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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Achamanian am 31.08.2018 | 11:11

Titel: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Achamanian am 31.08.2018 | 11:11
Inspiriert davon, dass System Matters kürzlich einen entsprechenden Beitrag zu Shadow of the Demonlord veröffentlicht hat, schlage ich vor, dass wie persönliche "Appendices N" sammeln; Listen von Romanen/Geschichten/anderen Werken, die ihr gerne als Hauptinspirationsquellen für EIN (wahrscheinlich nichtexistentes) Rollenspiel sehen würdet, so, wie die Werke des Original-Appendix-N D&D inspiriert haben. D.h. es ist kein "Setting X sollte mal für's RSP adapiert werden", sondern "ich wünsche mir ein RSP, das atmosphärische und inhaltliche Elemente aus folgenden Werken aufgreift."

Für meinen Appendix N beschränke ich mich weitgehend (aber nicht ganz) auf relativ neue Werke, einfach, weil es langweilig wäre, wenn alle immer die gleichen Klassiker aufzählen. Natürlich könnte man gut auch die entsprechenden Vorläufer mit reinschreiben ...

Rumpels Appendix N:

Josiah Bancroft, Senlin Ascends
Megastadt-Settings mit skurrilen kriminellen Gruppierungen, Verschwörungen und Herrschaftssystemen haben es mir halt angetan ...

Samuel R. Delany, Tales from Neveryon
Gequeerte Mythologie, interessante Ausarbeitungen alternativer Konzepte von Geld, Geschlecht, Sklaverei in Fantasykulturen.

Seth Dickinson: The Traitor Baru Cormorant
Politisch spannende Themen, es gibt keine Monster, bzw. alle Monster sind Menschen und alle sind immer in Interessenkonflikte verstrickt.

Mary Gentle: White Crow
Meine Erinnerungen sind diffus, aber ein irgendwie barockes Stadtsetting mit Rattenmenschen und coolen Tempeln mit Göttern drin ...

Markolf Hoffmann: Das Zeitalter der Wandlungen
Eigentlich klassische Epic Fantasy, aber ohne Big Bad Evil und mit ein paar wirklich abgefahrenen Einfällen.

N.K. Jemisin: The Fourth Season, The Obelisk Gate, The Stone Sky
Ich hab's ehrlich gesagt noch nicht gelesen ... klingt einfach megainteressant ...

Zachary Jernigan: Jeroun
Science-Fantasy-Setting mit einem seltsamen Kugelgolem, magischer Orbitalraumfahrt, lebenden Superman-Göttern und einer irren erotischen Energie.

Kij Johnson: Pinselstriche auf glattem Reispapier
Großartige, leise Fantasy-Geschichten in oft ziemlich subtil abgefahrenen Welten.

Georg Klein: Miakro
Schräges, postapokalyptisches Picknick-am-Wegesrand-Szenario, in dem Menschen in einer Kafkaest-Surreal-Gigeresken Anlage gefangen sind.

Ursula K. Le Guin: Earthsea
Hier sind's wieder die interessanten Kulturentwürfe.

China Mieville: Perdido Street Station, The Scar, Iron Council, Embassytown
Und hier wieder das irrwitzige Stadtsetting und die tollen Fremdvölker (Kaktusmenschen go!)

K.J. Parker: The Engineer Trilogy, The Company
Einmal mehr: Keine Monster, bzw. alle Monster sind Menschen, alle Menschen sind verstrickt ...

Sofia Samatar, A Stranger in Olondria
Interessante, vielschichtige Fantasy-Kulturen, subtile Magie, und ein tolles Stadtsetting - sowie ein ekstatisch-unheimliches religiöses Fest.

Jeff VanderMeer: City of Saints and Madmen
Cooles, frühmordernes Stadtsetting, Anleihen an Schauerliteratur, Verschwörungen, und auch hier ein ekstatisch-Irrwitzes Stadtfest.

Jeff VanderMeer: Southern-Reach-Trilogie
Noch so ein Picknick-am-Wegesrand-Szenario, atmosphärisch einfach unglaublich dicht.

