Regeln gegen Handspiel. Die Frage ist, ob es dann noch das selbe Spiel ist. Und darauf zielt Axiom 3 imo ab.
An der Stelle habe ich das Gefühl, wir reden aneinander vorbei. wtf?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 19.05.2018 | 17:28
Ein Spiel umzudefinieren zu einem Spielzeug ist in meinen Augen auch kein Argument.
Wenn du mir erklären kannst, warum Minecraft oder Anno keine Spiele sind, dann können wir auch gerne wieder diskutieren, ob die Definition "Ein Spiel braucht ein Ende" einen logischen Kern hat oder völlig hanebüchener Unsinn ist. ;)

Nochmal:
Nicht meine Theorie.
So relevant, dass Sie immerhin unter dem englischen Wikipediaeintrag für "game" steht.

Am wichtigsten: Es ist kein Argument, es ist eine Definition, die genau das besagt.
Damit etwas benannt werden kann, werden iterierende Kriterien angewandt und "Spielkandidaten" ohne Ende und Ziel fallen bei der Stufe "Spielzeug" aus den Kriterien. Als Beispiel wird da sogar Sims und ... noch irgendwas genannt.

Also, wenn ich erklären soll, warum es keine Spiele sind, dann:
Nehmen wir eine halbwegs relevante Definition, für "Spiel" - passt nicht rein.
Done.


So, persönlich halte ich die Beiden für Spiele.
Wobei eigentlich Spielzeug auch gar nicht so schlecht klingt. Mir aber auch wumpe.

Warum nicht? [Den angriff so stehen lassen]


Komm schon, wenn wir eine Definition haben, die anscheinend von mehreren Menschen als gültig angesehen wird, dann kann man die nicht angreifen indem man sagt "Nö, ich finde aber das hier sind Spiele".
Emotionen sind keine Argumente.
Dann heißt es eher - Muss ich das nun echt machen :-( - Spiel definiert sich für mich nicht über Ziele, denn die Handlung des Spielens ist das, was ein Spiel ausmacht. Ein Spiel, welches Ziele benötigt kann man abgrenzen, aber nur innerhalb der Gruppe der Spiele."
Oder sowas wie "sobald dieses 'Spielzeug' genutzt wird, werden automatisch Ziele aufgestellt, erreicht, erweitert und neu aufgestellt. Somit ist ein so genanntes Spielzeug auch immer gleich auch ein Spiel, wenn es mitgelieferte Regeln hat"
Oder was weiß ich.

Zitat
Sashael hat mMn völlig ausreichende Gegenbeispiele gebracht und an dem Punkt werde ich bestimmt nicht hergehen und sagen: Ja Mensch, dann sind Rollenspiele gar keine Spiele.
Die ganze Spielephilosophie ist beschreibend - die Spiele waren zuerst da und wenn so eine Definition Dinge ausschließt, die offensichtlich "vollständige" Spiele sind und nicht nur Spielbestandteile/-bausteine oder Spielzeuge, dann liegt der Fehler nicht in dem Umstand, dass wir seit Jahrzehnten Dinge als Spiele betrachten, die gar keine sind.

Die Beispiele in der Definition selbst sind genauso gut. Also ... nope, keine Gegenbeispiele, sondern nur ... naja, hatte ich ja oben schon.
Rollenspiele sind halt keine Spiele nach dieser Definition.
Das hat nichts mit der Spielephilosophie zu tun. Diese hat sich nicht auf der Grundlage dieser Definition entwickelt.

Ich verliere dich hier ein wenig, aber ich glaube, das ist eh nur rant-flawor. (Ist nicht negativ gemeint.)
Würde es nicht so absolut ausdrücken, weil "offensichtlich vollständige Spiele" nur nach einer anderen Definition stimmt. Bad form.

Zitat
Ich sehe an der Stelle keinen weiteren Diskussionsbedarf und werde mich da erst recht nicht dran abarbeiten, wenn gar niemand überhaupt ein echtes Interesse daran hat, diese Definition zu verteidigen.

Man könnte alternativ auch herleiten, wie man über Crawfords Anmerkung a) zu Punkt 3 ohne Weiteres darauf kommt, dass Rollenspiele doch Spiele sind bzw. sehr leicht sein können, genau so wie Minecraft oder Anno.
Aber auf diese Fingerübung kann ich persönlich verzichten, weil das genau der oben von mir genannte überflüssige Aufwand ist. Damit landen wir am Ende nur an dem Punkt, von dem wir sowieso ausgehen wollten - und warum? Weil wir uns völlig unnötig an irgendwelchem Grundlagengeschwampfe festgebissen haben.

Die Anmerkung finde ich etwas schwer, weil D&D dann kein Spiel ist, sondern nur das Spielen von D&D. Auch eigentlich nur, wenn Ziele definiert wurden, aber ja, es ist zu müßig. Wie gesagt: Versteckt und mit "Is ja auch egal" abgeschlossen.


Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 19.05.2018 | 17:33
[..]
Als ich Gegenbeispiele brachte, die die Definition ebenfalls nicht erfüllen, aber ganz eindeutig Spiele sind, verteidigte er die Definition und warf im Zuge dessen YY mir und vor, wir würden mit "Näh, das find ich doof, das kann nicht sein" argumentieren.

Nur um es formell richtig zu haben:
Als er Gegenbeispiele brachte, die die Definition nicht erfüllen, wies ich darauf hin, dass diese eben nicht "ganz eindeutig" Spiele sind, wenn man die genannte Definition anwendet und damit kein Argument gegen die Definition vorliegt.
Ich wollte nur keinen Angriff gegen etwas stehen lassen, der keine Grundlage hat.
Das sehe ich zu oft.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Sashael am 19.05.2018 | 17:34
Also, wenn ich erklären soll, warum es keine Spiele sind, dann:
Nehmen wir eine halbwegs relevante Definition, für "Spiel" - passt nicht rein.
Done.
Okay, das ist nur noch "Ich hab Recht und ihr habt Unrecht".

Ich bin raus. Viel Spaß noch.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 19.05.2018 | 17:36
Okay, das ist nur noch "Ich hab Recht und ihr habt Unrecht".

Ich bin raus. Viel Spaß noch.

Es ist "so nicht".

Ich habe eigentlich keine eigene Meinung im Topf.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Chruschtschow am 19.05.2018 | 18:09
Anros zitierte Definition von "Spiel" besagt "Spiele brauchen ein Ende" und er nutzte das, um aufzuzeigen, dass Rollenspiele nach einer bestimmten Definition keine Spiele sein könnten.
Als ich Gegenbeispiele brachte, die die Definition ebenfalls nicht erfüllen, aber ganz eindeutig Spiele sind, verteidigte er die Definition und warf im Zuge dessen YY mir und vor, wir würden mit "Näh, das find ich doof, das kann nicht sein" argumentieren.

(1) Das ist nicht Anros Definition.

(2) Die Aussage, dass Rollenspiele keine Spiele sind, gilt in einem bestimmten Modell. Wenn nämlich das Modell beeinhaltet, dass Spiele gewonnen werden können, und Aussagen über das Verhalten von Spielergruppen gemacht werden, was diese bereit sind zu tun, um Gewinnbedingungen zu erfüllen, dann kann innerhalb dieses Modells Rollenspiel nicht als Spiel betrachtet werden. Also hat es der Modellbildende wahrscheinlich vorher gesagt, wenn er sauber gearbeitet hat. Das ist halt die Sache an Definitionen: Sie können nicht falsch sein. Sie können sinnvoll oder weniger sinnvoll sein. Aber sie sind nicht widerlegbar. Du kannst alle Äquivalenzdefinitionen schreiben als: "… heißt …" oder "ist … genau dann, wenn …". Crawford hätte genauso gut "Frumbumbeldubbel" oder "Klaus" an Stelle von "Game" sagen können. Da wäre nichts falsch. Genauso nichts richtig. Es sind halt Definitionen. Das Problem ist, dass Fachsprache und Umgangssprache gerne kollidieren. Kennt ihr alle aus Physik: Masse und Gewicht. Gebt Gewicht in kg an und ihr kriegt einen Pipiklatscher. Das Spiel im Crawfordschen Sinne ist etwas anderes als das Spiel im Wittgensteinschen Sinne ist etwas anderes als das Spiel in der Umgangssprache.

Definitionen sind also vielleicht ungünstig, schränken ein Thema zu sehr ein oder was auch immer. Aber sie sind per se nicht widerlegbar. Wenn ich eine Zündkerze hochhalte und sage: "Dieses Teil heißt bei mir ab sofort Truthahn!", dann ist das wirklich nicht sehr schlau, weil ich mich gegen den allgemeinen Sprachgebrauch stelle. Aber es ist nicht falsch im Rahmen meiner Bauanleitung, in der ich dann den Truthahn in den Motor einbaue.

@Thema:
Ich bin mir nicht sicher, ob die Unterteilung in Geschichtenerzählen und Spielen gut ist. Spiele passieren immer in einem Kontext, in einem Narrativ. Das füllt unser Hirn schon irgendwie ein. Was aber eher teilbar sein könnte, ist das Trennen zwischen Rollenspiel und Spiel. Es gibt ja das ungeregelte Rollenspiel (bzw. nur implizit geregeltes Spiel, weil selbst da bei Fragen Anna kurz Tom verprügelt und dann klar ist, dass die Indianer gewinnen, was durchaus eine Art von Regel ist). Und es gibt das Spiel ohne Rolle (UNO). Und es gibt das durchaus mit gewissen Gewichtungen beim Rollenspiel. Im OSR-Bereich wird die Rolle anders ausgelegt als in Shadowrun. Bei ersterem sind viele Kompetenzen nicht in der Spielfigur angelegt, da ist Spielerskill wichtig und es interessiert nicht so sehr, warum Hieronymus, der Supermagus, gerade so gar nicht auf eine bestimmte Idee kommt, die dann aber Ogg, der Oberpannemannbarbar, hat. In Shadowrun würfel ich mal lieber eine Probe. Entsprechend sind aber auch beide Systeme in ihrer Regelgestaltung und ihrem Anspruch an die Regeln sehr unterschiedlich. Rules&Rulings vs. Backsteinformat mit GAAAAANZ vielen Regeln für jeden Kleinkram.

Das geht ja auch mit den drei Möglichkeiten zusammen, die gezeigt wurden:
1. Spaß daran, ein Spiel zu spielen,
2. Spaß daran, eine Rolle zu spielen,
3. Spaß daran, das Geschehene zu rezipieren.

Rollenspiel und Spiel halte ich viel eher für die Bruchkante, an der sich interessant arbeiten ließe.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Derjayger am 19.05.2018 | 18:57
Sashael, ich glaube, du verwechselst zwei verschiedene Dinge, denen leider derselbe Name gegeben wurde.
Du sagst: "Als ich Gegenbeispiele brachte, die die Definition ebenfalls nicht erfüllen, aber ganz eindeutig Spiele sind".

Wenn jemand eine andere Definition erfindet als das, was du mit "Spiel" meinst, dann redet er dabei von einer anderen Sache. Wenn er sie jetzt auch "Spiel" nennt (so wie hier im Thread), dann bleiben es trotzdem zwei verschiedene Dinge. Die können natürlich eine gewisse Schnittmenge haben, die die Unterschiede noch zusätzlich verschleiern.

Konkreter: Wenn jemand sagt "alle Spiele haben ein Ende", dann redet er offenbar einfach von anderen Dingen als von Minecraft. Hätte er nicht "Spiele", sondern "Makla"* gesagt, gäbe es hier gar kein Missverständnis.

Deshalb kriegen mehrdeutige Wörter in manchen Lexika hochgestellte Zahlen, um sie voneinander zu unterscheiden, z.B.
- Spiel1: "blabla"
- Spiel2: "blubb"

Wäre natürlich ideal, wenn es keine Namensdopplungen gäbe, aber das ist (momentan?) nicht in Sicht. Sie haben ja auch was für sich, nämlich dass sie mit nur einem Wort einen Hinweis liefern, was man ungefähr meint. Also dass wir von Dingen wie Anno, Minecraft, Half-Life, PnP-RPGs, Fangen, usw. reden und nicht von Tassen oder Husten.

* Die South Park-Folge zeigt das ganz witzig.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Chruschtschow am 19.05.2018 | 19:05
Deshalb kriegen mehrdeutige Wörter in manchen Lexika hochgestellte Zahlen, um sie voneinander zu unterscheiden, z.B.
- Spiel1: "blabla"
- Spiel2: "blubb"

Meinst du, bei Spiel könnte das der Fall sein? (https://de.wikipedia.org/wiki/Spiel_(Begriffskl%C3%A4rung)) ~;D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 19.05.2018 | 19:21
Entsprechend sind aber auch beide Systeme in ihrer Regelgestaltung und ihrem Anspruch an die Regeln sehr unterschiedlich. Rules&Rulings vs. Backsteinformat mit GAAAAANZ vielen Regeln für jeden Kleinkram.

Das hängt so eng gar nicht zusammen.
Eindeutige und aus Metaperspektive "verlässlich abrufbare" Charakterfähigkeiten gibt es auch in sehr leichten Systemen.
Andersrum ist es schon seltener, aber auch da gibt es Systeme, die nur bestimmte Bereiche völlig ausufernd regeln und anderes implizit oder explizit in Spielerhand belassen. Shadowrun gehört da sogar tendentiell dazu.

2. Spaß daran, eine Rolle zu spielen,

Das ist eine Unterkategorie davon, eine Geschichte zu erzählen.
Die Regeln für den Erzählanteil geben mir ja vor, in welcher Form ich Einfluss auf den Verlauf nehmen darf. In diesem Fall bin ich auf die Handlungen meines Charakters beschränkt - oder kann man das deiner Meinung nach nicht unter die selbe Überschrift packen und sollte schärfer zwischen dem Verkörpern (um nicht schon wieder zu irgendwas Spielen zu sagen ;)) einer Rolle und anderer Einflussnahme auf die Fiktion unterscheiden?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Chruschtschow am 19.05.2018 | 19:57
Das hängt so eng gar nicht zusammen.

Ich habe keinen Zusammenhang formuliert, nur gesagt, dass OSR und Shadowrun sehr unterschiedlich dran gehen und die Unterscheidung zwischen den beiden sehr grob vereinfacht beschrieben. Die Details dahinter reichen für viele Blog Postings des Threaderstellers.

Das ist eine Unterkategorie davon, eine Geschichte zu erzählen.

Warum ist das eine Unterkategorie? Was ist wichtiger, dass sich eine Geschichte entwickelt oder welche Rolle wir darin spielen? Finde ich den Herrn der Ringe noch genauso toll, wenn ich einen Ork spiele? Was ist mir wichtiger? Die Konsistenz der gespielten Figur oder die Konsistenz der Handlung? Ich empfinde diese Kategorisierung nicht als trivial, welches von beiden eine Unterkategorie des anderen ist. Vielleicht will ich einfach nur coole Szenen für meine Figur, während mir die Gesamthandlung am Popo vorbei geht.

Die Regeln für den Erzählanteil geben mir ja vor, in welcher Form ich Einfluss auf den Verlauf nehmen darf. In diesem Fall bin ich auf die Handlungen meines Charakters beschränkt - oder kann man das deiner Meinung nach nicht unter die selbe Überschrift packen und sollte schärfer zwischen dem Verkörpern (um nicht schon wieder zu irgendwas Spielen zu sagen ;)) einer Rolle und anderer Einflussnahme auf die Fiktion unterscheiden?

Wie viele Systeme haben allein schon Regeln für den Erzählanteil? Das meiste ist doch einfach tradiertes Spiel, das sich in der Gruppe irgendwann entwickelt. Die Spieler spielen ihre Figuren und die SL den Rest? Das gilt doch konsequent fast nie. In OSR-Gruppen beschreiben mal Spieler, mal SL, was der Fackelhalter treibt. DSA-Charaktergeschichten liegen ja meist in gebundener Form vor und berichten vom Leben und Sterben eines halben Kontinents. Ganz zu schweigen vom Krater eines Fatepunkts in der Spiellandschaft der SL. Aber letzteres ist tatsächlich mal explizit geregelt.

Ist aber auch ein bisschen Bauchgefühl, dass ich Rollenspiel eher vom Rollenspiel als vom Geschichtenerzählen her denken will.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Fredi der Elch am 19.05.2018 | 20:43
Whaaaaa....?!? Ein Thread in der Rollenspieltheorie? Mit ganz interessantem Ansatz? Der völlig zerredet wird und das Thema aus dem Blick verliert? Ja issesdenndiemöglichkeit... ;D

Ich bemühe mich mal, ein bisschen was inhaltliches zu sagen. Vielleicht hilft es ja weiter und ist nicht nur Störfeuer...?

2. Spaß daran, eine Rolle zu spielen,
Das ist eine Unterkategorie davon, eine Geschichte zu erzählen.
Da würde ich deutlich widersprechen.
Und das ist auch mein Hauptproblem bei Axiom 3: Mir fehlt der Aspekt "Kinder-'Rollen'-Spiel". Also "Make Belive/Let's Pretend". Sowas wie "Vater-Mutter-Kind", im Sinne von "Sich Hineinversetzen", "eine andere Person sein" und das dann "Erleben". Das ist manchmal im deutschen Sprachraum etwas schwierig, aber zielt eben auf den Aspekt "Play" (im Gegensatz zu "Game") ab (was im Deutschen eben beides irgendwie "Spiel" ist). Das ist eine der (wenn nicht die) fundamentalsten Spielhandlungen des Menschen und für mich so offensichtlich eine Wurzel des Rollenspiels, dass sie glatt in Axiom 3 übersehen wurde. ;D Und es ist auch etwas fundamental anderes als "Geschichten erzählen wollen" (und vor Allem etwas anderes als Tolstoi usw. ;) ). Das Prinzip einer Geschichte ist etwas, das Kinder erst ziemlich spät verstehen und noch später aktiv Inhalte dazu generieren können. "Rollen"-Spiel passiert dagegen schon sehr, sehr früh (wie gesagt, so ziemlich die erste Spielhandlung nach "Ui, so funktioniert also Schwerkraft" ;D ).
Klar, da steht "mindestens die beiden genannten Formen der Unterhaltung", insofern ist es formal nicht falsch. Aber wenn ein Axiom so eine fundamentale Wurzel nicht erwähnt, dann kommt man mit dem, was man daraus ableitet nicht weit. ;) Also, wichtig, sollte dringend mit aufgenommen werden!

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Und noch kurz was zu Axiom 5: Halte ich für ungünstig formuliert. “Interaktiv”, ja, aber ich würde nicht sagen, dass das Publikum die Geschichte beeinflusst. Ich würde eher sagen, dass beim Rollenspiel jeder Teilnehmer sowohl Autor als auch Publikum ist. Vermutlich sogar beides in unterschiedlichen Ausformungen zu jedem Zeitpunkt des Spiels. :)

Hoffe, das war jetzt einigermaßen konstruktiv. :)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 19.05.2018 | 20:50
Ich habe keinen Zusammenhang formuliert, nur gesagt, dass OSR und Shadowrun sehr unterschiedlich dran gehen und die Unterscheidung zwischen den beiden sehr grob vereinfacht beschrieben.

Und ich habe verhalten widersprochen.
Shadowrun hat eben auch große Ruling-Anteile und Bereiche, in denen Spielerfähigkeiten ziemlich wichtig sind (auch wenn das ganze Thema insgesamt viel schlechter kommuniziert wird als in den meisten OSR-Spielen und anderswo und obendrauf die Ruling-Anteile möglicherweise sogar unfreiwillig bzw. ungewollt sind).

Aus dieser Warte betrachtet hat der Regelwust von SR entweder keinerlei Existenzberechtigung oder er ist umgekehrt sogar enorm unvollständig. Paradox :)


Ich empfinde diese Kategorisierung nicht als trivial, welches von beiden eine Unterkategorie des anderen ist.

Von außen betrachtet kann für mich nur die Rollenverkörperung die Unterkategorie sein, weil Geschichtenerzählen beides einschließt, aber nicht umgekehrt.

Das Verkörpern der Rolle lässt sich formulieren als "ich erzähle (m)einen Teil der Geschichte" - also eine Eingrenzung des Geschichtenerzählens.
Umgekehrt tue ich mir schwer damit, (Meta-)Einflüsse auf die Geschichte oder jedenfalls solche, die nicht im SC verankert sind, irgendwie als Erweiterung der Rollenverkörperung zu formulieren. Das widerspricht sich, also ist entweder das eine Teil des anderen (und damit nicht umgekehrt - dafür müssten sie deckungsgleich sein) oder es sind zwei verschiedene Dinge.

Was dem Spieler dabei jetzt wichtig(er) ist, ist für die Kategorisierung erst mal egal. Das sind dann nachgeordnete Betrachtungen wie auch die Frage nach der Art von Geschichte, die man überhaupt erzählen will und was das für Erzählrechte usw. bedeutet.

Wie viele Systeme haben allein schon Regeln für den Erzählanteil?

Implizite Regeln haben alle - und dazu gehört mehr (wenn auch oft nicht wirklich viel) als das tradierte Spiel der Gruppe.
Im "klassischen" Rollenspiel ist der Erzählanteil der Spieler per Default das, was ihren SC betrifft und wenig mehr.
Wie wir hier und nebenan schon festgestellt haben, kann man diese Regeln zwar nicht wirklich weglassen (weil sie davon nur implizit werden), aber man kann den Erzähl-Anteil als Ganzes weitestmöglich beschränken und die Entwicklung/Produktion der Geschichte möglichst dem Spiel-Anteil überlassen. Dann geht es eben z.B. in Richtung exploratory wargame.


Dazu:
Die Spieler spielen ihre Figuren und die SL den Rest? Das gilt doch konsequent fast nie. In OSR-Gruppen beschreiben mal Spieler, mal SL, was der Fackelhalter treibt.

I.d.R. geht das so lange, bis der SL sein Veto einlegt. Alternativ legt der SL die Beschreibung vorher explizit in Spielerhand.
Jedenfalls gibt es eine relativ feste Grundvorgehensweise, von der (meist nach Gutdünken des SL) mehr oder weniger weit abgewichen wird.
Das bedeutet aber für mich nicht, dass man darüber gar nichts sagen könnte.


DSA-Charaktergeschichten liegen ja meist in gebundener Form vor und berichten vom Leben und Sterben eines halben Kontinents.

Das ist doch gerade das Paradebeispiel für unterschiedliche bzw. gar nicht bedachte Erzählrechte.
Im "schönsten" Fall ist so ein DSA(3)-SC dann adlig, erfahren und der weltbeste Fechter, aber auf dem Blatt steht ein verarmter Abenteurer der Stufe 1 mit mies ausgewürfelten Werten. Entsprechend groß fällt der Bruch aus, weil im tatsächlichen Spiel die Erzählrechte großteils an den Werten hängen und gar nichts mehr damit zu tun haben, was sich der Spieler an Hintergrundgeschichte "unberechtigt" aus den Fingern gesaugt hat.


Ja, natürlich ist das in DSA nicht explizit geregelt. Und offensichtlich kann das zu entsprechenden Verwerfungen führen, wenn man sich nicht unausgesprochen einig ist, was in der Richtung geht und was nicht.
Muss man es explizit, eindeutig und formalisiert regeln? Ich bräuchte das jetzt nicht unbedingt, aber irgendeine Form der Übereinkunft hinsichtlich der Erzählrechte muss man da schon finden.



