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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: 6 am 18.05.2018 | 22:18

Titel: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 18.05.2018 | 22:18
Damit der Thread "Rollenspieltheorie mit Strenge nicht sabotiert wird.
Es geht um folgendes Axiom aus dem Blogbeitrag des Threads:
Zitat
Axiom 3: Role-Playing Games combine aspects from at least two different, earlier traditions of entertainment: games (boardgames, wargames, etc.) and story-telling (whether it’s verbally, in book form, as graphic novel or on film, etc.).
Hier wird postuliert, dass es grob gesagt zwei Unterhaltungsmedien gibt (Interaktive und Erzählende) die sich voneinander unterscheiden und Rollenspiele diese Unterschiede miteinander kombinieren.
Im Prinzip geht man hier davon aus, dass man generell mit Spielen keine Geschichten erzählen oder produzieren will.
Und dem widerspreche ich.
Natürlich gibt es Spiele, bei denen man einfach nur generische Klötzchen durch die Gegend schiebt, aber diese Generik kam erst später. Bei Schach haben die Figuren nicht umsonst alle Namen. Das Leiterspiel hatte früher in jeder Kultur ein eigenes Aussehen und auch kulturbedingt eigene Regeln. (Schach übrigens auch)
Vielleicht für einen anderen Thread, um hier nicht den Ansatz von Alexander Kalinowski zu sabotieren: Was sagt denn diese Meinungsverschiedenheit, worin immer sie jetzt auch genau besteht, über Rollenspiel aus, und wie muss eine Theorie gestrickt sein, um beiden Ansätzen gerecht zu werden? (Nicht, wie man das harmonisiert kriegt, an Wunder glaub ich auch nicht, sondern im beschreibenden Sinne, welche Gemeinsameiten und Unterschiede bestehen).
Über Rollenspiel sagt es aus meiner Sicht aus, dass "normalen" Spielen gewisse Spassquellen abgesprochen und diese nur dem Rollenspiel zugeordnet werden ("Wenn ich Geschichten mit anderen Leuten erleben will, dann spiel ich rollen. Das können normale Spiele nicht.") .
Wie man beider Ansätze gerecht werden kann? Sagen wir es so: Es könnte sein, dass Alexander einfach das Rad neu erfindet (also Ergebnisse der Spielwissenschaften für sich erarbeitet). Mit etwas Pech allerdings könnte es passieren, dass sowas wie GNS bei raus kommt, also dass er zu großen Wert auf gewisse Spassquellen setzt und dabei bei den abweichenden Spassquellen arg ins Schleudern kommt.

Das erstmal als Basis. Bei Fragen fragen usw.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: KhornedBeef am 18.05.2018 | 22:25
So hab ich das Axiom nicht verstanden. Aber hey, das kann der Autor ja aufklären.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Isegrim am 18.05.2018 | 22:50
Hier wird postuliert, dass es grob gesagt zwei Unterhaltungsmedien gibt (Interaktive und Erzählende) die sich voneinander unterscheiden und Rollenspiele diese Unterschiede miteinander kombinieren.
Im Prinzip geht man hier davon aus, dass man generell mit Spielen keine Geschichten erzählen oder produzieren will.
(...)
Über Rollenspiel sagt es aus meiner Sicht aus, dass "normalen" Spielen gewisse Spassquellen abgesprochen und diese nur dem Rollenspiel zugeordnet werden ("Wenn ich Geschichten mit anderen Leuten erleben will, dann spiel ich rollen. Das können normale Spiele nicht.") .

Das lese ich da nicht raus. Es gibt Spiele, die haben nichts mit Geschichten zu tun (sagst du ja auch). Es gibt Traditionen, Geschichten zu erzählen oder zu vermitteln, die nichts mit Spielen zu tun haben (Bücher bspw; auffallend wenig interaktiv...). Rollenspiel ist gemäß dieses Axioms eine Verbindung aus beidem (und evtl noch mehr). Den Anspruch auf Exklusivität sehe ich da nicht.

Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Anro am 18.05.2018 | 22:55
Hi,
das kann ich verstehen.

Das es aber so in dem Axiom drin steht sehe ich nicht.
Das Axiom unterscheidet mMn zwischen Spielen und Geschichtenerzählen.
Daraus abzuleiten, dass es besagt, dass Spielen kein Geschichten erzählen beinhalten kann, ist nicht gesagt. Höchstens impliziert und selbst diese These würde ich nicht verteidigen wollen.

Wo siehst Du, 6 den Unterschied zwischen Spielen (eher bezogen auf Brett- und TableTop-Spiele) und Rollenspielen?
Wenn es nicht der größere anteil des Geschichtenerzählen ist?
Die Freiheit vielleicht?
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 18.05.2018 | 23:23
Das lese ich da nicht raus. Es gibt Spiele, die haben nichts mit Geschichten zu tun (sagst du ja auch). Es gibt Traditionen, Geschichten zu erzählen oder zu vermitteln, die nichts mit Spielen zu tun haben (Bücher bspw; auffallend wenig interaktiv...). Rollenspiel ist gemäß dieses Axioms eine Verbindung aus beidem (und evtl noch mehr). Den Anspruch auf Exklusivität sehe ich da nicht.
Dann sollte er einfach als Axiom schreiben: "Spiele haben verschiedene Spassquellen. Also hat auch Rollenspiel verschiedene Spassquellen." Und er hat dann die Moeglichkeit auf schon existierende Theorien im Spielbereich zurückzugreifen .
Hat dann auch den Vorteil, dass andere Spassquellen im Rollenspiel nicht zu stark von der Erzählspassquelle überstrahlt wird.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 18.05.2018 | 23:38
Wo siehst Du, 6 den Unterschied zwischen Spielen (eher bezogen auf Brett- und TableTop-Spiele) und Rollenspielen?
Jedes Rollenspiel ist ein Spiel, aber nicht jedes Spiel ist ein Rollenspiel.
Ein Spiel wird dann zum Rollenspiel, wenn mal grob skizziert der Hauptfokus der meisten Spieler auf eine eigene Figur liegt und Teile der Regeln bzw deren Einsatz ausgehandelt werden müssen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Derjayger am 19.05.2018 | 00:34
Im Prinzip geht man hier davon aus, dass man generell mit Spielen keine Geschichten erzählen oder produzieren will.
Und dem widerspreche ich.
Natürlich gibt es Spiele, bei denen man einfach nur generische Klötzchen durch die Gegend schiebt, aber diese Generik kam erst später. Bei Schach haben die Figuren nicht umsonst alle Namen. Das Leiterspiel hatte früher in jeder Kultur ein eigenes Aussehen und auch kulturbedingt eigene Regeln.

Ich habe vielleicht nicht verstanden, was du mit "dass man generell mit Spielen keine Geschichten erzählen oder produzieren will." meinst. Ich lese es so: Man = die meisten Leute wollen (keine) Geschichten erzählen. Und die Aussage teile ich weder in die eine, noch in die andere Richtung, weil ich sie zu extrem finde.

Es gibt gar nicht so selten Leute, die sich für Immersion kaum interessieren. Die meisten interessieren sich wohl ein bisschen bis recht viel dafür, keine Ahnung.

Ich würde also unbedingt sagen: Mit Spielen kann man Geschichten erzählen/produzieren. An sich ein bisschen trivial. Interessanter wird es, wenn man z.B. beschreibt, wann oder warum oder wie. Oder wenn man gängige = im Umlauf seiende Kategorisierungen sammelt.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Gorbag am 19.05.2018 | 02:34
Damit der Thread "Rollenspieltheorie mit Strenge nicht sabotiert wird.
Es geht um folgendes Axiom aus dem Blogbeitrag des Threads:Hier wird postuliert, dass es grob gesagt zwei Unterhaltungsmedien gibt (Interaktive und Erzählende) die sich voneinander unterscheiden und Rollenspiele diese Unterschiede miteinander kombinieren.
Im Prinzip geht man hier davon aus, dass man generell mit Spielen keine Geschichten erzählen oder produzieren will.
Und dem widerspreche ich.

Ich habe das Gefühl, dass du die Aussagen des Autors enger auslegst, als sie gemeint sind. Zumal das zitierte Axiom eine Fußnote hat, die explizit adressiert, dass nicht angenommen wird, dass Spiele keine Geschichte erzählen können.

Zitat
1 Note that this does not necessarily imply that every RPG needs to share aspects with games and/or story-telling. Nor does it necessarily imply that an aspect that RPGs do share with other games has to be shared with all other games. (Analogous for story-telling.) Nor does it necessarily imply that there cannot be other games that share aspects with story-telling
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 19.05.2018 | 06:14
@Derjayger:
Ich wollte mit dem Teilsatz sagen, dass das Axiom Storytelling nicht als Teil oder nicht als mögliche Aufgabe eines Spiels ansieht.
Dem widerspreche ich. Es gibt jede Menge Spiele (die keine Rollenspiele sind), die zum Erleben einer Geschichte gespielt werden. Wargames waere da eine Beispielskategorie.
Das führt dann im Rueckschluss dazu, dass natürlich Rollenspiel eben nicht nur zum Erleben einer Geschichte gespielt wird, sondern dass die volle Bandbreite der Spassquellen von normalen Spielen zur Verfügung steht.
Vielleicht macht das meinen Standpunkt klarer.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 19.05.2018 | 06:18
@Gorbag: Die Note kam erst später. Mit der Note kannst Du das Axiom komplett streichen, weil damit die Aussage aus meiner Sicht die Aussagekraft komplett weg ist... und trotzdem falsch ist.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 1of3 am 19.05.2018 | 07:24

Dem widerspreche ich. Es gibt jede Menge Spiele (die keine Rollenspiele sind), die zum Erleben einer Geschichte gespielt werden. Wargames waere da eine Beispielskategorie.

Da stimme ich zu. Es ist sogar noch grundlegender: Wir sind Geschichtentiere. Wir können unser Leben nur rekapitulieren, indem wir eine Geschichte daraus spinnen. Deshalb funktionieren auch Memo-Techniken so gut, die Fakten in Geschichten einkleiden.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 19.05.2018 | 11:52
Das ist kurz gesagt kein Gegenargument, weil es einen anderen Geschichtsbegriff (im Sinne von Story-Telling, nicht "die Geschichte") verwendet. Und die Wahl des Geschichtsbegriffs ist aus meiner Sicht etwas fragwürdig,weil das Spezielle am Rollenspiel im Vergleich zu zB Avalon Hill's Tactics (oder Schach oder Monopoly) ja eben die Geschichte von spezifischen Figuren, wenn nicht sogar von Charakteren, ist. Rollenspiel (sowie Romane, Filme, Serien, Comicbücher) erzählt im Allgemeinen andere Geschichten als diese Art von Spielen, von daher bleibe ich bei den beiden unterschiedlichen Traditionen.

@Gorbag: Die Note kam erst später. Mit der Note kannst Du das Axiom komplett streichen, weil damit die Aussage aus meiner Sicht die Aussagekraft komplett weg ist... und trotzdem falsch ist.
Die Aussagekraft von Axiom 3 muss zunächst einmal nur für den Beweis von Conclusion 1 reichen. Die Fußnote ändert übrigens semantisch nichts am Axiom, sie dient nur zur Erläuterung - um Missverständnissen vorzubeugen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 19.05.2018 | 12:47
Das ist kurz gesagt kein Gegenargument, weil es einen anderen Geschichtsbegriff (im Sinne von Story-Telling, nicht "die Geschichte") verwendet.
Scusi aber nein. Wir reden sowohl bei normalen Spielen als auch bei Filmen, Theater oder Büchern von dem gleichen Bwgriff.
Wirklich.
Zitat
Und die Wahl des Geschichtsbegriffs ist aus meiner Sicht etwas fragwürdig,weil das Spezielle am Rollenspiel im Vergleich zu zB Avalon Hill's Tactics (oder Schach oder Monopoly) ja eben die Geschichte von spezifischen Figuren, wenn nicht sogar von Charakteren, ist. Rollenspiel (sowie Romane, Filme, Serien, Comicbücher) erzählt im Allgemeinen andere Geschichten als diese Art von Spielen, von daher bleibe ich bei den beiden unterschiedlichen Traditionen.
Äh... Schach handelt von spezifischen Charakteren. Deine Hauptfigur ist ein König. Ich könnte jetzt einen ganzen Schwung Wargames benennen, bei dem es um teilweise extrem wichtige Schlachten von Napoleon, Caesar, usw. geht. Bei einem ganzen Haufen Wargames muss Du mit den anderen Spielern in der Rolle eines bestimmten Herrschers kommunizieren und verhandeln (Diplomacy um mal einen alten Klassiker zu nennen. Geht aber auch gerne mit Here I Stand oder Virgin Queen. Ein paar Multiplayerwargames mit direkten Bezug auf verschiedene Kriege könnte ich da auch noch nennen).
Da werden genau diese Art von Geschichten erzählt, die Du in Romane, Filmen, Serien, Theaterstücken und Comicbüchern auch finden kannst.
Zitat
Die Aussagekraft von Axiom 3 muss zunächst einmal nur für den Beweis von Conclusion 1 reichen. Die Fußnote ändert übrigens semantisch nichts am Axiom, sie dient nur zur Erläuterung - um Missverständnissen vorzubeugen.
Genau was ich gesagt habe: Das Axiom ist auch mit Fussnote immer noch falsch.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: YY am 19.05.2018 | 13:32
Hier wird postuliert, dass es grob gesagt zwei Unterhaltungsmedien gibt (Interaktive und Erzählende) die sich voneinander unterscheiden und Rollenspiele diese Unterschiede miteinander kombinieren.
Im Prinzip geht man hier davon aus, dass man generell mit Spielen keine Geschichten erzählen oder produzieren will.

Das lese ich anders.
Auch andere Spiele als Rollenspiele produzieren Geschichten, aber man kann dort die gleiche Spaßquellenunterscheidung anwenden: Die eigentliche Anwendung der Spielmechanik ist das eine, die entstehende Geschichte das andere.
Relevant wird die Trennung mMn aber vor Allem, weil im Rollenspiel anders als in den meisten anderen Spielen Erzählanteile von der Spielmechanik (des Spiel-Anteils) getrennt, aber trotzdem verregelt sein können. Also sozusagen ein zweites, parallel ablaufendes (Erzähl-)Spiel.


Sprich: Auch der Spiel-Anteil produziert Geschichten und diese sind auch Teil seines Reizes.
Daneben gibt es aber in einigen Rollenspielen noch den Erzähl-Anteil, der anders gelagerte Geschichten produzieren will oder zumindest anders geartete Teile zur Gesamtgeschichte beiträgt.


Scusi aber nein. Wir reden sowohl bei normalen Spielen als auch bei Filmen, Theater oder Büchern von dem gleichen Bwgriff.
Wirklich.

Ich sehe einen spürbaren Unterschied zwischen erspielten und erzählten Geschichten sowohl in der Art, wie sie entstehen als auch in der Form, die sie letztlich annehmen (s.u.).
Genau dieser Unterschied ist es übrigens mMn, der manchen Rollenspielen so große Probleme bereitet - nämlich dann, wenn der Spiel-Anteil Versatzstücke produziert, die nicht zum Erzähl-Anteil passen (oder umgekehrt, je nachdem, wo man den Fokus sehen will).

Zum Vergleich: Erzählspiele, welche den Spiel-Anteil weit zurückschrauben bis zu dem Extrem, nur den Erzähl-Anteil zu verregeln (sprich überhaupt zu beinhalten), haben dieses Problem nicht.
Genau so wenig Spiele, die den Spiel-Anteil enorm betonen und keine Erzähl-Regeln haben (einen SL vorausgesetzt, der diese "Lücke" nicht kraft eigener Wassersuppe mit frei erfundenem Gelöt füllt).

Nur die unreflektierten Mischformen kommen hier regelmäßig ins Schleudern.

Bei einem ganzen Haufen Wargames muss Du mit den anderen Spielern in der Rolle eines bestimmten Herrschers kommunizieren und verhandeln (Diplomacy um mal einen alten Klassiker zu nennen. Geht aber auch gerne mit Here I Stand oder Virgin Queen. Ein paar Multiplayerwargames mit direkten Bezug auf verschiedene Kriege könnte ich da auch noch nennen).