... wird wahrscheinlich noch erweitert.
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: KhornedBeef am 31.08.2018 | 11:23
Alan Moore & Dave Gibbons  - Watchmen   (kann sein, dass das schon ein Superhelden-Spiel aufgreift)
Comic/Graphic Novel
Handelt von gesellschaftlichen Auswirkungen von Superhelden in der Zeit des kalten Krieges, und von den persönlichen Motivationen einer Gruppe ehemaliger maskierter Helden, von denen einer ermordet wird. Das Buch besticht nicht nur durch seine Thematik, bei der die Dekonstruktion des maskierten Vigilanten nur ein Aufhänger ist, sondern auch durch seine komplexe Erzählweise anhand mehrere, paralleler und teils gleichnishaft verbundener Erzählstränge.


Looper (Grundidee)
Spielfilm
Lebt von der starken Prämisse, ambivalenten Figuren und einem schönen Spin gegen Ende. In der Zukunft gibt es Zeitreisen, aber sie sind verboten. Ein Verbrecherkartell nutzt sie aber, um zukünftige Leichen nicht-nachverfolgbar in die Vergangenheit zu entsorgen. Das Opfer wird gefesselt und mit Sack über dem Kopf an einen bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit geschickt, und von einem dort warteten "Looper", einem Auftragskiller, umgelegt. Alle Looper müssen eines Tages ihr 30 Jahre älteres Ich umlegen, ohne es vorher zu wissen. Guess what? Der Protagonist vermasselt es.
dystopische Near-Future-Atmosphäre, massentauglich vereinfachtes Zeitschleifen-Gedöns und keine guten Jungs.


weil sie mir kürzlich auffielen. Finde sicher noch mehr.

Edit: Beschreibung
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Wanderer am 31.08.2018 | 11:28
Ohhhh, interessanter Thread!



Sector General / Orbit Hospital von James White

Bios von Robert Charles Wilson

More Than Human von Theodore Sturgeon


Insbesondere Orbit Hospital würde mich reizen, da war/bin ich auch immer mal wieder am Überlegen ob ich nicht mal was selbst schreiben soll.
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: felixs am 31.08.2018 | 11:31
Аркaдий и Борис Стругaцкие: Пикник на обочине (Arkadi und Boris Strugazki: Picknick am Wegesrand).
- Das Szenario einer von fremdartiger Technologie "verseuchter Zone und deren Erkundung dürfte jede Menge Potential bieten. Außerdem ist Picknick am Wegesrand (und - mit Einränkungen - auch der stark abweichende Film dazu: Stalker) ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man düster sein kann, ohne ins nihilistische abzugleiten.

Tad Williams: The Dragonbone Chair.
- Eine, wie ich finde, sehr schöne Fantasy-Welt auf niedrigem Technologie- und niedrigem Magieniveau. Die Darstellung der quasi-Elfen finde ich äußerst gelungen, ebenso die Trolle und die quasi-Dunkelelfen. Osten Ard würde ich wirklich gern bespielen.

Gert Prokop: Wer Stiehlt schon Unterschenkel?
Gert Prokop: Der Samenbankraub.
- Cyberpunk aus deutscher Perspektive. Technologisch nicht so überkandidelt (gewissermaßen "hard Cyberpunk"), eingebettet in ein realistisches politisches Szenario, mit nachvollziehbaren Motivationen und Handlungen. Ebenfalls ein schönes Beispiel dafür, wie man eine Dystopie schreiben kann, ohne dass es ins nihilistische oder mystische abgleitet. Abgesehen davon, sind die Bücher hervorragend geschrieben und sprühen nur so vor Ideen, die man auch in anderen Cyberpunk-Szenarien wunderbar einsetzen kann.

Angela und Karlheinz Steinmüller: Pulaster.
- Exploration und Interaktion mit fremden Kulturen. Hard-SF, Nachvollziehbar, human, mit viel Potential für Rollenspiel. Auch viele andere Romane der Steinmüllers (vor allem Andymon) würden sich anbieten. Man könnte gewissermaßen ein Steinmüller-Universum bespielen.

Ich glaube, ich würde es begrüßen, wenn man den Aspekt den man mag noch unterstreicht - auch weil nicht alle so belesen sind oder andere Teile sehen könnten.
Bisher ist mir kein einziges Buch bekannt.

Gute Idee, ich kenne auch sehr wenige der erwähnten Titel. (Zumal sich diese Liste wohl auch gerade für weniger bekannte Werke anbietet).
Habe es also mal ergänzt (und zitiere Dich daher rückwärts in der Zeit).
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Anro am 31.08.2018 | 11:43
Ich glaube, ich würde es begrüßen, wenn man den Aspekt den man mag noch unterstreicht - auch weil nicht alle so belesen sind oder andere Teile sehen könnten.
Bisher ist mir kein einziges Buch bekannt.