Und es ist auch etwas fundamental anderes als "Geschichten erzählen wollen" (und vor Allem etwas anderes als Tolstoi usw. ;) ). Das Prinzip einer Geschichte ist etwas, das Kinder erst ziemlich spät verstehen und noch später aktiv Inhalte dazu generieren können. "Rollen"-Spiel passiert dagegen schon sehr, sehr früh (wie gesagt, so ziemlich die erste Spielhandlung nach "Ui, so funktioniert also Schwerkraft" ;D ).

Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht eine Formulierungsfrage ist, sprich ob man das nicht doch beim Großthema Geschichte (das dann evtl. anders heißen müsste) unterbringen kann. Ggf. wohl eher bei Spaßquelle 3 statt 2.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Sashael am 19.05.2018 | 20:56
Sashael, ich glaube, du verwechselst zwei verschiedene Dinge, denen leider derselbe Name gegeben wurde.
Gut.

Können wir uns dann darauf einigen, dass die von Anro zitierte Definition von "Spiel" im Zusammenhang mit diesem Thema hier nichts taugt und nur Verwirrung stiftet, ohne etwas Konstruktives beizutragen? ;D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 20.05.2018 | 07:22
Von außen betrachtet kann für mich nur die Rollenverkörperung die Unterkategorie sein, weil Geschichtenerzählen beides einschließt, aber nicht umgekehrt.

Das Verkörpern der Rolle lässt sich formulieren als "ich erzähle (m)einen Teil der Geschichte" - also eine Eingrenzung des Geschichtenerzählens.
Umgekehrt tue ich mir schwer damit, (Meta-)Einflüsse auf die Geschichte oder jedenfalls solche, die nicht im SC verankert sind, irgendwie als Erweiterung der Rollenverkörperung zu formulieren.
Nur kurzer Einwurf zur "Rolle".
Spiel mal irgendeine Rolle, egal welche, ohne dabei eine Geschichte zu erzählen. Und das tue ich mMn. auch schon indem ich durch eine Rolle beschreibe, was jemand gerade tut. Und wenn er nur aufwacht, aufsteht, sich einen Kaffee macht.....
Eine Geschichte, entsteht mMn. dagegen schon aus aneinander Reihung von Szenen. Ich kann zum Beispiel auch nur filmen/erzählen,wie der Wind im Herbst mit den Blättern spielt.
Hier gäbe es keine" Rollen." Aber es wäre ganz grob gesehen, trotzdem eine Geschichte. Die man freilich auch tot langweilig finden könnte, (weil die Rollen bzw. Identifikations Figuren darin fehlen.)
Zu fragen ob jetzt die Geschichte wichtiger ist, oder die Rolle, kommt mir vor wie die Frage: Was war zuerst da: Huhn oder Ei?
Dennoch heißt es ja Rollenspiel nicht Geschichtenspiel.
Die Geschichte, die dabei entsteht, ist ansich auch ein Zufallsprodukt. (Würfel). Und ein Produkt von "Entscheidungen", die durch Spieler getroffen werden. (sollten)

Edit. Zgg. Eine Geschichte, in der "nichts" passiert, weil entweder die Identifikations Figuren fehlen, oder diese nur sehr alltägliche Dinge tun, ist ziemlich langweilig.
Sie wird allein dadurch interessant, dass es
A. Eine Rolle gibt
B. Die Rolle interessante Entscheidungen treffen muß


Edit 2. Was ist typisch für ein Spiel?
0. Es gibt Spiel- Teilnehmer
1. Wie es weitergeht oder ausgeht, steht nicht im Vorfeld fest.
2. Die Entscheidungen der Spieler haben Einfluss
3.Es gibt eine Motivation zu spielen
4.Es gibt eine Art Spiel- "Gewinn"
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 20.05.2018 | 08:47
Das, was bei einigen Leuten spezifisches Interesse weckt ist eben nicht Geschichte an sich, sondern "gute" Geschichte. Nach Basisanforderungen ist jede nicht völlig abstrakte Vorgangsbeschreibung Geschichte.
In dem Sinne würde ich unterscheiden Handlung, welche einfach ein unvermeidbarer Vorgang ist und Geschichte, welche wiederum irgendwelchen ästhetisch/künstlerischen Bedürfnisse zu decken versucht. Und letztere ist dann ncihtmehr überall zwingend gegeben und kann auch mit anderen Präferenzen kollidieren.

Entsprechend zur Rolle:
Nahezu allem kann man eine "Rolle" andichten.
Um als Spielcharakteristik zu taugen würde ich ansetzen. dass das Handeln aus der Persönlichkeit in der Spielwelt heraus bestimmt wird, bei entsprechendem Fokus vollständig, relevant und vom Spiel so auch vorgesehen ist.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 20.05.2018 | 09:03
Handlung beschreibt mMn. das, was in einer Geschichte passiert.
Das was passiert, wird auch durch die Entscheidungen der Figuren/Rollen mitbestimmt.
(Bestimmte Dinge, die passieren, liegen allerdings auch außerhalb dieser Entscheidungsgewalt )
Im Prinzip beobachtet eine Handlung welche Entscheidungen von Figuren/Rollen getroffen werden, in Anbetracht der äußeren Umstände oder Begebenheiten.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 19:38
Ich hab mal Teil 2 (http://www.knightsoftheblacklily.com/2018/05/rpg-theory-with-rigor-part-2/) hochgeladen. Wahrscheinlich ist das Segment, in dem ich erkläre, warum aus meiner Sicht die ganzen Diskussionen um formale Definitionen von "Alltagsbegriffen" wie Rollenspiel idR fehlgeleitet sind, kontroverser als das zweite, formale Argument.

Jedenfalls wurde ja im ersten Teil gezeigt, dass es mindestens 3 verschiedene Typen von Spaß im Rollenspielbereich gibt (geben kann). Im zweiten Teil geht's darum zu argumentieren, dass nicht nur diese Spaßtypen im Konflikt stehen können, sondern auch Rollenspieler, je nach ihren Präferenzen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 20:01
Erstaunlich. Da behauptest du, man können kaum weitgehenden Konsens über eine Definition des Rollenspielbegriffs herstellen, dabei haben die Diskutanten im Thread nebenan in einer verhältnismäßig kurzen Zeit genau das erreicht.

Will man Theorie vernünftig betreiben, benötigt man Exaktheit und eine Klarheit der Begriffe, über die man spricht. Ansonsten kommt man über Rollenspielstammtischniveau nicht raus. Da stellt sich dann die Frage, welchen Anspruch du hast.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Derjayger am 22.05.2018 | 20:34
Erstaunlich. Da behauptest du, man können kaum weitgehenden Konsens über eine Definition des Rollenspielbegriffs herstellen, dabei haben die Diskutanten im Thread nebenan in einer verhältnismäßig kurzen Zeit genau das erreicht.

Will man Theorie vernünftig betreiben, benötigt man Exaktheit und eine Klarheit der Begriffe, über die man spricht. Ansonsten kommt man über Rollenspielstammtischniveau nicht raus. Da stellt sich dann die Frage, welchen Anspruch du hast.

Ich glaube, es ging nicht um weitesgehenden, sondern um allgemeingültigen Konstens, er hat sogar "universal" unterstrichen. Das ist schon ein großer Unterschied.

TE: Die Darstellung von Part 2 ist ja etwas besonderes. Könntest Du vielleicht auch für Part 1 verwenden? Fänd' ich cool.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 20:35
Ich glaube, es ging nicht um weitesgehenden, sondern um allgemeingültigen Konstens, er hat sogar "universal" unterstrichen. Das ist schon ein großer Unterschied.

Jo, den wird es nur zu wenigen Dingen geben. Umso wichtiger, dass man konkretisiert, was man meint, wenn man bestimmte Begriffe benutzt. Wenn dann ein paar special sbowflakes anderer Meinung sind, ist das halt so.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 21:50
Erstaunlich. Da behauptest du, man können kaum weitgehenden Konsens über eine Definition des Rollenspielbegriffs herstellen, dabei haben die Diskutanten im Thread nebenan in einer verhältnismäßig kurzen Zeit genau das erreicht.

Will man Theorie vernünftig betreiben, benötigt man Exaktheit und eine Klarheit der Begriffe, über die man spricht. Ansonsten kommt man über Rollenspielstammtischniveau nicht raus. Da stellt sich dann die Frage, welchen Anspruch du hast.

Nur weil 5 Leute über einen Begriff übereinstimmen, heißt dass ja noch lange nicht, das er auch im größeren Maßstab überwältigende Zustimmung erhält. Ich glaube zB, dass viele Spieler Soloabenteuer für rollenspiel-zugehörig halten werden. Zumal Soloabenteuer bei Wikipedia unter Rollenspielabenteuer (https://de.wikipedia.org/wiki/Rollenspielabenteuer) firmieren.

Der Lackmustest ist eben die Frage: Wenn ich meine formale Definition konkret anwende, welche Spiele gehören dazu und welche nicht. Genau da fangen nämlich die Clustering-Probleme an. Und damit auch die Akzeptanz-Probleme.

Außerdem sind Alltagsbegriffe bereits "einigermaßen" klar. Wenn sich hearusstellt, dass man es klarer braucht, dann kann man aber für eine spezielle Diskussion, wie erwähnt, exakt angeben welche Spiele man im jeweiligen Rahmen betrachtet und welche nicht. Und idealerweise auch warum.


TE: Die Darstellung von Part 2 ist ja etwas besonderes. Könntest Du vielleicht auch für Part 1 verwenden? Fänd' ich cool.
Mal schauen: ich mache das ja so nebenbei während ich auf das Editing und die Rückkehr meiner Grafikdesignerin warte. Wenn ich mich demnächst mehr auf Promotion und das Intro-Szenario für KOTBL konzentriere, dann muss ich mal schauen wieviel Energie ich noch für Theorie übrig habe.

Wenn dann ein paar special sbowflakes anderer Meinung sind, ist das halt so.
Das ist wichtig. Wenn zB sich als allgemeiner Konsens herausschält, dass Soloabenteuer kein Rollenspiel ist, dann ist mein Dissens irrelevant. Dann bin ich der Outlier, die Schneeflocke. Umgekehrt, wenn die Rollenspieler da draußen weiterhin Soloabenteuer als Rollenspiel betrachten wollen, dann ist das völlig egal welche formale, allgemeingültige (aber gegenteilige) Definition man hier herausarbeitet - und sei sie noch so elegant klingend.

Das wahrscheinlichste Szenario ist allerdings, dass es einen Kern des Clusters gibt, den jeder (außer John Wick) als Rollenspiel bezeichnet und an den Randgebieten wird's dann halt ewigen Streit geben.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Derjayger am 22.05.2018 | 21:55
Mal schauen: ich mache das ja so nebenbei während ich auf das Editing und die Rückkehr meiner Grafikdesignerin warte. Wenn ich mich demnächst mehr auf Promotion und das Intro-Szenario für KOTBL konzentriere, dann muss ich mal schauen wieviel Energie ich noch für Theorie übrig habe.

Wäre etwas schade, so ein Fass aufgemacht zu haben, ohne dass was draus wird. Würde mich angesichts einiger Pöbler hier aber auch nicht wundern, da wäre mir auch der Appetit vergangen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 22:16
Zitat
Der Lackmustest ist eben die Frage: Wenn ich meine formale Definition konkret anwende, welche Spiele gehören dazu und welche nicht. Genau da fangen nämlich die Clustering-Probleme an. Und damit auch die Akzeptanz-Probleme.
Ist es das worum es Dir geht? Geht es dir um die Akzeptanz eines bestimmten Spiels? Vielleicht sogar deines Spiels?
Ich frage mich nämlich die ganze Zeit nach der Motivation, die dich antreibt das so groß aufzurollen?
Zitat
Nur weil 5 Leute über einen Begriff übereinstimmen, heißt dass ja noch lange nicht, das er auch im größeren Maßstab überwältigende Zustimmung erhält. Ich glaube zB, dass viele Spieler Soloabenteuer für rollenspiel-zugehörig halten werden.

Du meinst wenn genug Leute daran glauben, dann wird es wahr?
Jo so werden Meinungen idR. gemacht.

Ich gewinne ja (vielleicht auch zu unrecht)immer mehr den Eindruck, dass es sich um eine Art Fake Diskussion handelt.
Bin hier erstmal raus ;)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 22:46
Wäre etwas schade, so ein Fass aufgemacht zu haben, ohne dass was draus wird. Würde mich angesichts einiger Pöbler hier aber auch nicht wundern, da wäre mir auch der Appetit vergangen.

Erstens ist das Ganze eh' größer als eine Person (schau mal was ich in dem anderen Thread zum Aufbau einer Spaß-Typologie geschrieben hab - da muss man Spaßarten langfristig sammeln; man muss erst möglichst viele Datenpunkte haben bevor man clustern kann). Und zweitens läuft es mir ja nicht weg.

Und ich bin Usenet-abgehärtet, das ist also alles halb so wild. ;)

Ich frage mich nämlich die ganze Zeit nach der Motivation, die dich antreibt das so groß aufzurollen?
Autismus.  ;D Ich hab einen mathematischen Background und bei der kompletten Willkür, die ich bei GNS & Co, sehe, da rollen sich mir die Fußnägel auf. Was mich stört, da Edwards meiner Erinnerung nach Post-Graduate war, es also besser wissen sollte. Auch wenn er "nur" Biologe war - aber gerade mit Typisierung müsste er sich da ja eigentlich auskennen.

Und es ist ja eigentlich gar nicht so groß. Ich mache das zwar halb-formal (und damit viel formaler als Edwards & Co), aber ich betrachte ja nur einen kleinen Teilausschnitt der Rollenspieltheorie. Ich habe auch einen Informatik-Background und da heißt es: 10 Zeilen sauberer Code sind mehr wert als 100 Zeilen (oder noch mehr) schlampiger Code. Deswegen: lieber enger Fokus, aber halbwegs gesicherte Erkenntnis als große neue Modelle, die, wie ihre Vorgänger auch, alle völlig willkürlich gewählt wurden.

Du meinst wenn genug Leute daran glauben, dann wird es wahr?
Jo so werden Meinungen idR. gemacht.
Na, es gibt ja auch eine Konsenstheorie der Wahrheit. Wenn also genug Leute daran festhalten, dass Soloabenteuer Rollenspiel sind, dann ist eine formale Definition, die das ausschließt, vielleicht nicht wohldefiniert.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 22:49
Zitat
Geht es dir um die Akzeptanz eines bestimmten Spiels? Vielleicht sogar deines Spiels?
Könntest Du mir bitte noch folgende Frage beantworten:Hast Du ein eigenes Spiel entwickelt?
Ja oder Nein? :)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Derjayger am 22.05.2018 | 22:51
Du meinst wenn genug Leute daran glauben, dann wird es wahr?

Zitat
Na, es gibt ja auch eine Konsenstheorie der Wahrheit. Wenn also genug Leute daran festhalten, dass Soloabenteuer Rollenspiel sind, dann ist eine formale Definition, die das ausschließt, vielleicht nicht wohldefiniert.

Begriffsdefinitionen können glaube ich nicht wahr oder unwahr sein (denn sie sind nicht "da draußen in der Welt" (außer vllt. irgendwie physiologisch, aber davon wissen wir nicht genug)), sondern nur gut oder schlecht als Ergebnis einer Verhandlung und Einigung. Also normativ statt deskriptiv.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 23:03
Begriffsdefinitionen können glaube ich nicht wahr oder unwahr sein (denn sie sind nicht "da draußen in der Welt" (außer vllt. irgendwie physiologisch, aber davon wissen wir nicht genug)), sondern nur gut oder schlecht als Ergebnis einer Verhandlung und Einigung. Also normativ statt deskriptiv.

Definitiv ;). Ich hätte auch gar kein Problem damit, die Definition entsprechend anzupassen, wenn die Notwendigkeit dafür besteht, und jemandem einfällt, wie. Ich selbst kenne keine DSA-Soloabenteuer, sondern nur Einsamer Wolf-Spielbücher. Damit spielt man sowohl nach meinem intuitiven Verständnis von Rollenspiel als auch nach der Definition ganz eindeutig kein Rollenspiel.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 23:04
Könntest Du mir bitte noch folgende Frage beantworten:Hast Du ein eigenes Spiel entwickelt?
Ja oder Nein? :)
Die Akzeptanz meines Spiels hängt, glaube ich, von keiner meiner zur Rollenspieltheorie getätigten Aussagen ab - weder in die eine noch die andere Richtung. Es ist viel mehr so, dass die Akzeptanz davon abhängt einerseits wieviel Rollenspieler das Bedürfnis haben nach einem System, dass sich enger an das Genre hält als andere Fantasy-Spiele und andererseits ob es mir gelingt eine Spielwelt aufzubauen, die interessant ist. Für Rollenspieltheorie interessiert sich doch nur eine vernachlässigbare Minderheit.

Der einzig halbwegs relevante Faktor ist, dass wenn (falls) man einen vernünftigen Beitrag zur Theorie leistet... dass man dann auch als Designer bekannter wird (aber eben auch nur in begrenzten Zirkeln). Das war's aber auch schon. Aus Marketingsicht fährt man wahrscheinlich besser, wenn man sich auf klassische Promotion im internatioalen Bereich konzentriert als langwierige Theorie-Diskussionen in nicht-englischen Internetforen. Wenn ich also meinen Zeiteinsatz optimieren wollte, dann würden diese Gespräche hier vermutlich als erstes wegfallen - aus Effizienzgründen.

Begriffsdefinitionen können glaube ich nicht wahr oder unwahr sein (denn sie sind nicht "da draußen in der Welt" (außer vllt. irgendwie physiologisch, aber davon wissen wir nicht genug)), sondern nur gut oder schlecht als Ergebnis einer Verhandlung und Einigung. Also normativ statt deskriptiv.
Absolut. Deswegen auch meine Formulierung als "nicht wohldefiniert". Wenn Hinz und Kunz sagen "X ist ein Rollenspiel" und nach deiner formalen Definition X kein Rollenspiel ist, dann sollte man zumindest mal überdenken, ob man damit Kommunikation vereinfacht oder nicht doch erschwert. Natürlich gibt's auch im akademischen Rahmen Definitionen, die vom Allgemeingebrauch abweichen, aber das sollte schon sehr gut begründet sein. Vor allem bekommt man Probleme damit zu erläutern, warum die eigene Definition nicht völlig willkürlich ist und die Grenzziehung nicht auch hötte völlig anders verlaufen können. Siehe Clustering-Problem.


Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Isegrim am 23.05.2018 | 00:03
Ich hab einen mathematischen Background und bei der kompletten Willkür, die ich bei GNS & Co, sehe, da rollen sich mir die Fußnägel auf. Was mich stört, da Edwards meiner Erinnerung nach Post-Graduate war, es also besser wissen sollte. Auch wenn er "nur" Biologe war - aber gerade mit Typisierung müsste er sich da ja eigentlich auskennen.

Sorry, hier wieder mit so nem Grundsatzkram anzutanzen, aber die Typisierung in der Biologie war und ist auch nicht unumstritten. Es gibt bspw Taxonomen, die sich bei der Einordnung von Lebewesen recht wenig um deren Abstammung kümmern. Nicht, weil sie die Evolutionstheorie ablehnen, sondern weil bei ihrer Arbeit andere Betrachtungsweisen hilfreicher sind.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 23.05.2018 | 00:13
Ich selbst kenne keine DSA-Soloabenteuer, sondern nur Einsamer Wolf-Spielbücher. Damit spielt man sowohl nach meinem intuitiven Verständnis von Rollenspiel als auch nach der Definition ganz eindeutig kein Rollenspiel.
Ich wiederum kenne die DSA-(und auch die D&D-)Soloabenteuer und sie spielen sich genau wie der Hexenmeister vom flammenden Berg (sowas ähnliches wohl wie der einsame Wolf). Nur mit mehr relevanten Attributen zum Würfeln.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 23.05.2018 | 07:30
Sorry, hier wieder mit so nem Grundsatzkram anzutanzen, aber die Typisierung in der Biologie war und ist auch nicht unumstritten. Es gibt bspw Taxonomen, die sich bei der Einordnung von Lebewesen recht wenig um deren Abstammung kümmern. Nicht, weil sie die Evolutionstheorie ablehnen, sondern weil bei ihrer Arbeit andere Betrachtungsweisen hilfreicher sind.

Das ist ja auch in Ordnung - ich nehme an, dass diese anderen Betrachtungsweisen dazu führen, dass ihre Kategorisierung eben nicht völlig willkürlich ist, sondern nach überprüfbaren Maßstäben stattfindet. Im Gegensatz zur GNS-Typisierung.

Ich wiederum kenne die DSA-(und auch die D&D-)Soloabenteuer und sie spielen sich genau wie der Hexenmeister vom flammenden Berg (sowas ähnliches wohl wie der einsame Wolf). Nur mit mehr relevanten Attributen zum Würfeln.

Nun, ich erinnere mich noch an Zeiten in denen unsere DSA 1-Charaktere zwischen den Gruppenabenteuern jeweils an den gerade neu erschienen Soloabenteuern teilnehmen konnten und gewonnene Abenteuerpunkte, etc. behalten durften. Und das war von den Publikationen her ja auch durchaus so gewollt. Angesichts solcher Erfahrungen wird es relativ schwer werden Spieler wie mich davon zu überzeugen, DSA-Soloabenteuer nicht als Rollenspiel zu betrachten.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 23.05.2018 | 07:42
Begriffsdefinitionen können glaube ich nicht wahr oder unwahr sein (denn sie sind nicht "da draußen in der Welt" (außer vllt. irgendwie physiologisch, aber davon wissen wir nicht genug)), sondern nur gut oder schlecht als Ergebnis einer Verhandlung und Einigung. Also normativ statt deskriptiv.
Jepp,
Ich habe salopp formuliert, und den entsprechenden Smiley vergessen. Ich reiche ihn hiermit nach: ~;D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 23.05.2018 | 08:31
Nun, ich erinnere mich noch an Zeiten in denen unsere DSA 1-Charaktere zwischen den Gruppenabenteuern jeweils an den gerade neu erschienen Soloabenteuern teilnehmen konnten und gewonnene Abenteuerpunkte, etc. behalten durften. Und das war von den Publikationen her ja auch durchaus so gewollt. Angesichts solcher Erfahrungen wird es relativ schwer werden Spieler wie mich davon zu überzeugen, DSA-Soloabenteuer nicht als Rollenspiel zu betrachten.
Wir haben die DSA-Soloabenteuer dazu verwendet, um alle Einstiegscharaktere erstmal hochzuleveln und auszurüsten. Sprich jeder Einstiegscharakter hatte automatisch die komplette Beute, die sich im Abenteuer befunden hat. Ich glaube ich habe Nadine 4 oder 5mal durchgemacht. Und nein. Das hatte nichts mit dem Spielgefühl eines echten Abenteuers zu tun. Auch beim ersten Mal nicht.
Aber davon mal ab: Willst Du jetzt Rollenspiel wirklich an Resourcenvermehrung festmachen? Ist nicht eher das Spielgefühl und -funktion massgebend?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Erg am 23.05.2018 | 16:00
Ein paar Anmerkungen:

Eine brauchbare Definition des Gegenstandes ist eine Mindestanforderung für eine brauchbare (nützliche) Theorie. Beim Begriff "Rollenspiel" auf Konsens zu setzen, wird kein schönes Ergebnis liefern, dazu sind die Begriffe von Rollenspiel bei den einzelnen Beteiligten zu unterschiedlich. Was soll die Theorie leisten, und was ist eine dafür nützliche Definition ? Diese Frage sollte beantwortet werden.