Ich sehe das nicht als Gegenbeispiele. Da wird umgekehrt eher die Abgrenzung zum Rollenspiel schwierig und man muss sich auf relative Kleinigkeiten verlegen, wenn man die Abgrenzung unbedingt vornehmen will.

Da werden genau diese Art von Geschichten erzählt, die Du in Romane, Filmen, Serien, Theaterstücken und Comicbüchern auch finden kannst.

Wie oben gesagt sehe ich da einen deutlichen Unterschied.
Das eine ist ein Gesamtverlauf, der eine Geschichte bildet, das andere ein geplanter Plot, der entsprechend eigenen Gesetzen und Traditionen folgt.
Für zweiteres wird es in unserem Kontext noch mal kniffliger, weil im Rollenspiel auch dieser Plot erspielt wird, aber je nach System eben nicht nur nach den Regeln des Spiel-Anteils, sondern ggf. deutlich mehr nach den Regeln des Erzähl-Anteils.
Da muss man sich schon sehr sicher sein, was der Erzähl-Anteil überhaupt leisten soll. Wenn er tatsächlich die gleichen Geschichten erzeugen soll wie jene, die üblicherweise in anderen Medien rein passiv rezipiert werden, muss man sich da schon ganz schön ins Zeug legen - auch was die Interaktion mit dem Spiel-Anteil betrifft.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Nørdmännchen am 19.05.2018 | 13:34
Darf ich vorschlagen, zu überprüfen ob es die Begriffe Story(-Telling) bzw. Geschichte braucht, um die Theorie-Bildung voran zu bringen? Diese Vokabeln sind derart mehrdeutig, dass der Versuch einer einseitigen Vereinnahmung mMn fast zwangsläufig in Definitions-Kriegen endet. Wodurch das sonst spannende Unterfangen (welches ich gerne weiter verfolgen würde, ohne mich groß zu beteiligen) der "strengen Theorie" vermutlich überschattet werden dürfte.
Ein Fußballspiel kann als Geschichte erlebt werden, ohne Fiktion zu benötigen. Kindliches Rollenspiel kann als Geschichte erlebt werden, ohne sich an kausale Gesetze zu halten. Was sind also notwendige Bedingungen für eine Geschichte? Dramaturgische Struktur? Fiktionalität? Gar einen ganzen imaginären Plot? Oder handelt es sich vorrangig um ein psychologisches Konstrukt der Rezeption von Wirklichkeit?

Eine von mehreren Möglichkeiten
Meiner Einschätzung nach könnte es u.U. produktiver sein, stattdessen das Zustandekommen einer Fiktion (im Sinne einer imaginierten Wirklichkeit) neben die mechanische Anwendung formalisierter Regeln zu stellen. Also die Tätigkeiten "fictional play" und des "formalized game" in Wechselwirkung zu untersuchen. Die Fiktion scheint mir im letzten Post von Alexander als sein Alleinstellungsmerkmal von Story-Telling angegeben zu sein. (?)
Dann ist zunächst der ganze Fallstrick mit dramturgischer Struktur, Storyfication usw. außen vor und kann bei Bedarf später eingearbeitet werden.

Zur Erklärung: Mir geht es hier darum, dass ich gerne Alexanders Theorie beim Wachsen beobachten möchte, und mir daher weniger energiefressende Diskussionen wünsche. Ganz persönlich teile ich die Ausgangsbasis des Blogposts* auch nicht - aber ich bin gerne bereit zu folgen und dennoch auf einen Erkenntnisgewinn zu vertrauen.
(*EDIT: Bei mir ist es eher Assumption 1 und der Fun-Begriff.)

Zweites EDIT  ::): Falls Alexander diese Diskussion nicht über Gebühr strapaziert und er dennoch einfach weiter an seiner Theorie baut, ist meiner Neugier natürlich auch genüge getan und mein Vorschlag überflüssig...
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 19.05.2018 | 14:20
Wirklich.Äh... Schach handelt von spezifischen Charakteren.
Nein, es handelt sich stattdessen um Figuren und nicht um Charaktere. Zur Kurzübersicht würde ich auf den ansonsten sehr schwachen Blogpost von John Wick (http://johnwickpresents.com/games/game-designs/chess-is-not-an-rpg-the-illusion-of-game-balance/) verweisen. Für eine ausführliche Behandlung des Themas stattdessen auf Playing at the World (http://playingattheworld.blogspot.de/) von Jon Peterson.


Deine Hauptfigur ist ein König.
Eine Figur, richtig.

Ich könnte jetzt einen ganzen Schwung Wargames benennen, bei dem es um teilweise extrem wichtige Schlachten von Napoleon, Caesar, usw. geht. Bei einem ganzen Haufen Wargames muss Du mit den anderen Spielern in der Rolle eines bestimmten Herrschers kommunizieren und verhandeln (Diplomacy um mal einen alten Klassiker zu nennen. Geht aber auch gerne mit Here I Stand oder Virgin Queen.
Die Personalisierung von Spielen (der Übergang von der Figur zum Charakter) nahm erst mit Braunstein richtig Fahrt auf und mündete ja dann zunächst in D&D (und wurde in der Folge in verschiedenen RPGs weitergesponnen). Hier (Persönlichkeit) liegt ja auch ein Anknüpfungspunkt des Rollenspiels zu den angesprochenen Formen des Story-Tellings.

Zu Diplomacy zitiere ich gerne einmal aus "Playing at the World" um Werbung für das Buch zu machen: 'The rules of Diplomacy do not instruct players to adopt any particular personae or to “role-play” during diplomatic phases. They merely leave the door open for players to approach the diplomatic phase in any way that might further their interests in the game.'


Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 19.05.2018 | 14:41
Darf ich vorschlagen, zu überprüfen ob es die Begriffe Story(-Telling) bzw. Geschichte braucht, um die Theorie-Bildung voran zu bringen? Diese Vokabeln sind derart mehrdeutig, dass der Versuch einer einseitigen Vereinnahmung mMn fast zwangsläufig in Definitions-Kriegen endet.
Das verlagert das Problem nur. Man kann keinen Diskurs führen ohne Grundbegriffe. Und wenn man sich nicht auf einen Story-Begriff einigen kann, dann kann man sich auch nicht auf andere Begriffe einigen, das bringt nichts. Wie du vielleicht siehst ist die Diskussion jetzt bei dem Gegensatz von Figur und Charakter angekommen - die nächste Definitionsfrage.

Wenn jemand partout behaupten will, dass es keinen signifikanten Unterschied zwischen Geschichten, die man mit zB Axis & Allies produziert und dem Film "Der Längste Tag" gibt, dann soll derjenige oder diejenige es tun. Das ist allerdings meiner Überzeugung nach nicht sehr konsensfähig und der-/dierjenige würde sich mMn da arg verrennen.

Wodurch das sonst spannende Unterfangen (welches ich gerne weiter verfolgen würde, ohne mich groß zu beteiligen) der "strengen Theorie" vermutlich überschattet werden dürfte.
Ein Fußballspiel kann als Geschichte erlebt werden, ohne Fiktion zu benötigen. Kindliches Rollenspiel kann als Geschichte erlebt werden, ohne sich an kausale Gesetze zu halten. Was sind also notwendige Bedingungen für eine Geschichte? Dramaturgische Struktur? Fiktionalität? Gar einen ganzen imaginären Plot? Oder handelt es sich vorrangig um ein psychologisches Konstrukt der Rezeption von Wirklichkeit?
Fußball hat immerhin den Vorteil, das man idR die Spieler kennt und ihre Persönlichkeiten unterscheiden kann (zumindest bei der eigenen Mannschaft). Wer keine Ahnung von Fußball hat und einfach mal ins Stadion geht, der erlebt die Geschichte eines Spiels allerdings auch nicht wie einen Film - die Spieler gleichen mehr Figuren als Charakteren. Deswegen ist es für den Sport ja auch so wichtig dem Zuschauer einen Eindruck von der Persönlichkeit der Sportler zu geben (oder sie gar zu Archetypen aufzubauen).

Zweites EDIT  ::): Falls Alexander diese Diskussion nicht über Gebühr strapaziert und er dennoch einfach weiter an seiner Theorie baut, ist meiner Neugier natürlich auch genüge getan und mein Vorschlag überflüssig...
Ich fühle mich eigentlich gar nicht bemüßigt das Axiom zu verteidigen, die Designation als Axiom indiziert ja bereits, dass ich davon bin überzeugt, das es im Wesentlichen für sich selbst spricht. Es bietet aber eine gute Gelegenheit einen zweiten Blick auf die Arten von Geschichten zu werfen, die beim Spielen produziert werden. Und auf den Unterschied zwischen Figuren und Charakteren hinzuweisen - und Weselys/Arnesons/Gygaxs historischen Verdienst die Personalisierung von Spielen vorangetrieben zu haben.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: YY am 19.05.2018 | 15:26
Nein, es handelt sich stattdessen um Figuren und nicht um Charaktere. Zur Kurzübersicht würde ich auf den ansonsten sehr schwachen Blogpost von John Wick (http://johnwickpresents.com/games/game-designs/chess-is-not-an-rpg-the-illusion-of-game-balance/) verweisen.

Da schau an - mit der nebenan bzw. im Blog dargelegten Unterscheidung in die verschiedenen Spaßquellen kann ich jetzt Jahre später viel besser formulieren, warum ich den verlinkten Artikel für groben Unfug halte.
Hat also schon was gebracht  ;D
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Isegrim am 19.05.2018 | 15:44
Da werden genau diese Art von Geschichten erzählt, die Du in Romane, Filmen, Serien, Theaterstücken und Comicbüchern auch finden kannst.Genau was ich gesagt habe: Das Axiom ist auch mit Fussnote immer noch falsch.

Nicht wirklich. Ein Schachspiel erzählt eine Geschichte über Schach, nicht über Krieg. Dass das ursprünglich aus einer Konflikt-Simulation hervorging ist nur noch historisch von Bedeutung. Aus einer Schachpartie einen Spielfilm oder einen Roman zu machen ist ein aussichtloses Unterfangen.

Eine Partie Diplomacy kann man als (Alternativ-) Geschichte ab 1900 verkaufen. Aber die Spieler übernehmen nicht dir Rolle von Personen, die für Geschichten, wie in Spielfilmen oder Romanen erzählt, unerlässlich sind. Kann man vielleicht ein (Pseudo-) Sachbuch draus machen, aber mehr auch nicht. [Wobei man natürlich eine Art "Diplomacy-LARP spielen könnte, wo die Spieler nicht nur die Länder, sondern konkrete Repräsentanten verköpern, inkl Verkleidung und gefaktem Akzent; wär vielleicht lustig, ist aber nicht RAW...).

Wenn ich einen Abend lang Poker spiele, kommt dabei vielleicht eine erzählenswerte Geschichte bei rum ("Wie Isegrim sein Erbe verzockte und von da ab auf der Straße leben musste."...), aber die Beschreibung des Abends alleine ist keine Geschichte, aus der man einen Roman oder Film machen könnte (außer, in meinem Fall, eine Doku a la "Poker - Wie man es nicht spielen sollte").

Rollenspiele (bzw PnP) haben die für eine handelsübliche Roman-/Film-Geschichte notwendigen Ingredienzien. Aus einem Rollenspiel-Abend kann man eine solche basteln. Vermutlich wäre das Buch/der Film grauenhaft, da auch Rollenspiel nicht den Anspruch oder das Ziel hat ein Roman-Skript oder Film-Drehbuch zu liefern, aber es spielt mit den gleichen Bauteilen: Personen und deren Interaktion. Die meisten anderen käuflich erwerbbaren Spiele tun das nicht, oder nicht in dem Ausmaß wie Rollenspiele (bzw PnP). Auch wenn es sicherlich welche gibt, bw Überschneidungen welcher Art auch immer.

Da stimme ich zu. Es ist sogar noch grundlegender: Wir sind Geschichtentiere. Wir können unser Leben nur rekapitulieren, indem wir eine Geschichte daraus spinnen. Deshalb funktionieren auch Memo-Techniken so gut, die Fakten in Geschichten einkleiden.

Richtig. Das ist allerdings mE die weitest denkbare Fassung des Begriffes "Geschichte": Alles, was Menschen überhaupt verstehen können, ist letztendlich eine Geschichte, bzw muss als Geschichte erzählt werden. Ich weiß nicht, ob eine solche Verwendung für den Alltagsgebrauch taugt.

Zumindest in unserer Kultur gibt es bspw eine ziemlich strikte Trennung zwischen "fiktiven Geschichten" und "sachlicher Welterklärung". Romane oder Spielfilme erzählen andere Geschichten als Sachbücher und  Dokumentationen. Aus beidem kann man was lernen (wenn auch evtl das Falsche...), beides kann unterhaltsam sein (oder stinklangweilig...), aber es gibt einen tiefgreifenden Unterschied. Und tausend Zwischenformen keine Frage. Ich kenn die Idee "Menschen verstehen die Welt durch Geschichten!" bspw aus der Science of Discworld-Reihe, die Im Prinzip genau das ist: Eine Mischung aus Roman und Sachbuch. Allerdings ist jedes Kapitel eindeutig einer Kategorie zuggeordnet, die Trennung also formal aufrecht erhalten).

EDIT & P.S.:
Nicht gemeint sind hier übrigens Rollenspiele, wie sie im bspw im Sozialkundeunterricht eingesetzt werden. Da die Spieler hier nicht wirklich Personen, sondern Funktionen oder Interessengruppen verkörpern, sind die viel näher am Sachbuch als am Roman; auch wenn man sie an einem solchen aufhängen würde (bspßw an einer Geschichte wie Westside Story, auch wenn das ein Musical ist).
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Derjayger am 19.05.2018 | 16:00
Schach handelt von spezifischen Charakteren.

Ich glaube die wenigsten Leute unterscheiden ihre Bauern so voneinander, dass man von Charakteren sprechen kann. Man gibt ihnen weder eigene Namen, noch eigene Charakterzüge, noch denkt man an Klone oder sowas. Sondern an etwas abstrakteres.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Sir Markfest am 19.05.2018 | 16:30
Ich glaube die wenigsten Leute unterscheiden ihre Bauern so voneinander, dass man von Charakteren sprechen kann. Man gibt ihnen weder eigene Namen, noch eigene Charakterzüge, noch denkt man an Klone oder sowas. Sondern an etwas abstrakteres.

Wie die namenlosen Bauern NSCs in einem Dorf im RPG, von daher passts schon irgendwie...
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: YY am 19.05.2018 | 16:52
NSC  ;)
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 19.05.2018 | 16:54
Ich würde folgenden Unterschied im Wort "Figur" finden:
Ziehe ich eine Figur (Betrachte ich sie von außen, als ein Ding aus Zinn) Außenbetrachtung
Oder bin ich vorübergehend die Figur (Nehme ich ihre Position ein- und denke und fühle für sie) Innenbetrachtung

Das sind zwei unterschiedliche Spielgefühle. (Ob mit Geschichte-(die sich vermutlich immer irgendwie konstruiieren lässt), oder nicht)
Oder die Geschichte die passiert wird unterschiedlich "erlebt."
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Settembrini am 21.05.2018 | 16:28
Die PESA erinnert, flankiert von nachprübaren Aussagen von Werner Fuchs im Eskapodcast:

Das Wort "Charakter" ist ein Übersetzungsfehler in der dt. Ausgabe von D&D gewesen. Das engl. "character" kann man korrekt (nur) mit Figur übersetzen.

Die PESA bietet aus sprachhygienischen Gründen* die Alternative "personnage" (= franz. personnage) an, ein Lehnwort was unmißverständlich nur im Rollespielkontext auf deutsch benutzt wird. Figur ist ja mehrfach besetzt.