Manga/Anime
Die Lockerheit der Welt, die Gildenstruktur, die Übermacht der "Magier" (Alle sind Magier verschiedener Richtungen) ermöglicht eine gewisse Frechheit.
Manga/Anime
Sehr hohes Powerlevel, die stärken werden sehr stark durch schwächen ausgeglichen, die Kampfkraft ist nur leicht zusammenhängend mit er Story-kraft (Eine Ohrfeige einer "einfachen" Frau trifft und schmerzt einen Superkämpfer mehr als einige starke Attacken anderer Gegner.)
Computerspiel
Die Idee von persönlichen Dungeons in denen die persönlichen Probleme Gestalt annehmen.
Pat Rothfuss - Buch
Der Unterschied von Dingen, die wirklich geschehen und den Geschichten die daraus entstehen, welche ein ganz anderes Bild malen.
Die Reisen und das Entdecken neuer Kulturen (mit deutlich geringeren Kraft als die der meisten, die man begegnet)
[/list]
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Wanderer am 31.08.2018 | 12:16
Ich glaube, ich würde es begrüßen, wenn man den Aspekt den man mag noch unterstreicht - auch weil nicht alle so belesen sind oder andere Teile sehen könnten.
Bisher ist mir kein einziges Buch bekannt.

Guter Punkt! Drum ein paar Erläuterungen zu meiner kurzen Liste.


Orbit Hospital
-----------------
Wie leben und agieren vollkommen unterschiedliche Spezies zusammen auf einer Raumstation, die ein riesiges interspecies Krankenhaus ist.
Besondere interessant finde ich, dass es sich dabei nicht um "Humans with funny faces" handelt, sondern um teils wirklich bizarre Lebensformen mit extrem verschiedenen Lebensweisen und Habitaten.

Bios
-----
Hier fällt es mir schwerer den für mich interessanten Aspekt kurz zu umreissen, aber ich versuche es mal.
Ein Planet, auf dem das bzw. die Ökosystem(e) deutlich intensiver vernetzt ist und zusammenhängt als man das sonst gemeinhin annimmt.
Das bedeutet, dass auch das "Bewusstsein" des Planeten durch bzw. von den "Bewusstseinen" seiner Lebensformen gebildet wird, und diese zusammenhängen und interagieren.
Der Planet bzw. das dortige Ökosystem integriert im Lauf des Buches eine menschliche Raumfahrerin in die eigene Existenz.

More Than Human
-----------------------
Es geht um einige Leute und Teile ihres Lebensweges, die man etwas vereinfacht als "übersinnlich begabt" bezeichnen könnte.
Speziell interessant finde ich in diesem Buch eher den inneren Weg des bzw. der Protagonisten, nicht unbedingt den Aspekt des "Übernatürlichen".


Am ehesten umsetzbar wäre vermutlich Orbit Hospital, da die für mich interessanten Aspekte der anderen beiden Bücher nur schwer in ein Rollenspiel übertragbar sein dürften.

Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Daheon am 31.08.2018 | 12:23
Spannend! So aus dem Stehgreif:

Douglas Adams: Dirk Gentlys holistische Detektei

Matt Ruff: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke, aber auch Fool on the Hill

Bei den Nennungen gefällt mir, daß (mehr oder minder) normale Personen in abstruse, fantastische, geradezu bizarre Situationen geraten, und das die Geschichten es schaffen spannend, komisch und gleichzeitig tiefgründig zu sein.

Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Tegres am 31.08.2018 | 12:51
Die Bartimäus-Reihe von Jonathan Stroud
Diese Kombination aus dem grandiosen Humor und den Ansichten des Dämons Bartimäus und die intrigenbehaftete politische Welt der magischen Elite ist eine interessante, gewissermaßen ambivalente Mischung. Einerseits lassen sich aufgrund der Verschwörungen, die gesponnen werden, spannende Abenteuer erleben, bei denen die Charaktere sogar die Welt retten können. Andererseits wird das ganze durch die Dämonen nicht zu ernst, sondern bekommt eine feine Note Sarkasmus.
Diese Berücksichtigung ernster und humoriger Anteile finde ich für ein Rollenspiel wichtig, wenn man nicht gerade ganz ernste Themen beackern will.
Außerdem ist die Art und Weise, wie Magie funktioniert toll. Sie funktioniert auf halbwegs einheitliche Art und Weise, ist aufwendig, gefährlich und kein Allheilmittel.

Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams
Das ist meiner Meinung nach die perfekte Vorlage für bier&pretzeliges Rollenspiel. Einfach verrückte Ideen reinschmeißen und schauen, was bei raus kommt. Dieses Prinzip funktioniert sowohl für Fantasy als auch für Science-Fiction.
Außerdem ist es ein gutes Beispiel dafür, wie eine mehr oder minder zufällig zusammengewürfelte Gruppe Abenteuer bestreitet.

In die gleiche Kerbe schlagen auch die Zamonien-Romane von Walter Moers; Sie sind die Antwort auf die Frage, was passiert, wenn man alle verrückten Ideen in eine Welt packt und die Charaktere darauf los ließe.

Schon im originalen Appendix N mit drin (zumindest Der Herr der Ringe), aber dennoch nennenswert:
Der Herr der Ringe (einschränkend nur Die Gefährten) und Der Hobbit von J.R.R. Tolkien
Beide sind gute Vorlagen für das Zusammenschmieden einer Abenteuergruppe sowie für Weltenbau. Außerdem sind sie gute Beispiele, wie eine Gruppe epische Abenteuer bestreiten kann und dabei in die Geschichte der Welt eingreift. Die Charaktere bewirken etwas und sich nicht einfach nur Schaulustige in einer Welt.
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Tjorne am 31.08.2018 | 14:02
Ninefox Gambit (Yoon Ha Lee)
Die Formations-Mechaniken würden mich reizen. Eventuell auch als Tabletop...


Huckleberry Finn (Mark Twain)
Die 'Entführung' von Jim mit all den künstlichen Umständen wäre ein interessantes Element.
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Moonmoth am 31.08.2018 | 14:17
The Black Company ("Die Schwarze Schar) von Glen Cook
Ein ganz eigener Ton, nämlich der von Soldaten (und in diesem Fall Söldnern) auf die welterschütternden Ereignisse in einer Fantasywelt. Die Black Company wechselt durchaus ein paarmal die Seiten und Begriffe wie "gut" oder "böse" relativieren sich sehr schnell. Trotz der enormen Düsternis, trotz des ziemlich für Fantasy ungewohnten Schreibstils und des teils rauen Tons wachsen einem die überaus menschlichen Figuren sehr bald ans Herz. Insbesondere die erste Trilogie ist ein moderner Klassiker. Schon einmal in der D20-Ära als Rollenspiel umgesetzt, aber ich halte so ein System nicht so ideal für diesen Stoff. Die Welt ist durchaus extrem seltsam - es gibt schwebende, sprechende Steine, "umgekehrte Zentauren"  -also Menschen mit Pferdekopf... aber die Welt wirkt dennoch absolut selbstverständlich. Viel mehr eine Charaktersache als ein Actionstoff und tonnenweise Kram für gute Szenarios.

Der Soldaten-Zyklus von Gene Wolfe
(Soldat des Nebels, Soldat von Sidon, Soldat von Arete) Die Aufzeichnungen eines unter fast vollständiger Amnesie leidenden Spartaners, der seit einer üblen Kopfverletzung Nymphen, Geister und Zentauren sieht. Wie immer bei Wolfe fantastisch und ein bisschen herausfordernd für den Leser geschriebene, ziemlich weirde Abenteuer in der Bronzezeit. Es wird Latro (="Soldat" - auch seinen Namen hat er vergessen) immer schleierhaft bleiben, dass seine Sicht der Welt nicht normal ist. Latros Welt wäre ein faszinierender Stoff für eine etwas andere Sword and Sorcery Kampagne.

Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Suro am 31.08.2018 | 14:20
Ich hätte gerne ein Fantasy-System, das zwei Buchreihen aufgreift:

Beide Reihen verbindet ein Post-Revolutionäres Setting, bei dem eine göttlich-magische Ordnung durch eine menschengemachte ersetzt wurde, und bei dem die Konflikte zwischen Tradition und neuen Lebensweisen, zwischen Eroberern und Eroberten & Verlierern und Gewinnern sowohl im politischen als auch im individuellen den Hintergrund bestimmen. Typisch sind auch die Einzelplots, bei dem meistens ein Element aus der Vergangenheit die Gegenwart aufmischt, und die oben genannten Konflikte zum Vorschein bringt. Aus dem ersten Zyklus wünsche ich mir auch die ästhetisch für mich sehr ansprechende Verschmelzung von Magiern/Nekromanten, Anwälten und kapitalistischer Firma, die die alte brutale Theokratie ersetzt hat.