Zum Punkt "Rollenspiele sind keine Spiele nach Definition von xyz":

Zum Grundsätzlichen hat Chruschtschow schon alles Relevante gesagt:

...
(2) Die Aussage, dass Rollenspiele keine Spiele sind, gilt in einem bestimmten Modell. Wenn nämlich das Modell beeinhaltet, dass Spiele gewonnen werden können, und Aussagen über das Verhalten von Spielergruppen gemacht werden, was diese bereit sind zu tun, um Gewinnbedingungen zu erfüllen, dann kann innerhalb dieses Modells Rollenspiel nicht als Spiel betrachtet werden. Also hat es der Modellbildende wahrscheinlich vorher gesagt, wenn er sauber gearbeitet hat. Das ist halt die Sache an Definitionen: Sie können nicht falsch sein. Sie können sinnvoll oder weniger sinnvoll sein. Aber sie sind nicht widerlegbar. Du kannst alle Äquivalenzdefinitionen schreiben als: "… heißt …" oder "ist … genau dann, wenn …". Crawford hätte genauso gut "Frumbumbeldubbel" oder "Klaus" an Stelle von "Game" sagen können. Da wäre nichts falsch. Genauso nichts richtig. Es sind halt Definitionen. Das Problem ist, dass Fachsprache und Umgangssprache gerne kollidieren. Kennt ihr alle aus Physik: Masse und Gewicht. Gebt Gewicht in kg an und ihr kriegt einen Pipiklatscher. Das Spiel im Crawfordschen Sinne ist etwas anderes als das Spiel im Wittgensteinschen Sinne ist etwas anderes als das Spiel in der Umgangssprache.

Definitionen sind also vielleicht ungünstig, schränken ein Thema zu sehr ein oder was auch immer. Aber sie sind per se nicht widerlegbar. Wenn ich eine Zündkerze hochhalte und sage: "Dieses Teil heißt bei mir ab sofort Truthahn!", dann ist das wirklich nicht sehr schlau, weil ich mich gegen den allgemeinen Sprachgebrauch stelle. Aber es ist nicht falsch im Rahmen meiner Bauanleitung, in der ich dann den Truthahn in den Motor einbaue.
...

Möglicherweise läßt sich die Theorie doch auf Rollenspiel anwenden (auch wenn sie gemäß Definition keine Aussagen darüber macht). Einzelne Bestandteile kann man durchaus als Spiele im Sinne der Definition auffassen (z.B. Kämpfe, Charakterbau, Planen etc.). Rollenspiel wäre also eine Aneinanderreihung von unterschiedlichen Spielen, die durch irgendetwas (was man "Geschichte" nennen könnte), in einen erkennbaren Zusammenhang gebracht werden, wobei das Ergebnis des einen Spiels die möglichen Startzustände des nächsten Spiels beeinflusst.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Pyromancer am 23.05.2018 | 16:10
Nun, ich erinnere mich noch an Zeiten in denen unsere DSA 1-Charaktere zwischen den Gruppenabenteuern jeweils an den gerade neu erschienen Soloabenteuern teilnehmen konnten und gewonnene Abenteuerpunkte, etc. behalten durften. Und das war von den Publikationen her ja auch durchaus so gewollt. Angesichts solcher Erfahrungen wird es relativ schwer werden Spieler wie mich davon zu überzeugen, DSA-Soloabenteuer nicht als Rollenspiel zu betrachten.

Wenn die Fußballmannschaft zu Trainingsbeginn erst mal eine halbe Stunde durch den Wald rennt, ist das schon "Fußballspiel"? Und wenn jemand gar nicht Teil der Mannschaft ist, aber trotzdem mitrennt, aber danach nach Hause geht, hat der dann auch "Fußball gespielt"?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 23.05.2018 | 16:22
Rollenspiele werden durch formelle oder informelle Zielsetzungen zum Spiel - und zum Rollenspiel, wenn diese Ziele dann Ziele, Mittel und Motivation aus der Figur heraus sind.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 23.05.2018 | 17:20
Aber davon mal ab: Willst Du jetzt Rollenspiel wirklich an Resourcenvermehrung festmachen? Ist nicht eher das Spielgefühl und -funktion massgebend?

Naja, es ist ja mehr als Ressourcenverwendung. Der wirkliche Unterschied zum "echten" Rollenspiel besteht eigentlich nur in der Eingeschränktheit der Auswahlmöglichkeiten. (Und der Einfachheit des Fudelns. ;) ) Ansonsten übernimmt das Buch die Rolle des Spielleiters.

Wenn die Fußballmannschaft zu Trainingsbeginn erst mal eine halbe Stunde durch den Wald rennt, ist das schon "Fußballspiel"? Und wenn jemand gar nicht Teil der Mannschaft ist, aber trotzdem mitrennt, aber danach nach Hause geht, hat der dann auch "Fußball gespielt"?

Wenn der alleine mit 'nem Fußball gegen die Wand schießt, hat er dann keinen Fußball gespielt? Sicher nicht im FIFA-Sinne, aber im allgemeinen Sprachgebrauch? Macht man da wirklich einen sprachlichen Unterschied? Interessieren diese feinen Unterscheidungen im Alltag jemanden? Aber auch da wird vermutlich kein flächendeckender Konsens zu erzielen sein.

Ein paar Anmerkungen:

Eine brauchbare Definition des Gegenstandes ist eine Mindestanforderung für eine brauchbare (nützliche) Theorie.

Was ist das Argument hinter dieser Behauptung, wenn ich fragen darf? Speziell der Punkt warum es nicht ausreichen sollte das Allgemeinverständnis von Rollenspiel vorauszusetzen und Aussagen zu tätigen über Spiele, die von der überwältigenden Mehrheit der Leute (minus John Wick natürlich) im Hobby da draußen als Rollenspiele angesehen werden (also zB D&D, VtM, CoC, Shadowrun, etc.). Ich klammere bei "meiner" impliziten Definition von Rollenspielen (also der Alltagsdefinition) zunächst mal alle Spiele aus, die vielleicht strittig oder sehr strittig sind.

Nicht nur das: es ist im Einzelfall vielleicht gar nicht schwer zu überprüfen, ob ein "Rollenspielkandidat" Aspekte aus den 3 verschiedenen Tradition ausweist. (Die Conclusion sagt übrigens nichts über Brettspiele mit entsprechenden Story-Elementen aus, dh, sie mag auch für andere Spiele anwendbar sein - oder auch nicht.)

Beim Begriff "Rollenspiel" auf Konsens zu setzen, wird kein schönes Ergebnis liefern, dazu sind die Begriffe von Rollenspiel bei den einzelnen Beteiligten zu unterschiedlich. Was soll die Theorie leisten, und was ist eine dafür nützliche Definition ? Diese Frage sollte beantwortet werden.

Schau dir doch Conclusion 1 und 2 einfach an - und die jeweiligen Voraussetzungen. Das sollen die theoretischen Überlegungen zunächst einmal leisten - und sie sind meiner Meinung nach auf einen weiten Bereich von Spielen, die man unter dem Begriff Rollenspiel verbucht, anwendbar (D&D hat Aspekte aus den 3 Spaßtraditionen, CoC genauso, ebenso Shadowrun, etc.). Will man andere Dinge zeigen, kann man sich ja immer noch den Rollenspielbegriff zurechtschneidern bzw. eine eigene Definition für eine spezielle Unterkategorie verwenden.

Außerdem hatte ich mich von vorneherein davon verabschiedet, jeden überzeugen zu können. Dafür bin ich zulange im Internet unterwegs und weiß wie so etwas abläuft. Ich bin aber davon überzeugt, dass meine Argumentation mittel- bis langfristig weitgehend konsensfähig ist.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 23.05.2018 | 17:28
 
Zitat
Ich bin aber davon überzeugt, dass meine Argumentation mittel- bis langfristig weitgehend konsensfähig ist.
Vielleicht ist das das Problem.
Ich gewinne den Eindruck, du möchtest deine Argumentation konsensfähig machen.

Edit. Bei einer offenen"Suche", steht das Endergebnis noch nicht im Vorfeld fest.

Nur als Idee: Konsequenterweise kannst Du doch deine Theorie einfach gleich schreiben.
Dann musst Du nicht den Umweg gehen, all die Argumente auszublenden, die nicht zu deinem Ergebnis passen.
(Ich würde mir das dann vielleicht sogar mal durchlesen. Vielleicht bin ich dann ja genauso überzeugt, wie du es jetzt schon bist. ;))


Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Pyromancer am 23.05.2018 | 17:36
Wenn der alleine mit 'nem Fußball gegen die Wand schießt, hat er dann keinen Fußball gespielt? Sicher nicht im FIFA-Sinne, aber im allgemeinen Sprachgebrauch? Macht man da wirklich einen sprachlichen Unterschied?

Da hast du geschickt meine Frage vermieden.  >;D
Nochmal klarer: Spielt jemand Fußball, wenn er niemals nie nicht Kontakt zu einem Fußball hat, sondern nur den Waldlauf mitläuft, den die Fußballmannschaft als Aufwärmtraining macht?

Prinzipiell gibt es im Rollenspiel-Umfeld eine Vielzahl von Aktivitäten, die "irgendwie dazu gehören": Würfel sammeln, Spielberichte schreiben, Charaktere optimieren, Miniaturen bemalen, Charakterbilder zeichnen, Solo-Abenteuer-Bücher durchlesen, in Rollenspiel-Foren posten, ...

Ich bin mir nicht sicher, ob es sinnvoll ist, das ALLES unter den Überbegriff "Rollenspiel" zu packen, nur weil es "irgendwie" Teil der Tätigkeit ist. Für viele Runden gehört gemeinsam Pizza-Essen zum Rollenspiel-Abend dazu. Deswegen ist Pizza-Essen aber nicht Rollenspiel - obwohl ich vielleicht, riefe man mich während des Pizza-Essens an und fragte mich, was ich gerade mache, durchaus antworten könnte: "Wir sitzen gerade beim Rollenspiel."
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Settembrini am 23.05.2018 | 17:52
Zitat
Deswegen ist Pizza-Essen aber nicht Rollenspiel - obwohl ich vielleicht, riefe man mich während des Pizza-Essens an und fragte mich, was ich gerade mache, durchaus antworten könnte: "Wir sitzen gerade beim Rollenspiel."

Hier prallen ontologisches, philosophisches und sprachliches mit Wucht aufeinander! Eine Unfallkreuzung! Ich bin selber mal tief in den Karnickelbau der Verben eingedrungen...Kurzversion: Verben haben selber einen (veränderbaren, au wei!) zeitlichen und konzeptionellen Maßstab, also vertikal und horizontal. Das geht soweit, daß das bedeutungsauflösend sein kann. Auf jeden Fall war mir am Ende klar, daß Tätigkeiten, Zustände und Objekte nicht so einfach zu trennen sind, bei zu langer Betrachtung scheint es ganz willkürlich...

Denke mal 30 Sekunden über das Verb "wohnen" nach (nicht auf bekifften Kopf machen! Die PESA warnt!). Kann man dabei angerufen werden? Kann einem dabei zugesehen werden? Ganz perfid' bei Deinem Beispiele ist, daß aus einem recht eng faßbaren Begriff (rollenspielen) eine dieser "wohn-"artigen Tätigkeiten wird.

ADD: Hiermal ein paar Fachbegriffe, die habe ich absichtlich nicht benutzt. Wer genau sein will, der muß die Aktionsart für das Verb "rollenspielen", die er meint, wohl nennen...
https://de.wikipedia.org/wiki/Aktionsart
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 23.05.2018 | 18:15
Ich würde gerne schauen, ob wir an der Methodik oder dem Ergebnis hadern:

Zitat
if fun can be classified in a certain way, RPGs encompass at least 3 types of fun – the fun of gaming, of witnessing story-telling and of story creation itself
~zweiter Blogeintrag
Ist irgendwer mit diesem Schluss nicht einverstanden?

Die Argumentation scheint Einigen nicht zu gefallen.
Vielleicht können die Kritiker Ihren Weg zu diesem Schluss logisch konsistent aufzeigen?



Sehe ich es richtig, dass dies eigentlich schon reichen würde?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Nørdmännchen am 23.05.2018 | 18:43
Ich möchte ungern in die Tiefe gehen, da ich Alexander sein Modell bauen lassen möchte ohne seine Grundannahmen zu hinterfragen.

Aber besonders an dieser Stelle hätte ich ganz persönlich andere Setzungen vorgenommen, da hier Spaßquellen mit -typen gleichgesetzt werden. Das sehe ich (mit meinem zugegebener Maßen limitierten Horizont) weder psychologisch, neurophysiologisch noch (Glücks-)philosophisch unterstützt.
Deine Spannung und Ungewissheit ist ein perfektes Beispiel - Glücksspiel und Story-Telling bedienen hier beide u.a. ein Gefühl, das durch die Ausschüttung und den Abbau von Adrenalin hervorgerufen wird.
Leistung als Kategorie der Motivation nach McClelland ist mMn sowohl im "gaming" als auch bei der "story creation" ein tragendes Element und wird durch die Vasopressin und Arginin "belohnt".

Grade wenn es um eine Typologie des Spaßes geht, wäre mir persönlich die Setzung: "Elemente des Objektes = Spaßtypen des Objektes" zu einfach.

Abgesehen davon glaube ich, dass Alexander gewissenhaft genug arbeiten kann, um ein Modell zu erstellen, mit dem auch ich eine Beleuchtung meines Hobbies vornehmen kann.

EDIT: Entschuldige Alexander, dass ich hier über Dich schrieb, anstatt Dich zu adressieren. Liest sich unhöflich und war der Antwort auf Anro geschuldet. Asche auf mein Haupt!
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 23.05.2018 | 18:46
Naja, es ist ja mehr als Ressourcenverwendung. Der wirkliche Unterschied zum "echten" Rollenspiel besteht eigentlich nur in der Eingeschränktheit der Auswahlmöglichkeiten. (Und der Einfachheit des Fudelns. ;) ) Ansonsten übernimmt das Buch die Rolle des Spielleiters.
Und genau diese Eingeschränktheit der Auswahlmöglichkeiten steht doch genau der von allen (ausser von Dir) geforderten Offenheit im Rollenspiel entgegen. Diese Offenheit oder Verhandelbarkeit des Fiktionsfortlauf war eines der Dinge, die alle (ausser Dir) als wichtiges Kriterium fürs Rollenspiel angesehen wird. Das Buch übernimmt da leider nicht die Rolle des Spielleiters.
Davon mal ab: Wieso ist das Spielen eines Soloabenteuers "fudeln"? Gibt es eine Regel, die es den Spielern verbietet (auch wenn sie sich darauf geeinigt haben) ein Soloabenteuer oder gar ein Rollenspielabenteuier mehrfach zu spielen?
Zitat
Außerdem hatte ich mich von vorneherein davon verabschiedet, jeden überzeugen zu können. Dafür bin ich zulange im Internet unterwegs und weiß wie so etwas abläuft. Ich bin aber davon überzeugt, dass meine Argumentation mittel- bis langfristig weitgehend konsensfähig ist.
Ehrlich gesagt ist das genau das Problem, warum ich keinen Sinn sehe über Deinen Blogeintrag zu streiten. Du hast einen Standpunkt, der nicht verhandel- oder diskutierbar ist.

"Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern Gewinn." Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 23.05.2018 | 18:51
EDIT:
Unnötiger Vorwurf. Deswegen gestrichen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: alexandro am 23.05.2018 | 19:12
Hier prallen ontologisches, philosophisches und sprachliches mit Wucht aufeinander! Eine Unfallkreuzung! Ich bin selber mal tief in den Karnickelbau der Verben eingedrungen...Kurzversion: Verben haben selber einen (veränderbaren, au wei!) zeitlichen und konzeptionellen Maßstab, also vertikal und horizontal. Das geht soweit, daß das bedeutungsauflösend sein kann. Auf jeden Fall war mir am Ende klar, daß Tätigkeiten, Zustände und Objekte nicht so einfach zu trennen sind, bei zu langer Betrachtung scheint es ganz willkürlich...

Denke mal 30 Sekunden über das Verb "wohnen" nach (nicht auf bekifften Kopf machen! Die PESA warnt!). Kann man dabei angerufen werden? Kann einem dabei zugesehen werden? Ganz perfid' bei Deinem Beispiele ist, daß aus einem recht eng faßbaren Begriff (rollenspielen) eine dieser "wohn-"artigen Tätigkeiten wird.

ADD: Hiermal ein paar Fachbegriffe, die habe ich absichtlich nicht benutzt. Wer genau sein will, der muß die Aktionsart für das Verb "rollenspielen", die er meint, wohl nennen...
https://de.wikipedia.org/wiki/Aktionsart

Wenn du den verlinkten Artikel gelesen hättest, dann wäre dir klar, dass Aktionsart er eher mit der lexikalischen Bedeutung von Verben zu tun hat, während man in den meisten Wissenschaften (gerade solchen, wo der Forschungsgegenstand noch nicht klar umrissen ist) eher an der logischen Bedeutung interessiert ist. Das ist eben der Unterschied zwischen "ich habe da mal drüber nachgedacht (bzw. fünf Minuten gegoogelt)" und wissenschaftlich sauberer Arbeitsweise.

Eine methodologisch einwandfreie Definition findet man z.B. (in Ansätzen) hier (https://www.uni-due.de/imperia/md/content/computerlinguistik/semantikkap15.pdf) - und daran sieht man auch sehr deutlich, in welche Bereiche solche Grundsatzdiskussionen unweigerlich führen und warum man - will man nicht 6-mäßig zirkulär argumentieren oder die nicht-Logiker von der Diskussion ausschließen - gewisse Grundprämissen braucht, um eine gemeinsame Diskussionsbasis herzustellen. Denn wenn alles verhandelbar ist, dann ist alles beliebig.

Die wissenschaftliche Methode bestünde also darin, die Hypothese von Alex K. als gegeben anzunehmen, sie gegenüber der Realität zu überprüfen und zu zeigen, dass sie einer solchen Überprüfung nicht standhält (ich habe dies einige Posts weiter oben versucht, bevor die Diskussion hier entgleist ist). Dann kann man Alternativhypothesen anbieten. Die Tatsache, dass er keine Modifikation an der Hypothese zulässt, solange diese nicht erstmal versagt hat, halte ich daher für vertretbar. Sich dagegen zu sperren und zu sagen "dann steige ich halt aus der Diskussion aus" ist dagegen ein eher fragwürdiges Verhalten.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 23.05.2018 | 19:29
Die wissenschaftliche Methode bestünde also darin, die Hypothese von Alex K. als gegeben anzunehmen, sie gegenüber der Realität zu überprüfen und zu zeigen, dass sie einer solchen Überprüfung nicht standhält (ich habe dies einige Posts weiter oben versucht, bevor die Diskussion hier entgleist ist).
Hat er darauf reagiert?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 23.05.2018 | 19:34
Vielleicht ist das das Problem.
Ich gewinne den Eindruck, du möchtest deine Argumentation konsensfähig machen.

Ich habe mir zu einem Thema Gedanken gemacht, glaube nach wiederholter Überprüfung an die Richtigkeit dieser Gedanken und präsentiere diese Gedanken. Eine Vielzahl von Leuten hatten und haben die Gelegenheit zum Gegenargument. Wo ist das Problem?

Edit. Bei einer offenen"Suche", steht das Endergebnis noch nicht im Vorfeld fest.

Ich präsentiere in meinen Blogposts keine offene Suche (übrigens auch kein Modell), sondern zwei sehr konkrete und sehr fokussierte Argumentationen. Die können richtig oder falsch sein. Wenn sie falsch sind, dann sollte es ja leicht sein ein überzeugendes Gegenargument zu präsentieren. Dazu hat jeder der will hier Gelegenheit.

Nur als Idee: Konsequenterweise kannst Du doch deine Theorie einfach gleich schreiben.
Dann musst Du nicht den Umweg gehen, all die Argumente auszublenden, die nicht zu deinem Ergebnis passen.
(Ich würde mir das dann vielleicht sogar mal durchlesen. Vielleicht bin ich dann ja genauso überzeugt, wie du es jetzt schon bist. ;))

Welches Argument blende ich aus? Und muss ich jedes andere Argument mir zu eigen machen, auch wenn es meiner Meinung nach nicht überzeugend ist? Wie zum Beispiel die (implizite) Behauptung, dass es ja eigentlich gar keinen großen Unterschied zwischen Brettspielen und Kinofilmen gibt? Dass zwischen Monopoly und dem Film Casablanca signifikante Unterschiede bestehen, man aber charakterische Aspekte von beidem im Rollenspiel wiederfinden kann, ist eigentlich eine zutiefst triviale Beobachtung, aber auch diese triviale Beobachtung wird abgestritten.


Nochmal klarer: Spielt jemand Fußball, wenn er niemals nie nicht Kontakt zu einem Fußball hat, sondern nur den Waldlauf mitläuft, den die Fußballmannschaft als Aufwärmtraining macht?

Die Frage ist, ob das die richtige Analogie ist. Es gibt große Gemeinsamkeiten zwischen Soloabenteuern und klassischen Computerrollenspielen. Und die sind per Namensgebung zumindest eine Untergruppe von Rollenspielen.  Warum ist Bard's Tale ein Rollenspiel und Geheimnis der Zyklopeninseln nicht?

Es geht mir auch gar nicht um Soloabenteuer. Es geht um die Frage einer formalen Definition ganz allgemein - und bei einer formalen Definition von so etwas unscharfem wie Rollenspiele ist es normalerweise relativ leicht Grenzfälle zu konstruieren, die die gesamte Definition in Frage stellen können. Kurz gesagt: wir werden uns wahrscheinlich niemals alle einigen können, ob das kleine gelbe Kästchen gelb oder nicht vielleicht doch rot (zum roten Cluster zugehörig) sein sollte. Das ist meiner Erfahrung nach bei Musikgenres ziemlich ähnlich, insbesondere bei Subgenres.

Ich will niemanden davon abhalten sich an einer formalen, universalen Definition zu versuchen, aber ich bin da extrem skeptisch. Der Lackmustest ist: welches Spiel gehört am Ende dazu und welches nicht? Für John Wick gehört D&D nicht dazu  - warum sollte man eure Definition besser finden als seine? Am Ende läuft's doch wieder auf die Konsensfrage hinaus.


Die Argumentation scheint Einigen nicht zu gefallen.
Vielleicht können die Kritiker Ihren Weg zu diesem Schluss logisch konsistent aufzeigen?

DIe Hauptkritik, die ich gesehen habe, betrifft Axiom 3. Es ist ja schon mal gut, dass man den Punkt, an dem es bei einigen auseinandergeht, identifizieren kann. Andere mögen andere Einsprüche haben, aber das was bei mir im Wesentlichen hängengeblieben ist, ist die Behauptung, dass Spiele ja auch Geschichten erzählen. Das impliziert wohl, dass Spiele und Geschichtenerzählen nicht so unterschiedlich sind wie Axiom 3 es darstellt.

Falls meine Darstellung nicht korrekt ist oder es noch andere Widersprüche gibt - nur zu, jeder hat die Gelegenheit zum Widerspruch. Idealerweise in Form eines klaren Gegenarguments.


Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Anro am 23.05.2018 | 19:37
Ich möchte ungern in die Tiefe gehen, da ich Alexander sein Modell bauen lassen möchte ohne seine Grundannahmen zu hinterfragen.
Voll Ok, aber wenn am Anfang schon viele Problematiken auftreten und das Modell noch im Aufbau ist, dann wäre es vielleicht besser, wenn die Unsicherheiten am Anfang geklärt werden, bevor der "Turm" steht.
Ich habe nur das Gefühl, dass die Diskussion etwas ungeleitet ist. Dachte, es wäre gut, wenn erstmal alle schauen, ob Ziel oder Weg das Problem ist.
Zitat
Aber besonders an dieser Stelle hätte ich ganz persönlich andere Setzungen vorgenommen, da hier Spaßquellen mit -typen gleichgesetzt werden. Das sehe ich (mit meinem zugegebener Maßen limitierten Horizont) weder psychologisch, neurophysiologisch noch (Glücks-)philosophisch unterstützt.
Ich habe versucht in meinen Worten auszudrücken, was ich glaube verstehen zu "sollen".
Wo ich Spaßquellen mit Typen gleichsetzte - oder was die Definition genau ist - weiß ich nicht.
Für mich habe ich die genannten drei Formen genommen, kurz darüber nachgedacht, dass man hier sicher auf andere Studien verweisen könnte. Es gibt Studien, warum Spiele Spaß machen, warum Geschichten Spaß machen und warum das Schaffen von Dingen Spaß macht. (Hab Sie nicht gelesen, nur sprach meine Verlobte davon.)
Ich habe mich dann dagegen entschieden und die exemplarischen Bestandteile herausgenommen, die nach meinem Verständnis Spaß erzeugen und auch in Rollenspielen vorkommen, weil es so einfacher zu verstehen ist. (Als Axiom kam es mir ok vor, da man sicher mehrere Arbeiten in verschiedenen Feldern machen kann um Biologisch, Chemisch, Philosophisch, Psychologisch dies zu untermauern. War mir etwas viel Arbeit für eine beispielhafte "Beweisführung" in nem Post.)
(Das soll nun bitte nicht aggressiv klingen. Ich weiß, dass ich nicht alles weiß. Ich will es nur für mich "übersetzen" und hoffe, ein paar Leute mitzunehmen, denn scheinbar haben mehrere Probleme mit der bisherigen Axiomsetzung und Diskussionsführung.)
Zitat
Deine Spannung und Ungewissheit ist ein perfektes Beispiel - Glücksspiel und Story-Telling bedienen hier beide u.a. ein Gefühl, das durch die Ausschüttung und den Abbau von Adrenalin hervorgerufen wird.
Leistung als Kategorie der Motivation nach McClelland ist mMn sowohl im "gaming" als auch bei der "story creation" ein tragendes Element und wird durch die Vasopressin und Arginin "belohnt".
Siehste, Gehirn-Biochemie... Das sind die gleichen Wörter, aber ein Glücksspiel hat einen deutlich schnelleren Reveal, Spannung baut sich mehr auf und anders ab, oder? Ich weiß es nicht, aber ich würde mich nicht trauen das gleich zu setzen.
Zitat
Grade wenn es um eine Typologie des Spaßes geht, wäre mir persönlich die Setzung: "Elemente des Objektes = Spaßtypen des Objektes" zu einfach.
Ich habe ja schon bewusst gepickt, aber klar, wie gesagt, wäre nicht als Axiom ein weiter weg zum Nachweisen. Sag ich nicht auch eher, dass der Spaß bei den Dreien durch diese Dinge erzeugt wird? (Wahrscheinlich müsste ich noch überall dazu schreiben, dass es nur Beispiele sind und das Ganze wichtig ist und so.)
Zitat
Abgesehen davon glaube ich, dass Alexander gewissenhaft genug arbeiten kann, um ein Modell zu erstellen, mit dem auch ich eine Beleuchtung meines Hobbies vornehmen kann.
Das kann schon sein, aber es scheint auf einige Kritik zu stoßen und ich würde gerne klären ... Du weißt schon, Weg oder Ziel ...
Zudem will ich es verstehen, weil ich bei einigen Annahmen, Axiomen und Schlüssen nicht sicher bin, was der Zweck ist und ob es genau das aussagt, was ich daraus ableite.
Es scheint mir einfacher zu gehen.

Wir sollten den Thread hier nicht mit meiner Definition kapern, will die auch gar nicht groß diskutieren.
Ich dachte eher, dass erstens die Frage beantwortet wird (Ist die Conclusion für alle vertretbar?)
Und ich dachte, dass Klügere als Ich Ihre Gegenargumente etwas sauberer und zielführender gliedern.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Derjayger am 23.05.2018 | 19:40

Sehe ich es richtig, dass dies eigentlich schon reichen würde?
  • A1:
    Eine Form des Spaß ensteht durch Spielen.
    Bestandteile, die diesen Spaß erzeugen sind z.B.:
    Das Erreichen von Zielen, das Planen von Zügen und der Spaß der durch Glücksspiel entsteht. (Zu beachten: Der Spaß am Spielen ensteht auch bei Abwesenheit eines der Bestandteile.)
  • A2:
    Eine Form des Spaß ensteht durch das Wahrnehmen einer Geschichte.
    Dieser wird erreicht, durch Spannungsaufbau, Ungewissheit und Dramaturgie.
  • A3:
    Eine Form des Spaß ensteht durch das Erstellen einer Geschichte.
    Dieser wird erreicht, durch das Eingreifen und Formen von etwas, was somit nach den eigenen Möglichkeiten das Werk dem entspricht, was den Erschaffern gefällt.
  • Beobachtung1/ Schlussfolgerung:
    Rollenspiel beinhaltet genug Aspekte aus den genannten Formen, um den durch diese erstellte Form des Spaß ebenfalls zu erzeugen.

Mal ganz indirekt (bin grad etwas verpennt): Vielleicht würde man ja schon einige Probleme beheben, wenn man strenger mit "alle" und "einige" formulieren würde? (Wer's kennt: Prädikatenlogik). Denn die Leute reiben sich weniger an einem Satz, der mit "einige..." beginnt. Solche Sätze sind viel weniger strittig und problematisch. Dann verlagert sich die Fragerei auf Dinge wie
- "ja und?", wo wir wieder beim Nutzen wären.
- "und was gibt's noch?" -> man kann einfach mal nen cut machen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 23.05.2018 | 19:49
Die wissenschaftliche Methode bestünde also darin, die Hypothese von Alex K. als gegeben anzunehmen, sie gegenüber der Realität zu überprüfen und zu zeigen, dass sie einer solchen Überprüfung nicht standhält (ich habe dies einige Posts weiter oben versucht, bevor die Diskussion hier entgleist ist). Dann kann man Alternativhypothesen anbieten. Die Tatsache, dass er keine Modifikation an der Hypothese zulässt, solange diese nicht erstmal versagt hat, halte ich daher für vertretbar. Sich dagegen zu sperren und zu sagen "dann steige ich halt aus der Diskussion aus" ist dagegen ein eher fragwürdiges Verhalten.
Es gab ja den Versuch in dem anderen Thread. Dort wurde behauptet (man mag mir widersprechen falls ich es falsch darstelle), dass Spiele auch Geschichten erzählen. Der Angriff auf Axiom 3 lief also darauf hinaus, dass Spiele und Story-Telling selbst nicht hinreichend distinkt sind. Ich habe dann darauf hingewiesen, dass Spiele wie Schach u.a. andere Geschichten erzählen (nicht charakterzentriert, Figuren im Schach haben keine distinkte Persönlichkeit). Dann wurde auf neuere Spiele wie Gloomhaven oder CRPGs verwiesen, was ich damit entgegnete, dass Axiom 3 von Anfang an von früheren Traditionen sprach. Rollenspiele verbinden also Aspekte von Spielen vor D&D (Monopoly) mit Geschichtenerzählung vor D&D (Casablanca). Neuere Spiele wie Gloomhaven vollziehen diese Fusion lediglich nach.

Und das war's.


Aber besonders an dieser Stelle hätte ich ganz persönlich andere Setzungen vorgenommen, da hier Spaßquellen mit -typen gleichgesetzt werden.

Schau dir doch bitte mal diesen Beitrag (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,106881.msg134630229.html#msg134630229) von mir an!


EDIT: Entschuldige Alexander, dass ich hier über Dich schrieb, anstatt Dich zu adressieren. Liest sich unhöflich und war der Antwort auf Anro geschuldet. Asche auf mein Haupt!

Kein Problem. ;)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 23.05.2018 | 20:00
Zitat
Ich habe mir zu einem Thema Gedanken gemacht, glaube nach wiederholter Überprüfung an die Richtigkeit dieser Gedanken und präsentiere diese Gedanken. Eine Vielzahl von Leuten hatten und haben die Gelegenheit zum Gegenargument. Wo ist das Problem?

A: Dieses Auto ist rot.
B: Nein, dieses Auto ist grün.
A. Du kannst nicht beweisen, dass dieses Auto grün ist. Für mich ist es rot.
B. Mehrere Leute sagen es ist grün.
A. Na und ? Das hat nichts zu bedeuten.
Wenn viele andere Leute finden, dass es rot ist, dann ist es auch rot.

Wer bestimmt jetzt wer Recht hat?  ~;D
(Warum sollte B. sich das antun?)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 23.05.2018 | 20:03
A: Dieses Auto ist rot.
B: Nein, dieses Auto ist grün.
A. Du kannst nicht beweisen, dass dieses Auto grün ist. Für mich ist es rot.
B. Mehrere Leute sagen es ist grün.
A. Na und ? Das hat nichts zu bedeuten.
Wenn viele andere Leute finden, dass es rot ist, dann ist es auch rot.

Wer bestimmt jetzt wer Recht hat?  ~;D
(Warum sollte B. sich das antun?)

Du tust hier so als hätte keinen (beidseitigen) Versuch des Austauschs von Argumenten stattgefunden. Diese Darstellung ist schlicht falsch.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 23.05.2018 | 20:07
Es gab ja den Versuch in dem anderen Thread. Dort wurde behauptet (man mag mir widersprechen falls ich es falsch darstelle), dass Spiele auch Geschichten erzählen. Der Angriff auf Axiom 3 lief also darauf hinaus, dass Spiele und Story-Telling selbst nicht hinreichend distinkt sind. Ich habe dann darauf hingewiesen, dass Spiele wie Schach u.a. andere Geschichten erzählen (nicht charakterzentriert, Figuren im Schach haben keine distinkte Persönlichkeit). Dann wurde auf neuere Spiele wie Gloomhaven oder CRPGs verwiesen, was ich damit entgegnete, dass Axiom 3 von Anfang an von früheren Traditionen sprach. Rollenspiele verbinden also Aspekte von Spielen vor D&D (Monopoly) mit Geschichtenerzählung vor D&D (Casablanca). Neuere Spiele wie Gloomhaven vollziehen diese Fusion lediglich nach.

Und das war's.
Ich glaube Alexandro bezog sich eigentlich auf das:
Bisher basieren alle deine Schlussfolgerungen darauf, dass "storytelling" Teil des Rollenspiels ist und keine deiner Schlussfolgerungen basiert auf der Tatsache, dass "games" ein ebenso wichtiger Teil von Axiom 3 sind. Wenn deine Theorie wirklich streng sein soll, dann müsstest du diese beiden Teile in unterschiedliche Axiome packen (3a und 3b) und dann rechtfertigen, warum das eine davon wichtiger zu sein scheint, als das andere.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 23.05.2018 | 20:07
Du tust hier so als hätte keinen (beidseitigen) Versuch des Austauschs von Argumenten stattgefunden. Diese Darstellung ist schlicht falsch.
Ich kann deine Meinung so stehen lassen.
 :)

Ist für mich hier auch gut jetzt.
Bevor ich nochwas schreibe, klopfe ich mir selbst auf die Finger.
 :-X
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Crimson King am 23.05.2018 | 20:36
Warum ist Bard's Tale ein Rollenspiel und Geheimnis der Zyklopeninseln nicht?

Der Begriff "Rollenspiel" sollte im Kontext von Computerspielen anders definiert sein. Dementsprechend ergibt es wenig Sinn, mit CRPGs zu argumentieren. Nicht umsonst wurden zu Zeiten von Bard's Tale PC-Rollenspiele noch mit Adventures in den gleichen Sack geschmissen.

Davon abgesehen wären Soloabenteuer und Abenteuer-Spielbücher näher an Adventures, während Bard's Tale deutlich näher an einem Dungeon Crawler-Brettspiel dran ist.



Ansonsten theoretisier'  mal weiter. Bis dato sind deine Blogposts bis dato nicht davon berührt, wie man Rollenspiel nun konkret definiert und wären auch auf beliebige andere erzählende Gesellschaftsspiele anwendbar.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: alexandro am 23.05.2018 | 22:02
Es gab ja den Versuch in dem anderen Thread. Dort wurde behauptet (man mag mir widersprechen falls ich es falsch darstelle), dass Spiele auch Geschichten erzählen. Der Angriff auf Axiom 3 lief also darauf hinaus, dass Spiele und Story-Telling selbst nicht hinreichend distinkt sind. Ich habe dann darauf hingewiesen, dass Spiele wie Schach u.a. andere Geschichten erzählen (nicht charakterzentriert, Figuren im Schach haben keine distinkte Persönlichkeit). Dann wurde auf neuere Spiele wie Gloomhaven oder CRPGs verwiesen, was ich damit entgegnete, dass Axiom 3 von Anfang an von früheren Traditionen sprach. Rollenspiele verbinden also Aspekte von Spielen vor D&D (Monopoly) mit Geschichtenerzählung vor D&D (Casablanca). Neuere Spiele wie Gloomhaven vollziehen diese Fusion lediglich nach.

Nun, dann hätte man aber das Problem, dass Geschichtenerzählung prä-Rollenspiel eben auch nicht dasselbe ist (im Bezug auf Erzählperspektive, Handlungsstruktur, etc.), wie Geschichtenerzählung im Rahmen des Rollenspiels. Wenn man Geschichten und Spiele mit der o.g. Begründung trennt, dann kann man nicht im gleichen Atemzug (klassische) Geschichten in Rollenspiele reinmischen. Und ja: es gibt moderne Geschichten, welche sich lesen/schauen wie Rollenspiele, und es gibt Rollenspiele, welche sich enger an das (klassische) Narrativ halten. Aber auch hier könnte man argumentieren, dass sie lediglich eine Fusion nachvollziehen, welche eben nicht immer da war.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Isegrim am 23.05.2018 | 22:25
Solo-Abenteuer zu spielen ist mE kein PnP-Rollenspiel. Ob es eine eigene Art von "Rollenspiel" ist... ist das wirklich wichtig?

Wenn Solos zum PnP-Rollenspiel gehören, weil man einen SC neben dem normalen PnP auch dort verwenden kann, gilt das auch fürs Liverollenspiel; auch hier sind Crossovers möglich und vorhanden. ME sind PnP und LARP Zwillinge und extrem nah verwandt, aber eben nicht das gleiche Spiel. Einen theoretischen Ansatz, der beides (bzw inkl Solos alles drei) unter einen Hut kriegen will, halte ich für extrem ambitioniert. Ich kenn inzwischen Theorie-Diskussionen in beiden Metiers, und die Themen, Perspektiven und Herangehensweisen sind in meiner Wahrnehmung sehr, sehr unterschiedlich; ua weil die beim Spiel auftretenden Probleme so völlig verschieden sind.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 23.05.2018 | 23:03
Der Begriff "Rollenspiel" sollte im Kontext von Computerspielen anders definiert sein. Dementsprechend ergibt es wenig Sinn, mit CRPGs zu argumentieren. Nicht umsonst wurden zu Zeiten von Bard's Tale PC-Rollenspiele noch mit Adventures in den gleichen Sack geschmissen.

Also das erinnere ich distinkt anders, ist aber auch nicht wichtig. Man kann natürlich versuchen CRPGs rauszunehmen, aber dann verliert man noch mehr an Konsens. Man könnte ja bei einer formalen Definition auch anders vorgehen: eine Zielzustimmungsrate von X setzen (idealerweise nicht willkürlich), Rollenspieler über einzelne Spieltypen befragen (insbesondere Grenzfälle, die vorher identifiziert werden müssen) und schauen welche Art von Spielen in den Augen von Spielern als Rollenspiele gelten. Und dann versuchen eine formale Definition daraus abzuleiten.

Nun, dann hätte man aber das Problem, dass Geschichtenerzählung prä-Rollenspiel eben auch nicht dasselbe ist (im Bezug auf Erzählperspektive, Handlungsstruktur, etc.), wie Geschichtenerzählung im Rahmen des Rollenspiels.

Ist ja auch nicht die Behauptung.

Solo-Abenteuer zu spielen ist mE kein PnP-Rollenspiel. Ob es eine eigene Art von "Rollenspiel" ist... ist das wirklich wichtig?

Für mich nicht. Ich kann das gerne akademischer Forschung überlassen.

Zitat
Bisher basieren alle deine Schlussfolgerungen darauf, dass "storytelling" Teil des Rollenspiels ist und keine deiner Schlussfolgerungen basiert auf der Tatsache, dass "games" ein ebenso wichtiger Teil von Axiom 3 sind.

Kann man diese Interpretation begründen?

Zuir Erinnerung:
"Axiom 3: Role-Playing Games combine aspects from at least two different, earlier traditions of entertainment: games (boardgames, wargames, etc.) and story-telling (whether it’s verbally, in book form, as graphic novel or on film, etc.).1"
Der einzige Unterschied, der im Folgenden gemacht wird, trägt der Tatsache Rechnung, dass Spieldesign (also Game Creation) während des Spiels nicht die gleiche Bedeutung hat wie Story Creation. Man macht zwar ab an und eine Hausregel und man hat vielleicht auch eine Reihe von informellen Regeln, aber das ist ja idR nicht eine äquivalente Spaßquelle.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Pyromancer am 23.05.2018 | 23:07
Gleichzeitig über klassische (P&P-) Rollenspiele und Computerrollenspiele reden zu wollen ergibt in meinen Augen überhaupt keinen Sinn. Das sind (für mich)völlig unterschiedliche Dinge. Sie teilen ein paar Oberflächlichkeiten, aber der Kern ist grundverschieden.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: schneeland (N/A) am 23.05.2018 | 23:19
Gleichzeitig über klassische (P&P-) Rollenspiele und Computerrollenspiele reden zu wollen ergibt in meinen Augen überhaupt keinen Sinn. Das sind (für mich)völlig unterschiedliche Dinge. Sie teilen ein paar Oberflächlichkeiten, aber der Kern ist grundverschieden.

Eine m.E. nicht unwichtige Gemeinsamkeit ist doch, dass die Handlungsoptionen des Spielers nicht nur durch sein/e eigenen/e/s Fähigkeiten/Wissen/Kreativität determiniert werden, sondern durch die Fähigkeiten des erdachten/gewählten Charakters. CRPGs landen hier sicher stärker auf der mechanischen Seite und die gemeinsame Fortentwicklung der Geschichte ist insofern eingeschränkt als die Handlungsoptionen des Spielleiters durch den Entwickler vorgegeben werden, aber "grundverschieden" würde ich vielleicht nicht so unterschreiben. Im Rahmen der hier postulierten Axiome wäre es natürlich trotzdem legitim, sie auszuschließen oder als nachrangigen Spezialfall zu behandeln.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 24.05.2018 | 06:01
Gleichzeitig über klassische (P&P-) Rollenspiele und Computerrollenspiele reden zu wollen ergibt in meinen Augen überhaupt keinen Sinn. Das sind (für mich)völlig unterschiedliche Dinge. Sie teilen ein paar Oberflächlichkeiten, aber der Kern ist grundverschieden.
Für Dich nicht. Für mich auch nicht.
Aber kuck dir nochmal #98 an.
Alexander outet sich als Autist.
Die Wahrnehmung bzw. Außenwahrnehmung von solchen Spielsituationen kann sich da unterscheiden.
Wenn er also sagt: Er selbst empfindet wenig(er) Unterschied.
Dann kann das durchaus wahr sein.
Es ist nur nicht für andere automatisch auch wahr.  :)
(Z. B. für die hoffnungslos "Spiegelungssüchtigen Sozialfuzzies" wie uns)
Über solche persönlichen Empfindungen kann man nicht streiten.
Die Antwort ist einfach: Jeder hat Recht.
Aber keiner hat alleine Recht.

Edit. (Meine Finger tun weh)

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Sashael am 24.05.2018 | 07:58
Die Antwort ist einfach: Jeder hat Recht.
Aber keiner hat alleine Recht.
Das wäre doch irgendwie der Tod jeden Versuches einer Basisdefinition.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 24.05.2018 | 08:13
Nur zur Präzisierung (Bzw. Korrektur):
Es gab ja den Versuch in dem anderen Thread. Dort wurde behauptet (man mag mir widersprechen falls ich es falsch darstelle), dass Spiele auch Geschichten erzählen.
Die Behauptung war, dass Spiele auch verwendet werden, um Geschichten zu erzählen/erleben. Genau deswegen stört mich die Unterteilung in Spiele und Geschichten erzählen.
Zitat
Dann wurde auf neuere Spiele wie Gloomhaven oder CRPGs verwiesen
Die CRPGs kamen nicht von mir. Von mir kamen die Abenteuer- und Theaterspiele (die glaube ich eine etwas ältere Tradition als Rollenspiele haben)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 24.05.2018 | 08:23
Das wäre doch irgendwie der Tod jeden Versuches einer Basisdefinition.
Klar,  aber die Alternative wäre jemanden ein oder auszureden wie er etwas wahrzunehmen oder zu empfinden hat und wie nicht.
(Damit es möglichst objektiv wird)
Das möchte ich in diesem Fall nicht tun. Und hielte es für falsch (Autisten haben ganz (wertfrei!)ihre eigene Wahrnehmung.  )
Wenn ich jetzt nur meine Computer Gamer frage, warum sie auch Rollenspiel machen, und wo sie den Unterschied sehen, können sie das ganz klar benennen.
Dann kommt: Das Soziale, das Miteinander, der direkte Austausch.(Face to Face)
Die Freiheit mit einer Figur viele Dinge tun zu können. Usw.
Aber das muss nicht jeder so empfinden.

Mal sehen ob ich das Interview noch finde.
Auf die Frage:" Wenn ihr euch entscheiden müsstet, ob ihr für den Rest eures Lebens lieber auf Computer Spiele oder Rollenspiel verzichten müsst, für was würdet ihr euch entscheiden?"
Kam ganz klar :Auf PC Games. (Was mich bei PC Zockern echt gewundert hat) Aber die soziale, kommunikative Komponente ist vermutlich nicht zu unterschätzen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Crimson King am 24.05.2018 | 09:24
Eine m.E. nicht unwichtige Gemeinsamkeit ist doch, dass die Handlungsoptionen des Spielers nicht nur durch sein/e eigenen/e/s Fähigkeiten/Wissen/Kreativität determiniert werden, sondern durch die Fähigkeiten des erdachten/gewählten Charakters.

Der wesentliche Unterschied (auch zu Abenteuerspielbüchern und DSA-Soloabenteuern) ist, dass man allein spielt. Daraus ergibt sich, dass kein gemeinsamer Vorstellungsraum existiert, der austariert und gegen die individuellen Vorstellungsräume abgeglichen werden müsste. Ein zweiter Unterschied ist, dass die Steuerungsfunktion, die ansonsten von der Spielleitung oder durch die auf Regeln basierende Verteilung von Erzählrechten basierende Steuerungsfunktion von einem technischen Medium (Buch oder Software) übernommen wird. Darauwiederum ergibt sich, dass deine Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind auf das, was das technische Medium dir als Möglichkeiten vorgibt.

