Tanelorn.net

Medien & Phantastik => Multimedia => Multimedia - Spiele => Thema gestartet von: Gunthar am 2.09.2019 | 23:04

Titel: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Gunthar am 2.09.2019 | 23:04
Hier in der Gamestar (https://www.gamestar.de/artikel/klischees-in-rollenspielen-held-auserwaehlter-amnesie-skyrim,3342281.html) ist ein humorvoller Artikel über Klischees in Video-RPGs.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: JS am 3.09.2019 | 02:08
Ich erkenne in diesem primitiven Geschreibsel leider nichts Humorvolles.
Der Autor bedient sich zahlreicher Klischees, um Klischees anzuprangern.
Geschmacksache.
 :-\
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Sarakin am 3.09.2019 | 08:34
Find's auch sehr bemüht lustig... und damit eben genau nicht lustig.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Crimson King am 3.09.2019 | 08:37
Lustig war‘s nicht, aber einige der angesprochenen Klischees sind in der Tat ausgelutscht.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: AngeliAter am 3.09.2019 | 09:01
Lustig kommt auch auf das Alter der Person an. Viele von uns dürften einen solchen Text schon hunderte male gelesen haben, für diese ist der Text selbst ein Klische.
Für jüngere Leute welche sowas eben bislang nur selten hatten, kann es lustig sein.

Aber ehrlich, ich spiele lieber einen Auserwählten von dem man weiß was er machen soll als Detlef, dem Klempner aus Bottrop, welcher erst einmal 40 Levelups benötigt damit er überhaupt eine Daseinsberechtigung in dieser Geschichte haben darf.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Feuersänger am 3.09.2019 | 09:28
Ja, besonders witzig geschrieben ist es jetzt nicht. Immerhin, geschnaubt und gekichert habe ich immerhin bei den lapidaren Aufzählungen der bereits genannten Klischees in Klammern hinter den Titeln, ehe ein neues kommt.
Hauptfigur Chaz (Vollwaise, Straßenjunge, bekommt später das Schwert der legendärsten Heldin aller Zeiten und rettet das Sonnensystem) in Phantasy Star 4 [...]
Da geht doch bei jedem Stichwort im Geiste der Bullshit-Bingocounter eins rauf. ^^

Also, mit seiner Aufzählung hat er ja wohl weitgehend recht. Offenbar sind JRPGs da die worst offender, aber etliche westliche Titel nehmen doch auch zuverlässig mindestens die Hälfte der Punkte mit.

Um mal ein positives Beispiel zu nennen: im besten Computerrollenspiel aller Zeiten, Planescape:Torment, wird eigentlich nur das eine Klischee bedient: die Amnesie, die aber auch zentrales Element der Handlung ist. Und ja, auch hier findet der Held heraus, dass er selber gewaltig Dreck am Stecken hat. Aber sonst: er ist nicht "der Auserwählte", von seinen Eltern ist nicht die Rede, es gibt keine Prophezeihung, kein Partymitglied wechselt die Seiten, kein Bruder oder Freund entpuppt sich als Oberböser, und man hat auch nicht die Welt zu retten sondern lediglich einen: sich selbst. Die "Superwaffe" ist eine unscheinbare Faustklinge und erfüllt auch nur einen einzigen Zweck. Ein Knast wird nur eher beiläufig besucht und achja, einen "Ort ohne Wiederkehr" gibt es, aber das ist deine eigene Butze. Und der finale Showdown kann per Kampf oder Dialog auf unterschiedlichste Weisen gelöst werden. Großartig.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Crimson King am 3.09.2019 | 09:45
Zumindest einige JRPG-Serien sind übelste Klischee-Sammler. Auch ein Grund, weshalb ich mit Ni No Kuni erst ein einizges durchzuspielen geschafft habe, und das ist eher untypisch.

In westlichen Spielen gibt es da eher eine Mischung aus klischeebeladenen Auserwählter-Weltrettungs-Plots und differenzierteren Stories.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: auerochse am 3.09.2019 | 23:34
das schlimmste klischee in computer-rpg-s ist doch, dass diese spiele eine "supertolle" geschichte haben müssen.
eingebleut von irgendwelchen reakteuren. wie z.b. von der gamestar.

das unwichtigste an einem computer-rpg ist für mich die geschichte (egal OB BLÖD ODER GENIAL).