Ich hatte schonmal angefangen, das als ...world-Hack umzusetzen, liegt aber im Moment auf Eis.

Edit: Weil ich das oben sehe: Auch wenn ich mich nicht erinnere, ob der o.g. zentrale Konflikt da auch drin ist, passen die Bas-Lag-Sachen von Mieville imho auch ganz gut in den Genremix.
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Moonmoth am 31.08.2018 | 15:00
The New World Trilogy, von James Kahn
Ab Mitte der 80er Jahre erschienene Trilogie, lediglich der erste Band ist einmal als "Zeit und Welt genug" bei Goldmann auf deutsch erschienen. Es ist eine merkwürdige postapokalyptische Erde, in der ein Greif, ein Androide, ein Mensch und ein Vampir sich auf den Weg machen, die letzten Menschen der Welt vor der Auslöschung zu retten. Interessanterweise sind die interessanten Kreaturen allesamt wissenschaftlicher Herkunft. Eine von der Stimmung her ein wenig der "Sterbenden Erde" ähnelnder Zyklus, der aber bei weitem bodenständiger daherkommt. Viele sehr schon ausgearbeitete Ideen und tonnenweise Sense of Wonder, dabei aber eine recht kohärente Spielwelt. Es ist wirklich etwa 30 Jahre her, zeitdem ich das gelesen habe, aber es ist mir immer noch gut im Gedächtnis.
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Bildpunkt am 31.08.2018 | 15:26
Inspiriert davon, dass System Matters kürzlich einen entsprechenden Beitrag zu Shadow of the Demonlord veröffentlicht hat, schlage ich vor, dass wie persönliche "Appendices N" sammeln; Listen von Romanen/Geschichten/anderen Werken, die ihr gerne als Hauptinspirationsquellen für EIN (wahrscheinlich nichtexistentes) Rollenspiel sehen würdet, so, wie die Werke des Original-Appendix-N D&D inspiriert haben. D.h. es ist kein "Setting X sollte mal für's RSP adapiert werden", sondern "ich wünsche mir ein RSP, das atmosphärische und inhaltliche Elemente aus folgenden Werken aufgreift."


- Hector Umbra von Uli Oesterle : Zwischenreich Comic
- Mac Beth von W.Shakespierre: Determinismus und Schicksal
- Der Mann und das Meer von E. Hemingway: Mensch <--> Natur
- Die Stadt der träumenden Bücher von W. Moers: Weg des Helden in die Unterwelt; Buchimisten, skurrile ideen
- Neue Deutsche Geschichte, 10 Bde, Bd.2, Aufbruch und Gestaltung. Deutschland 1056-1273 von A. Haverkamp: politisches Setting
- Griechische Mythologie von R. Abendstein: Klassische Heldenepenplots als Schablone
- Die Bibel nach M. Luther: Eschatologie Vorstellungen
- Die deutsche Stadt im Mittelalter 1150–1550 von E. Isemann: realistisches Stadtbild
- Diercke Weltatlas: LandKarten als als wichtige haptische Storyelemente


Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Achamanian am 31.08.2018 | 15:40
So, habe jetzt die gewünschte Kommentierung im Eingangsbeitrag nachgetragen.
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Maarzan am 31.08.2018 | 15:51
Interessante Frage - und ich komme da gar nicht auf Romane oder Filme.
Wenn, wäre das so etwas wie :
Was-ist-Was / Terra-X/PM/... oder auch Vorlagen anderer Rollenspiele:  (populärwissenschaftliche oder auch unwissenschaftliche)  Appetizer/Fragenaufwerfer
Diverse Fachliteratur: für Detaileindrücke und die Nerdbefriedigung
Diverse Aufbaustrategiespiele als Bauvorlagen für die grundlegenden Sandkästen
Mythbuster: Steht für den Reiz all die gewonnene Eindrücke und abstrakten Details und davon dann abgeleitete Regel- und Settingelemente jetzt einmal auf die Probe zu stellen: Was wäre wenn man das jetzt "durchzieht"?
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Skarabäus am 31.08.2018 | 17:07
Sehr cooler Thread und eine gute Fundgrube, um meine To-read-Liste aufzustocken  :)