Man kann mit CRPGs in gewissem Umfang Rollenspiel betreiben. Dann muss man allerdings auf Multiplayer-Spiele gehen. Sobald man da aber den Bereich des Dialogs verlässt und in den Kampf zieht, ist das Thema wieder durch. Da ist man wesentlich näher an einem Dungeon-Crawler-Brettspiel als an Pen and Paper.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: TaintedMirror am 24.05.2018 | 12:07
Es gab durchaus auch schon CRPGs, welche mit Spielleiter funktionierten und wo man quasi auch eine komplett eigene Geschichte reinbringen konnte. CRPGs versuchen ja viele Elemente des PnP-RPGs zu emulieren. Fände es nicht unbedingt sinnvoll, sie dann raus zu nehmen, nur weil sie das an manchen Stellen nicht gut schaffen. Weil da müsste man dann auch schnell handwerklich schlechten Rollenspielen das Merkmal aberkennen. Zumal ja auch vergessen wird, dass manchmal PnP auch online gespielt wird. Nach der Definition einiger hier, würde das ja dann auch rausfallen. Könnte man mal versuchen, nach Eigenschaften zu definieren, ala Rollenspiele müssen zumindest x von y Eigenschaften aus folgender Liste aufweisen, wobei a,b,c zwingend sind und p,q,r nicht vorhanden sein dürfen?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Greifenklause am 24.05.2018 | 12:22
Ich finde Tainted Mirror's Gedankengang sehr interessant und greife den mal auf:
Vielleicht sollte man im ersten Schritt mal Gemeinsamkeiten erkennen und erst im zweiten Schritt Unterschiede benennen.
Also das, was recht und links überbleibt, wenn man sie "aufeinanderlegt".

Bisherige Rollenspieltheorien scheinen mir stets erst bei den Unterschieden anzufangen, anstatt erstmal Gemeinsamkeiten zu fomulieren und dann erste die Unterschiede.

Wenn sich dann Rollenspieltypen oder auch Rollenspielertypen rausbilden kann man sie vielleicht eher als "Schwerpunkte" statt als "Klassen" definieren. So nach dem Motto "Bei Typus X sticht hervor, dass ..."

Irgendwie klar, was mein übermüdeter Geist sagen will?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 24.05.2018 | 12:55
Gleichzeitig über klassische (P&P-) Rollenspiele und Computerrollenspiele reden zu wollen ergibt in meinen Augen überhaupt keinen Sinn. Das sind (für mich)völlig unterschiedliche Dinge. Sie teilen ein paar Oberflächlichkeiten, aber der Kern ist grundverschieden.

Darüber kann man ja diskutieren, aber man muss doch konstatieren, dass sowohl CRPGs als auch Soloabenteuern in nicht unbeträchtlichem Ausmaß unter der Kategorie Rollenspiel eingeordnet werden. Siehe zB hier (https://de.wikipedia.org/wiki/Rollenspiel_(Spiel)). Man kann ja eine andere Definition für logischer halten, aber ob sich das dann auch durchsetzt? Ich bin skeptisch, ob eine Redefinition nicht mehr Verwirrung als Klarheit stiften würde.

Übrigens gefällt mir das Zitat in dem Wikipedia-Artikel: 'Die Spielwissenschaftler S. A. Warwitz und A. Rudolf beschreiben den Spielgedanken dieser sehr beliebten Spielgattung als „Spielend ein anderer sein“.[1]' Ich persönlich würde noch auf das Ausmaß der Charakterisierung abheben, aber es geht schon in eine richtige Richtung.


Für Dich nicht. Für mich auch nicht.
Aber kuck dir nochmal #98 an.
Alexander outet sich als Autist.

LOL! Das war eigentlich eher Selbstironie... wahrscheinlich habe ich zu viel Zeit mit amerikanischen Rollenspielern im Internet verbracht. Das färbt wohl ab.

Nur zur Präzisierung (Bzw. Korrektur):Die Behauptung war, dass Spiele auch verwendet werden, um Geschichten zu erzählen/erleben. Genau deswegen stört mich die Unterteilung in Spiele und Geschichten erzählen.

Es mag ja sein, dass es Gemeinsamkeiten zwischen Spielen einerseits und Romanen oder Kurzgeschichten oder Comicbüchern, etc. andererseits gibt.
Aber:
1. Dennoch gelten zB Gesellschaftsspiele und Kinofilme als distinkte Phänomene.
2. Berührt das Axiom 3 nicht.

Ich habe mal versucht Axiom 3 zum allgemeinen Verständnis bildlich darzustellen:

(https://i.pinimg.com/564x/88/c8/9d/88c89d837dc87328bf77fb5ca6355601.jpg)

Die CRPGs kamen nicht von mir. Von mir kamen die Abenteuer- und Theaterspiele (die glaube ich eine etwas ältere Tradition als Rollenspiele haben)

Ja, aber die werden in Axiom 3 gar nicht betrachtet. Und sie werden ja auch nicht für Conclusion 1 benötigt.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 24.05.2018 | 12:59
Zitat
LOL! Das war eigentlich eher Selbstironie...
Oh schade, denn das hätte für mich manches Missverständnis nachvollziehbar erklärt. ;)
Zitat
Zumal ja auch vergessen wird, dass manchmal PnP auch online gespielt wird. Nach der Definition einiger hier, würde das ja dann auch rausfallen.

Also zumindest ich würde ein Online Pen and Paper nicht mit einem PC-Game gleichsetzen.
Man ist da in Kontakt mit echten Menschen. Und hat genau die gleichen Freiheiten und Entscheidungsmöglichkeiten,wie beim Tischrollenspiel auch.
Was unter Umständen einschränken könnte, wäre, wenn man sich nicht hört oder sieht.

Man benutzt das Medium nur, um mit anderen in Kontakt zu treten.
Man braucht es nicht, damit man überhaupt spielen kann. (Unterschied)

Edit. Man kann es theoretisch auch über Telefon oder per Whats App spielen.
Es braucht nur eine Kommunikationsverbindung.
(Falls man an verschiedenen Orten sitzt)
Man kann es aber, wenn man am gleichen Ort sitzt, auch ohne Computer spielen.
Das ist bei PC Games nicht der Fall.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: schneeland (N/A) am 24.05.2018 | 13:16
Ich finde Tainted Mirror's Gedankengang sehr interessant und greife den mal auf:
Vielleicht sollte man im ersten Schritt mal Gemeinsamkeiten erkennen und erst im zweiten Schritt Unterschiede benennen.
Also das, was recht und links überbleibt, wenn man sie "aufeinanderlegt".
...
Irgendwie klar, was mein übermüdeter Geist sagen will?

Vielleicht bin ich nur genauso müde, aber mir scheint's klar ;). Ich würde mich dem auch so anschließen.

@Alexander Kalinowski:
Konkret zu Axiom 3: grundsätzlich gäbe es m.E. auch noch eine Spaßquelle "Rumhängen mit Freunden" - wobei das natürlich eher unabhängig vom System und eher schwer operationalisierbar ist (gefühlt tragen allerdings Systeme wie D&D, bei denen man Patzer würfeln kann, die aber eher lustig als tödlich sind, durchaus dazu bei).
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Erg am 24.05.2018 | 13:26
...
Was ist das Argument hinter dieser Behauptung, wenn ich fragen darf? Speziell der Punkt warum es nicht ausreichen sollte das Allgemeinverständnis von Rollenspiel vorauszusetzen und Aussagen zu tätigen über Spiele, die von der überwältigenden Mehrheit der Leute (minus John Wick natürlich) im Hobby da draußen als Rollenspiele angesehen werden (also zB D&D, VtM, CoC, Shadowrun, etc.). Ich klammere bei "meiner" impliziten Definition von Rollenspielen (also der Alltagsdefinition) zunächst mal alle Spiele aus, die vielleicht strittig oder sehr strittig sind.
...

Du darfst gerne fragen. Eine Theorie macht Aussagen die auf alle ihre Gegenstände zutreffen (sollen). Wenn ein Begriff sehr weit gefasst ist, fallen viele verschiedene Gegenstände darunter, was dazu führt, daß nur wenige allgemeingültige Aussagen möglich sind, im Extremfall nur noch triviale Aussagen. Wenn ich die Diskussionen im Tanelorn als Indiz nehme, dürfte das Allgemeinverständnis von Rollenspielen ein sehr weiter Begriff sein.
Du gehst davon aus, daß sich die Begriffe der Leute von Rollenspiel weit genug überschneiden, daß es einen Begriffskern gibt, der zu einer einheitlichen Beurteilung der "Kernrollenspiele" durch die überwältigende Mehrheit führt. Das ist in meinen Augen eine gewagte Vermutung. Zudem, die jeweilige Meinung der überwältigenden Mehrheit in Erfahrung zu bringen, dürfte praktisch unmöglich sein.
Das bringt jedes Spiel in die "vielleicht strittig"-Kategorie

Und nun etwas völlig anderes: Conclusion 1 folgt nicht aus Axiom 3: Dass Rollenspiel Merkmale mit storytelling gemeinsam hat, bedeutet nicht zwangsläufig, dass es sich bei diesen Merkmalen um jene handelt, die für den Spaß am storytelling sorgen. Das mag haarspalterisch sein, aber Du wolltest Axiomatik und Strenge (ich zweifle nicht an der Aussage von Conclusion 1, nur daran, daß sie aus Axiom 3 abgeleitet werden kann).
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 24.05.2018 | 14:48
@Alexander Kalinowski:
Konkret zu Axiom 3: grundsätzlich gäbe es m.E. auch noch eine Spaßquelle "Rumhängen mit Freunden" - wobei das natürlich eher unabhängig vom System und eher schwer operationalisierbar ist (gefühlt tragen allerdings Systeme wie D&D, bei denen man Patzer würfeln kann, die aber eher lustig als tödlich sind, durchaus dazu bei).

Jaja, natürlich! Das ist erstens keine vollständige Liste ("...RPGs encompass at least 3 distinct types of fun"). Zweitens ist das nur der Anfangsschritt in einem Prozess. Um mal mich selbst hier zu zitieren (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,106881.msg134630229.html#msg134630229):
Zitat
Der Ansatz den ich gewählt habe ist eine Kategorisierung auf einer Ebene höher (was aber nicht "besser" heißen soll). Wenn man die 3 erwähnten Traditionen hat, dann kann man im zweiten Schritt mal schauen: was genau macht an Spielen Spaß, was an der Rezeption von Geschichten, was an dem Erfinden von fiktiven Elementen? Man ordnet also die Spaßtypen 0 bis 3 Spaßtraditionen zu (aber man muss Outlier ignorieren - bei Spielen hat man so etwas wie Schach, Monopoly oder vllt auch Little Wars als typische Vetreter). Und dann schaut man welche Spaßtypen es vielleicht noch geben könnte, die man noch nicht abgedeckt hat. Und dann muss man vielleicht Typen eliminieren, die einander zu ähnlich sind. Man betreibt also eine Art von manuellem Clustering.

So baut man hoffentlich eine systematischere (weil mehr abgeleitete) Typologie des Spaßes.




Wenn ich die Diskussionen im Tanelorn als Indiz nehme, dürfte das Allgemeinverständnis von Rollenspielen ein sehr weiter Begriff sein.

Es scheint mir wesentlich restriktiver zu sein als das, was Wikipedia dazu sagt.

Du gehst davon aus, daß sich die Begriffe der Leute von Rollenspiel weit genug überschneiden, daß es einen Begriffskern gibt, der zu einer einheitlichen Beurteilung der "Kernrollenspiele" durch die überwältigende Mehrheit führt. Das ist in meinen Augen eine gewagte Vermutung. Zudem, die jeweilige Meinung der überwältigenden Mehrheit in Erfahrung zu bringen, dürfte praktisch unmöglich sein.
Das bringt jedes Spiel in die "vielleicht strittig"-Kategorie

Da besteht zwischen uns dann ein Dissens. Ich glaube zB das D&D praktisch unstrittig ist (außer natürlich bei John Wick und Co) - ich glaube, dass hier der Widerspruch vernachlässigbar gering sein wird. Nur zu Erinnerung: so etwas wie Wikipedia-Arrtikel kann man ja bereits als Indiz nehmen, was als Rollenspiel betrachtet wird. Oder über welche Spiele auf rpg.net oder Tanelorn gesprochen wird. Und man kann die Häufigkeit der diskutierten Spiele analysieren.

Aber die Spiele kennt eigentlich auch jeder, das braucht man meiner Meinung nach nicht wirklich zu machen. Auch Wissenschaft muss Alltagsbegriffe voraussetzen um Kommunikation möglich zu machen. Es muss möglich sein vorauszusetzen, dass D&D ein Rollenspiel ist. Oder Shadowrun. Oder Call of Cthulhu. Natürlich nicht in einem Paper in dem es um die Definition von Rollenspiel geht, aber ansonsten schon.

Und nun etwas völlig anderes: Conclusion 1 folgt nicht aus Axiom 3: Dass Rollenspiel Merkmale mit storytelling gemeinsam hat, bedeutet nicht zwangsläufig, dass es sich bei diesen Merkmalen um jene handelt, die für den Spaß am storytelling sorgen. Das mag haarspalterisch sein, aber Du wolltest Axiomatik und Strenge (ich zweifle nicht an der Aussage von Conclusion 1, nur daran, daß sie aus Axiom 3 abgeleitet werden kann).

Nein, das ist nicht haarspalterisch, das ist ein legitimer Einspruch. Als erste Maßnahme habe ich mal Axiom 3 modifiziert: "Role-Playing Games combine enjoyable aspects from at least two different..." (Man findet das auch schon in dem Bild oben.)
Im zweiten Schritt muss man sich aber auch noch über die Übertragbarkeit Gedanken machen. Beispiel: Ich behaupte einfach mal (ohne es zu belegen) Menschen mögen die Unwägbarkeiten beim Spiel die durch Würfelwürfe reinkommen - es erzeugt unterhaltsame Spannung. Ist dies ein übertragbares Grundprinzip oder nicht? Falls ja, müsste man das begründen. Falls nein, müsste man sich fragen warum es nicht übertragbar ist, woran es scheitert.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Pyromancer am 24.05.2018 | 16:00
Es gab durchaus auch schon CRPGs, welche mit Spielleiter funktionierten und wo man quasi auch eine komplett eigene Geschichte reinbringen konnte.
Ich sehe da immer eine klare Grenze. Wenn eine Gruppe eine CRPG-Engine als elektrische Battlemap verwendet, aber an sonsten "normales" Rollenspiel macht, nur halt mit einem zwischengeschalteten Kommunikationskanal, dann ist da für mich kein prinzipieller Unterschied zu einer Runde am Tisch mit Miniaturen. Ich mache da das gleiche. Bei einem Solo-Rollenspiel mache ich etwas komplett anderes. Das kann an der Oberfläche sehr ähnlich aussehen, aber das Wesen der Tätigkeit, und was in meinem Kopf abläuft, ist für mich grundverschieden.

Für wen von euch ist es den - nach einem kurzen Moment der Reflexion - wirklich prinzipiell die gleiche Tätigkeit, Solo-Computer-Rollenspiel spielen und am Tisch mit Menschen rollenspielen?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Nørdmännchen am 24.05.2018 | 16:11
Schau dir doch bitte mal diesen Beitrag (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,106881.msg134630229.html#msg134630229) von mir an!

Alles klar - ist bei der Knappheit Deiner Blogeinträge, und der vermaledeiten Mehrdeutigkeit von Sprache (was ist "distinct", was  ist ein "type", usw.) leider nicht immer ganz klar erkenntlich. Ich warte einfach (gespannt) auf Deine Ergebnisse. Ganz persönlich habe ich mit Clustern einfach zu wenig Erfahrung. EDIT: Aber Interesse daran, was Du mit ihnen anstellst.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 24.05.2018 | 17:54
Zitat
(außer natürlich bei John Wick und Co)
Da der Spieledesigner "John Wick" hier immer wieder bewusst ausgeklammert wird, dachte ich, man lässt ihn vielleicht mal zu Wort kommen:

Zitat
Chess is not a roleplaying game. Yes, you can turn it into a roleplaying game, but it was not designed to be a roleplaying game. If you give your King, Queen, Rooks, Knights and even your pawns names and make decisions based on their motivations–instead of the best strategic move possible–you’ve turned chess into a roleplaying game.

You can successfully play chess without roleplaying. In fact, roleplaying can sabotage the game. Now, the definition of a roleplaying game is fuzzy at best, but I think you can I can at least agree that if you can successfully play a game without roleplaying, it can’t be a roleplaying game.[/size]

Video games like World of Warcraft call themselves roleplaying games, but are they? Can you successfully play WoW without roleplaying? In fact, you can. Can roleplaying sabotage your enjoyment of the game? In fact, it can. My friend Jessie tells the story of being kicked off a roleplaying server because he was talking in character. Another friend of mine tells the story of how she was wearing “substandard” armor and equipment because “my character liked it.”

Choices such as “How do I level up my fighter?” do not make a game a roleplaying game. In that case, games such as Dungeon and Descent are roleplaying games, and even their designers would probably tell you, these are board games.

World of Warcraft is a very sophisticated board game. The goal of WoW is not to tell stories but to level up your character.
http://johnwickpresents.com/games/game-designs/chess-is-not-an-rpg-the-illusion-of-game-balance/ (http://johnwickpresents.com/games/game-designs/chess-is-not-an-rpg-the-illusion-of-game-balance/)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 24.05.2018 | 18:14
Ja, genau den Blogpost meine ich:

Zitat
Can you successfully play D&D 1st, 2nd, 3rd and 4th edition without roleplaying? Yes, you can. Notice I didn’t mention 5th edition. That’s a different kettle of fish that I’ll have to talk about at another time.

The first four editions of D&D are not roleplaying games. You can successfully play them without roleplaying. Call of Cthulhu, on the other hand, is a game you cannot successfully play without roleplaying. If you try it, you get… well, you actually violate the basic tenant of the game: to make yourself scared through your character’s choices.

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Sashael am 24.05.2018 | 18:18
Da der Spieledesigner "John Wick" hier immer wieder bewusst ausgeklammert wird, dachte ich, man lässt ihn vielleicht mal zu Wort kommen:
O...kaaaay.
Der Ursprung aller RoleplayingGAMES ist kein Roleplayinggame.

Nagut, den Mann muss ich ja nicht ernst nehmen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 24.05.2018 | 18:21
Zitat
if you can successfully play a game without roleplaying, it can’t be a roleplaying game.
Ich finde das -einfach und schlüssig zugleich. :)
Es ist (für mich) absolut logisch.

"Rollenspiel"-als Bezeichnung setzt ja einen Schwerpunkt. Und wenn ich den nicht unbedingt brauche, dann wird er nicht erfüllt.
@
Sashael
(Wenn ihn gar keiner ernst nehmen würde, dann hätte er sicher nicht sooo viele Spiele designt) :D

Edit. Ich freue mich jedenfalls riesig, dass ich (für mich) hier noch  was Schlüssiges mitnehmen konnte.
Wenn auch anders, als anfangs gedacht.
Merci :)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 24.05.2018 | 18:36
Ich finde das -einfach und schlüssig zugleich.

Wie das mit Zirkelschlüssen halt so ist.

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 24.05.2018 | 18:45
Wie das mit Zirkelschlüssen halt so ist.

Wieso Zirkelschluss?

Er unterscheidet eben in Kernelement oder nachrangige bis völlig einflussfreie Fassade.

Bloß weil ich jetzt an schwarzen Schachfiguren statt Orkpeons TIEs auf dem Brett habe, macht der Wechsel der "Rolle" von Lord Dar´kevil zu Darthvader nun so gar keinen Unterschied für das Spiel an sich.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 24.05.2018 | 19:01
Er unterscheidet eben in Kernelement oder nachrangige bis völlig einflussfreie Fassade.

Und setzt damit die Perspektive so, wie es ihm für seine angestrebte Schlussfolgerung passt.


Funktioniert D&D wirklich ganz ohne Rollenspiel?
Allerhöchstens dann, wenn ich den Dungeoncrawl-Part überbetone, brettspielartig aufziehe und alles andere weg lasse. Das geht aber nur mit voller Absicht und es ist gerade nicht die Art, wie das Spiel der Intention der Autoren nach gespielt werden soll. Also genau der gleiche Gedanke wie bei seinen Gegenbeispielen (!).

Umgekehrt könnte ich auch hergehen und sagen, wer z.B. Vampire ohne Würfeln betreibt und ausschließlich "rollenspielt"*, spielt auch kein roleplaying game mehr.

*es wäre an der Stelle wohl eine Idee gewesen, das etwas genauer zu definieren.


Jedenfalls sind wir hier im Thread mit der Unterscheidung bzw. mit dem Gedanken vom wechselwirkenden Nebeneinander von Spiel- und Erzähl-Anteil schon vor einigen Seiten weiter gewesen. Das ist nämlich genau der Sachverhalt, an dem Wick hier völlig scheitert.


Wick hat übrigens in einer Folgebemerkung geschrieben, dass er den Artikel nur mal eben schnell zusammengedengelt hat, um die Diskussion anzuregen. Daher will ich mal nicht zu sehr auf Form und Inhalt rumreiten, aber die Kernaussage ist dermaßen daneben, dass der Artikel eine der Säulen meiner Entscheidung ist, mir nichts von dem anzuschauen, was Wick so fabriziert.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: schneeland (N/A) am 24.05.2018 | 19:07
Für wen von euch ist es den - nach einem kurzen Moment der Reflexion - wirklich prinzipiell die gleiche Tätigkeit, Solo-Computer-Rollenspiel spielen und am Tisch mit Menschen rollenspielen?

Partiell. Bei Rollenspielen speist sich für mich der Spaß aus verschiedenen Quellen:
1) Immersion (eine fantastische Welt erkunden, eine Geschichte/ein Abenteuer erleben)
2) Fantasie (eine andere Identität annehmen, ggf. mit Charaktereigenschaften experimentieren, die ich im wirklichen Leben nicht habe oder die dort selten zum Tragen kommen)
3) Progression (Fähigkeiten verbessern, Entscheidung zur Weiterentwicklung eines Charakters treffen)
4) Taktik (Fähigkeiten möglichst optimal einsetzen, um Gegner zu überwinden und Probleme zu lösen)
5) Kreativität (schräge Sachen ausprobieren, um Probleme zu lösen)
6) Soziales (Zeit mit Freunden verbringen, Bier trinken, blöde Witze machen, gemeinsam über verpatzte Proben oder Fuckups durch Missverständnisse lachen)

CRPGs decken (3) und (4) zumindest teilweise ziemlich gut ab, je nach Qualität der technischen Umsetzung bzw. der konkreten Gruppe, mit der man spielt, besser als P&P RPGs. (1) kann je nach Inszenierungsqualität ebenfalls besser funktionieren, zumindest verglichen mit dem Erzähltalent von Durchschnittsspielern/-spielleitern. Bei (2) und (5) werden Computerspiele zwar langsam besser, sind aber in der Regel im Vergleich zum menschlichen SL eher limitiert. In der Regel ist aber bei (5) bereits ein durchschnittlich talentierter SL dem Computer deutlich überlegen. (6) fehlt bei Single Player-CRPGs völlig und ist bei MMORPGs zumindest eingeschränkt, weil die "Bandbreite" des direkten Zusammensitzens fehlt.
Vor allem wegen (5) und (6) würde ich P&P RPGs auch immer vorziehen, wenn ich die Wahl habe; zudem werden mir (3) und (4) umso unwichtiger je älter ich werde.
Zusammenfassend sehe ich da zumindest eine ordentliche Schnittmenge zwischen CRPGs und P&P RPGs.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 24.05.2018 | 19:10
@
YY
Zitat
Choices such as “How do I level up my fighter?” do not make a game a roleplaying game. In that case, games such as Dungeon and Descent are roleplaying games, and even their designers would probably tell you, these are board games.

