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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Lord Verminaard am 27.12.2018 | 13:20

Titel: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Lord Verminaard am 27.12.2018 | 13:20
Dass es überhaupt einen Namen für diesen erzählerischen Verkehrsunfall gibt, ist schon erstaunlich genug. Noch viel erstaunlicher ist es, dass es tatsächlich Leute zu gegeben scheint, die es für eine Kunstform oder wenigstens gutes erzählerisches Handwerk halten: Die Protagonisten und das Publikum gleichermaßen auf eine falsche Fährte zu locken.

Klar, wenn es um politische Intrigen, Spionage und Mord geht, sind Geheimnisse, Enthüllungen, doppelte Böden und undurchschaubare Figuren das Salz in der Suppe. Aber der Red Herring macht es genau falsch, er ist genauso sinnlos wie trivial: Er zeichnet sich dadurch aus, dass Protagonist und Publikum gar keine Anhaltspunkte hatten, anhand derer sie hätten erkennen können, dass die Dinge nicht so waren, wie sie schienen, oder wie die Dinge wirklich waren. Und dann, TADAA, wird stolz die Auflösung präsentiert. Und das Publikum in der Vorstellung des Autors so: „WOW, da wäre ich ja NIE drauf gekommen, WAHNSINN!“ Und ich in der Realität so: „F*** dich!“

Dem Publikum eine Geschichte aufzutischen, die nicht stimmt, ist keine (Handwerks-)Kunst. Es ist einfach nur dumm. Kunst ist es, wenn das Publikum im Moment der Enthüllung all die kleinen Hinweise zusammenfügt und sagt, oh, JETZT verstehe ich, JETZT ergibt alles einen Sinn. Wenn der Protagonist durch eigenes Zutun auf die Lösung kommt, und den Bösewicht am Ende austrickst. NICHT wenn durch einen unwahrscheinlichen Zufall oder einen abwegigen Fehler des Bösewichtes die Sache ans Licht kommt, auf die sonst nie im Leben jemand gekommen wäre, und dadurch das gesamte vorherige Geschehen komplett irrelevant wird, weil es mit des Rätsels Lösung nicht das Geringste zu tun hatte. Daran ist nichts genial, das erfordert KEINERLEI erzählerisches Können, es ist der dramaturgische Bankrott.

Irgendwie scheint eine bestimmte Gattung englischer Detektivgeschichten diese Unsitte aber dermaßen etabliert zu haben, dass sie sich einen festen Platz im erzählerischen Repertoire ergaunert hat, und rechtschaffene Leser und Zuschauer immer wieder heimsucht und zur Weißglut treibt. Und das gilt natürlich erst recht im Rollenspiel. Es gibt NICHTS, wirklich überhaupt nichts befriedigendes daran, als Spieler zu erfahren, dass man den ganzen Spielabend einer falschen Fährte gefolgt ist, die man zu keinem Zeitpunkt als solche hätte erkennen können, und deren Verfolgung nichts, absolut gar nichts zur Lösung des Abenteuers beigetragen hat. Es ist die reinste Zeitverschwendung, und es ist wirklich überhaupt keine Kunst dabei, niemand braucht sich darauf etwas einzubilden, es ist, das sollte eigentlich offensichtlich sein, für einen SL oder Abenteuerautor vollkommen und absolut abspruchslos, einen Red Herring zu legen.

Kill the Red Herring!
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Maarzan am 27.12.2018 | 13:29
... Aber der Red Herring macht es genau falsch, er ist genauso sinnlos wie trivial: Er zeichnet sich dadurch aus, dass Protagonist und Publikum gar keine Anhaltspunkte hatten, anhand derer sie hätten erkennen können, dass die Dinge nicht so waren, wie sie schienen, oder wie die Dinge wirklich waren.
...

Exakt hier.

Wobei das nicht einmal soo tragisch wäre, wenn ich es dann (zusammen mit der blöden Geschichte dahinter) auch einfach ignorieren dürfte.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: KhornedBeef am 27.12.2018 | 13:31
Naja, der Red Herring ist "es hätte so passieren können" bis dann neue Informationen aufgedeckt werden. Insofern kann er so kunstvoll oder -los sein wie die eigentliche Auflösung. Auf die könnte man die Logik ja genauso anwenden. Für mich klingt das alles nach schlechtem Einsatz dieses Stilmittels. Was z.B. ist gegen einen Red Herring einzuwenden, der den Protagonisten erst die Gelegenheit bietet, durch ihre besondere Fähigkeit einen Hinweis auf die echte Fährte zu bekommen, die sonst niemand je finden würde (weil z.b. der Gegenspieler nicht sackdoof ist)?
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Rhylthar am 27.12.2018 | 13:34
Nur aus Neugier:
Welche englischen Detektivgeschichten meinst Du? :)
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Feuersänger am 27.12.2018 | 13:35
Ich stimme dir mit Inbrunst zu!
Glücklicherweise habe ich Red Herrings bei Rollenspielen nicht so oft erlebt. Ein oder zwei Fälle sind mir freilich im Gedächtnis geblieben.
Wie du ja schon schreibst, kommt dieses Gestaltungswerkzeug aus der Literatur, v.a. Krimi oder Thriller, und offenbar sind sehr viele Leser damit einverstanden, regelmäßig aufs Glatteis geführt zu werden.
Siehe z.B. Dan Brown. Der Kerl schreibt seit zig Jahren immer wieder das gleiche Buch, und das einzige was dabei schwankt, ist der Anteil an Rotem Heringssalat. Himmel, in einem der früheren Werke _heisst_ der Pseudo-Bösewicht sogar "Roter Hering" (Bischof Aringarosa)! Ich hatte das ganz vergessen, als ich mir neulich ein Hörbuch ausgeliehen habe - Inferno - nur um dann gegen Ende feststellen zu müssen, dass das GANZE BUCH ein einziger Roter Hering war, und der Autor den Leser über hunderte von Seiten gezielt aufs Glatteis geführt hat. Und obwohl er immer und immer wieder ganze Bücher nur aus diesen Roten Heringen strickt, wird der Bullshit hundertmillionenfach verkauft.

Dem (lesenden) Plebs scheint es also zu gefallen oder zumindest nichts auszumachen, mittels unlauterer Erzählmethoden verarscht zu werden. Kein Wunder, wenn dann manche Rollenspielautoren denken, das sei auch für ihre Abenteuer eine gute Idee.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Menthir am 27.12.2018 | 13:39
Wenn jede rollenspielerische Erzählung ohne die Nutzung eines Red Herrings also zwangsläufig teleologisch (zielgebunden) sein muss, ist das nicht ein Vorläufer dessen, dass jetzt am Rollenspieltisch wieder alles auf eine Schiene gesetzt ist?  ;)

Ist ein Red Herring im Rollenspiel nicht eher eine notwendige Handwerkskunst, um selbst das Wasser zu testen und eine gemeinsam erzeugte Möglichkeit zu schaffen - für die Spieler - aus der Handlung auszubrechen? Ist ein Red Herring nicht die Möglichkeit, von der Erzählung oder dem ganzen Plot wegzuleiten und darüber zu erkennen, dass diese plotferne Wendung nicht sogar ein verstecktes Geschenk ist?

Und selbst in der Erzählung, ist der Red Herring doch von übergeordneter Bedeutung, wenn er beispielsweise eine Methode des Antagonisten ist, den schüffelnden Protagonisten von der eigentlichen Spur abzulenken. Ja, als solcher wäre er sogar plotrelevant, ohne auflösend zu sein.

Der rote Hering ermöglicht zudem das Irren, und wenn ein Spielleiter ausreichend damit umkann, ist dieses Irren nicht immer frustrierend, sondern erleuchtend, beleuchtend und darstellend. Die falsche Spur kann schließlich nicht den Fall lösen, aber gleichwohl erstens die Gesamtthematik beleuchten, Details beleuchten, andere Impulse geben, er kann sogar für Spannung sorgen (gerade bei zweigliedrigen Geschichten, bei denen es im Kriminalgenre doch gerne dazu gehört, dass man den dummen Ermittler verflucht, weil man selbst glaubt, den Hering nicht geschluckt zu haben etc. etc.); wer Konsequenz-basiertes Spiel mag, kann mit den Folgen des Schluckens des Herings noch ganz andere, storyrelevante Sachen erledigen - Gerade wer mit Zeit als spielerischem Element werkelt, findet viele Anwendungsmöglichkeiten - oder er kann - gerade im Rollenspiel - wie oben erwähnt, einen Ausweg aus dem Plot geben. Und seien wir ehrlich, wir alle leiten hin und wieder Plots, deren Auflösung wir herbeisehnen, weil wir sie so toll finden, doch die Wirkung auf die Spieler ist eine andere. Vielleicht wäre es dort nur fair, ihnen einen Ausweg zu geben, den sie nicht selbst schaffen müssen.

Insofern...

eat the herring!  ~;D
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Crimson King am 27.12.2018 | 13:59
Ich sehe einen Unterschied zwischen "Die Spieler interpretieren ihre unvollständigen Informationen falsch und folgen deshalb einer falschen Spur" und "Die Spielleitung legt absichtlich ausschließlich falsche Fährten aus und hält den Spielern jedwede kritische Information bis zur Auflösung vor". Letzteres ist da wesentlich railroadiger.

Der Rote Hering, wie Vermi ihn beschreibt, ist nicht die Möglichkeit, sich zu irren, sondern die Unmöglichkeit, sich nicht zu irren.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Menthir am 27.12.2018 | 14:12
Der Rote Hering, wie Vermi ihn beschreibt, ist der ihm in dieser speziellen Zubereitung verabscheute Hering. Es gibt aber auch andere Arten, ihn zuzubereiten und dann kann er schmecken.
Nicht mehr, nicht weniger wollte ich ausdrücken. :)

Aber ansonsten ja, wenn es darum geht, nicht einen roten Hering auszulegen, sondern das ganze Spiel in einen zu verwandeln, ist das sicherlich an dem Stilmittel vorbei und über die Grenzen des Stilmittels hinaus. Der rote Hering neigt ja dazu, sehr salzig zu sein, und wie es mit allem Nutzen von zu viel Salz ist, tut es der Speise selten gut.

Wenn die Auflösung nichts mit dem gespielten Plot zu tun hat, ist allerdings zu überlegen, ob nicht die vom Spielleiter oder Autoren verordnete Auflösung der rote Hering ist. Allerdings wäre das in einem gewissen Sinne kein Railroading, weil ich habe ja nicht einmal was von der Schienenfahrt. Es ist dann ja vielmehr eine Form eines multidimensionalen, portalgebundenen "Alle Wege führen nach Rom"  :think:
Das wäre dann aber tatsächlich kaum ein Stilmittel und schon gar kein Handwerk. Da bin ich ganz bei euch.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Maarzan am 27.12.2018 | 14:24
Stimmt, red herring ist eigentlich nicht typische railroading (die Variante kommt ggf. noch bei unbeabsichtigtem Fischfraß vor, wenn der SL zuu geschickt war die tatsächlichen, für "schlaue Spieler" zu finden geplanten Hinweise zu verstecken, welche die Spieler hätten finden müssen, damit es wie geplant weiter geht und das dann gerade gebogen werden musste)

Eher findet man so etwas bei eben "Storytellern", die genau den Romaneffekt nachbauen wollen oder aber passiv-aggressiven "Ich-geb-euch-mal-Sandbox"-SLs, wo die Auflösung dann mit "ihr wolltet ja selbst entscheiden und hättet ja können, wenn ihr euch richtig entschieden hättet" , z.B. mit einem nie erwähnten NSC gesprochen hättet oder unter Gulli 17 von 473 in der Stadt geschaut hättet, kommentiert wird. 
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: JS am 27.12.2018 | 14:51
Wir haben das bei Barnaby mit einigem Mißmut festgestellt. Am Anfang konnten wir noch richtig schön miträtseln und tüfteln, wer aus welchem Grund der Täter oder die Täterin war. Später gab es dann immer mehr Folgen, bei denen wir das nicht mehr konnten, weil uns wichtige Infos fehlten, die der Detektiv plötzlich präsentierte. Das machte uns die Serie zwar nicht kaputt, nahm uns aber einen erheblichen Spaß.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 27.12.2018 | 14:54
Wäre ein Red Hering auch das :?
Der Spielleiter will mit den Spielern eine Detektiv Geschichte spielen. Er hat sich vor dem Spiel aber nur den Mord ausgedacht. Wer wie wo stirbt. Dazu noch das Setting und ein paar NSC. Er legt den Spielern ein paar Hinweise und Köder aus, denen die Spieler folgen. Sie glauben,  sie sind dem Täter auf der Spur. Am Ende aber bestimmt der Spielleiter einfach einen Mörder mit dem sie nie gerechnet haben.
?
Das hat den Effekt." Bor wir sind da von selbst nicht drauf gekommen. Wir sind vermutlich zu dumm dazu gewesen. "
Oder" Wow, da hat sich der Spielleiter aber richtig Mühe gegeben. Und einen echt undurchschaubaren Plot gebaut."
  ~;D

Edit.
Die richtige Antwort wäre gewesen: Nein, Liebe Spieler.
Der Spielleiter hat euch bloß verarscht.
Er hat sich in Wahrheit gar keinen tollen Plot ausgedacht. Und sich nicht mal besonders gut vorbereitet.

Edit. Wie entarne ich sowas als Spieler?
1. Frage den SL nach dem Abenteuer ob du mal seine Unterlagen sehen darfst. Wenn das nie möglich ist, dann darf man schon Verdacht hegen.
2. Frage den Spielleiter welche Hinweise auf den Mörder es wie wann wo gab. Wenn er zu lange überlegt, oder keine Antwort hat,  dann ist was faul.
3. Frage den Spielleiter nach den genauen Zusammenhängen. Welche Motive hatte der Mörder?  Wie passt das in den Zusammenhang. 
Wenn euch die Antwort zu hölzern oder spontan an den Haaren herbei gezogen klingt,  dann Vorsicht.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: YY am 27.12.2018 | 15:03
Irgendwie scheint eine bestimmte Gattung englischer Detektivgeschichten diese Unsitte aber dermaßen etabliert zu haben, dass sie sich einen festen Platz im erzählerischen Repertoire ergaunert hat, und rechtschaffene Leser und Zuschauer immer wieder heimsucht und zur Weißglut treibt.

Schon im zweiten Absatz musste ich an zwei Neuaufgüsse englischer Detektivgeschichten denken.
Genau der Umgang mit dem Thema Red Herring (und damit zusammenhängend der Umgang mit dem Zuschauer) ist nämlich der Hauptgrund, warum ich Elementary ganz gern schaue und Sherlock für einen Riesenhaufen Scheiße halte.

Volle Zustimmung  :d


Wäre ein Red Hering auch das :?