In dieser Diskussion in diesem Thread hier Figur und "Charakter" zu unterscheiden ist der reine Wahnwitz. :o
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Luxferre am 21.05.2018 | 16:51
PESA nervt!
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 1of3 am 21.05.2018 | 17:08
Eine Partie Diplomacy kann man als (Alternativ-) Geschichte ab 1900 verkaufen. Aber die Spieler übernehmen nicht dir Rolle von Personen, die für Geschichten, wie in Spielfilmen oder Romanen erzählt, unerlässlich sind.

Das würde ich nicht so streng sehen. Wir Menschen sind durchaus in der Lage Gruppen von Leuten als kollektiv Handelndes zu begreifen. Wir können ganz wunderbar Geschichten erzählen, wie "die Ägypter die Pyramiden gebaut haben". Das wird kein Roman und kein Spielfilm, aber das liegt an diesen speziellen Erzählformen und nicht daran, dass es keine Erzählung wäre. Das ist ja der Witz an (Rollenspiel-)Weltbeschreibungen. Es gibt Leute, die lesen das zur Unterhaltung, wie sie andere Geschichten auch lesen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 21.05.2018 | 17:55
PESA nervt!

Sie hat in diesem Punkt allerdings Recht, wobei die Spielfigur beim Schach von der Figur, die Person innerhalb eines Narrativs ist, noch mal abzugrenzen ist, was dort auch geschieht.

Davon abgesehen halte ich die ganze Diskussion für überflüssig. Axiom 3 postuliert nicht, dass die Kombination von Spiel und Geschichtenerzählen ausschließlich in Rollenspielen vorkommt. Ich halte es aber an allererster Stelle weiterhin für sinnvoll, Rollenspiel sauber zu definieren und damit auch gleich die Möglichkeit der Abgrenzung von anderen Spielen oder Erzählformen zu schaffen. Dann kommt auch keiner mehr mit dem Diplomacy-Vergleich um die Ecke.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Settembrini am 21.05.2018 | 19:05
Rollenspiel ist definierbar, und zwar indem man sich klar macht, daß es eine "Methode Rollenspiel" gibt, die in verschiedenen Spielen Anwendung findet.

Diese Methode, gepaart mit gewissen Inhalten ist dann das RPG = Hobbyrollenspiel, für alle D&D-artigen kann man auch Abenteuerrollenspiel sagen, wie auch vom Entdecker dieser Methode fpr den Hobbybereich, Dave Weseley immer wieder vorgeschlagen.

Die "Methode Rollenspiel":

Das Fortentwickeln einer fiktiven Situation durch verbale Verhandlung.

Wie einleuchtet, wird diese Methode auch andernorts eingesetzt.

Deswegen haben wir immer die Methode + Inhalt, bevor ein bestimmtes "Rollenspiel" draus wird. Das therapeuthische hat echte Menschen zum Inhalt, was die Situationen nicht weniger fiktiv macht, ist ja der Sinn.

Insgesamt kann man Vergnügungs von allen anderen scheiden. Die Vergnügungsrollenspiele, die wir hier meinen, würde ich Hobbyrollenspiele nennen. Es gibt ja auch die, wo man Leute für bezahlen muß. Da gibt es auch oft einen verbalen Verhandlungsteil einer ausgedachten Situation. Telephonsex läuft ja streckenweise mit der Methode Rollenspiel.

Insgesamt hilft es eben ungemein die Methode von einer historisch gewachsenen Vermengung von Inhalten und Methode(n) zu trennen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: KhornedBeef am 21.05.2018 | 19:09
Das klingt für sich schlüssig. Auch wenn "PESA" hier im Forum für mich soviel Charme versprüht wie "PETA" anderswo ;)
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Derjayger am 21.05.2018 | 19:27
Die "Methode Rollenspiel":

Das Fortentwickeln einer fiktiven Situation durch verbale Verhandlung.

Find' ich gut!
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 21.05.2018 | 20:20
Zitat
Insgesamt kann man Vergnügungs von allen anderen scheiden. Die Vergnügungsrollenspiele, die wir hier meinen, würde ich Hobbyrollenspiele nennen. Es gibt ja auch die, wo man Leute für bezahlen muß. Da gibt es auch oft einen verbalen Verhandlungsteil einer ausgedachten Situation.
Nicht nur das. Sie konfrontieren die Teilnehmer auch oft mit einer Situation, die die  Menschen extra persönlich und direkt betrifft. (Die Spieler selbst quasi.)
Es geht hier oft direkt um die Persönlichkeits Entwicklung/Selbsterfahrung  der Teilnehmer, mittels fiktiver Situationen und Figuren.
Das ist etwas, was man im Hobby-Rollenspiel eigentlich weitestgehend vermeiden möchte.
Hier soll sich ja in erster Linie die Figur entwickeln. (Ob sich auch der Spieler dadurch entwickelt, kann so sein, wird aber nicht extra fokusiert)
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 21.05.2018 | 20:41
Find' ich gut!

Ja, reicht aber nicht. Das Übernehmen der Rollen bestimmter handelnder Subjekte innerhalb der Fiktion ist für Rollenspiel ganz sicher konstituierend. Ich würde unbedingt auch die Offenheit bezüglich möglicher Inhalte hinzufügen. Es gibt beispielsweise Spiele, die das Erschaffen von Fiktion durch Verhandlung umsetzen, die Möglichkeiten, Fiktion zu erschaffen, aber grundsätzlich einschränken. In Brettspielen beispielsweise geben die Spielregeln üblicherweise konkret vor, was der Spieler bzw. dessen Alter Ego innerhalb der Fiktion tun darf und was nicht. In Rollenspielen gibt es zwar auch Regeln. Diese sind allerdings nicht einschränkend, sondern dienen der Strukturierung der fiktionalen Inhalte. Oder anders: in Brettspielen bestimmen die Regeln, was man tun darf, und die Fiktion folgt den Regeln. In Rollenspielen ist es genau anders herum. Und wenn es für irgendwas keine Regel gibt, wird ad hoc eine erschaffen oder man einigt sich auf anderem Weg über Verhandlung.

Aus der Offenheit der Inhalte der Fiktion ergibt sich im Grunde genommen auch, dass es keine Endbedingungen gibt. Man kann Rollenspiel innerhalb des selben fiktionalen Raumes immer weiter betreiben, so lange man Lust hat. Hier könnte man darüber diskutieren, ob diese Aussage für Rollenspiele im Allgemeinen zutrifft oder nur für eine bestimmte Klasse von Rollenspielen, die zufälligerweise "klassisches" Spiel und damit die überwiegende Mehrheit der Spiele betrifft. Ansonsten wären viele Erzählspiele mit konkreten Endbedingungen wie Fiasco, Montségur 1244 etc. keine Rollenspiele.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 21.05.2018 | 21:45
Offenheit heisst nicht Unbegrenztheit. In diesem Fall ist diese Offenheit natürlich vom fiktionalen Inhalt eingeschränkt. Der fiktionale Inhalt wiederum wird durch die Spieler bestimmt. Wenn die Spieler also dem fiktionalen Inhalt Grenzen setzen, gelten diese Grenzen für das kompletten Spiel.
Ergo sind Endbedingungen keine ausschliessende Kriterien bei Rollenspielen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 21.05.2018 | 21:53
Offenheit heisst nicht Unbegrenztheit. In diesem Fall ist diese Offenheit natürlich vom fiktionalen Inhalt eingeschränkt. Der fiktionale Inhalt wiederum wird durch die Spieler bestimmt. Wenn die Spieler also dem fiktionalen Inhalt Grenzen setzen, gelten diese Grenzen für das kompletten Spiel.
Ergo sind Endbedingungen keine ausschliessende Kriterien bei Rollenspielen.

Es sind in den genannten Beispielen nicht die Spieler, sondern die Regeln, die dem Spiel zeitliche Grenzen setzen. Dass die Spieler sich auf Endbedingungen einigen können, steht auf einem anderen Blatt. Letzten Endes wird es niemals eine Rollenspielrunde geben, die ewig läuft. Aber ja, Offenheit muss nicht zwangsläufig zeitliche Offenheit sein. Ich habe das auch immer so wahrgenommen, also in ihrer Länge durch die Regeln beschränkte Spiele als eine Sonderform von Rollenspielen angesehen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 21.05.2018 | 22:05
Brettspiel: Die Basis Spielregeln sind vor dem Spiel idR. klar definiert, und können während des Spiels nicht spontan geändert werden.
Sämtliche Entwicklungen, die während des Spiel stattfinden, laufen idR. auf ein klar definiertes Ende zu- (z.B. Sieger werden)
Das Setting bzw. Spielfeld, kann nicht spontan ausgeweitet werden, und ist vorher festgelegt. (Spielbrett)
Das Thema-"Der Auftrag" (das Spielziel) ist in der Regel nicht variabel.

Rollenspiel: Spielt man nicht gegeneinander. Der Spielleiter spielt zwar die Gegner der Gruppe (genauso wie Freunde, Informanten, usw.)
Aber er selbst ist nicht der Gegner. Er gewinnt mit den Spielern gemeinsam. Das "Spielbrett"/Setting kann spontan im Spiel durch die Spieler ausgeweitet werden, und ist innerhalb der Fiktion theoretisch nicht begrenzt. Die Regeln im Rollenspiel müssen u.U. auch spontan interpretiert und angepasst werden.

Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 21.05.2018 | 22:47
Die PESA erinnert, flankiert von nachprübaren Aussagen von Werner Fuchs im Eskapodcast:

Das Wort "Charakter" ist ein Übersetzungsfehler in der dt. Ausgabe von D&D gewesen. Das engl. "character" kann man korrekt (nur) mit Figur übersetzen.

Interessant, aber irrelevant. Ein markanter Unterschied zwischen Rollenspielen und Brettspielen wie Schach oder Monopoly ist zB der, dass hier Charaktere mit Namen und in der Mehrheit der Fälle mit eigener Persönlichkeit ausgestattet wurden. Die Konzentration auf den einen Charakter mit distinkter Persönlichkeit ist etwas, dass das Rollenspiel vorangetrieben hat (aufbauend auf Trends der Zeit wie zum Beispiel die de facto Spielweise zahlreicher Diplomacy-Runden).


Die PESA bietet aus sprachhygienischen Gründen* die Alternative "personnage" (= franz. personnage) an, ein Lehnwort was unmißverständlich nur im Rollespielkontext auf deutsch benutzt wird. Figur ist ja mehrfach besetzt.

In dieser Diskussion in diesem Thread hier Figur und "Charakter" zu unterscheiden ist der reine Wahnwitz. :o

Eine (auch) sprachliche Unterscheidung zwischen einer Figur, die keinen eigenen Namen und/oder Persönlichkeit hat und einem Charakater andererseits, der beides hat, dient im gegenwärtigen Kontext der Kommunikation. Eine Verwischung dieser unterschiedlichen Grade an Charakterisierung behindert hier hingegen die Kommunikation. Da im Bereich von Spielen Figur mit charakterlosen Entitäten, wie dem Bauer im Schach, verbunden ist (im Sinne von Spielfigur), während speziell im Rollenspiel aus historischen Gründen von Charakteren gesprochen wird, bietet sich die Begriffsunterscheidung an.

Zumal eine Unterscheidung im Bereich des Geschichtenerzählens ja ebenfalls vorgenommen wird: siehe zB die Charakterrolle im Film. Analog hier der Unterschied zwischen Figur und Charakteren.


Das würde ich nicht so streng sehen. Wir Menschen sind durchaus in der Lage Gruppen von Leuten als kollektiv Handelndes zu begreifen.

Man kann, wie John Wick in seinem etwas merkwürdigen Blogpost bereits ausgeführt hat, viele Spiele "rollenspielifizieren" - das macht das eigentliche Spiel (im Sinne von Regelwerk) aber noch lange noch nicht zu einem Rollenspiel. Und diese Rollenspielifizierung (zb von Diplomacy) beeinhaltet ja gerade Namensgebung und Personalisierung/Charakterisierung. So greift auch die de facto Spielweise mancher Diplomacy-Runden in den 60ern der Entwicklung des Rollenspiels etwas vor.


Rollenspiel ist definierbar, und zwar indem man sich klar macht, daß es eine "Methode Rollenspiel" gibt, die in verschiedenen Spielen Anwendung findet.
[...]
Das Fortentwickeln einer fiktiven Situation durch verbale Verhandlung.

Rollenspiel ist definierbar. Ob es aber auch eine formale, allgemeingültige Definition geben kann - dass muss man dann mal schauen; davon handelt auch mein nächster Blogeintrag. Und er plädiert dafür (Spoilers!) diese Aufgabe Profis zu überlassen. Außerhalb eines akademischen Rahmens ist so eine allgemeingültige, formale Definition jedenfalls so unnötig wie ein Kropf. Die obige Definition ist schon einmal nicht hinreichend: wenn ich mich mit Freunden darüber unterhalte wie der 2. Weltkrieg ausgegangen wäre, wenn die USA nicht in den Krieg eingetreten wären, dann ist das kein Rollenspiel. Das Hineinversetzen in mindestens eine bestimmte Person und das Erleben von Ereignissen aus dieser Perspektive ist unerlässlich.


Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 05:42
Was Rollenspiel besonders macht, ist mMn. 1. die Perspektive, aus der man das Spiel erlebt, bzw. erleben kann. (Durch die Augen einer fiktiven Figur in einer fiktiven Welt).
Und 2. Die die Vielfalt an Entscheidungen, die man für eine Figur treffen kann. (Was würde ich selbst in der Haut/Rolle der Figur jetzt tun? )

Es gibt natürlich auch Faktoren, die diese Entscheidungsmöglichkeiten etwas einschränken.
SL- trifft idR. Eine Schauplatz und Aufgaben Vorauswahl.
Wo findet es grob statt? Was kann da passieren?
SPL-sind in ihren Entscheidungen evtl. durch die körperlichen/geistigen und charakterlichen Eigenschaften ihrer Figur eingeschränkt.
Hinzu kommt, dass im Vorfeld nicht klar ist, ob getroffene Entscheidungen -bei der Umsetzung in die Tat auch zum Erfolg führen. Der Faktor Glück/Zufall (Würfel UÄ. ) spielen hier oft eine entscheidende Rolle.

Beim Spiel wird mMn. , grob gesagt, die Entwicklung von Figuren verfolgt.
Körperlich/Geistig (Fähigkeit)
Optional auch charakterlich (Persönlichkeitsentwicklung)

3. Ein Spieler ist nicht selten gezwungen seiner Figur auch verbal Ausdruck zu verleihen, und darüber mit anderen imaginären Figuren zu interagieren.
 Eine Figur im Rollenspiel wird idR. vom Spieler selbst gefühlt, gedacht und gesprochen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: TaintedMirror am 22.05.2018 | 07:22
Würdet ihr eigentlich folgende Dinge als Rollenspiel klassifizieren: DSA1 Soloabenteuer, Abenteuerspiele ala Kaphornia, Quest (Zeit der Helden), Descent, Werwölfe von Düsterwald?
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 07:25
Rollenspiel ist definierbar. Ob es aber auch eine formale, allgemeingültige Definition geben kann - dass muss man dann mal schauen; davon handelt auch mein nächster Blogeintrag. Und er plädiert dafür (Spoilers!) diese Aufgabe Profis zu überlassen. Außerhalb eines akademischen Rahmens ist so eine allgemeingültige, formale Definition jedenfalls so unnötig wie ein Kropf.

Nö. Das erlebe ich regelmäßig, wenn Leute Descent als Rollenspiel bezeichnen. Da herrscht offensichtlich Bedarf an einer Definition, die Rollenspiel sauber von anderen Gesellschaftsspielen abgrenzt.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 07:40
Würdet ihr eigentlich folgende Dinge als Rollenspiel klassifizieren: DSA1 Soloabenteuer, Abenteuerspiele ala Kaphornia, Quest (Zeit der Helden), Descent, Werwölfe von Düsterwald?
Descent?
Nein.
Es geht ums Gewinnen. Der "Spielleiter" ist der Gegner.
(Das ist im Rollenspiel nicht so!)
Es gibt ein begrenztes Spielfeld. Die Regeln sind im Vorfeld klar und können nicht spontan geändert werden.