In dem Zitat lese ich  kein D&D
Das steht nur "Dungeon"

Hätte er D&D schreiben wollen
hätte es wohl "Dungeons and Dragons" gehießen.

Dungeon scheint ein Spiel zu sein, das er ähnlich wie Descent einstuft.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 24.05.2018 | 19:15
Alexander hat oben eine der relevanten Stellen zitiert.
Wick spricht in dem Artikel von D&D.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 24.05.2018 | 19:19
Es mag ja sein, dass es Gemeinsamkeiten zwischen Spielen einerseits und Romanen oder Kurzgeschichten oder Comicbüchern, etc. andererseits gibt.
Seufz. Du willst wirklich noch ne Runde.
Okay...
Fangen wir mal mit dem Axiom 3 als Solches an. Jedes Mal, wenn wir drüber diskutiert haben, wurde Axiom 3 weiter relativiert oder eingeschränkt. Einige der Einschränkungen finden sich nicht mal im Text. "Games" ist für Dich eingeschränkt auf Brettspiele und Wargames. Alles anderen Arten von Spielen klammerst Du als Outlier aus. Dann schränkst Du "Storytelling" so ein, dass nur Geschichten zählen, bei denen die Protagonisten mindestens einen Namen, 6 Attribute und ein Aligment haben.
Sprich für dieses Axiom gilt auch für Dich nur unter bestimmten Bedingungen, dass eine Teilgruppe von "Games" und eine Teilgruppe von "Storytelling" von verschiedenen "Traditionen" abstammen (aber irgendwie dann doch ineinanderverwoben sein können) und das Rollenspiel eine Kombination von diesen Teilgruppen ist.

Wäre es da nicht überlegenswert einen etwas anderen Ansatz für Axiom 3 zu wählen, der viel weniger Bedingungen und Einschränkungen enthält?

Aus meiner Sicht wäre das ziemlich einfach:
Wir haben das Spiel. Das haben wir ja schon etabliert, dass es eine Tätigkeit zur Unterhaltung (also Spassgenerierung als Ziel, wie auch immer Spass definiert ist) ist.
Wie wird dieser Spass generiert?
Naja. Es gibt Regeln, welche Aktionen man machen darf und es gibt Regeln, die die Konsequenzen darstellen. Damit dürften wir im Groben doch erstmal sowas wie Dame oder Mau Mau abgehandelt haben. Sieht für mich also wie ne Simulation aus.
Sprich: In einem Spiel wird eine Simulation als Technik eingesetzt, um damit Spass zu generieren.
Cool! :D

Das reicht aber nicht. In dem Video zum Leiterspiel, dass ich verlinkt habe, war ja zu sehen, dass sich das Spiel im Laufe der Zeit und unter dem Einfluss der jeweiligen Kultur gewandelt hat. Je nachdem in welcher Kultur das Spiel gespielt wurde, war die Anzahl der Leitern und Schlangen anders und auch das Spielbrett war anders bemalt bzw beschriftet. Diese Beschriftung und die Anzahl der Leitern und Schlangen standen als Symbol (oder Metapher) für bestimmte kulturelle Werte. Es wird also den Spielenden Wissen in Metaphern weitergegeben. Du hast also eine kleine Geschichte, die den Spielern erzählt wie das Leben so ist und wie das Leben zu nehmen ist. Also das hört sich für mich unheimlich wie Storytelling an. Allerdings gibt es auch Spiele, die diese Technik nicht anwenden (siehe Dame oder Mau Mau). Ich kann Dir aber gerne noch weitere Nichtrollenspielbeispiele liefern, die ohne Storytelling mächtig an Spass einbüssen würden.
Sprich: In einem Spiel kann auch die Technik Storytelling verwendet werden, um damit Spass zu generieren.

Dann haben wir zum Schluss etabliert, dass Rollenspiel eine Art von Spiel ist. Ergo können erstmal alle Techniken, die allgemein bei Spielen verwendet werden, auch bei Rollenspielen eingesetzt werden (bis wir Techniken definieren, die von der Definition Rollenspiel ausgeschlossen werden, aber in der Definition Spiel enthalten ist).

Und schon hast Du ein Axiom 3 + Conclusion 1 ohne große Einschränkungen und ich darf immer noch Nichtrollenspiele auch ohne Rollenspielelemente spielen um Geschichten zu erleben/erzeugen ohne dass ich mir sagen lassen muss, dass das garkeine Geschichten sind. ;)

EDIT:
Du hast dann nicht nur Axiom 3, sondern auch 2 Techniken, die zwecks Spasskategorisierung untersuchen kannst. Mindestens eine Technik dürfte da dann noch kommen. Schliesslich haben wir alleine mit diesen 2 Techniken Rollenspiel noch nicht definiert. Mindestens die Technik "Rollenspiel" sollte da noch folgen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 24.05.2018 | 19:22
Zitat
Alexander hat oben eine der relevanten Stellen zitiert.
Wick spricht in dem Artikel von D&D.
Jo, ich spiele kein D&D,
Und auch kein Dungeon Crawling.
Sieht er vielleicht etwas streng.
Und  kann man noch differenzieren, wenn man möchte.

Ändert für mich aber nichts an, der stimmigen These: dass "Rollenspiel" auch ein Schwerpunkt sein muß, für ein Spiel, das sich so bezeichnen möchte.
Zitat
if you can successfully play a game without roleplaying, it can’t be a roleplaying game.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 24.05.2018 | 19:32
Funktioniert D&D wirklich ganz ohne Rollenspiel?

Ok, bei einem sehr weiten Umfang von "kann" wird die Aussage tatsächlich falsch.

Das müßte also eher an der Relevanz und möglichen Persönlichkeitstiefe der Figurendarstellung im Rahmen des vorgesehenen Spiels aufgehangen werden.

Ich glaub ich mach da gleich noch etwas auf.

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 24.05.2018 | 19:39
Ändert für mich aber nichts an, der stimmigen These: dass "Rollenspiel" auch ein Schwerpunkt sein muß, für ein Spiel, das sich so bezeichnen möchte.

Und das ist es bei D&D auch.
Genau da kommt D&D sogar her, weil man sonst einfach weiter Wargames gespielt hätte ;)

Wenn man den Rollen-Anteil weglässt, "entkernt" man das Spiel genau so sehr wie CoC, Vampire oder sonstige seiner Gegenbeispiele.

Natürlich ist die Aussage formell richtig: "Wenn ich definierende Elemente rausschmeiße, entspricht mein Spiel nicht mehr der Definition."
Das hat nur nichts damit zu tun, was D&D sein soll. Wick muss sich im D&D-Kontext auf ein übertriebenes Zerrbild beziehen, um seine Aussage machen zu können.


"Games" ist für Dich eingeschränkt auf Brettspiele und Wargames. 

Na, weil das die Spiele sind, aus denen das Rollenspiel sich entwickelt hat.
Es ist ja gerade keine allgemeine Betrachtung, sondern konkret auf das Rollenspiel bezogen.

Deine Definition ist damit zwar inklusiver und allgemeiner, liefert deswegen aber keinen "Erkenntnisgewinn" bzw. keine Perspektive, die eine Auswirkung auf den weiteren Designprozess hätte.

Also das hört sich für mich unheimlich wie Storytelling an.

Darum dreht sich die ganze Diskussion auch zwischen uns beiden im Nachbarstrang:
Wir gehen von völlig unterschiedlichen Inhalten der Begriffe Storytelling und Geschichte aus.

Wie gesagt tut man sich an dem Punkt schon wesentlich leichter, wenn man zwischen erspielten und gesetzten Geschichten sowie vielleicht als Drittes einer übergeordneten Message des Spiels unterscheidet.
Dann "darf" der Spiel-Anteil auch Geschichten produzieren und die Unterscheidung bleibt trotzdem erhalten - gerade fürs Regeldesign ist diese nämlich mMn ziemlich wichtig und man tut sich keinen Gefallen, wenn man sie zugunsten einer allgemeineren Definition rauswirft.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 24.05.2018 | 19:56
Na, weil das die Spiele sind, aus denen das Rollenspiel sich entwickelt hat.
Es ist ja gerade keine allgemeine Betrachtung, sondern konkret auf das Rollenspiel bezogen.
EDIT: Fettdruck für Alexander:Wie wir schon etabliert haben, wurde Rollenspiel auch durch Abenteuerspiele beeinflusst, die in der Betrachtung als "Outlier" ausgeschlossen wurden.
Zitat
Deine Definition ist damit zwar inklusiver und allgemeiner, liefert deswegen aber keinen "Erkenntnisgewinn" bzw. keine Perspektive, die eine Auswirkung auf den weiteren Designprozess hätte.
Na doch! Im Prinzip will Alexander auf die Spasstypen oder -arten hinaus. Sprich: Er will untersuchen welche Spassarten beim Rollenspiel befriedigt werden. Nach seinen Überlegungen hat er 2 "Traditionen" die er betrachten kann. Nach meinen Überlegungen schon mal 3 Techniken. Nettogewinn: 1 Technik mehr.
Zitat
Darum dreht sich die ganze Diskussion auch zwischen uns beiden im Nachbarstrang:
Wir gehen von völlig unterschiedlichen Inhalten der Begriffe Storytelling und Geschichte aus.
Dazu habe ich endlich, endlich einen sinnvollen Essay gefunden, der meine Überlegungen einigermassen sinnvoll in Worte fasst. (Und nach 7 oder 8 Jahren bekomme ich endlich die Hyperreality mit samt dem Disneypark in die Verbindung zum Spiel allgemein! Yeah! :D)
Lies mal: Henry Jones - Game Design as narrative Architecture (http://homes.lmc.gatech.edu/~bogost/courses/spring07/lcc3710/readings/jenkins_game-design.pdf) (15 Seiten PDF. Bezieht sich auf PC-Spiele, aber die Transferleistung auf unser Gespräch sollte meiner Meinung da sein). Lies da mal besonders den Abschnitt "evocative Spaces".
Zitat
Wie gesagt tut man sich an dem Punkt schon wesentlich leichter, wenn man zwischen erspielten und gesetzten Geschichten sowie vielleicht als Drittes einer übergeordneten Message des Spiels unterscheidet.
Dann "darf" der Spiel-Anteil auch Geschichten produzieren und die Unterscheidung bleibt trotzdem erhalten - gerade fürs Regeldesign ist diese nämlich mMn ziemlich wichtig und man tut sich keinen Gefallen, wenn man sie zugunsten einer allgemeineren Definition rauswirft.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 24.05.2018 | 20:00
Zitat
Und das ist es bei D&D auch.
Genau da kommt D&D sogar her, weil man sonst einfach weiter Wargames gespielt hätte ;)

Wenn man den Rollen-Anteil weglässt, "entkernt" man das Spiel genau so sehr wie CoC, Vampire oder sonstige seiner Gegenbeispiele.

Natürlich ist die Aussage formell richtig: "Wenn ich definierende Elemente rausschmeiße, entspricht mein Spiel nicht mehr der Definition."
Das hat nur nichts damit zu tun, was D&D sein soll. Wick muss sich im D&D-Kontext auf ein übertriebenes Zerrbild beziehen, um seine Aussage machen zu können.
Wer D&D jetzt wirklich erfunden hat, darum ranken sich ja auch Geschichten.
Dave Arneson war  ein ganz anderer Typ als Gygax.
Und gilt für manche auch als der eigentliche Erfinder des Rollenspiels.
Aber es war halt Gygax der die Kohle hatte. Dave Arneson fehlte sie meines Wissen damals.

Und klar will Wick auch ein wenig provozieren.
Aber hey, ich denke, jeder der weiß wie sich Rollenspiel anfühlen kann, kann das auch von anderen Spielen unterscheiden, in denen es "vordergründig" auch um Rollenspiel geht.

Was auf der Dose draufsteht, sollte halt auch in der Dose drin sein.
Im Zweifelsfall hilft ja probieren.-Dann weiß man es.

Im Endeffekt wird sich das durchsetzen was Spaß macht, und nicht das, was angeblich Spaß machen soll.
Es ist ja nur eine freiwillige Freizeitbeschäftigung.

Edit. Ich kenne allerdings tatsächlich ein paar Leute die von D&D 5 richtig begeistert sind.
Und das jetzt spielen, obwohl sie mit den frührern Editionen nicht so warm geworden sind.
Irgendwas scheint sich da getan zu haben, allerdings weiß ich nicht was. :D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 24.05.2018 | 20:24
Lies mal: Henry Jones - Game Design as narrative Architecture (http://homes.lmc.gatech.edu/~bogost/courses/spring07/lcc3710/readings/jenkins_game-design.pdf)

Dem ersten Satz kann ich mich schon mal anschließen  ~;D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 24.05.2018 | 20:41
Dem ersten Satz kann ich mich schon mal anschließen  ~;D
Ich habe mir sagen lassen, dass die Frage, ob PC-Spiele eine Literaturform sind oder nicht vor 10 Jahren oder so ein extrem heisser Konflikt gewesen sein soll. (Also so mit Twitterartigen Shitstorms in Essayform zwischen "Narratologen" und "Ludologen".) ~;D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 24.05.2018 | 21:12
Tjoah, wenns solche Grabenkämpfe gibt, liegt die Wahrheit meistens irgendwo in der Mitte...
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 24.05.2018 | 21:52
Tjoah, wenns solche Grabenkämpfe gibt, liegt die Wahrheit meistens irgendwo in der Mitte...
Da wäre ich mir nicht so sicher. Bevor die Plattentektonik etabliert war, wurde sich wohl in Akademiekreise in den 1960 darum auch wohl kräftig gezofft... und danach hatte sich die Plattentektonik etabliert.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 24.05.2018 | 22:05
Fangen wir mal mit dem Axiom 3 als Solches an. Jedes Mal, wenn wir drüber diskutiert haben, wurde Axiom 3 weiter relativiert oder eingeschränkt.

Das ist sachlich falsch. Ich habe heute zum ersten Mal ein funktionierendes Gegenargument gehört und dementsprechend Axiom 3 das erste Mal präzisiert. Alle anderen Veränderungen (Fußnote, Unterstreichung) sowie das Bild weiter oben im Thread dienen nur dazu Missverständnissen vorzubeugen. Sie bewirken keine semantische Veränderung am Originaltext.

Einige der Einschränkungen finden sich nicht mal im Text. "Games" ist für Dich eingeschränkt auf Brettspiele und Wargames.

Im Axiom 3 stand von Begin an:
"...from at least two different, earlier traditions of entertainment: games (boardgames, wargames, etc.) and story-telling (whether it’s verbally, in book form, as graphic novel or on film, etc.)."
Wie interpretiest du das "etc." jeweils? Ich würde mal behaupten, dass der geneigte Leser, das so interpretieren muss, dass Rollenspiele Aspekte mit diesen Spieltypen gemeinsam haben - und wohlmöglich auch noch mit anderen (oder auch nicht). Es ist für Conclusion 1 aner auch gar nicht wichtig ob es noch andere Spieltypen gibt. Das ist völlig irrelevant. Hätte ich nur Boardgames (oder nur Wargames) genannt, würde Conclusion 1 genauso funktionieren. (So ist's aber eine schwächere Forderung.) Bei diesen beiden Spieltypen gibt es aber mit Sicherheit Aspekte die das Rollenspiel übernommen hat.


Alles anderen Arten von Spielen klammerst Du als Outlier aus.

Wann hast du das letzte Mal Axiom 3 gelesen?

Dann schränkst Du "Storytelling" so ein, dass nur Geschichten zählen, bei denen die Protagonisten mindestens einen Namen, 6 Attribute und ein Aligment haben.

Auch dies ist eine falsche Behauptung. Axiom 3 sagt zunächst das, was es sagt. Ich habe in den Diskussion hier allerdings eine Anmerkung gemacht, die völlig offensichtlich ist (um den Unterschied zwischen Spielen und Story-Telling zu erläutern): In typischen Geschichten aus diesen Arten des Story-Telling geht es um Personen mit ausgeprägten Persönlichkeitsmerkmalen, was diese Geschichten zB vom Schachspiel oder Monopoly oder Tactics oder Little Wars unterscheidet. Beispiele wären Ben Hur (Film), Batman (Comic), Der Fall des Charles Dexter Ward (Buch). Wohlgemerkt: wir reden immer noch von der Prä-Rollenspielzeit.

Ferner habe ich im 2. Blogpost Anmerkungen gemacht, damit keine Missverständnisse aufkommen, wenn Begriffe wie Rollenspiele oder Filme ohne Zusatzqualifikationen wie "alle Rollenspiele" oder "alle Filme" verwendet werden. Ich habe dazu die Analogie zu Datenclustern gezogen. Und damit eine implizite Begründung für die Erläuterungen in Fußnote 1 nachgeschoben.


Sprich für dieses Axiom gilt auch für Dich nur unter bestimmten Bedingungen, dass eine Teilgruppe von "Games" und eine Teilgruppe von "Storytelling" von verschiedenen "Traditionen" abstammen (aber irgendwie dann doch ineinanderverwoben sein können) und das Rollenspiel eine Kombination von diesen Teilgruppen ist.

Entertainment-Traditonen im Sinne von: voneinander distinkte Formen des Entertainments mit einer eigenen Historie - insbesondere bis zum Zeitpunkt der Erfindung des Rollenspiels (Axiom 3 spricht ja von vorhergehenden Traditionen). Allerdings. Ja. Ziemlich klar und eindeutig.

Wäre es da nicht überlegenswert einen etwas anderen Ansatz für Axiom 3 zu wählen, der viel weniger Bedingungen und Einschränkungen enthält?

Der Kontext von Axiom 3 ist der Beweis von Conclusion 1, nichts anderes. Das Axiom ist nötig dazu und wurde so schwach wie möglich formuliert.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 24.05.2018 | 22:25
@Alexander Kalinowski:
Na denn. Wenn Du meinst. Jetzt aber wirklich: Viel Erfolg mit Deiner Theorie. Auf mich kannst Du sicherlich verzichten. :)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 24.05.2018 | 23:03
Da wäre ich mir nicht so sicher. Bevor die Plattentektonik etabliert war, wurde sich wohl in Akademiekreise in den 1960 darum auch wohl kräftig gezofft... und danach hatte sich die Plattentektonik etabliert.

"Richtige" Wissenschaft ist noch mal ein Thema für sich - da kann ja auch oft genug nur eins wahr(er  ;)) sein.
Ich hätte jetzt eher an Sachen gedacht wie Shadowrun vs. CP2020, Star Trek vs. Star Wars, AR-15 vs. AK... ;D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Crimson King am 24.05.2018 | 23:09
"Richtige" Wissenschaft ist noch mal ein Thema für sich - da kann ja auch oft genug nur eins wahr(er  ;)) sein.
Ich hätte jetzt eher an Sachen gedacht wie Shadowrun vs. CP2020, Star Trek vs. Star Wars, AR-15 vs. AK... ;D

Die Frage, ob PC-Spiele eine Literaturform sind oder nicht, ist natürlich auch eine literaturwissenschaftliche. Die allermeisten deiner oben angebrachten Beispiele sind reine Geschmacksfragen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Pyromancer am 24.05.2018 | 23:27
Partiell. Bei Rollenspielen speist sich für mich der Spaß aus verschiedenen Quellen:

...

Zusammenfassend sehe ich da zumindest eine ordentliche Schnittmenge zwischen CRPGs und P&P RPGs.

Es werden teilweise ähnliche Spaßquellen bedient. Geschenkt. Darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, dass es eine völlig andere Tätigkeit ist. Machst du beim klassischen Rollenspiel etwas ähnliches wie beim Solo-Computer-Rollenspiel? Und da kann ich für mich sagen: Obwohl es bei beiden (wie auch immer geartet) Exploration, Story, Taktik, Progression und Immersion gibt mache ich beim klassischen Rollenspiel etwas völlig anderes als beim Solo-Computer-Rollenspiel.

Im Gegenzug mache ich bei Midgard, Traveller, Vampire, Dogs in the Vineyard, Call of Cthulhu, Ars Magica, ..., etwas sehr, sehr ähnliches.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: schneeland (N/A) am 24.05.2018 | 23:35
Es werden teilweise ähnliche Spaßquellen bedient. Geschenkt. Darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, dass es eine völlig andere Tätigkeit ist. Machst du beim klassischen Rollenspiel etwas ähnliches wie beim Solo-Computer-Rollenspiel? Und da kann ich für mich sagen: Obwohl es bei beiden (wie auch immer geartet) Exploration, Story, Taktik, Progression und Immersion gibt mache ich beim klassischen Rollenspiel etwas völlig anderes als beim Solo-Computer-Rollenspiel.

Im Gegenzug mache ich bei Midgard, Traveller, Vampire, Dogs in the Vineyard, Call of Cthulhu, Ars Magica, ..., etwas sehr, sehr ähnliches.

Ok, ist halt die Frage, wie man auf die Sache schaut. Aus der Perspektive der tatsächlichen Handlungen haben mindestens das Spiel am Tisch und CRPGs praktisch nichts miteinander zu tun, und selbst bei Nutzung von Online-Unterstützung oder Email-Rollenspiel sind die Ähnlichkeiten zu CRPGs eher übersichtlich.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: YY am 24.05.2018 | 23:37
Die Frage, ob PC-Spiele eine Literaturform sind oder nicht, ist natürlich auch eine literaturwissenschaftliche.

Wobei mir nicht klar ist, wie man sich an der Frage so abarbeiten kann.
Teile mancher PC-Spiele sind Literatur - schon fertig  ;D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: TaintedMirror am 24.05.2018 | 23:45
Ich sehe es noch nicht, dass CRPGs etwas grundverschiedenes zu PnP-RPGs sind. Aus meiner Betrachtungsweise sind die Computerspiele einfach nur eine qualitativ schlechtere und Begrenztere Emulation der Aspekte, die ein RPG ausmachen können. Hierbei ist so die Reihenfolge, was Möglichkeiten angeht zwar deutlich PnP-Multi>Comp-Multi>Comp-Solo>PnP-Solo, was jedoch nicht bedeutet, dass dem ganzen unterschiedliche Intentionen vorliegen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: 6 am 25.05.2018 | 00:23
Wobei mir nicht klar ist, wie man sich an der Frage so abarbeiten kann.
Teile mancher PC-Spiele sind Literatur - schon fertig  ;D
Ich zitier mal Wiki bei der Ludologie:
Die Heftigkeit der ursprünglichen Debatte erklärt sich in erster Linie aus ihrer Wahrnehmung als Schlüsselkonflikt um die Deutungshoheit des Phänomens "Spiel". Die Position der Narratologen wurde von den Ludologen als Okkupationsversuch durch das Überstülpen unzulässig verallgemeinerter Konzepte eines fremden Fachbereichs angesehen, was in der Folge zu einer bewussten Radikalisierung und Polemisierung auch der Argumentation einiger Simulationisten führte. Exemplarisch hierfür ist ein in diesem Kontext zu relativer Berühmtheit gelangtes Zitat von Markku Eskelinen:

    „If I throw a ball at you, I don't expect you to drop it and wait until it starts telling stories.“

    „Wenn ich Ihnen einen Ball zuwerfe, erwarte ich von Ihnen nicht, dass Sie ihn fallen lassen und warten, bis er anfängt, Geschichten zu erzählen.“

– Markku Eskelinen

Vorherrschend in der internationalen Spieleforschung ist mittlerweile eine gemäßigte ludologische Sichtweise. Diese erkennt neben der Simulation als Grundprinzip des Spiels die Nützlichkeit einer traditionell textuellen Analyse von Spielinhalten zwar durchaus an, allerdings nur dann, wenn auch originär narrative Elemente vorhanden sind, was für viele Spiele, wie z. B. Schach oder Tetris, verneint wird.