Das ist vor Allem: Der SL hat von den zwei Möglichkeiten, im Rollenspiel eine Detektivgeschichte sinnvoll zu beackern, genau gar keine ausgewählt.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 27.12.2018 | 15:14

Das ist vor Allem: Der SL hat von den zwei Möglichkeiten, im Rollenspiel eine Detektivgeschichte sinnvoll zu beackern, genau gar keine ausgewählt.
Vielleicht ist das so.
Aber in meinem Beispiel werden die Spieler auch absichtlich in die Irre geführt.
Und sind ebenfalls ohne jede Chance von selbst auf die richtige Spur zu kommen.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Lord Verminaard am 27.12.2018 | 15:17
Ja, Barnaby wäre auch ein Beispiel, das mir einfiele, habe davon genau eine Folge geschaut. Ich glaube, meine persönliche erste Begegnung war Agatha Christie. Jüngst begegnete es mir mal wieder bei "Bodyguard" (nicht mit Kevin Kostner, sondern mit Robb Stark). Das Ding ist ja auch, dass die Auflösung dann meistens Banane ist, irgendwas total fernliegendes (damit keiner drauf kommt) und konstruiertes (damit es noch zu den Indizien passt). Meistens ist es ja so, dass jeder der Red Herrings eine bessere Auflösung gewesen wäre, als die tatsächliche Auflösung.

Natürlich mag es sein, dass die Red Herrings, für sich genommen, interessant sind, wie z.B. die ganzen Hintergründe und Geheimnisse in "Die Toten des Winters" (Hârnmaster), das ich dieses Jahr endlich mal spielen durfte. Aber wie viel besser hätte das Abenteuer noch sein können, wenn diese Hintergründe auch tatsächlich irgendwie relevant gewesen wären und man damit irgendwie hätte interagieren können? Die eigentliche Auflösung war mit Abstand das Schwächste an dem Abenteuer.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Grey am 27.12.2018 | 15:26
wtf?

Mir scheint, wir haben sehr unterschiedliche Defnitionen von Red Herrings ...

Für mich ist der Red Herring einfach nur das Synonym für eine falsche Fährte. Bislang war mir keine Definition bekannt, derzufolge er mit der völligen Abwesenheit von Hinweisen auf richtige Fährten einhergehen muss.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 27.12.2018 | 15:29
Habe über Weihnachten den Alten Schinken "Pakt der Wölfe"
gesehen(mit Monica Bellucci, Vincent Cassel). Da gibt es auch Überraschungen. Aber man hat sich auch getraut Hinweise zu geben,  die später nicht umsonst waren.
@
Grey
Ok, das verändert die Lage natürlich.
Falsche Fährten sind für mich auch Ok, solange es auch richtige gibt,  die man finden kann.
In einem Labyrinth gibt es auch verschiedene Wege, von denen nur einer ans Ziel führt .
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: YY am 27.12.2018 | 15:32
Bislang war mir keine Definition bekannt, derzufolge er mit der völligen Abwesenheit von Hinweisen auf richtige Fährten einhergehen muss.

Als "harte" Definition findet sich das so nicht, aber speziell im erzählerischen Bereich funktioniert das Ding natürlich noch besser (https://www.youtube.com/watch?v=y-GIXHbulqI), wenn man völlig auf zielführende Hinweise verzichtet. In anderen Kontexten ist das nicht so ausgeprägt bzw. widerspricht sogar dem jeweiligen Zweck (z.B. Aufgabenerschwernis bei Prüfungen).
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: rillenmanni am 27.12.2018 | 15:39
Schlecht: Der SL verbaut den Spielern mittels RH so lange das Weiterkommen / die Lösung des Abenteuers, bis ein ihm genehmer Zeitpunkt erreicht ist. Tatsächlich steht dies als konkreter SL-Tipp in einigen Abenteuern.

Gut: Es gibt neben den zielführenden Spuren auch solche, die sich früher oder später als irrelevant im Sinne der Auflösung entpuppen.

"Die Unmöglichkeit, sich nicht zu irren" von Crimson King fasst das Problem mE am besten zusammen. Ich habe in diesem Forum schon darüber gelesen, dass manche Spieler RH rundheraus ablehnen, selbst wenn es möglich ist, sich nicht zu irren, weil das doch nur Ballast sei oder aus welchen vergessenen Gründen auch immer verwerflich. Ich sehe das nicht so eng.

Was da nun in der Literatur passiert, ist mir in "Pen & Paper - Allgemein" ja so etwas von egal! :)
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Pyromancer am 27.12.2018 | 15:41
wtf?

Mir scheint, wir haben sehr unterschiedliche Defnitionen von Red Herrings ...

Für mich ist der Red Herring einfach nur das Synonym für eine falsche Fährte. Bislang war mir keine Definition bekannt, derzufolge er mit der völligen Abwesenheit von Hinweisen auf richtige Fährten einhergehen muss.

Im Rollenspielkontext ist es ein Unterschied, ob die SL - leidlich neutral - die Hinweise präsentiert,  oder ob sie es forciert, dass die Gruppe erst einmal die falschen Hinweise verfolgt. Letzteres ist schlechter Stil.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: General Kong am 27.12.2018 | 15:42
Ich musste auch nochmals nachschlagen - tatsächlich meint "red herring" nur so etwas wie "Finte" oder "falsche Spur".

Daran ist an und für sich in Abenteuern nichts verwerfliches, sofern
a) man es mit den falschen Spuren nicht übertreibt (immer und überall öffnen sich neue Optionen)
b) man die Finte oder falsche Spur anbietet neben anderen (korrekten) Lösungswegen, die Spieler also realistische Chancen haben, andere Spuren zu verfolgen bzw. zu erkennen, dass sie auf dem Holzweg sind.

Nur eine Spur anzubieten bzw. nur die falsche Spur mit Indizien zu füttern und die eigentlich zielführenden Wege alle zuzuschütten, ist unredlich - als SL und als Autor.

Und sollte mit Stockschlägen auf die nackten Fußsohlen nicht unter 20 Hieben bestraft werden (40 im Wiederholungsfalle)!
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 27.12.2018 | 15:44
Schlecht: Der SL verbaut den Spielern mittels RH so lange das Weiterkommen / die Lösung des Abenteuers, bis ein ihm genehmer Zeitpunkt erreicht ist. Tatsächlich steht dies als konkreter SL-Tipp in einigen Abenteuern.
Ja eben.
Insofern ist das Hobby Rollenspiel der Literatur da an manchen Stellen auch nicht so fern. Leider.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: nobody@home am 27.12.2018 | 15:49
wtf?

Mir scheint, wir haben sehr unterschiedliche Defnitionen von Red Herrings ...

Für mich ist der Red Herring einfach nur das Synonym für eine falsche Fährte. Bislang war mir keine Definition bekannt, derzufolge er mit der völligen Abwesenheit von Hinweisen auf richtige Fährten einhergehen muss.

Geht mir genauso und scheint auch die außerhalb von gewissen Tanelornkreisen gängige Definition zu sein. Grundsätzlich ist also daran erst mal nichts Verwerfliches, sondern es ist einfach nur ein Stilmittel -- nicht anders als beispielsweise die Praxis, wichtige Hinweise an bestimmten Orten im Abenteuer zu verstecken, die die Spieler dann bitteschön erst mal finden sollen. Beides will mit etwas Fingerspitzengefühl dosiert sein, damit es nicht in Spaßverderben ausartet.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: 1of3 am 27.12.2018 | 15:50
Kann mir mal jemand ein Beispiel aus einer tatsächlichen Runde(*) geben, wo so etwas vorgekommen ist? Hier wird so auf Bücher und TV verwiesen, aber darum geht's ja eigentlich nicht. Scheint mir jetzt also kein  so gravierendes Problem zu sein.

(*) Wers zurück übersetzen kann, bekommt 0,47 Gute-Alte-Zeit-Punkte.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Lord Verminaard am 27.12.2018 | 15:55
@Grey: Na ich habe ja gesagt, worum es mir geht, möchte mich mit Spitzfindigkeiten der Definition nicht wirklich aufhalten, wenn ich rante. ;) Allerdings ist das Fehlen von Hinweisen nur das eklatanteste Problem an dem Konstrukt. Ganz grundsätzlich sind solche falschen Fährten doch immer total konstruiert, durch irgend einen total seltsamen Zufall gibt es irgendwelche Indizien, die zum Fall zu passen scheinen, aber am Ende überhaupt nichts damit zu tun haben, oder am Besten gleich mehrere davon, und der einzige erzählerische Zweck ist es, den Ermittler zu beschäftigen, bis er über die echte Lösung stolpert. Viel interessanter und glaubwürdiger ist es doch, wenn die Ereignisse und Personen tatsächlich irgendwie zusammenhängen, nur die Zusammenhänge am Anfang noch nicht klar ist, wenn Leute lügen oder etwas verbergen, weil sie Gründe dazu haben, etc. Und am Ende wird dann das ganze Puzzle zusammen gesetzt. Und alles, was der Ermittler in der Zwischenzeit getan hat, hat letztlich dazu beigetragen, den Fall zu lösen. Das ist dann gerade im Rollenspiel auch viel befriedigender, als wenn man der falschen Fährte nachläuft und sich das auch genauso gut hätte sparen können. Ob man da nun anfangs einen subtilen Hinweis übersehen hat oder nicht, ist eigentlich nachrangig. Das ist doch sogar ERST RECHT lose/lose, entweder die Spieler entdecken den subtilen Hinweis nicht und verschwenden ihre Zeit, oder sie entdecken ihn und lassen die falsche Fährte links liegen, dann hat der SL bei der Vorbereitung seine Zeit verschwendet.

Nein, nein, es gibt keine guten und schlechten roten Heringe, es gibt nur schlechte. Keine Gefangenen, tötet sie alle! ;D
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: KhornedBeef am 27.12.2018 | 16:01
Und ich sage, "total konstruierte" falsche Fährten sind halt schlecht (oder meinetwegen schlechter). Natürlich darf sich der Rant auch über Randerscheinungen aufregen, und vielleicht wird ja auch überwiegend gepfuscht, aber hier im Tanelorn geht es ja bekanntlich um die reine Lehre und wir leiten alle mit der güldenen Hand :)
Ich schätze wir kommen da nicht weiter. Aber unterhaltsam ist die Diskussion!
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: YY am 27.12.2018 | 16:02
Kann mir mal jemand ein Beispiel aus einer tatsächlichen Runde(*) geben, wo so etwas vorgekommen ist?

Es gibt ein DSA-Detektivabenteuer, dessen Namen ich natürlich vergessen habe, in dem das absolute Handlungsmaxime für den SL ist.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Das hat unser SL damals brav by the book geleitet und entsprechend geflasht waren wir bei der (immerhin selbst erspielten) Auflösung. Nicht.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 27.12.2018 | 16:04
Hm,  also mehrere Verdächtige finde ich schon cool. Dann kommt halt das Ausschluß Prinzip zum Tragen.
Das ist ansich schon eine klassische Vorgehensweise.
A la... Alle hatten ein Motiv aber wer war es wirklich?  ;D
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Pyromancer am 27.12.2018 | 16:04
Kann mir mal jemand ein Beispiel aus einer tatsächlichen Runde(*) geben, wo so etwas vorgekommen ist? Hier wird so auf Bücher und TV verwiesen, aber darum geht's ja eigentlich nicht. Scheint mir jetzt also kein  so gravierendes Problem zu sein.

Ich hab so einen SL, bei dem es bei Ermittlungsabenteuern die Tendenz gibt, dass erst einmal jede Spur ins Leere läuft, und erst im zweiten Drittel "echte" Hinwrise auftauchen - wenn überhaupt.
Und als SL-Hinweis hab ich das auch schon in Kaufabenteuern gelesen, wahrscheinlich für Midgard.

Das gibts also wirklich.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: First Orko am 27.12.2018 | 16:12
@Beispiele:
Faktisch jedes DSA-Detektivabenteuer [das ich noch zu DSA3-4 Zeiten gespielt habe]. Keine Ahnung ob die mittlerweile dazu gelernt haben.

Aber abseits davon ist mir das noch nie begegnet. Die SLs die ich so kenne (mich eingeschlossen) sind ja froh, wenn die Spieler überhaupt schonmal die _richtigen_ Hinweise finden und deuten! Die meisten Gruppe malen sich ihre Heringe doch eh schon sehr kompetent selbst rot an  >;D ;D
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Grey am 27.12.2018 | 16:15
Viel interessanter und glaubwürdiger ist es doch, wenn die Ereignisse und Personen tatsächlich irgendwie zusammenhängen, nur die Zusammenhänge am Anfang noch nicht klar ist, wenn Leute lügen oder etwas verbergen, weil sie Gründe dazu haben, etc.
Ehrlich gesagt: Ich kenne es nur so. :think: Von sämtlichen SL, bei denen ich je längere Zeit gespielt habe und auch von meinen Schreibkollegen als Autor. Ich krame gerade in meinem Gedächtnis nach Sitzungen, in denen ein solcher Red Herring unter völligem Ausschluss zielführender Spuren vorgekommen wäre; aber alle überraschenden Wendungen, die mir einfallen, waren von der Sorte: "Sch...!, darauf hätten wir auch eher kommen können!" (OK, bei einem SL gab es gefühlt nur Red Herrings und überhaupt keine zielführenden Spuren; aber bei dem habe ich nach der ersten Proberunde auch nie wieder gespielt.)

Anscheinend treibe ich mich mit den falschen Leuten rum. ~;D

Die SLs die ich so kenne (mich eingeschlossen) sind ja froh, wenn die Spieler überhaupt schonmal die _richtigen_ Hinweise finden und deuten! Die meisten Gruppe malen sich ihre Heringe doch eh schon sehr kompetent selbst rot an  >;D ;D
;D Yup, genau so kenne ich es auch als Regelfall. :d
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 27.12.2018 | 16:17
Ich hab so einen SL, bei dem es bei Ermittlungsabenteuern die Tendenz gibt, dass erst einmal jede Spur ins Leere läuft, und erst im zweiten Drittel "echte" Hinwrise auftauchen - wenn überhaupt.
Und als SL-Hinweis hab ich das auch schon in Kaufabenteuern gelesen, wahrscheinlich für Midgard.
Echt? Hab ich bei M. dazu noch nix gelesen.
Vielleicht fällt dir das System. Bzw. Abenteuer ja noch ein.  :)

Hinweise hinaus zögern,  bzw. Verdacht später erst verdichten,  ist mMn. aber etwas anderes als richtige Hinweise gar nicht geben.
Ersteres dient wenn dann dazu die Spannung schrittweise zu erhöhen,  und den Ablauf wie in einem Film zu strukturieren.
Es geht dann darum der richtigen Lösung näher zu kommen.
Nicht darum sie erst ganz am Ende völlig überraschend
zu erfahren, nachdem man die ganze Zeit auf eine völlig falsche gelockt wurde.
Da würde ich schon differenzieren wollen.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Antariuk am 27.12.2018 | 16:32
Schön, dass hier wieder Rants zu lesen sind :d

Den Red Herring habe ich so wie hier beschrie(be)n allerdings noch nie erlebt, immer nur unfreiwillig weil der SL - oder die Abenteuerautoren - andere Lösungen als die Spieler im Sinn hatten, als sie die Hinweise verstreut haben. Eine gewisse Bandbreite gibt es dabei ja immer, aber manchmal fahren Autoren gefühlt ja auf ganz anderen Sphären herum. Ob man jetzt immer willens und in der Lage sein kann, superflexibel auf den Input der Spielerschaft zu reagieren, wenn klar wird dass die laufende Ermittlung ins Abseits driftet, ist eine gute Frage, aber das ist dann ja auch alles kein absichtlich gewollter Red Herring.