Werwölfe?
Nein
(Es gibt keine Alternativen zum Handlungsablauf. Am nächsten Tag muß einer hingerichtet werden.🐺.Die Wölfe müssen töten etc.  Es ist zudem klar, wie und dass das Spiel zu gewinnen ist)
Die Regeln sind vor dem Spiel klar definiert, und können nicht spontan geändert oder angepasst werden.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 22.05.2018 | 07:48
Würdet ihr eigentlich folgende Dinge als Rollenspiel klassifizieren: DSA1 Soloabenteuer, Abenteuerspiele ala Kaphornia, Quest (Zeit der Helden), Descent, Werwölfe von Düsterwald?
Einfacher Test: Werden die Regeln auf Verhandlungsbasis verwendet? Die genannten Abenteuerspiele kenne ich nicht. Von daher kann ich das nicht beurteilen. Der Rest samt den Soloabenteuer sind keine Rollenspiele. Die Spiele arbeiten mit festen Regeln.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 07:59
Ich stelle fest: jeder hat seine eigene Definition.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 22.05.2018 | 08:16
Ich stelle fest: jeder hat seine eigene Definition.
Eigentlich decken sich die Definitionen von Issi, Crimson King, Settembrini und mir bis auf kleine Nuancen.
Derjayger und KhornedBeef stimmen Settembrinis Definition zu.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Settembrini am 22.05.2018 | 08:49
Zitat
DSA1 Soloabenteuer, Abenteuerspiele ala Kaphornia, Quest (Zeit der Helden), Descent, Werwölfe von Düsterwald?

Das wird mit der Scheidung von Methode und Inhalt sehr einfach:

Es sind Spiele, die die selben Inhalte, Bausteine und Regeln wie D&D-artige Rollenspiele haben, jedoch nicht die Methode Rollenspiel verwenden. Sie zählen zu den Abenteuerspielen (anerkannter Begriff), und für ihre Subgattungen gibt es treffende, anerkannte Klassennamen wie eben Dungeon Crawler und eben Soloabenteuer.

Der wichtigere Fall, den Du nicht nennst ist ja das Computerrollenspiel. Und das hat direkt einen bekannten und anerkannten Gattugnsnamen, um ihm vom eigentlichen "RPG" (= Abenteuerrollenspiel) zu scheiden. Im Sinne von Computerrollenspiel, was für viele mitlerweile der eigentliche Begriff ist, können die obigen Spiele auch als Rollenspiele bezeichnet werden. Eben als Brettrollenspiele-> Transitiv über Rollenspiel = D&D-artige Inhalte, Bausteine und Regeln; analog gebildet zu Computerrollenspiele.

Hier kann man sehen, daß die Wortkombination RPGame bzw. "Rollenspiel_Leerstelle_" sich verselbständigt hat und landläufig als D&D-artige Inhalte, Bausteine und Regeln meint.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 09:03
"Pen & Paper"ist eine Bezeichnung die sicher auch gewählt wurde um sich von anderen Spielarten des Rollenspiels abzugrenzen.
Wobei man Pen& Paper ja auch online spielen kann.
"Stift und Papier " erweckt mMn. irrtümlich den Eindruck, als wäre das das einzige Unterscheidungsmerkmal.
Natürlich gibt es noch einige mehr.

Auch die Bezeichnung "Rollenspiel" ist für manche Brettspiel-artige Spiele oder Computerspiele sicherlich irreführend.

Edit. Meine ganz persönliche Meinung: Ich denke, das kommt daher, dass man sich immer an "alles ist eine Story" aufhängt. (Was ja tatsächlich irgendwo stimmt).
Statt auf "nicht jede Figur ist auch eine Rolle (Rolle im Sinn von einfühlen, verkörpern etc. )

Mit dem Argument "alles ist eine Story"(Egal welche Rolle du wie darin spielst) kann man Vieles gleich machen.
Auch wenn es in vielerlei Hinsicht eigentlich ziemlich verschieden funktioniert.

Bei dem Argument "Alles ist eine Rolle" würde man evtl.  schneller differenzieren. Und sagen: "Moment mal, diese Rolle ist aber irgendwie anders. Bzw. fühlt sich im Spiel anders an. Gerade dann, wenn ich eine Figur selbst darstellen muss. Im Sinne von sprechen und schauspielern"

Rolle wurde hier (nur mMn.)(versehentlich, irrtümlich) mit Geschichte gleichgesetzt. Obwohl das zumindest mMn. zwei verschiedene Dinge sind. Die zwar zusammen hängen aber eben nicht identisch sind.
Deshalb haben wir inzwischen eine Vielzahl von "Rollenspielen", wo Pen&Paper Spieler das "Moment mal" sagen und das dringende Bedürfnis haben, hier nochmal genauer zu differenzieren.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Nørdmännchen am 22.05.2018 | 09:32
Ich würde vorschlagen zur weiteren Differenzierung einer mMn sinnvollen Definition noch weitere Merkmale zu untersuchen. Da finde ich das Kriterium des Inhalts alleine nicht hinreichend, insbesondere wenn Konstrukte wie Regeln o.ä. hinein gepresst werden müssen. Ich persönlich würde dazu noch nach der Form und den Mitteln der Verhandlung fragen - und für letzteres dann "verbal" auf "kommunikativ" erweitern. Mein Ziel wäre das Schaffen von Klarheit (insbesondere für den Platz von Regeln, Darstellung und Erzählung), um verschiedenste Formen des Rollenspiels und schließlich auch das Roleplay Game voneinander abzugrenzen.

Ein erster Versuch meinerseits:

Die Methode Rollenspiel als: Fortentwickeln einer fiktiven Situation durch kommunikative Verhandlung.

Der Form nach können wir...

Die Mittel derer sich die Verhandlung bedienen kann kategorisiere ich (schamlos bei der Semiotik nach C.S. Peirce (https://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Sanders_Peirce#Semiotik) abkupfernd):
(Zu bemerken wäre, dass erst die formalisierte Verhandlung dann auch die symbolische Kommunikation ermöglicht.)

Nun könnten unterschiedliche Rollenspiele nach Inhalt, Form und Mitteln genauer definiert werden.


EDIT: Ein Nachtrag als Beispiel:
Das stark charakterisierende Darstellen einer Rolle - als Funktion des Spielers - wäre dann z.B. eine kennzeichnende Formalisierung insbesondere der ikonischen (sowie in den meisten Fällen der indizierenden) Kommunikation.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 10:06
Eigentlich decken sich die Definitionen von Issi, Crimson King, Settembrini und mir bis auf kleine Nuancen.

Das sehe ich ein wenig anders. Nach Settembrinis Definition ist z.B. Werwölfe ein Rollenspiel. Genauso wären kooperative Erzählspiele ohne Übernahme von Rollen Rollenspiele. Nach allgemeinem Verständnis sind aber beides keine Rollenspiele. Es braucht also weitere Einschränkungen. Im ersteren Fall wäre da die Offenheit der Fiktion gegenüber beliebigen Änderungen zu nennen. Werwölfe ist eine Verhandlungsorgie über die Fiktion. Es definiert aber auch klar, worüber verhandelt werden kann und wer wann was tun darf. Mehr geht nicht. Im zweiten Fall fehlt offensichtlich die Identifikation der Teilnehmer mit einer Rolle innerhalb der Fiktion.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 22.05.2018 | 10:40
Das sehe ich ein wenig anders. Nach Settembrinis Definition ist z.B. Werwölfe ein Rollenspiel. Genauso wären kooperative Erzählspiele ohne Übernahme von Rollen Rollenspiele. Nach allgemeinem Verständnis sind aber beides keine Rollenspiele. Es braucht also weitere Einschränkungen. Im ersteren Fall wäre da die Offenheit der Fiktion gegenüber beliebigen Änderungen zu nennen. Werwölfe ist eine Verhandlungsorgie über die Fiktion. Es definiert aber auch klar, worüber verhandelt werden kann und wer wann was tun darf. Mehr geht nicht. Im zweiten Fall fehlt offensichtlich die Identifikation der Teilnehmer mit einer Rolle innerhalb der Fiktion.
Vorsicht!
Settembrini hat doch da eine Unterscheidung getroffen. Er spricht von der Methode Rollenspiel, die Du auf theoretisch alle Spiele anwenden kannst. Deine Definition bezieht sich auf das Genre Rollenspiel. Wenn Du seine Einschätzungen der Spiele liest, siehst Du, dass er Deine Einschränkungen Bestätigt.
Die Beschränkung auf eine Figur hat er impliziert. Das kann man auch sehr gut bei seiner Einschätzung erkennen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 10:48
Vorsicht!
Settembrini hat doch da eine Unterscheidung getroffen. Er spricht von der Methode Rollenspiel, die Du auf theoretisch alle Spiele anwenden kannst. Deine Definition bezieht sich auf das Genre Rollenspiel. Wenn Du seine Einschätzungen der Spiele liest, siehst Du, dass er Deine Einschränkungen Bestätigt.
Die Beschränkung auf eine Figur hat er impliziert. Das kann man auch sehr gut bei seiner Einschätzung erkennen.

Ich habe durchaus verstanden, was Settembrini geschrieben hat. Mir ist auch klar, dass er im Wesentlichen das Gleiche meint. Das, was er schreibt, ist als Definition für Rollenspiel trotzdem nicht ausreichend.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 1of3 am 22.05.2018 | 10:53
Ich würde vorschlagen zur weiteren Differenzierung einer mMn sinnvollen Definition noch weitere Merkmale zu untersuchen. Da finde ich das Kriterium des Inhalts alleine nicht hinreichend, insbesondere wenn Konstrukte wie Regeln o.ä. hinein gepresst werden müssen. Ich persönlich würde dazu noch nach der Form und den Mitteln der Verhandlung fragen - und für letzteres dann "verbal" auf "kommunikativ" erweitern.[...]

Der Form nach können wir...
  • ...frei verhandeln. Alle unsere Kommunikation greift höchstens auf Standards zurück, die alle Spielenden aus ihrem gesellschaftlichen Kontext bereits mitbringen (Play).
  • ...formalisiert verhandeln. Wir treffen vorher Verabredungen und nutzen nun Verhandlungsstrukturen deren Bedeutung exklusiv für das spezifische Spiel ist (Game).

Die Mittel derer sich die Verhandlung bedienen kann kategorisiere ich (schamlos bei der Semiotik nach C.S. Peirce (https://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Sanders_Peirce#Semiotik) abkupfernd):
  • Ikonische Kommunikation: Der Verhandlungs-Beitrag sieht aus wie das, was wir in der Fiktion bewegen möchten (Prinzip der Ähnlichkeit). Insb. Darstellung als Akteur, LARP, wörtliche Rede im Tischrollenspiel, evtl. auch Illustrationen (?)
  • Indizierende Kommunikation: Es wird darauf Verwiesen, wie wir die Fiktion verändern möchten (Prinzip des Hindeutens). Deskriptives Erzählen, Karten und Lagepläne zeichnen, Figuren schubsen
  • Symbolische Kommunikation: Der Beitrag erhält erst durch vorher getroffene Vereinbarung Bedeutung in der Fiktion (Prinzip der Konvention). Würfeln, LP abstreichen, was wir gemeinhin Regelmechanik nennen
(Zu bemerken wäre, dass erst die formalisierte Verhandlung dann auch die symbolische Kommunikation ermöglicht.)

Das gefällt mir alles sehr gut. Vielleicht wäre es aber zu klären, was eigentlich mit Fiktion gemeint ist. Wie verhält es sich z.B. mit Setzungen, die nur einigen Teilnehmenden bekannt sind, aber von allen akzeptiert würden, sofern sie bekannt wären? - Also z.B. dass mein Charakter 10 Ränge in Seemann hat, aber wir sind halt noch nie Schiff gefahren. Oder der Geheimgang, den die SL sich ausgedacht hat, aber die Spieler noch nicht gefunden haben.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 22.05.2018 | 10:56
Ich habe durchaus verstanden, was Settembrini geschrieben hat. Mir ist auch klar, dass er im Wesentlichen das Gleiche meint. Das, was er schreibt[\i], ist als Definition für Rollenspiel trotzdem nicht ausreichend.
Deswegen kam ja von Dir die Ergänzung, der er nicht widersprochen hatte, sondern in seiner Einschätzung sogar bestätigte.
Oder anders: Du hast die Definition präzisiert und alle der von mir Genannten haben dieser praezisierten Definition explizit oder impliziert zugestimmt.
Also ist das anscheinend eine konsensfindende Definition von Rollenspiel als Genre oder als Spiel, oder etwa nicht?
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 22.05.2018 | 11:00
Vorsicht!
Settembrini hat doch da eine Unterscheidung getroffen. Er spricht von der Methode Rollenspiel, die Du auf theoretisch alle Spiele anwenden kannst.

Nicht nur auf Spiele, wie Alexander K. in seinem "Was wäre, wenn..."-Beispiel sehr gut gezeigt hat. Nach Setts Definition würde sogar eine Informatik-Arbeitsgruppe an der Uni, die gemeinsam die Möglichkeiten des zu entwickelnden Programms abklopft, nach der "Methode Rollenspiel" vorgehen.

Damit ist sie eigentlich ziemlich beliebig, bis hin zur Unbrauchbarkeit.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 11:10
Deswegen kam ja von Dir die Ergänzung, der er nicht widersprochen hatte, sondern in seiner Einschätzung sogar bestätigte.
Oder anders: Du hast die Definition präzisiert und alle der von mir Genannten haben dieser praezisierten Definition explizit oder impliziert zugestimmt.
Also ist das anscheinend eine konsensfindende Definition von Rollenspiel als Genre oder als Spiel, oder etwa nicht?

Für mich besteht da Konsens.  8)
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 11:19
Ich würde vorschlagen zur weiteren Differenzierung einer mMn sinnvollen Definition noch weitere Merkmale zu untersuchen. Da finde ich das Kriterium des Inhalts alleine nicht hinreichend, insbesondere wenn Konstrukte wie Regeln o.ä. hinein gepresst werden müssen. Ich persönlich würde dazu noch nach der Form und den Mitteln der Verhandlung fragen - und für letzteres dann "verbal" auf "kommunikativ" erweitern. Mein Ziel wäre das Schaffen von Klarheit (insbesondere für den Platz von Regeln, Darstellung und Erzählung), um verschiedenste Formen des Rollenspiels und schließlich auch das Roleplay Game voneinander abzugrenzen.

Ein erster Versuch meinerseits:

Die Methode Rollenspiel als: Fortentwickeln einer fiktiven Situation durch kommunikative Verhandlung.

Der Form nach können wir...
  • ...frei verhandeln. Alle unsere Kommunikation greift höchstens auf Standards zurück, die alle Spielenden aus ihrem gesellschaftlichen Kontext bereits mitbringen (Play).
  • ...formalisiert verhandeln. Wir treffen vorher Verabredungen und nutzen nun Verhandlungsstrukturen deren Bedeutung exklusiv für das spezifische Spiel ist (Game).
(Zu bemerken wäre, dass erst die formalisierte Verhandlung dann auch die symbolische Kommunikation ermöglicht.)
Jepp, das war es, was mir bei Setti gefehlt hat.
Bestimmte Regeln(z.B. wie funktioniert Kämpfen, Zaubern etc.) sind eben auch im Rollenspiel bereits vorvereinbart, bevor es zu Verhandlungen kommt.
Aber halt nicht alle. Anpassungen sind uU. auch immer wieder mal nötig.

Im Prinzip wird doch meist dann spontan nachverhandelt, wenn die vorverhandelten Regeln die Situation nicht mehr "abdecken, bedienen" können.
Hier müsste man jetzt evtl. nochmal differenzieren, was man alles für eine Regel hält.