;)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Issi am 25.05.2018 | 07:16
Ich sehe es noch nicht, dass CRPGs etwas grundverschiedenes zu PnP-RPGs sind. Aus meiner Betrachtungsweise sind die Computerspiele einfach nur eine qualitativ schlechtere und Begrenztere Emulation der Aspekte, die ein RPG ausmachen können. Hierbei ist so die Reihenfolge, was Möglichkeiten angeht zwar deutlich PnP-Multi>Comp-Multi>Comp-Solo>PnP-Solo, was jedoch nicht bedeutet, dass dem ganzen unterschiedliche Intentionen vorliegen.
Du meinst PC Games wären auch gerne Rollenspiele.
Aber sie können es nicht (ganz )sein? :D
(Da könnte etwas dran sein)

Nur weil sie es gerne wären, heißt es ja nicht, dass sie das tatsächlich sind(vom Spielgefühl her).

Der Mensch, bzw. ein menschliches Gegenüber ist ja auch schwer zu ersetzen. Auch die menschliche Vorstellungskraft ist schwer zu ersetzen. Unserer Phantasie sind nicht viele Grenzen gesetzt. Und es macht auch mMn. einen großen Unterschied ob man eine Figur selbst verkörpern kann oder ob man sie nur zieht.

Im Endeffekt erkennt man es mMn. am "Erleben" am Besten ob es ein Rollenspiel ist, nicht an der Anzahl angeblich identischer Aspekte, die man mit einem"echten" Rollenspiel (mit echten Menschen )gemeinsam hat.

Man kann den Fokus mMn. auf die Ähnlichkeiten legen oder auf die Unterschiede. Aber wenn die Unterschiede nun mal die entscheidenden sind(weil sie das Spielerlebnis direkt beeinflussen ), macht es mMn. wenig Sinn sich zu sehr an den vermeintlichen Gemeinsamkeiten aufzuhängen.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 25.05.2018 | 13:44
Zu der Rollenspieldiskussion:
Ich glaube, dass hier zwei Dinge etwas vermischt werden...
Es gibt eine weite Definition von Rollenspiel, die so eine Art von Oberbegriff für verschiedene Spielformen ist - siehe Wikipedia.
Hier im Forum wird aber eine weitaus engere Definition von Rollenspiel angestrebt, die sich scheinbar auf das Ausspielen einer Rolle im Konzert mit anderen Partizipanten fokussiert. Beides kann gleichrangig nebeneinander existieren - Begriffsdefinitionen "im engeren Sinne" und "im weiteren Sinne" sind meiner Erfahrung nach in der Wissenschaft durchaus vorkommend.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Rycad am 24.04.2019 | 11:40
Moin,

Ich habe nur kurz die letzte Seite gelesen also bitte nicht steinigen, wenn ich etwas am Thema vorbei bin.

Je nachdem wer da am Tisch sitzt und welche Vorliebe die Person im PnP hat, können PC spiele eine bessere Wahl für die Person sein. Gegenüber einer PnP- Runde haben PC- Rollenspiele viele Nachteile, sie sind eingeschränkter usw , aber auch einige Vorteile die aber nicht unbedingt zum tragen kommen müssen. Z.B. gibt es weniger Regelstreit und lange Probenmarathons und Rechnerei macht der PC automatisch.

…Im Endeffekt erkennt man es mMn. am "Erleben" am Besten ob es ein Rollenspiel ist…

Dann hatte ich schon einige Runden bei denen ich nicht weiß was ich da gemacht habe. Ich habe Rollenspiel für mich nie definiert. Ist die Abgrenzung zu „Werwölfe im Düsterwalt“ oder „Improvisationstheater“ das man Stift und Papier vor sich hat? Was ist wenn ich meine Sachen vergessen habe oder ein Handy benutze? Für mich war PnP immer wenn ich mit der Motivation auf Rollenspiel und einen gewissen Fokus auf das Spielen Zeit mit anderen verbracht habe.

Schönen Tag noch
Rycad
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 24.04.2019 | 13:45
Ich hab jetzt alles nur überflogen und dann konnte ich nicht anders als lachen.

Warum spielt man nich einfach statt da ne Wissenschaft draus zu machen?  :wf:
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: First Orko am 24.04.2019 | 13:54
Provokante Gegenfrage: Warum nicht einfach spielen, statt hier mitzulesen?  8]

Es gibt da auch schon einen Thread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,20552.msg397392.html#msg397392) der sich dieser oft gestellten Standardfrage annimmt.

Kurzfassung: Wenn einfach nur spielen wirklich so einfach wäre - worüber schrieben wir dann hier im Rollenspielbereich? Die Diskussionen über dysfunktionale Gruppen/SL/Systeme sind Legende. Das Ganze mal analytisch anzugehen ist ein Versuch, die eigene Lebenszeit aufzuwerten in dem man Fallen erkennt und vermeidet (durch richtige Wahl von System, Gruppe, SL).

Ansonsten: Lustig, dass du ausgerechnet einen Fate-Würfel gewählt hast. Ich würde mal behaupten, dass RPG-Theory die Entstehung von gerade Systeme wie Fate zumindest zum großten Teil beeinflusst haben...
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 24.04.2019 | 18:52
Weil es Rollenspiel ist und nicht Diskussionsspiel  ;) Ich finde es ja nicht gänzlich uninteressant wie manche Leute das sehen, aber die Verbissenheit und der akademische Ernst mit dem das teilweise betriebern wird ist m.E nach lachhaft.

Dysfunktionale Gruppen, inklusive Familien, gibt es überall. Das hat nix mit RPG zu tun. Sonst könnte man auch behaupten, Familien mit diesen Problemen sind keine, und wie bitte definiert man dann Familie?

Abegesehen davon, ich bringe öfters Brett-und Kartenspiele, inklusive Schach, mit in meine Stories. Kann sein, dass meine Kampagnen dann zeitweise kein "richtiges" RPG mehr sind. Aber was macht das schon. Es wird eine gemeinsame Geschichte erzählt in der jeder irgendwelche Rollen übernimmt. Also ist es für mich immer noch Rollenspiel. Auch Impro-Theater ist letztlich Rollenspiel, nut eben ein LARP sozusagen  ;D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 24.04.2019 | 18:58
Es wird eine gemeinsame Geschichte erzählt in der jeder irgendwelche Rollen übernimmt. Also ist es für mich immer noch Rollenspiel.

Äh, dann hast du noch gar nicht mit dem Rollenspiel  angefangen,  ... .  8)

Und während man sich seine Familie nicht aussuchen kann, ist es gerade die Zusammensetzung der Spielgruppe mit inkompatiblen Spielern, weil man diese Unterschiede eben nicht passend kommuniziert hat / kommunizieren konnte/ wollte/ ... , welche eine zu einem guten Teil vermeidbare Hauptursache für kaputte Runden darstellt.

Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: schneeland (N/A) am 24.04.2019 | 19:02
Warum spielt man nich einfach statt da ne Wissenschaft draus zu machen?  :wf:

Zum Einen würde ich hier First Orko zustimmen: ich wünsche mir schon seit langem eine analytisch saubere Abhandlung zu Game- und Experience-Design für Pen&Paper-Rollenspiele. Ich glaube, eine strukturierte Vorgehensweise könnte hier das Hobby an sich ein ganzes Stück voran bringen.
Zum Anderen: Sachen analytisch zu durchdringen ist einfach an sich schon toll und - zumindest bei Erfolg - auch unglaublich befriedigend. Da braucht's im Zweifelsfall auch gar keine praktische Verwertbarkeit :)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 24.04.2019 | 19:06
Ah ja das kann ich nachvollziehen  8)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Rycad am 25.04.2019 | 15:14
Moin,

Warum Rollenspieltheorie? Um mich neben dem Rollenspiel mit Rollenspiel zu beschäftigen und meine runden aufzuwerten, bzw. Probleme zu erkennen und zu beheben.

Oder anders ausgedrückt.

Lieber beschäftige ich mich in meiner freien Zeit, in der ich nicht spielen kann, mit Rollenspieltheorie als in der Zeit in der ich spielen könnte über Probleme zu streiten die ich längst hätte lösen können, wenn ich mehr über das wie wüste.
Zu welchem Grad das jeder betreib ist jedem doch selber überlassen und lachhaft finde ich es nicht, auch wenn es hier manchmal meinen Horizont sprengt.

Schönen Tag
Rycad
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Hotzenplot am 25.04.2019 | 15:27
Lieber beschäftige ich mich in meiner freien Zeit, in der ich nicht spielen kann, mit Rollenspieltheorie als in der Zeit in der ich spielen könnte über Probleme zu streiten die ich längst hätte lösen können, wenn ich mehr über das wie wüste.

Sehr schön gesagt!
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 25.04.2019 | 15:54
Ich hab wohl zu wenig solche Proleme...
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Rycad am 26.04.2019 | 14:17
Ne, zu viel freie Zeit in der ich nicht spielen kann.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 26.04.2019 | 15:00
 ;D
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: tartex am 26.04.2019 | 15:04
Lttp. Aber Abo.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 6.09.2019 | 18:14
Ich denke derzeit über den dritten Teil der Serie nach - welcher sich wahrscheinlich mit der Relevanz der Betrachtung beschäftigt. Von daher:

Warum Rollenspieltheorie? Um mich neben dem Rollenspiel mit Rollenspiel zu beschäftigen und meine runden aufzuwerten, bzw. Probleme zu erkennen und zu beheben.

Zusammengefasst stellt ein Zielkonflikt zwischen den Beteiligten auf der Spaßquellenebene ein nicht-unerhebliches Problem dar. Warum? Zunächst mal, weil dieser Konflikt häufig nicht offensichtlich ist. Wenn ein Freund mir vorschlägt Shadowrun zu spielen, dann kann ich immer noch sagen: "Ach, nee, auf Cyberpunk habe ich gar keine Lust."
Wenn er mir aber eine (wie sich herausstellt hoch-simulationistische) Runde von The One Ring vorschlägt und ich so etwas wie MERS erwarte (mit viel Monster erschlagen, Schätze einsammeln und aufsteigen), dann könnte ich am Ende von der Spielrunde enttäuscht sein.
Ja, man kann auch das vorher abklären, aber es ist einfach verdeckter als zB Genre.

Dazu kommt, dass Spieler zwar Interessen an ein und demselben Spieluniversum haben können, aber Zielkonflikte wie die obigen u.U. nur schwer zu überbrücken sein können. Was wenn ein dritter Spieler auch auf Mittelerde spielen will, sie aber am liebsten die sozio-psychologischen Auswirkungen der Pfeifenkrautabhängigkeit spielerisch erkunden will?
Schlimmer noch: solche Divergenzen können genreübergreifend sein. Wenn jemand keine Lust auf Cyberpunk hat, dann kann man sich ja vielleicht auf klassische Sci-Fi einigen oder auf Sci-Fantasy. Wenn hingegen ein Spieler Lust auf Hack & Slash hat und ein anderer Lust auf Tiefgang, dann wird's (evtl., je nach Kompromissbereitschaft) zum Drahtseilakt für den GM, egal in welchem Setting. Beginnend mit der Auswahl des Regelsystems.

Und der letzte Punkt spielt wiederum in die Entwurfsentscheidungen eines Spieleautors hinein. Was ist meine Zielgruppe und welche Angebote mache ich an Spieler außerhalb meiner Zielgruppe (ohne letztere zu verschrecken)?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 9.09.2019 | 23:56
Vier Traditionen

Außerdem fehlt mir noch ein Aspekt in den bisherigen Ausführungent: das Rollenspiel im Sinne von Schauspielern. Auch dies ist ein Teilaspekt des Rollenspiels, der aus einer älteren Tradition ((Improv-)Theater) stammt und von RPGs aufegriffen wurde -ob bewusst oder unbewusst- und mit einfließt.

Damit hat man 4 ältere Traditionen, die sich im Rollenspiel als Entertainmentquellen verbinden:
Während die ersten 3 Traditionen sich an GNS anlehnen, unterscheidet sich Rollenspiel/Role-Taking ein wenig von den vorhergehenden Quellen: es ist weder konfliktär zur Autorenschaft noch zur passiven Rezeption - höchstens zu gewissen Spielaspekten, wie es sich in dem gängigen Ausdruck "ROLEplaying, not ROLLplaying" manifestiert.

Man könnte nun für die ersten 3 Modi das Akronym TEK (englisch: TEC) verwenden.


Die Rolle des Simulationismus

Nun ist es so, dass Ron Edwards ja Simulationismus, also das, woran sich die passive Rezeption anlehnt, mittlerweile als Spielmodus verneint. Das liegt daran, dass Edwards die Modi/Creative Agendas/Purposes of Play mittlerweile darüber definiert was der grundlegende Anreiz für die Spieler ist. Und ich glaube, dass Edwards da recht hat: entweder man spielt der Herausforderung wegen oder der kreativen Story wegen. Aber es gibt ja noch eine andere mögliche Basis zur Definition der Spielmodi und das ist der Zielkonflikt. Oder genauer: der Prioritätenkonflikt. Gamismus und Narrativismus sind offensichtlich bereits konfliktär, falls die obige Behauptung stimmt.

Aber was ist mit Simulationismus? Der ist so anscheinend etwas wie eine Randbedingung - er begrenzt was möglich UND was NICHT möglich ist.
Fall Gamismus versus Simulationismus: Bei simulationistischer Fantasy kann man nicht vollends rules-lite spielen, weil's dann zu ungenau wird. Es kann also nicht unterkomplex werden. Wenn bei D&D zB der Feuerball zwar Schaden an Personen verursacht, aber ihre Gegenstände nicht beschädigt, dann ist das aus gamistisch vielleicht sinnvoll, aber aus Simulationssicht hanebüchender Unsinn. Umgekehrt darf es auch nicht die falsche (=unplausible) Komplexität geben.
Fall Narrativismus versus Simulationismus: Hier gibt es ein Spannungsfeld zwischen dem was ENG genretreu ist und dem was neu, innovativ und kreativ ist. Ich glaube, dass Edwards auch mal anmerkte, dass, wenn man nur treu nach Vorgabe (zB Star Wars) spielt, das Ganze schnell langweilig (weil zu vorhersehbar) wird. Andererseits kann es wohl auch zu viel an Neuerung geben - man beachte mal die Reaktion der Fans zu dem Film "The Last Jedi". Narrativisten wählen hier wohl eher die kreative Freiheit, Simulationisten hingegen halten es wohl eher etwas konservativer. Aber auch hier wirkt der Simulationismus mMn als Constraint/Rahmenbedingung für die ansonsten ungezügelte Kreativität des Narrativismus.

Damit würde man entweder gamistisch (herausforderungs-orientiert) spielen oder narrativistisch (kreativ-erzählerisch), aber in beiden Fällen könnte man Simulationismus priorisieren oder auch nicht. Ein simulationistischer Spieler würde zB ein total übermächtiges magische Schwert versuchen loszuwerden - weil's die Immersion stört. Ein gamistischer Spieler hingegen käme nie auf den Gedanken. Genauso wenig möchte ein simulationistischer Spieler wohl per Rollenspiel die psycho-sozialen Auswirkungen der Pfeiffenkrautabhängigkeit in einem Mittelerde-Rollenspiel explorieren - um auch dieses Beispiel noch einmal aufzugreifen; ein narrativistischer Spieler vielleicht schon.

(Zum Abschluss ein Nachsatz an diejenigen unter uns, die sich ernsthaft wissenschaftlich mit dem Rollenspiel befassen: Jede Befragung nach Spielervorlieben/-zielen/-dimensionen, die nicht mindestens die 4 obigen Traditionen als Neigung ermittelt, muss sich eigentlich mit der Frage beschäftigen warum dies nicht der Fall ist. Das Ergebnis der Befragung mag ja durchaus korrekt sein - in diesem Fall wäre es dann aber eine extrem spannende Frage warum eine dieser Spaßquellen/Traditionen sich nicht auch in Neigungen übersetzt. Würde man intuitiv und ganz naiv ja eigentlich erwarten.)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: schneeland (N/A) am 10.09.2019 | 00:17
Kurze Rückfrage hierzu: Geselligkeit/Casual Gaming fiele bei Dir unter Publikum?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: BBB am 10.09.2019 | 06:59
Spannende Überlegungen @Alexander, zu denen ich wenig beitragen kann, die mich aber ins Grübeln bringen. Danke dafür...

An zwei Stellen bin ich kurz gestolpert und ohne eine Lösung anbieten zu können, macht es vielleicht Sinn meine Fragen dazu in den Raum zu stellen:

  • Publikum (die passive Rezeption von Fiktion, hier geht es mMn um Immersion und damit Eskapismus; auch interessant: finden sich hier vermehrt Spieler wieder, die eher Mitläufer sind, also wenig proaktiv im Spiel?)

Ich gehe mit, dass Publikum eine Quelle des Entertainmemts sein kann. Ansonsten würden ja auch Filme und Serien nicht funktionieren. Was ich mich aber Frage, ist, ob Immersion und Eskapismus hier richtig eingeordnet sind?
Klar, auch als weitgehend passiver Zuschauer entfliehe ich dem Alltag und kann ein Stück weit Immersion erleben. Aber wirkliche Immersion setzt meiner Erfahrung nach (und die kann durchaus unvollständig sein) erst ein, wenn man wirklich aktiv wird.
Die letzte Vermutung müsste meiner Meinung nach damit genau anders herum sein. Wem es um Immersion geht, der dürfte gerade nicht in der Kategorie "passiveres Publikum" landen.

Genauso wenig möchte ein simulationistischer Spieler wohl per Rollenspiel die psycho-sozialen Auswirkungen der Pfeiffenkrautabhängigkeit in einem Mittelerde-Rollenspiel explorieren - um auch dieses Beispiel noch einmal aufzugreifen;

Kannst du das weiter ausführen, was du meinst? Denn so wie ich es interpretiere, würde ich da widersprechen.

Full disclaimer: ich sehe mich selbst als jemanden, der sehr Simulationistisch spieöt und der mit zu viel Narrativismus nicht viel anfangen kann - und von allen von dir genannten Beispielen würde ich sagen: Ja, das ist genau das, was ich spielen wollen würde.

Nun kann es sein, dass ich
A) dich falsch verstanden habe
B) ich die Ausnahme der Regel bin (eher unwahrscheinlich),
C) wir irgendetwas übersehen habwn, das noch hinzugefügt den Sachverhalt klärt oder
D) hier wirklich ein Widerspruch mit der Empirie ist.

Keine Ahnunf was zutrifft, aber ich finde es spannend.

Bin gespannt auf deine Antwort.
BBB
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 10.09.2019 | 13:57
Kurze Rückfrage hierzu: Geselligkeit/Casual Gaming fiele bei Dir unter Publikum?

Schön das du fragst. Zunächst ja, aber dann habe ich die Formulierung hinter Publikum sehr vorsichtig abgeschwächt. Eigentlich wäre der soziale Aspekt damit ein 5. Punkt, aber ich hatte keine Lust den Text so spät nochmal zu überarbeiten - und außerdem fehlt mir dafür, wie eigentlich auch für Publikum, das richtige Schlagwort. Im Prinzip ist es ja die Freude an gesellschaftlichen/geselligen/sozialen Ereignissen.
Und ich denke, dass dieser Aspekt mit keiner der anderen 4 Aspekte konfliktär ist, außer in dem Sinne, dass vielleicht sich zu wenig auf das Spiel konzentriert und zu viel Off-Topic erzählt wird.

Kann man diesen Aspekt im Systementwurf gezielt stimulieren? Ich weiß nicht.

Ich gehe mit, dass Publikum eine Quelle des Entertainmemts sein kann. Ansonsten würden ja auch Filme und Serien nicht funktionieren. Was ich mich aber Frage, ist, ob Immersion und Eskapismus hier richtig eingeordnet sind?

Klar, auch als weitgehend passiver Zuschauer entfliehe ich dem Alltag und kann ein Stück weit Immersion erleben. Aber wirkliche Immersion setzt meiner Erfahrung nach (und die kann durchaus unvollständig sein) erst ein, wenn man wirklich aktiv wird.
Die letzte Vermutung müsste meiner Meinung nach damit genau anders herum sein. Wem es um Immersion geht, der dürfte gerade nicht in der Kategorie "passiveres Publikum" landen.

Also bei Eskapismus ist der Fall mMn relativ klar:
https://de.wikipedia.org/wiki/Eskapismus#Eskapismus-These_in_der_Medienpsychologie
Eskapismus als Bedürfnis eines passiven Rezipienten scheint mir relativ unstrittig zu sein.

Was die Immersion angeht, die ist in der Tat gerade bei Computerspielen mit Interaktivität verbunden. Aber Immersion wird auch im Kontext von Filmen verwendet:
https://de.wikipedia.org/wiki/Immersion_(Film)
..und damit mit dem Zuschauer in einer passiven Rolle.
Nun ist es ja so, dass Rollenspiel ein bisschen so das für den Roman ist, was das CRPG für den Film ist - eine nicht-visuelle (sondern imaginäre), interaktive Erlebnisform. Die Frage ist, ob man Immersion nicht medienübergreifend als Eintauchen in eine Erzählung auffassen sollte oder auch nur könnte. Um dies zu beantworten müsste man wohl mal in die Literaturwissenschaft einsteigen und schauen welche Erkenntnisse dort dazu vorliegen.

Kannst du das weiter ausführen, was du meinst? Denn so wie ich es interpretiere, würde ich da widersprechen.

Full disclaimer: ich sehe mich selbst als jemanden, der sehr Simulationistisch spieöt und der mit zu viel Narrativismus nicht viel anfangen kann - und von allen von dir genannten Beispielen würde ich sagen: Ja, das ist genau das, was ich spielen wollen würde.

Es ist doch so: Der Herr der Ringe ist wohl zunächst einmal eine Abenteuergeschichte. Er ist kein Krimi, kein Thriller, kein Melodram, keine Komödie. Wenn also ein SL ein Mittelerde-Abenteuer ankündigt, dann ist zunächst mal meine Grundannahme, dass es um Abenteuergeschichten geht. Darin kann auch Pfeifenkrautabhängigkeit vorkommen, wird aber wohl eher nicht der Kern der Geschichte sein. Zumindest würde sich ein tiefgründiges Melodrama mit dem Anspruch an eine Abenteuergeschichte beißen - es ist eine völlig andere Art von Geschichte. Das wäre keine Herr der Ringe-Emulation mehr, sondern eben eine melodramatische Geschichte, die nur rein zufällig nun auf Mittelerde stattfindet.

Oder anders ausgedrückt: Emulation eines Stoffs macht gewisse Vorgaben, damit es überhaupt noch als Emulation gelten kann. Weicht man zu sehr davon ab, dann mag zwar in gewissen Aspekten Ähnlichkeiten aufweisen, ist aber eben etwas anderes, etwas neues.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 10.09.2019 | 15:40
Wieso sollte Simulation passiv sein?
Der SL baut die Welt/das Modell und die Spieler erkunden und testen es.
Als Spielfokus lebt Simulation gerade davon, dass irgendwer etwas an dem Modell aktiviert /manipuliert und gut ist es, wenn es dann aus sich heraus  "richtig" funktioniert.

Des weiteren werden Immersion und Simulation öfters gerne zusammen genommen - zwingend einher gehen sie nicht.