Und natürlich will man als SL ja auch etwas Drama, dass nicht jeder Hinweis direkt sofort zum Täter führt, aber warum sollte man denn seine Spieler absichtlich auf den Holzweg führen? Das ist dann doch nichts weiter als reine Beschäftigungstherapie, da fallen mir aber echt bessere Sachen ein die man in die Runde werfen kann wenn man Zeit schinden will...

Ich hab so einen SL, bei dem es bei Ermittlungsabenteuern die Tendenz gibt, dass erst einmal jede Spur ins Leere läuft, und erst im zweiten Drittel "echte" Hinweise auftauchen - wenn überhaupt.
Und als SL-Hinweis hab ich das auch schon in Kaufabenteuern gelesen, wahrscheinlich für Midgard.

Das gibts also wirklich.

Gruselig... hätte ich nicht gedacht :o

 
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 27.12.2018 | 16:50
Schön, dass hier wieder Rants zu lesen sind :d

Den Red Herring habe ich so wie hier beschrie(be)n allerdings noch nie erlebt, immer nur unfreiwillig weil der SL - oder die Abenteuerautoren - andere Lösungen als die Spieler im Sinn hatten, als sie die Hinweise verstreut haben. Eine gewisse Bandbreite gibt es dabei ja immer, aber manchmal fahren Autoren gefühlt ja auf ganz anderen Sphären herum. Ob man jetzt immer willens und in der Lage sein kann, superflexibel auf den Input der Spielerschaft zu reagieren, wenn klar wird dass die laufende Ermittlung ins Abseits driftet, ist eine gute Frage, aber das ist dann ja auch alles kein absichtlich gewollter Red Herring.

Und natürlich will man als SL ja auch etwas Drama, dass nicht jeder Hinweis direkt sofort zum Täter führt, aber warum sollte man denn seine Spieler absichtlich auf den Holzweg führen? Das ist dann doch nichts weiter als reine Beschäftigungstherapie
Ich glaube einer der prominentesten falschen Verdächtigen ist "Severus Snape"  aus Harry Potter.
Der sorgt auch ziemlich lange für Beschäftigung.  ~;D
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Feuersänger am 27.12.2018 | 17:02
Kann mir mal jemand ein Beispiel aus einer tatsächlichen Runde(*) geben, wo so etwas vorgekommen ist? Hier wird so auf Bücher und TV verwiesen, aber darum geht's ja eigentlich nicht. Scheint mir jetzt also kein  so gravierendes Problem zu sein.

Ein Beispiel das mir spontan einfällt, ist zugegeben schon länger (über 10 Jahre) her, D&D Kaufabenteuer (weiß aber den Titel nicht).
Wir kamen an einem kleinen Dorf mitten im Wald vorbei. Auf dem Weg wurden wir Zeuge einer Szene, wo eine Familie mit einem Karren offenbar fluchtartig das Dorf verlassen wollte, aber von einem geisterhaften Reiter verfolgt, gestellt und niedergemetzelt wurde. Wir konnten vielleicht auch den Geisterreiter vertreiben, aber jedenfalls nicht vernichten.
Die Dorfbewohner klagten uns ihr Leid dass das jetzt schon die ganze Zeit so gehe, und niemand das Dorf verlassen könne, und sie hier quasi im Belagerungszustand wären und ausgehungert würden. Lediglich die Anwesenheit eines reisenden Barden konnte bisher schlimmeres verhindern.
Wir nahmen uns dementsprechend der Aufgabe an, diesen Zustand zu beenden, den Geisterreiter unschädlich zu machen und den Dörflern zu helfen.

Naja, langer Rede kurzer Sinn:
In Wahrheit waren die Dörfler gar keine Menschen sondern letzten Endes irgendwelche Dämonendiener, und der Geisterreiter war nicht der Bösewicht sondern ein Paladin und hinderte diese Dämonen daran, sich in der Welt zu verteilen. Das erfuhren wir freilich erst, nachdem wir den Geist "erlöst" hatten und somit niemand mehr die Dörfler aufhalten konnte. Achja, und der Barde war in Wahrheit der Oberdämon, der die ganzen Dörfler durch seine Diener ersetzt hatte.
Meines Erachtens gab es keine Möglichkeit, _nicht_ dem falschen, naheliegenden Eindruck auf den Leim zu gehen. Jedenfalls nicht so wie unser SL das geleitet hat. Im Printmodul mag es allerdings Möglichkeiten gegeben haben. So aber war es ein astreiner Red Herring.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: 6 am 27.12.2018 | 17:07
Ah. Jigsaw Puzzles im Rollenspiel. Da bin ich normalerweise raus. Das lass ich die Mitspieler machen. Nur wenn die Mitspieler aus diversen Gründen nicht in die Poette kommen, fange ich dann leicht genervt mitzupuzzlen. Und diese Gründe (zu viele fehlende Puzzleteile, insgesamt zu wenige Puzzleteile, insgesamt zu viel Puzzleteile, SL gibt ein Puzzle obwohl die Gruppe eigentlich was anderes spielt usw.) sind für mich wesentlich nerviger als falsche zusammenhängende Puzzleteile ..
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Antariuk am 27.12.2018 | 17:13
Ein Beispiel das mir spontan einfällt, ist zugegeben schon länger (über 10 Jahre) her, D&D Kaufabenteuer (weiß aber den Titel nicht). [...]

Das klingt stark nach The Standing Stone (https://en.wikipedia.org/wiki/The_Standing_Stone).

Meines Erachtens gab es keine Möglichkeit, _nicht_ dem falschen, naheliegenden Eindruck auf den Leim zu gehen. Jedenfalls nicht so wie unser SL das geleitet hat. Im Printmodul mag es allerdings Möglichkeiten gegeben haben. So aber war es ein astreiner Red Herring.

Jetzt muss ich das mal rauskramen und lesen, weil so schlimm hab ich das gar nicht in Erinnerung? :think:
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Pyromancer am 27.12.2018 | 17:36
Das ist halt eine klassische Zeitschinder-Taktik, damit das Abenteuer auch ja nicht zu früh gelöst wird.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 27.12.2018 | 17:50
Ja, ist es.
Aber das ist ja idR. auch im Interesse der Spieler, Leser oder Zuschauer.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Xemides am 27.12.2018 | 18:45
Ich meine mich an Cthulhu-Abenteuer zu erinnern, in denen Red Herrings gerne mal auftauchten. Allerdings liefen die nicht immer ins Leere, sondern führen durchaus auch zu interessanten Nebenschauplätzen und Abenteuern.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Boba Fett am 27.12.2018 | 18:45
Kann mir mal jemand ein Beispiel aus einer tatsächlichen Runde(*) geben, wo so etwas vorgekommen ist? Hier wird so auf Bücher und TV verwiesen, aber darum geht's ja eigentlich nicht. Scheint mir jetzt also kein  so gravierendes Problem zu sein.

Das DSA5 Abenteuer „Offenbarung des Himmels“ ist so konzipiert.
Es gibt einen „Ermittlungsauftrag“, verschiedenen sehr verdächtige NSCs, die allesamt Motiv und Gelegenheit gehabt hätten, diverse falsche Fährten, die Hinweise auf diese potentiellen Täter geben. Am Schluß verläuft alles im Sande und die Gruppe wird auf eine Fährte zum Showdown gezogen („gelockt“ kann man nicht mehr sagen) und stößt dort auf den tatsächlichen Täter. Und das ist eine Person, auf die man niemals im Verlauf gekommen wäre und alle Möglichkeiten darauf zu stoßen (und davon müsste es eigentlich reichlich geben) werden Deus Ex verhindert.
Dann kommt es zum Showdown mit Endkampf unter Zeitdruck und Abspann.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Aedin Madasohn am 27.12.2018 | 19:14

Dann kommt es zum "Abgabetermin beim Verlag"  Zeitdruck und Abspann.

ich würde diesen Faktor mal nicht unterschätzen. Tausend gute Ideen im Kopf, wild (unstrukturiert) angefangen niederzuschreiben und plötzlich kommt die Terminkeule bzw. die Textbegrenzungskeule und wie geht es aus?

das wirre-geniale-inspirierte Zeug wird schnell zum roten Herring eingelegt und "der Plot" aus dem Expose dann schnell in einem Finale-Kapitel mit tataa-Effekt und MarrySue-Autoren-Pet-erklärt-es-euch runtergeschrieben.
da Papier ja bekanntlich nicht rot werden kann, noch ein kurzes "willkommen in der Sandbox" und ein schnodriges "erfahrene Meister kriegen hin, dass..." und schon hat der Verlag ein "Verkaufsfertiges Machwerk".

warum ein funktionierendes System ändern?

damit Gelegenheits-Autoren mit drei Cent pro Wort den Broken "stimmige, aufeinander aufbauende Details in einem Detektiv-Plot" dann auf halben Wege erwartbar überfordert (denn ihren Lebensunterhalt müssen die Autoren ja auch erwirtschaften und das schlaucht ja) hinschmeißen und der Verlag nichts zu Drucken hat?

bedeutet für uns Konsumenten halt, dass gute Abenteuer(hilfen) selten sind bzw. hausgemacht veredelt werden müssen
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Boba Fett am 27.12.2018 | 19:19
Aedin: welche Faktoren dazu führen, wie gut ein Produkt wird, wird hoffentlich die am Schaffungsprozess beteiligten interessieren. Mich als Konsumenten, der keine Interna kennt, interessiert nur, was ich für mein Geld bekomme.
Denn was hilft es mir, daß der Autor preisverdächtige Ideen hatte, wenn sie nicht umgesetzt wurden?
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: nobody@home am 27.12.2018 | 19:42
Das DSA5 Abenteuer „Offenbarung des Himmels“ ist so konzipiert.
Es gibt einen „Ermittlungsauftrag“, verschiedenen sehr verdächtige NSCs, die allesamt Motiv und Gelegenheit gehabt hätten, diverse falsche Fährten, die Hinweise auf diese potentiellen Täter geben. Am Schluß verläuft alles im Sande und die Gruppe wird auf eine Fährte zum Showdown gezogen („gelockt“ kann man nicht mehr sagen) und stößt dort auf den tatsächlichen Täter. Und das ist eine Person, auf die man niemals im Verlauf gekommen wäre und alle Möglichkeiten darauf zu stoßen (und davon müsste es eigentlich reichlich geben) werden Deus Ex verhindert.
Dann kommt es zum Showdown mit Endkampf unter Zeitdruck und Abspann.

Ich denke, da sieht man den Unterschied zwischen einer falschen Fährte einer- und einem Deus ex Machina andererseits recht gut. Wenn ich mehrere Verdächtige habe, von denen einer oder zwei erst mal als besonders verdächtig herausgestellt werden, während andere weniger belastet oder gar Alibis zu haben scheinen, und der eigentliche Täter am Ende unter den letzteren zu finden ist oder gewesen wäre (man kann ja auch mal den Falschen erwischen), dann sind die Extraverdächtigen "rote Heringe" (natürlich sollten sich dann der Fairneß halber auch beizeiten ein paar Hinweise darauf finden lassen); wenn in einer vergleichbaren Situation der Täter dagegen nicht mal unter den ursprünglichen Verdächtigen und am besten bisher noch überhaupt nicht erwähnt worden ist, nur um dann am Ende "überraschend" aus dem Hut gezaubert zu werden, dann ist das schlicht und ergreifend ein DeM reinsten Wassers.

Ersteres ist etwas, das ich in entsprechenden Ermittlungsszenarien durchaus mit erwarte, weil man einfach nie sicher sein kann, daß schon die allererste aufgenommene Spur automatisch bereits die richtige ist. Letzteres ist Beschiß am Spieler. Und darin liegt denn auch der Unterschied. ;)
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Aedin Madasohn am 27.12.2018 | 19:50
hallo Boba

wenn sie nicht umgesetzt wurden?

das ist der springende Punkt für mich. was ich beschrieben habe, sehe ich als strukturelle Schwäche (die zu ungenießbar isolierten roten Herringen führt)
bei den Abenteuer Büchern.
 
ich habe länger DSA RSHen, blaue Bände und Boten gekauft als die Abenteuer dahinter.
Wenn ich was mit gekauften Abenteuern gemacht habe, dann nur als Steinbruch. 

was ich für mein Geld bekomme

zur Zeit bekomme ich von keinem Verlag meinen Geschmack bedient  :'( ob Railroading oder verloren im roten Heringssalat - halt nicht mein Ding und ich muss auf meinem Geld sitzen bleiben
   
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Boba Fett am 27.12.2018 | 20:08
Ich versuche nicht zu spoilern, deswegen gehe ich nicht in Details.

Zur Klarstellung: die Figur, die sich am Ende als Täter entpuppt, ist die ganze ziet präsent und bekannt.
Das Abenteuer spielt in einem kleinem Dorf, in dem jeder jeden kennt.
Der Personenkreis ist überschaubar...
Da wird also niemand am Ende aus dem Hut gezaubert...

Allerdings gibt es keine Hinweise, dass diese Person irgendwas mit dem Fall (es geht um Diebstahl) zu tun hat.
Ich sage jetzt einfach mal so: das Abenteuer gestaltet hypothetisch ungefähr sich so, als wären die Helden in einer kleinen Ortschaft in einer Herberge untergekommen und würden im Ort gebeten einen Diebstahl aufzuklären. Im Ort und drum herum gibt es ein halbes Dutzend Leute auf deren Täterschaft die Hinweise deuten - keiner davon ist der Täter. Am Ende gibt es, damit es dramatisch wird, einen Mord und die Fußspuren führen zu einem Versteck und dort entpuppt sich der Wirt der Herberge, der bis auf Zimmer vermieten und Bier ausschenken keine Beteiligung hatte, auf den nicht einmal der kleinste Hinweis eine Mittäterschaft aufzeigte und der kein irgendwie wahrnehmbares Motiv hatte als Täter und Oberbösewicht.   ...wie gesagt: hypotetisch, weil ich nicht spoilern möchte. Aber die Abenteuersituation ist proportional.