Im Endeffekt kann es im Spiel immer wieder zu "ungeplanten Situationen" kommen.
Und dann ist die Frage: Können das die vorverhandelten Regel abdecken? Ja/Nein?
Oder muß man hier spontan etwas angleichen, improvisieren etc.

mögliche Verhandlungen :
Im Prinzip hat der Spieler einen Vorschlag (eine Idee) was seine Figur in einer bestimmten Situation tun will. ("Ich will mit Handlung X oder Argument Y folgendes erreichen....")
Der SL/die Mitspieler wägt/wägen  diese Idee ab, und entscheidet dann ob diese Idee erfolgsversprechend ist(in Anbetracht der Situation) oder ob er dafür z. B. eine Würfelprobe verlangt.
(In der Regel dann, wenn es auch schief gehen können soll)
Insofern sind "Verhandlungen", (sofern man diesen Begriff verwenden möchte), nicht zwingend unabhängig vom Regeleinsatz.
Aber eben auch nicht zwingend unabhängig von der Situation. (Beziehungsweise der Einschätzung der Situation)


Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 22.05.2018 | 11:19
Nicht nur auf Spiele, wie Alexander K. in seinem "Was wäre, wenn..."-Beispiel sehr gut gezeigt hat. Nach Setts Definition würde sogar eine Informatik-Arbeitsgruppe an der Uni, die gemeinsam die Möglichkeiten des zu entwickelnden Programms abklopft, nach der "Methode Rollenspiel" vorgehen.

Damit ist sie eigentlich ziemlich beliebig, bis hin zur Unbrauchbarkeit.
Stimmst Du Crimson Kings Präzisierung zu?
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Nørdmännchen am 22.05.2018 | 11:26
Im Prinzip hat der Spieler einen Vorschlag (eine Idee) was seine Figur in einer bestimmten Situation tun will. ("Ich will mit HandlungX oder Argument Y folgendes erreichen....")
Der SL wägt diese Idee ab, und entscheidet dann ob diese Idee erfolgsversprechend ist oder ob er dafür eine Würfelprobe verlangt.
(In der Regel dann, wenn es auch schief gehen können soll)
Insofern sind "Verhandlungen", (sofern man diesen Begriff verwenden möchte), nicht zwingend unabhängig vom Regeleinsatz.
Aber eben auch nicht zwingend unabhängig von der Situation. (Beziehungsweise der Einschätzung der Situation durch den Spielleiter)

Das kann ich einsehen. Würde es Dir genügen, wenn ich das "vorher" bei "Wir treffen vorher Verabredungen..." streiche?
Oder präziser: Die Verabredung findet, im Zweifel auch unmittelbar, vor dem Einsatz symbolischer Kommunikation statt. Durch Formalisierung kann einer/einem Spielenden das Recht zugeschrieben werden, einseitig über die Gültigkeit einer solchen Verabredung zu entscheiden. (Da wäre dann das SL-Ruling.)

@1of3: Jetzt muss ich nachdenken...
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 11:35
Zitat
Oder präziser: Die Verabredung findet, im Zweifel auch unmittelbar, vor dem Einsatz symbolischer Kommunikation statt. Durch Formalisierung kann einer/einem Spielenden das Recht zugeschrieben werden, einseitig über die Gültigkeit einer solchen Verabredung zu entscheiden. (Da wäre dann das SL-Ruling.)
Naja, wenn man es ganz genau nehmen will, gehören die "Nachverhandlungen" eigentlich auch schon zu den "Vorverhandlungen."
In dem Sinne, das man sich zwar auf einen festen und verlässlichen Regelkern geeinigt hat, aber gleichzeitig dem SL z.B zugesteht eine Situation auch mal selbst spontan im Spiel abzuschätzen.
Wenn sowas passiert, dann werden mMn. eigentlich keine "Vorverhandlungen" ungültig gemacht, weil das ja bereits ein Teil der Vorverhandlungen ist.
Es verliert insofern aus meiner Sicht nichts tatsächlich an "Gültigkeit."

Es gilt mMn. quasi- "Die Spieler können sich darauf verlassen, dass die vorverhandelten Regeln funktionieren, es sei denn der Spielleiter sagt (Situationsbedingt)was anderes."
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Nørdmännchen am 22.05.2018 | 11:48
Wenn Du "Nachverhandlung" im Sinne des Aufhebens oder Änderns einer formalisierten Methode im Spielfluss meinst, stimme ich Dir zu: Sie gehört zur "Vorverhandlung" - ich würde sie dann eher "Neuverabredung" nennen.
Nachverhandlung oder -verabredung kann es im Sinne einer symbolischen Kommunikation eigentlich nicht geben. "Nach der symbolischen Kommunikation" würde das Symbol seiner Bedeutung beraubt und wir hätten einen Akt freien Verhandelns der sich nur als formalisiert tarnt. (SL-Willkür :ctlu:)

ABER das wird hier doch sehr spezifisch - mehr, so gewünscht, vielleicht eher anderswo?
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 11:54
Zitat
Nachverhandlung oder -verabredung kann es im Sinne einer symbolischen Kommunikation eigentlich nicht geben. "Nach der symbolischen Kommunikation" würde das Symbol seiner Bedeutung beraubt und wir hätten einen Akt freien Verhandelns der sich nur als formalisiert tarnt. (SL-Willkür :ctlu:)
Ja, da hast Du wohl Recht, man könnte Nachverhandlung auch als Willkür interpretieren.
War aber so keinesfalls von mir gemeint.
Ich weiß nur nicht ob "Neuverabredung" so viel besser klingt.

Vielleicht "Regelangleichung?" das finde ich etwas neutraler. :)
(Da schwingt für mich zumindest, das "Angleichen an eine Situation" mit. Was es ja tatsächlich wäre)
Dass das möglich und erlaubt ist, ist ja den Spielern bekannt, und nicht neu.
Eigentlich ist es eine "vereinbarte Regelangleichung (bei Bedarf)."


Sorry nochmal für die Verwirrung- Das "Vorverhandeln" und "Nachverhandeln "- schafft wenig Klarheit.
Im Prinzip gibt es eine Art festen Regelkern, den man aber notfalls je nach Situation auch anpassen darf/muss.
Das ist aber alles im Vorfeld bekannt.


Die Regeln werden der Situation angepasst.
Nicht die Situation den Regeln.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Nørdmännchen am 22.05.2018 | 13:54
Das gefällt mir alles sehr gut. Vielleicht wäre es aber zu klären, was eigentlich mit Fiktion gemeint ist. Wie verhält es sich z.B. mit Setzungen, die nur einigen Teilnehmenden bekannt sind, aber von allen akzeptiert würden, sofern sie bekannt wären? - Also z.B. dass mein Charakter 10 Ränge in Seemann hat, aber wir sind halt noch nie Schiff gefahren. Oder der Geheimgang, den die SL sich ausgedacht hat, aber die Spieler noch nicht gefunden haben.

Sodann, ein erster Schuss ins Blaue...

Der Begriff Fiktion grundlegend umfasst mehrere Elemente:
Für dein Beispiel: Dank der Formalisierung der Verhandlung kann nun die individuelle Fiktion, ohne bereits im SIS anzukommen, verlässlichen Anspruch auf Gültigkeit für die generalisierte Fiktion erheben.

Das wäre jetzt erstmal ne Skizze - Kritik und Anmerkungen sind sehr willkommen!
Dazu als PS: Die generalisierte Fiktion habe ich eingeführt, um den Begriff der "Fiktion" im Rahmen der Definition aufrecht zu erhalten. Eventuell ist er gar nicht notwendig(?).
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 14:56
Es wird ja nicht nur verhandelt. Im klassischen Spiel hat stattdessen der Spielleiter von Beginn an weitgehend freie Hand über die Fiktion zu verfügen außerhalb von einigen, wenigen Rechten, die die Spieler haben. (Was macht mein Charakter? Wie sieht er aus, was für Kleidung trägt er?) Diese SL-Autorität wird in der Regel stillschweigend vorausgesetzt. De facto bestimmt der SL weitgehend über das Spielgeschehen.

Das Problem mit Descent und Werwölfe ist die Einschränkung der möglichen Handlungen. Das ist bei Soloabenteuern auch so, ist aber dem Medium geschuldet: es ist nicht so, dass man bei jedem Abschnitt aus einer begrenzten Anzahl aus Standardmoves auswählen kann, sondern es gibt zwar eben nur eine begrenzte, aber auf die jeweilige Situation angepasste Auswahl an Optionen. Die anderen beiden Spiele kenne ich nicht, aber es scheint als hätte man mehr Freiheitsgrade als bei Descent.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 15:08
Wenn man Quest und Kaphornia by the book spielt, sind die Handlungsmöglichkeiten immer auf eine Auswahlliste verengt. Kaphornia im Speziellen taugt aber für mehr. Damit kann man wunderbar einsteiger- und kinderfreundliches Rollenspiel betreiben. Mit Quest geht das im Grunde genommen auch, es ist nur ganz allgemein schlechter designed.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 1of3 am 22.05.2018 | 15:10
Es wird ja nicht nur verhandelt. Im klassischen Spiel hat stattdessen der Spielleiter von Beginn an weitgehend freie Hand über die Fiktion zu verfügen außerhalb von einigen, wenigen Rechten, die die Spieler haben. (Was macht mein Charakter? Wie sieht er aus, was für Kleidung trägt er?) Diese SL-Autorität wird in der Regel stillschweigend vorausgesetzt. De facto bestimmt der SL weitgehend über das Spielgeschehen.

Aber, aber. Wir machen doch das streng entlang von unmittelbar einsichtigen Axiomen hier. ~;D

Dass wir Fiktion in jedem Falle aushandeln ist so eins. Aushandlen ist im Deutschen vielleicht ein besseres Wort als Verhandeln. Das ist sogar so grundlegend, dass wir es im lumpley-Prinzip präsupponieren können. System is the means by which we negotiate... DASS wir aushandeln, ist ganz unnötig zu sagen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Settembrini am 22.05.2018 | 15:11
Historischer Einwurf: Das "Play" kommt nicht von der Freiheit und Regellosigkeit, sondern von der Rollenannahme. Roleplay ist eine englische Lehnübersetzung für Rollenspiel aus dem deutschen, und zwar dem therapeutischen Rollenspiel.

Man könnte durchaus Rechtens die Methode Rollenspiel-Definition um den Aspekt "...mit verteilten Rollen" erweitern, bzw. spezifizieren. Ich fand es ohne immer besser, aber es steckt schon im Hobbyrollenspiel fast immer dahinter. Man kann aber eben auch ohne verteilte Rollen die Methode anwenden.

Dieser Aspekt, verteilte Rollen, ist ja auch in Computerrollenspiel und Brettrollenspiel drinne. Ich finde ihn aber ephemer/unwichtig im Vergleich zur Mächtigkeit der verhandelten Fortschreibung.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 16:26
Zitat
Das Problem mit Descent und Werwölfe ist die Einschränkung der möglichen Handlungen. Das ist bei Soloabenteuern auch so, ist aber dem Medium geschuldet: es ist nicht so, dass man bei jedem Abschnitt aus einer begrenzten Anzahl aus Standardmoves auswählen kann, sondern es gibt zwar eben nur eine begrenzte, aber auf die jeweilige Situation angepasste Auswahl an Optionen. Die anderen beiden Spiele kenne ich nicht, aber es scheint als hätte man mehr Freiheitsgrade als bei Descent.
Descent hat ein ganz großes Problem- der Spielleiter ist nicht "neutral".
Das ist mMn. eine wichtiges Erkennungsmerkmal  von Rollenspiel.
Im Rollenspiel sind die Mitspieler(inklusive Spielleiter) idR. keine Gegner.
Zitat
.Es wird ja nicht nur verhandelt. Im klassischen Spiel hat stattdessen der Spielleiter von Beginn an weitgehend freie Hand über die Fiktion zu verfügen außerhalb von einigen, wenigen Rechten, die die Spieler haben. (Was macht mein Charakter? Wie sieht er aus, was für Kleidung trägt er?) Diese SL-Autorität wird in der Regel stillschweigend vorausgesetzt. De facto bestimmt der SL weitgehend über das Spielgeschehen.
So wenig Rechte haben Spieler gar nicht, so, dass der SL seine Anpassungen schon auch rechtfertigen muß.
Er kann nicht einfach unbegründet machen was er will. Er muß es den Spielern schon verkaufen können.
Warum er wie was tut.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 16:34
Descent hat ein ganz großes Problem- der Spielleiter ist nicht "neutral".
Das ist mMn. eine wichtiges Erkennungsmerkmal  von Rollenspiel.

Es ist nicht mal ein Erkennungsmerkmal von Rollenspiel, dass eine explizit benannte Spielleitung überhaupt existiert.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 16:34
Zitat
Dieser Aspekt, verteilte Rollen, ist ja auch in Computerrollenspiel und Brettrollenspiel drinne.
Das mag sein, doch fühlen sich diese "Rollen" komplett anders an.

Wenn die Figur eine Art Auto ist.
Dann schiebe ich das Auto beim Brettspiel von Feld zu Feld. Auf einem begrenzten "Parkplatz".
Im Rollenspiel steige ich dort ein und fahre selbst wohin ich will (so lange das Benzin halt reicht, der Motor es zulässt ~;D)
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 16:37
Es ist nicht mal ein Erkennungsmerkmal von Rollenspiel, dass eine explizit benannte Spielleitung überhaupt existiert.
Ja sofern man Spielleiterlose Rollenspiele mit einbezieht, schon.
Wollt ihr das? Falls ja, nehme ich diese Aussage zurück.
Allerdings möchte ich anmerken, das Rollenspiel idR. nicht bedeutet, das Reale Spieler gegeneinander um einen Sieg spielen.
Genau das, ist bei Descent der Fall.
Genau das, ist auch bei Werwolf der Fall.

Um einen Sieg zu spielen, gegeneinander, ist ansich nichts Rollenspiel typisches.
Das ist typisch für Brettspiele, wo es häufig um Gewinnen und Verlieren geht. Wo die Mitspieler Gegner werden.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Maarzan am 22.05.2018 | 16:43
Es wird ja nicht nur verhandelt. Im klassischen Spiel hat stattdessen der Spielleiter von Beginn an weitgehend freie Hand über die Fiktion zu verfügen außerhalb von einigen, wenigen Rechten, die die Spieler haben. (Was macht mein Charakter? Wie sieht er aus, was für Kleidung trägt er?) Diese SL-Autorität wird in der Regel stillschweigend vorausgesetzt. De facto bestimmt der SL weitgehend über das Spielgeschehen.

Diese Spielleiterherrschaft undihre Grenzen sind aber auch nur das Ergebnis der Vorabsprachen und sowohl was die Detailvorgehensweisen als auch der konstitutionellen Leitlinien bezüglich seiner ihm zugestanden Entscheidungen angeht dann meist auch deutlich begrenzt.

Und weil solche Vorabsprachen immens Zeit, Aufwand und Nerven kosten können, gibt es auch mal bessere mal schlechtere Vorlagepakete dafür: lesbare Regelwerke.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Pyromancer am 22.05.2018 | 16:45
Ja sofern man Spielleiterlose Rollenspiele mit einbezieht, schon.
Wollt ihr das? Falls ja, nehme ich diese Aussage zurück.
Allerdings möchte ich anmerken, das Rollenspiel idR. nicht bedeutet, das Reale Spieler gegeneinander um einen Sieg spielen.

Die An- oder Abwesenheit einer Siegbedingung ist nicht relevant.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 16:47
Die An- oder Abwesenheit einer Siegbedingung ist nicht relevant.
Aber die An und Abwesenheit von "Gegnern" mMn. schon.
Die Spieler sind idR. keine Konkurrenten. Auch wenn ihre Figuren mal gegeneinander kämpfen, so steht das gemeinsame Erlebnis doch im Vordergrund.
Ziel ist beim Rollenspiel mMn. für alle Spieler ein positives Spielerlebnis zu schaffen.

Bei Brettspielen dagegen spielen Spieler auch direkt gegeneinander, obwohl sie z.B. unterschiedlich farbene Holzfiguren haben.
Man misst sich gegenseitig, fordert sich heraus. Das man dafür auch Figuren benutzt, ist halt so.