Ein simulationistischer Spieler würde z.B. schauen, ein wie mächtiges Schwert eine Figur in einem Magiesystem tatsächlich basteln kann - ohne zwingend den Wunsch es dann auch einzusetzen.
Ggf. findet er dankbare Abnehmer unter seinen gamistischer denkenden Kumpanen.

Auch die Erkundung von Pfeifenkrautabhängigkeit ist ebenfalls durchaus voll im Spektrum der Möglichkeiten drin.

Genauso unsinnig erscheint mir die Kombination Immersion und Eskapismus. Der Eskapismus ist mit einer Flucht ins Bessere verbunden. Die Immersion kann genauso gut das Erkunden von Leiden sein - siehe gerade eben noch den Drogenabhängigen.

Und Scheiß auf Geschichte - außer für den Storytellingzweig ist die absolut nachrangig.
"Herr der Ringe" ist erst einmal aus Rollenspielsicht ein Haufen Steine im Steinbruch - Material. Was man dann damit anfängt, kann erheblichst variieren.


Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: schneeland (N/A) am 10.09.2019 | 19:07
Schön das du fragst. Zunächst ja, aber dann habe ich die Formulierung hinter Publikum sehr vorsichtig abgeschwächt. Eigentlich wäre der soziale Aspekt damit ein 5. Punkt, aber ich hatte keine Lust den Text so spät nochmal zu überarbeiten - und außerdem fehlt mir dafür, wie eigentlich auch für Publikum, das richtige Schlagwort. Im Prinzip ist es ja die Freude an gesellschaftlichen/geselligen/sozialen Ereignissen.
Und ich denke, dass dieser Aspekt mit keiner der anderen 4 Aspekte konfliktär ist, außer in dem Sinne, dass vielleicht sich zu wenig auf das Spiel konzentriert und zu viel Off-Topic erzählt wird.

Kann man diesen Aspekt im Systementwurf gezielt stimulieren? Ich weiß nicht.

Ja, das dürfte schwierig sein. Ich fragte mich allerdings an dieser Stelle, ob es eventuell einen antagonistischen Zusammenhang mit anderen Faktoren gibt - meine Nahbereichsempirie sowie einige Wortmeldungen hier im Forum lassen vermuten, dass Gelegenheitsspieler von exzessivem Crunch und/oder Fluff abgeschreckt werden. Zumindest potentiell könnten sich hier m.E. Konflikte mit Simulation und gamistisch interessanter Spielmechanik ergeben.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: BBB am 10.09.2019 | 20:26
Also bei Eskapismus ist der Fall mMn relativ klar:
https://de.wikipedia.org/wiki/Eskapismus#Eskapismus-These_in_der_Medienpsychologie
Eskapismus als Bedürfnis eines passiven Rezipienten scheint mir relativ unstrittig zu sein.

Ja, absolut, bis dahin geh ich auch konform.

Was die Immersion angeht, die ist in der Tat gerade bei Computerspielen mit Interaktivität verbunden. Aber Immersion wird auch im Kontext von Filmen verwendet:
https://de.wikipedia.org/wiki/Immersion_(Film)
..und damit mit dem Zuschauer in einer passiven Rolle.
Nun ist es ja so, dass Rollenspiel ein bisschen so das für den Roman ist, was das CRPG für den Film ist - eine nicht-visuelle (sondern imaginäre), interaktive Erlebnisform. Die Frage ist, ob man Immersion nicht medienübergreifend als Eintauchen in eine Erzählung auffassen sollte oder auch nur könnte. Um dies zu beantworten müsste man wohl mal in die Literaturwissenschaft einsteigen und schauen welche Erkenntnisse dort dazu vorliegen.

Okay, den Gedankengang kann ich nachvollziehen.

Aber trotzdem tue ich mich schwer mit dem Gedanken, Passivität und Immersion zusammenzubringen. Ja, man kann in gute Filme abtauchen, aber ich sehe darin eher die Ausnahme als die Regel.

Nach ein bisschen Nachdenken habe ich aber eine Idee für dich: Vielleicht liegt nämlich genau hier die Lösung für dein Problem/dein fehlendes Puzzlestück.
Wenn wir sagen, bei Publikum geht es um Eskapismus, dann geht es bei Schauspiel um Immersion. Aus meiner bescheidenen Sicht ist es nämlich genau das, was ein Schauspieler möchte: Sich komplett in eine Rolle eindenken und einfühlen, um so die Welt zu erleben. Immersion.

Es ist doch so: Der Herr der Ringe ist wohl zunächst einmal eine Abenteuergeschichte. Er ist kein Krimi, kein Thriller, kein Melodram, keine Komödie.

Ich glaube hier kommt wieder mein Problem mit Genres zum tragen. Genres sind oberflächlich und nicht trennscharf. Der Herr der Ringe ist nämlich genauso eine Abenteuergeschichite, wie Fantasy, ein Roadmovie, eine Kriegsgeschichte, ... und noch einiges mehr.
Aber bleiben wir mal bei Fantasy vs. Abenteuer.
Wenn mein SL mir sagt, wir spielen Herr der Ringe, kann ich darin eine Abenteuergeschichte erwarten - nicht minder gerechtfertigt wäre es aber, Begegnungen mit fremden Kulturen zu erwarten, die man im Sozialspiel kennenlernen kann.

Ist aber letztlich auch egal, ich verstehe worauf du hinaus willst.

Nur würde ich mich glaube ich nicht darauf festlegen, dass Herr der Ringe immer Abenteuer ist. Es ist eben auch ein bestimmtes Setting, das man mit anderen Sub-Genres bespielen kann und dann kommt halt der Simulationd es Settings, nicht des Genres, die größere Bedeutung zu.

Macht das Sinn?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 11.09.2019 | 20:31
...

Was die Immersion angeht, die ist in der Tat gerade bei Computerspielen mit Interaktivität verbunden. Aber Immersion wird auch im Kontext von Filmen verwendet:
...

Und Letzteres ist eine ganz andere Art von "Immersion", als im Rollenspiel üblicherweise als Spielqualität verwendet wird.
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 14.09.2019 | 11:29
Ich fragte mich allerdings an dieser Stelle, ob es eventuell einen antagonistischen Zusammenhang mit anderen Faktoren gibt - meine Nahbereichsempirie sowie einige Wortmeldungen hier im Forum lassen vermuten, dass Gelegenheitsspieler von exzessivem Crunch und/oder Fluff abgeschreckt werden.
Ja, klar. Sowohl Anfänger als auch "Casuals" bedürfen mit Sicherheit einer gesonderten Betrachtung. Ich würde allerdings vorschlagen erst einmal zu einer grundsätzlichen Theorie zu kommen bevor man Spezial- und Randfälle betrachtet - aber es auf jeden Fall gut diese von Anfang an im Hinterkopf zu haben.


Wieso sollte Simulation passiv sein?
Und Letzteres ist eine ganz andere Art von "Immersion", als im Rollenspiel üblicherweise als Spielqualität verwendet wird.
Aber trotzdem tue ich mich schwer mit dem Gedanken, Passivität und Immersion zusammenzubringen. Ja, man kann in gute Filme abtauchen, aber ich sehe darin eher die Ausnahme als die Regel.

Als Nebenbemerkung: Ich denke "Vertieft ins Lesen" ist ein sehr alter deutscher Ausdruck, vemutlich älter als jeder Film, geschweige denn das Rollenspiel.
Davon abgesehen sind das alles berechtige Fragen/Anmerkungen/Einwände. Was die Immersion angeht, da gibt es verschiedene Betrachtungsweisen - so zum Beispiel:

Zitat von: Lars C Grabbe
Der mögliche Anwendungsbereich des [von Grabbe angenommenen -A.K.] Immersionsbegriffs reicht demgemäß von der Bildkunst der Antike und der Renaissance über die Panoramenkunst des 18. und 19. Jahrhunderts, berührt fiktive Romanwelten und illusionistische Filmkunst und führt bis hin zu virtuell-interaktiven Computerbildräumen und Techniken der Erzeugung von virtueller Realität, wie Head Mounted Display (HMD) oder Cave Automatic Virtual Environment (CAVE).
[...]
Die Grade von immersiver Partizipation basieren stets auf einem rein sinnlich-apperzeptiven Wahrnehmungsakt und dem Aufbau einer daraus folgenden phantasmatisch-imaginären Sinndimension. Dieses imaginative Potential der Versenkung in ein Medium greift bereits bei statischen und dynamischen Bildtypen oder während einer Textrezeption, bei denen der Rezipient keinen Einfluss auf die gesehene Darstellung oder den gelesenen Textinhalt nehmen kann. Es reicht bis zur interaktiven Partizipation innerhalb von Computer- oder Onlinerollenspielen.
Quelle: https://www.academia.edu/9678169/Immersion_und_%C3%A4sthetisches_Bewusstsein._Die_Konvergenz_externer_und_interner_Repr%C3%A4sentationen_im_Kontext_philosophischer_und_kunsttheoretischer_Tradition (https://www.academia.edu/9678169/Immersion_und_%C3%A4sthetisches_Bewusstsein._Die_Konvergenz_externer_und_interner_Repr%C3%A4sentationen_im_Kontext_philosophischer_und_kunsttheoretischer_Tradition)

Die Grundlage der Immersion ist nach dieser Definition zunächst einmal ein passiver Wahrnehmungsakt, der die Phantasie des Rezipienten beflügelt. Interaktivität und audio-visuelle Medien (insbesondere dynamische) verstärken den Immersionseffekt. Ich persönliche teile diese Sichtweise, da das "Vertieftsein" in ein gutes Buch sich nicht grundsätzlich vom "Vertieftsein" in einen Film oder in ein Spiel unterscheidet.

Was die Simulation angeht, ist es etwas schwieriger. Warum legen manche von uns eigentlich Wert auf größere Genauigkeit in der Simulation? Oder anders gefragt:
Was gefällt uns jeweils an
(Siehe diesen Thread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,112048.msg134788166.html#msg134788166) für Details zu der Terminologie.)
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 14.09.2019 | 13:08
Ich denke nicht dass man sich rein worthistorisch an einem antiken Stand orientieren darf. Sonst wäre ein Land, welches Frauen und Nichtwehrdienstleistern Wahlrecht zugesteht auch keine Demokratie - war in Athen ja auch nicht so ... .

Eine alte Definition aus Zeiten bevor die Werkzeuge für Interaktion bereitstanden, als Beleg für Nichtinteraktion eines heutigen Systems mit Interaktion zu nehmen she ich daher als grundlegend falsch.

Der Begriff sollte wenn genau im rollenspielbezogenen Rahmen gesehen und behandelt werden - sonst müßten wir a auch noch über Raketenwerfer reden - sind ja auch RPGs.
Und in diesem Rahmen sehe und erlebe ich diesen Begriff im Rahmen der Diskussion und Differenzierung von Spielformen als eine Spielform, welche die Immersion in die Figur meint.
Eine gute Rolenspielrunde jeglicher Art sollte im Idealfall die Beteiligten (bzw. ihre Aufmerksamkeit) "fesseln", was wohl das Äquivalent zur Soloaktion  des "Vertiefens" in irgendetwas wäre. (und das wäre immer noch nicht als passiv anzuehmen, denn auch in Handarbeit kann man z.B. vertieft sein).

Eine Deutungshoheit hier von - gerade älteren -  Medien- oder gar Kunstdefinitionen wäre damit denke ich als veraltet und unvollständig abzulehnen.

...
Was die Simulation angeht, ist es etwas schwieriger. Warum legen manche von uns eigentlich Wert auf größere Genauigkeit in der Simulation? Oder anders gefragt:
Was gefällt uns jeweils an
  • RealSim,
  • SettingSim oder
  • GenreSim?
(Siehe diesen Thread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,112048.msg134788166.html#msg134788166) für Details zu der Terminologie.)

Ich denke das sind zwei Aspekte:
Der erste ist die Simulation als verlässliche, transparente und reproduzierbare Basis für eine freie Interaktion mit der Spielwelt an sich.
Für sinnvolle Entscheidungen braucht ein Spieler zumindest eine ähnliche Vorstellung über die Erfolgshandlungen seiner Figuren wie diese selbst hätte und ein Spielleiter noch viel mehr. Das kann man auch an jeder Stelle neu ausdiskutieren, aber das wird arg mühselig und scheitert spätestens bei Annahmen und mehrstufigen Handlungen, wo die Diskussion dann wegen der nun offenkundigen Relevanz erst zu spät nach der eigentlichen Entscheidung aufkommt.
In diesem Aspekt können auch andere weltbeschreibende Regeln entsprechend dienen. Die Grundlage zur Spielwelthandlung wäre in einem Rollenspiel aber von diesen expliziten Ausnahmen abgesehen immer noch die Spielwelt und die dort eingenommenen Rollen, so dass davon abweichende Regeln explizit sein müssen. Für alles andere muss immer noch angenommen werden, dass sich die offenen Punkte von den bestehenden Regeln und wo nichts dazu gesagt worden ist von der irdischen Realität als Erfahrungsbasis der realweltlichen Spielern ableiten lassen.
Hier ist die Simulation also einfach das - oft auch nur ergänzende - Werkzeug um den Beteiligten eine gemeinsame und gezielte Interaktion mit dem Spielinhalt zu ermöglichen. Wobei da nicht einmal die Genauigkeit am wichtigsten ist, sondern die widerspruchsfreie Belegung der üblichen Felder um den Nachfrage- und Verhandlunsgaufwand inklusive Missverständnispotential zu minimieren.

Der zweite Aspekt ist gerade die gezielte inhaltliche Auseindandersetzung mit der Spielwelt selber und deren Funktionieren. Hier ist es dann der Spaß am Modell bauen und ausprobieren.
Die Spielwelt und auch das Regelwerk sind da dann eher ein eigenständiges Spielzeug, nicht nur der mehr oder weniger im Zweifelsfalle nachrangige Hintergrund für andere Interessen. Und dafür sollten sie dann auch wie eine gut geölte ineinandergreifende Maschine funktionieren und bei den gewünschten genaueren Blicken und Testen durch Ausprobieren und Manipulationen diesen dann auch standhalten können.






Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 15.09.2019 | 09:29
Der Begriff sollte wenn genau im rollenspielbezogenen Rahmen gesehen und behandelt werden
Naja, es scheint ja so zu sein, dass einige Forscher glauben da medienübergreifend wichtige Gemeinsamkeiten zu erkennen:

"What does it mean to be immersed in a book or film or computer game?" (www.jltonline.de/index.php/conferences/article/view/517/1350 (http://www.jltonline.de/index.php/conferences/article/view/517/1350))

"Readers who appear to be lost in a storyworld, members of theatre or cinema audiences who are moved to tears while watching a performance, beholders of paintings who are absorbed by the representations in front of them, players of computer games entranced by the fictional worlds in which they interactively participate - all of these mental states of imaginative immersion are variants of `aesthetic illusion', as long as the recipients, although thus immersed, are still residually aware that they are experiencing not real life but life-like representations created by artefacts." (https://www.hugendubel.info/detail/ISBN-9789042036574/Wolf-Werner/Immersion-and-Distance-Aesthetic-Illusion-in-Literature-and-Other-Media?bpmctrl=bpmrownr.11%7Cforeign.45422-1-0-0 (https://www.hugendubel.info/detail/ISBN-9789042036574/Wolf-Werner/Immersion-and-Distance-Aesthetic-Illusion-in-Literature-and-Other-Media?bpmctrl=bpmrownr.11%7Cforeign.45422-1-0-0))

"Der Immersionsbegriff verzeichnet zu Recht eine ganz erhebliche Karriere in der aktuellen Mediendiskussion. Gerade seine spezifische mediale Aktualität macht ihn jedoch auch historisch interessant. Es scheint immer deutlicher zu werden, dass nicht etwa die aktuelle technische Medienentwicklung den Immersionsbegriff hervorgerufen hat, sondern dass umgekehrt hier eine bekannte Möglichkeit intensiver ästhetischer Erfahrung lediglich mit Hilfe neuer Medien realisiert werden soll." (https://link.springer.com/article/10.1007%2FBF03379684 (https://link.springer.com/article/10.1007%2FBF03379684))

Und in diesem Rahmen sehe und erlebe ich diesen Begriff im Rahmen der Diskussion und Differenzierung von Spielformen als eine Spielform, welche die Immersion in die Figur meint.

Soweit ich erkennen kann, gibt es im Wesentlichen keine Immersion in die Figur... oder genauer gesagt: es gibt keine Immersion in die Figur losgelöst von Situation, ob ausgespielt oder rein gedanklich. Und falls das zutrifft, dann verhalten sich "Die Figur durch die Situation erleben" und "Die Situation durch die Figur erfahren" zueinander wie Immigration und Emigration: zwei standortabhängige Begriffe für denselben Vorgang. Ebenso funktioniert Immersion in die Spielwelt eigentlich immer via "Figur in konkreter Situation" (abgesehen von so etwas wie Exposition der Spielwelt durch den GM, die aber eigentlich auch nur zur Unterstützung in die Immersion der Situation dient).

Deswegen halte ich den situativen CAP-Ansatz von Adunaphel ja auch für entsprechend zielführend.


Ich denke das sind zwei Aspekte:
Der erste ist die Simulation als verlässliche, transparente und reproduzierbare Basis für eine freie Interaktion mit der Spielwelt an sich.

Jau. Man verwendet die Spielregeln um ein Modell der Spielwelt zu bilden, häufig als ein probabilistisches Modell - wenn man nämlich Fortune (und nicht Drama oder Karma) von DFK verwendet. Die Werte einer Spielfigur sind ein Modell des aktuellen Zustands der Figur in der Spielwelt und die Regeln formulieren eine Art Prozessmodell.
Aber könnte mir ja egal sein, wenn das Modell nicht genau ist - sobald ich einmal die Artefakte eines Systems verstanden und akzeptiert habe ist das ja kein Problem (vgl D&D Hitpoints).

Der zweite Aspekt ist gerade die gezielte inhaltliche Auseindandersetzung mit der Spielwelt selber und deren Funktionieren. Hier ist es dann der Spaß am Modell bauen und ausprobieren.
Die Spielwelt und auch das Regelwerk sind da dann eher ein eigenständiges Spielzeug, nicht nur der mehr oder weniger im Zweifelsfalle nachrangige Hintergrund für andere Interessen. Und dafür sollten sie dann auch wie eine gut geölte ineinandergreifende Maschine funktionieren und bei den gewünschten genaueren Blicken und Testen durch Ausprobieren und Manipulationen diesen dann auch standhalten können.

Weder #1 oder #2 erklären aber warum mich D&D Hitpoints stören - oder das in Star Wars Saga Edition unser Jedi die Funktion eines Heilers/Klerikers übernommen hat - indem er uns anderen PCs einige Stunden in eine Art regenerative Meditation versetzt nach manchen Kämpfen.
Es gibt also mindestens einen dritten Punkt: Regelartefakte stören die Immersion in das Setting an sich, wenn durch die Regeln immer wieder Situationen entstehen, die als unpassend empfunden werden.
Umgekehrt gibt es aus simulationistischer Hinsicht wohl auch einen Wiedererkennungswert, der erwünscht ist. MMn weil es das Eintauchen in die Spielwelt erleichtert: der Spieler erkennt, dass die Spielwelt des GMs weitgehend der fiktiven Welt entspricht, die er bereits aus anderen Medien kennt (Star Wars-Filme, Herr der RInge-Bücher, etc).

Mal als Beispiel für den Wiedererkennungseffekt - hier ein After-Action Podcast über eine Runde Adventures in Middle-Earth (https://bedrockgames.podbean.com/e/rpg-lab-adventures-in-middle-earth/) (so ungefähr ab Minute 20). "I felt like we were really in Middle Earth." Wie will man das anders bezeichnen als Immersion?
Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Maarzan am 15.09.2019 | 11:08
Zum ersten Teil werden wir wohl nicht überein kommen. Man greift nicht auf Biologie zurück um Fehler in Software zu beheben, nur weil es "bugs" sind.
Und Immersion in die Figur erfordert eine Situationsdarstelung aber irgendwelche Situationsdarstellung bringt damit noch keine Immersion. 

Zum zweiten Teil:
Ja, ein Model für operationale Zwecke (Typ 1 hier) muss nicht simulatorisch "gut" sein, es reicht, dass es auf dem verabredeten Level konsistent ist. Man muss aber nicht jeden Level dann persönlich mögen.

Bei Zweck/Präferenz2 stören zu grobe oder widersprüchliche Regeln, weil sie Weltelemente/handlungen nicht ermöglicht oder korrekt abbildet, welche man für seinen Geschmack erwarten würde.
Und damit fallen Hitpoints wie bei D&D eben oft zu kurz. Dein Problem mit dem Jedi kann ich gerade nicht nachvollziehen.

Möglicherweise stammt die Diskrepanz daraus, woher die Erwartungen komemn udn damit letztlich aus dem Unterschied Simulation vs. Emulation.
Wenn eine Figur Kraft X spielweltkonform besitzt, kann sie diese simulatorisch auch mit allen Nebenwirkungen einsetzen. Dieser Einsatz kann aber emulatorisch immer noch im Widerspuch zu Referenzmedien stehen, wo die Autoren sich das eben nicht richtig durchdacht haben.
Damit liegen wir aber klar im Bereich von Zielfeld 2 denke ich.

Den Podcast habe ich mir jetzt noch nicht angeschaut.







Titel: Re: RPG-Theorie mit Strenge
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 15.09.2019 | 15:50
Zum ersten Teil werden wir wohl nicht überein kommen. Man greift nicht auf Biologie zurück um Fehler in Software zu beheben, nur weil es "bugs" sind.
Und Immersion in die Figur erfordert eine Situationsdarstelung aber irgendwelche Situationsdarstellung bringt damit noch keine Immersion. 

Wahrscheinlich kommen wir dann nicht zusammen. Im Englischen sehen wir:
"absorbing involvement " (https://www.merriam-webster.com/dictionary/immersion (https://www.merriam-webster.com/dictionary/immersion))
Ich bezweifle, dass eine restriktive Interpretation des Begriffs auf lediglich die Absorption in eine Figur auf Dauer konsensfähig sein wird. Als Hinweis darauf mag zum Beispiel dieser rollenspiel-bezogene Reddit-Thread (https://www.reddit.com/r/rpg/comments/6z2rjr/what_is_immersion/) dienen.
Wenn es um eine aktive Tätigkeit (wie das Role-Taking) geht, ist der Begriff des Flows (https://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie)) vielleicht auch passender.

Dein Problem mit dem Jedi kann ich gerade nicht nachvollziehen.
Han Solo wurde nicht ständig von Luke in meditative Trance versetzt um seine Verwundungen zu kurieren - geschweige denn Han, Leia und Chewie. Han Solo wurde überhaupt nicht ständig verletzt (SW Saga ist ja eine D&D-Variante, da kommt größerer HP-Verlust schon mal vor). Damit nehmen die Sessions eine ähnliche Dynamik wie Standard-D&D an, nur dass die Pausen zwischen heftigeren Kämpfen einige Stunden dauern.

Den Podcast habe ich mir jetzt noch nicht angeschaut.
Ist auch nichts ungewöhnliches, aber eben ein Beleg, dass Rollenspieler, fern ab aller theoretischen Erwägungen, einen Wiedererkennungswert bei bekannten IPs zu schätzen wissen. Wiedererkennung macht es leichter in die Spielwelt des GMs einzutauchen - und im Idealfall von der Spielwel-Iimmersion zum Flow bei der Charakterdarstellung zu kommen.