Was mich ärgert, ist die Tatsache, dass das das allererste DSA5 Kaufabenteuer und damit auch ein bisschen Aushängeschild des neuen Weges, den Ulisses mit der neuen Versiom darstellte.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Maarzan am 27.12.2018 | 20:33
Was eien Gemeinsamkeit mit Railroading ist, ist dass man erst einmal glaubt, alles wäre in Ordnung, dann dass es wohl eine befriedigende Erklärung gibt und folgend eine lange Zeit zunehmend quälender Zweifel, ob man jetzt Depp ist oder zum Depp gemacht wird. 
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Vasant am 27.12.2018 | 21:04
Zu roten Heringen allgemein:
Prinzipiell kann ich dir da nur zustimmen, Vermi, nur bei Agatha Christie muss ich als angehender Fanboy (hoffentlich zumindest nebenher im Sinne des Threads) ein bisschen dagegenhalten: Was mich an den Büchern total erfreut, ist die Art, dass es eben keine aus dem Hut gezauberten Täter gibt und die Hauptfigur die Hinweise mit dem Leser teilt, sodass man fröhlich mitraten kann. Und wenn man danebenliegt, dann normalerweise mit der Hauptfigur, die dann weitere Hinweise findet und eben neue Spuren entdeckt.
Dass ich üblicherweise trotzdem nicht sofort auf die Lösung komme, ist natürlich Teil der Spannung – sonst fänd ich's langweilig. Aber dass man bei der Auflösung alle Hinweise in der Hand hatte und so selbst drauf gekommen sein könnte, ist mir da schon wichtig. Und das erwarte ich dann eben auch vom Rollenspiel.
Sherlock Holmes (nicht mal die Remakes) scheint da ganz anders zu arbeiten und somit auch andere Geschmäcker zu bedienen. Soll auch Leute geben, die Kaufabenteuer spielen, wo die NSCs alles Entscheidende tun, das geht für mich in eine ähnliche Richtung.

Zu roten Heringen im Rollenspiel:
Da kann ich Orko erstmal nur voll zustimmen...
Aber abseits davon ist mir das noch nie begegnet. Die SLs die ich so kenne (mich eingeschlossen) sind ja froh, wenn die Spieler überhaupt schonmal die _richtigen_ Hinweise finden und deuten! Die meisten Gruppe malen sich ihre Heringe doch eh schon sehr kompetent selbst rot an  >;D ;D
Wenn ich irgendwas mit Ermittlungen leite, könnte ich mich eigentlich darauf verlassen, dass die Spieler konsequent Spuren verfolgen, die abwegig sind oder sogar nach Aussage der Spieler selbst keinen Sinn ergeben. Das ist vermutlich Prägung aus anderen Medien (jaja, vermutlich auch gepaart mit schlechter Spielleitung, die die Spieler nicht solange mit den entscheidenden Hinweisen verprügelt, bis sie endlich die richtige Spur verfolgen), jedenfalls sehe ich nun wirklich nicht, warum man so etwas absichtlich und grundsätzlich in Ermittlungsabenteuer einbauen sollte. Es sei denn, eben, zum Zeit schinden und Ausstopfen eines zu kurzen oder anderweitig ungenügenden Abenteuers.
Dass man sich den offensichtlichsten Verdächtigen zuerst schnappt und dann so lange Hinweise sucht und prüft bis der Verdächtige entweder zweifelsfrei schuldig ist oder man andere Verdächtige findet, ist ja standard und noch kein roter Hering... oder?  :)
Ich habe keine große Erfahrung mit Kauf-/Fertigabenteuern, möchte aber mal lobend "Case File: Neutral Grounds" vom Dresden Files RPG erwähnen, weil ich das mal auf die Schnelle geleitet hab. Da gibt es auch etwas, das als roter Hering benutzt werden kann (jedenfalls nennt der Autor es ausdrücklich "Red Herring"). Herr Valentine lässt dem Spielleiter dabei aber freie Hand, den roten Hering und den richtigen Verdächtigen zu tauschen oder irgendwie zu kombinieren, vorausgesetzt, er kümmert sich darum, die dadurch entstehenden offenen Fragen vorher zu klären: Welche Motivation hat denn Herr oder Frau Hering? Warum sieht es denn erst so aus, als könne der Hering es doch nicht sein? Alle Tips und Anregungen vom Autor führen dann in die Richtung, dass – egal, wer es denn nun wirklich war – die Ermittlungen weiter vorankommen, weil man dadurch wichtige Hinweise findet und sich nicht in eine Zeit fressende Sackgasse hineinermittelt. Das ist meiner Meinung nach auch eine (oder vielleicht sogar die einzige) gute Herangehensweise, so etwas überhaupt in einem Abenteuer unterzubringen, deiner Definition nach hingegen einfach gar kein Hering.  ;D
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Lord Verminaard am 27.12.2018 | 21:12
@ Agatha Christie: Was ich damals gelesen hatte, war "Towards Zero". Erinnere mich nicht mehr konkret aber es war unfassbar konstruiert und unmöglich, vorher drauf zu kommen, und es wurde auch nur durch reines Glück die Lösung entdeckt.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 27.12.2018 | 21:45
Bei Cthulhu kommen häufiger Rote Heringe vor.

Das sind schlicht Sackgassen (Nebenschauplätze), die zwar einen Plot bedienen, aber nicht zur Lösung des Hauptplots beitragen.

Prinzipiell dienen sie zur Verwirrung der Spieler und zur Verbreiterung des Szenarios.

Wenn einer von drei Verdächtigen der Täter ist, dann sind alle Spuren, die zu den zwei anderen Verdächtigen führen, logischerweise Rote Heringe.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 27.12.2018 | 22:06
Ich finde die Berichte von Gruppen, die sich selbst Rote Herringe suchen zgg. faszinierend.
Meine Spieler gehen da idR. sehr gezielt vor,  haben einen unheimlich guten Riecher,  und nehmen NSC regelrecht auseinander, wenn es sein muss.
Ohne den ein oder anderen zusätzlichen Verdächtigen könnte ich mir Detektiv Abenteuer komplett sparen.
Von daher kann ich gar nichts dagegen haben, und solange es die richtige Spur noch gibt, wäre es für mich als Spieler auch OK.
Edit.
Meine NSC werden z. B.  notfalls absichtlich provoziert, in Fallen gelockt, verführt, betrunken gemacht usw.
 Kurz -alles was nötig ist, um ihnen auf den Zahn zu fühlen.
Wenn es jetzt nur einen Verdächtigen, nur noch eine Spur gäbe, dann könnte ich einfach nur noch einpacken.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Irian am 27.12.2018 | 22:12
Bzgl. Detektiv-Geschichten fallen mir da die 10 Commandments von Ronald Knox ein, der schon 1920-irgendwas Regeln aufgestellt hat, wie eine gute Detektivgeschichte zu sein habe, eben um solche Geschichten, die am Ende "überraschend" aufgelöst werden, auszuschließen (wobei ich die Regel mit dem Chinesen nicht kapiere, da fehlt mir wohl Kontext). Das bedeutet nicht, dass man solche Geschichten nicht schreiben dürfte, aber es fällt dann halt nicht in das klassische "Der Leser rätselt mit" Detektiv-Geschichten-Genre. Ich bin sicher, jede der Regeln wurde schon in einer wirklich tollen Geschichte gebrochen, aber sehr wahrscheinlich sind die Geschichten dann halt aus anderen Gründen toll und nicht weil der Leser so toll miträtseln kann.
Auf die Spitze parodiert wird das Ganze in "Murder by Death".

Im Rollenspiel halte ich das ganze natürlich für gefährlich. Ich habe es, gerade im LARP, extrem oft erlebt, dass Spieler sich falsche Spuren aus dem Hintern gezogen haben und denen dann tagelang nachgerannt sind. Hätte die Spielleitung da selber noch rote Heringe verteilt, meine Güte, das wäre nur noch mehr Chaos geworden. Aber klar, im Pen&Paper könnte man da als Spielleiter leichter lenkend eingreifen, trotzdem würde ich wohl dazu tendieren, das im Spiel - falls es ein "Herausfinde-Plot" sein soll - weniger chaotisch zu handeln als es in der Realität wohl wäre. Mal eine falsche Spur, die nirgendwohin führt oder durch andere Spuren eben also solche erkannt werden kann, ok, aber nicht dutzende von Möglichkeiten die sich erstmal kaum unterscheiden in ihrer Wahrscheinlichkeit.

Die Charaktere ohne Chance absichtlich erstmal ein halbes Abenteuer lang ne falsche Fährte jagen lassen nur um ihnen dann die Lösung vorzusetzen, klar, das dürfte die meisten eher frustieren und würde ich in aller Regel lassen, zumindest nicht geplanterweise. Je nach Runde und Spielern würde ich halt früher oder später eingreifen, wenn die Spieler das von sich aus machen - aber natürlich müssen die Spieler ggf. mit den Konsequenzen leben (je nachdem, ob ich die Schuld nun eher bei mir - dank schlechter Erklärung o.ä. - sehe oder doch eher bei den Spielern).
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 27.12.2018 | 22:24
wobei ich die Regel mit dem Chinesen nicht kapiere
Das bezieht sich auf die Detektiv Geschichten um Charlie Chan.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Lord Verminaard am 27.12.2018 | 22:48
Wenn einer von drei Verdächtigen der Täter ist, dann sind alle Spuren, die zu den zwei anderen Verdächtigen führen, logischerweise Rote Heringe.

Nur, wenn sie ins Leere laufen. Nicht, wenn sie verbunden sind und also auch die Ermittlungen bei den anderen beiden Verdächtigen Informationen zutage fördern, die für die Lösung des Falls relevant sind.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Lord Verminaard am 27.12.2018 | 22:59
Bzgl. Detektiv-Geschichten fallen mir da die 10 Commandments von Ronald Knox ein, der schon 1920-irgendwas Regeln aufgestellt hat, wie eine gute Detektivgeschichte zu sein habe, eben um solche Geschichten, die am Ende "überraschend" aufgelöst werden, auszuschließen

Naja, diese Regeln stammen ja gerade aus dem Golden Age, da geht es ja gerade um das klassische englische Whodunnit mit all seinen Red Herrings. Tante Wiki sagt dazu: "The majority of novels of that era were "whodunits", and several authors excelled, after misleading their readers successfully, in revealing the least likely suspect convincingly as the villain." Knox spricht von genau diesen fernliegenden und konstruierten Auflösungen, er beschäftigt sich allein mit der Frage, wie man sie (in seinen Augen) gut konstruiert, wie man also, mit anderen Worten, den Leser so aufs Glatteis führt, dass dieser sich darüber vermeintlich hinterher nicht beklagen kann. Ja okay, ich nehme zur Kenntnis, dass dieses Genre bis heute seine Fans hat. Mir komplett schleierhaft, daher ja auch dieser Rant. "Herr Ober, da ist ein Red Herring in meinem Netflix!!" ;D
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Ein Dämon auf Abwegen am 27.12.2018 | 23:04
Ich bin eh mittlerweile der Meinung das Detektiv-Geschichten die im Anspruch oberhalb von "Alarm für Cobra 11" (sprich den Spielern nicht eine extrem offensichtliche Spur zum verfolgen geben, und dabei noch etwas Action bieten) in der Regel nicht wirklich fürs RPG taugen und tendenziell ehr frustrierend sind.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: 6 am 27.12.2018 | 23:09
Ich bin eh mittlerweile der Meinung das Detektiv-Geschichten die im Anspruch oberhalb von "Alarm für Cobra 11" (sprich den Spielern nicht eine extrem offensichtliche Spur zum verfolgen geben, und dabei noch etwas Action bieten) in der Regel nicht wirklich fürs RPG taugen und tendenziell ehr frustrierend sind.
Eindeutige Zustimmung.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Lord Verminaard am 27.12.2018 | 23:12
Ja, bin ich ganz bei euch, so ein reines Whodunnit rangiert für mich direkt neben dem Dungeoncrawl unter den Rollenspielabenteuern, die mich am Wenigsten reizen. Aber einen gewissen "rausfinden, was hier vor sich geht" Aspekt haben ja nun doch auch viele andere Plots, und auch da sind Red Herrings einfach die Pest. ;)
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Crimson King am 27.12.2018 | 23:15
Ich kann mich auch nicht erinnern, jemals ein klassisch investigatives Abenteuer geleitet zu haben. Wenn ein Verbrechen im Mittelpunkt stand, habe ich den Spielern eigentlich immer die nötigen Informationen zu geben, den Täter einfach zu ermitteln, und den Fokus auf Action, Mystery oder Drama gelegt.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: nobody@home am 27.12.2018 | 23:26
Ja, bin ich ganz bei euch, so ein reines Whodunnit rangiert für mich direkt neben dem Dungeoncrawl unter den Rollenspielabenteuern, die mich am Wenigsten reizen. Aber einen gewissen "rausfinden, was hier vor sich geht" Aspekt haben ja nun doch auch viele andere Plots, und auch da sind Red Herrings einfach die Pest. ;)

Tja, wenn's gar keine falschen Fährten geben soll, dann muß man wohl diese Plots schlicht ebenfalls mit in die Tonne treten. Oder zumindest zur strikten Schnitzeljagd verarbeiten: "Ihr wißt nicht, was hier los ist, aber ich kann euch sagen, daß, wenn ihr mit A sprecht, der euch an einen Ort B weiterverweisen wird, wo ihr dann einen Hinweis auf C finden werdet..." Schließlich kann man sich ja spätestens dann, wenn's ohnehin nur noch die Einzig Wahre Spur (tm) geben soll, gleich auch noch darüber streiten, ob "ihr wißt jetzt überhaupt nicht mehr weiter" nicht auch nur ein weiterer roter Hering ist... ;)
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: 6 am 27.12.2018 | 23:32
Ich denke Vermi möchte speziell auf das Fehlen der Hinweise auf einen Red Herring hinaus. Also ein Red Herring dem Du als Spieler nachläufst, ohne eine Chance auf Hinweise zu haben, den Red Herring als solchen zu entlarven.
Er möchte quasi nicht einem langen Gang folgen, nur damit er ne Stunde später vom SL "Sackgasse!" hört.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 27.12.2018 | 23:51
Mit der Meinung, dass Detektiv Geschichten (auch gerade bei Cthulhu) sehr gut zum Rollenspiel passen, stehe ich hier wohl ziemlich allein auf weiter Flur.

Mit der Meinung, dass diese Plots eher in den Storytelling Bereich passen, gehe ich bedingt d'accord.

Aber, und da stimme ich jetzt voll zu, Detektiv Geschichten können i.d.T. frustrierend sein.