Beim Brettspiel läuft die Herausforderung  (Spieler gegen Spieler).
Beim Rollenspiel gibt es höchstens (Figur gegen Figur)

Gerade weil die persönliche Identifikation mit der Figur beim Rollenspiel ungleich höher ist, wäre ein Konkurrenzgedanke problematisch.
Im Brettspiel ist die dagegen gering genug, damit es unproblematisch bleibt.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Pyromancer am 22.05.2018 | 17:02
Aber die An und Abwesenheit von "Gegnern" mMn. schon.
Die Spieler sind idR. keine Konkurrenten. Auch wenn ihre Figuren mal gegeneinander kämpfen, so steht das gemeinsame Erlebnis doch im Vordergrund.
Ziel ist beim Rollenspiel mMn. für alle ein positives Spielerlebnis zu schaffen.
Ziel beim Skat ist es auch, für alle ein positives Spielerlebnis zu schaffen. Trotzdem spielen die Spieler da gegeneinander, und am Ende werden die Punkte zusammen gezählt.

Zitat
Bei Brettspielen dagegen spielen Spieler auch direkt gegeneinander, obwohl sie z.B. unterschiedlich farbene Holzfiguren haben.
Man misst sich gegenseitig, fordert sich heraus. Das man dafür auch Figuren benutzt, ist halt so.

Beim Brettspiel läuft die Herausforderung  (Spieler gegen Spieler).
Beim Rollenspiel gibt es höchstens (Figur gegen Figur)
Diese Unterscheidung ist beim Hobbyspiel hinfällig. Nur weil ich gewinnen will bedeutet das nicht, dass nicht der Spaß im Vordergrund steht. Dieses Kriterium taugt schlicht nicht, Rollenspiel von irgend etwas anderem zu unterscheiden.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 22.05.2018 | 17:07
Ziel beim Skat ist es auch, für alle ein positives Spielerlebnis zu schaffen. Trotzdem spielen die Spieler da gegeneinander, und am Ende werden die Punkte zusammen gezählt.

Der Unterschied ist, dass in diesem Fall der (freundschaftliche) Wettbewerb den Kern des Spiels ausmacht - bei einer Skatrunde würde niemand auf die Idee kommen "Ich spiele jetzt diese Karte nicht, obwohl ich damit gewinnen würde". Beim Rollenspiel ist das dagegen recht häufig.

Insofern scheint das Verhältnis zwischen "Wettbewerb" und "Spielerlebnis" in diesem Fall doch ein anderes zu sein.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Pyromancer am 22.05.2018 | 17:11
Der Unterschied ist, dass in diesem Fall der (freundschaftliche) Wettbewerb den Kern des Spiels ausmacht - bei einer Skatrunde würde niemand auf die Idee kommen "Ich spiele jetzt diese Karte nicht, obwohl ich damit gewinnen würde". Beim Rollenspiel ist das dagegen recht häufig.

Klar. Aber die Aussage "Es ist kein Rollenspiel, wenn man gegeneinander spielt." ist halt nicht allgemeingültig, und daher taugt dieses Kriterium als Unterscheidungsmerkmal schlicht nicht.

Die allermeisten Autos sind nicht pink. Aber "Wenn es pink ist, ist es kein Auto" stimmt halt auch nicht.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 17:12
Der Unterschied ist, dass in diesem Fall der (freundschaftliche) Wettbewerb den Kern des Spiels ausmacht - bei einer Skatrunde würde niemand auf die Idee kommen "Ich spiele jetzt diese Karte nicht, obwohl ich damit gewinnen würde". Beim Rollenspiel ist das dagegen recht häufig.

Möglicherweise ist das häufig. Es ist sicher nicht notwendig.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 17:13
Ziel beim Skat ist es auch, für alle ein positives Spielerlebnis zu schaffen. Trotzdem spielen die Spieler da gegeneinander, und am Ende werden die Punkte zusammen gezählt.
Diese Unterscheidung ist beim Hobbyspiel hinfällig. Nur weil ich gewinnen will bedeutet das nicht, dass nicht der Spaß im Vordergrund steht. Dieses Kriterium taugt schlicht nicht, Rollenspiel von irgend etwas anderem zu unterscheiden.
Aber Spaß ist nicht gleich Spaß.
Figur ist nicht gleich Figur.
Spielerlebnis ist nicht gleich Spielerlebnis.

Es macht für viele Menschen denke ich einen Unterschied, ob da jemand am Tisch einen liebgewonnenen SC töten will, in den er viel Zeit und Gedanken investiert hat.
Oder ob er das bessere Blatt in einer Runde Skat hatte.
Die persönliche Investition ist beim Rollenspiel ungleich höher und gedeiht mMn. auch erst gar nicht in einer Atmosphäre der Konkurrenz.

Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 17:16
Eine ganze Reihe hervorragender Runden, in denen ich mitgespielt habe, waren von vorneherein auf PvP ausgelegt und haben das auch situationsbedingt konsequent ausgespielt.

Man darf nicht den Fehler begehen und die gängige Vorstellung klassischen gruppenbasierten Spiels mit DSA, DnD & Co. als einzig und allgemeingültig anzusehen. Man kann Rollenspiel kompetitiv betreiben. Also kann man es nicht als nichtkompetitiv definieren.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 17:17
Klar. Aber die Aussage "Es ist kein Rollenspiel, wenn man gegeneinander spielt." ist halt nicht allgemeingültig, und daher taugt dieses Kriterium als Unterscheidungsmerkmal schlicht nicht.

Die allermeisten Autos sind nicht pink. Aber "Wenn es pink ist, ist es kein Auto" stimmt halt auch nicht.
Ich habe nie gesagt, dass es im Rollenspiel kein Gegeneinander gibt.
Sondern nur die Ebenen differenziert
Die Spielerebene ist eine andere als die Figurebene
Diese Unterscheidung ist gerade im Rollenspiel unglaublich wichtig..
(Figur gegen Figur gibt es im Rollenspiel sehr wohl)
(Spieler gegen Spieler nicht)

Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 17:24
Zitat
Eine ganze Reihe hervorragender Runden, in denen ich mitgespielt habe, waren von vorneherein auf PvP ausgelegt und haben das auch situationsbedingt konsequent ausgespielt.
Ich bezweifle nicht, dass man so spielen kann. Aber das geht vermutlich nur mit entsprechender Vorvereinbarung.
Auch hier hätte man von Spieler zu Spieler einen gemeinschaftlichen Konsens gefunden, dass man so spielen will.
(Wir spielen unsere Figuren so aus, ohne Rücksicht auf Verluste)
Ob das im Rollenspiel generell gut funktionieren würde ohne Spieler-einigung ("so spielen wir"), vage ich dennoch zu bezweifeln.
Sobald die Spieler sich einig sind.
Ist es mMn. auch kein "Spieler gegen Spieler" mehr.
Dann ist es ein "Figur gegen Figur."

Sobald auch nur ein Spieler damit Probleme hätte, ging es nicht.
Just my Opinion.

Edit. In Figuren, die man kurz spielt, in dem Wissen, dass man sich gegenseitig bekämpft, dürfte das emotionale Investment aber  idR. etwas schrumpfen.
Für einen Oneshot geht vermutlich alles. Aber da werden idR. auch keine Entwicklungen verfolgt.
Vielleicht spielt man die Figur einmal und das wars.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 17:28
Ich bezweifle nicht, dass man so spielen kann. Aber das geht vermutlich nur mit entsprechender Vorvereinbarung.
Auch hier hätte man von Spieler zu Spieler einen gemeinschaftlichen Konsens gefunden, dass man so spielen will.

Den hat man bei Skat oder Descent offensichtlich auch gefunden. Sonst würde man es nicht spielen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: alexandro am 22.05.2018 | 17:31
Man darf nicht den Fehler begehen und die gängige Vorstellung klassischen gruppenbasierten Spiels mit DSA, DnD & Co. als einzig und allgemeingültig anzusehen. Man kann Rollenspiel kompetitiv betreiben. Also kann man es nicht als nichtkompetitiv definieren.

Eine Minimaldefinition muss sowohl kompetitive wie auch nicht-kompetitive Spielstile abdecken, ansonsten taugt sie nichts. Anders gesagt: Spezialisierte Definitionen dürfen nichts von der Minimaldefinition entfernen ("Spec ist Min, aber ohne X), damit sie funktionieren.

Die Abwesenheit von kompetitiven Elementen sagt ja erstmal nichts aus - erst wenn man eine Regel gegen das Hinzufügen derselben in die Definition schreibt, wird daraus ein Bruch mit dem Untersuchungsgegenstand. Wenn man dagegen sagt "Rollenspiel ist grundsätzlich kompetitiv" ist dies immer ein Bruch mit dem Untersuchungsgegenstand.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 17:33
Den hat man bei Skat oder Descent offensichtlich auch gefunden. Sonst würde man es nicht spielen.
Klar, aber in Skat habe ich keine Figur.
Und in Descent habe ich eine Plastikfigur, die ich für eine Spielrunde lang schiebe.

Es gibt hier viel weniger zu investieren und damit auch zu verlieren.

Insofern- ja-kann man so spielen- aber das hat mMn. Auswirkungen auf das Spielerlebnis.
Vielleicht so sehr, dass es bestimmte Anforderungen(Erwartungen an das Rollen!spiel) - dadurch nicht mehr erfüllen kann.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 22.05.2018 | 17:44
Insofern- ja-kann man so spielen
Gut. Das reicht für die Definition Rollenspiel.
Welche Spassquellen beim Rollenspiel bedient werden können, ist dann erst nachgelagerten.
Für mich werden z.B. ganz andere Spassquellen bedient, als für Dich.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 17:53
Zitat
Gut. Das reicht für die Definition Rollenspiel.
Welche Spassquellen beim Rollenspiel bedient werden können, ist dann erst nachgelagerten.
Für mich werden z.B. ganz andere Spassquellen bedient, als für Dich.
Ok, dann lasse ich das mal so stehen.
Und bin gespannt, wie das dann später unterschieden wird.

Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Nørdmännchen am 22.05.2018 | 18:09
Es wird ja nicht nur verhandelt. Im klassischen Spiel hat stattdessen der Spielleiter von Beginn an weitgehend freie Hand über die Fiktion zu verfügen außerhalb von einigen, wenigen Rechten, die die Spieler haben. (Was macht mein Charakter? Wie sieht er aus, was für Kleidung trägt er?) Diese SL-Autorität wird in der Regel stillschweigend vorausgesetzt. De facto bestimmt der SL weitgehend über das Spielgeschehen.

Die Verhandlung ist tatsächlich nicht immer von Außen zu beobachten. 1of3 mag recht haben - und Aushandeln wäre der bessere Begriff. Doch solange dir niemand eine Vorstellung aufzwingt, muss auch der Teil der stillschweigenden Zustimmung zumindest noch aktiv in Fiktion umgesetzt werden.  (So abgelutscht das alte Kinder-Beispiel ist: "Peng! Peng! Du bist tot!" - "Gar nicht!" - "Wohl!" usw.)
Genau das ist einer der wesentlichen Tricks der formalisierten Kommunikation - sie kann die freie Kommunikation abkürzen. Die Zuschreibung von Erzählrechten ist dann auch nichts anderes als eine Regel. Keinen Einspruch erheben heißt Akzeptieren - formalisierte Zustimmung.

EDIT: Beispiel an die richtige Stelle gesetzt (war am Schluss).
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 19:23
Alle formalen Definitionen scheitern mit hoher Wahrscheinlichekit daran, dass es genug Grenzfälle gibt, bei denen
(a) es genügend Spieler gibt, die glauben, dass ein bestimmtes Spiel [oder halt Spieletyp] darunter fallen sollte - obwohl es das nicht tut oder
(b) es genügend Spieler gibt, die glauben, dass ein bestimmtes Spiel nicht darunter fallen sollte - obwohl es das tut.

Was ein Rollenspiel ist, ist weitgehend Konsensfrage.

Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 19:29
(Figur gegen Figur gibt es im Rollenspiel sehr wohl)
(Spieler gegen Spieler nicht)
Meiner Meinung nach gibt es im Rollenspiel Spieler gegen Spieler recht häufig - zumindest im Sinne vom  "Wer erschafft sich den stärksten Charakter?" oder "Wer hat die kreativsten, abgefahrensten Ideen?" Das Spiel ist vordergründig kooperativ aber hinter den Kulissen gibt es recht häufig eine Form von Spotlight-Wettbewerb. [Vielleicht etwas zugespitzt formuliert, aber tendenziell richtig.]
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 22.05.2018 | 19:58
Ok, dann lasse ich das mal so stehen.
Und bin gespannt, wie das dann später unterschieden wird.
Eine mögliche Unterscheidung der "Spassquellen" unabhängig von der Art des Spiels hatte ich mal vor 5 Jahren gepostet:
Aesthetics im MDA-Framework. Oder: GNS goes Computer (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,82990.0.html)
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 22.05.2018 | 19:59
Meiner Meinung nach gibt es im Rollenspiel Spieler gegen Spieler recht häufig - zumindest im Sinne vom  "Wer erschafft sich den stärksten Charakter?" oder "Wer hat die kreativsten, abgefahrensten Ideen?" Das Spiel ist vordergründig kooperativ aber hinter den Kulissen gibt es recht häufig eine Form von Spotlight-Wettbewerb. [Vielleicht etwas zugespitzt formuliert, aber tendenziell richtig.]
Ja, auch schon erlebt, und es fühlt sich idR. "falsch" an.
Spottlight-Wettbewerb entsteht mMn. vor Allem dann, wenn der SL sich keine Mühe gibt, für eine gerechte Verteilung des  Spottlight zu sorgen.
D.h. Leute die sich zuviel Raum nehmen wollen zu bremsen und Leuten, die zu wenig bekommen (stillere Spieler z.B) auch mal extra welches zukommen zu lassen.

Es hängt natürlich auch ein Stückweit von den Spielern ab.
Aber auch das wäre mMn. zu moderieren, wenn man es wollte.

Aber dieser Gedanke des negativen Vergleichs verfällt mMn. sowieso zu Staub, wenn man sich als Gruppe begreift, bei der jeder,das Beste von sich einbringt.-zum Wohl der Gruppe
Man gewinnt ja normalerweise zusammen (Wenn man das Gegenüber auf Spielerebene nicht als Konkurrenz sieht). Wenn mein Mitspieler etwas gut kann, dann profitiere ich mit. (Solange der Vergleich nicht auch Spielerebene stattfindet-A la "Kuck mal ich bin viel toller als du"- Das wäre in keinem Spiel Spaß bringend- "Selbsthöhung auf Kosten anderer nennt man sowas")


Edit. Und nur weil es häufig vorkommt, muß man es ja nicht extra noch unterstützen.
Das ist für mich z.B. kein Argument.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: KhornedBeef am 22.05.2018 | 20:03
Meiner Meinung nach gibt es im Rollenspiel Spieler gegen Spieler recht häufig - zumindest im Sinne vom  "Wer erschafft sich den stärksten Charakter?" oder "Wer hat die kreativsten, abgefahrensten Ideen?" Das Spiel ist vordergründig kooperativ aber hinter den Kulissen gibt es recht häufig eine Form von Spotlight-Wettbewerb. [Vielleicht etwas zugespitzt formuliert, aber tendenziell richtig.]
Hmmm, ja, ok, Konkurrenz um Spotlight kann ich sehen, aber das hat kaum mit dem Spiel zu tun. Das würde bei einem Gespräch über Fußball doch ähnlich aussehen? Will sagen, da wird nicht gegeneinander gespielt, sondern "sozialisiert". Auf der anderen Seite kann man natürlich (illegitim) versuchen, Sanktionen mit "mein Charakter ist halt so" zu umgehen. Maybe...
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 22:25
Eine mögliche Unterscheidung der "Spassquellen" unabhängig von der Art des Spiels hatte ich mal vor 5 Jahren gepostet:
Aesthetics im MDA-Framework. Oder: GNS goes Computer (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,82990.0.html)
Ich kenne natürlich das LeBlanc-Paper. Das war ja auch einer der Gründe warum ich so formuliert habe, wie ich formuliert habe - aus entwicklungshistorischen Gründen heraus. Das Problem an den 8 Arten des Spaßes von LeBlanc ist, dass die Auswahl völlig willkürlich ist. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Arten vollständig oder überlappungsfrei sind. Das ist ein bisschen wie bei GNS, wo die Modes of Play auch völlig willkürlich definiert sind.