(denke da gerade an "might and magic", "wizards and warriors" (d.w.bradley), oder "wizardry VIII")
nicht zu vergessen die klassiker: DUNGEON MASTER und ULTIMA UNDERWORLD

einfach drauflosgespielt. die geschichte interessierte da kein schwein.

_________________________________________________ _____
es gab echt fehlentwicklungen im rpg-bereich:

oblivion/morrowind: dungeon 513 sieht genauso aus wie dungeon 2348; nur ne ander farbe. die spielreihe ist doch ein schlechter witz.
baldurs gate (und D&D-konsorten): jeder dahergelaufene erzählt dir seine lebensgeschicht.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: JS am 3.09.2019 | 23:37
baldurs gate (und D&D-konsorten): jeder dahergelaufene erzählt dir seine lebensgeschicht.

Lang und breit. Das macht mich echt wahnsinnig. Wenn ich einen Roman möchte, lese ich ein Buch und will kein CRPG-Gelaber.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: schneeland am 4.09.2019 | 00:31
Lang und breit. Das macht mich echt wahnsinnig. Wenn ich einen Roman möchte, lese ich ein Buch und will kein CRPG-Gelaber.

Ich fürchte, das gilt mittlerweile als besondere Qualität von (Oldschool-)CRPGs. Sorgt allerdings auch bei mir dafür, dass ich keine mehr spielen kann, weil meine Geduld nicht dafür reicht.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: 6 am 4.09.2019 | 05:38
Ihr meint sowas? Epic NSC man - Annoying cut scene (https://m.youtube.com/watch?v=1PZheRfZu1o)
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Seraph am 2.06.2020 | 16:10
Lang und breit. Das macht mich echt wahnsinnig. Wenn ich einen Roman möchte, lese ich ein Buch und will kein CRPG-Gelaber.

Ich glaube, hier geht es weniger darum, (viel) Text lesen zu müssen, sondern dass jeder dahergelaufene NSC dem Spieler seine Lebensgeschichte auf die Nase bindet, als wäre man beste Freunde.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Jiba am 4.06.2020 | 08:35
Zumindest einige JRPG-Serien sind übelste Klischee-Sammler. Auch ein Grund, weshalb ich mit Ni No Kuni erst ein einizges durchzuspielen geschafft habe, und das ist eher untypisch.

In westlichen Spielen gibt es da eher eine Mischung aus klischeebeladenen Auserwählter-Weltrettungs-Plots und differenzierteren Stories.

Disclaimer: Ich hatte Einiges mehr dazu geschrieben, um deinen letzten Satz in die Mangel zu nehmen, aber mein Computer hat den Text gefressen, also in aller Kürze.

Ich erkenne darin eine Pauschalisierung, die so nicht stimmt. Oder zumindest lange Zeit so nicht stimmte. Die Stories von JRPGs sind eben nicht weniger differenziert als die westlicher RPGs, die Klischees sind nur andere. Für jeden auserwählten JRPG-Teenager, der am Ende Gott tötet, gibt es im westlichen RPG einen athletischen, halb-schnöseligen Fantasyrecken mit Aragorn-Gedächtnis-Frise. Und von den ganzen Fantasy-Dads mit ihren maskulin strengen, aber versteckt einfühlsamen Erziehungsmethoden fange ich erst gar nicht an.

Jetzt gebe ich zu, dass mein Zugang zu JRPGs geprägt ist von den frühen JRPG-Generationen, vor allem von der goldenen Playstation 1-Zeit. Und zu diesem Zeitpunkt hatten JRPGs, die ich zusätzlich zu Computer-RPGs wie Baldur's Gate gespielt habe, einfach die besseren Geschichten. Also, die aus meiner Sicht besseren Geschichten, weil sie etwas taten, was WRPGs eigentlich nie gemacht haben: JRPG-Stories waren intim und persönlich. Da ging es um Dinge wie Freundschaften. Liebesbeziehungen. Familien. Den eigenen Platz in der Welt. Moralische Kategorien.

All diese Dinge haben WRPGs inzwischen sehr prominent auch und einige WRPGs hatten einzelne Elemente sogar schon viel früher. Aber der Fokus von JRPGs lag eben auf den oben genannten Aspekten. Ich fand das als Jugendlicher deutlich zugänglicher und finde das heute zum Teil immer noch so. Das liegt auch daran, das JRPGs natürlich grundsätzlich schillerndere Charakterdesigns haben, als WRPGs, was je nach Genre aber nichts Schlechtes sein muss (ist ähnlich wie die Frage, ob ein Stoff als Animationsfilm oder als Realverfilmung besser funktioniert... da gibt es keine pauschale Antwort, ob es gelingt, hängt vom Stoff selbst ab). Und damit waren die Charaktere in der JRPG-Frühphase auch immer deutlich diverser als die in WRPGs (ein Charakter wie Yangus aus Dragon Quest 8, als ein (zugegebenermaßen auf Lacher ausgerichteter) fetter Badass... so einen Charakter würde man glaube ich selbst heute nicht in einem JRPG finden).