Das trifft besonders dann zu, wenn der Plot die Spieler überfordert. Das kann bei jedem hack and slash Szenario aber genauso frustrierend sein, wenn der Plot die Chars überfordert.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Rhylthar am 27.12.2018 | 23:59
Mit der Meinung, dass Detektiv Geschichten (auch gerade bei Cthulhu) sehr gut zum Rollenspiel passen, stehe ich hier wohl ziemlich allein auf weiter Flur.
Ich bin bei Dir. :)

Und Ja, ich liebe Ermittlungsabenteuer. Macht einen der grössten Reize für mich aus, gerade bei Cthulhu.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: YY am 28.12.2018 | 00:01
Mit der Meinung, dass Detektiv Geschichten (auch gerade bei Cthulhu) sehr gut zum Rollenspiel passen, stehe ich hier wohl ziemlich allein auf weiter Flur.

Nein, überhaupt nicht.
Es geht hier nur um eine recht verbreitete Vorgehensweise von Autoren und SLs, die gerade fürs Rollenspiel nicht sonderlich zielführend ist.

Man hat für Detektivgeschichten zwei große Methoden, sie im Rollenspiel aufzuziehen.
Mit falschen und obendrauf garantiert nicht hilfreichen Spuren auf die Bremse treten und am Ende die Lösung aus dem Hut zaubern ist keine der beiden.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Pyromancer am 28.12.2018 | 00:02
Ich bin bei Dir. :)

Und Ja, ich liebe Ermittlungsabenteuer. Macht einen der grössten Reize für mich aus, gerade bei Cthulhu.

Sehe ich genauso, aber gute Ermittlungsabenteuer, die die benannten und bekannten Fallstricke vermeiden, sind ein Riesenaufwand für die SL. Ich mach so etwas alle Jubeljahre mal, genieße es, aber dann reicht es auch wieder für länger.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: rillenmanni am 28.12.2018 | 00:23
Nein, überhaupt nicht.
Man hat für Detektivgeschichten zwei große Methoden, sie im Rollenspiel aufzuziehen.
Mit falschen und obendrauf garantiert nicht hilfreichen Spuren auf die Bremse treten und am Ende die Lösung aus dem Hut zaubern ist keine der beiden.

Du hast nun das zweite Mal von den beiden Gourmet-Optionen gesprochen, ohne sie zu nennen. Jetzt rücke endlich raus damit! Butter bei die Heringe!
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: KhornedBeef am 28.12.2018 | 00:29
Ich finde übrigens red herrings kennzeichnender für simulationistische als für erzählerische Systeme. Frage ich mich nur, warum...
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Pyromancer am 28.12.2018 | 00:36
Ich finde übrigens red herrings kennzeichnender für simulationistische als für erzählerische Systeme. Frage ich mich nur, warum...

Gute Frage. Es hängt ja nicht am System, sondern am SL. Und am Ende ist es ein schlechter Red Herring, wenn die SL will, und forciert, dass die Spieler erst einmal in die falsche Richtung marschieren, mit einer bewussten Täuschungsabsicht antritt. Das alles widerspricht den Sim-Grundsätzen ziemlich krass, zeugt davon, dass die SL vom Erzählerischen, von vorgeplanten Twists und Spannungsbögen her denkt.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 28.12.2018 | 00:50
dass die SL vom Erzählerischen, von vorgeplanten Twists und Spannungsbögen her denkt.
Absolut.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Isegrim am 28.12.2018 | 00:55
Gute Frage. Es hängt ja nicht am System, sondern am SL. Und am Ende ist es ein schlechter Red Herring, wenn die SL will, und forciert, dass die Spieler erst einmal in die falsche Richtung marschieren, mit einer bewussten Täuschungsabsicht antritt. Das alles widerspricht den Sim-Grundsätzen ziemlich krass, zeugt davon, dass die SL vom Erzählerischen, von vorgeplanten Twists und Spannungsbögen her denkt.

Oder die SL lässt sich davon leiten, was sie für realistisch hält, und legt daher ein paar Spuren, denen man folgen kann, ohne dass das die Aufklärung tatsächlich voran treibt. Nach einigen ist das ja auch schon ein kritikwürdiger red hering.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: nobody@home am 28.12.2018 | 00:56
Ich finde übrigens red herrings kennzeichnender für simulationistische als für erzählerische Systeme. Frage ich mich nur, warum...

Könnte einfach darauf hinauslaufen, daß Realität und Fiktion nach unterschiedlichen Regeln funktionieren und sich das in den Zielen der jeweiligen Systeme widerspiegelt; wenn ich eine noch Art von "objektiver Realität" abbilden und modellieren will, und sei sie ihrerseits nun auch noch so fiktiv, dann kommt dabei praktisch schon zwangsläufig etwas ganz anderes heraus als bei dem Versuch, einzeln oder gemeinsam mit anderen eine möglichst unterhaltsame Handlung grob nach dem Vorbild vertrauter Geschichten zu stricken.

Wenn man so will, hat die Simulation immer schnell mal "in der Spielwelt ist das eben so, und damit basta!" als Ausrede parat, was es dann natürlich leichter macht, speziell im Vorfeld schon mal falsche Spuren zu legen, ohne sich groß darum zu kümmern, was dann später im Spiel aus denen werden soll. Die Spuren sind dann halt quasi-"objektiv" da, und wieviel Zeit die Spieler auf sie verschwenden, liegt allein an ihnen -- da kann ja dann die arme unschuldige SL nichts dafür...
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 28.12.2018 | 09:38
Das bezieht sich auf die Detektiv Geschichten um Charlie Chan.
Ich muss mich korrigieren.
Es ging Ronald Knox um das Cliche des mysteriösen Chinesen als Antagonists, der übernatürliche Fähigkeiten besitzt. Mitunter ist er in den Kampfkünsten bewandert und spricht immer mit einem seltsamen Akzent. Auch kann er oft genug auf Horden von Untergebenen zurückgreifen, die für ihn ohne zu zögern in den Tod gehen.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: nobody@home am 28.12.2018 | 10:20
Ich muss mich korrigieren.
Es ging Ronald Knox um das Cliche des mysteriösen Chinesen als Antagonists, der übernatürliche Fähigkeiten besitzt. Mitunter ist er in den Kampfkünsten bewandert und spricht immer mit einem seltsamen Akzent. Auch kann er oft genug auf Horden von Untergebenen zurückgreifen, die für ihn ohne zu zögern in den Tod gehen.

Ah. Die "gelbe Gefahr". Dr. Fu Man Chu (bei dem sich nach allem, was ich gehört habe, sein Autor wenigstens noch ernsthaft Mühe gegeben hat, ihn zu einer "richtigen" Person als Gegner zu machen) und seine platteren Abklatsche.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 28.12.2018 | 11:01
Detektiv Abenteuer sind nichts anderes als Rätsel.
Rätsel machen Spaß wenn sie ein Bisschen knifflig, also nicht zu leicht,  aber trotzdem lösbar sind.
Liegt die Lösung gleich auf der Hand oder ist das Abenteuer so konstruiert, dass es nicht lösbar ist, dann hat der Autor etwas falsch gemacht.
Solange die Herringe also nur dazu dienen, es nicht ganz so leicht zu machen, also quasi für den erwünschten Knobelfaktor zu sorgen, ist daran aus meiner Sicht nichts Falsches. Sondern im Gegenteil -etwas Erwünschtes

Warum spielen Leute Cluedo?
Weil sie gerne knobbeln.
Bei Detektiv Geschichten ist es nichts anderes.

Edit.
Spieler die nicht so gerne kombinieren und knobbeln, werden an Detektiv Geschichten weniger Spass haben.
Es gibt auch Leute die Cluedo, Sudoku, Mastermind whatever überhaupt nicht gerne spielen.
Vielleicht mochten sie Mathe auch nie besonders..  ~;D
Von daher ist es auch einfach Geschmackssache, ob einem Knobeln gefällt oder nicht.

Edit. Wenn also ein Red Herring,  den Knobelspass versaut, weil er es für den Spieler, Leser, Zuschauer  unlösbar macht,  dann nimmt das schlicht den eigentlichen Spass an der Sache. (Für Leute, die sich in das Problem gerne reindenken und es lösen wollen)

Edit 2. Der Schwierigkeitsgrad sollte halt der Gruppe angemessen sein. Und muss ggf. nochmal vom SL angepasst werden.
Ist das ein Abenteuer, das den wahren Täter bis zum Schluss verbirgt?- Dann könnte der SL hier eingreifen, indem er den NSC auch Fehler machen lässt, damit die Spieler eine Chance bekommen, ihn ggf. früher zu enttarnen.
Und für den überaus seltenen Fall, dass man den Täter sofort entlarven kann,  also das Problem für die Gruppe viel zu einfach gestaltet ist,  helfen eventuell ein paar zusätzliche Verdächtige, die die SPL erst abchecken müssen.
Plus ein Täter der etwas weniger offensichtlich ist, und weniger Fehler macht.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Settembrini am 28.12.2018 | 11:13

Nein, nein, es gibt keine guten und schlechten roten Heringe, es gibt nur schlechte. Keine Gefangenen, tötet sie alle! ;D

Die PESA mahnt zur Differenzierung:
Was ist mit von NSCs gelegten Red Herrings innerhalb der Spielwelt?
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: bobibob bobsen am 28.12.2018 | 11:17
Zitat
Detektiv Abenteuer sind nichts anderes als Rätsel.

Das mag dir vielleicht nicht gefallen aber Gumshoe hat da einen anderen Ansatz den ich deutlich interessanter finde.
Rätsel werden immer gelöst, man muss sich nicht anstrengen nur den Sc in die Szene einbringen.
Die Frage ist hier nicht wer ist der Mörder sondern warum tat er es und wie verfahre ich damit.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Oberkampf am 28.12.2018 | 11:31
Ich bin eh mittlerweile der Meinung das Detektiv-Geschichten die im Anspruch oberhalb von "Alarm für Cobra 11" (sprich den Spielern nicht eine extrem offensichtliche Spur zum verfolgen geben, und dabei noch etwas Action bieten) in der Regel nicht wirklich fürs RPG taugen und tendenziell ehr frustrierend sind.

Das stimmt. Alles andere vermeide ich als Spieler wie die Pest.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 28.12.2018 | 11:32
Das mag dir vielleicht nicht gefallen aber Gumshoe hat da einen anderen Ansatz den ich deutlich interessanter finde.
Rätsel werden immer gelöst, man muss sich nicht anstrengen nur den Sc in die Szene einbringen.
Die Frage ist hier nicht wer ist der Mörder sondern warum tat er es und wie verfahre ich damit.
Davon ab, dass ich kein Gumshoe Fan bin,

Für Leute die selbst gerne knobbeln und rätseln, ist genau das der Spielanreiz. Umso mehr bei einem Thema - Detektiv spielen- wo es zumindest offensichtlich darum geht, und die Spieler deshalb mit einer gewissen Erwartungshaltung :Ich löse den Fall- spielen.

Edit. Aber vielleicht eignet sich Gumshoe ja für Leute, die selbst gar nicht knobeln wollen, oder wie du schriebst: das nur als anstrengend empfinden,  aber trotzdem an einem Detektiv Abenteuer mit ihrer Figur teilnehmen wollen.
Ist dann aber ein ganz anderer Spiel- Anreiz
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Oberkampf am 28.12.2018 | 11:49
Also ich lese gerne whodunits, aber als Rollenspiel finde ich Abenteuer im Stil eines Agatha-Christie-Romans fürchterlich ermüdend. Natürlich gibt es auch in nicht-detektivischen Abenteuern alle möglichen Mysterien, Rätsel und Geheimnisse, es gibt Personen mit verborgenen Motiven und geheimnisvolle Orte und versteckte Gegenstände (ähnlich den Mordwerkzeugen in einem Krimi), selbst Kommissar Zufall kann eine Rolle spielen, wenn die Charaktere ahnungslos irgendeinen Prozess losgetreten haben, der einen bislang verborgenen NSC (oder NSC mit verborgenem Motiv) zum sichtbaren Handeln nötigt, aber als Rollenspielabenteuer sind whodunists etwas ganz anderes: Sie sind leider meistens so konstruiert, dass sie im besten Fall eine Schnitzeljagd, in den meisten Fällen aber eine sehr, sehr rigide Storyline ergeben.

Dabei nimmt der red herring eigentlich eine untergeordnete Funktion ein: Er ist eben ein Mittel, um Zeit zu schinden, damit die Spieler durch die ganze Storyline laufen müssen und gleichzeitig noch der "Krimi-Effekt" des englischen whodunit bestehen bleibt. In den englischen Krimis (und ihren amerikanischen Kollegen, z. B. Ellery Queen) ging es aber eigentlich eher darum, dem Leser alle Spuren zu präsentieren und trotzdem zu einer überraschenden Lösung zu kommen. Dabei nimmt der red herring ebenfalls viel Platz in Anspruch, hat aber in erster Linie die Funktion, das Gehirn des Lesers zu beschäftigen, damit dieser nicht auf die nebenher erwähnten Spuren zu viel Hirnschmalz verwendet, ähnlich wie bei einem Zauberer, der mit großen Gesten von seinen Taschenspielereien ablenkt. In einigen von Ellery Queens Krimis entzaubert der Detektiv den Roten Hering sogar mitten im Plot.

wenn man schon im Rollenspiel Detektivgeschichten spielen muss, würde ich mir eher eine Vorlage aus den hard boiled crime novels suchen, wo auch ordentlich geballert und geboxt wird. Da gibt es zwar auch geheimnisse und überraschende Wendungen, aber das Aufspüren dieser Geheimnisse ist nicht ganz so langweilig.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Antariuk am 28.12.2018 | 11:51
@Destroy all Monsters: schöner Beitrag ;)
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: SeldomFound am 28.12.2018 | 11:59
Sofern man den Krimi als ein faires "Whodunnit" auffasst, ist ein schlecht konstruierter Red Herring sicherlich nicht gut. Doch...

1. Ein guter Red Herring ist als solcher zu erkennen, d.h. es gibt Hinweise anhand der man ihn frühzeitig als aufmerksamer Leser erkennen kann.

2. Ein guter Red Herring dient in erster Linie dazu, innerhalb der Welt zu begründen, warum der Täter fürs Erste entkommen oder nur von den Protagonisten enttarnt werden kann. Besonders wenn es ein persönliches Wissen über einen gewissen Sachverhalt benötigt, um den Red Herring als solchen zu erkennen, ist es aus meiner Sicht glaubhafter, dass die Polizei auf ihn bei gründlicher Arbeit hineinfällt. Im Zusammenhang mit Punkt 1 muss man natürlich zuvor den Leser in den Sachverhalt eingeweiht haben, der letztendlich den Roten Herring zur Schau stellt (das Opfer hatte eine heimliche Höhenangst und wäre daher nicht einfach von selbst von einem Gebäude gesprungen oder dergleichen).