Der Ansatz den ich gewählt habe ist eine Kategorisierung auf einer Ebene höher (was aber nicht "besser" heißen soll). Wenn man die 3 erwähnten Traditionen hat, dann kann man im zweiten Schritt mal schauen: was genau macht an Spielen Spaß, was an der Rezeption von Geschichten, was an dem Erfinden von fiktiven Elementen? Man ordnet also die Spaßtypen 0 bis 3 Spaßtraditionen zu (aber man muss Outlier ignorieren - bei Spielen hat man so etwas wie Schach, Monopoly oder vllt auch Little Wars als typische Vetreter). Und dann schaut man welche Spaßtypen es vielleicht noch geben könnte, die man noch nicht abgedeckt hat. Und dann muss man vielleicht Typen eliminieren, die einander zu ähnlich sind. Man betreibt also eine Art von manuellem Clustering.

So baut man hoffentlich eine systematischere (weil mehr abgeleitete) Typologie des Spaßes.

Hmmm, ja, ok, Konkurrenz um Spotlight kann ich sehen, aber das hat kaum mit dem Spiel zu tun. Das würde bei einem Gespräch über Fußball doch ähnlich aussehen? Will sagen, da wird nicht gegeneinander gespielt, sondern "sozialisiert". Auf der anderen Seite kann man natürlich (illegitim) versuchen, Sanktionen mit "mein Charakter ist halt so" zu umgehen. Maybe...
Schau dir doch mal den Optimierungswahn in der D&D-Community an. Natürlich ist es auch ein gegeneinander. "Besser dein Charakter ist nutzlos als meiner." Man wünscht dem Mispieler nichts schlechtes, aber wenn, dann soll die Nutzlosigkeit ihn treffen. Und im Fußball gibt's ja auch die Fälle wo man den besser postierten Mispieler absichtlich nicht bedient. Von Unternehmen, wo man nominell auch an einem Strang ziehen soll, mal ganz zu schweigen...

Lange Rede, kurzer Sinn: nur weil etwas nominell kooperativ ist, heißt es noch lange nicht, dass es keine Mitspieler gibt, die nicht mehr oder minder verdeckt kompetetiv denken.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Antariuk am 22.05.2018 | 22:42
So baut man hoffentlich eine systematischere (weil mehr abgeleitete) Typologie des Spaßes.
Schau dir doch mal den Optimierungswahn in der D&D-Community an. Natürlich ist es auch ein gegeneinander. "Besser dein Charakter ist nutzlos als meiner." Man wünscht dem Mispieler nichts schlechtes, aber wenn, dann soll die Nutzlosigkeit ihn treffen.

Das ist in weiten Teilen eine Fehlannahme. Der Optimierungswahn in D&D geschieht deshalb, weil das Spiel diese Spielart auf Systemebene belohnt. Sicher gibt es den einen oder anderen Spaten der davon lebt dass sein SC mehr rockt als alle anderen, aber daraus hat sich nicht die sehr kompetente und verzweigte Szene der Optimizer gebildet, die wir heute sehen. Das sind alles Leute, die die Tools nutzen die ihnen gegeben wurden, um die grundlegende Herausforderung des Spiels zu meistern. Dass sie dabei weit über das Ziel hinausschießen, ändert nichts daran dass die Sache sehr wenig mit der gewollten Nutzlosigkeit der Gruppenmitglieder zu tun hat.

Ich finde das durchaus ein interessantes Paradebeispiel und frage mich ernsthaft, ob das wirklich so ein Sonderding ohne Bedeutung für andere Spiele ist ("Ach ja, das ist eben D&D"), oder ob da doch mehr dahintersteckt.


Und im Fußball gibt's ja auch die Fälle wo man den besser postierten Mispieler absichtlich nicht bedient. Von Unternehmen, wo man nominell auch an einem Strang ziehen soll, mal ganz zu schweigen...

Das ist mMn aber eine ganz andere Sorte von Kompetetivität, nämlich die simple Fortführung des Alpha-Männchen-Gerangels dass unsere Vorfahren schon auf den Bäumen praktiziert haben. Die jetzt mit den o.g. D&D Optimizern in einen Topf zu werfen hilft nicht, weil die Motivationen und die Auswirkungen beide total unterschiedlich sind.

Lange Rede, kurzer Sinn: nur weil etwas nominell kooperativ ist, heißt es noch lange nicht, dass es keine Mitspieler gibt, die nicht mehr oder minder verdeckt kompetetiv denken.

Das ist sicherlich so, nur ist die Frage ob das wirklich relevant ist?
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 22:48
Das ist sicherlich so, nur ist die Frage ob das wirklich relevant ist?

Ich habe keine Zahlen dazu, kann also nur nach Eindruck spekulieren.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 22.05.2018 | 23:03
So. Jetzt komme ich endlich zu Dir, YY :)
Den oberen Teil lasse ich weg. Nur so viel: Ich bezog mich auf die Spassquelle "Geschichten". Das man mit allem Geschichten erhält ist klar. Allerdings Spiele uA. der Geschichte wegen zu spielen, ist das was ich meinte. Also im Extremen z.B. Tales from the Arabian Nights oder auch Pandemic Legacy. Da passt dann auch Seafall oder Charterstone rein.
Legacyspiele sind da sehr sehr dick drin... ;)
Aber natürlich sind die Wargames wie meine genannten "Here I Stand" und "Virgin Queen" mit dabei.
Relevant wird die Trennung mMn aber vor Allem, weil im Rollenspiel anders als in den meisten anderen Spielen Erzählanteile von der Spielmechanik (des Spiel-Anteils) getrennt, aber trotzdem verregelt sein können. Also sozusagen ein zweites, parallel ablaufendes (Erzähl-)Spiel.
Ich weiss, dass Dir das nur als semantische Details vorkommt, aber ich empfinde sie als extrem wichtig: Nimm statt Erzähl- und erzählen lieber Beschreibe- und beschreiben. Die Beschreibung einer Örtlichkeit oder sogar eine Aktion in den SIS ergibt noch keine Geschichte. Diese Beschreibungen dienen als allererstes nur als Etablierung im SIS, damit die Spieler ihre Aktionen daran ausrichten können. Dabei ist der SIS dann vergleichbar mit dem Spielbrett eines Brettspieles. (Natürlich ist das nicht das Gleiche, aber die Besonderheiten des Rollenspiels wurde ja schon in der konsensfähigen Rollenspieldefinition beschrieben). Wenn Du dann zu dem Beschreibungsspiel für den SIS schreibst, dann habe ich sofort diverse Spiele im Kopf, die den Aufbau des Spielfeldes auch während des Spieles mittels Regeln klären.
Natürlich wie gesagt: Bitte die Besonderheiten des Rollenspiels beachten! Spielbrett ist nicht gleich Spielfeld im SIS, weil beschränkter. Aber der Analogie kann man, denke ich zustimmen.
Zitat
Ich sehe einen spürbaren Unterschied zwischen erspielten und erzählten Geschichten sowohl in der Art, wie sie entstehen als auch in der Form, die sie letztlich annehmen (s.u.).
Das spricht dann sogar gegen Rollenspiele als Kombination aus Spiel und Geschichte. ;)
Aber das nur am Rande.
Zitat
Genau dieser Unterschied ist es übrigens mMn, der manchen Rollenspielen so große Probleme bereitet - nämlich dann, wenn der Spiel-Anteil Versatzstücke produziert, die nicht zum Erzähl-Anteil passen (oder umgekehrt, je nachdem, wo man den Fokus sehen will).
Die Computerspieler haben da einen Begriff, den wir dafür "zweckentfremden" können: Ludonarrative Dissonanz.
Wo wir dann bei normalen Computerspielen wären, denen bei Axiom 3 auch die Tradition des Erzählens abgesprochen wird. Verstehst Du wieso mir Axiom 3 so aufstösst?
Zitat

Zum Vergleich: Erzählspiele, welche den Spiel-Anteil weit zurückschrauben bis zu dem Extrem, nur den Erzähl-Anteil zu verregeln (sprich überhaupt zu beinhalten), haben dieses Problem nicht.
Genau so wenig Spiele, die den Spiel-Anteil enorm betonen und keine Erzähl-Regeln haben (einen SL vorausgesetzt, der diese "Lücke" nicht kraft eigener Wassersuppe mit frei erfundenem Gelöt füllt).
Nur die unreflektierten Mischformen kommen hier regelmäßig ins Schleudern.
Aber nur deswegen, weil viele "klassische" Rollenspiele nur versuchen der Simulation der Realität zu dienen. Bis auf die 4. Edition von D&D habe ich bisher selten in "klassischen" Systemen gesehen, die Mechaniken auf die gewünschten Spielmotivationen? Spassquellen? anzupassen. Bei vielen Runden, die ich erlebt habe, wird beim Anpassen der Mechaniken an das eigene Spiel dieser Simulationsgedanke einfach mitgenommen.
Und dadurch kommt es meiner Meinung nach zu dieser Ludonarrativen Dissonanz.
Zitat

Wie oben gesagt sehe ich da einen deutlichen Unterschied.
Das eine ist ein Gesamtverlauf, der eine Geschichte bildet, das andere ein geplanter Plot, der entsprechend eigenen Gesetzen und Traditionen folgt.
Für zweiteres wird es in unserem Kontext noch mal kniffliger, weil im Rollenspiel auch dieser Plot erspielt wird, aber je nach System eben nicht nur nach den Regeln des Spiel-Anteils, sondern ggf. deutlich mehr nach den Regeln des Erzähl-Anteils.
Aber genau das hast Du doch bei den Wargames und sogar in ner Menge Eurogames doch auch. Die Wargames versuchen den Verlauf des Konfliktes nacherlebbar zu machen, indem sogar der Balancinggedanke öfter mal dafür geopfert wird und ne Menge Eurogames werden gerne so konzipiert, dass der Sieger des Spiels (egal wie gut Du im Vergleich zu den Mitspielern bist) erst am Ende des Spieles feststeht. Das geht teilweise sogar so weit, dass es (schlechtdesignte) Spiele gibt, bei denen es sich lohnt "schlecht" zu spielen, um am Ende die Vorzüge des Spieler mit wenig Punkten zu erhalten. (Ganz extremes Beispiel: Seafall. Dort lohnt es sich Punktemässig so viele Spiele wie möglich an 3. oder 4. Stelle zu beenden.)
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Derjayger am 22.05.2018 | 23:17
Ich habe keine Zahlen dazu, kann also nur nach Eindruck spekulieren.

Zahlen? Ich dachte gemeint sei, ob die Unterscheidung für [unseren Zweck] (ein Platzhalter, den Du besser füllen kannst als ich) nützlich genug ist, um getroffen zu werden.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Crimson King am 22.05.2018 | 23:23
Das gehört eigentlich in den anderen Thread, aber besser sein als die anderen im informellen Wettbewerb und Spotlight und erfolgreichste Aktionen kann man als Spaßquelle ansehen. Ich würde allerdings vermuten, dass Runden, die darauf aufbauen, sich gegenseitig im Tollsein zu übertreffen, reichlich dysfunktional sein werden. In den wenigsten Fällen werden alle Teilnehmer Spaß haben.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 22.05.2018 | 23:26
Das man mit allem Geschichten erhält ist klar. Allerdings Spiele uA. der Geschichte wegen zu spielen, ist das was ich meinte. Also im Extremen z.B. Tales from the Arabian Nights oder auch Pandemic Legacy. Da passt dann auch Seafall oder Charterstone rein.
Legacyspiele sind da sehr sehr dick drin... ;)
Aber natürlich sind die Wargames wie meine genannten "Here I Stand" und "Virgin Queen" mit dabei.
[...]
Wo wir dann bei normalen Computerspielen wären, denen bei Axiom 3 auch die Tradition des Erzählens abgesprochen wird. Verstehst Du wieso mir Axiom 3 so aufstösst?

Das sind natürlich alles Spiele, die entstanden sind nachdem das Rollenspiel die Fusion von klassischen Spielelementen mit Elementen von Geschichten, die sich zentral um Charaktere drehen, vorangetrieben (wenn nicht vollzogen) hatte. Es sind sicher keine Spiele, die als typisch für Spiele VOR der Erfindung von D&D gelten können. Stattdessen greifen sie diese Fusion im Nachhinein selbst auf.

Zahlen? Ich dachte gemeint sei, ob die Unterscheidung für [unseren Zweck] (ein Platzhalter, den Du besser füllen kannst als ich) nützlich genug ist, um getroffen zu werden.
Es wird erst dann relevant wenn man Gamismus definieren muss. Mann könnte nämlich auch die Prämisse eindrucksvoller zu adressieren als andere Mitspieler als Herausforderung betrachten und würde dann statt im Narrativismus im Gamismus landen. Oder vielleicht in beidem?  Also derzeit ist es jedenfalls noch nicht relevant.

Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: YY am 22.05.2018 | 23:28
Die Beschreibung einer Örtlichkeit oder sogar eine Aktion in den SIS ergibt noch keine Geschichte. Diese Beschreibungen dienen als allererstes nur als Etablierung im SIS, damit die Spieler ihre Aktionen daran ausrichten können.

Im Rollenspiel sind diese Beschreibungen ggf. auch direkte Aktionen. Das ist ja der Witz daran, dass man zwei (oft weitgehend getrennte) Bereiche hat, die man unter einen Hut bringen kann/muss.
Es gibt sozusagen zwei "Geschichtsquellen", das Erspielen und das Beschreiben.
Je nach System haben die einen unterschiedlichen Anteil am Gesamtbild.

Wo wir dann bei normalen Computerspielen wären, denen bei Axiom 3 auch die Tradition des Erzählens abgesprochen wird.

Am Ehesten würde ich dann die Beispiele in Axiom 3 modifizieren oder gar rauswerfen.
Viele Computerspiele haben ja genau die selbe kuriose Trennung: Einmal das eigentliche Spiel, wo ich als Spieler aktiv werde und im Zusammenspiel mit der Spielmechanik einen Verlauf "produziere" und auf der anderen Seite die Zwischensequenzen, wo mir Plot oft einfach vorgesetzt wird. Und als Mischform/Modifikation gibt es z.B. verschiedene Zwischensequenzen je nachdem, was ich unmittelbar vorher so fabriziert habe.

Das lässt sich doch ziemlich 1:1 auf das Nebeneinander von Spiel und Beschreibung im klassischen Rollenspiel abbilden; nur gibt es da mehr Akteure mit leicht anders gelagerten Rollen/Funktionen wie bei der recht klaren Unterscheidung von Computerspieler und Entwicklerteam.
Aus dem Bauch raus würde ich sagen, im Rollenspiel ist es zumindest in der Praxis leichter, die ludonarrative Dissonanz gering zu halten, auch wenn die Regeln das nicht unbedingt sonderlich gut unterstützen - die Gruppe muss es richten, aber sie kann es eben auch im Gegensatz zum Computerspieler, der ja gerade nicht seine eigenen, passenden Zwischensequenzen schaffen kann.

Aber genau das hast Du doch bei den Wargames und sogar in ner Menge Eurogames doch auch.