Was ich spannend und lohnend für ein Rollenspielsetting fände ist die Welt, die C.S. Friedman in ihrer "Kaltfeuer-Trilogie" entwirft. Im Deutschen wurden daraus sieben Bücher gemacht:

Band 1: Festung der Nacht
Band 2: Zitadelle der Stürme
Band 3: Kathedrale der Dämonen
Band 4: Tal der Nebel
Band 5: Burg der Illusionen
Band 6: Berg des Feuers
Band 7: Wald der Schatten

Vom Genre ist die Reihe zwischen SciFi und Fantasy angelegt, wobei meiner Meinung nach der fantastische Anteil überwiegt. Die Menschen haben irgendwann den Planeten kolonisiert und harmonieren überhaupt nicht mit dem herrschenden Ökosystem. Nichts neues, aber hier geht es darum, dass die Gedanken und Emotionen der Menschen ihre Umgebung direkt beeinflussen und verändern können. Sehr starke Emotionen (z.B. Alpträume) können sogar körperlich werden und den Menschen schaden. Beschrieben ist eine dystopische Gesellschaft, die versucht zu überleben und aus den Gegebenheiten das Beste zu machen.

Themenkomplex (kein Anspruch auf Vollständigkeit): Mind over Matter, Religion, Moral, Ökologie

Mich faszinieren schon immer Gedankenspiele rund um das Thema, wie der menschliche Geist die Wirklichkeit gestaltet - Coldfire passt sehr gut dazu.

Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Bad Horse am 31.08.2018 | 17:26
Die meisten Sachen, die mir so im Kopf herumschwirren, sind schon genannt worden (Broken Earth, Craft-Zyklus, Divine Cities) ...

Bleiben noch:
Radiance, von Catherynne M. Valente: Science-Fiction mit einer seltsamen Mischung aus den Pulp-Vorstellungen (Venus ist grün), man fliegt mit Rakten herum) und Hard SciFi (das ist alles irgendwie zuende gedacht und sinnvoll, wenn man eben von den pulpigen Prämissen ausgeht).

Wayward Children-Serie von Seanan McGuire: Es geht um eine Mischung aus Sanatorium und Internat, das sich um Kinder kümmert, die alle irgendwann man in ein Zauberreich gekommen und wieder zurückgekehrt sind (so wie die Narnia-Kinder, z.B.). Diese Zauberreiche werden ein bisschen klassifiziert, und die Figuren sind alle dramatisch und glaubwürdig, auch wenn sie in ein Kuchenreich entführt worden sind. Die Stimmung ist absurd-melancholisch, weil viele von denen, die zurückgekommen sind, das eigentlich gar nicht wollten und jetzt darauf warten, dass ihre Tür wieder auftaucht.

Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: CAA am 31.08.2018 | 17:42
Sword Art Online (Light Novel / Anime / Manga)
Der Traum der vollwertigen virtuellen Realität ist endlich in Erfüllung gegangen. Selbstverständlich ist der Release-Titel ein RPG. Problem ist nur: Man kann sich nicht ausloggen - und stirbt man im Spiel, stirbt man im echten Leben.
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=6ohYYtxfDCg&t=11s