Letztendlich ist der Red Herring aber natürlich dazu da, um zu verhindern, dass die Geschichte zu schnell zu Ende geht. Manchmal scheint er auch nur dafür da zu sein, um wie bei einer Schnitzeljagd die Detektive durch möglichst viele schöne Settings zu führen. Solange diese Jagd interessant gestaltet ist, tatsächlich auch gewissen Teilsiege erlaubt und letztendlich im Kontext der Geschichte am Ende Sinn macht, kann ein Red Herring durchaus gut funktionieren. Der Haken natürlich ist dabei, dass es viel leichter ist einen schlechten Red Herring zu schreiben als einen guten.

TL;DR: Ich stimme @Destroy All Monsters zu. Krimi-Abenteuer müssen Elemente besitzen, die die Spieler unterhalten, während sie nach der Lösung suchen. Vor allen Dingen muss man beachten, dass Spieler keine Meisterdetektive sind und durchaus auf die üblichen Tricks und Fallen hineinfallen können. Und das ist gut so, solange man am Ende daraus ein spannendes Abenteuer machen kann, wo vielleicht es sich erst viel später herausstellt, dass der echte Täter entkommen ist und die Verfolgung wird zu einem neuen Abenteuer.

Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Megavolt am 28.12.2018 | 12:00
(https://1.bp.blogspot.com/-YpY5cC7xMfA/U0aJPZKue-I/AAAAAAAALDA/-bQMJaKIa1M/s1600/scummvm00282.png)

 ~;D

Die Pointe ist hier in bester fourth-wall-breaking-Ron-Gilbert-Manier, dass der Red Herring eben keiner ist. Wiewohl das für einen Zehnjährigen ohne Internet und ohne literarisch-popkulturelles Wissen über den englischsprachigen Raum schon ein brutales Rätsel war. Man kennt ja den Doppelsinn des "roten Herings" nicht und ist dann wieder auf das gute, alte "benutze alles mit allem" zurückgeworfen. :)

Red Herrings sind meiner Meinung nach okay, an whodunnits und Detektivgeschichten stört mich hundert Mal mehr die berüchtigte Brotkrumenspur der Hinweise, die einfach nur nervtötendes Railroading ist.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Antariuk am 28.12.2018 | 12:03
Letztendlich ist der Red Herring aber natürlich dazu da, um zu verhindern, dass die Geschichte zu schnell zu Ende geht. Manchmal scheint er auch nur dafür da zu sein, um wie bei einer Schnitzeljagd die Detektive durch möglichst viele schöne Settings zu führen. Solange diese Jagd interessant gestaltet ist, tatsächlich auch gewissen Teilsiege erlaubt und letztendlich im Kontext der Geschichte am Ende Sinn macht, kann ein Red Herring durchaus gut funktionieren. Der Haken natürlich ist dabei, dass es viel leichter ist einen schlechten Red Herring zu schreiben als einen guten.

Und hier finde ich stolpern Autoren dann darüber, dass man bestimmte Dinge einfach nicht direkt von einem Medium aufs nächste übertragen kann. Was im Roman oder Film klappt, ist im Rollenspiel manchmal schon im Ansatz schwer bis unmöglich. Und "Red Herrings" als Beschäftigungstherapie gehört hundertprozentig dazu, weil die Spieler sind ja aktive Zuschauer - die braucht man nicht ablenken und beschäftigen, die sind ja selber aktiv mittendrin dabei. Hier abzulenken ist mindestens irritierend, meistens kontraproduktiv.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: nobody@home am 28.12.2018 | 12:05
[...] Der Haken natürlich ist dabei, dass es viel leichter ist einen schlechten Red Herring zu schreiben als einen guten.

Klar -- aber das gilt für fischfreien Text ja genauso. :)
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 28.12.2018 | 12:16
wenn man schon im Rollenspiel Detektivgeschichten spielen muss, würde ich mir eher eine Vorlage aus den hard boiled crime novels suchen, wo auch ordentlich geballert und geboxt wird. Da gibt es zwar auch geheimnisse und überraschende Wendungen, aber das Aufspüren dieser Geheimnisse ist nicht ganz so langweilig.
Dem kann ich nur zustimmen.
Im Rollenspiel hast du auch immer ganz unterschiedliche Leute am Tisch. Da sollte für jeden was dabei sein.
Eine Detektivgeschichte ohne Action,  ist idR. ziemlich ermüdend. Da können zwischendurch auch mal Anschläge, Verfolgungsjagden, Duelle etc. sein um die Spannung zu erhöhen.
Steht für mich auch überhaupt nicht im Widerspruch zum Knobeln. Und kann sich mEn. wunderbar in den Plot einfügen.

@
Megavolt
Ich würde unterscheiden zwischen einer Brotkrumen Spur, der ich folgen kann. Und einer der ich folgen muss,  weil sonst einfach überhaupt nichts passiert.
Wenn jetzt die Gruppe z. B. in einem Schloß den Geist von Schreckenstein jagt,  aber dieses Schloß ist Sandbox mäßig ausgearbeitet,  so,  dass es überall was zu entdecken gibt,  dann kann sie eigentlich egal wo ihren Spaß finden,  auch wenn sie nicht den Krumen folgt. (Es kann natürlich auch ein Dorf sein, ein Schiff, ein Herrenhaus,  ein Zug,  whatever... )
Ein gewisser Ablaufplan. - Was passiert wann?  Auch wenn die Gruppe nix odet was ganz anderes macht, helfen zudem eine Form von RR zu verhindern.
Railroading habe ich mEn. vor allem dann,  wenn der Autor die "Geschichte" von Szene zu Szene aufbaut. Und es keine Alternativen dazu gibt.

Eine gute Sandbox könnte demnach von vielen anderen Herringen profitieren.  Denn die können Alternativen sein, falls die Spieler einen anderen Weg als erwartet einschlagen.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: rillenmanni am 28.12.2018 | 12:37
Edit. Aber vielleicht eignet sich Gumshoe ja für Leute, die selbst gar nicht knobeln wollen, oder wie du schriebst: das nur als anstrengend empfinden,  aber trotzdem an einem Detektiv Abenteuer mit ihrer Figur teilnehmen wollen.
Ist dann aber ein ganz anderer Spiel- Anreiz
Bobibob hat mE übertrieben. Natürlich muss man sich bei Gumshoe anstrengen und auch knobeln. Letztlich soll doch nur verhindert werden, dass ein vergeigter Spot Hidden in die Sackgasse führt. Wer ausreichend recherchiert, wird alle nötigen Hinweise bekommen, die richtigen Schlüsse ziehen muss man immer noch selbst. ... Und Gumshoe hantiert viel mit Heringen.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 28.12.2018 | 12:46
Wer ausreichend recherchiert, wird alle nötigen Hinweise bekommen, die richtigen Schlüsse ziehen muss man immer noch selbst. ...
Hätte mich auch ein wenig gewundert, wenn nicht.
Schließlich macht das doch für nicht wenige Spieler dabei den Spaß aus.
Wer ist Mr oder Mrs X?  Wie kann ich jmd. überführen?  etc.
Jetzt sind Rollenspieler natürlich keine ausgebildeten Detektive. Und es kann natürlich sein, dass sie Hinweisen die wichtig wären, nicht nachgehen, den falschen nachjagen etc.
Aber das alles ist mEn. nicht so schlimm,  solange die Chance auf die richtige Spur zu kommen auch gegeben war.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: bobibob bobsen am 28.12.2018 | 13:23
War vielleicht etwas missverständlich ausgedrückt. Natürlich bekommst du nur die Informationen die nötig sind zum lösen des Falles.
Sprich wenn du eine Leiche untersuchst findest du alle Hinweise auf die Todesursache und die Mordwaffe und Spuren die der Mörder eventuell hinterlassen hat. Sprich alle Hinweise werden immer gefunden und richtig zugeordnet es wird nichts übersehen.
Was man daraus macht ist natürlich eine andere Sache.
Ich hatte mal ein Abenteuer geleitet und die Sc hatten herausgefunden das der Verbrecher ein Linkshänder, männlich und Technikaffin. Verdächtigt wurde eine Frau, Rechtshänder die auch noch ein wasserdichtes Alibi hatt. Warum: die Gruppe glaubte das die SL sie absichtlich auf eine falsche Fährte führen wollte und die Hinweise gefälscht/falsch waren. Da half auch kein Gespräch. Waren einfach nicht von diesem Weg abzubringen. War aber dennoch lustig weil es bei Ashen Stars ein Reputationssystem gibt und jemand Unschuldiges anzuklagen kann zum Bummerang werden.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: YY am 28.12.2018 | 15:21
Du hast nun das zweite Mal von den beiden Gourmet-Optionen gesprochen, ohne sie zu nennen. Jetzt rücke endlich raus damit! Butter bei die Heringe!

<- Andeutungskönig! ;D


Im Grunde ist das eine ähnliche Trennung wie sie im "restlichen" Rollenspiel auch vorkommt.

- Man kann den zu lösenden Fall herausforderungsorientiert aufziehen. Dann muss der SL gut vorbereitet sein und sich vor Allem eisern daran halten. Das kann auch mal bedeuten, dass sich die Gruppe in kürzester Zeit durch den Plot fräst - oder, was viel häufiger ist, krachend scheitert. Das muss man als Spieler akzeptieren und wollen; wenn man den Reiz daran nicht sieht, wird es nichts.
Ein großer Nachteil dieser Methode ist mMn das zwangsläufige Einschränken des eigentlichen Rollenspiels. Solche Detektivgeschichten sind große Rätsel, die sich zuallererst an die Spieler und nicht an die Charaktere richten. Entsprechend unwichtig sind die Charaktere und die Regeln oftmals. Das dann auch noch sinnvoll einzubringen, ist für diesen Ansatz mMn die hohe Kunst, weil man dabei immer Gefahr läuft, dem Ganzen die Schärfe (und damit die Würze ;)) zu nehmen.

- Man zieht den Fall und dessen Lösung nach dramaturgischen Gesichtspunkten wie in Vorlage X auf. Dann ist der (Spiel-)Weg das Ziel; dass der Fall gelöst wird, ist völlig klar und es geht gar nicht so sehr darum, sondern um die Geschichte, die sich dabei und daraus ergibt. Hier sind Erzählrechte für Spieler mehr oder weniger Pflicht und flexible Anpassung im laufenden Betrieb kein großes Problem (solange es am Ende aufgeht, was hier wiederum die Kunst daran ist).
Bei dieser Methode kann man auch - wieder wie in manchen Vorlagen - den Fall zur kompletten Nebensache machen und sich auf die ganzen anderen Sachen konzentrieren, die nebenher und drumherum passieren.


Wo im Rollenspiel Mischformen dieser beiden Methoden mit lediglich unterschiedlicher Gewichtung die Regel sind, ist das für Detektivgeschichten mMn zu vermeiden.
Da muss man sich eine Methode aussuchen und sich weitestmöglich daran halten, sonst wird es fast garantiert Murks, wie z.B. die hier angeklungenen DSA-Beispiele zeigen, welche die ziemlich spezielle und selten anzutreffende erste Methode als Grundlage nehmen und in dem Wissen oder zumindest der Vermutung, dass darauf kaum einer wirklich in letzter Konsequenz Bock hat, an allen möglichen Ecken und Enden dramaturgische Überlegungen einbringen, aber die Spieler trotzdem rätseln lassen.
Das soll dann ein halbwegs massentauglicher Kompromiss sein, ist aber für mich eine dysfunktionale Mischung aus nicht "ehrlich" verdientem Erfolg, schlechten/vergammelten Roten Heringen wie hier beschrieben und Pixelbitching mit spielzeitabhängiger Hinweisgebung.
Also ungefähr so spaßig wie ein Atomunfall :P
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Ninkasi am 28.12.2018 | 16:02
...Warum: die Gruppe glaubte das die SL sie absichtlich auf eine falsche Fährte führen wollte und die Hinweise gefälscht/falsch waren.

Das finde ich schön ärgerlich. Mein Problem mit Detektivgeschichte ist gerade die Unzuverlässigkeit der Hinweise. Diese wäre ja in deinem Beispiel nicht gegeben gewesen und trotzdem: Die Spieler zweifeln, arg.

@Agatha C.: Erinnere mich an den Film "Das Böse unter der Sonne". Eigentlich hatte der mir immer gefallen, aber die Lösung kommt per Post zu Poirot und der Zuschauer bekommt vom Inhalt nichts mit, bis zum Showdown.  :q  Persönlich finde ich Serien wie "Death in Paradies" großartig, aber für eine Rollenspielumsetzung zu komplex.

Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Lord Verminaard am 28.12.2018 | 16:35
Was ist mit von NSCs gelegten Red Herrings innerhalb der Spielwelt?

Wenn ein NSC was mit der Sache zu tun hat und versucht, davon abzulenken, dann kann dem nachzugehen ja letztendlich die SCs auch weiter bringen, weil sie eben merken, dass der NSC was mit der Sache zu tun hatte und versucht hat, davon abzulenken, das führt dann ja wieder auf den eigentlichen Fall zurück, wäre also aus meiner Sicht ein Fall von "alles ist verbunden" und gerade kein Fall von "falsche Fährte" (die ins Nichts führt).
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 28.12.2018 | 16:40
<- Andeutungskönig! ;D


Im Grunde ist das eine ähnliche Trennung wie sie im "restlichen" Rollenspiel auch vorkommt.

- Man kann den zu lösenden Fall herausforderungsorientiert aufziehen. Dann muss der SL gut vorbereitet sein und sich vor Allem eisern daran halten. Das kann auch mal bedeuten, dass sich die Gruppe in kürzester Zeit durch den Plot fräst - oder, was viel häufiger ist, krachend scheitert. Das muss man als Spieler akzeptieren und wollen; wenn man den Reiz daran nicht sieht, wird es nichts.
Ein großer Nachteil dieser Methode ist mMn das zwangsläufige Einschränken des eigentlichen Rollenspiels. Solche Detektivgeschichten sind große Rätsel, die sich zuallererst an die Spieler und nicht an die Charaktere richten. Entsprechend unwichtig sind die Charaktere und die Regeln oftmals. Das dann auch noch sinnvoll einzubringen, ist für diesen Ansatz mMn die hohe Kunst, weil man dabei immer Gefahr läuft, dem Ganzen die Schärfe (und damit die Würze ;)) zu nehmen.
Du versuchst da mMn. eine Trennung zu konstruieren, die es im Spiel so nicht gibt.
Die Spieler lösen immer den Fall. Auch wenn sie dabei in einer anderen Rolle sind. Und ihre Figuren evtl. ganz andere Fähigkeiten haben als sie selbst.

Edit. Warum ist das so?
Eine Figur kann nicht selbstständig denken und Entscheidungen treffen. Das macht immer ihr Spieler für sie.
Der Spieler setzt seine Figur ein, um einen Fall zu lösen.
Umgekehrt funktioniert das nicht. 