Hm. Ich glaube, gerade bei den Wargames muss man scharf trennen zwischen jenen, die einen historischen Verlauf nachbilden und vermitteln wollen und jenen, die von ihren Ausgangsbedingungen aus ergebnisoffen(er) verlaufen können.
Das ist eine ähnliche Unterteilung wie oben angedacht mit dem Unterschied, dass Spiemechanik und Beschreibung nicht so klar erkennbar getrennt sind - weil z.B. das, was im Rollenspiel Beschreibung und ihre Auswirkungen wäre, in einem entsprechend gearteten Wargame z.B. als festgelegtes Ereignis in Runde 3 daherkommt und somit auf den ersten Blick als Spielmechanik auftritt.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 22.05.2018 | 23:40
Ich kenne natürlich das LeBlanc-Paper. Das war ja auch einer der Gründe warum ich so formuliert habe, wie ich formuliert habe - aus entwicklungshistorischen Gründen heraus. Das Problem an den 8 Arten des Spaßes von LeBlanc ist, dass die Auswahl völlig willkürlich ist. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Arten vollständig oder überlappungsfrei sind. Das ist ein bisschen wie bei GNS, wo die Modes of Play auch völlig willkürlich definiert sind.
Es war im Paper gar nicht das Ziel die Aesthetics vollständig und überlappungsfrei zu formulieren (im Gegensatz zu den Modes of Play in GNS oder im Threefold). Der wichtigere Teil des Papers war die Aufteilung in Mechaniken, Dynamiken und Aesthetics und was diese Aufteilung für die Spieldesigner und den Spielern bedeuten.
Zitat
Der Ansatz den ich gewählt habe ist eine Kategorisierung auf einer Ebene höher (was aber nicht "besser" heißen soll). Wenn man die 3 erwähnten Traditionen hat, dann kann man im zweiten Schritt mal schauen: was genau macht an Spielen Spaß, was an der Rezeption von Geschichten, was an dem Erfinden von fiktiven Elementen?
Und da gilt für mich immer noch das Problem mit Axiom 3. Aber das sagte ich Dir ja schon.
Zitat
Man ordnet also die Spaßtypen 0 bis 3 Spaßtraditionen zu (aber man muss Outlier ignorieren - bei Spielen hat man so etwas wie Schach, Monopoly oder vllt auch Little Wars als typische Vetreter).
Schach, Monopoly und Little Wars sind keine typischen Vertreter in der entsprechenden Spielszene. Das wäre etwa so als würde ich überspitzt ausgedrückt Final Fantasy 7 oder Ultima 6 als typische Vetreter der Rollenspiele verwenden.
Nimm doch mal Here I Stand, Gloomhaven (BGG Platz1) und Pandemie (Legacy. BGG Platz 2)!
Zitat

Schau dir doch mal den Optimierungswahn in der D&D-Community an. Natürlich ist es auch ein gegeneinander. "Besser dein Charakter ist nutzlos als meiner." Man wünscht dem Mispieler nichts schlechtes, aber wenn, dann soll die Nutzlosigkeit ihn treffen.
natürlich versuchen die Leute so gute Charaktere zu bauen wie nur irgendmöglich. Allerdings geht das meistens (auch aus Erfahrung) eher um die Herausforderung. Natürlich erwarten dann auch viele Optimierer, dass die Mitspieler "mitziehen" und selber optimieren. Nichts ist doofer, als durch die Inkompetenz der Mitspieler, die nicht optimieren können zu sterben. Das kann dann sogar so weit gehen, dass diese Optimierer gleich die Charaktere der anderen Mitspielern mitbauen. Das ging in Herosystem so weit, dass bei uns der SL(!) die Charaktere eingesammelte und dann nochmal nachoptimierte.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Isegrim am 22.05.2018 | 23:49
Eine ganze Reihe hervorragender Runden, in denen ich mitgespielt habe, waren von vorneherein auf PvP ausgelegt und haben das auch situationsbedingt konsequent ausgespielt.

Gab es bei diesen PvP-Situationen genau definierte Siegbedingungen? (Tod anderer SCs, Gewinn eines IG-Konests, Eringung der Weltherrschaft...) Ich mein, meine PvP-Erfahrung stammt va aus dem Liverollenspiel, aber da ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass nach einer SC-Konfrontation beide Seiten fest davon überzeugt sind, gewonnen zu haben... ;)
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Pyromancer am 22.05.2018 | 23:54

Gab es bei diesen PvP-Situationen genau definierte Siegbedingungen? (Tod anderer SCs, Gewinn eines IG-Konests, Eringung der Weltherrschaft...) Ich mein, meine PvP-Erfahrung stammt va aus dem Liverollenspiel, aber da ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass nach einer SC-Konfrontation beide Seiten fest davon überzeugt sind, gewonnen zu haben... ;)

Formale Siegbedingungen hab ich selten erlebt, kommt aber vor. Bei meiner eigenen "Krisensitzung" gibt es z.B. eine Punktewertung für jeden Spieler:
http://www.drivethrurpg.com/product/154673/Krisensitzung--EINS-Das-HUETEOTLProjekt
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 22.05.2018 | 23:57
Im Rollenspiel sind diese Beschreibungen ggf. auch direkte Aktionen. Das ist ja der Witz daran, dass man zwei (oft weitgehend getrennte) Bereiche hat, die man unter einen Hut bringen kann/muss.
Es gibt sozusagen zwei "Geschichtsquellen", das Erspielen und das Beschreiben.
Nochmal: Nur weil ich eine Handlung beschreibe, wird daraus noch keine erzählte Geschichte. Nur weil ich jemanden zusehe wie er seinen Pöppel auf ein Feld stellt, sehe ich da keinen Film oder sowas.
Das ist genau der Punkt, wieso Settembrini so auf die Analogie zu den Abenteuerspielen (ohne "rollen") besteht.
Dass man diese Beschreibungen anpassen kann, um dann daraus eine Erzählung zu machen, ist klar. Aber der "Ur"zustand sind erstmal nur Beschreibungen.
Zitat

Am Ehesten würde ich dann die Beispiele in Axiom 3 modifizieren oder gar rauswerfen.
Viele Computerspiele haben ja genau die selbe kuriose Trennung: Einmal das eigentliche Spiel, wo ich als Spieler aktiv werde und im Zusammenspiel mit der Spielmechanik einen Verlauf "produziere" und auf der anderen Seite die Zwischensequenzen, wo mir Plot oft einfach vorgesetzt wird. Und als Mischform/Modifikation gibt es z.B. verschiedene Zwischensequenzen je nachdem, was ich unmittelbar vorher so fabriziert habe.
Und es gibt jede Menge Spiele, bei dem der Plot Teil des Spiels sind. Und dann gibt es da die Walking Simulatoren wie Dear Esther oder Stanley Parabel. Da ist das Spiel Teil der Story.
Axiom 3 wird also nicht richtiger, egal was man da rausschmeisst oder relativiert.
Zitat
Das lässt sich doch ziemlich 1:1 auf das Nebeneinander von Spiel und Beschreibung im klassischen Rollenspiel abbilden; nur gibt es da mehr Akteure mit leicht anders gelagerten Rollen/Funktionen wie bei der recht klaren Unterscheidung von Computerspieler und Entwicklerteam.
Aus dem Bauch raus würde ich sagen, im Rollenspiel ist es zumindest in der Praxis leichter, die ludonarrative Dissonanz gering zu halten, auch wenn die Regeln das nicht unbedingt sonderlich gut unterstützen - die Gruppe muss es richten, aber sie kann es eben auch im Gegensatz zum Computerspieler, der ja gerade nicht seine eigenen, passenden Zwischensequenzen schaffen kann.
Dazu müssten die Rollenspieler aber raffen, dass sie selber das Spiel aus der Gameengine (Rollenspielsystem) erstellen. Viele Spieler sehen aber das System als Rule of Law an und eben nicht als Gameengine, die man an die eigenen Bedürfnisse anpassen muss. Aber das geht jetzt weit vom eigentlichen Thema weg.
Zitat
Hm. Ich glaube, gerade bei den Wargames muss man scharf trennen zwischen jenen, die einen historischen Verlauf nachbilden und vermitteln wollen und jenen, die von ihren Ausgangsbedingungen aus ergebnisoffen(er) verlaufen können.
Das ist eine ähnliche Unterteilung wie oben angedacht mit dem Unterschied, dass Spiemechanik und Beschreibung nicht so klar erkennbar getrennt sind - weil z.B. das, was im Rollenspiel Beschreibung und ihre Auswirkungen wäre, in einem entsprechend gearteten Wargame z.B. als festgelegtes Ereignis in Runde 3 daherkommt und somit auf den ersten Blick als Spielmechanik auftritt.
Das idürfte auch auf den zweiten Blick eine Spielmechanik sein. ;) Aber das verändert doch nichts daran, dass genau dieser Verlauf als erlebte Geschichte (hier sogar im doppelten weil verbundenen Sinne!) daher kommt.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Isegrim am 23.05.2018 | 00:11
Formale Siegbedingungen hab ich selten erlebt, kommt aber vor. Bei meiner eigenen "Krisensitzung" gibt es z.B. eine Punktewertung für jeden Spieler:
http://www.drivethrurpg.com/product/154673/Krisensitzung--EINS-Das-HUETEOTLProjekt

Interessant, was es nicht alles gibt.

Man könnte jetzt haarspalterisch darauf hinweisen, dass es dort als "Echtzeit-In-Character-Kammerspiel" angespriesen wird (was immer das auch bedeuten soll), aber geschenkt. Gibts also auch Rollenspiele, in denen man nicht nur moralisch, an Erfahrung oder via B-Note gewinnt... ;)
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: YY am 23.05.2018 | 00:27
Und es gibt jede Menge Spiele, bei dem der Plot Teil des Spiels sind. Und dann gibt es da die Walking Simulatoren wie Dear Esther oder Stanley Parabel. Da ist das Spiel Teil der Story.

Das ist doch wiederum das selbe wie im Rollenspiel: Je weiter man vom relativ gleichwertigen Nebeinander von Spiel- und Erzähl*-Anteilen abweicht, um so unproblematischer wird es, bis man in irgendeine Richtung das Rollenspiel verlässt, weil sich das ja gerade als irgendwie noch wahrnehmbare Kombination der beiden Elemente versteht.


*Ich glaube wir reden bei Erzählen und Beschreiben von unterschiedlichen Ebenen.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 23.05.2018 | 00:29
*Ich glaube wir reden bei Erzählen und Beschreiben von unterschiedlichen Ebenen.
Maybe.
Ich denke wir sollten das Gespräch wirklich mal auf dem Treffen weiterführen. Vielleicht werden dann die möglichen Missverständnisse ausgeräumt.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Issi am 23.05.2018 | 07:20
Interessant, was es nicht alles gibt.

Man könnte jetzt haarspalterisch darauf hinweisen, dass es dort als "Echtzeit-In-Character-Kammerspiel" angespriesen wird (was immer das auch bedeuten soll), aber geschenkt. Gibts also auch Rollenspiele, in denen man nicht nur moralisch, an Erfahrung oder via B-Note gewinnt... ;)
Ich muß zugeben, mir ist das auch neu.
Ich versuche es mir vorzustellen. Aber mir fehlt die Spiel Erfahrung.
Ich könnte mir das höchstens noch in einem Sandbox artigen Setting denken, indem jeder Spieler eine andere Partei spielt,  und die sich gegenseitig bekriegen. Mit Schlachtfeld und Tabletop Figuren.
Also quasi dann, wenn der Spieler nicht nur eine einzige Figur hat, sondern Armeen führt.

Edit. Oder halt so was wie "Widerstand" als Rollenspiel. (Oneshot vermutlich )
Oder sowas wie ein Special "Krimidinner."
"Alle sind Mafiosi, oder so. "
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 23.05.2018 | 07:21
Aber das sagte ich Dir ja schon.Schach, Monopoly und Little Wars sind keine typischen Vertreter in der entsprechenden Spielszene. Das wäre etwa so als würde ich überspitzt ausgedrückt Final Fantasy 7 oder Ultima 6 als typische Vetreter der Rollenspiele verwenden.
Nimm doch mal Here I Stand, Gloomhaven (BGG Platz1) und Pandemie (Legacy. BGG Platz 2)!

Wir reden aneinander vobei, fürchte ich. Es mag helfen, dass Axiom 3 noch einmal zu lesen:
"Role-Playing Games combine aspects from at least two different, earlier traditions of entertainment [...]"
Um Axiom 3 zu widerlegen ist der Verweis auf Spiele, die nach der Erfindung des Rollenspiels entstanden sind, also gänzlich ungeeignet, da diese so eine Kombination natürlich ebenfalls vornehmen können. Für die Gesellschaftsspiele, die vor D&D existierten, sind Schach und Monopoly hervorragende Verteter. Gloomhaven oder CRPGs hingegen nicht.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 23.05.2018 | 08:03
@Alexander Kalinowski:
1. Eigentlich redest Du von der Tradition der "Games" und nicht nur von Gesellschaftsspielen. Die Abenteuerspiele hatte ja Settembrini schon genannt. Dann waeren da natürlich diese Teambildenden Szenariospiele. Da haben wir dann noch die Theaterspiele und die Kinderspiele, die man draussen spielt. Du müsstest da eigentlich Deine Auswahl an "games" wesentlich verbreitern.
2. Die von mir genannten Spiele sind aktuelle Spiele, die als reine Gesellschaftsspiele oder Kriegsspiele anerkannt sind. Die stehen in Deinem Clustermodell ziemlich mittig im Bereich "Gesellschaftsspiel". Also eignen diese sich perfekt als typische Vertreter, egal wann diese entwickelt wurden.
Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 23.05.2018 | 09:00
@Alexander Kalinowski:
1. Eigentlich redest Du von der Tradition der "Games" und nicht nur von Gesellschaftsspielen. Die Abenteuerspiele hatte ja Settembrini schon genannt. Dann waeren da natürlich diese Teambildenden Szenariospiele. Da haben wir dann noch die Theaterspiele und die Kinderspiele, die man draussen spielt. Du müsstest da eigentlich Deine Auswahl an "games" wesentlich verbreitern.
2. Die von mir genannten Spiele sind aktuelle Spiele, die als reine Gesellschaftsspiele oder Kriegsspiele anerkannt sind. Die stehen in Deinem Clustermodell ziemlich mittig im Bereich "Gesellschaftsspiel". Also eignen diese sich perfekt als typische Vertreter, egal wann diese entwickelt wurden.

"Role-Playing Games combine aspects from at least two different, earlier traditions of entertainment: games (boardgames, wargames, etc.) and story-telling (whether it’s verbally, in book form, as graphic novel or on film, etc.).1"

1. Ich nehme explizit Bezug auf Spiel-Traditionen/Geschichtenerzähl-Traditionen vor der Entwicklung des Rollenspiel. Um der größeren Klarheit willen, umreiße ich ich jeweils kurz was gemeint ist mit Beispielen. Wenn man Gesellschaftsspiele Mitte des 20.Jahrhunderts betrachtet, dann landet man bei so etwas wie Schach, Dame, Mühle, Monopoly, Kniffel, Mensch ärgere dich nicht, Halma. Man kann auch noch Wargames hinzunehmen wie zB Little Wars und die ganze Avalon Hill-Chose. Von mir aus auch Chainmail - es bekommt ja erst durch Braunstein/Blackmoor eine echte Rollenspiel -Komponente.
Man KÖNNTE eventuell die Auswahl erweitern, es ist aber gar nicht notwendig um zu Conclusion 1 oder Conclusion 2 zu kommen. Und je breiter man die Auswahl macht, desto größer die Wahrscheinlichkeit von spitzfindigem Widerspruch - irgendjemand versucht immer irgendwelche Outlier zu finden, was aber gar nichts widerlegt, falls man gar keine "Für alle X gilt, ..." Behauptungen aufstellt. Stattdessen hilft es in Clustern zu denken und welche Datenpunkte relativ unstrittig Teil eines Clusters sind. (Deswegen gilt Fußnote 1 auch weiterhin.)

2. Man kann nicht die Veränderung eines Clusters in der Zeit außer acht lassen. Brettspiele wurden zwischenzeitlich klar "rollenspielifiziert". Gloomhaven mag ein guter Repräsentant für Brettspiele im Jahre 2018 sein, aber es ist sicher nicht charakteristisch für die Spiele des Jahres 1940/1950/1960/1970.

Ich werde mal das "earlier" im Blogpost unterstreichen, damit das nicht so sehr unter den Tisch fällt.

Titel: Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
Beitrag von: 6 am 23.05.2018 | 09:28
Ich werde mich wieder an meine Ausgangshaltung besinnen. Viel Erfolg bei Deiner Theorie. Wir Beide werden bei dem Thema nicht zusammen kommen.