Ich habe die Charaktere in vielen westlichen RPGs in früherer Zeit als deutlich stumpfer empfunden als die in WRPGs. Das gilt auch für ihren emotionalen Impact auf mich.


Ein wichtiger Aspekt dabei: Ich habe mit Sue vorher zahllose Male zu Mittag gegessen und gelacht. Ich habe mir ihre Sorgen und Nöte angehört, die sie in kurzen Dialogszenen mit mir geteilt hat (kurze, wohlgemerkt – Konsolenrollenspiele haben definitiv nicht so starke Walls of Text produziert wie manche WRPGs). Am wichtigsten aber: Ich habe in Sue's Augen schauen können, in Form ihres kleinen Animeportraits, das an der Messagebox klebte. Viele JRPGs waren irgendwie näher am Charakter und haben sich mehr damit beschäftigt, wie diese Leute sich fühlen und weniger damit, was diese Leute so können.

Aber, wie gesagt: Ich betrachte die Frage von der Warte eines JRPG-Fans der frühen 0er Jahre. Und da waren diese Spiele in den Bereichen World Building, Story und Charakterdesign einfach noch um Längen voraus. Und auch viel facettenreicher, was die Themen der Spiele anging.
- In Final Fantasy 7 habe ich als Teil einer ökoterroristischen Bewegung den Planeten gerettet.
- In Wild Arms habe ich mich durch ein westernartiges Setting voller vorzeitlicher Ruinen gekämpft.
- In Grandia bin ich bis zum Rand der Erde gereist, einer gigantischen Mauer... und ich habe sie erklommen, um zu sehen, was dahinter ist.
- In SaGa Frontier 2 begann ich als das Gegenteil eines Auserwählten – als ein Thronerbe, der verstoßen wird, weil er im Gegensatz zum Rest der Welt eben keine Magie wirken kann – und habe dann eine Geschichte gespielt, die mehrere Generationen umfasst hat (man hat am Ende einen der Main-Helden als Großvater mit dabei, nachdem man ihn lange nicht gespielt hatte).
- In Suikoden 1 und 2 habe ich eine politisch komplexe Revolutionsgeschichte gespielt, die ein YouTuber nicht ohne Grund mit Game of Thrones verglichen hat. (https://www.youtube.com/watch?v=yHwGiMfjGsA)
Und, um weiter voranzuschreiten.

- In Eternal Sonata habe ich einen Fiebertraum von Francois Chaupin auf seinem Totenbett durchlebt, in dem er sich ein letztes Mal gegen seine Krankheit aufbäumt und sich eine Welt erträumt, die voller musikalischer Anspielungen ist (die tatsächliche Story war wirklich nicht so gut, aber Leute, diese Prämisse allein!)
- In Dragon Quest 8 bin ich in eine der profundesten Fantasy-Parodien eingetaucht, die ich je spielen durfte. Der Humor war zum Teil zotig, oft sehr anarchistisch, aber zieht sein eigenes Genre wunderbar durch den Kakao...
- In Kingdom Hearts 1 u. 2 habe ich die künstlerische Eleganz dahinter, zwei so unterschiedliche IPs so gekonnt und nahtlos miteinander zu verbinden, absolut beeindruckend gefunden. Und das Spiel gibt emotional genug Turbo, dass etwas passiert ist, was ich niemals für möglich gehalten hätte: Ich hatte einen Kloß im Hals über Goofy, als es kurzzeitig so aussah, als wäre er gestorben.
 
In all diesen Spielen stecken gute Geschichten oder zumindest gute Szenen, gute Momente. Weil: Emotionale Geschichten. Szenen, die sich darauf stützen, was ihre Charaktere fühlen. Zwischenmenschliche Momente.

Gut, das JRPG hat als Genre in den letzten Jahren schon viel Wasser getreten und braucht dringend wieder eine Innovationswelle, auch damit es seine Stärken, die damals noch im Storybereich lagen, wieder voll ausschöpfen kann. Denn, ja, ihr habt damit Recht, dass moderne WRPGs da stark vorlegen im Moment. Aber eben auch nicht pauschal ("Skyrim" gewinnt für seine Main Quest jetzt auch nicht den Originalitätswettbewerb).