Mir schwebt da eine Mischung aus Cthulhu (geistige Stabilität + Fähigkeiten der echten Welt) und Pathfinder (Spielwerte) vor  :headbang:
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Mithras am 1.10.2022 | 08:13
Zu meinem Appendix N gehört auf jeden Fall The Hammer and the Blade Trilogy von Paul S. Kemp,  das ist richtige Sword & Sorvcery. Ausserdem Schurken der Landstraße von Michael Chabon. Alle Bücher haben eines Gemeinsam: sie handeln von einem Duo von Schurken, deutlich inspiriert von Fafhrd und dem Mausling, aber ohne das die Geschichten die "schwächen" teilen die Leiber da verfasst hat.
Dann The Witcher Saga weil was ist mehr D&D als Monster zu jagen und Ein Lied von Eis und Feuer, das Realm Play gut darstellt. In die gleiche Kerbe schlägt die Elwnium Trilogie, spannemd und politisch von Eddings.
Erdsee, Kothar der Barbar und Brak der Barbar sind auch dabei sowie Kane von Wagner und sein Namensvetter Solomon Kane von Howard. Und The Barrow von Mark Smylie weil es spannend die Reise und der Versuch ein Hügelgrab zu plündern schildert.
Und Nifft der Dürre, sehr guter Fantasystoff der für mich Appendix N ist.
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Camo am 1.10.2022 | 09:29
Randall Garret - Lord Darcy!
Kennt fast niemand, ist aber eine sehr faszinierende Reihe, die in einer völlig anderen Fast-Jetztzeit spielt. Richard Löwenherz hat damals überlebt, ist ein guter Herrscher geworden und so besteht das anglo-französische Reich bis heute fort. Amerika steht unter der Herrschaft der Ureinwohner, in Südamerika hocken die Inka, unter der Oberherrschaft der Anglo-Franzosen. Magie existiert, unter einer strengen Regelung und mit Vorteilen für das normale Leben. Der namensgebende Held ist Ermittler und löst mit seinem Gerichtshexer Master Sean O'Lochlan Fälle. Die Technologie erinnert sehr an die viktorianische Zeit, obwohl das in den 1960ern spielt.


Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams
Das ist meiner Meinung nach die perfekte Vorlage für bier&pretzeliges Rollenspiel. Einfach verrückte Ideen reinschmeißen und schauen, was bei raus kommt. Dieses Prinzip funktioniert sowohl für Fantasy als auch für Science-Fiction.
Außerdem ist es ein gutes Beispiel dafür, wie eine mehr oder minder zufällig zusammengewürfelte Gruppe Abenteuer bestreitet.

Etwas in der Art war das Red Dwarf-Rollenspiel. Wer die BBC-SF-Comedy-Serie gleichen Namens kennt, sollte versuchen, das noch in die Finger zu bekommen. Ist nur nicht leicht, dafür Spieler zu finden, die sollten nämlich die Serie auch kennen, sonst geht das schnell schief. ;)
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Boba Fett am 1.10.2022 | 09:38
Wieso sollte man Lord Darcy nicht kennen? ;)
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Camo am 1.10.2022 | 09:42
Wieso sollte man Lord Darcy nicht kennen? ;)

War lange nicht auf Deutsch erhältlich, nur antiquarisch - weiß gar nicht, ob sich das wieder geändert hat. Ich hab den alten Sammelband und die beiden Erweiterungen von Michael Kurland und lese sie immer wieder gern.
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Mithras am 1.10.2022 | 14:34
Stimmt, von Lord Darcy habe noch nie was gehört. Und da ist es wieder das Out of Print Problem...
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: 1of3 am 1.10.2022 | 16:38
ErraticErrata: The Practical Guide to Evil
The Dread Empire of Praes may have won the war, but the clock was already ticking. The Legions of Terrors had made a lot of angry orphans through the afternoon’s bloody work, and in time that would mean one thing...
Gleicher Ausgangsplot wie Baru Cormorant, nur nicht so düster. In PGtE sind typische Fantasy-Topoi war und man kann sie benutzen.

JC McCray: Worm
Wenn deine Welt Superhelden braucht, ist irgendwas schief gelaufen. Und wenn du Superkräfte bekommst, auch. Taylor hat welche und will den Bullies in der Schule entkommen, indem sie auf Verbrecherjagd geht. Dinge esklalieren quicklich. Man sollte keine Probleme mit Body Horror haben. Die anderen Werke des Autoren sind auch gut.

Sarah Lin: The Weirkey Chronicles
Re-Isekai-Geschichte in buten farbigen Welten mit vielen ungewöhnlichen Völkern. Um stark zu werden, müssen Leute Gebäude in ihrem Geist errichten. Theo ist also schon zum zweiten mal hier, nachdem das erste mal nicht gut verlaufen ist. Die Geschichte umgeht damit die typsichen Probleme von Isekai-Geschichten. Wie die meisten Cultivation-Geschichten eigentlich ein bessere Umgebung für "Loot für XP".


John Bierce: Mage Errant
Zauberschule, Kaiju-kratie, Dekonstruktion von elementarer Magie. Eine Welt, wo Magie tatsächlich mal alltäglich ist. Kot-Magier sind gut bezahlt. Wie sollte man sonst Städte sauber halten?