Wenn der Spieler also entscheidet, dass seine Figur nicht den Brotkrumen nachjagt, sondern lieber etwas anderes tut,  was seiner Ansicht nach besser zu ihrem Charakter passt, dann hat das der Spieler selbst entschieden, und niemand sonst.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 28.12.2018 | 17:38
Die Definition eines Roten Herings scheint doch sehr weit auseinander zu gehen.
Soweit mir bekannt, ist ein RH lediglich eine Ablenkung, eine falsche Fährte, eine Nebelkerze oder wie immer man das auch nennen will. Weiter nichts.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Dirk Remmecke am 29.12.2018 | 11:57
das führt dann ja wieder auf den eigentlichen Fall zurück, wäre also aus meiner Sicht ein Fall von "alles ist verbunden"

Aber ist es nicht sehr gekünstelt und schlichtweg unglaubwürdig, wenn alles, was die Spieler anfassen und untersuchen, miteinander verbunden ist?
Ist die Welt so klein und eng? Passiert nichts nebenbei und zufällig zur gleichen Zeit?
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Irian am 29.12.2018 | 12:19
Aber ist es nicht sehr gekünstelt und schlichtweg unglaubwürdig, wenn alles, was die Spieler anfassen und untersuchen, miteinander verbunden ist?
Ist die Welt so klein und eng? Passiert nichts nebenbei und zufällig zur gleichen Zeit?

Wäre auch mal was, könnte man sicher ein gutes Buch drüber schreiben... "Dirk Gently's Guide for hollistic gamemastering"  ~;D
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Jens am 29.12.2018 | 13:23
Auf der Problemlösungsebene ist eine Unmöglichkeit, sich nicht zu irren, natürlich sehr frustrierend. Es läuft auch der Prämisse entgegen, mit der die Spieler ggf. in den Spielabend gegangen sind.

Entweder der SL / das Abenteuer hat das nicht verstanden bzw. kann es einfach nicht umsetzen oder der SL hatte einfach einen anderen Film im Kopf, einen Film in dem er die Charaktere ausspielen sehen will, wie sie damit umgehen, so böse an der Nase herumgeführt zu werden.

Oder der SL ist einfach ein Arsch, weil er die Spieler an der Nase herumführt und nicht wirklich "mit" ihnen spielt.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Alex am 29.12.2018 | 14:31
Die Definition eines Roten Herings scheint doch sehr weit auseinander zu gehen.
Soweit mir bekannt, ist ein RH lediglich eine Ablenkung, eine falsche Fährte, eine Nebelkerze oder wie immer man das auch nennen will. Weiter nichts.
Ich kenne es auch nur so.

Außerdem sollte man auch bedenken, dass Spieler ihren eigenen roten Hering erschaffen können, weil sie einen Hinweis oder eine Aussage so absurd interpretieren, dass man als SL niemals auf die Idee gekommen wäre, dass man dies so auffassen kann. Dieser WTF-Moment ist mir mehr als einmal passiert ...
Natürlich sollte man in diesem Fall das Spiel nicht unnötig in die Länge ziehen, aber gleich sagen: "Das ist falsch!" ist nun auch kein guter Weg.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: eldaen am 29.12.2018 | 15:02
Der OT klingt stark nach "Murder by Death"...

(http://www.greensmilies.com/smile/smiley_emoticons_wayne.gif)
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Settembrini am 29.12.2018 | 19:59
Aber ist es nicht sehr gekünstelt und schlichtweg unglaubwürdig, wenn alles, was die Spieler anfassen und untersuchen, miteinander verbunden ist?
Ist die Welt so klein und eng? Passiert nichts nebenbei und zufällig zur gleichen Zeit?

Meine Leitungserfahrung zeigt, daß sich Spieler aus verschiedenen, zufällig nur halb verstandenen oder durch Würfelwürfe zufällig entstandenen Halb- oder Falschinformationen sowieso Ihre eigenen falschen Fährten zusammenbrauen. Insofern ist das bei mir nicht auch noch absichtlich hinzuzufügen, also weder zufällige noch absichtsvolle Ablenkungen jenseits derer, die die NSC erzeugen.

Red Herrings sind ja in Kommerzmedien wichtig, um das jeweilige Format zu FÜLLEN. Ein Problem, was im Rollenspiel nicht existiert. Fall gelöst nach 5 Minuten? Nächster Fall!
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Lord Verminaard am 29.12.2018 | 22:54
Aber ist es nicht sehr gekünstelt und schlichtweg unglaubwürdig, wenn alles, was die Spieler anfassen und untersuchen, miteinander verbunden ist?
Ist die Welt so klein und eng? Passiert nichts nebenbei und zufällig zur gleichen Zeit?

Ich finde es ja viel gekünstelter und unglaubwürdiger, wenn zufällig 2-7 alternative Herleitungen existieren, die zufällig alle plausibel sind und zum Fall passen. Wenn es Hindernisse/Ablenkungen gibt, erscheint es doch viel plausibler, dass diese aus einem handfesten Grund existieren, nämlich weil der wirklich Schuldige versucht, es jemand anders in die Schuhe zu schieben. Jetzt kann man natürlich sagen, Mensch Vermi, hast du denn gar keine Ahnung, das sind doch trotzdem auch Red Herrings. Wenn das das einzige ist, was die Leute an meinem Rant auszusetzen haben, und mir im Übrigen alle zustimmen, will ich mich nicht beklagen. ;)
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Alexandro am 29.12.2018 | 23:54
Ich sehe das wie Dirk: solange man es nicht darauf anlegt absichtlich eine falsche Spur zu legen, dann ist alles OK. Es ist schlicht zu vermeiden, dass die Spieler manchmal "unwichtigen" Sachen hinterher rennen.

Viel nerviger finde ich das MacGuffin(?), wo die Charaktere durch etwas auf den "Plot" gelenkt werden, was nichts mit dem Plot zu tun hat. So alá "Die Kuh von Bauer Alrik ist verschwunden. Auf der Suche nach der Kuh finden sie einen namenlosen Kult, der den König ermorden will (der Kult hatte aber nichts mit der verschwundenen Kuh zu tun und es gab keinen Grund durch die Suche nach dieser zum Kult zu kommen)" Auch viele Cthulhu-Abenteuer laufen genau nach diesem Schema ab (ebenso wie Elementary - zumindest in der ersten Staffel, danach hatte ich keine Lust mehr auf diese Serie).
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: KhornedBeef am 30.12.2018 | 00:02
*EEEERRRTKKHH*
Die Annahme, eine falsche Spur sei automatisch unwichtig, würde bereits widerlegt. Und zwar im Sinne von "wichtig für die Lösung", von "wichtig fürs Rollenspiel" mal gar nicht zu reden.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Alexandro am 30.12.2018 | 00:17
Deswegen die Anführungszeichen.  ;D
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: nobody@home am 30.12.2018 | 00:28
Ich sehe das wie Dirk: solange man es nicht darauf anlegt absichtlich eine falsche Spur zu legen, dann ist alles OK. Es ist schlicht zu vermeiden, dass die Spieler manchmal "unwichtigen" Sachen hinterher rennen.

Viel nerviger finde ich das MacGuffin(?), wo die Charaktere durch etwas auf den "Plot" gelenkt werden, was nichts mit dem Plot zu tun hat. So alá "Die Kuh von Bauer Alrik ist verschwunden. Auf der Suche nach der Kuh finden sie einen namenlosen Kult, der den König ermorden will (der Kult hatte aber nichts mit der verschwundenen Kuh zu tun und es gab keinen Grund durch die Suche nach dieser zum Kult zu kommen)" Auch viele Cthulhu-Abenteuer laufen genau nach diesem Schema ab (ebenso wie Elementary - zumindest in der ersten Staffel, danach hatte ich keine Lust mehr auf diese Serie).

Ich weiß nicht, ob ich Bauer Alriks Kuh in diesem Beispiel schon als McGuffin bezeichnen würde -- hauptsächlich, weil die McGuffins, die mir so spontan einfallen, meist Dinge sind, für die sich tatsächlich mehr als nur eine Partei interessiert, so daß es dann genau deswegen zum Konflikt kommt. Wenn also jetzt unser namenloser Kult speziell diese Kuh entführt hätte, um sie in seinem Mordkomplott zu verwenden (weiß der Geier, warum genau, Leute, die zu mordlustigen Kulten gehören, haben meistens eh schon einen an der Waffel), dann wäre ich geneigt, sie so einzustufen; wenn sie dagegen nur existiert, um die SC "rein zufällig" über die Suche mit dem Kult in Kontakt zu bringen und dann die Sprache nie wieder auf sie kommt, würde ich sie eher selbst als roten Hering einsortieren...gerade, weil sie mit dem eigentlichen Abenteuer ja gar nichts zu tun hat und also selber nur eine falsche Fährte für die Spieler darstellt.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Alexandro am 30.12.2018 | 00:35
Ich bin auch nicht sicher, wie dieses nervige Trope genau heißt.

Aber wenn die Entführung der Kuh mit dem Kult zu tun hat, dann ist es nicht mehr gegeben. Ebenso wenn die Ermittler in CoC durch etwas auf die Kultisten aufmerksam werden, was die Kultisten getan haben - oft ist es aber so, dass sie etwas ganz anderes untersuchen und die Kultisten nur "zufällig" in den Fokus dieser Ermittlung stolpern.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 30.12.2018 | 00:38
solange man es nicht darauf anlegt absichtlich eine falsche Spur zu legen, dann ist alles OK. Es ist schlicht zu vermeiden, dass die Spieler manchmal "unwichtigen" Sachen hinterher rennen.
Ein Roter Hering ist immer eine falsche Spur, die von der wahren Spur zur Lösung des Plots ablenkt, damit die Lösung nicht zu schnell erreicht wird.
Rote Heringe können problemlos aus einem Szenario gestrichen werden.

Das was im ersten Post als Verkehrsunfall bezeichnet wird, ist kein Roter Hering sondern ein Deus ex Machina. Etwas, das im Szenario nie auftauchte oder erwähnt wurde, dann aber am Ende ursächlich für alles verantwortlich gewesen sein soll.
So eine Entwicklung ist frustrierend und sollte in jedem Fall vermieden werden.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 30.12.2018 | 01:38
These: Jede Information ist eine wichtige Information.
Es gibt in einem Detektiv Abenteuer keine unwichtigen Informationen.
Wie kann ich sowas Abstruses behaupten, und das zu dieser Zeit?
Bleiben wir bei der Kuh.
Sie gehört nicht zum Hauptplot, und jede Info über die Kuh ist für die Lösung des Falls irrelevant.
Falsch! Die Kuh bietet genau die Info :Bis auf Weiteres irrelevant!
Daraus kann man folgern: Such dir lieber eine Spur,  die dich weiterbringt, als diese!
Denn:Sie ist nicht ergiebig genug.  Kurz-Es ist sehr wahrscheinlich eine Sackgasse, die man sehr wahrscheinlich ausschliessen kann.
Aber für alle Fälle kann man sie ja mal im Hinterkopf behalten.
Detektiv  Abenteuer haben sehr viel mit Abchecken zu tun.
Man sammelt erst Mal Information jeglicher Art und versucht davon die raus zu filtern, die einen weitetbringen können.

Edit.
Wenn Spieler das Gefühl haben alles was sie tun, egal was, führt sie ans Ziel (nach Rom) dann ist das schlicht gesteuert und unrealistisch.
Wenn das der Fall ist,  erspart das den Spielern vielleicht das Nachdenken, sammeln und aussortieren,  ist aber im Grunde nichts anderes als "Schienenführung. "

Edit. In einem echten Fall passiert genau das nicht.
Höchstens als letzte Notlösung, als Wink mit dem Zaunpfahl, wenn die Spieler trotz großer Mühen nicht weiterkommen.

Die Annahme als SPL:Alles was ich mit meiner Figur tue, führt mich sowieso ans Ziel (Dafür sorgt der SL schon), finde ich ziemlich unambitioniert bis lethargisch.
Aber es gibt SL die genau diese Haltung stützen oder glauben stützen zu müssen.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 30.12.2018 | 02:10
These: Jede Information ist eine wichtige Information.
Es gibt in einem Detektiv Abenteuer keine unwichtigen Informationen.
Wie kann ich sowas Abstruses behaupten, und das zu dieser Zeit?
Bleiben wir bei der Kuh.
Sie gehört nicht zum Hauptplot, und jede Info über die Kuh ist für die Lösung des Falls irrelevant.
Falsch! Die Kuh bietet genau die Info :Bis auf Weiteres irrelevant!
Daraus kann man folgern: Such dir lieber eine Spur,  die dich weiterbringt, als diese!
Denn:Sie ist nicht ergiebig genug.  Kurz-Es ist sehr wahrscheinlich eine Sackgasse, die man sehr wahrscheinlich ausschliessen kann.
Aber für alle Fälle kann man sie ja mal im Hinterkopf behalten.
Detektiv  Abenteuer haben sehr viel mit Abchecken zu tun.
Man sammelt erst Mal Information jeglicher Art und versucht davon die raus zu filtern, die einen weitetbringen können.

Edit.
Wenn Spieler das Gefühl haben alles was sie tun, egal was, führt sie ans Ziel (nach Rom) dann ist das schlicht gesteuert und unrealistisch.
Wenn das der Fall ist,  erspart das den Spielern vielleicht das Nachdenken, sammeln und aussortieren,  ist aber im Grunde nichts anderes als "Schienenführung. "

Edit. In einem echten Fall passiert genau das nicht.
Höchstens als letzte Notlösung, als Wink mit dem Zaunpfahl, wenn die Spieler trotz großer Mühen nicht weiterkommen.
Issi, wenn Du Dich auf meinen Post beziehst, wovon ich gerade ausgehe, dann weiss ich gerade nichts mit Deiner Antwort anzufangen.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 30.12.2018 | 02:13
Issi, wenn Du Dich auf meinen Post beziehst, wovon ich gerade ausgehe, dann weiss ich gerade nichts mit Deiner Antwort anzufangen.
Nein, ich habe nicht speziell auf deinen Post Bezug genommen. Sondern allgemein auf eine Reihe von Posts davor.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Alexandro am 30.12.2018 | 02:56
Bleiben wir bei der Kuh.
Sie gehört nicht zum Hauptplot, und jede Info über die Kuh ist für die Lösung des Falls irrelevant.
Falsch! Die Kuh bietet genau die Info :Bis auf Weiteres irrelevant!
Daraus kann man folgern: Such dir lieber eine Spur,  die dich weiterbringt, als diese!
Denn:Sie ist nicht ergiebig genug.  Kurz-Es ist sehr wahrscheinlich eine Sackgasse, die man sehr wahrscheinlich ausschliessen kann.

Ähmm, nein. Darum ging es in meinen Posts nicht.