Aber, viel grundsätzlicher: Ich finde, dass eines der größten Missverständnisse in diesem ganzen Zusammenhang das ist, dass wir JRPGs und WRPGs als dasselbe Genre betrachten. Das wäre, als würde ich mich bei Sim City darüber ärgern, dass ich keine Panzer bauen kann, und bei Command & Conquer darüber, dass ich keine Parks bauen kann.

Wer die hochgepitchte Stimme ertragen kann, dem sei diese Videoserie zu den Unterschieden zwischen WRPG und JRPG empfohlen (https://www.youtube.com/watch?v=l_rvM6hubs8). Wir reden hier nicht über dasselbe Genre. Deshalb sind einige der Klischees in JRPGs genauso wie einige in WRPGs im Kontext ihres eigenen Genres zu betrachten. Und da gibt es dann jeweils klischeehafte Titel und weniger klischeehafte.

End-Disclaimer: Tja, ist doch wieder etwas mehr geworden.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: JS am 4.06.2020 | 11:21
Interessante Einblicke. Danke dafür.
 :d
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Crimson King am 4.06.2020 | 11:40
Jiba, ich spreche schon von der heutigen Situation. Dass westliche RPGs vor Baldur's Gate 2 und Planescape: Torment fast ausschließlich mit sehr banalen Plots aufwarteten und eher durchs Gameplay unterscheidbar waren als durch den Plot, sehe ich ganz genau so. Die einzige Ausnahme, die mir da einfällt, ist Betrayal at Krondor. Da steckt aber auch ein Romanautor dahinter, der dafür sorgt, dass die Story sich eben auch um die Charaktere dreht. Seit 2000 hat sich da aber eben "bei uns" einiges getan.

Bei JRPGs habe ich möglicherweise auch einfach nur Pech gehabt, aber bei denen, die ich gespielt habe, kam insgesamt einfach wenig rüber. Das hat sicherlich mehrere Gründe, aber die Stereotypisierung von Charakteren ist ganz sicher einer davon. Die schillern oft mehr, weil bei jeder Figur der bestimmende Wesenszug völlig überzeichnet wird und andere kaum präsentiert werden. Dreidimensionale Charaktere kriegt man dadurch kaum hin. Die größere Intimität der Stories darf über die grundsätzliche Banalität der Charaktere dann auch nicht hinweg täuschen.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Supersöldner am 4.06.2020 | 11:54
Klischees sind wichtig. und im übrigen ist es ein (Übels und Extremes) Klischee Klischee Frei spielen zu wollen ob nun am PC oder  im   :t: Hobby.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Derjayger am 4.06.2020 | 12:21
Jiba: Toller Beitrag! Der hat mir richtig Feuer unter dem Hintern gemacht, einige JRPGs endlich zu spielen.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Rhylthar am 4.06.2020 | 12:27
Ich mag ja durchaus beide Genres, bin mir aber nicht sicher, ob ich im Bereich "Plot/Geschichte" immer so mitgehen würde.

Von der emotionalen Tiefe wohl durchaus, bei der Story...nicht zwingend, wenn ich zurückgehe bis in die 80er.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Irian am 4.06.2020 | 16:01
"Jetzt mit Plus alles lesen"? Ich soll Geld für etwas zahlen, was TvTropes sehr wahrscheinlich sehr viel ausführlicher und besser beschreibt (Klischees kann man ja vereinfacht als ausgelutschte Tropes verstehen)?
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Chaos am 4.06.2020 | 17:19
"Jetzt mit Plus alles lesen"? Ich soll Geld für etwas zahlen, was TvTropes sehr wahrscheinlich sehr viel ausführlicher und besser beschreibt (Klischees kann man ja vereinfacht als ausgelutschte Tropes verstehen)?

Klischees sind zunächst einmal Tropes, die funktionieren. Sonst wären sie nicht häufig genug eingesetzt worden, um zu Klischees zu werden.
Titel: Re: Klischees in Video-RPGs
Beitrag von: Irian am 4.06.2020 | 18:47
Ich würde eher formulieren, sie sind Tropes, die beliebt sind/waren. Praktisch alle Tropes funktionieren (unter den richtigen Umständen), weil Tropes weder gut noch schlecht sind.