OK, streicht das, dafür gibt es ja nun ein Rollenspiel. (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,108589.0.html) >;D
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: tartex am 1.10.2022 | 17:19
Ich könnte hier natürlich die intellektuellste Scifi, die mir gefällt, auflisten, aber, wenn es ums Rollenspiel geht, sage ich lieber:

Perry Rhodan Durch die ganzen Epochen ist für jeden Geschmack etwas dabei, aber weil wir vielleicht doch eher in Richtung Science-Fantasy wollen, liste ich mal die Bände 1100-1300.

Und natürlich Viriconium von M. John Harrison: beste postapokalpytische Sword&Sorcery. Wobei die Sorcery dann doch eher verlorene Technik ist.
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 1.10.2022 | 17:42
Wieso sollte man Lord Darcy nicht kennen? ;)
eine beunruhigende Vorstellung
Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: YY am 2.10.2022 | 11:42
Richard Morgan: Black Man/Thirteen und Thin Air
Vom Stil her ist das durchaus ähnlich wie Altered Carbon, aber tatsächlich gefallen mir diese zwei alleinstehenden Geschichten etwas besser - bodenständigere Settings und Protagonisten und perfekt getroffene Noir-/Hardboiled-Atmosphäre.


In eine ähnliche Richtung geht die Greg Mandel-Reihe von Peter Hamilton, wobei mir die nach hinten raus, d.h. im letzten Buch, tendentiell zu abgefahren wird.


Alastair Reynolds: Chasm City
Ein bisschen mehr "richtige" SF, aber trotzdem (u.A.) geschickt in eine Detektivgeschichte verpackt.


Stephen Hunter: Point of Impact
Detailverliebter Action-Krimi, der grad so kein Technothriller ist - Tom Clancy ohne Weltkrieg ;D
Ein paar andere Bücher aus der Reihe taugen mir auch noch (u.A. G-Man), aber der Erstling ist mit Abstand der stärkste Band der Reihe.



Insgesamt zeigt das für mich alles auf ein Bastelprojekt für Solospiel mit einem hinreichend mächtigen Generator für Fälle, die man in zwei getrennten Schritten erst verdeckt generieren und dann aufdecken/erspielen kann :think:

Titel: Re: Gebt mir euren Appendix N
Beitrag von: Max Sinister 2 am 6.10.2022 | 01:55
Christelle Dabos, "Die Spiegelreisende", vier Bände: Eine Welt, die in der Vergangenheit durch den "Riss", eine unbeschreibliche Katastrophe zerrissen wurde. Übrig sind nur noch der glühende Kern und etwa 20 größere und 180 kleinere "Archen" - schwebende Inseln, die immer im gleichen Abstand bleiben. (Für den Verkehr zwischen ihnen gibt es Luftschiffe; innerhalb der Archen gibt es z.B. Vogel-Trams - die werden von einer einzigen Chimäre getragen, die unter Kontrolle eines Magiers stehen.) Jede Arche hat einen "Familiengeist", ein sehr mächtiges magisches, aber klar humanoides Wesen, das auch mit Menschen Nachwuchs haben kann.

Und jede Haupt-Arche hat ihre Art von Magie, die fast alle Menschen (bis auf die "Gabenlosen" beherrschen). Auf Anima, wo die Hauptfigur lebt, ist es das Animieren von Alltagsgegenständen wie Uhren, Besteck, Schals usw. Nicht wie bei Disney in "Die Schöne und das Biest", aber die Gegenstände haben eine merkbare Persönlichkeit und können u.U. zugunsten der Menschen eingreifen.

Auf einer anderen Arche, Pol, gibt es verschiedene Clans, die im Palast des Familiengeistes gegeneinander intrigieren wie im Ancien Regime. Die "Drachen" können mit telekinetischen "Krallen" gegen menschen und Tiere austeilen; die "Miragen" können sehr gute Illusionen wirken; im "Gespinst"-Clan stehen alle telepathisch in Verbindung, also wissen alle von ihnen, was ein einziger von ihnen erfährt - allerdings können sie sich trotzdem nur auf eine Sache konzentrieren...

Eine sehr originelle Welt, nicht der übliche Tolkien-Abklatsch wie in so vielen Büchern.

(Die Spiegel sind hauptsächlich für die Hauptfigur wichtig, im RPG müssten sie nicht drin sein.)