Die Kuh ist genau das folgende:
Zitat
[...] alles was sie tun, egal was, führt sie ans Ziel (nach Rom) [...]

Die Kuh führt die Spieler zum eigentlichen Plot (den Kultisten). Ohne dass die Spieler aus eigenem Antrieb diesem Plot nachgehen. Folgen sie nicht der Kuh, dann finden sie auch nicht die Kultisten - der Einstieg ins Abenteuer, wie er den Spielern serviert wird, hat nichts mit dem Abenteuer zu tun, welches dann gespielt wird.

Und das ist einfach gekünstelt und unglaubwürdig (und außerdem, für mich, unbefriedigend aus Spielersicht).
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 30.12.2018 | 06:17
@
Alexandro
Keine Sorge, ich habe schon verstanden, wie Du es gemeint hast. Ich habe die Kuh hier mal geklaut und mitten im Abenteuer geparkt.
Es hätte auch was anderes sein können, was eigentlich nichts mit dem Fall zu tun haben sollte.

Edit.
Zur Verdeutlichung:
Wenn sowas am Anfang vom Abenteuer passiert, handelt es sich ja idR. einfach nur um die Schienen zum Plot.
Wenn das ständig mitten im Abenteuer passiert, dann kann man schon von einer gelenkten Eisenbahnfahrt ausgehen.

Edit.
Damit meine ich vor Allem wenn die Helden was machen, was sie eigentlich nicht weiterbringen würde.
Aber der SL sorgt dann dafür, dass das trotzdem der Fall ist.
Dann haben z. B. NSC, die eigentlich gar nichts wissen können, plötzlich doch die richtigen Infos.
Oder an Orten wo nie was passiert ist, finden sich aufeinmal doch Spuren.

In einer echten Ermittlung gibt es halt heiße und kalte Richtungen, in die man sich bewegen kann.
Wenn es durch "Zufall" immer nur heiße Spuren gibt, egal was die Helden tun, ist es halt aus meiner Sicht keine echte Ermittlung.
In einer echten Ermittlung gibt es, ohne, dass man dafür bewusst irgendwelche Roten Herringe legen müsste, automatisch Beides. Die Spieler sollten hier selbst herausfiltern dürfen welche Richtung sie weiterbringt und welche nicht.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 30.12.2018 | 07:30
Ein Roter Hering ist immer eine falsche Spur
Ja,  aber eine falsche Spur ist nicht automatisch ein roter Herring.

Als einen Red Herring bezeichnet man doch nur eine Spur, die vom SL bzw. Autor bewusst gelegt wurde.

Ansonsten würde man ja aus jeder falschen Spur,  die die Spieler verfolgen, einen roten Herring machen.
Wenn man das auch nicht haben will, bleibt ja nur noch die Spieler so zu lenken, dass sie,  egal was sie auch tun, immer auf der heißen Spur sind.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: 1of3 am 30.12.2018 | 09:57


Ich sehe das wie Dirk: solange man es nicht darauf anlegt absichtlich eine falsche Spur zu legen, dann ist alles OK. Es ist schlicht zu vermeiden, dass die Spieler manchmal "unwichtigen" Sachen hinterher rennen.

Ich würde sagen Orte, wo die SCs hinrennen sind per definitionem wichtig. Wenn sie meinen Mordkompott nicht wollen, auch gut. Dann gibt's eben was anderes.

Insofern sind völlig abseitige Spuren ja auch für mich als SL komisch. Denn entweder ist die Abseite von sich aus interessant, dann sehen sie den intendierten Plot vielleicht in der nächsten Sitzung wieder. Und das ist ein ganz vielleicht. Oder die Sackgasse ist so offensichtlich falsch, dass sie schnell wieder umdrehen.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 30.12.2018 | 10:08
Okay. Ein Beispiel mal ohne Paula.

Auf einer Hallig leben vier Familien. Ein Mann wird bei Sturmflut ermordet. Dass es kein Unfall war, steht eindeutig fest. Verdächtig sind alle, die zum Tatzeitpunkt dort waren.

In jeder der vier Familie gibt es jemanden, der den Tod des Mannes gewollt haben könnte. Motive sind z.B. Gier, Neid, Lust und Zorn. Alles Spuren. KEINE FISCHE.

In kleinen Tümpeln an Land werden immer wieder Tintenfische gefunden. ROTER HERING.
Zwei Kühe liegen tot an Land und weisen Frassspuren auf. ROTER HERING.

Während die Chars ermitteln, stossen sie immer wieder auf Malerhüte aus Papier, die von den Leuten aus unterschiedlichen Gründen getragen werden. MACGUFFIN.

Irgendwann kommt heraus, dass der Leuchtturmwärter der Nachbarinsel vor dem Sturm rüber ruderte, den Mord beging und nach dem Sturm ungesehen zurückgerudert ist. Er war schon immer in die Frau des Toten verliebt und dachte, es wäre an der Zeit, dass sie sich einen neuen Mann sucht (ihn). DEUS EX MACHINA.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Rorschachhamster am 30.12.2018 | 10:26

Ich würde sagen Orte, wo die SCs hinrennen sind per definitionem wichtig. Wenn sie meinen Mordkompott nicht wollen, auch gut. Dann gibt's eben was anderes.

Insofern sind völlig abseitige Spuren ja auch für mich als SL komisch. Denn entweder ist die Abseite von sich aus interessant, dann sehen sie den intendierten Plot vielleicht in der nächsten Sitzung wieder. Und das ist ein ganz vielleicht. Oder die Sackgasse ist so offensichtlich falsch, dass sie schnell wieder umdrehen.
+1
Irgendwann kommt heraus, dass der Leuchtturmwärter der Nachbarinsel vor dem Sturm rüber ruderte, den Mord beging und nach dem Sturm ungesehen zurückgerudert ist. Er war schon immer in die Frau des Toten verliebt und dachte, es wäre an der Zeit, dass sie sich einen neuen Mann sucht (ihn). DEUS EX MACHINA.
Kommt hart darauf an, wie es herauskommt - wenn es nur ohne Einwirkung der SC nur durch eine aussenliegende Quelle offenbart werden kann... dann ja? Obwohl ich DEM nur als ungeplantes Eingreifen seitens der Spielleitung im Rollenspielkontext kenne.  :think:
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Sashael am 30.12.2018 | 10:41
Ein Beispiel das mir spontan einfällt, ist zugegeben schon länger (über 10 Jahre) her, D&D Kaufabenteuer (weiß aber den Titel nicht).
...
Meines Erachtens gab es keine Möglichkeit, _nicht_ dem falschen, naheliegenden Eindruck auf den Leim zu gehen. Jedenfalls nicht so wie unser SL das geleitet hat. Im Printmodul mag es allerdings Möglichkeiten gegeben haben. So aber war es ein astreiner Red Herring.
Ich weiß, das ist jetzt schon ein bißchen her, aber ich muss mal hierauf antworten.
Ich kenne das Abenteuer und die beschriebene Szene ist mitnichten ein Roter Hering. Ein Red Herring führt ins Nichts. Einfach den Dörflern zu glauben führt aber nicht ins Nichts, sondern in das Bad Ending des Abenteuers.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Ich war natürlich nicht dabei und es kann absolut sein, dass euer SL einfach echt richtig mies geleitet hat. Ich finde das AB nämlich tatsächlich eines der besseren aus der 3.X Ära.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 30.12.2018 | 11:04
Sashael, gab es in dem Szenario irgendwann mal Möglichkeiten, dass die Chars den Braten riechen und nicht ständig unbewusst für die falsche Seite arbeiten?
Den Titel des Szenarios weisst Du nicht mehr?
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 30.12.2018 | 11:25
@
Läuterer
Der Unterschied zwischen einem Macguffin und einem Red Herring ist angeblich folgender: Der Macguffin treibt die Handlung voran, und der Red Herring führt von der Handlung weg.
Jetzt ist nur noch die Frage, was "Handlung " genau ist.
Finde ich gar nicht so einfach festzustellen.

Edit. Rote Heringe haben eigentlich keine lange Lebenszeit.
Es sei denn, ich habe auf den Fischen wirklich einen komplett eigenständigen Fall gebaut, der Sinn ergibt, und die Gruppe bis zum Ende durchträgt.
In einem Abenteuer sind es doch idR. eher Sackgassen, die irgendwann nicht weiterführen. Oder Ablenkungsmanöver, die ihre Kraft zu fesseln relativ schnell aufgebraucht haben, weil zuwenig "Substanz" dahinter ist.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Dirk Remmecke am 30.12.2018 | 11:54
Sashael, gab es in dem Szenario irgendwann mal Möglichkeiten, dass die Chars den Braten riechen und nicht ständig unbewusst für die falsche Seite arbeiten?
Den Titel des Szenarios weisst Du nicht mehr?

Hat Antariuk doch schon detektivisch herausgefunden:
Das klingt stark nach The Standing Stone (https://en.m.wikipedia.org/wiki/The_Standing_Stone).
(https://cdn.slidesharecdn.com/ss_thumbnails/dd-adventuresstandingstone-150414104819-conversion-gate01-thumbnail.jpg?cb=1429008523)
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Sashael am 30.12.2018 | 12:06
Sashael, gab es in dem Szenario irgendwann mal Möglichkeiten, dass die Chars den Braten riechen und nicht ständig unbewusst für die falsche Seite arbeiten?
Den Titel des Szenarios weisst Du nicht mehr?
In deutsch hieß das AB "Das Geheimnis des Steinkreises".
Wenn der SL die Dörfler und den Geist korrekt ausspielt und die Gruppe nicht nach Dungeonschema 08/15 vorgeht und alles angreift, was irgendwie bedrohlich aussieht, hat man imho genügend Möglichkeiten, auf Unstimmigkeiten zu stoßen.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Mit Umsicht und bedächtigem Vorgehen hat man auf jeden Fall bessere Karten als mit der draufgängerischen "Heldentour".
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 30.12.2018 | 12:44
Der Unterschied zwischen einem Macguffin und einem Red Herring ist angeblich folgender: Der Macguffin treibt die Handlung voran, und der Red Herring führt von der Handlung weg.
Du hast Recht. In der Tat. Hinter dem Macguffin müssen mehrere Parteien her sein.
Dann sagen wir im obigen Beispiel ist es ein Schatz, den der Verstorbene gefunden haben soll; ähnlich dem Malteser Falken.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Oberkampf am 30.12.2018 | 13:17
Die Geschichte mit der Kuh ist, glaube ich, ein ganz anderes, eigenes Problem. Soweit ich mich erinnern kann, ist das bei vielen alten DSA-Abenteuern der Fall gewesen: Die Charaktere werden für einen Auftrag angeheuert, der weder Gegenstand des Abenteuers ist, noch überhaupt eine Rolle spielt, aber sie geraten dadurch in eine andere Handlung hinein, die das eigentliche Abenteuer ist (das an sich nicht einmal schlecht sein muss, wenn man von den üblichen DSA1-Schnitzern absieht). So war das bei Tor der Welten, Unter dem Nordlicht oder Verschollen in Al Anfa. Gewissermaßen könnte man das auch von Schatten über Bögenhafen von Warhammer behaupten, speziell inklusive Kult, aber ohne Kuh. Wenn das nur ein oder zweimal alle 20 Abenteuer passiert oder vom SL so angelegt ist, ist das für mich ok, ebenso, wenn es ein paar Nebenplots gibt, die von den Spielern als interessanter als der Hauptkonflikt wahrgenommen werden und sich im Ausspielen auch als fruchtbarer und spannender erweisen.

Der hier diskutierte Rote Hering scheint ja, wenn ich das korrekt verstanden habe, eher ein Plotelement zu sein, das wenig Gehalt, wenig Konflikt und wenig "Lösungsmöglichkeiten" hat, das der Spielleiter aber seiner Gruppe aufnötigt, um den Hauptkonflikt zu strecken, den Hauptantagonisten zu verschleiern und die Konfrontation mit diesem so lange wie möglich hinauszuzögern.

Das ist auch nicht unbedingt ein Roads to Rome-Ding. In Roads to Rome ist die Konfrontation mit dem Hauptantagonisten unvermeidlich und fast zwangsläufig gegen Ende des Abenteuers, aber der Widersacher kann durchaus früh bekannt sein. Es gilt lediglich, eine Reihe von Hindernissen zu überwinden, bevor die Konfrontation (der "Bossfight") möglich ist, aber den Pfad durch den Hindernisparcours können die Spieler (unter Einfluss der Würfel usw.) weitgehend selbst bestimmen.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Issi am 30.12.2018 | 14:49
Wenn das Abenteuer erst nach einem bestimmten Auftrag aussieht, der sich später als andere Aufgabe entpuppt... das hat in der Tat überhaupt nichts mit roten Heringen zu tun.
Anderes Beispiel.
Die Helden nehmen den Auftrag an, eine hochgestellte Persönlichkeit von einem Ort zu einem anderen zu begleiten.(Mantelplot ="Begleitschutz ")
Unterwegs auf ihrer Reise wird der ganze Zug jedoch gefangen genommen, und auf das Schloss des bösen Raubritters gebracht,  so, dass das eigentliche Abenteuer dann ein Ausbruch Abenteuer wird. (Hauptplot ="Ausbruch")
Könnte genauso gut umgekehrt sein.
Es gibt unzählige Kombis der klassischen Plots.
Eine Kombi aus Mantelplot und Hauptplot kommt ganz häufig vor,  und dient eigentlich nur einem etwas twistigen Abenteuereinstieg.

Edit. Wenn alle Dinge, die die Spieler entscheiden, egal welche,  am Ende doch zur Lösung des Falls führen,
dann ist das schlicht Schienenführung, die vor Allem dann vorkommen kann, wenn der SL falsche Fährten auf jeden Fall vermeiden will.
Das steht in manchen Punkten praktisch konträr zu einem SL, der stattdessen auch Entscheidungen der Spieler zulässt,  die nicht unbedingt dem Fall folgen. Oder der gar mit Red Herrings arbeitet, um den Schwierigkeitsgrad (um den Fall selbst zu lösen)für die Spieler zu erhöhen.
Titel: Re: [Rant] Kill the Red Herring
Beitrag von: Der Läuterer am 28.02.2019 | 22:29
Aus 'Enchiridion of Elucidation' für Trail of Cthulhu von Pelgrane Press, 2017.

Firstly, do you really want red herrings in your adventure?

Players of investigative roleplaying games spend so much time speculating wildly, and connecting dots that aren’t there, that they often create enough red herrings by themselves. Adding your own can lead to overly long game sessions and cause even more confusion for the poor saps.

If you are going to sow some red herrings, at least make them interesting by giving them a purpose. Red herrings that are boring or dead ends provide no satisfaction for players when they discover they have been sidetracked for no reason. One type of good red herring is one that ticks... it makes time slip away for an investigator under a deadline.